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Interview Wir haben in der Vergangenheit in FUSION wiederholt über Kepler und seine Weltharmonik berichtet. Sie ha- ben nun ein ganz außergewöhnliches Buch zu diesem Thema „Die Signatur der Sphären — Von der Ordnung im Sonnensystem“ verfaßt, welches diesen harmonika- len Grundgedanken aufgreift. Ich möchte Ihnen gerne einige Fragen zu diesem Buch stellen, um unseren Le- sern einige Grundgedanken davon zu vermitteln. Zuerst interessiert mich jedoch die Frage, wie heutzutage je- mand überhaupt auf die Idee für ein derartiges Buch kommt. Wissen Sie noch, wann das war? Warm: Ja, im Herbst 1997: Ich fand, sozusagen zufäl- lig, in einem Antiquariat das Buch eines ehemaligen ka- tholischen Priesters, der von seinem Glauben abgekom- men ist und als eines seiner Hauptargumente dafür die Erkenntnisse der modernen Naturwissenschaft anführt. Die Aussagen in diesem Buch faszinierten mich, nicht weil ein Priester von seinem Glauben abfiel, sondern weil ich mich fragte, was wissen wir wirklich? Was sind Entdeckungen, z.B. in der Biologie und in der Astrono- mie, was sind daraus abgeleitete Theorien und was sind tatsächliche Erkenntnisse in den verschiedenen Wis- senszweigen, die so fundamental wären, daß sie uns be- rechtigen würden, ein Weltbild darauf aufzubauen? Hat der französische Molekularbiologe Jacques Monod recht, der in seinem Buch „Zufall und Notwendigkeit“ die Weltanschauung sehr vieler Menschen gegen Ende des 20. Jahrhunderts auf den Punkt brachte: „Der Alte Bund ist zerbrochen; der Mensch weiß endlich, daß er in der teilnahmslosen Unermeßlichkeit des Universums al- lein ist, aus dem er zufällig hervortrat“? Von diesem Zeitpunkt an wollte ich unterscheiden ler- nen, was ist Erkenntnis und was ist Entdeckung in der Naturwissenschaft, so wie z.B. der Gedanke eines Ur- knalls eben keine Erkenntnis ist, als welche er heute oft verkauft wird, sondern eine aus bestimmten Meßwerten unter Zugrundelegung bestimmter Voraussetzungen ab- geleitete Theorie. Ich beschäftigte mich zu dieser Zeit auch intensiv mit der Geschichte der Musiktheorie und stieß dabei wieder einmal auf den Begriff der Sphären- harmonie. Diese hatte ich eigentlich immer als gegeben vorausgesetzt, bis mir jetzt klar wurde, daß ich in Wirk- lichkeit kaum etwas darüber wußte, vor allem nicht, was an dieser Vorstellung Erkenntnis und was Theorie oder gar Wunschdenken ist. Und da ich in der Literatur zu diesem Thema nur kategorische Befürworter oder aber grundsätzliche Skeptiker finden konnte, machte ich mich selbst auf die Suche. Mein Ziel war, auf der Grund- lage moderner astronomischer und mathematischer Ver- fahren herauszufinden, wie es um die vermeintliche Sphärenharmonie tatsächlich bestellt ist. In diesem Zusammenhang spielen natürlich die Ideen Johannes Keplers eine wesentliche Rolle, der in seiner „Harmonice Mundi“ (Weltharmonik) aus dem Jahre 1619 die Grundlage für jede fundierte Auseinanderset- zung mit diesem Thema legte. Die Grundidee der Welt- harmonik ist Keplers Suche nach einem gemeinsamen Band, welches Geometrie, musikalische Harmonie und Astronomie miteinander verknüpft. Das, „was die Welt im Innersten zusammenhält,“ sind für Kepler göttliche Urbilder, die auch in der menschlichen Seele als Ar- chetypen angelegt sind und uns dadurch erst ermögli- chen, Harmonie wahrzunehmen. In unserer modernen Zeit, in der Zufall und naturgesetzliche Notwendigkeit als die alles bestimmenden Kräfte angesehen werden, sind Keplers Ideen daher ein echter Balsam für den nach dem Sinn des Ganzen fragenden Menschen. Sie wollen also nicht einfach Keplers Arbeit erklären, sondern diese sozusagen fortsetzen, indem Sie auf der Grundlage moderner astronomischer und mathemati- scher Berechnungsverfahren nach der Ordnung im Sonnensystem suchen. Was haben Sie dabei entdeckt? Warm: Ich möchte kurz fünf wesentliche Punkte nen- nen, auf die wir dann gegebenenfalls noch genauer ein- gehen können. Erstens habe ich eine statistisch hochsig- nifikante Übereinstimmung bestimmter Geschwindig- keitsverhältnisse der Planeten mit musikalischen Inter- vallen und zweitens eine sehr genaue Entsprechung zwi- schen musikalischen Intervallen und den Verhältnissen der Massen der 15 langlebigsten Elementarteilchen auf- gezeigt. Drittens habe ich die langfristigen Bewegungen der Planeten über ihre Konjunktionsstellungen in Bezie- hung gesetzt, wobei sich zum Teil sehr ästhetische geo- metrische Formbildungen ergeben. Viertens fand ich ei- ne ganz unvermutete geometrische Beziehung zwischen den Rotationen der vier langsam rotierenden Himmels- körper Sonne, Merkur, Venus und Mond. Und fünftens habe ich äußerst präzise Entsprechungen zwischen der räumlichen Anordnung der Planetenbahnen und den 23, 2002, Nr. 4 FUSION 21 Die Einheit von Mensch, Musik und Kosmos hat sich bestätigt Ein Gespräch mit Hartmut Warm, Autor des Buches „Die Signatur der Sphären — Von der Ordnung im Sonnensystem“. Die Fragen stellte Ralf Schauerhammer.

