inhaltsverzeichnis - posaunenwerk-braunschweig.de€¦ · 4.2.1 der musikalische aspekt in der...
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Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung ................................................................................................... 3
2. Selbstverständnis und Auftrag der Posaunenchorarbeit ...................... 5
2.1 Entstehung und Struktur der Posaunenchorarbeit ................................ 5
2.1.1 Posaunenchorbläser/innen als „Mitarbeiter am Psalm 150“ ..................... 6
2.1.2 Posaunenchor als eigenständige Gruppierung innerhalb der Kirchengemeinde .................................................................................................... 9
2.1.3 Posaunenchor als Gemeinschaft in übergemeindlicher Struktur ............. 11
2.2 Der missionarische Auftrag zwischen Verkündigung und Bildung ... 13
3. Der Bildungsbegriff ................................................................................. 16
3.1 Gesellschaftliche Umbrüche und Herausforderungen ........................ 16
3.1.1 Der demographische Wandel als Herausforderung für kirchliche Bildung 17
3.1.2 Der soziokulturelle Wandel als Herausforderung für kirchliche Bildung18
3.2 Das christliche Bildungsverständnis ................................................... 20
3.3 Musik als Lernmedium ....................................................................... 22
4. Bildungsarbeit im Posaunenwerk Braunschweig ................................. 24
4.1 Darstellung der gegenwärtigen Projekte für Kinder und Jugendliche 24
4.1.1 Anfängerausbildung in den Posaunenchören .......................................... 25
4.1.2 Bläserseminare des Posaunenwerks ........................................................ 26
4.1.3 Jugendfreizeiten ...................................................................................... 27
4.1.4 Projektchor „Junges Blech“ .................................................................... 27
4.1.5 Bläser-AGs .............................................................................................. 28
4.2 Dimensionen der Bildungsarbeit ........................................................ 29
4.2.1 Der musikalische Aspekt in der Posaunenchorarbeit .............................. 30
4.2.2 Der religiöse Aspekt in der Posaunenchorarbeit ..................................... 31
4.2.3 Der soziale Aspekt in der Posaunenchorarbeit ........................................ 34
5. Das Posaunenwerk im Angesicht des gesellschaftlichen
Wandels ............................................................................................................ 36
5.1 Generationsübergreifendes Lernen ..................................................... 36
5.2 Musikalische Bildungsangebote als sinnvolle Freizeitgestaltung ...... 37
5.3 Reaktionen des Posaunenwerks auf die neuen Herausforderungen für die kirchliche Bildungsarbeit .............................................................................. 38
5.3.1 Ausbildungsinitiative (AI)....................................................................... 38
5.3.2 Vernetzung von Posaunen- und Jugendarbeit ......................................... 40
[2]
5.3.3 „Vielfalt leben“ – Musik als Chance für interkulturellen und interreligiösen Austausch ...................................................................................... 42
5.3.4 Kommunikation durch „Social Media“ ................................................... 43
6. Posaunenchorarbeit zwischen Kirchenmusik und
Jugendarbeit .................................................................................................... 44
7. Resümee .................................................................................................... 46
8. Literaturverzeichnis ................................................................................ 48
9. Selbständigkeitserklärung ...................................................................... 52
10. Anhang ..................................................................................................... 53
Abkürzungsverzeichnis aej Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Jugend
AI Ausbildungsinitiative
CVJM Christlicher Verein Junger Menschen
EG Evangelisches Gesangbuch
ejw Evangelisches Jugendwerk in Württemberg
EKD Evangelische Kirche in Deutschland
ELT Evangelisches Landesjugendtreffen
EPiD Evangelischer Posaunendienst in Deutschland
KFS Konfirmandenferienseminar
KMU Kirchenmitgliedschaftsumfrage
LPT Landesposaunentag
SELK Selbständige Ev.-luth. Kirche
Die weiteren Abkürzungen im Literaturverzeichnis folgen:
SCHWERTNER, Siegfried M. (Hg.): Internationales Abkürzungsverzeichnis für
Theologie und Grenzgebiete (IATG2), Berlin / New York 21994.
[3]
1. Einleitung
Der Bildungsauftrag ist seit je her eine konstitutive Aufgabe der evangelischen
Kirche: „Aus der Verkündigung [...] ergibt sich die Teilhabe der Kirche am
Bildungsprozess der Gesellschaft. Die lutherischen Kirchen waren von Anfang an
stark durch Bildungsimpulse bestimmt. Luther schuf mit seiner Bibelübersetzung und
im kleinen und großen Katechismus die Grundlage für einen jahrhundertewährenden
kirchlichen Bildungsprozess, der die deutsche Sprache und Kultur bis heute
entscheidend prägt.“1
Die kirchliche Bildungsarbeit findet zum einen in den verschiedenen kirchlichen
Institutionen (Universitäten, Schulen, Kindergärten u.a.) und zum anderen in
einzelnen Gruppen der Kirchengemeinden statt. Angesichts des gesellschaftlichen
Wandels steht die kirchliche Bildungsarbeit vor neuen Herausforderungen. Diese
Arbeit möchte einen kleinen Beitrag zur Diskussion um die kirchliche Bildungsarbeit
leisten. Sie richtet ihren Blick dabei auf die Bildungsarbeit im Posaunenwerk der ev.
luth. Landeskirche in Braunschweig.
Als Verfasserin dieser Arbeit bin ich selbst seit 1999 Mitglied im Posaunenchor,
habe an vielen Veranstaltungen des Posaunenwerks Braunschweig teilgenommen
und bin seit November 2014 als stellvertretende Landesobfrau dieses Posaunenwerks
tätig.
Daher entstand diese Arbeit aus einer Innenperspektive heraus, beeinflusst von
persönlichen Erfahrungen. Sie besteht nun in dem Versuch, einen eher distanzierten,
kritischen Blick einzunehmen und auf diese Weise die Posaunenchorarbeit zu
reflektieren.
Im Rahmen meiner Mitarbeit im Posaunenwerk Braunschweig habe ich die
Erfahrung gemacht, dass es im Posaunenchor nicht nur um das reine Musizieren
geht, sondern zugleich religiöse und soziale Aspekte eine entscheidende Rolle
spielen. Insofern lässt sich die Posaunenchorarbeit2 nicht nur kirchenmusikalisch
betrachten, sondern muss innerhalb der vielfältigen Ausdrucks- und Arbeitsweisen
der Gemeinde betrachtet werden: So haben Gespräche im Kontext der Probenarbeit
bisweilen eine seelsorgerliche und Auftritte in Krankenhäusern und Altenheimen
1 Meyns, Andacht vom 07.09.2015 (Online-Ressource). 2 In der Forschung werden die Begriffe „Posaunenchorarbeit“ und „Posaunenarbeit“ gleichrangig nebeneinander verwendet. Da der Begriff „Chor“ den sozialen Charakter der Arbeit hervorhebt, wird im Folgenden der Begriff „Posaunenchorarbeit“ verwendet.
[4]
eine diakonische Dimension. Am engsten ist m. E. jedoch die Verbindung mit der
kirchlichen Kinder- und Jugendarbeit. Dies gilt insbesondere für das Posaunenwerk
Braunschweig, das mit seinem umfangreichen Bildungsangebot für Kinder und
Jugendliche neben der musikalischen Ausbildung auch sozialpädagogische
Funktionen übernimmt.3
Belegt werden kann dies etwa an Aussagen von Jugendlichen des Projektchores
„Junges Blech“, die anlässlich ihres zehnjährigen Jubiläums im November 2015 vor
der Braunschweiger Landessynode musizierten. In den von ihnen erbetenen
persönlichen Statements über ihre Mitarbeit im Posaunenchor äußerten sie mehrfach,
dass die Arbeit im Posaunenchor bei ihnen ein starkes Gemeinschaftsgefühl
hervorrufe und ihre Beziehung zur Kirche stärke.
Dagegen werden Kirchenmusik und Kinder- und Jugendarbeit in der Gemeindearbeit
meist als zwei voneinander getrennte Bereiche auseinanderdividiert. Diese Arbeit
will jedoch deutlich machen, wie sich kirchenmusikalische Arbeit und Kinder- und
Jugendarbeit miteinander verbinden können.
Eine solche Vernetzung von Kirchenmusik und Jugendarbeit ist in der Geschichte
der Posaunenchorarbeit schon von Anfang an nachweisbar, sodass eine
Untersuchung der „Bildungsarbeit im Posaunenwerk“ nahelegt, diese Verknüpfung
auch in der Gegenwart aufzuzeigen und angesichts aktueller gesellschaftlicher
Umbrüche kritisch zu hinterfragen.
Im ersten Teil der Arbeit soll ein kurzer Überblick über Motivation und Rolle der
Posaunenchorarbeit in ihrer Gesamtheit gegeben werden. Hierdurch sollen
Selbstverständnis und Auftrag der Posaunenwerke im Wandel der Zeit aufgezeigt
und beurteilt werden. Dabei wird deutlich werden, dass sich das ursprüngliche
missionarische Interesse zwar auch heute noch erkennen lässt, es jedoch im
Verständnis des Missionarischen einen Wandel hin zu einer stärkeren Gewichtung
des religiösen Bildungsinteresses gegeben hat.
Im zweiten Teil der Arbeit wird dann der kirchliche Bildungsauftrag genauer
erörtert. Gesellschaftliche Umbrüche stellen das Bildungsangebot kirchlicher
Gruppen und somit auch der Posaunenchöre vor neue Herausforderungen. Zu fragen
3 Die Beziehung zwischen Posaunenchorarbeit und Jugendarbeit ist in den verschiedenen Landeskirchen unterschiedliche stark ausgeprägt. Eine direkte strukturelle Verbindung findet u.a. beim CVJM sowie beim ejw statt.
[5]
ist, worin sich das spezifisch christliche Bildungsverständnis in der Posaunenarbeit
zeigt.
Nach dem historischen Blick auf die Veränderung der Posaunenarbeit und einem
theoretischen Umriss des Bildungsverständnisses soll das Thema im dritten Teil
durch die kritische Darstellung der Bildungsarbeit im Posaunenwerk Braunschweig
konkretisiert werden. Es wird aufgezeigt, wie das Posaunenwerk durch sein
Bildungsangebot auf bestimmte gesellschaftliche Umbrüche reagiert. Des Weiteren
soll vor allem die Ausgangsthese begründet werden, dass Posaunenchöre durch ihre
Verbindung von kirchenmusikalischer Arbeit mit Jugendarbeit bis heute von
genuiner Bedeutung sind, um Kindern und Jugendlichen Perspektiven für das
kirchliche Leben zu eröffnen.
2. Selbstverständnis und Auftrag der Posaunenchorarbeit
2.1 Entstehung und Struktur der Posaunenchorarbeit
Die Posaunenchorarbeit ist eine der größten und ältesten Laienbewegungen der
evangelischen Kirche. Von vornherein verstand sie sich als biblisch legitimierte
Verkündigungsarbeit. Bereits Johannes Kuhlo, der als „Vater“ der
Posaunenchorarbeit angesehen werden kann, betonte, dass die
Posaunenchormitglieder durch ihr Wirken ein „priesterliches Amt“ ausüben würden.
So bezeichnet er sie in seinem Werk „Posaunen-Fragen“ als „Mitarbeiter am Psalm
150“.4 Aber wie ist diese Laienbewegung entstanden und was genau macht einen
„Posaunenchor“ eigentlich aus?
Um das Selbstverständnis der evangelischen Posaunenchorarbeit zu untersuchen,
möchte ich im Folgenden kurz die wichtigsten Stationen der Entstehungsgeschichte
herausgreifen. Eine ausführliche Analyse der Entstehungsgeschichte würde den
Rahmen dieser Arbeit jedoch sprengen. Sie ist nachzulesen in Nils Niemanns
Monographie „Bläserklang im Gottesdienst.“5
Anschließend wird die Struktur der Posaunenchorarbeit betrachtet und untersucht,
inwieweit sich daraus Rückschlüsse auf das Selbstverständnis und die Aufgabe der
evangelischen Posaunenchorarbeit ziehen lassen.
4 Kuhlo, Posaunen-Fragen, 14. 5 Niemann, Bläserklang.
[6]
2.1.1 Posaunenchorbläser/innen als „Mitarbeiter am Psalm 150“
„Lobet ihn mit Posaunen, lobet ihn mit Psalter und Harfen!“, dieser emphatische
Ausruf aus Ps 150,3 kann als eine der bekanntesten von den zahlreichen biblischen
Belegstellen gelten, nach denen Gott „mit Posaunen“ zu loben ist.6 Die religiöse
Haltung, die damals den Psalmisten nach Musik rufen ließ, mag auch heute manches
Posaunenchormitglied prägen. Gleichwohl wäre es zu kurz gegriffen, die Anfänge
der „Posaunenchor“-Bewegung mit dem biblischen Blasen gleichzusetzen.
Die Instrumente, die Luther mit „Posaune“ übersetzte, unterschieden sich stark von
den heutigen Blechblasinstrumenten. In der Bibel werden verschiedene
Blasinstrumente erwähnt: hr'c.cox] (meist übersetzt mit „Trompete“), rp'Av,7 und
!r,q, (meist übersetzt mit „Posaune“).8 Diese Instrumente wurden aus Metall oder
Tierhörnern (meist Widderhörnern) hergestellt und dienten in erster Linie dazu, die
Menschen durch ihren signalartigen Ruf zu versammeln. Sie wurden ausschließlich
von Priestern geblasen und gehörten zu den heiligen Tempelgeräten. Diese
Exklusivität ist in den heutigen „Posaunenchören“ ganz im Sinne des „Priestertums
aller Gläubigen“ aufgehoben. Insofern unterscheidet sich das biblische
„Posauneblasen“ deutlich von den heutigen „Posaunenchören“, in denen
gemeinschaftlich zur Begleitung von Liedern musiziert wird.9
Im Mittelalter gab es verschiedene Blechbläser, wie etwa Stadtpfeifer oder
Zunftbläser, die als indirekte Vorläufer der heutigen Posaunenchorbewegung
bezeichnet werden können. Die wohl prägendsten historischen Vorläufer waren die
Instrumentenensembles der Herrnhuter Brüdergemeine im 18. Jahrhundert.10
Posaunenchöre, wie wir sie heute haben, „existieren im strengen Sinn erst seit den
1840er Jahren“.11 Als Ursprungsorte gelten Jöllenbeck und Hermannsburg. Die
6 Vgl. u.a. Ex 19,13; Lev 23,24; Num 10,2-3; Jos 6,4; Ri 6,34; 7,18; 1Sam 13,3; 1Kön 1,39; Neh 4,12; Hebr 12,18-19, Off 1,10. 7 Der Begriff „Posaunenchor“ leitet sich vermutlich daher ab, dass Luther in seiner Bibelübersetzung
den Begriff rp'Av mit „Posaune“ übersetzte. Die Posaune galt daher als das biblisch legitimierte Instrument. Auch wenn heutzutage verschiedenste Blasinstrumente (Posaunen, Trompeten, Hörner und Tuben) im Posaunenchor anzutreffen sind, werden sie alle in der Bezeichnung „Posaunenchor“ durch den Begriff der Posaune zusammengefasst und zeugen dadurch von der biblischen Beauftragung zum Lob Gottes zu blasen. 8 Vgl. Niemann, Bläserklang, 11ff. 9„Was damals im Tempel erklang war allerdings kaum ‚Musik‘ im heutigen Sinne, sondern eher eine Art Kultlärm. Die meisten Instrumente verfügten nur über wenige Töne [...]“, Niemann, Bläserklang, 18. 10 Hier tauchte 1764 das erste Mal die Bezeichnung „Posaunenchor“ auf. Vgl. Koll, Kirchenmusik, 15. 11 Koll, Kirchenmusik, 14.
[7]
ersten Posaunenchöre entstanden aus der Aufbruchsstimmung der
Erweckungsbewegung des 19. Jahrhunderts. So, wie Luther die Reformation durch
das Schreiben und Singen von Kirchenliedern vorantrieb, so zogen die ersten
Posaunenchöre, aus missionarischem Eifer heraus, mit ihren Instrumenten auf die
Straße, um im Sinne des „Priestertums aller Gläubigen“ mit ihren Liedern das Wort
Gottes zu verkündigen.
