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JOURNAL TUMORZENTRUM ERFURT INHALT Seite 3 PET/CT am HELIOS Klinkum Erfurt Seite 4 Neue Diagnose- und Therapie- verfahren bei neuroendokrinen Tumoren Seite 13 Mammographie-Screening Thüringen Nord/West – eine erste Zwischenbilanz Seite 16 Erfolgreiche Zertifizierung des HELIOS Prostatakarzinom- zentrum Erfurt Seite 18 Rezidivtherapie metastasierender Hodentumoren Seite 21 Aktuelle Aspekte in Diagnostik und Therapie des Nierenzell- karzinoms Seite 27 Aktuelle Diagnostik-, Therapie- und Nachsorgeleitlinien Seite 31 Die Schädelbasis – eine inter- disziplinäre Herausforderung Seite 32 Gemeinsames Veranstaltungsverzeichnis Seite 34 Angebote des Tumorzentrum Erfurt e.V. 02/2010 ISSN 1868-291X Lesen Sie hierzu den Übersichtsartikel auf Seite 21 Bei keiner anderen urologischen Tumorentität haben sich in den vergangenen 5 Jahren so grundle- gende Veränderungen im Thera- piemanagement sowohl des lokal begrenzten als auch des metasta- sierten Tumorleidens ergeben. Beim lokal begrenzten Nierentu- mor steht der Organerhalt im Fo- kus, bei kompletter Entfernung des Organs bildet die laparoskopische Tumornephrektomie einen Thera- piestandard. Die Einführung der sogenannten Targettherapie hat das Nierenzellkarzinom in der me- tastasierten Situation vom thera- peutischen Nihilismus zu einem Modelltumor gewandelt. Aktuelle Aspekte in Diagnostik und Therapie des Nierenzellkarzinoms Intraoperativer Situs bei laparoskopischer Tumornephrektomie (im Vordergrund die Nierenvene, rechts im Hintergrund die Nierenarterie) Nierentumor rechts mit Cavathrombus Cavathrombus in der Rekonstruktion Op-Präparat rechte Niere mit Cavathrombus

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JOURNALTUMORZENTRUM ERFURT

INHALT

Seite 3�� PET/CT am HELIOS Klinkum Erfurt

Seite 4�� Neue Diagnose- und Therapie-

verfahren bei neuroendokrinenTumoren

Seite 13�� Mammographie-Screening

Thüringen Nord/West – eineerste Zwischenbilanz

Seite 16�� Erfolgreiche Zertifizierung des

HELIOS Prostatakarzinom-zentrum Erfurt

Seite 18�� Rezidivtherapie metastasierender

Hodentumoren

Seite 21�� Aktuelle Aspekte in Diagnostik

und Therapie des Nierenzell-karzinoms

Seite 27�� Aktuelle Diagnostik-, Therapie-

und Nachsorgeleitlinien

Seite 31�� Die Schädelbasis – eine inter-

disziplinäre Herausforderung

Seite 32�� Gemeinsames

Veranstaltungsverzeichnis

Seite 34�� Angebote des

Tumorzentrum Erfurt e.V.

02/2010

ISSN 1868-291X

Lesen Sie hierzu den Übersichtsartikel auf Seite 21

Bei keiner anderen urologischenTumorentität haben sich in denvergangenen 5 Jahren so grundle-gende Veränderungen im Thera-piemanagement sowohl des lokalbegrenzten als auch des metasta-sierten Tumorleidens ergeben.Beim lokal begrenzten Nierentu-mor steht der Organerhalt im Fo-

kus, bei kompletter Entfernung desOrgans bildet die laparoskopischeTumornephrektomie einen Thera-piestandard. Die Einführung dersogenannten Targettherapie hatdas Nierenzellkarzinom in der me-tastasierten Situation vom thera-peutischen Nihilismus zu einemModelltumor gewandelt.

Aktuelle Aspekte in Diagnostik und Therapiedes Nierenzellkarzinoms

Intraoperativer Situs bei laparoskopischer Tumornephrektomie (im Vordergrund die Nierenvene,rechts im Hintergrund die Nierenarterie)

Nierentumor rechts mit Cavathrombus

Cavathrombus in der Rekonstruktion

Op-Präparat rechte Niere mit Cavathrombus

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Dr. Hubert GöbelGeschäftsführer

Wir wünschen allen Mitgliedern, Partnern, Freunden und Förderern des Tumorzentrum Erfurt e.V.

ein frohes Weihnachtsfest und ein gesundes neues Jahr.