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Interview

Wir haben in der Vergangenheit in FUSION wiederholtüber Kepler und seine Weltharmonik berichtet. Sie ha-ben nun ein ganz außergewöhnliches Buch zu diesemThema „Die Signatur der Sphären — Von der Ordnungim Sonnensystem“ verfaßt, welches diesen harmonika-len Grundgedanken aufgreift. Ich möchte Ihnen gerneeinige Fragen zu diesem Buch stellen, um unseren Le-sern einige Grundgedanken davon zu vermitteln. Zuerstinteressiert mich jedoch die Frage, wie heutzutage je-mand überhaupt auf die Idee für ein derartiges Buchkommt. Wissen Sie noch, wann das war?

Warm: Ja, im Herbst 1997: Ich fand, sozusagen zufäl-lig, in einem Antiquariat das Buch eines ehemaligen ka-tholischen Priesters, der von seinem Glauben abgekom-men ist und als eines seiner Hauptargumente dafür dieErkenntnisse der modernen Naturwissenschaft anführt.Die Aussagen in diesem Buch faszinierten mich, nichtweil ein Priester von seinem Glauben abfiel, sondernweil ich mich fragte, was wissen wir wirklich? Was sindEntdeckungen, z.B. in der Biologie und in der Astrono-mie, was sind daraus abgeleitete Theorien und was sindtatsächliche Erkenntnisse in den verschiedenen Wis-senszweigen, die so fundamental wären, daß sie uns be-rechtigen würden, ein Weltbild darauf aufzubauen? Hatder französische Molekularbiologe Jacques Monodrecht, der in seinem Buch „Zufall und Notwendigkeit“die Weltanschauung sehr vieler Menschen gegen Endedes 20. Jahrhunderts auf den Punkt brachte: „Der AlteBund ist zerbrochen; der Mensch weiß endlich, daß er inder teilnahmslosen Unermeßlichkeit des Universums al-lein ist, aus dem er zufällig hervortrat“?