Rahmenbedingungen, die dies begünstigten, waren zum einen „das Aufkommen
einer kirchlichen Jugendarbeit im Kontext der Inneren Mission“12 und zum anderen
die Erfindung von Ventilblasinstrumenten.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam es dann zu vielen
Posaunenchorgründungen, sodass die Posaunenchorbewegung bereits im Jahr 1935
mit 3549 Chören zu einer Massenbewegung geworden war.13 Dieses Phänomen der
raschen Ausbreitung hing mit dem Engagement prägender Gestalten, wie etwa
Eduard und Johannes Kuhlo, Adolf Müller und Fritz Bachmann, zusammen.14
Bis etwa 1950 waren die Posaunenchöre durch das Vereinswesen strukturiert. Sie
wurden meist von Jugenddiakonen geleitet und setzten sich in erster Linie aus jungen
Männern aus verschiedenen bestehenden Jünglingsvereinen zusammen.
Während des zweiten Weltkriegs verordnete die Reichsmusikkammer im Jahr 1934
den Anschluss der Posaunenchöre an den „Verband ev. Posaunenchöre
Deutschlands“ (VePD). Damit wurde, wie Wolfgang Schnabel formuliert, die
nationalsozialistische Politik „zum ungerufenen Geburtshelfer einer umfassenden
Organisation der Posaunenchöre.“15 In der Nachkriegszeit stellten sich die meisten
Posaunenhöre dann unter die Trägerschaft ihrer örtlichen Kirchengemeinden.16
Mittlerweile hat sich der Altersdurchschnitt der Posaunenchormitglieder stark
gewandelt: Die Posaunenchorbewegung ist zu einem generationsübergreifenden
Phänomen geworden, in dem Jung und Alt gemeinsam musizieren. Außerdem
werden seit der Nachkriegszeit auch Frauen als Mitglieder aufgenommen, gehören
selbstverständlich mit dazu und machen mittlerweile über 40% der Mitglieder aus.17
12 Koll, Kirchenmusik, 16. 13 Vgl. Koll, Kirchenmusik, 19. 14 Eine Darstellung der prägendsten Gestalten in der Geschichte der Posaunenchorarbeit ist nachzulesen in: Schlemm, Beiträge. 15 Schnabel, Phänomen, 483. 16Vgl. Niemann, Bläserklang, 89; vgl. Lange, Geschichte, 172. 17 „In der Altersgruppe der 30-49jährigen sind sogar merklich mehr Frauen aktiv als Männer.“ Koll, Kirchenmusik, 74.
[8]
Wolfgang Schnabel hat 2007 in seinem Aufsatz „Entwicklung der Posaunenchöre in
Deutschland“ das Phänomen „Posaunenchor“ definiert, indem er sechs Kriterien
aufgestellt hat:18
1. „Die Spieler sind [meistens] Laien.“
2. Sie erhalten „keine adäquate finanzielle Vergütung.“
3. Sie musizieren bei liturgischen, missionarischen, sozialen und diakonischen
Anlässen.
4. Posaunenchöre bestehen in der Regel aus Blechbläsern.
5. Der Schwerpunkt ihres Repertoires liegt „trotz gewisser Bandbreite auf der
Pflege des geistlichen Liedes […]“
6. „Die Gruppe steht im Zusammenhang mit christlich-kirchlichen Strukturen
innerhalb einer sich verbreiternden Massenbewegung.“ 19
Diese Definition macht deutlich, dass Posaunenchöre Gruppen von ehrenamtlichen
Blechbläsern sind, die sich sowohl musikalisch als auch sozial und religiös
engagieren. Sie sind also von ihrer Identität her untrennbar mit dem kirchlichen
Leben verbunden.
Die Posaunenchöre sind zu einem aktiven Teil des Gemeindelebens geworden.
Neben dem gemeinsamen Musizieren im Gottesdienst gibt es Fortbildungen,
Bläserfreizeiten, Posaunenfeste und Konzerte. Auch heute wird der biblische
Bezugsrahmen an vielen Stellen deutlich. So werden choralorientierte
Bläserarrangements komponiert und Freizeiten werden durch gemeinsame
Andachten und Gottesdienste begleitet. Die Arbeit der Posaunenchöre ist folglich
eng mit dem christlichen Glauben verbunden: „Sollte ich benennen, was für mich
‚typisch evangelisch‘ ist, dann gehören die Posaunenchöre auf jeden Fall dazu.“20, so
resümiert der Landesbischof der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers, Ralf Meister,
über die Arbeit der Posaunenchöre. Die Intention Gott durch die Musik zu loben und
sein Wort zu verkündigen eint also das biblische Blasen mit der heutigen
Posaunenchorarbeit. In diesem Sinne kann die Aufgabe, durch die Musik zu
verkündigen, als ein Hauptmerkmal der Posaunenchorarbeit verstanden werden.
18 Vgl. Schnabel, Entwicklung, 291. 19 Schnabel, Entwicklung, 291. 20 Koll, Gemeinsam, 4.
[9]
Daneben gibt es aber auch eine Öffnung hin zu weltlicher Musik: In neueren
Bläserheften finden sich auch Posaunenchorarrangements zu Stücken der Popular-
oder Filmmusik.
Auch der Auftrittsrahmen der Posaunenchöre geht über den kirchlichen Rahmen
hinaus.21 Sie musizieren nicht nur bei Andachten und Gottesdiensten, sondern
spielen Konzerte und treten in säkularen Kontexten, wie Stadtfesten oder
Schulveranstaltungen auf. Zudem ist zu beobachten, dass es auch einige
„kirchenferne“ Mitglieder gibt, die sich im Posaunenchor zunächst als
Musikinteressierte beheimatet fühlen und auf diese Weise zugleich mit der
Institution Kirche in Berührung kommen. Meister sagt daher: „Posaunenchorarbeit
ist Gemeindearbeit, aber sie hat darüber hinaus auch wesentlichen Anteil am Dialog
zwischen Kirche und Gesellschaft.“22
2.1.2 Posaunenchor als eigenständige Gruppierung innerhalb der Kirchengemeinde
Diese Stellung zwischen Kirche und Gesellschaft rührt unter anderem daher, dass die
Blechblasinstrumente im Gegensatz zu Orgeln mobil sind und somit auch außerhalb
der Kirchengebäude bei säkularen Veranstaltungen eingesetzt werden können. So
berichtet die Chorleiterin Corinna Mannstein: „Wir gehen mit unseren ‚tragbaren
Orgeln‘ dahin, wo die Leute sind: auf Schulfeste, in Altenheime usw.“23 Die
Posaunenchöre sind also auch außerhalb ihrer Ortsgemeinden aktiv.
Im Gegensatz zu anderen kirchenmusikalischen Gruppen war die Posaunenchorarbeit
von Anfang an ein eigenständiger Bereich der Gemeindearbeit.24 Dies liegt
insbesondere daran, dass sie als Vereinsarbeit gegründet wurde und die Spezifika
dieser Struktur weitgehend beibehalten hat.
Die Vereinsstruktur brachte organisatorische Freiheit und finanzielle Selbständigkeit
mit sich. Zu den Kirchengemeinden hatten sie ein distanzierteres Verhältnis als
heute, das als „Konvergenz-Modell“ bezeichnet werden kann. Seit 1950 sind die
21 Das Musizieren „auf den Straßen“ hat seine Wurzeln bereits in der Erweckungsbewegung. Während damals jedoch der missionarische Verkündigungsaspekt an erster Stelle stand, sind die Gründe heutzutage sehr unterschiedlich. Neben missionarischen gibt es bspw. auch diakonische oder kulturell-soziale Gründe für die Auftritte, vgl. Kaltschnee, Mauern, 365. 22 Koll. Gemeinsam, 4. 23 Corinna Mannstein (Posaunenchorleiterin uns Anfängerausbilderin in Braunschweig / Martin Chemnitz) in einem persönlichen Gespräch am 16.12.2015. 24 Vgl. Kaltschnee, Mauern, 366.
[10]
meisten Posaunenchöre nun an Parochialgemeinden oder größere Gemeindeverbände
angebunden. Das Verhältnis zu den Gemeinden hat sich dahin gehend verändert, dass
Posaunenchöre in die Binnenstruktur der Gemeinde mit ihren verschiedenen
Gruppen und Kreisen integriert sind. Hans-Jürgen Lange bezeichnet es daher als
„Integrations-Modell.“25 Das, aus dieser geschichtlichen Entwicklung entstandene
Selbstverständnis als „eigenständige“ Gemeindegruppe führt dazu, dass die
Posaunenchöre auch heute noch in vielen Fragen eigenständig agieren.
In Zeiten einer gesamtkirchlichen Umstrukturierung kann diese eigenständige Arbeit
von Ehrenamtlichen durchaus als „Erfolgsmodell von Kirche“ bezeichnet werden.
Das moderne Pfarrbild wandelt sich dahin gehend, dass der Pfarrer weniger leitende
Funktionen in einzelnen Gemeindegruppen einnimmt und eher übergeordnete,
koordinierende Aufgaben ausübt. Pastoraltheologien fordern dabei häufiger, dass
sich die Pfarrer stärker „auf geistliche Aufgaben konzentrieren und die Leitung der
Gemeindegruppen in die Hände qualifizierter Gemeindeglieder legen sollten.“26
„In diesem Sinne ist ein Posaunenchor für den Gemeindeaufbau eine ideale
Gruppe, da die Posaunenarbeit die wichtigen Spezifika des Vereinswesens vor
hundert Jahren weiter tradiert, sich aber auch als eine der wenigen Gruppen der
Zeit angepasst hat (nicht nur in Bezug auf die Aufnahme von Frauen und die
Erlaubnis des Branntweinkonsums) und so seit Jahren konstante
Mitgliederzahlen aufweisen kann.“27
Die Eigenständigkeit der Posaunenchorarbeit im Gegenüber zu anderen kirchlichen
Gruppen kann jedoch auch zum Konfliktfeld werden. Durch falsche
Erwartungshaltungen der/s amtierenden Ortspfarrers/ -in oder der Gemeinde, kann es
mitunter dazu kommen, dass der Posaunenchor „als bloßes >Dienst-Werkzeug< und
nicht als Gruppe mit eigenen Bedürfnissen und Erwartungen“28 wahrgenommen
wird. Zudem ist es möglich, dass das eigentliche Gemeindeleben von den
Posaunenchormitgliedern aufgrund der zahlreichen Auftritte im außergemeindlichen
Rahmen vernachlässigt wird.29 Viele Pfarrer/innen bekommen gar nicht genau mit,
wo und wie häufig der Posaunenchor ihrer Gemeinde im Einsatz ist.
So erzählt die Chorleiterin Corinna Mannstein: „Unser Pfarrer hat mich gefragt,
warum wir nicht öfter im Gottesdienst spielen. Da musste ich ihm erst einmal
25 Vgl. Lange, Geschichte, 172ff. 26 Kaltschnee, Mauern, 366; vgl. Karle, Pfarrberuf. 27 Kaltschnee, Mauern, 366. 28 Schnabel, Posaunenchorarbeit, 323. 29 Vgl. Schnabel, Posaunenchorarbeit, 323.
[11]
klarmachen, dass wir mindestens einmal im Monat einen Auftritt haben – aber halt
oft außerhalb der Gemeinde.“30
Das Verhältnis zwischen Pfarrer/in und Posaunenchor ist aufgrund der
Eigenständigkeit der Posaunenchöre manchmal etwas distanziert. Aufs große Ganze
gesehen, kann es laut der Posaunenchorbefragung von 2012 in den meisten Fällen
jedoch trotz der Eigenständigkeit der Chöre durchaus als positiv als kooperativ
gewertet werden.31 Zudem gibt es auch einige Pfarrer/innen, die sich selbst im
Posaunenchor engagieren.
In Hinblick auf die Bildungsarbeit führte die Übernahme der Posaunenchöre in die
Trägerschaft der Parochialgemeinden dazu, dass sowohl nebenberufliche
Chorleiterstellen als auch Instrumente, Noten und sonstiges Zubehör über den
jeweiligen Gemeindehaushalt finanziert werden können. Heute sind Posaunenchöre
kirchenmusikalische Gemeindegruppen, die durch ihr Mitwirken in Gottesdiensten
und anderen Gemeindeaktivitäten an der christlichen Verkündigungsaufgabe Teil
haben. Hans-Jürgen Lange spricht daher von einer „musikalische[n] Dienstgruppe
der Kirchengemeinde“32
Wie das Verhältnis der Posaunenchorarbeit zu anderen musikalischen Gruppen der
Kirchenmusik ist und inwieweit der Posaunenchor mehr als nur eine „musikalische“
Gruppe ist, wird im weiteren Verlauf der Arbeit diskutiert.33
2.1.3 Posaunenchor als Gemeinschaft in übergemeindlicher Struktur Durch die Gründung des Evangelischen Posaunendienstes in Deutschland (EPiD) im
September 1994 ist der Gemeinschaftscharakter der Posaunenchöre im
deutschsprachigen Bereich sehr gestärkt worden. Der EPiD ist ein Dachverband aller
Posaunenwerke Deutschlands. Neben den landeskirchlich organisierten
Posaunenwerken (lutherisch, reformiert und uniert) sind auch freikirchliche
Posaunenchöre sowie die Chorgemeinschaft des CVJM mit angeschlossen.
Deutschlandweit sind auf diese Weise etwa 7 000 Posaunenchöre mit rund 120 000
Bläserinnen und Bläsern vernetzt. Die Gemeinschaft dieser Posaunenchöre wird
durch ein bundeseinheitliches Bläsermagazin, durch gemeinsames Notenmaterial
30 Corinna Mannstein (Posaunenchorleiterin uns Anfängerausbilderin in Braunschweig / Martin Chemnitz) in einem persönlichen Gespräch am 16.12.2015. 31 Vgl. Koll, Gemeinsam, 34. 32 Lange, Geschichte, 172. 33 Siehe Abschnitt 6 „Posaunenchorarbeit zwischen Kirchenmusik und Jugendarbeit“.
[12]
sowie durch die Veranstaltung des Deutschen Evangelischen Posaunentages (DEPT)
gestärkt.34
In der Satzung des EPiDs heißt es: „Der Verein hat den Zweck, das Evangelium von
Jesus Christus durch die Posaunenchormusik weiterzutragen. Es ist seine Aufgabe,
die Mitgliedswerke und -verbände geistlich und musikalisch zu fördern, ihre
Zusammenarbeit zu stärken, sie zu beraten sowie gemeinsame Aufgaben
wahrzunehmen.“35
Viele Posaunenchöre sind über gemeindliche Strukturen hinaus miteinander vernetzt:
Sie nehmen an Veranstaltungen ihrer jeweiligen Posaunenwerke teil oder musizieren
auf Kirchenkreis- und Sprengelebene. „Posaunenchöre sind damit wohl die größte
und stabilste kirchliche Laienbewegung und vielerorts zugleich die traditionsreichste
Gemeindegruppe.“36
Eine große Besonderheit der Posaunenchöre im Gegenüber zu anderen
Gemeindegruppen besteht darin, dass sie sowohl auf sozialer Ebene als auch vom
Alter her sehr durchmischt sind. Die Posaunenchorarbeit ist generationsübergreifend
und bringt Menschen zwischen acht und achtzig Jahren miteinander zusammen.37
Ein weiteres besonderes Merkmal ist das sog. „Bläser-Du“.
Posaunenchorspieler/innen duzen sich für gewöhnlich untereinander, selbst wenn sie
sich gar nicht persönlich kennen.38 Dies schafft ein familiäres Gefühl. Die Ursprünge
für dieses Duzen sind nicht ganz geklärt. Es lässt sich jedoch vermuten, dass es aus
dem sog. Genossenschafts-Du der alten Vereinsstrukturen erwachsen ist. Aus
theologischer Sicht unterstreicht es, dass die Bläser/innen als Schwestern und Brüder
im Glauben eine große Dienstgemeinschaft bilden.
Auch in Zeiten des Wandels gibt der Posaunenchor seinen Mitgliedern ein Gefühl
von Beheimatung.39 So zeigt zum Beispiel auch die Posaunenchorbefragung von
Julia Koll deutlich, dass im Posaunenchor eine sehr hohe Kontaktdichte besteht. 82%
34 Vgl. Lassek, Posaunenchor, 111. 35EPiD, Satzung, 2. 36 Koll, Gemeinsam, 8. 37 Vgl. Saretzki, Posaunenchöre, 389. 38 Eine Ausnahme kann die Anrede von Menschen bilden, die im Berufsleben hierarchisch übergeordnet sind. 39 Siehe Aussagen einzelner Bläser in der Posaunenchorbefragung von 2012, in: Koll, Gemeinsam, 23: „Ich bin viel in Deutschland umgezogen. In Posaunenchören habe ich immer schnell eine Heimat gefunden: menschlich, kirchlich, musikalisch...“.
