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Page 1: Interview mit Stefan Schiffer, Deutschlandchef von Ishida ... · PDF fileneue verpackung: Seit geraumer Zeit arbeiten sie mit Multivac zu-sammen. Vor welchem Hintergrund? Stefan Schiffer:

neue verpackung: Ishida zählt zu den führenden Herstellern von Mehrkopfwaagen. Neuerdings werben Sie mit einer Genauigkeit von 0,1 Gramm. Wer benötigt denn soviel Exaktheit? Stefan Schiffer: Viele Anbieter aus der Nahrungsmittelindustrie, Produkte wie Portionsteebeutel, gefriergetrocknete Pilze, Erd-beeren zum Beispiel. Generell gilt, je wertvoller und teurer die Rohstoffe sind, desto genauer wollen und müssen die Kunden verwägen. Ungenauigkeiten haben extreme Auswirkungen auf die Rentabilität und natürlich auf die Kundenzufriedenheit. neue verpackung: Im Supermarkt sieht es aber anders aus. Bei den jährlichen Fertigpackungskontrollen werden Unterschreitungen der zulässigen Gewichtsgrenzen serienweise festgestellt. Erweist sich die Verwiegung bei einigen Produkten als besonders schwie-rig?

Stefan Schiffer: Zum einen muss berücksichtigt werden, dass vie-le Produkte heute noch manuell portioniert werden und genau dies stellt ein großes Problem dar. Ishida bietet eine hochmoderne Software, bei der Minus-packungen generell nicht möglich sind, die unterhalb den ge-setzlichen Vorschriften entsprechend Fertigpackungsverord-nung liegen. Darüber hinaus sprechen wir in der Tat von leicht und schwer abfüllbaren Produkten, also freifließende Produkte oder stark zum Anhaften neigende Produkte. Aber auch bei schwer abfüll-baren Produkten wird Ishida immer entsprechend der Fertig-packungsverordnung arbeiten, also keine Minuspackungen au-ßerhalb der gesetzlichen Vorschriften. neue verpackung: O,1 Gramm sind sicherlich eher die Ausnahme. Wo liegen heute die normalen Anforderungen an die Genauigkeit? Stefan Schiffer: In Abhängigkeit von den Produktkosten ergibt sich eine ziemliche Bandbreite. Weiter stellt sich die Frage, wel-che Zeit und Ressourcen möchte der Kunde für die Genauigkeit aufwenden. Dazu kommen vor allem aber die physikalischen Eigenschaften des Produkts, die wesentlichen Einfluss auf er-reichbare Genauigkeit haben. Wer 2,7 Gramm Tee abwiegt, hängt am zehntel Gramm. Aber auch bei Gulasch, einem sehr schwierigen Produkt, haben wir schon Ergebnisse von weit un-ter einem Prozent Abweichung erzielt! neue verpackung: Wie lassen sich denn nun die Ergebnisse dichter an die Forderungen des Verordnungsgebers heranführen? Stefan Schiffer: Wie gesagt, Basis ist immer die gesetzliche Vor-schrift entsprechend der Fertigpackungsverordnung sowohl für die Einhaltung der zulässigen Minus- aber auch Plustoleranzen. Die Kunden diskutieren aber mit uns über dieses Thema und wir versuchen, dies in unseren Entwicklungszyklen zu berück-sichtigen. Die vor drei Jahren eingeführte Ishida-Mehrkopfwaa-ge der R-Serie ist durch ihre einzigartigen Rechnerprozesse ge-nauer als alles andere im Markt. Zusätzlich unterstützt das Port-folio im Bereich Inspektion, Qualitätssicherung im Bereich Un-ter- und Übergewichte, aber auch bei Kontaminationen, Metall-detektion die Kunden bei der Abfüllung. Wir überprüfen Sitz und Lesbarkeit der Etiketten. Eine weitere Option ist die Über-prüfung der Dichtigkeit im Bereich der Siegelnaht. Dies bieten wir unseren Kunden optional an. neue verpackung: Auf der gerade hinter uns liegenden Interpack machte Ishida noch vor Beginn Schlagzeilen, als einige chinesische Aussteller Produkte vom Stand nehmen oder verhängen mussten, weil Verletzungen gegen von Ishida gehaltene Patente vorlagen. Um was ging es da genau? Stefan Schiffer: Wir sind, und das sagen wir nicht ohne Stolz, ein sehr innovatives Unternehmen mit ungewöhnlich vielen Paten-ten. Deswegen wollen einige Firmen Produkte von uns in Lizenz