Von diesem Zeitpunkt an wollte ich unterscheiden ler-nen, was ist Erkenntnis und was ist Entdeckung in derNaturwissenschaft, so wie z.B. der Gedanke eines Ur-knalls eben keine Erkenntnis ist, als welche er heute oftverkauft wird, sondern eine aus bestimmten Meßwertenunter Zugrundelegung bestimmter Voraussetzungen ab-geleitete Theorie. Ich beschäftigte mich zu dieser Zeitauch intensiv mit der Geschichte der Musiktheorie undstieß dabei wieder einmal auf den Begriff der Sphären-harmonie. Diese hatte ich eigentlich immer als gegebenvorausgesetzt, bis mir jetzt klar wurde, daß ich in Wirk-lichkeit kaum etwas darüber wußte, vor allem nicht, wasan dieser Vorstellung Erkenntnis und was Theorie odergar Wunschdenken ist. Und da ich in der Literatur zu

diesem Thema nur kategorische Befürworter oder abergrundsätzliche Skeptiker finden konnte, machte ichmich selbst auf die Suche. Mein Ziel war, auf der Grund-lage moderner astronomischer und mathematischer Ver-fahren herauszufinden, wie es um die vermeintlicheSphärenharmonie tatsächlich bestellt ist.

In diesem Zusammenhang spielen natürlich die IdeenJohannes Keplers eine wesentliche Rolle, der in seiner„Harmonice Mundi“ (Weltharmonik) aus dem Jahre1619 die Grundlage für jede fundierte Auseinanderset-zung mit diesem Thema legte. Die Grundidee der Welt-harmonik ist Keplers Suche nach einem gemeinsamenBand, welches Geometrie, musikalische Harmonie undAstronomie miteinander verknüpft. Das, „was die Weltim Innersten zusammenhält,“ sind für Kepler göttlicheUrbilder, die auch in der menschlichen Seele als Ar-chetypen angelegt sind und uns dadurch erst ermögli-chen, Harmonie wahrzunehmen. In unserer modernenZeit, in der Zufall und naturgesetzliche Notwendigkeitals die alles bestimmenden Kräfte angesehen werden,sind Keplers Ideen daher ein echter Balsam für den nachdem Sinn des Ganzen fragenden Menschen.

Sie wollen also nicht einfach Keplers Arbeit erklären,sondern diese sozusagen fortsetzen, indem Sie auf derGrundlage moderner astronomischer und mathemati-scher Berechnungsverfahren nach der Ordnung imSonnensystem suchen. Was haben Sie dabei entdeckt?

Warm: Ich möchte kurz fünf wesentliche Punkte nen-nen, auf die wir dann gegebenenfalls noch genauer ein-gehen können. Erstens habe ich eine statistisch hochsig-nifikante Übereinstimmung bestimmter Geschwindig-keitsverhältnisse der Planeten mit musikalischen Inter-vallen und zweitens eine sehr genaue Entsprechung zwi-schen musikalischen Intervallen und den Verhältnissender Massen der 15 langlebigsten Elementarteilchen auf-gezeigt. Drittens habe ich die langfristigen Bewegungender Planeten über ihre Konjunktionsstellungen in Bezie-hung gesetzt, wobei sich zum Teil sehr ästhetische geo-metrische Formbildungen ergeben. Viertens fand ich ei-ne ganz unvermutete geometrische Beziehung zwischenden Rotationen der vier langsam rotierenden Himmels-körper Sonne, Merkur, Venus und Mond. Und fünftenshabe ich äußerst präzise Entsprechungen zwischen derräumlichen Anordnung der Planetenbahnen und den

23, 2002, Nr. 4 FUSION 21

Die Einheit von Mensch, Musikund Kosmos hat sich bestätigt

Ein Gespräch mit Hartmut Warm, Autor des Buches „Die Signatur der Sphären — Von der Ordnung im Sonnensystem“.

Die Fragen stellte Ralf Schauerhammer.

Interview

Flächenverhältnissen einfacher geometrischer Figurennachgewiesen.

Was meinen Sie damit?Warm: Sowohl in den langfristigen miteinander in Re-lation gebrachten Bewegungen der Planeten und der Ro-tationen als auch in der räumlichen Anordnung nach denVerhältnissen der kleinen Halbachsen zeigen sich er-staunlicherweise insbesondere jene Sternfiguren, denendie Menschheit von alters her eine symbolische Bedeu-tung zugemessen hat: Pentagramm, Hexagramm, Zehn-und Zwölfstern. Auf diese Weise scheinen uns die Him-melskörper eine Art Geschichte in geometrischen Bil-dern zu erzählen.