[13]
der Befragten haben auch außerhalb des Posaunenchores Kontakt zu anderen
Mitgliedern.40
Die evangelische Posaunenchorarbeit versteht sich also als eine kirchenmusikalische
Dienstgemeinschaft, die das Evangelium verkündigen will. Dieses Selbstverständnis
spiegelt sich auch im Logo des EPiDs wieder, das eine Posaune mit einem Kreuz
verbindet.41
2.2 Der missionarische Auftrag zwischen Verkündigung und Bildung
Der Blick auf die Geschichte der Posaunenchorarbeit hat gezeigt, dass die
Posaunenchorbewegung aus der Missionsbewegung heraus entstanden ist und die
Sicht auf die gegenwärtige Situation hat ergeben, dass sie auch heute noch den
Auftrag der (musikalischen) Verkündigung des christlichen Glaubens in sich trägt.
Reinhard Lassek macht jedoch darauf aufmerksam, dass sich die missionarische
Dimension der Posaunenchorarbeit durch den gesellschaftlichen Wandel
grundlegend verändert: „Eine geistliche Krise der Volkskirche und der Gesellschaft
sorgt dafür, dass der religiös-kirchliche Hintergrund unserer Gesellschaft schwindet.
Die Posaunenchorarbeit hat somit zunehmend auch einen binnenmissionarischen
Auftrag zu bewältigen.“42 Während das missionarische Interesse früher also darin
bestand, den kirchenfernen Menschen durch (von Posaunen begleiteten) Choräle das
Evangelium zu verkündigen, verschiebt es sich heutzutage immer mehr dahin
gehend, dass die Posaunenspieler/innen selbst, durch ihr Engagement im
Posaunenchor einen neuen Zugang zur Kirche bekommen.43
Die missionarische Verkündigungsarbeit rückt also immer dichter in den Bereich
religiöser Bildungsarbeit. Daher soll nun eine Verhältnisbestimmung von Mission
und Bildung vorgenommen werden, um davon ausgehend zu bewerten, welche
Bedeutung der Bildungsarbeit in Bezug auf das Selbstverständnis der
Posaunenchorarbeit zukommt und welche Bedeutung sie für das kirchliche Leben
insgesamt hat.
40 Koll, Gemeinsam, 34. 41 Siehe EPiD-Logo im Anhang. 42 Lassek, Posaunenchor, 147. 43 Vgl. Persönliches Statement von Jürgen Opfermann (Posaunenchorleiter und Kirchenmusiker in Blankenburg) im Rundschreiben (7/2015) des Posaunenwerks (siehe Anhang).
[14]
Ist Bildung Teil des missionarischen Auftrags oder widerspricht der Gedanke einer
freien und selbstreflektierten Bildung nicht sogar der Vorstellung einer
missionarischen Verkündigung?
Philipp Elhaus bezeichnet „Mission“ und „Bildung“ trefflich als „ungeliebte
Schwestern“.44 Zum einen sind sie eng miteinander verbunden: Schon im
sogenannten Missionsbefehl ist diese Verbundenheit erkennbar, wenn Jesus seine
Jünger in Mt 28,19f. beauftragt: „taufet sie auf den Namen des Vaters und des
Sohnes und des heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen
habe“.45 Zudem findet sich ihre Verknüpfung in der reformatorischen Lehre wieder.
Der Glaube – Herzstück und Ziel der Mission – gilt nach Luther als erstes und
wichtigstes Gebot,46 das auf der einen Seite zwar unverfügbar ist, auf der anderen
Seite jedoch durch Wort und Sakrament vermittelt wird. Der Glaube ist im
reformatorischen Sinne also ein „an der Schrift geschulter und geübter Glaube.“47
Somit sind Mission und Bildung gewissermaßen beide „Töchter der Reformation“.48
Zum anderen stehen sich die Begriffe im theologischen Diskurs teils diametral
gegenüber: Mission wird in der Regel so definiert, dass sie versucht zu werben und
für die eigene Sache zu gewinnen. Das Ziel der christlichen Mission, das Entstehen
bzw. Stärken des Glaubens, ist somit von vornherein schon festgelegt. Das moderne
Bildungsverständnis hingegen betont zumeist, dass Bildung ergebnisoffen sein soll.49
In der Vergangenheit waren die Arbeitsfelder von Mission und Bildung meist streng
voneinander getrennt: Während die Mission ihren Platz in der Verkündigung und im
Gemeindeaufbau hatte, wurde die Bildung ganz im Bereich der Religionspädagogik
verortet.
In den letzten Jahren sind Mission und Bildung nun wieder näher aneinandergerückt,
obgleich ihre Verhältnisbestimmung weiterhin kontrovers bleibt.50 Ob und inwieweit
die beiden Begriffe zusammengedacht werden können, liegt dabei ganz an ihrer
inhaltlichen Füllung.
44 Elhaus, Mission, 1. 45 Der Missionsbefehl beschreibt den missionarischen Grundauftrag durch die zwei parallelen Partizipien bapti,zontej (indem ihr tauft) und dia,skontej (indem ihr lehrt). Vgl. Herbst, Bildsame Mission, 116. 46 Vgl. Luther, BSLK, 545f. 47 Elhaus Mission, 1. 48 Elhaus, Mission, 1. 49 Vgl. Herbst, Bildsame Mission, 121. 50 Vgl. Zimmermann, Bildung, 11ff.
[15]
Der Begriff Mission (lat. missio) bedeutet wörtlich „Entlassung“ oder „Sendung“.
Wenn die Bläser/innen ihren Auftrag in der „Mission“ sehen, dann heißt das also
zuerst einmal, dass sie sich als von Gott Entsandte bzw. Beauftragte verstehen, die
durch die Musik das Evangelium verkündigen. Der Begriff „Mission“ wird heute nur
noch von einzelnen Posaunenwerken, wie der „Sächsischen Posaunenmission“51 im
Namen mitgeführt. Da der Begriff aufgrund historischer Erfahrungen von
Zwangsmission und aufdringlicher Evangelisation bei vielen Menschen negative
Assoziationen hervorruft, wird er vielerorts, wenn überhaupt, nur noch mit großer
Vorsicht verwendet.52 Der Gedanke, der hinter dem Missionsbegriff steht, nämlich
als von Gott Beauftragter (durch die Musik) zu verkündigen, ist jedoch auch heute
noch in allen Posaunenwerken zu finden. Allerdings wird die Mission dabei nicht, als
eine mit Druck und Fremdbestimmung erfolgte Verkündigungsarbeit verstanden,
sondern im Sinne einer Verkündigung, die freudig von Gott erzählt und dem
Gegenüber Freiheit zu einer eigenen selbstreflektierten Antwort lässt. In diesem
Sinne entspringt dem missionarischen Verkündigungsauftrag ein religiöser
Bildungsauftrag. Beide, Mission und religiöse Bildung wollen Menschen einen
Zugang zum Evangelium eröffnen. Ob und inwieweit Mission ein Aspekt der
Bildung, beziehungsweise religiöse Bildung eine Zielbestimmung derselben sein
kann, hängt nun davon ab, ob das Ergebnis der christlichen Mission – nämlich der
christliche Glaube – überhaupt vom Menschen beeinflusst und inwieweit er bewusst
hervorgerufen werden kann. Diese Fragestellung soll daher im weiteren Verlauf der
Arbeit unter Abschnitt 3.2. mitgeführt werden. Zunächst ist jedoch für das
Selbstverständnis der Posaunenchorarbeit festzuhalten, dass der Bildungsauftrag eng
mit dem missionarischen Verkündigungsauftrag in Verbindung steht und er daher als
eine Kernaufgabe derselben zu gelten hat. Um diesen Bildungsauftrag präziser zu
fassen, soll nun zunächst der Bildungsbegriff erläutert werden.
51 Posaunenverband in Sachsen. Auch in Hamburg und Bethel gibt es „Posaunenmissionen“. 52 Interessanter Weise wird der Begriff „Mission“ in der Gesellschaft wieder verstärkt gebraucht. In der Werbung treten Bezeichnungen wie „Modemission“ oder „Mission Finanzcheck“ auf.
[16]
3. Der Bildungsbegriff
Da in der Forschung sehr unterschiedliche Definitionen des Bildungsbegriffs
vorherrschen, soll hier eine kurze Begriffsbestimmung vorgenommen werden.
Während Bildung lange Zeit als „Vermittlung von Wissen“ verstanden wurde,
besteht in der Forschung mittlerweile weitgehend Konsens darüber, dass dieses
Bildungsverständnis zu eng gefasst ist.
Um Inhalte zu verinnerlichen und nicht nur oberflächlich zu lernen, müssen nicht nur
die rationale, sondern auch die affektive sowie die emotionale Lernebene
angesprochen werden. Bildung wird somit als ein lebenslanger Prozess verstanden,
in dem Wissensinhalte ganzheitlich verinnerlicht und hinterfragt werden:
„Bildung ist der Erwerb eines Systems moralisch erwünschter Einstellungen durch die
Vermittlung und Aneignung von Wissen derart, dass Menschen im Bezugssystem ihrer
geschichtlichgesellschaftlichen Welt wählend, wertend und stellungnehmend ihren Standort
definieren, Persönlichkeitsprofil bekommen und Lebens- und Handlungsorientierung
gewinnen. Man kann stattdessen auch sagen, Bildung bewirke Identität.“53
Während Bildung früher passivisch so verstanden wurde, dass der Mensch Objekt
der an ihn herangetragenen Bildung ist, also rezeptiv gebildet wird, hebt die
Forschung heute darauf ab, dass der Mensch als Subjekt seiner Bildung verstanden
werden muss. Er ist also ein sich aktiv Bildender.54
Ein so verstandener Bildungsbegriff, der am Subjekt orientiert ist, muss auch das
Lern- und Lebensumfeld der Lernenden im Blick haben. Insofern gilt es auch, die
gegenwärtigen Veränderungen in den Blick zu nehmen.
3.1 Gesellschaftliche Umbrüche und Herausforderungen
Derzeitige gesellschaftliche Umbrüche führen dazu, dass kirchliche
Bildungsangebote u.a. von anderen sozialen Voraussetzungen ausgehen müssen.
Daher möchte ich im Folgenden zwei Probleme der modernen Zeit herausstellen.
Erstens den demographischen Wandel und zweitens den soziokulturellen Wandel.
Der folgende Abschnitt der Arbeit beabsichtigt jedoch keine umfassende
gesellschaftliche Analyse zu erstellen, sondern will lediglich auf die Kernprobleme
hinweisen.
53 Kössler, Bildung und Identität, 51-65. 54 Vgl. Schlag / Schweitzer, Jugendliche, 53f.
[17]
3.1.1 Der demographische Wandel als Herausforderung für kirchliche Bildung
Der demographische Wandel ist bestimmt von einer verhältnismäßig niedrigen
Geburtenrate und einer wachsenden Sterberate. Zudem wird Deutschland immer
stärker zum Einwanderungsland, sodass sich die Voraussetzungen für eine kirchliche
Bildungsarbeit entsprechend verändern.55
Dies wirkt sich besonders auf die Kinder- und Jugendarbeit aus:
„In der Gesellschaft, aber auch speziell in der Kirche gibt es immer weniger
Kinder und Jugendliche, während die Zahl der älteren Erwachsenen zunimmt.
Verschiedene Faktoren, insbesondere das Zusammenspiel von Geburtenraten und
Migrationseffekten, lassen den relativen Anteil evangelischer Kinder und
Jugendlicher in der Kirche noch weiter sinken. Kinder und Jugendliche werden
tendenziell zu einer gesellschaftlichen Minderheit, und die getauften Kinder und
Jugendlichen stehen einem wachsenden Anteil nicht getaufter gegenüber –
konfessionslosen Kindern und Jugendlichen sowie Kindern und Jugendlichen
mit nichtchristlicher Religionszugehörigkeit.“56
Es stellt sich also die Frage, wie das kirchliche Bildungsangebot auf diesen Wandel
reagieren kann. Auf der einen Seite sind immer weniger Kinder und Jugendliche
vorhanden, die an Bildungsangeboten teilnehmen können, sodass herkömmliche
Angebote, wie bspw. der Kindergottesdienst schon lange nicht mehr in allen
Ortsgemeinden angeboten werden können. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage
nach der inhaltlichen Umgestaltung der Bildungsangebote.
In der Posaunenchorarbeit sind die Teilnehmerzahlen in der Kinder- und
Jugendarbeit im Gegensatz zu vielen anderen Bereichen kirchlichen Handelns noch
sehr stabil.57 Gründe hierfür liegen sicherlich darin, dass die Bildungsarbeit in den
letzten Jahren sehr gestärkt worden ist.58
Nichtsdestoweniger gibt es auch hier Ansätze, die Bildungsarbeit in Hinblick auf
neue Interessens- und Altersgruppen zu überdenken. Einzelne Posaunenchöre
reagieren auf den demographischen Wandel, indem sie ihre Anfängerausbildung
stärker auch auf ältere Menschen hin ausrichten.59
Die steigende Lebenserwartung führt dazu, dass ältere Menschen länger eigenständig
aktiv sind. In der V.KMU kristallisieren sich die sogenannten „Jungen Alten“
(Menschen zwischen 60 und 75 Jahren) als eine Gruppe heraus, die sich in der 55 Vgl. EKD, Orientierungshilfe, 17; vgl. Corsa / Freitag, Lebensträume, 74f. 56 EKD, Orientierungshilfe, 17. 57 Siehe „Diagramm Bläserzahlen nach Alter“ im Anhang. 58 Vgl. Lassek, 151. 59 Ein Beispiel aus der Braunschweiger Landeskirche ist der Posaunenchor Stöckheim/Braunschweig.
[18]
Kirche verhältnismäßig stark ehrenamtlich engagiert.60 Diese Beobachtung lässt sich
im Hinblick auf die Posaunenchorarbeit bestätigen. So sind viele
Posaunenchormitglieder der Generation „60plus“ besonders aktiv. Zum einen haben
sie mehr Zeit zur Verfügung und zum anderen bietet ihnen der Zusammenhalt in der
generationsübergreifenden Gruppe eine familienähnliche Sozialform.61
Eine Bildungsarbeit, die auf den demographischen Wandel reagiert, sollte die
Erwachsenenbildung daher nicht aus dem Blick lassen. Ziel einer gelungenen
Bildungsarbeit in der Posaunenchorarbeit sollte daher eine gesunde Balance der
Bildungsangebote für jüngere und ältere Bläser/innen sein.
3.1.2 Der soziokulturelle Wandel als Herausforderung für kirchliche Bildung
Durch die zunehmende Individualisierung und Medialisierung der Gesellschaft hat
sich das Sozialleben gewandelt. Das Verhalten der Menschen ändert sich sowohl in
Bezug auf die Arbeitszeiten als auch im Hinblick auf die Freizeitgestaltung.
Gesellschaftlich ist es immer mehr akzeptiert, dass Kinder tagsüber professionell
betreut werden, während beide Elternteile erwerbstätig sind. Dies führt im Bereich
der Kindertagesstätten und Schulen dazu, dass es immer mehr ganztätige
Betreuungsangebote gibt.
Durch die Schulzeitverkürzung (von „G9“ auf „G8“) wurde der Lernstoff
komprimiert. Die Schüler sind daher schulisch einer größeren zeitlichen Belastung
ausgesetzt und haben oft auch an den Nachmittagen Unterricht.62 Wie sich die
erneute Umstellung auf G9 auf die Freizeitgestaltung auswirken wird, bleibt
abzuwarten.
Während Kinder und Jugendliche63 früher nachmittags oft außerschulische Freizeit-
und Bildungsangebote wahrgenommen haben, verlagert sich das Freizeitprogramm
heutzutage immer weiter in die Schulen und wird in den Schulalltag integriert.64
60 Vgl. V.KMU, 73. 61 Es kommt oft auch über die Probenzeit hinaus zu sog. „Wahlverwandtschaften“. Ein Beispiel für eine solche private Beziehung bietet eine persönliche Erfahrung aus dem Posaunenchor St. Johannes in Göttingen. Hier hat ein 15jähriger Posaunenchorspieler aus Eigeninitiative mehrfach den Rasen von einer älteren Mitspielerin gemäht, als diese krank war. 62 Vgl. Shell 2015. 63 Das Jugendalter kann unterschiedlich definiert werden. Hier ist in erster Linie die Altersspanne von 14-19 Jahren im Blick, da diese Altersgruppe mit den speziellen Jugendangeboten des Posaunenwerks Braunschweigs (s.u.) angesprochen wird. 64 Vgl. Corsa / Freitag, Jung, 165.
