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Islamic Finance - Anspruch und Wirklichkeit 01

Gliederung I.  Anspruch des Islamic Finance

1.  ribâ-Verbot = Zinsverbot? 2.  Begriff des Islamic Finance 3.  Freiwillige Beachtung religiösen Rechts 4.  Funktionen des Sharia Boards 5.  Corporate Governance and Sharia Boards

II.  Wirklichkeit - Normumgehung am Beispiel des ribâ-Verbots 1.  Unproblematische Finanzierungsform: mudâraba 2.  Bay Ina und Tawarruq als Umgehungsbeispiele 3.  Sukuk-al-mudâraba als Beispiel für die „Sharia-Falle“ 4.  Risikotragung und Shariakonformität

III.  Fazit

Matthias Casper | 5. Dezember 2011

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Normgeltung im Islamic Finance 02

ribâ-Verbot = Zinsverbot? •  „Gold gegen Gold, Silber gegen Silber, Weizen gegen Weizen, Gerste gegen

Gerste, Datteln gegen Datteln, Salz gegen Salz, gleiche [Mengen] gegen gleiche [Mengen], Zug um Zug. Wer mehr nimmt oder aufschlägt, macht ein ribâ-Geschäft – derjenige, der nimmt, genauso wie der, der gibt.“ (Hadithe von Muslim, Abu Dawud, an-Nasa’i, Ibn Hanbal und ad-Darimi)

•  Allah hat den Handel erlaubt, aber das Zinsnehmen (ribâ) verboten (Sure 2, 275)

•  ribâ ist mehr als Wucher

•  Das ribâ-Verbot wird heute ganz überwiegend als Zinsverbot interpretiert

•  Gewinnerzielung durch bloße Nutzung des Zeitwerts gilt als illegitim, es muss sich um einen unsicheren Gewinn aus einem unternehmerischen Risiko handeln

Matthias Casper | 5. Dezember 2011

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Normgeltung im Islamic Finance 03

Was ist überhaupt Islamic Finance? •  Ursprung: 1960er, starker Wachstumsmarkt

•  Auch in Diaspora-Staaten, Beispiel GB

•  Aber wieso „gilt“ dort islamisches Recht? •  Islamic Finance basiert also auf Freiwilligkeit, auch in den meisten islamischen

Staaten

•  Definition: Alle Arten von Finanzdienstleistungen, die ohne Verstoß gegen die Regeln der Sharî‘a abgewickelt werden, obwohl der Finanzierungsvertrag einer säkularen (staatlichen) Jurisdiktion untersteht. Ø  Das anwendbare Vertragsrecht ist also nicht islamisches Recht

Matthias Casper | 5. Dezember 2011

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Normgeltung im Islamic Finance 04

Berührung von staatlichem und religiösem Recht? •  Modell 1 : Beispiel Sudan, Pakistan: Sharia wird zum staatlichen Recht

erklärt.

•  Modell 2: Beispiel Bahrain: Konventionelle Bankgeschäfte sind erlaubt. Aber islamische (Voll-)Banken unterliegen einem gesonderten Aufsichtsrecht, dass u.a. sicherstellen will, dass islamische Banken sich auch wirklich shariakonform verhalten. Ø  Sharia Boards werden zur Pflicht

•  Modell 3: Beispiel GB: Staatliche Aufsicht unterwirft islamische Banken der allgemeinen Bankenaufsicht und kümmert sich nicht um die Shariakonformität. Ø  Sharia Boards werden zum Transformationsriemen zwischen religiösem

Recht und dem Anleger, der dessen Vorgaben achten möchte.