Können Sie erklären, was es mit dem ersten Punkt aufsich hat, also mit der Übereinstimmung bestimmter Ge-schwindigkeitsverhältnisse der Planeten mit musikali-schen Intervallen?

Warm: Ich betrachte nicht die Winkelgeschwindigkei-ten im Aphel und im Perihel, d.h. im sonnenfernstenbzw. -nächsten Punkt, in de-nen Johannes Kepler eineharmonische Anordnung ge-funden zu haben glaubte,sondern vielmehr handelt essich um die Bahngeschwin-digkeiten im Aphel und indem Punkt, an welchem diePlaneten den Abstand derkleinen Halbachsen ihrer El-lipsenbahnen von der Sonnehaben. Die Geschwindigkeitin diesem Punkt entsprichtsehr genau dem arithmeti-schen Mittel aus Aphel- undPerihelgeschwindigkeit.

Überprüft man die ver-schiedenen in der Literaturzu findenden vermeintlichenSphärenharmonien (nach Jo-hannes Kepler, Hans Kayser,Thomas Michael Schmidt)mit mathematisch-statisti-schen Verfahren, ergebensich leider nirgendwo signifikante, d.h. bedeutsame Ab-weichungen von rein zufälligen Verteilungen. Das be-deutet, daß die in diesen „Sphärenmusiken“ auftauchen-den Übereinstimmungen mit musikalisch-harmonischenIntervallen nicht größer sind, als wenn man die entspre-chenden planetarischen Verhältnisse mit einem Zufalls-generator erzeugen würde. Scheinbar besteht die Ableh-nung der Sphärenharmonie durch die moderne Wissen-schaft also zu recht. Setzt man aber die Geschwindig-keiten der Planeten im Abstand ihrer kleinen Halbachsevon der Sonne und diejenigen im Aphel in Bezug, erge-ben sich hochsignifikante Übereinstimmungen mit mu-sikalischen Intervallen (Abbildung 1).

13 von 17 möglichen Proportionen liegen hierbei dichtbis sehr dicht an den musikalischen Verhältnissen. Mitentsprechenden statistischen Verfahren läßt sich errech-nen, daß diese Häufung lediglich mit einer Wahrschein-lichkeit von etwa 1:10 000 zufälliger Natur sein könnte(berücksichtigt man, daß es etwa 10 verschiedene Mög-lichkeiten gibt, Verhältnisse verschiedener Parameter zubilden, verbleibt immer noch ein Wert von 1:1 000). An-derslautend kann man festhalten, daß bei der Formierungunseres Planetensystems mit mindestens 99,9%igerWahrscheinlichkeit ein Einfluß gewirkt hat, der zu einerden harmonisch-musikalischen Zahlenverhältnissen ent-sprechenden Anordnung der Geschwindigkeiten geführthat. Die uralte Idee der Sphärenharmonie und insbeson-dere die Grundgedanken Johannes Keplers haben damitzum ersten Mal eine tatsächliche, im Prinzip von jeder-mann nachprüfbare Bestätigung gefunden.

Übrigens wurde ich erst nach Herausgabe der Signa-tur der Sphären auf die „Sphärenharmonie“ nach Jona-than Tennenbaum aufmerksam. Dabei werden die Pla-netenabstände einer logarithmischen Spirale zugeordnet

und dann mit den auf gleiche Weise aufgetragenen mu-sikalischen Intervallen in Beziehung gesetzt. Es ergibtsich so eine relativ signifikante Abweichung von einerzufälligen Verteilung.

Und wie haben Sie nun diese harmonischen Relationenin den langfristigen Planetenbewegungen dargestellt?Sie sprechen von ästhetischen geometrischen Formen.

Warm: Nun können wir die Sphärenharmonie ja nichthören, und Kepler sagte daher, daß sie nur im Geiste ver-nehmbar sei. Die großartige Ordnung in dem Zusam-menspiel der planetarischen Bewegungen läßt sich je-doch optisch aufzeigen. Man kann z.B. die Beziehung

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Abbildung 1 Intervalle der Geschwindigkeiten, bezogen auf Merkur „in b“ als Grundton (= c, exakt bei 1), trans-poniert in eine Oktave. Musikalische Intervalle sind durch die horizontalen Linien markiert.