[19]
Des Weiteren wirken sich Individualisierungsprozesse auf die Religion aus. So wird
Religion immer mehr zur „Privatsache“: „Jeder dürfe schließlich glauben, was er
oder sie will! Niemand habe das Recht, sich da einzumischen! So formulieren es
häufig schon Jugendliche, und durch ihre Eltern sind auch Kinder längst in die
religiöse Individualisierung einbezogen.“65
Hinzukommt, dass in den Familien ein religiöser Traditionsabbruch zu beobachten
ist. Es ist nicht mehr selbstverständlich, dass Kinder als Säuglinge getauft werden
und dann eine religiöse Erziehung genießen. Stattdessen wird Religion immer mehr
zu einer individuellen Entscheidungssache. Die individuelle Genese eines
„christlichen Glaubens“ geschieht also immer seltener in einem kontinuierlichen
Prozess, der vom Elternhaus geformt und begleitet wird, sondern ereignet sich oft
punktuell und wird von einem kritischen Entscheidungsprozess begleitet:
„Diskontinuierliche Wege zum und im Glauben sind Merkmal von Biographien, die
sich generell immer deutlicher von Normal- in Wahlbiographien wandeln.“66
Die Kirchenmitgliedschaftsumfrage (KMU) aus dem Jahr 2015 zeigt entsprechend
auf, dass unter den jugendlichen Kirchenmitgliedern67 eine „steigende Distanz
gegenüber der evangelischen Kirche“68 zu beobachten ist. Dieser
Veränderungsprozess darf jedoch nicht mit einem Verlust der Religiosität an sich
gleichgesetzt werden. Aktuelle Untersuchungen belegen, dass Jugendliche innerhalb
ihrer Identitätssuche durchaus ein Bedürfnis nach Spiritualität haben.69
Sie befinden sich in einem Such- und Findungsprozess zwischen Fremdbestimmung
auf der einen und Selbstverantwortung auf der anderen Seite. Zum einen sind sie
noch auf Eltern und Lehrer angewiesen, zum anderen müssen sie aber schon in
vielen Bereichen eigenständige Entscheidungen treffen und Verantwortung
übernehmen.
Neben diesem Individualisierungsprozess ist auch eine Veränderung der religiösen
Landschaft in Deutschland kaum zu leugnen. Globalisierung und Einwanderung
wirken sich auf Religion und Kultur aus. Der Anteil der islamischen Bevölkerung ist
in den vergangenen Jahren stark angewachsen. Durch die Zuwanderung von
Flüchtlingen und anderen Migranten aus verschiedenen Ländern wird der
65 EKD, Orientierungshilfe, 15; zur religiösen Individualität von Jugendlichen, siehe auch: Schlag / Schweitzer, Jugendliche, 57. 66 Herbst, Bildsame Mission, 131. 67 Die Umfrage bezieht sich auf Jugendliche im Alter von 14-21 Jahren. 68 V.KMU, 61. 69 Vgl. Schlag / Schweitzer, Spiritualität, 181ff.
[20]
interreligiöse Dialog für Kirche immer wichtiger.70 Für den weiteren Verlauf der
Arbeit stellt sich daher zum einen die Frage, inwieweit Musik als Lernmedium
geeignet ist, um die Menschen unter diesen veränderten soziokulturellen
Bedingungen zu erreichen. Zum anderen ist zu untersuchen, welche Möglichkeiten
die Posaunenchorarbeit hat und wahrnimmt, um auf diese neuen Herausforderungen
zu reagieren.
3.2 Das christliche Bildungsverständnis
Bildung findet in vielen verschiedenen kirchlichen Einrichtungen statt. Die Kirche ist
Trägerin von Schulen, Kindergärten, Kindertagesstätten und diakonischen
Einrichtungen. . In ihren evangelischen Akademien stellen sich die Landeskirchen
den gesellschaftlichen, ethischen und politischen Fragen und übernehmen
Mitverantwortung; zugleich stellen sie sich mit ihrer Verkündigung in einen offenen
Reflexionsraum. Auf gemeindlicher Ebene findet Bildung in vielfältiger Weise und
für alle Altersstufen statt. Kernbereiche gemeindlicher Bildungsarbeit sind unter
anderem Kinder- und Jugendarbeit, Konfirmandenarbeit, Glaubenskurse sowie
Seminare zur Erwachsenenbildung.
Der Bildungsbegriff selbst kann etymologisch auf einen religiösen Bezugsrahmen
zurückgeführt werden. Er entstand vermutlich im Spätmittelalter und hat seine
Wurzeln in der religiösen Mystik: Der Mensch als Gottes Ebenbild (imago dei) wird
von Gott seiner Bestimmung nach entsprechend gebildet.71 und übernimmt im Sinne
des Schöpfungsauftrags Verantwortung für die Welt.
Seit dem PISA-Schock von 2001 und der damit einsetzenden Reformdebatte wird der
Bildungsbegriff in Deutschland neu diskutiert. Die Orientierung an
kompetenzorientierten Bildungsstandards mit ihrer Outputorientierung ist für die
einen ein Ausdruck zunehmender Ökonomisierung, in der Lernende zum
Humankapital degradiert werden, und für die anderen Befreiung aus einer
Inhaltsfixierung hin zur Gestaltung offener Lernprozesse. Ohne diese Debatte hier
diskutieren zu wollen, sollen hier von der EKD formulierte Grundlagen
angesprochen werden, die wiederum Fundament für eine Auseinandersetzung mit
den Bildungsstandards etc. sein können.
70 Vgl. EKD, Texte 108. 71 Vgl. Schweitzer, Bildung, 28ff.
[21]
Die EKD formuliert in ihrer Denkschrift „Maße des Menschlichen“ zum Thema
Kirche und Bildung: Bildung sei als „Lebensbegleitung“72 zu verstehen. Diese
Formulierung richtet sich gegen einen rein vermittelnden Bildungsbegriff und geht
von einer ganzheitlichen Bildung aus. Außerdem geht der Bildungsbegriff damit über
den verwandten Erziehungsbegriff hinaus.73 Bildung umfasst also den ganzen
Menschen in seinem Lebens- und Wertesystem und begleitet ihn sein Leben lang.
Hierfür hat sich auch der Ausdruck „livelong learning“ etabliert, ein Konzept, das
dem kirchlichen, insbesondere dem reformatorischen Verständnis entspricht.
Doch wie hängen Bildung und Glaube angesichts der reformatorischen Lehre von der
Unverfügbarkeit der Gnade Gottes miteinander zusammen? Die Reformatoren
betonten, dass der Glaube ein Geschenk Gottes sei, das nicht durch menschliche
Bemühungen zu erlangen sei, sondern allein von der Gnade Gottes (sola gratia)
abhänge.74 Nach diesem Rechtfertigungsverständnis kann der Mensch den Glauben
folgerichtig nicht aktiv durch pädagogische Bemühungen herbeiführen, sondern ist
ganz auf Gottes Gnade angewiesen. Glaube kann also kein direktes Lernziel sein.
Aber auch wenn der Glaubensakt (fides qua creditur) nicht aktiv herbeigeführt
werden kann, so ist doch der Glaubensinhalt (fides quae creditur) durchaus lernbar.75
Außerdem geht der oben beschriebene Bildungsbegriff über das reine Lernen von
Inhalten hinaus und muss eher als Prozess ganzheitlicher Vermittlung verstanden
werden, der dem Menschen Raum zur Selbstentfaltung bietet.
Auch wenn der Glauben dem Menschen allein aus der Gnade Gottes geschenkt wird,
so liegt auf menschlicher Seite doch die Aufgabe, durch die Vermittlung von Gottes
Wort, Raum für das Wirken des Heiligen Geistes zu eröffnen. Bildung kommt dabei
die Aufgabe zu, den Glauben in allen seinen Formen zu reflektieren und diesen im
rationalen Diskurs zu vertreten.
„Glauben lässt sich nicht lernen, aber Lernen ist ein Bestandteil des Lebens im Glauben.
Glaube als von Gott eröffnete und geschenkte Beziehung bleibt unverfügbar und ist nicht
zu vermitteln. Aber die Ausdrucksformen des Glaubens, das Glaubenswissen, das dem
Glauben entspringende rituelle und soziale Verhalten und die dem Glauben gemäßen
Werteinstellungen sind im Rahmen von Bildungsprozessen lernbar.“76
72 http://www.ekd.de/EKD-Texte/58172.html. 73 Der Begriff stellt eine sprachliche Besonderheit der deutschen Sprache da. In vielen anderen Sprachen, wie etwa dem Englischen (education), gibt es für „Bildung“ und „Erziehung“ nur einen einzigen Begriff. 74 Vgl. CA 4, in: BSLK, 55f. 75 Vgl. Herbst, Mission, 122. 76 Elhaus, Mission, 2.
[22]
Da der christliche Glaube aufgrund seiner Bezogenheit auf die Gottes- und
Nächstenliebe auf Beziehungen hin angelegt ist, trägt religiöse Bildung immer auch
eine soziale Komponente in sich. Ein evangelisch profilierter Bildungsbegriff hat
sich daher „an der menschlichen Biographie, an der Selbstbildung des Menschen in
den verschiedenen Phasen seines Lebenslaufs“77 zu orientieren.
Es hat sich gezeigt, dass Bildung, auch wenn sie aufgrund der Unverfügbarkeit der
Gnade keine Voraussetzung für die Rechtfertigung sein kann, dennoch eine wichtige
Aufgabe von Kirche ist, bei der sich Selbstreflexion und Dialog nach innen und
außen hin ereignen und die nach Ausdrucksformen des Glaubens auf allen Ebenen
sucht. In diese Vielfalt religiöser Bildungshorizonte lässt sich auch das
Posaunenwerk einordnen, wo in erster Linie musikalische Bildung stattfindet.
Im Posaunenwerk findet in erster Linie musikalische Bildung statt. Daher soll nun
untersucht werden, inwieweit Musik als Lernmedium geeignet ist. Anschließend
wird die Bildungsarbeit im Posaunenwerk anhand des Beispiels der Braunschweiger
Landeskirche skizziert, um daraus Rückschlüsse darüber zu gewinnen, inwieweit
über die musikalische Dimension hinaus Bildung und insbesondere religiöse Bildung
in Posaunenchören stattfindet.
3.3 Musik als Lernmedium
Wie die Ausführungen zum Bildungsbegriff gezeigt haben, soll in der Bildung nicht
nur der Verstand, sondern der ganze Mensch angesprochen werden. Im Folgenden
soll daher anhand neuster Erkenntnisse der musikalischen Wirkungsforschung
untersucht werden, inwieweit die kognitive, emotionale und affektive Lernebene
beim Musizieren und insbesondere beim Musizieren im Posaunenchor, angesprochen
werden.
Die musikalische Wirkungsforschung schreibt der Musik je nach musikalischer
Struktur und Vermittlungsbedingungen sehr verschiedene Funktionen zu. Sie lassen
sich in drei Wirkweisen unterteilen: 1. physikalisch, 2. psychisch und 3. ästhetisch-
intellektuell.78
Auf der physikalischen Ebene werden die in der Musik erzeugten Schallwellen
leiblich wahrgenommen. Diese motorische Dimension wird beim Spielen eines
77 EKD, Orientierungshilfe, 7. 78 Vgl. Bubmann, Musik, 14.
[23]
Blechblasinstrumentes dadurch verstärkt, dass der Ton in erster Linie durch das
Zusammenspiel von Luft und Lippenspannung erzeugt wird. Die Bläser/innen
erleben den Klang also in einer körperlichen Erfahrung.
Auf der psychischen Ebene werden beim Hören sowohl das Bewusstsein als auch die
Emotionen angesprochen. Peter Bubmann betont daher, dass sich die Musik in
besonderer Weise als „Medium des Religiösen“ anbietet: „Als Ursache veränderter
Wirklichkeitswahrnehmung bietet sie [die Musik] sich als Medium des Religiösen
an, da hier, wie da die Alltagswirklichkeit transzendiert wird.“79
Außerdem kann Musik durch Liedtexte auf der ästhetisch-intellektuellen Ebene
verschiedene Weltansichten und Wertevorstellungen vermitteln.
Auch wenn die Bläser/innen während des Musizierens im Posaunenchor die
Liedtexte selbst nicht mitsingen können, so hören sie doch den Gesang der Gemeinde
und singen oder sprechen viele der Texte im Rahmen der Probenarbeit.
Musikalische Kompositionen zu Chorälen sind immer auch Interpretationen. Durch
die Veränderung der Tonart oder des Tempos einer Choralkomposition kann sich die
Aussage eines Chorals auf unterschiedliche Weise entfalten. Ein anschauliches
Beispiel hierfür ist die bekannte Vertonung des Chorals „Wie soll ich dich
empfangen“ (EG 11) im Weihnachtsoratorium Johann Sebastian Bachs.80 Bach lässt
hier den Text des bekannten Adventliedes auf die Melodie des Passionsliedes „O
Haupt voll Blut und Wunden“ (EG 85) singen und legt es hierdurch theologisch aus.
Musik kann auf diese Weise Texte auslegen und interpretieren, ohne dafür das Mittel
der Sprache zu gebrauchen. Diese Art der Interpretation gilt insbesondere für die
Choralvorspiele. Hier versuchen die meisten Komponisten die Grundstimmung des
Chorals spürbar werden zu lassen. Auch Dirigent/in und Bläser/in sind in ähnlicher
Weise Interpreten des Chorals, indem sie durch Tempo und Betonungen den
Textaussagen eine bestimmte Stimmung zuordnen, die entsprechende Affekte
evozieren. Peter Bubmann spricht daher in Bezug auf geistliche Kirchenmusik von
einem „musikalischen Midrasch“81. Insofern kann die Musik dabei helfen, geistliche
Texte auf vielfältige Weise zu erschließen.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass kirchliche Musik ein religiöses
Deutungs- und Bildungspotential besitzt. Wie die Ausführungen zur musikalischen
Wirkungsforschung gezeigt haben, ermöglicht es die Musik, sich auf
79 Bubmann, Musik, 15. 80 Vgl. Dürr, Weihnachtsoratorium, 35. 81 Eine den Bibeltext auslegende Interpretation, Vgl. Bubmann, Musik, 125.
[24]
unterschiedlichen Wahrnehmungskanälen dem christlichen Glauben zu nähern.
Darüber hinaus besitzt die Kirchenmusik sowohl für die Ausführenden als auch für
die Hörenden eine religiös-bildende Funktion, indem sie Bibeltexte durch
musikalische Interpretationen lebendig werden lässt und somit „das theologische
Verstehen fördert und anregt.“82
Nachdem gezeigt worden ist, dass sich Musik auf vielfältige Weise als Mittel für
kirchliche Bildungsarbeit anbietet, soll nun der Blick spezieller auf die
Bildungsarbeit im Posaunenwerk Braunschweig gerichtet werden. Hierzu werden
erst die gegenwärtigen Projekte vorgestellt, bevor sie dann auf ihre Bedeutung für die
kirchliche Bildungsarbeit hin befragt werden.
4. Bildungsarbeit im Posaunenwerk Braunschweig
4.1 Darstellung der gegenwärtigen Projekte für Kinder und
Jugendliche
Im Posaunenwerk Braunschweig gibt es derzeit ca. 1 050 Bläserinnen und Bläser in
66 Posaunenchören. Darunter ca. 100 Anfängerinnen und Anfänger.
Geleitet wird das Posaunenwerk von der Chorvertreterversammlung, dem
Landesposaunenrat und den Landesobleuten.83 Die Verantwortung für die
musikalische Arbeit und die laufende Verwaltung des Posaunenwerks obliegt dem
hauptamtlichen Landesposaunenwart. Darüber hinaus wird die Geschäftsstelle von
einer Mitarbeiterin mit einer halben Stelle unterstützt. 84
Seit 2011 gibt es zudem einen Bildungsreferenten, der im Rahmen einer
Ausbildungsinitiative (AI) mit einer halben Stelle im Posaunenwerk tätig ist.85
Ein Großteil der Mitarbeit im Posaunenwerk und somit auch der Bildungsarbeit wird
von Ehrenamtlichen getragen. Derzeit sind bis zu 150 ehrenamtliche Mitarbeiter
regelmäßig im Posaunenwerk aktiv.86
Das Posaunenwerk87 bietet für seine Mitglieder neben der Anfängerausbildung ein
vielfältiges Fort- und Weiterbildungsangebot an.88
82 Bubmann, Musik, 125. 83 Zur Zusammensetzung der Einzelnen Gremien, siehe die Ordnung des Posaunenwerks: http://www.posaunenwerk-braunschweig.de/176.html#c230. 84 Zur Struktur des Posaunenwerks Braunschweig, siehe „Organigramm“ im Anhang. 85 Zur AI siehe unten, Abschnitt 5.3.1. 86 Information aus der Geschäftsstelle des Braunschweiger Posaunenwerks.