Matthias Casper | 5. Dezember 2011

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Normgeltung im Islamic Finance 05

Standardisierung durch NGOs •  Accounting and Auditing Organization for Islamic Financial Institutions

(AAOIFI) Ø  Bahrain

•  The Islamic Financial Services Board (IFSB) Ø  Kuala Lumpur, Malaysia

Matthias Casper | 5. Dezember 2011

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Normgeltung im Islamic Finance 06

Prof. Dr. Matthias Casper | 06. Juli 2010

The Islamic Financial Services Board (IFSB) is an international standard-setting organisation that promotes and enhances the soundness and stability of the Islamic financial services industry by issuing global prudential standards and guiding principles for the industry, broadly defined to include banking, capital markets and insurance sectors. [Quelle: http://www.ifsb.org/]

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Normgeltung im Islamic Finance - Anspruch 07

Funktionen des Sharia Boards

•  Zertifizierungsfunktion

•  Überwachungsfunktion Ø  Sharia Supervisory Board

•  Beratungsfunktion

•  Organisation : externe Modelle, interne Modelle Ø  In der Praxis oft doppelgleisige Modelle: externer Sharia Supervisory

Board einerseits und Sharia Compliance oder Sharia Berater andererseits.

Matthias Casper | 5. Dezember 2011

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Normgeltung im Islamic Finance - Anspruch 08

Sharia Boards und Corporate Governance

•  Gute Unternehmensführung muss

Ø  Einfluss auf die Geschäftspolitik der Bank vermeiden Ø  Unabhängigkeit des Boards gegenüber der Unternehmensleitung sicher-

stellen

Ø  Interessenkonflikte im Sharia Board vermeiden

Ø  Sachkunde der Mitglieder des Sharia Boards sicherstellen

Matthias Casper | 5. Dezember 2011

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Normgeltung im Islamic Finance 09

Sharia Boards and Corporate Governance

•  Bindungswirkung der Entscheidung des Sharia Boards gegenüber der Bank?

Ø  Art. 58(a) Satz 2 jordanisches Bankgesetz: „The board shall comprise not less than three members and its opinion shall be binding on the Islamic bank.” Ø  Ebenso AAOIFI Standards on Governance Standard for Islamic

Financial Institutions No. 1 sec. 2.

Ø  FSA (2007): „The key point from the FSA’s perspective is that firms can successfully show that the role and responsibilities of their SSB are advisory and that it does not interfere with the management of the firm. The firms already authorised have been able to show this.”

Ø  In Deutschland wäre eine Bindungswirkung ebenfalls undenkbar.

Matthias Casper | 5. Dezember 2011

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Normgeltung im Islamic Finance 10

Sharia Boards and Corporate Governance

•  Unabhängigkeit des Sharia Boards gegenüber der Bank?

Ø  IFSB, Guiding Principles on Sharia Governance Systems … (2009), Principle 3.1. : grundsätzlich Unabhängigkeit, aber Verpflichtung im Interesse der Aktionäre

Ø  AAOIFI Standards , No. 1 sec. 2, No. 5 sec. 2-7: pro Unabhängigkeit

Ø  Unabhängigkeit: ja Ø  Gemeinwohlverpflichtung: nein Ø  Verpflichtung gegenüber den Anlegern: ja

Ø  Gedanke des Transformationsriemens

Matthias Casper | 5. Dezember 2011

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Interessenkollision – Die Wirklichkeit 11

Matthias Casper | 5. Dezember 2011

85

85

71

39

36

31

27

27

25

16

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90

Nizam Yacoubi

Abdul Satar Abu Ghuddah

Mohammed A. Elgari

Abdul Aziz K. Al-Qassar

Abdullah Sulaiman Al-Manee'a

Hussein Hamid Hassan

Mohammed Daud Bakar

Essa Zaki Essa

Ali Mohuddin Al-Qurra Daghi

Taqi Usmani

Quelle: Funds@work Stand: Januar 2011

Mangelware Sharia Scholars

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Die Wirklichkeit - Überblick 12

Die Wirklichkeit: Finanzierung ohne Zinsen – wie geht das?