Quelle: Keplerstern Verlag

Interview

von zwei Planeten sichtbar machen, indem man ihreVerbindungslinien im Raum — d.h. konkret in der Ebe-ne der Ekliptik, in welcher sie sich um die Sonne bewe-gen — über eine längere Zeitspanne in einem frei wähl-baren, aber konstanten Zeitintervall aufträgt. Dieses Ver-fahren habe ich Raumgeradendarstellung genannt. Dieseit langer Zeit bekannte Geordnetheit der Venus-Erde-Beziehung nach der Zahl Fünf läßt sich dann graphischdarstellen (siehe Abbildung 2).

Eine andere Möglichkeit ist, die Beziehung von je-weils drei Planeten abzubilden, indem die Raumgeradenzweier Planeten aufgezeichnet werden, wenn einer vonihnen eine Konjunktion mit einem dritten hat, nehmenwir z.B. Pluto dazu (siehe Abbildung 3).

Die wundersame Transformation der Zahl Fünf in dieSechs durch Hinzutreten des äußersten Planeten ist einBeispiel für den erwähnten inneren Zusammenhang die-ser Bewegungsgestalten. Betrachtet man die entspre-chenden Bilder weiterer Planetenkonfigurationen, zeigtsich, daß uns unser Sonnensystem in gewissem Sinne ei-ne Geschichte in geometrischen Bildern erzählt. Diesedeckt sich zum Teil mit alten mythologischen Vorstel-lungen, weist aber auch darüber hinaus. Das setzt natür-lich voraus, daß man bestimmten Zahlen und geometri-schen Figuren eine Bedeutung beimißt. Dies soll jedochnicht im Sinne einer Mystifizierung verstanden werden,sondern als Beleg für die Realität der geometrischen Ur-bilder, die Kepler Archetypen genannt hat.

Daß solche geometrischen Urbilder auch im Menschentatsächlich vorhanden sind, kann man sich leicht klarmachen. Man braucht nur mit offenen Augen durch dieWelt zu gehen und darauf zu achten, wie oft das Penta-gramm in den verschiedensten Zusammenhängen ver-

wendet wird und was für ein Zweck damit jeweils ver-folgt wird.

Ein anderes Beispiel ist die Zahl Zwölf und ihre Stern-figuren. Seit alters her wird der Himmel, genauer dieBahn der Sonne und der Planeten in der Ekliptik, be-kanntlich in 12 Abschnitte eingeteilt. In vielen Kulturenwird die Zwölf darüber hinaus mit dem geistigen Him-mel bzw. dem Göttlichen in Verbindung gebracht. ImSonnensystem wird eine perfekte zwölfsternartige Figurim Zusammenwirken der drei massivsten Planeten Jupi-ter, Saturn und Neptun, sozusagen die obersten Gotthei-ten, verwirklicht. Da diese das Zusammenspiel desganzen Systems am nachhaltigsten beeinflussen, ist dievon ihnen gebildete Figur in gewisser Weise das Urbilddes gesamten Planetensystems.

Man muß dazu wissen, daß der Zusammenhalt einesSystems aus neun Körpern über viele Millionen Jahre al-les andere als selbstverständlich ist, und die Ursache,warum die Wandelsterne seit Äonen auf stabilen Bahnenumlaufen, bisher rätselhaft geblieben ist. Vielleicht ist essogar die in der Signatur der Sphären aufgezeigte, bis-her unbekannte Geordnetheit der Bewegungen der Gas-riesen im äußeren Sonnensystem (auf einer größerenZeitskala ist auch Uranus in die Ordnung nach der ZahlZwölf einbezogen), der wir den langfristigen Zusam-menhalt des Planetensystems (und damit unsere Exi-stenz) verdanken.

Und was hat es mit der unvermutet gefundenen geome-trischen Beziehung zwischen den Rotationen von Son-ne, Merkur, Venus und Mond auf sich?

Warm: Daß auch die Rotationen der Himmelskörper aufeine geheimnisvolle Weise aufeinander „abgestimmt“

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Abbildung 2Raumgeraden Venus-Erde, im Abstand von drei Tagen kontinuier-lich in der Ebene der Ekliptik aufgetragen, 1000mal. Sonne imZentrum der Abbildung. Quelle: Keplerstern Verlag

Abbildung 3Raumgeraden Venus-Erde bei Venus/Pluto-Konjunktionen, 1000-mal, Zeitraum 616,7 Jahre; Maßstab in Millionen km.