[25]
Die Angebote im Bereich der Bildungsarbeit gliedern sich in folgende Bereiche:89
- Anfängerausbildung in den Posaunenchören
- Bläserseminare des Posaunenwerks
- Anfängerausbildung in Schul-AGs
- Jugendfreizeiten
- Landesposaunentage (mit angeschlossenen Jugendwochenenden)
- Projektchor „Junges Blech“
- Spontanposaunenchor
- Chorleiterseminare (D-Kurs Kompakt, Norddeutsche Chorleiterwoche)
- Bläserkreis
Ein Großteil der Angebote ist, wie oben beschrieben, generationsübergreifend.
Sowohl für Kinder und Jugendliche als auch für Erwachsene und Senioren existieren
daneben jedoch auch spezielle altersspezifische Angebote. Da diese Arbeit ihren
Schwerpunkt auf die Bildungsarbeit von Kindern und Jugendlichen legt, werden im
Folgenden besonders die bestehenden Arbeitsfelder für diese Altersgruppe
berücksichtigt.
Zunächst erfolgt eine Darstellung der Angebote, die für diese Altersgruppe
ausgerichtet sind, bevor in einem zweiten Schritt untersucht wird, inwieweit diese
Angebote auf die oben genannten gesellschaftlichen Herausforderungen kirchlicher
Bildungsarbeit reagieren.
4.1.1 Anfängerausbildung in den Posaunenchören Die Anfängerausbildung in den Chören wird in erster Linie von Ehrenamtlichen und
nebenberuflichen Kirchenmusikern ausgeübt. In der Regel erfolgt die Ausbildung in
Gruppen von drei bis acht Bläser/innen. Derzeit gibt es im Posaunenwerk
Braunschweig elf Anfängergruppen und einen Anfänger im Einzelunterricht.
Die Proben finden wöchentlich statt und dauern in der Regel ein bis eineinhalb
Stunden. Sie beinhalten blastechnische Übungen, die Erarbeitung, für Anfänger
aufbereiteter Notenliteratur sowie musiktheoretische Grundkenntnisse.
87 Der Begriff „Posaunenwerk“ bezieht sich im Folgenden, wenn nicht anders gekennzeichnet, immer auf das Posaunenwerk Braunschweig. 88 Die meisten dieser Veranstaltungen werden durch den Förderverein des Posaunenwerks finanziell unterstützt. 89 Siehe Jahresplanung 2016 im Anhang.
[26]
Da aufgrund der beruflichen Belastung von Chorleiter/innen und Ausbilder/innen in
vielen Chören keine zeitlichen Kapazitäten für eine ehrenamtliche
Anfängerausbildung übrig sind, hat die AI seit 2011 die Stelle eines
Bildungsreferenten und Instrumentallehrers etabliert, der die Arbeit in den Chören
professionell begleitet und unterstützt.90 Die Anfängerausbilder in den einzelnen
Posaunenchören haben die Möglichkeit, sich bei der Neugründung einer
Anfängergruppe in den ersten beiden Proben von dem Bildungsreferenten des
Posaunenwerks unterstützen zu lassen. Später sind einzelne Besuche durch denselben
möglich.
Der Übergang von der Anfängergruppe in den eigentlichen Posaunenchor wird in
den Chören unterschiedlich gestaltet. In einigen Chören gibt es einen fließenden
Übergang, indem die Anfänger während des ersten Teils der Probe alleine üben und
im zweiten Teil gemeinsam mit den anderen Posaunenchorbläsern musizieren.91 Um
eine frühe Anbindung an den Chor zu ermöglichen, gibt es Notenliteratur mit sog.
Jungsbläserstimmen. Dies erleichtert die Integration und kann bei den Beteiligten
mitunter Motivationsschübe auslösen.92
4.1.2 Bläserseminare des Posaunenwerks Im Posaunenwerk Braunschweig finden jährlich etwa drei Schulungswochenenden
für Anfänger statt. Hier erhalten die Anfänger aus den Chören ein intensives
Bildungsangebot. Durch den Bildungsreferenten und Instrumentallehrer des
Posaunenwerks sowie mehrere ehrenamtliche Mitarbeiter ist es möglich, in kleinen
Gruppen zu unterrichten und je nach Entwicklungsstand verschiedene blastechnische
Übungen, musiktheoretische Inhalte und musikalische Kompositionen
einzustudieren. Die Seminare sind meist generationsübergreifend, sodass Kinder und
Erwachsene gemeinsame Lerngruppen bilden. Neben dem musikalischen Angebot
„bilden spielerische Elemente und geistliche Impulse in Morgenandachten oder
Abendgebeten eine wichtige Rolle und runden das Angebot ab.“93
Neben diesen Anfängerseminaren gibt es zahlreiche Seminare zur Fort- und
Weiterbildung fortgeschrittener Bläser/innen. Die Seminare sind meist
90 Vgl. Hanstein, Projektbeschreibung, 1 (siehe Anhang). 91 Ein Beispiel für ein solches Modell ist die Anfängerausbildung in den kooperierenden Gemeinden St. Markus / Braunschweig und Martin Chemnitz / Braunschweig. 92 Vgl. Preiser, Zukunftsperspektiven, 323. 93 http://www.posaunenwerk-braunschweig.de/247.html.
[27]
themenbezogen. Im laufenden Kalenderjahr 2016 werden sieben
Wochenendseminare angeboten. Davon richten sich drei dezidiert an Anfänger/innen
und weitere vier in erster Linie an fortgeschrittene Bläser/innen.94
4.1.3 Jugendfreizeiten Das Posaunenwerk bietet alle zwei Jahre eine zweiwöchige Jugendfreizeit an.
Während dieser Zeit studieren die Jugendlichen gemeinsam mit dem
Landesposaunenwart Siegfried Markowis ein Konzertprogramm ein, welches sie
dann während der Freizeit zur Aufführung bringen. Neben der musikalischen Arbeit
finden gemeinschaftsfördernde und kulturelle Angebote statt. Die Jugendlichen
wandern zusammen, spielen Gruppenspiele, basteln oder besichtigen besondere
kulturelle Orte (Museen, Burgen etc.).95
Die Tage auf den Jugendfreizeiten werden von Andachten gerahmt. Nach dem
Frühstück gibt es eine kurze Morgenandacht, die die Jugendlichen in den Tag
einstimmt. Am Abend schließt das gemeinsame Programm oft mit einem
gemeinsamen Liedersingen am Lagerfeuer. Als Tagesabschluss gibt es eine
Abendandacht, bei der die Jugendlichen den Tag noch einmal Revue passieren lassen
können.
Ziele der vergangenen Jahre waren insbesondere Orte von Partnerkirchen der
Braunschweiger Landeskirche (Beskiden/Tschechien, Blackburn/Großbritannien).
4.1.4 Projektchor „Junges Blech“ Seit 2005 gibt es das Jugendprojekt „Junges Blech“. Hierfür treffen sich 20-30
Jugendliche im Alter von 13-19 Jahren unter der Leitung des Landesposaunenwartes,
um gemeinsam zu musizieren. Das Projekt findet im Wechsel mit den
Jugendfreizeiten des Posaunenwerks in einem zweijährigen Rhythmus statt. Es
besteht aus einem Schulungswochenende, drei bis fünf separaten Probentagen und
etwa drei Konzerten. Als Auftrittsorte dienten für das „Junge Blech“ in der
Vergangenheit beispielsweise Kirchentage, das Evangelische Landesjugendtreffen
(ELT), der Jugendbischofsempfang, Veranstaltungen der Jugendkirche sowie eine
Tagung der Landessynode. Die Jugendlichen erhalten auf diese Weise besondere
94 Siehe Jahresplanung 2016 im Anhang. 95 Freizeitplan, siehe Anhang.
[28]
Einblicke in kirchliche Veranstaltungen, die sie sonst vermutlich nicht besucht
hätten.96
An den Proben- und Konzertwochenenden sorgt ein Mitarbeiterteam für die
Gestaltung des Freizeitprogramms. So gibt es je nach Ort gemeinsame
Unternehmungen, die den sozialen Zusammenhalt fördern.
Im vergangenen Kalenderjahr 2015 feierte dieses Projekt, wie in der Einleitung
bereits erwähnt, sein zehnjähriges Jubiläum. In diesem Zusammenhang bildete sich
erstmals eine Gruppe von ca. 20 ehemaligen Teilnehmer/innen und musizierte unter
dem Projektnamen „Altes Eisen“ gemeinsam mit dem aktuellen „Jungen Blech“.97
Das Jubiläum verdeutlichte, dass die meisten ehemaligen Mitglieder weiterhin mit
dem Posaunenchor verbunden sind und entweder in ihren Heimatposaunenchören
oder in ihren Ausbildungs- und Studienorten an der Posaunenchorarbeit
partizipieren.
Es hat sich gezeigt, dass sich solche Projektchöre dazu anbieten, die Bindung zu
Mitgliedern auch während der Berufsfindungszeit aufrechtzuerhalten. Von Seiten der
Beteiligten wurde auch der Wunsch nach Wiederholungsprojekten geäußert, sodass
sich hier für die Nachwuchsarbeit des Posaunenwerks eine neue Perspektive
eröffnet.98
4.1.5 Bläser-AGs Die Ausbildungsinitiative des Posaunenwerkes hat seit 2013 an verschiedenen
Schulen Bläser-AGs etabliert.99 Im laufenden Schuljahr 2015/16 werden derzeit drei
Schul-AGs betreut: Die Grundschule Münchehof in Seesen mit elf Bläser/innen, die
Grundschule Winnigstedt mit sieben Bläser/innen und die Martin-Luther-Schule in
Blankenburg mit sieben Bläser/innen.100 Die genannten Schul-AGs werden alle von
Mitgliedern des Posaunenwerks betreut und stehen mit dem örtlichen Posaunenchor
in Verbindung. Auf diese Weise wird versucht, den im schulischen Kontext
gewonnenen Anfänger/innen eine Perspektive für die weiterführende Arbeit
aufzuzeigen und sie langfristig in die örtlichen Posaunenchöre zu integrieren. Auf 96 Siehe Abschnitt 5.3.2 „Vernetzung von Posaunen- und Jugensarbeit“. 97 Zu dem Projekt, siehe Rundschreiben 7/2015: http://www.posaunenwerk-braunschweig.de/uploads/media/Rundschreiben.7.2015.pdf 98 Im Posaunenwerk Hannover gab es ähnliche Beobachtungen. Als Konsequenz wurde die Altersgrenze des Landesjugendposaunenchors (LaJuPo) von 19 auf 21 Jahre angehoben. Information aus einem persönlichen Gespräch mit Marianne Gorka am 10.12.2015. 99 Zur AI siehe unten, Abschnitt 5.3.1. 100 Vgl. http://www.posaunenwerk-braunschweig.de/248.html.
[29]
der Homepage des Posaunenwerks wird über die Bläser-AG in Blankenburg
festgehalten: „Auch hier wird frühzeitig versucht, die Kinder durch gemeinsame
Auftritte an den örtlichen Posaunenchor heranzuführen. Aus der AG des
vergangenen Schuljahres spielt mit 4 Kindern die Hälfte der Teilnehmer in der
Anfängergruppe des Posaunenchores Blankenburg mit.“101
Derzeit kommen etwa 50% der Bläser/innen, die an den Anfängerseminaren des
Posaunenwerks teilnehmen, aus den Schul-AGs.
Neben der Ausbildung der Kinder durch die Schul-AGs verbessert dieses Konzept
auch die Zusammenarbeit zwischen (Musik-)lehrer/innen und
Posaunenchormitarbeiter/innen. Die Vernetzung zwischen Schule und Posaunenwerk
findet also auf mehreren Ebenen statt. Auf der Ebene der Schüler/innen bzw.
Posaunenchorspieler/innen sowie auf der Ebene der Ausbildenden.
Die Kooperation mit den Schulen durch die Ausbildung in den Bläser-AGs ist ein
dreijähriges Projekt, das zum August 2016 ausläuft. Da sich gezeigt hat, dass sich
das vermehrte Engagement im Bereich der Ausbildung in mehreren Bereichen
gelohnt hat, ist das Posaunenwerk sehr daran interessiert, das Projekt in verlässlicher
Form langfristig anzulegen. Ob eine Weiterführung möglich ist, hängt an der Frage
der Finanzierung einer halben Stelle, um die sich das Posaunenwerk derzeit bemüht.
Der Überblick über die Bildungsangebote im Posaunenwerk Braunschweig legt es
nahe die im Vorigen deutlich gewordenen musikalischen, religiösen und sozialen
Bildungsaspekte nun genauer zu betrachten.102
4.2 Dimensionen der Bildungsarbeit
Im Folgenden werden die drei Aspekte nun hinsichtlich ihrer Relevanz für die
Bildungsarbeit und ihrer Verbindung zum kirchlichen Leben in den Blick
genommen. Um die einzelnen Dimensionen zu verdeutlichen und Übersichtlichkeit
zu wahren, werden die drei Aspekte getrennt nacheinander behandelt, obgleich sie in
einigen Punkten eng miteinander verbunden sind oder sich sogar gegenseitig
bedingen.
101 http://www.posaunenwerk-braunschweig.de/248.html. 102 Diese Dreiteilung der Aspekte wird in der Forschung häufig vorgenommen und lehnt sich hier u.a. an Julia Kolls Habilitationsschrift über „Kirchenmusik als sozioreligiöse Praxis“ an.
[30]
4.2.1 Der musikalische Aspekt in der Posaunenchorarbeit Während in den Anfangsjahren der Posaunenchorarbeit das musikalische Niveau
gegenüber der Verkündigungsaufgabe nachrangig und das Verhältnis zwischen
Kirchenmusik und Posaunenchorarbeit ein distanziertes war, ist das musikalische
Niveau heute deutlich höher zu werten.103 Der Bereich der Chorleitung erfuhr eine
Professionalisierung. Während die Posaunenwarte anfangs vor allem musikalische
Diakone waren, erfordert die Ausübung dieses Amtes heute eine fundierte
kirchenmusikalische Ausbildung. Mittlerweile hat sich die Posaunenchorarbeit als
ein eigenständiges Feld der Kirchenmusik etabliert.104
Auch im Bereich der Musikpädagogik hat sie sich im Laufe der Jahre stark
verbessert. Entscheidend geprägt wurde diese Entwicklung von Wilhelm Ehmann,
dem späteren Begründer der Herforder Kirchenmusikschule. Im Jahr 1951 erschien
sein Lehrwerk „Bläserfibel – Anleitung für Blechbläser“.105 Hiermit trug er
entscheidend dazu bei, die Nachwuchsarbeit der Posaunenchöre zu fördern.
Heute gibt es zahlreiche Bläserschulen, die das Ziel verfolgen, blastechnische
Fähigkeiten eingebettet in ein ganzheitliches Bildungsverständnis zu vermitteln. Sie
bieten Übungen zu den Bereichen Körperhaltung, Atemtechnik, Blastechnik und
Rhythmus. Durch Ansatzübungen, Tonleiterübungen, kurze Sprechgesänge oder
Rhythmusübungen wird in vielen Bläserschulen auf kreative und spielerische Art
und Weise der Umgang mit dem Instrument vermittelt.106 Auch für fortgeschrittene
Bläser/innen hat sich das Notenmaterial in den letzten Jahren stark erweitert.