Interview mit Stefan Schiffer, Deutschlandchef von Ishida

TECHNIK

Lebensmittel Pharma Kosmetik Chemie Non Food

24]neue verpackung 7.2008

„ Kunden wollen Kompetenz für die Linie.“ Stefan Schiffer, Deutschlandchef von Ishida (Foto: Waßmann)

Genauer und effizienter Ishida legt Wert auf die Alleinstellung bei der Qualität | Mehrkopfwaagen sorgen für portionsgenaue Abfüllungen. Nachgeschaltete Inspektion, Kontrollwaagen und Qualitätsprüfungen ergänzen diesen Vorgang logisch. Doch das Programm von Ishida, Schwäbisch Hall, mit Wurzeln in Japan, ist breiter. Der deutsche Geschäftsführer Stefan Schiffer über Arbeit und Absichten der deutschen Niederlassung.

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nachbauen. Dem stimmen wir häufig zu. Wenn wir Unterneh-men ansprechen, weil Patentrechte von uns verletzt wurden, dann findet das in Europa auch Gehör. Da lassen sich Lösungen über Lizenzvereinbarungen finden. Notfalls hilft die Judikative, diese Ansprüche durchzusetzen. Diesen Weg haben wir auch bei den chinesischen Wettbewer-bern versucht. Aber weder die direkte Ansprache noch der offi-zielle Weg war fruchtbar. Es wurde deswegen beschlossen, die Interpack zu nutzen, um darauf hinzuweisen, dass Ishida-Pa-tente verletzt werden. Es handelt sich dabei um Nachbauten zur Absicherung der Waagen in harschen Umgebungen. neue verpackung: Nun haben die Chinesen im Gegenzug geworben „See you 2011“. Bedeutet dies, die Patente laufen demnächst aus? Stefan Schiffer: Einige haben weiterhin Bestand, andere laufen aus. Aber es war von vorneherein klar, wir haben den Prozess nicht gestoppt, sondern nur ein wenig gestört. Wir sehen eigent-lich unsere Aufgabe nicht darin, Wettbewerber zurückzudrän-gen sondern sich um die Problemstellungen der Kunden zu kümmern. neue verpackung: Was machten denn den Patentklau bei Ishida so attraktiv? Stefan Schiffer: Ishida ist in vielen Bereichen Technologieführer. Technologiediebstahl spart Zeit, Entwicklungskosten,Marketing-aufwendungen und gemeinsame Entwicklungsanstrengungen mit den Kunden. Von daher betrachtet ist es natürlich äußerst at-traktiv, den „kurzen Weg“ zu gehen. Dieser Weg wird in der Re-gel von Firmen beschritten mit eher mittelfristigen Planungsperi-oden. Ishidas Strategie ist dagegen immer langfristig ausgelegt!

neue verpackung: Als wie qualifiziert würden Sie denn selbst Ihren Technologievorsprung umreißen? Stefan Schiffer: Gemeinsam mit den Kunden lässt sich ein Gramm mehr Genauigkeit, ein halbes Prozent mehr Effizienz er-zielen. Da addieren sich ganz gehörige Summen, wenn man dies auf 100 Schalen oder Beutel in der Minute bei 3.000 Betriebs-stunden im Jahr umrechnet. neue verpackung: Das Programm diversifiziert ziemlich in die Brei-te. Auf den ersten Blick scheint einiges im Angebot nicht in direk-tem Zusammenhang mit der Kernaufgabe Wägen und Kontrollie-ren zu stehen. Wir finden im Programm auch Schlauchbeutel-maschinen, Endverpacker, Traysealer: Wo ist hier der rote Faden? Stefan Schiffer: Den roten Faden kommt aus dem Markt von un-seren Kunden. Ishida ist seit rund 30 Jahren im Bereich Mehr-kopfwaagen tätig. Wir haben uns durch Innovation von den klassischen trockenen Produkten hin bewegt zu schwierigeren Produkten, wie Frischfleisch oder -fisch. Gleichzeitig möchten die Kunden aber komplette Lösungen. Sie suchen nach Mög-lichkeit im Verpackungsbereich einen singulären kompetenten Ansprechpartner. Die Kunden wollen sich nicht mit einer Viel-zahl von Lieferanten auseinandersetzen, wenn in einer Kompo-nente ein Problem vorliegt. Auf der Interpack haben wir dargestellt, dass wir im Frischeseg-ment Linienlösungen anbieten können, wie Mehrkopfwaagen, Verteilsysteme, Schalensiegler und am Ende die Inspektion. Für die Snackindustrie haben wir Mehrkopfwaagen, Schlauchbeu-telmaschinen und schließlich Inspektion und Abtransport de-monstriert.