Wir danken Ihnen herzlich für Ihr Engagement und hoffen auf eine

weitere gute Zusammenarbeit.

Prof. Dr. Albrecht StierVorsitzender des Vorstandes

Prof. Dr. Hartwig KosmehlVorsitzender

des Wissenschaftlichen Beirates

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�� SSee iittee 33 ��JJOOUURRNNAALL 0022//22001100

�� PET/CT am HELIOS Klinikum Erfurt

Elke ConradKlinik für Nuklearmedizin, HELIOS Klinikum Erfurt

Im Dezember 2010 wurde am HELIOS Klinikum Erfurt einPET/CT-Scanner der neuesten Generation in der Klinik fürNuklearmedizin in Betrieb genommen. Damit stehen ver-besserte Möglichkeiten zur onkologischen Diagnostik undTherapieplanung zur Verfügung. Die Untersuchungen er-folgen in enger Kooperation mit dem Institut für diagno-stische und interventionelle Radiologie und Neuroradio-logie und in Zusammenarbeit mit den Kollegen der klini-schen Fächer. Die Positronen-Emissions-Tomografie (PET) ist ein nuklear-medizinisches bildgebendes Diagnoseverfahren, das in-ternational seit über fünfzehn Jahren erfolgreich einge-setzt wird. Die molekulare Bildgebung mittels PET bedientsich spezifischer, mit Positronenstrahlern markierter Mo-leküle zur Erzielung des Bildkontrastes. Sie ermöglicht dieDarstellung und Quantifizierung des Stoffwechsels vonZellen und unterscheidet sich damit von anderen diagno-stischen Verfahren, die im Wesentlichen auf Gewebsei-genschaften wie Reflexion, Streuung, Absorption, Relaxa-tionszeiten oder Durchblutung basieren. Ihr derzeitiges Haupteinsatzgebiet ist die Tumordiagno-stik. Durch die Verabreichung eines mit radioaktivem Flu-or markierten Zuckermoleküls (F18-Fluordesoxyglucose)kann der erhöhte Glucoseverbrauch von Tumorzellen bild-lich dargestellt werden. Die verstärkte Aufnahme des Ra-diopharmakons im stoffwechselaktiven Tumor ermöglichtdie Abgrenzung von gesundem Gewebe. Durch die Kombination des PET-Scanners mit einem 16-Zeilen-Computertomograph lassen sich die Bereiche mit

erhöhtem Glukosemetabolismus anatomischen Struktu-ren genau zuordnen. Die moderne Gerätegeneration bie-tet die Vorteile einer kürzeren Untersuchungszeit für dasPET und die sofort nach der Untersuchung verfügbare Fu-sion der PET- und CT-Bilder. PET/CT-Untersuchungen mit 18F-FDG sind z.B. zur Digni-tätsbeurteilung von Raumforderungen, zur Stadiendia-gnostik, Therapiekontrolle, Verlaufsbeurteilung undNachsorge verschiedener Tumorentitäten geeignet. Bei-spielhaft seien hier die Tumorsuche bei unbekanntem Pri-mum im Kopf-Hals-Bereich, die Beurteilung der Dignitätunklarer Lungenrundherde, die Stadiendiagnostik beiLungentumoren und malignen Lymphomen, die metabo-lische Therapiekontrolle bei Lymphomen und die Nachsor-ge und Rezidivdiagnostik bei Melanomen und kolorekta-len Karzinomen genannt. Die Festlegung des Zielvolu-mens zur Planung einer Strahlentherapie kann durch Ein-beziehung des PET/CT nach metabolischen Gesichtspunk-ten erfolgen.Auch bei benignen Erkrankungen, wie zur Entzündungs-diagnostik, Focussuche bei Fieber unbekannter Ursachesowie zur kardialen Vitalitätsdiagnostik und Beantwor-tung neurologischer Fragestellungen kann die PET/CT ein-gesetzt

Korrespondenzadresse:

Dr. med. Elke ConradKlinik für NuklearmedizinHELIOS Klinikum Erfurt GmbHNordhäuser Str. 7499089 ErfurtTelefon: 0361-781 2440e-Mail: [email protected]