Das musikalische Repertoire der Posaunenchöre ist weit gefächert. Einen
Schwerpunkt nimmt der Choral ein. So gehört das Posaunenchoralbuch zum
evangelischen Gesangbuch zur Grundausstattung jedes Posaunenchores. Daneben
gibt es jedoch auch Arrangements zu Volksliedern und Spirituals. Aber auch
klassische Musik, sowie Jazz und Popularmusik werden gespielt.107
Dieses vielfältige Repertoire sorgt dafür, dass sich Menschen aller Altersstufen in
ihrem Musikgeschmack angesprochen fühlen.
103 „[...] so daß die erweckliche Verkündigung an erster, die Musik an zweiter Stelle stand. Von diesem religiös motivierten Selbstverständnis her, das sogar in die Befürchtung münden konnte, daß fleißiges Üben und sauberes Spiel Hochmut, Ehrgeiz und andere >adamitische Instinkte< wecke, war das Interesse an umfassender, fundierter, sich über Jahre erstreckender Schulung in der Kuhlo-Ära ebenso gering wie an blastechnischer Virtuosität.“, Schnabel, Posaunenchorarbeit, 236. Vgl. Kaltschnee, Mauern, 363. 104 Zum Verhältnis zwischen Posaunenchorarbeit und Kirchenmusik, siehe unten, Abschnitt 6. 105 Vgl. Schlemm, Beiträge, 188ff. 106 Vgl. Schweitzer, Rolf, Pädagogische Aspekte, 43. 107 Vgl. Saretzky, Interview, 389.
[31]
Die Braunschweiger Landeskirche veranstaltet alle zwei Jahre einen
Landesposaunentag (LPT),108 für welchen ein separates Notenheft erstellt wird. Dies
führt dazu, dass die Bläser/innen der verschiedenen Posaunenchöre der Landeskirche
zu großen Teilen die gleichen Musikstücke einüben. Hierdurch wird das
übergemeindliche Zusammenspiel deutlich erleichtert und das Verbundenheitsgefühl
zwischen den einzelnen Chören gestärkt.
Wie die Darstellung der gegenwärtigen Projekte gezeigt hat, gehört die Vermittlung
musikalischer Grundkenntnisse zu den Kernaufgaben der Bildungsarbeit im
Posaunenwerk. Das oben beschriebene Schulungsangebot bietet Grundkenntnisse in
Atemtechnik, Blastechnik, Musiktheorie, Harmonielehre und Rhythmus. Die
Posaunenchorbläser/innen haben somit die Möglichkeit für einen sehr geringen
finanziellen Aufwand eine umfangreiche musikalische Grundausbildung zu
erhalten.109 Da ein großer Anteil dieser musikalischen Bildungsarbeit von
ehrenamtlichen Laien getragen wird, hängt die Professionalität der Bildungsarbeit
jedoch immer auch von den Fähigkeiten der ausbildenden Mitarbeiter/innen ab.
Neben der musikalischen Grundausbildung gibt es in den einzelnen Posaunenwerken
regelmäßig Workshops oder Seminare zur Fort- und Weiterbildung. Diese Seminare
werden meist von Posaunenwarten oder Komponisten geleitet, sodass die Qualität
der Ausbildung entsprechend hoch gewertet werden kann. Bei diesen Workshops
oder Seminaren lernen die Bläser/innen stilistische Schwerpunkte unterschiedlicher
Musikrichtungen kennen und erarbeiten neue Notenliteratur. Darüber hinaus erhalten
sie die Möglichkeit, sich auf bestimmte Fragestellungen hin weiterzubilden.
Beispiele hierfür sind u.a. Improvisationsworkshops, Tubaworkshops, Seminare für
Posaunenchor und Pauken / Schlagwerk oder Seminare für Posaunenchor und
Orgel.110
4.2.2 Der religiöse Aspekt in der Posaunenchorarbeit Wie oben beschrieben, sind Posaunenchöre in ihrer Arbeit nicht nur strukturell,
sondern auch inhaltlich eng mit dem christlichen Glauben verknüpft. Die
Posaunenchöre verstehen sich als Dienstgemeinschaft, deren Aufgabe darin besteht
108 Musikalische Großveranstaltung für alle Bläser/innen der Landeskirche. 109 Die Anfängerausbildung im Posaunenwerk ist im Verhältnis zum Unterricht an Musikschulen finanziell sehr günstig und oft sogar kostenlos. Außerdem wird sozialschwachen Familien in den meisten Gemeinden eine finanzielle Unterstützung angeboten. 110 Siehe u.a. http://www.epid.de/epiddiskus/viewforum.php?f=7.
[32]
im Dienst am Wort Gottes, durch die Musik, den christlichen Glauben zu
verkündigen.111 So musizieren die Bläser vorrangig christliche Kirchenlieder und
choralgebundene Kompositionen. Die Musik ist dabei, wie oben beschrieben,
besonders geeignet, um Transzendenzerfahrungen zu ermöglichen und spirituelle
Räume zu eröffnen. Gott lässt sich mit Worten schwer beschreiben. So verwendet die
Bibel Bilder und Metaphern, um ihn trotz der Begrenztheit der Sprache zu
beschreiben und seinem Wirken Ausdruck zu verleihen. Verkündigung in diesem
Sinne ist also immer schon auf künstlerische Ausdrucksformen angewiesen. Musik
bildet folgerichtig eine Ausdrucksform, die über alle sprachlichen Barrieren hinweg
den christlichen Glauben bezeugen und verkündigen kann.112
So drängt sich die Frage auf, welche innere Haltung die Bläser in Bezug auf Glauben
und Religion einnehmen. Inwieweit liegen den Posaunenchormitgliedern der
christliche Glaube und die Kirche am Herzen und inwieweit sind es andere
Beweggründe, die sie zum Mitwirken im Posaunenchor animieren?
Diese Frage ist schon daher schwierig zu beantworten, da der Glaube an sich nicht
sichtbar ist.113 Schon der Kirchenvater Augustin betonte, dass Glaube und
Kirchenzugehörigkeit nicht immer deckungsgleich seien. Der Glaube ereignet sich in
jedem einzelnen Christen ganz individuell. Er kann zwar aufgrund des kirchlichen
Handelns sichtbar werden, ist jedoch für andere nicht überprüfbar. Augustin
unterscheidet daher die „sichtbare Kirche“ von der „unsichtbaren Kirche“. Dabei ist
die sichtbare Kirche für ihn die Institution „Kirche“, während die unsichtbare Kirche
die Gemeinschaft aller wahrhaft Glaubenden darstellt.
Julia Koll hat daher die innere Haltung zur Kirche in ihrer Posaunenchorbefragung
von 2012 untersucht. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass die Mitwirkung im
Posaunenchor einen belegbaren positiven Effekt auf das Gefühl der
Kirchenzugehörigkeit ausübt.114
Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass sich 66% der Befragten „ziemlich“ oder
„sehr“ mit der Kirche verbunden fühlen. Bei dieser Statistik ist jedoch zu
111 Dies spiegelt sich auch in der Bezeichnung des Dachverbandes EPiD als Posaunen-Dienst wieder, siehe oben, Abschnitt 2.1.3. 112 Vgl. Preul, Bildungstheorie, 219ff. 113 Er kann durch den Vollzug christlichen Lebens zwar vermutet, aber nicht bewiesen werden. 114 Vgl. Koll, Gemeinsam, 34. Die Befragung richtet sich an Bläser/innen der Landeskirchen Hannover und Mecklenburg-Vorpommern sowie der Nordelbischen Posaunenmission.
[33]
berücksichtigen, dass die Kirchenverbundenheit mit zunehmendem Alter steigt.115
Dennoch ist auch bei Kindern und Jugendlichen eine positive Auswirkung der
Posaunenchormitgliedschaft auf die Verbundenheit mit der Kirche festzustellen.
Diese Stärkung der Kirchenzugehörigkeit durch die Posaunenchorarbeit ist für das
kybernetische Interesse der Landeskirchen interessant.
Gerade in Zeiten der hohen Kirchenaustritte stellt sich in besonderem Maße die
Frage, was die Menschen dazu bewegt, am kirchlichen Leben teilzunehmen. Da
Glaube und kirchliches Leben nicht einfach rational erlernt werden können, sondern
auf der emotionalen und affektiven Lernebene entstehen, trägt die Einübung
kirchlicher Praxis im Kindes- und Jugendalter meines Erachtens wesentlich dazu bei.
Die Kirchenmusik spricht jedoch auch Menschen an, die sonst von kirchlichen
Angeboten nicht erreicht werden und deren innere Verbindung zur Kirche nur gering
oder gar nicht ausgeprägt ist.116 So nehmen auch Mitglieder, die sich selbst als
„ungläubig“ bezeichnen, an musikalischen Veranstaltungen teil oder nutzen die
Institution Kirche als sozialen Raum.
Die religiöse Erziehung nimmt in unserer säkularisierten Gesellschaft, wie oben
erwähnt, immer stärker ab. Nur wenige Familien beten noch regelmäßig vor dem
Essen oder lesen zuhause biblische Geschichten. Dies hat zur Folge, dass immer
mehr Menschen zwar „auf dem Papier“ Christen sind, jedoch kaum etwas über den
christlichen Glauben wissen und ihn stark anzweifeln oder sogar ablehnen. Nach der
neuen Kirchenmitgliedschaftsumfrage (V.KMU) fühlt sich mit 32% fast ein Drittel
der Kirchenmitglieder „kaum“ oder „überhaupt nicht“ mit der Kirche verbunden.117
Es zeichnet sich somit ein sozialer Bedeutungsverlust der Institution Kirche ab, der
besonders unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen ausgeprägt ist.118
Der Traditionsabbruch in der religiösen Erziehung hat zur Folge, dass das rituelle
Lernen der christlichen Religion durch regelmäßige spirituelle Erfahrungen in den
meisten Familien wegfällt. Es ist also Aufgabe der Kirche, zu versuchen, diese
Erfahrungslücke zu füllen. Im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit wird dies auf
unterschiedliche Weise versucht. Etwa durch regelmäßiges Singen im
Kindergottesdienst, durch das rituelle Entzünden einer Kerze oder durch regelmäßige 115 Vgl. Koll, Gemeinsam, 34. 116 Vgl. Drömann, Aufgabe, 161. 117 V.KMU, 61. Die 32% beziehen sich auf die westdeutschen Kirchenmitglieder. 118 „Diese religiöse Indifferenz ist in der Regel unter den Jugendlichen und jungen Erwachsenen stärker ausgeprägt als in der Gesamtbevölkerung.“, Pickel, Jugendliche, in: V.KMU, 72.
[34]
Jugendandachten. Für die Bildungsarbeit im Posaunenchor stellt sich in diesem
Kontext auch die Frage, inwieweit es durch die Mitarbeit im Posaunenchor möglich
ist, diese religiöse Erfahrungslücke etwas zu verkleinern.
Durch das regelmäßige Mitspielen in Gottesdiensten und christliche Rituale in der
Probenarbeit (z.B. durch Andachten oder das Spielen eines Abendchorals am
Abschluss jeder Probe) kommt es zu einem rituellen Lernprozess der Bläser/innen,
der eine Verinnerlichung religiöser Praxis zur Folge haben kann. Insbesondere die
Jugendfreizeiten sind darüber hinaus Orte, an denen ein solches rituelles Lernen
stattfinden kann. Auf diese Weise können die Lücken des religiösen
Traditionsabbruchs natürlich nicht geschlossen werden, aber es können auf diese
Weise zumindest Zugänge zu religiösen Ritualen eröffnet werden.
Durch die Mitarbeit im Posaunenchor werden kirchenferne Mitglieder folglich an
den christlichen Glauben herangeführt. Sie werden während ihrer musikalischen
Auftritte immer wieder mit christlichen Inhalten konfrontiert, ohne jedoch direkt
dazu Stellung beziehen zu müssen. Landesobmann Jens Paret sagt daher: „Unsere
musikalische Bildungsarbeit hat ein niedrigschwelliges Glaubensangebot, obwohl die
musikalische Kompetenz im Posaunenchor untrennbar mit der theologischen Praxis
verbunden ist.“119
4.2.3 Der soziale Aspekt in der Posaunenchorarbeit Das gemeinsame Musizieren hat, wie bereits erwähnt, auch eine soziale
Komponente. So resümierte schon Luther, dass Musik „die Leute gelinder und
sanftmütiger, sittsamer und vernünftiger macht.“120
Die Anfängerausbildung im Posaunenchor findet meist als Gruppenunterricht statt.
Hierdurch lernen Kinder und Jugendliche von Anfang an gemeinsam zu musizieren.
Dabei lernen sie auf einander zu hören und auf einander Rücksicht zu nehmen. Sie
müssen sich in Geschwindigkeit (Tempo) und Lautstärke (Dynamik) auf ihre
Mitbläser/innen einstellen. Außerdem wird beim Proben auf die schwächeren
Mitbläser/innen Rücksicht genommen, sodass durch das gemeinsame Musizieren
119 Jens Paret (Landesobmann des Posaunenwerks Braunschweigs) in einem persönlichen Gespräch am 30.11.2015. 120 Luther, in: Lassek, Posaunenchor, 145.
[35]
soziale Grundwerte wie Verständnis, Anpassungsfähigkeit und Toleranz vermittelt
werden.121
Neben diesem sozialen Bildungsaspekt, der durch das gemeinsame Musizieren
vermittelt wird, findet durch das gemeinschaftliche Zusammenleben vor und nach
den Proben, auf Bläserfreizeiten oder Seminaren teils direkt und teils indirekt auch
eine sozialpädagogische Bildung statt. Diese sozialpädagogische Funktion der
Posaunenchöre fasst Wolfgang Schnabel trefflich zusammen:
„Ferner ist festzuhalten, daß die Posaunenchöre eine generelle erzieherische Funktion
haben, weil es in ihren Gruppengefügen zu allgemeinen Bewußtseins- und
Sozialentwicklungen und zu gruppendynamischen Prozessen kommt, die den einzelnen
(sic.) in seinen Interessen, Verhaltensweisen, Werturteilen und persönlichen Zielsetzungen
prägen.“122
Der Posaunenchor ist, wie jede andere Gemeindegruppe, ein soziales Gefüge, in dem
unterschiedliche Beziehungskonstellationen zwischen Chor123 und Chorleiter/in
sowie zwischen den einzelnen Chormitgliedern untereinander vorherrschen.
Besonders ist hierbei, wie oben bereits erwähnt, dass Posaunenchöre in der Regel
sowohl generationsübergreifend als auch milieuübergreifend sind. Dies sorgt dafür,
dass vielfältige soziale Kontakte zwischen Personen entstehen, die sich in ihrem
Schul- und Arbeitsalltag vermutlich nicht näher kennengelernt hätten. Außerdem
führt es dazu, dass häufig ganze Familien gemeinsam musizieren.124
Diese Form des generationsübergreifenden Musizierens ist angesichts des oben
erwähnten demographischen Wandels für die aktuelle Gemeindearbeit von
besonderer Bedeutung.125 Er wird daher im weiteren Verlauf dieser Arbeit unter
Abschnitt 5.1.1 eingehender behandelt.
In vielen Posaunenchören ist es üblich, die Proben regelmäßig mit einem geselligen
Zusammensein zu verbinden. Das daraus resultierende Gemeinschaftsgefühl
motiviert viele Bläser/innen wiederum viel Zeit zu investieren und sich stark in der
Posaunenchorarbeit zu engagieren. Neben dem Musikalischen und dem Religiösen
bildet das Soziale also einen entscheidenden Motivationsfaktor für das Mitwirken in
121 Vgl. Böhler, Wege, 319. 122 Schnabel, Posaunenchorarbeit, 295. 123 Der Begriff „Chor“ bezieht sich im Folgenden, wenn nicht anders gekennzeichnet, immer auf Posaunenchöre. 124 Vgl. Koll, Gemeinsam, 16. Koll hat in ihrer Posaunenchorbefragung herausgefunden, dass 44% der Befragten gemeinsam mit Verwandten in einem Posaunenchor spielen. Für das Braunschweiger Posaunenwerk liegen zwar keine genauen Statistiken darüber vor, es ist jedoch von einer ähnlichen Quote auszugehen. 125 Vgl. Hoburg, Würde, 121.
[36]
dieser kirchlichen Gruppe. So hält Reinhard Lassek in seiner Monographie über die
Posaunenchorarbeit fest: „Dass Laienbläser oftmals doch erhebliche
Dienstverpflichtungen eingehen und ihrem Ehrenamt viel von ihrer zumeist ohnehin
knappen Zeit opfern, hat heutzutage weniger mit einem ‚erwecklichen‘ Glauben zu
tun, als mit jenem deutlich spürbaren Zuwachs an Lebensqualität, den das
gemeinsame Musizieren mit sich bringt.“126 Diese Beobachtung lässt sich sicher auch
auf viele andere kirchenmusikalische Bereiche wie die Vokalchorarbeit übertragen.