•  Risikokapitalbeteiligungen sind der unproblematische Prototyp der islamischen Finanzierungsformen, es gibt nur Gewinn Ø  Eigenkapitalorientierte Finanzierungsformen

•  Zinsen werden in einigen fremdkapitalorientierten Finanzierungsformen durch parallele Kaufverträge oder Leasingverträge surrogiert Ø  Zulässigkeit ist umstritten, sofern Finanzierer kein Sachrisiko übernimmt

•  Darstellung am Beispiel ausgewählter islamischer Finanzierungstransaktionen

Matthias Casper | 5. Dezember 2011

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Normumgehung und Islamic Finance 13

Ist die Wirklichkeit oft eine Normumgehung?

•  Norminterpretation versus Normumgehung

•  Problem der Interpretationsbedürftigkeit des riba-Verbots Ø  Umgehung des religiösen Rechts

•  Problem der fehlenden zentralen Autorität im Islam Ø  Thomas Bauer, Normative Ambiguitätstoleranz im Islam

•  Normumgehung = objektives Verständnis

•  Also nur, was ersichtlich zu islamischen Grundsätzen im Widerspruch steht

Matthias Casper | 5. Dezember 2011

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Ausgewählte Produkte 14

Unternehmer (mudârib)

Investor (Bank) (rabb al-mâl)

mudâraba

Kapitalanteil Management-Anteil

Anspruch auf Gewinnquote (keine Mindestsumme)

Verlustbeteiligung bis hin zum eingesetzten Teil, aber keine Nachschuss-pflicht wie bei mushâraka

Unproblematisch: Mudâraba (Teilhaberschaft)

Matthias Casper | 5. Dezember 2011

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Die Wirklichkeit des Westens 15 Der Abzahlungskauf klassisch westlich, mit Zins

Verkäufer (Autohaus) Käufer

Kaufvertrag Käufer muss sofort zahlen

Bank

Darlehen gegen Zins

Geld

zahlt damit den Kaufpreis

Matthias Casper | 5. Dezember 2011

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Ausgewählte Produkte 16 Murâbaha (Parallelkauf)

(islamischer Abzahlungskauf)

Verkäufer (Autohaus) Käufer

(Autokäufer)

Bank Kaufvertrag 2 Kaufpreis 100 + Aufschlag (20) (~ Zins) = 120

Kaufvertrag 1 Kaufpreis 100

sofort fällig Kaufpreis gestundet, Zahlung meist in Raten

Lieferung

Matthias Casper | 5. Dezember 2011

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Ausgewählte Produkte 17 Tawarruq

(Nachbildung eines Kredits im Dreipersonenverhältnis)

Käufer = Kreditnehmer

Dritter (Käufer)

Verkäufer (Bank)

Kaufvertrag 2 per sofort

Kaufpreis 100

Kaufvertrag 1 Kaufpreis 100 + Aufschlag (20) (~ Zins) = 120 gestundet Zulässigkeit umstritten,

wohl nur im Einzelfall

findet man an Warentermin-börsen

Matthias Casper | 5. Dezember 2011

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Ausgewählte Produkte 18 Umgehungsstrukturen - Bay Ina

Kreditnehmer Käufer und Wiederverkäufer

Bank Verkäufer und Wiederkäufer

Kaufvertrag 2 Rückverkauf

Kaufpreis 100 per sofort

Kaufvertrag 1 über Rohstoff Kaufpreis 100 + Aufschlag (20) (~ Zins) = 120 Stundung

„Auszahlung der Darlehensvaluta“

„Erzeugung des Rückzahlungs-anspruchs“

nach überwiegender Auffassung unzulässig, akzeptiert nur von der schafiitischen Rechtsschule (Südostasien)

Matthias Casper | 5. Dezember 2011

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Ausgewählte Produkte 19

Unternehmer (mudârib)

Anleger (rabb al-mâl)

mudâraba

Kapitalanteil Management-Anteil

Anspruch auf Gewinnquote

+ Verlustbeteiligung

Zur Errinnerung: mudâraba

Matthias Casper | 5. Dezember 2011

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Ausgewählte Produkte 20

Unternehmer (mudârib)

Zweckgesellschaft

mudâraba

Kapitalanteil 100 = Einlage

Management-Anteil

Die Sharia-Falle am Beispiel des Sukuk-al-mudâraba

Viele Anleger (rabb al-mâl)

Einlage

Unbestimmter Gewinnanspruch

Fester Rückzahlungsanspruch am Ende der Laufzeit i.H.v. 100?