26]neue verpackung 7.2008

TECHNIK

Der Verkauf brummt, die Demonstrationshalle platzt aus allen Nähten: Boom bei Ishida in Schwäbisch Hall. (Foto: Waßmann)

Fertiggerichte sind eines der Kern-geschäfte für den Bereich der Mehr-kopfwaagen. (Foto: Ishida)

ZerbrechlicheTro-ckenkost: Salzstan-gen sind ein emp-findliches Füllgut, das nur limitierte Abfüllgeschwindig-keiten erlaubt. (Fo-to: Ishida)

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neue verpackung: Seit geraumer Zeit arbeiten sie mit Multivac zu-sammen. Vor welchem Hintergrund? Stefan Schiffer: Es wurde vor gut einem Jahr beschlossen, im Ver-trieb mit Multivac zusammenzuarbeiten, weil die beiden Pro-duktportfolios sehr gut zusammenpassen. Beide Partner haben zudem festgestellt, dass sie im Markt immer wieder aufeinander treffen. Von daher passt eine Kooperation ideal. Multivac ver-marktet deswegen unsere Qualitätslösungen und hat neben den eigenen Tray-Sealern auch unsere mit ins Verkaufsprogramm genommen. Als Zusatznutzen hat sich erwiesen, dass sich die beiden Unternehmen bei den Repräsentanzen in Osteuropa, Asien und Afrika recht gut ergänzen. neue verpackung: Wie verteilt sich denn das Geschäft bei der Breite des Angebots und welche Branchen bringen den Umsatz ins Haus? Stefan Schiffer: Das Geschäft weist immer noch einen Schwer-punkt bei den Mehrkopfwaagen auf. Es erreicht etwa 50 Pro-zent des Umsatzes. Die zweite Hälfte verteilt sich relativ gleich-mäßig auf die anderen Produkte, wie Schalensiegler, Schlauchbeutelmaschinen, X-Ray oder Kontrollwaagen. Die Branchen, die wir beliefern sind Ready-Meal-(Salads), Fisch- und Fleischindustrie, Fertigmenüs, Snackindustrie und trockene Applikationen wie Süßwaren. Das Letztere ist übri-gens der Ursprung, aus dem unsere Mehrkopfwaagen kom-men. neue verpackung: Der Bereich Qualität und Sicherheit erhält aus Verbrauchersicht besondere Bedeutung. Wie gehen aus Anbieter-sicht die Unternehmen mit dem Thema um?

Stefan Schiffer: Das Thema rückt mehr und mehr in den Fokus. Mir fällt kein Kunde ein, der mit uns nicht über die Herausfor-derungen bei der Qualitätskontrolle spricht. Alle wollen sich noch verbessern. Das wird durch die ISO-Zertifizierung, IFS-Anforderungen nach Level 5 oder britische Standards getrieben. Das ist heute Tagesgeschäft. neue verpackung: In diesem Bereich verkaufen Sie Sicherheit. Wie sicher ist sicher? Stefan Schiffer: Wir definieren gemeinsamen mit unseren Kun-den den Leistungsrahmen und was an Qualität und Sicherheit erreicht werden kann. Aber wie bei den Waagen gilt, dass ein 100prozentiger Gefahrenausschluss nicht möglich ist. Das ist nicht erreichbar. Vor allem aber im Bereich X-Ray stehen wir noch in der ersten Hälfte des Entwicklungsrahmens. Hier wer-den noch zahlreiche Innovationen im Hinblick auf Erkennung und Genauigkeit den Markt bereichern. neue verpackung: Schwäbisch Hall arbeitet als Tochter der europäi-schen Niederlassung in Birmingham. Dort wird auch gefertigt. Stefan Schiffer: 80 Prozent unserer Produkte werden für den eu-ropäischen Markt in Großbritannien hergestellt. Der Rest kommt, innovationsbedingt, aus Japan. Dort liegt auch das Ent-wicklungs-Know-how. Erst wenn die Produkte etabliert sind, werden sie von der britischen Produktion übernommen. Die Kernaufgabe der deutschen Niederlassung liegt bei Vertrieb, Be-ratung, Projektierung und After-Sales-Services. Dazu kommt die Verantwortung für die Zusammenstellung von Linien, also die Synchronisation und Steuerung. �

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