Auch die V.KMU macht deutlich, dass soziale Verbundenheit und persönliche
Beziehungen einen entscheidenden Faktor für die Kirchenverbundenheit bilden.127
Die Darstellung der Bildungsangebote im Posaunenwerk Braunschweig hat gezeigt,
dass gerade die Kinder- und Jugendarbeit durch eine funktionierende Teamarbeit
getragen wird. Dies kann als ein entscheidendes Kriterium für gelungene
Beziehungsarbeit bezeichnet werden.
Durch die regelmäßigen Großveranstaltungen, wie Landesposaunentage oder
Kirchentage128, gibt immer wieder besondere soziale Events. Diese Balance
zwischen konstanter Beziehungsarbeit in den einzelnen Chören und Posaunenwerken
auf der einen Seite und den Events auf der anderen Seite führt dazu, dass die
Bläser/innen untereinander ein gutes und funktionierendes soziales Netzwerk
aufgebaut haben.
5. Das Posaunenwerk im Angesicht des gesellschaftlichen
Wandels
5.1 Generationsübergreifendes Lernen
Aufgrund der älter werdenden Bevölkerung sowie der sozialen Vereinsamung nimmt
der Austausch zwischen den unterschiedlichen Generationen immer stärker ab.
Während es früher üblich war, dass mehrere Generationen in Familien unter einem
Dach zusammenwohnten, leben Kinder, Eltern und Großeltern mittlerweile oft weit
voneinander entfernt. Dies hat mitunter auch Auswirkungen auf die soziale und
126 Lassek, Posaunenchor, 150. 127 Vgl. V.KMU, 12f. 128 Die Teilnahme an Kirchentagen wird in erster Linie auf EPiD-Ebene organisiert und ist oben daher nicht als eigenständiger Punkt aufgeführt.
[37]
religiöse Bildung: „Durch den Wandel der Familie kommen Kinder und Jugendliche
immer weniger mit älteren Menschen in Kontakt, so dass man durchaus von einem
Verlust von Erfahrung sprechen kann, der nicht ohne Folgen für die soziale
Einstellung bleibt und der vielleicht auch einen Verlust an Lebenssinn bedeutet.“129
Es gibt daher verschiedene Bestrebungen, die unterschiedlichen Generationen
miteinander ins Gespräch zu bringen. Dies geschieht jedoch zumeist in Projekten, in
denen die eine Gruppe für die andere etwas tut. Beispielweise besuchen
Kindergruppen Altenheime und singen oder tanzen etwas vor. Die Jüngeren und die
Älteren bleiben dabei jedoch zwei in sich selbst geschlossene Gruppen. Das
Besondere am generationsübergreifenden Musizieren liegt nun darin, dass Jung und
Alt miteinander eine Lerngruppe bilden. Sie agieren nicht nur nebeneinander,
sondern sie treffen sich regelmäßig, um gemeinsam musikalische Literatur zu
erarbeiten. Das heißt, sie befinden sich in Bezug auf die Musik in der gleichen Rolle.
Auf diese Weise bilden sie eine zielorientierte und ritualisierte Gemeinschaft. Sie
sind gemeinsam Lernende und begegnen sich in diesem Bereich auf Augenhöhe.130
Reinhard Lassek sieht eine solche Pflege des sozialen Zusammenhalts als eine
Aufgabe der Bildungsarbeit der Posaunenchöre an. Er betont, „dass zur Pflege der
musikalischen und missionarischen Tradition auch die Pflege des sozialen
Zusammenhalts gehört. Je weniger verlässliche familiäre Strukturen es noch gibt, je
stärker die gesellschaftliche Vereinzelung zunimmt, desto wichtiger wird es sein,
dass der Posaunenchor zu einem Ort der inneren Beheimatung wird.“131
5.2 Musikalische Bildungsangebote als sinnvolle Freizeitgestaltung
Freizeit aktiv und sinnstiftend zu gestalten, gewinnt in der modernen Gesellschaft
immer mehr an Bedeutung. Wie die Ergebnisse der Shell-Studie zeigen, driftet das
Freizeitverhalten der Jugendlichen dabei stark auseinander. Entweder es dient der
reinen Erholung („sich mit Leuten treffen“, „shoppen“ etc.) oder es soll für sie
sinnstiftend sein und die Jugendlichen in ihrer persönlichen Entwicklung
weiterbringen. „Der Umgang mit Freizeit und dem, was man daraus für sich selbst
gewinnen kann, ist für Jugendliche deshalb eine eigene Entwicklungsaufgabe.“132
129 Hoburg, Würde, 121. 130 Vgl. Koll, Kirchenmusik, 337ff. 131 Lassek, Posaunenchor, 151. 132 Shell 2015.
[38]
Das Blasen im Posaunenchor kann als eine solche sinnvolle Freizeitgestaltung
betrachtet werden: Die Mitglieder erlernen ein Instrument, bereichern das kulturelle
Angebot ihrer Gemeinde und tragen zur Verkündigung der christlichen Botschaft bei.
Zudem übernehmen die Kinder und Jugendlichen beim Musizieren in gewissem
Maße Verantwortung für ihre musikalische (Lied-)Stimme. Hierdurch fühlen sie sich
gebraucht und gefordert, was zu einem guten Selbstwertgefühl führt und den
Zusammenhalt in der Gruppe stärkt.133
Die Statistik macht deutlich, dass es im Alter von 20 bis 30 Jahren zu großen
Einbußen in den Bläserzahlen kommt.134 Viele junge Erwachsene verlassen ihre
Heimatchöre, um eine Ausbildung oder ein Studium zu absolvieren. Andere sind
durch Beruf und Familie so eingebunden, dass sie gar nicht mehr oder nur noch
unregelmäßig am Posaunenchor teilnehmen können.
Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken werden vom Posaunenwerk Seminare und
Projekte angeboten, die es den Bläser/innen ermöglichen sich einzubringen, ohne
regelmäßig in einem Chor mitzuspielen. Im Gegensatz zu vielen anderen
Freizeitangeboten eröffnet die generationsübergreifende Dimension der
Posaunenchorarbeit den Kindern und Jugendlichen eine dauerhafte Perspektive. Die
Mitgliedschaft im Posaunenchor ist daher von einer hohen Stetigkeit geprägt.135 Dies
trägt dazu bei, dass langfristige soziale Beziehungen aufgebaut werden können.
5.3 Reaktionen des Posaunenwerks auf die neuen Herausforderungen
für die kirchliche Bildungsarbeit
Das Posaunenwerk Braunschweig reagiert mit seiner Bildungsarbeit exemplarisch
auf die neuen gesellschaftlichen Herausforderungen, vor denen die kirchliche
Bildungsarbeit als ganze steht.
5.3.1 Ausbildungsinitiative (AI) Wie oben beschrieben, stellt der soziokulturelle Wandel das Posaunenwerk
Braunschweig vor die Herausforderung, Kinder, die immer weniger außerschulische
Freizeitangebote wahrnehmen, zu erreichen. So formuliert der Vorsitzende des
Fördervereins Friedrich Hanstein: „Ausgelöst durch das ‚Turbo Abi‘ erleben wir eine
133 Vgl. Corsa / Freitag, Jung, 158. 134 Siehe „Diagramm Bläserzahlen nach Alter“ im Anhang. 135 Vgl. Koll, Kirchenmusik, 79; vgl. Preiser, Zukunftsperspektiven, 321.
[39]
Konzentration auf schulische Aufgaben, die dazu führt, dass viele Jugendliche im
Alter von 11 oder 12 Jahren keine oder nur noch sehr viel weniger außerschulische
Angebote annehmen und deshalb auch für die Arbeit in den Posaunenchören als
Gruppe wegfallen.“136
Daher hat das Posaunenwerk Braunschweig, wie oben bereits erwähnt, im Jahr 2011
das Projekt „Ausbildungsinitiative für Posaunenarbeit“ (AI) gestartet und im Rahmen
dessen einen Instrumentallehrer mit einer halben Stelle für die Nachwuchsarbeit
eingestellt.
Die Projektbeschreibung formuliert folgende Ziele:
- „Unterstützung der Posaunenchöre vor Ort durch erhöhte Präsenz bei ihren
Anfängergruppen
- Verbindliche Zusammenarbeit mit Schulen (Musikklassen, Musik-AG‘s)
- Aufbau regionaler Angebote für Bläser/innen und -anfänger
- Intensivierung der Ausbildungsangebote des Posaunenwerks“137
Dieses Konzept der Intensivierung der Nachwuchsarbeit insbesondere in
Kooperation mit den Schulen, bietet einen Weg, um Kinder und Jugendliche trotz
verlängerter Schulzeiten zu erreichen. Durch die Kooperation versucht das
Posaunenwerk Braunschweig dabei zwei Interessen miteinander zu verbinden.
Einerseits das kybernetische Interesse der Kirche und andererseits das Interesse von
Seiten der Schulen, die Betreuungszeiten mit sinnvollen Inhalten zu füllen.138
Die Schule versteht sich als säkulare Bildungseinrichtung. Sie ist ein Ort, an dem
sich Menschen mit unterschiedlichen religiösen und weltanschaulichen Werten
begegnen. Religiöse Inhalte werden in vielen Schulen zwar in Form von
Religionsunterricht vermittelt, religiöse Praxis in Form von Gebeten ist jedoch
aufgrund des Gebotes weltanschaulicher Neutralität problematisch.139 Da
gemeinsames Musizieren christlicher Lieder, wie oben beschrieben, durchaus als
Verkündigung oder Gebet praktiziert werden kann, könnte hier kritisch angefragt
werden, inwieweit die Ausübung religiöser Musik nicht auch eine religiöse Praxis ist,
die dem Gebot der Neutralität widerspricht. Da es sich bei der Blasmusik jedoch um
Instrumentalmusik handelt, hängt das religiöse Verständnis immer mit der inneren 136 Hanstein, Projektbeschreibung, 1 (siehe Anhang). 137 Hanstein, Projektbeschreibung, 2 (siehe Anhang). 138 Information von Jens Paret (Landesobmann des Posaunenwerks Braunschweigs) in einem persönlichen Gespräch am 30.11.2015. 139 Vgl. Heumann, Religionsunterricht, 75.
[40]
Haltung der Ausübenden bzw. der Hörenden zusammen. Beim Blasen im
schulischen Kontext muss der Kunstaspekt der Musik folglich über dem
Verkündigungsaspekt stehen. Zudem findet in den Bläser-AGs in erster Linie eine
blastechnische Grundlagenvermittlung statt. Aufgrund der kurzen Ausbildungszeit ist
das Musizieren geistlicher Choräle meist ohnehin noch nicht möglich.
Nichtsdestoweniger wird durch die Zusammenarbeit mit den örtlichen
Posaunenchören auch für die Bläser/innen der Schul-AGs eine Verbindung zum
kirchlichen Leben aufgezeigt. Außerdem nehmen die meisten Kinder, wie oben
erwähnt, als Ergänzung der AGs an dem – für sie fakultativen – Angebot der
Bläserwochenenden des Posaunenwerks teil. Dort lernen sie christliche Gebete und
Lieder sowie andere Kinder und Jugendliche aus den Posaunenchören kennen. Für
die Kirche ergibt sich hierdurch die Chance, auch kirchenferne Menschen
anzusprechen. So bemerkt Posaunenchorleiter Jürgen Opfermann: „Durch die AG in
der Schule sprechen wir auch einige ansonsten nichtkirchliche Familien an, und das,
obwohl die AG eindeutig als kirchliches Angebot ausgewiesen ist. Das ist
bemerkenswert und [...] wichtig für unsere Nachwuchsarbeit.“140
5.3.2 Vernetzung von Posaunen- und Jugendarbeit Der oben beschriebene religiöse Traditionsabbruch in den Familien führt dazu, dass
einige Kinder und Jugendliche, die im Posaunenchor spielen, nicht oder nur wenig
kirchlich sozialisiert sind. Das Posaunenwerk Braunschweig leitet durch seine
Bildungsarbeit kirchliche Sozialisierungsprozesse ein und zeigt den Bläser/innen
verschiedene Möglichkeiten kirchlichen Lebens auf. Hierbei kommt es an mehreren
Stellen zu einer Vernetzung von Posaunen- und Jugendarbeit. Die Jugendfreizeiten
und der Projektchor „Junges Blech“ öffnen den Jugendlichen neue kirchliche
Begegnungsräume. Die Auftrittsorte werden so gewählt, dass Jugendliche für
Jugendliche Musik machen. Da sich Jugendliche oft besonders gut für kirchliche
Aktivitäten begeistern lassen, wenn diese von anderen Jugendlichen angeleitet
werden,141 liegt in dieser Wahl der Auftrittsorte die Möglichkeit, die Jugendlichen in
besonderer Weise anzusprechen.
140 Jürgen Opfermann, Posaunenchorleiter und Kirchenmusiker in Blankenburg, persönliches Statement im Rundschreiben (7/2015) des Posaunenwerks (siehe Anhang). 141 Das Jugendliche anderen Jugendlichen etwas vorführen und in die Gottesdienstgestaltung mit einbezogen werden ist ein Konzept vieler Jugendgottesdienste. Vgl. Corsa / Freitag, Lebensträume, 128.
[41]
Bevor diese Vernetzung nun anhand eines Beispiels aus der Konfirmandenarbeit142
veranschaulicht wird, sei darauf verwiesen, dass die Zusammenarbeit von
Posaunenchorarbeit und Jugendarbeit schon historisch begründet ist. In den
Anfangsjahren der Posaunenbewegung sind, wie bereits erwähnt, viele
Posaunenchöre aus Jünglingsvereinen heraus entstanden. Und auch das Prinzip, dass
Posaunenchöre die Musik in der Jugendarbeit fördern können, wurde schon früh
erkannt. So schrieb der damalige Bischof der Hannoverschen Landeskirche Hans
Lilje bereits im Jahr 1924:
„Wie arm ist auch die Jugendgemeinde, die das [die Posaunenchorarbeit] nicht hat!
Wieviel schöner ist es, wenn bei irgendeiner großen Tagung evangelischer Jugend über die
Schar junger Menschen der eherne Choral der Posaunen hinbraust! Wie nichts sonst
können die Posaunen helfen, all die vielen Lieder, die von der Jugend der Gegenwart
wieder erobert und neu geschaffen sind, oder die sie neu liebgewonnen hat, in der
Jugendgemeinde einzuwurzeln.“143
Ein Beispiel für eine solche Vernetzung von Posaunen- und Jugendarbeit ist die
Jugendfreizeit des Braunschweiger Posaunenwerks im Jahr 2011. Hier kam es zu
einer Kooperation zwischen dem Posaunenwerk und der Konfirmandenarbeit:
In der Braunschweiger Landeskirche gibt es ein dreiwöchiges
Konfirmandenferienseminar (KFS),144 das parallel von 25 Gemeinden im Ahrntal in
Südtirol durchgeführt wird. Die Konfirmanden verbringen drei Wochen mit ihrer
Konfirmandengruppe in einem Haus. Dort haben sie in Kleingruppen
Konfirmandenunterricht, spielen Gruppenspiele, feiern Andachten, unternehmen
Wanderungen und lernen als Gruppe gemeinsam zu leben und aufeinander zu achten.
Zu bestimmten Aktivitäten, wie Taufgottesdiensten, Indiaca-Turnieren und dem sog.
„Talgottesdienstes“145 treffen sie sich mit anderen Konfirmandengruppen. Dies sorgt
für ein starkes Gemeinschaftsgefühl, was bei vielen Konfirmanden auch zu einer
stärkeren Kirchenverbundenheit führt.
142 Die Konfirmandenarbeit wird hier als ein Beispiel von Jugendarbeit angeführt. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass sie sich nicht gänzlich in der Jugendarbeit auflöst. Zur näheren Verhältnisbestimmung von Konfirmandenarbeit und Jugendarbeit, siehe: Corsa / Freitag, Lebensträume, 131. 143 Lilje, Jubelklang, 26f. 144 Das KFS ist ein Konfirmandenunterrichtsmodell, das alternativ zu dem zweijährigen Modell angeboten wird. Seit 1968 nehmen jährlich etwa 1000 Teilnehmende teil. Derzeit führen etwa 25 Gemeinden der Brauschweiger Landeskirche dieses Unterrichtsmodell durch. Siehe: http://www.kfs-online.de/. 145 Gemeinsamer Gottesdienst aller teilnehmenden Gemeinden.