Matthias Casper | 5. Dezember 2011

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Risikoverteilung der Normgeltung 21

Die sog. Sharia-Falle •  Bsp: Nachträglich wurde von Sheikh Taqi Usmani die Zulässigkeit derartiger

Sukuk-Strukturen bestritten, AAIOFI präzisierte Grundsätze Ø  Dies führte zu Platzierungsproblemen bzw. Schwierigkeiten der

Veräußerung am Zweitmarkt (Kursverluste)

•  Prospekthaftung nur soweit Umgehungsabsicht vorlag oder das Gutachten vorhersehbar war.

•  Kann Emittent das Risiko bezüglich der Shariakonformität vertraglich auf den Anleger verlagern?

Matthias Casper | 5. Dezember 2011

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Die Wirklichkeit 22

Beispiel Meridio Islamic Funds (Luxembourg)

•  Verkaufsprospekt Meridio Islamic Funds (2010) S. 11: „Die Überprüfung der Konformität … mit der Sharia … wird von einem unabhängigen Sharia-Board sowie optional zusätzlich vom Sharia-Berater durchgeführt.“

•  „Es wird davon ausgegangen, dass sich Anleger und Interessenten eigenverantwortlich informieren und aufgrund der Aussage eigener Sharia-Berater oder ähnlich verlässlicher Quellen davon überzeugen, dass die Gesellschaft oder der jeweilige Teilfonds nicht gegen Sharia-Grundsätze verstößt.“

•  „Es besteht … das Risiko, dass sich der Status der Sharia-Konformität im Laufe der Zeit ändert. Die Gesellschaft übernimmt keine Haftung bezüglich dieser Änderung.“

Matthias Casper | 5. Dezember 2011

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Risikoverteilung der Normgeltung 23

Sharia@Risk •  Kann Emittent das Risiko bezüglich der Shariakonformität vertraglich auf den

Anleger verlagern?

Ø  Ja, soweit die jetzige Einordnung als shariakonform auf einer vertretbaren Interpretation des ribâ-Verbots basierte

Ø  Nein, soweit gezielte Umgehung

Ø  Hinweis im Prospekt auf bekannte Kontroversen (z.B. bei Bay Ina)?

Matthias Casper | 5. Dezember 2011

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Fazit 24

Fazit 1.  Islamic Finance ist allenfalls zum Teil Ausdruck einer Re-Islamisierung des

Rechts islamisch geprägter Staaten. 2.  Islamic Finance bedeutet keinen Rückfall in archaisches religiöses Recht,

sondern entwickelt sich zu einer Art lex mercatoria islamischer Finanzierungsformen.

3.  Islamic Finance basiert auf Freiwilligkeit. 4.  Islamic Finance bringt nicht die Sharia zur Anwendung, sondern will erreichen,

dass Finanzierungsverträge, die staatlichem (säkularem) Recht unterliegen, mit religiösen Grundsätzen vereinbar sind.

5.  Dies wird mittels einer Zertifizierung durch Sharia Boards erreicht. 6.  Sharia Boards lassen sich in das (westliche bzw. globale) Verständnis von

Corporate Governance einbetten. 7.  Normumgehung im Islamic Finance bedeutet Umgehung der religiösen

Vorgaben, ist aber aufgrund der normativen Ambiguitätstoleranz des Islams selten.

Matthias Casper | 5. Dezember 2011