Quelle: Keplerstern Verlag

Interview

sind, hat nach meiner Kenntnis bisher noch niemand fürmöglich gehalten bzw. näher untersucht. Ein Beispielhierfür sind die Rotationen der Sonne, des Merkurs undder Venus (Abbildung 4). Analog dazu, wie sich die Be-ziehung von Planeten über ihre Konjunktionsperiodenergibt, lassen sich die Verhältnisse mehrerer rotierenderKörper über die Parallelität einmal definierter horizon-taler Achsen untersuchen (das genaue Verfahren hier zuerläutern, würde etwas zu weit führen).

Alle in einem Zehneck möglichen Sternfiguren (bisauf das Doppelpentagramm) werden von den chronolo-gisch aufeinander folgenden Linien gezeichnet. Mankann sich sicher vorstellen, daß dieses Ergebnis ganz un-erwartet und auch unwahrscheinlich ist. Noch verblüf-fender ist dann, daß Sonne, Merkur und Mond — mit-einander auf ähnliche Weise in Beziehung gesetzt — dashier noch fehlende Doppelpentagramm zeichnen. Als ichdiese und weitere, vor allem mit Sonne und Mond ver-bundene Zusammenhänge entdeckte, wollte ichzunächst meinen Augen nicht trauen und prüfte die zu-grunde liegenden Berechnungen einige Male nach.Nachdem diese sich dann als zweifellos richtig erwiesenhatten, empfand ich eine tiefe Dankbarkeit meinemSchöpfer gegenüber, daß ich diese Dinge entdeckendurfte.

Damit folgen Sie ja in gewisser Weise Johannes Kepler,der immer wieder in ähnlicher Weise seine Dankbarkeitausdrückte. Aber sagen Sie doch bitte noch etwas zudem Zusammenhang zwischen räumlicher Anordnungder Planetenbahnen und den Flächenverhältnisseneinfacher geometrischer Figuren.

Warm: Der Schlüssel dazu ist, diese Strukturen in denkleinen Halbachsen der Ellipsenbahnen zu suchen,während frühere diesbezügliche Modelle und Berech-nungen stets von den großen Halbachsen ausgegangensind.

Wahrscheinlich kennt jeder das Bild Johannes Keplersvon den ineinander verschachtelten fünf PlatonischenKörpern, durch welche die Sonnenabstände der seiner-zeit bekannten sechs Planeten wiedergegeben werden.Kepler selbst realisierte übrigens bald, daß die Überein-stimmung nicht besonders exakt ist, was ihm Motivati-on zu seiner weiteren Suche nach der Ordnung im Kos-mos war. Auch später gab es etliche Bemühungen, eineRegelmäßigkeit in der räumlichen Anordnung der Pla-neten ausfindig zu machen, wie z.B. die Titius-Bode-Re-gel. All diese letztlich nie allzu genauen Versuche gin-gen von den mittleren Sonnenabständen aus, welche dengroßen Halbachsen der elliptischen Planetenbahnen ent-sprechen. Setzt man aber die kleinen Halbachsen insVerhältnis, ergibt sich eine offensichtliche symmetrischeAnordnung, die geometrisch dargestellt werden kann(Abbildung 5).

Es kommt hier eine so bestechend klare und einfacheAnordnung zum Ausdruck, daß man sich wundern muß,warum diese bisher noch nirgendwo erwähnt worden ist.Die Abweichungen von den tatsächlichen Verhältnissenliegen im Mittel bei nur wenigen Promille. In einem wei-teren Schritt lassen sich auch die in der Abbildung nochnicht beteiligten Planeten Venus, Jupiter und Neptundurch einfache geometrische Zuordnungen in diese Ord-nung einbinden. Das überraschendste ist dann, daß alleauftretenden Verhältnisse in den Proportionen desZwölfsterns wiederzufinden sind.