[42]
Im Jahr 2011 ist die Jugendfreizeit des Braunschweiger Posaunenwerks parallel zum
KFS ins Ahrntal gefahren. Die Freizeitgruppe des Posaunenwerks hat wie gewohnt
als Gruppe für zwei Wochen ihr Programm bestehend aus Proben, Wanderungen,
Spielen, Andachten etc. durchgeführt. Daneben kam es aber auf Wanderungen, bei
einem Erlebnisnachmittag und bei Gottesdiensten zu einem Austausch mit den
Konfirmandengruppen. Auch die Konzerte der Jugendfreizeit waren weitgehend an
das KFS-Programm gekoppelt. So spielten die jungen Bläserinnen und Bläser beim
Taufgottesdienst einer Konfirmandengruppe und begleiteten beim Talgottesdienst die
modernen Kirchenlieder der Konfirmanden.146
Die Posaunenchormitglieder erlebten beim Talgottesdienst einen jungen und
lebendigen Gottesdienst und lernten zugleich Jugendliche in ihrem Alter kennen, die
sich als Mitarbeiter („Teamer“) für die Konfirmandenarbeit motiviert engagierten.
Die Konfirmanden und Teamer hingegen erlebten eine lebendige und moderne Art
von Kirchenmusik.
In ähnlicher Weise schafft das Posaunenwerk Braunschweig durch die Auftrittsorte
der Jugendfreizeiten sowie des Projektchores „Junges Blech“ viele
Begegnungsmöglichkeiten für Mitarbeiter der kirchlichen Jugendarbeit und junge
Mitglieder des Posaunenwerks.
5.3.3 „Vielfalt leben“ – Musik als Chance für interkultur ellen und interreligiösen Austausch
Unter dem Motto „Vielfalt leben“ trafen sich im Sommer 2015 etwa 400 Bläserinnen
und Bläser des Posaunenwerks Braunschweigs zu einem gemeinsamen
Landesposaunentag (LPT). Dieses Motto zeigt, dass es sich das Posaunenwerk zur
Aufgabe gemacht hat, durch seine Musik zwischen verschiedenen Milieus,
Generationen und Kulturen zu vermitteln. Die Musik kann Emotionen vermitteln, die
über gesellschaftliche und sprachliche Barrieren hinweg reichen. Daher ist sie, wie
oben beschrieben, ein geeignetes Mittel für interkulturelle Begegnungen, aus denen
sich Beziehungen zwischen den weltanschaulich unterschiedlichen Gruppierungen
entwickeln können.
146 Der Arbeitskreis KFS stellt jährlich ein spezielles Liederheft mit modernen Kirchenliedern für die Konfirmanden zusammen. Der Posaunenwart Siegfried Markowis hat für diese Lieder moderne Kompositionen für Blechbläser herausgesucht und der Ausbildungsrefferent Ronald Schrötke komponierte für die Lieder, zu denen es bisher keine Bläsersätze gab, neue Begleitsätze.
[43]
Auf dem LPT musizierten die Bläser/innen des Braunschweiger Posaunenwerks
gemeinsam mit einer Stomp-AG der Seesener Schule sowie einer afrikanischen
Trommelgruppe. Hierbei wurden zu dem traditionellen christlichen Choral „Ich singe
dir mit Herz und Mund“ (EG 324) von dem Komponisten Matthias Nagel neue
Choralvariationen mit musikalischen Einflüssen aus Brasilien, Indonesien und Afrika
komponiert.147
Im Angesicht des soziokulturellen Wandels kann eine solche kulturübergreifende
musikalische Zusammenarbeit als Chance betrachtet werden.
Die Musik ist schon immer dafür bekannt gewesen, dass sie soziale und kulturelle
Grenzen überschreitet. Sie ist ein Medium, das Menschen über sprachliche Barrieren
hinweg miteinander in Kontakt bringen kann. So erläutert der Generalsekretär der
Stiftung Niedersachsen Joachim Werren die integrative Kraft der Musik: „Sie kann
ohne Worte Zugänge erleichtern, Begegnungen ermöglichen und die wechselseitige
Wahrnehmung, Akzeptanz und Toleranz stärken.“148 Posaunenchorarbeit kann also
auch einen Beitrag im Bereich der interkulturellen Vermittlung leisten und somit die
kirchliche Bildungsarbeit in diesem Bereich stärken.
5.3.4 Kommunikation durch „Social Media“ Eine, der oben erwähnten neuen Herausforderungen von Kirche ist die
Medialisierung der Gesellschaft. Das Posaunenwerk reagiert auf diesen
Wandlungsprozess, indem es seit 1999 eine Homepage pflegt und seit 2011 in
sozialen Netzwerken tätig ist. Über einen Facebookaccount149 wird regelmäßig auf
Veranstaltungen des Posaunenwerks aufmerksam gemacht. Außerdem kann sich
jede/r Bläser/in eine App aufs Smartphone laden. Diese ermöglicht eine gute
Terminkoordination und einen schnellen Organisationsfluss. Selbstverständlich
ersetzt die Präsenz in den sozialen Netzwerken das analoge Rundschreiben nicht. Es
ergänzt dieses jedoch und sorgt dafür, dass insbesondere auch die jüngere Generation
mit aktuellen Informationen versorgt und der Kontakt gehalten wird.
147 Siehe: http://www.posaunenwerk-braunschweig.de/274/Artikel/229.html. 148 Stiftung Niedersachsen, Vielfalt, 3. 149 https://www.facebook.com/PosaunenwerkBraunschweig/.
[44]
6. Posaunenchorarbeit zwischen Kirchenmusik und Jugendarbeit
Die Frage, ob die Posaunenchorarbeit der Kirchenmusik oder der Jugendarbeit
angehört ist schon historisch bedingt. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat sie zum sog.
„Posaunenstreit“ geführt:150 Als sich das Posaunenwerk der EKD als
kirchenmusikalischer Zusammenschluss gründete, stellten sich die Verantwortlichen
der Posaunenchorarbeit im CVJM mit der Begründung, dass Posaunenchorarbeit ein
Teil der Jugendarbeit sei, gegen diesen Anschluss an die Kirchenmusik. 1948 kam es
daher zur Abspaltung des CVJM-Westbundes vom Posaunenwerk der EKD.151 Für
beide Positionen gab es historische Begründungen. Auf der einen Seite hatte die
Posaunenchorarbeit „schon in Zeiten der Bläserzünfte ein Heimatrecht in der
Kirchenmusik besessen“152, auf der anderen Seite waren die Posaunenchöre in ihrer
Entstehungszeit in die Arbeit der Jünglingsvereine integriert gewesen.
Heute gehören die Posaunenchöre in der Regel zwar unter das Dach der
Kirchenmusik, trotzdem spiegelt sich diese Verbundenheit zur Jugendarbeit
strukturell noch wieder. So ist beispielsweise die württembergische
Posaunenchorarbeit Teil des Evangelischen Jugendwerkes (ejw). In der Landeskirche
Braunschweig macht sich diese strukturelle Problematik zuweilen in Fragen der
Zuständigkeitsbereiche von Gemeinde- und Jugendausschuss bemerkbar.
Die Analyse der Bildungsarbeit im Posaunenwerk Braunschweig verdeutlichte, dass
die Posaunenchorbewegung auch auf der inhaltlichen Ebene Aspekte der Kirchmusik
sowie der Jugendarbeit miteinander verbindet. Obgleich Kirchenmusik im Bereich
der „Kunst“ und Jugendarbeit im Bereich der „Sozialpädagogik“ angesiedelt sind,153
haben diese, auf den ersten Blick unterschiedlichen Bereiche, wie sich gezeigt hat
doch eine große Schnittmenge.
Jede/r Chorleiter/in steht beim Einüben der Musikstücke vor einer didaktischen
Vermittlungsaufgabe. Hinzu kommt, dass Kirchenmusiker/innen die Musik nicht nur
als Kunst vermitteln, sondern eine kirchliche Vermittlungsaufgabe haben, die über
das Fachmusikalische hinausgehen. Auch das Studium der Kirchenmusik nimmt
diese pädagogische Aufgabe immer verstärkter wahr. So ist im Jahr 2002 der erste
150 Niemann, Bläserklang, 93. 151 Zum historische Verlauf der Auseinandersetzungen vgl. Schnabel, Posaunenchorarbeit, 344ff. 152 Schnabel, Posaunenchorarbeit, 346. 153 Vgl. Schweitzer, Kirchenmusik, 63.
[45]
Lehrstuhl für Kirchen-Musik-Pädagogik eingerichtet worden.154 Als Teil der
Kirchenmusik kommt dem Posaunenchor also automatisch eine umfassende
Vermittlungsaufgabe zu.
Wie oben beschrieben hat sich das Verhältnis der Posaunenchorarbeit zur
Kirchenmusik stark gewandelt. Während die Posaunenchorarbeit in ihren Anfängen
als Vereinsarbeit ein Gegenüber zur Kirchenmusik bildete, ist sie seit dem
Zusammenschluss 1934 ein Teil von ihr. Dieser Zusammenschluss war aus
historischer Sicht zwar erzwungen,155 liegt aus theologischer Sicht jedoch nahe, da
die Posaunenchorarbeit, wie die Kirchenmusik generell, die Verkündigung durch
Musik als ihre Aufgabe versteht. Mittlerweile gehört die Posaunenchorarbeit
selbstverständlich zur Kirchenmusik dazu und wird auch von den hauptamtlichen
Kirchenmusikern weitgehend als gleichberechtigter Partner angesehen.156
Diese positive Veränderung der Beziehung zwischen Kirchenmusik und
Posaunenchorarbeit ist in der Braunschweiger Landeskirche strukturell in dem, seit
1997 existierenden, neuen Kirchenmusikgesetz manifestiert, nach welchem die
Posaunenchorarbeit Teil der Kirchenmusik ist. Diese Tatsache hat auch in der
Neufassung des Gesetzes von 2015 Bestand: Eine/e Vertreter/in des Posaunenwerkes
ist geborenes Mitglied der landeskirchlichen Kammer für Kirchenmusik.157
Um die inhaltliche Zusammenarbeit zu erleichtern, bietet das Posaunenwerk zudem
Studientage als Fortbildungsmöglichkeit für hauptamtliche Kirchenmusiker an.158
Auch die Beziehung zur Jugendarbeit hat sich verändert. Die Mitgliedschaft des
CVJM im EPiD zeigt deutlich, dass Posaunenchorarbeit und Jugendarbeit auch auf
struktureller Ebene weiterhin miteinander verzahnt sind.159
Um die Beziehung zwischen Posaunenchorarbeit und Jugendarbeit näher zu
bestimmen und auch inhaltliche Schnittstellen auszumachen, müsste eine Analyse
der gegenwärtigen Jugendarbeit vorgenommen und mit der Bildungsarbeit im
Posaunenwerk verglichen werden. Da sich diese Arbeit auf die Bedeutung der
Bildungsarbeit im Posaunenwerk Braunschweig beschränkt, ist hier für dieselbe
154 Macht, Kirchen, 6. 155 Vgl. Niemann, Bläserklang, 89. 156 Siehe oben, Abschnitt 4.2.1. 157 Siehe § 3 der „Ordnung der Kammer für Kirchenmusik in der Ev.-luth. Landeskirche in Braunschweig (Online-Ressource). 158 Zum Programm der Studientage, siehe Anhang. 159 Vgl. Lassek, Posaunenchor, 111.
[46]
festzuhalten, dass der Bildungsarbeit im Posaunenwerk insofern eine bedeutende
Rolle zukommt, als sie eine Mittlerfunktion zwischen Kirchenmusik und
Jugendarbeit einnimmt.
Für die Zukunft ist daher zu wünschen, dass es zu einer stärkeren Vernetzung
zwischen diesen Bereichen der Gemeindearbeit kommt. Einen m. E. gelungenen
Ansatz bilden zum einen gemeinsame Projekte mit anderen kirchenmusikalischen
Gruppen, wie Konzerte mit Posaunenchor und Vokalchor oder Orgel und die
gemeinsame D-Chorleiterausbildung160 und zum anderen die unter Abschnitt 5.3.2
beschriebenen Zusammenkünfte zwischen Jugendlichen des Posaunenwerks und
Jugendlichen der „Evangelischen Jugend“.161
Für die Bildungsarbeit im Posaunenwerk Braunschweig ergibt sich daher die
Aufgabe, beide Beziehungen weiter auszubauen und zu pflegen.
7. Resümee
Die Ausführungen zur Bildungsarbeit im Posaunenchor haben gezeigt, dass das
Posaunenwerk ein ganzheitliches und rituelles Lernfeld anbietet, welches sich gut
dazu eignet, Menschen den christlichen Glauben näherzubringen.
Die religiöse Bildung kann als „niedrigschwellig“ bezeichnet werden. Dies ist
angesichts des religiösen Wandels in erster Linie positiv zu bewerten. So können
aufgrund der Niedrigschwelligkeit sowohl Menschen mit unterschiedlichen
Glaubensüberzeugungen zusammenarbeiten162 als auch kirchenferne Menschen zur
Mitarbeit motivieren werden. Sie kann jedoch mitunter auch dazu führen, dass
Mitglieder „nur“ aufgrund des musikalischen und sozialen Angebots teilnehmen. Da
der christliche Glaube jedoch nie erzwungen werden kann, sondern der Mensch ganz
auf den Empfang der göttlichen Gnade angewiesen ist, kann die Aufgabe der
religiösen Bildungsarbeit nur darin bestehen, Räume der Spiritualität zu öffnen. Ob
und wie diese Räume gefüllt werden, liegt ganz bei Gott und nicht in der Reichweite
kirchlichen Handelns.
Die Ausführungen zur Bildungsarbeit haben gezeigt, dass neben der Vermittlung
religiöser Werte auch sozialpädagogische Aufgaben Teil der Posaunenchorarbeit
160 Einmal jährlich wird der sog. D-Kurs kompakt für Vokalchorleitung, Bläserchorleitung und Orgelspieler angeboten (siehe Jahresplanung 2016 im Anhang). 161 Hier als Eigenname der aej zu verstehen. 162 Diese ökumenische Dimension wird unter anderem daran deutlich, dass Posaunenchöre ganz unterschiedlicher Konfessionen an den EPiD angeschlossen sind.
[47]
sind. Da diese verstärkt von Ehrenamtlichen übernommen werden, ist für die Zukunft
sicher zu überlegen, ob eine gemeinsame „Teamerausbildung“ von ehrenamtlichen
Mitarbeitern in der Posaunenchorarbeit und Mitarbeitern anderer Gemeindegruppen
sinnvoll ist. Denkbar wären hier beispielsweise gemeinsame Ausbildungsteile und
dann wieder je nach Bedarf spezifische auf dem Weg zum Erwerb der Jugendleiter-
Card (JuLeiCa).
Sowohl im Hinblick auf ihre strukturelle Eigenständigkeit im Gemeindeleben als
auch im Hinblick auf die immer stärker werdende Vernetzung zwischen den
einzelnen Posaunenwerken ist die Posaunenchorarbeit als ein gelungenes Modell von
gestaltetem kirchlichem Leben zu bewerten.
Auf dem Deutschen Posaunentag in Dresden im Juni 2016 wird der EPiD durch
verschiedene Veranstaltungen und Gottesdienste wieder ein deutliches Zeichen dafür
setzen, dass Kreuz und Posaune zusammengehören und Posaunenchorarbeit immer
auch Verkündigungsarbeit ist. In diesem Sinne sind und bleiben die
Posaunenchormitglieder „Mitarbeiter am Psalm 150“.163
163 Kuhlo, Posaunen-Fragen, 14.
[48]
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[52]
9. Selbständigkeitserklärung
Der Text der vorliegenden Examensarbeit umfasst inklusive Leerzeichen und
Fußnoten 103.976 Zeichen.
Deckblatt, Inhalts- und Literaturverzeichnis sind von dieser Zählung ausgenommen.
Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig verfasst und keine
anderen als die angegebenen Hilfsmittel verwendet habe.
Braunschweig, 29.02.2016
Anne-Lisa Hein
[53]
10. Anhang