Zum Schluß möchte ich noch gerne von Ihnen wissen,warum Ihrer Meinung nach die Weltharmonik seitKeplers Zeit nicht mehr untersucht wurde und welcheBedeutung Ihre Neuentdeckung der „Sphärenharmo-nie“ hat.

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Abbildung 4Abfolge der Rotationen von Sonne, Merkur und Venus bei Paralle-lität aller drei Achsen, 400mal, Genauigkeit <7,5°, Zeitraum606,12 Jahre. Quelle: Keplerstern Verlag

Abbildung 5Annäherung an die Intervalle der kleinen Halbachsen der Planeten.Von links nach rechts: Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn,Uranus, Neptun, Pluto. Quelle: Keplerstern Verlag

Interview

Warm: Durch die Anfang des 17. Jahrhunderts mit Hilfeder Erfindung des Teleskopes einsetzenden astronomi-schen Entdeckungen hat sich das Bild vom Kosmos stär-ker verwandelt als jemals zuvor. Innerhalb kurzer Zeitwurde der Mensch aus einem Gefühl der Eingebundenheitin eine kosmische Ordnung in den Zustand der Heimatlo-sigkeit versetzt. Die Vorstellung einer früher weithin ak-zeptierten Sphärenharmonie wird heute bestenfalls nochals schöne Träumerei angesehen. Der Mathematiker undPhilosoph Blaise Pascal (1623-1662) war von dem neuenWeltbild einigermaßen entsetzt: „Ich schaue diese grauen-vollen Räume des Universums, die mich einschließen, undich finde mich an eine Ecke dieses weiten Weltenraumesgefesselt, ohne daß ich wüßte, weshalb ich nun hier undnicht etwa dort bin... Ringsum sehe ich Unendlichkeiten,die mich wie ein Atom, wie einen Schatten umschließen,der nur einen Augenblick dauert ohne Wiederkehr.“

Auch die im 20. Jahrhundert gemachten Entdeckungenschier unermeßlicher Entfernungen in einem vermeint-lich expandierenden Weltraum, von Supernovaexplo-sionen, angeblichen Schwarzen Löchern etc. sind nichtgerade geeignet, im Menschen das Gefühl einer Verbun-denheit mit dem Kosmos hervorzurufen. Zur Einord-nung all dieser Dinge muß man aber wissen, daß sehrvieles dabei Interpretationen von Meßwerten unter ge-wissen Voraussetzungen sind. Entfernungsbestimmun-gen im Kosmos z.B. sind Abschätzungen, die desto un-sicherer werden, je weiter wir in das Weltall hinaus-

blicken. Der einzige Ort im Kosmos über den wir dies-bezüglich wirklich exakte Aussagen machen können, istunsere kosmische Heimat, das Sonnensystem. Und indiesem hat sich jetzt eine fast unglaubliche Ordnung ent-hüllt, die auch die von Pythagoras und Kepler postulier-te Übereinstimmung planetarischer und musikalischerVerhältnisse einschließt. Für den Ausschnitt des Welt-alls, den wir wirklich gut kennen, hat sich damit die inder Philosophiegeschichte oftmals angenommene Ein-heit von Mensch, Musik und Kosmos bestätigt.

Die von Jacques Monod — im Grunde stellvertretendfür die ganze moderne, rein wissenschaftlich orientierteWeltanschauung — konstatierte „Teilnahmslosigkeit desUniversums, aus dem der Mensch zufällig heraustrat“,hat sich damit als nichts weiter als eine Glaubensannah-me erwiesen. Mit Behauptungen von dem, was manwirklich weiß, sollte man vielleicht etwas vorsichtigersein. So möchte ich nur sagen, daß für mich persönlicheine echte Musik, und schon gar die „Musik des Welt-alls“ (im weitesten Sinne) ohne eine schöpferische Kraftnicht denkbar ist. Die Signatur der Sphären will aller-dings keine allgemeingültige Interpretation der neu ent-deckten Sphärenharmonie verkünden, sondern aufzei-gen, daß der Kosmos seinen Namen tatsächlich verdient.Denn das griechische Wort Kosmos bedeutete ursprüng-lich „Schmuck“, und zumindestens unser Sonnensystemwurde mit wunderbaren geometrischen Formen und mu-sikalisch-harmonischen Verhältnissen geschmückt.

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