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�� SSeeiittee 44 �� JJOOUURRNNAALL 0011//22000055JJOOUURRNNAALL 0022//22001100

�� Neue Diagnose- und Therapiever-fahren bei neuroendokrinen Tumoren

Patricia Grabowski Klinik für Innere Medizin, Gastroenterologie und Endokrinologie, Zentrum für Neuroendokrine Tumoren Bad Berka, Zentralklinik Bad Berka GmbH

Merten HommannKlinik für Allgemeine Chirurgie/Viszeralchirurgie,Zentrum für Neuroendokrine Tumoren Bad Berka,Zentralklinik Bad Berka GmbH

Alexander PetrovitchInstitut für interventionelle Radiolo-gie/Neuroradiologie, Zentrum für diagnostische und interventionelle Radiologie, Zentrum für Neuroendokrine Tumoren Bad Berka, ZentralklinikBad Berka GmbH

Richard P. BaumKlinik für Nuklearmedizin/PET-Zentrum, Zentrum fürNeuroendokrine Tumoren Bad Berka, ZentralklinikBad Berka GmbH

Dieter HörschKlinik für Innere Medizin, Gastroenterologie und Endokrinologie, Zentrum für Neuroendokrine Tumoren Bad Berka, Zentralklinik Bad Berka GmbH

Einleitung: Epidemiologie, Einteilung, molekulareGrundlagen und Prognose

Neuroendokrine Tumore entstammen den endokrinenZellen des diffusen neuroendokrinen Systems und geltenals selten, da ihre Inzidenz bei 2-3 Neuerkrankun-gen/100.000 Einwohner liegt. Damit ist die Inzidenz vonneuroendokrinen Tumoren allerdings häufiger als z. B. dieder chronisch myeloischen Leukämie oder der Keimzelltu-moren. Durch die oft langjährige Überlebenszeit der Pa-tienten mit neuroendokrinen Tumoren summiert sich diegeringe Inzidenz zu einer beträchtlichen Prävalenz der Er-krankung, die bei ungefähr 35/100.000 Einwohner liegt.Dabei gilt, dass 40 % aller Patienten durch chirurgischeoder endoskopische Resektionsverfahren geheilt werdenkönnen. Am häufigsten sind die neuroendokrinen Tumo-ren des Dünndarms, gefolgt von den neuroendokrinen Tu-moren der Lunge. Beachtlich ist, dass die Inzidenz derneuroendokrinen Tumoren in den letzten Jahren stark an-gestiegen ist, was letztlich auf verbesserte Diagnosever-fahren zurückzuführen ist [Modlin et al. 2008]. Seit der Erstbeschreibung durch Oberhofer 1907 als „Kar-zinom-ähnliche Tumore“, sogenannte „Karzinoide“, ha-ben mehrere Klassifikationen versucht, der Heterogenitätdieser Tumore mit ihrem sehr unterschiedlichen biologi-schen Verhalten gerecht zu werden. Letztlich hat sich dieWHO-Klassifikation von 2000/2004 durchgesetzt, die ei-ne grundsätzliche Grobeinteilung der Tumore und Karzi-nome in drei Gruppen vornimmt [Solcia et al. 2000] (sie-he Tabelle 1).

Tabelle 1 WHO-Klassifikation der neuroendokrinen Tumoren desVerdauungstraktes

1 Hoch differenzierter neuroendokriner Tumor2 Hoch differenziertes neuroendokrines Karzinom

3 Niedrig differenziertes neuroendokrines Karzinom

Entsprechend dieser Klassifikation werden neuroendokri-ne Tumore in gut differenzierte endokrine Tumore (früherals „Karzinoide“ bezeichnet), gut differenzierte endokri-ne Karzinome („maligne Karzinoide“) und schlecht diffe-renzierte endokrine Karzinome („undifferenzierte, klein-oder großzellige Karzinome“) eingeteilt. Die zur Einord-nung entscheidenden Kriterien sind laut WHO-Klassifika-tion neben Tumorgröße, Morphologie der Tumorzellen,Angioinvasion, Anzahl der Mitosen und Erfassung desProliferationsindexes (ki-67-Expression) auch die Lokalisa-tion der Primärtumors, wie sie bereits 1963 von Williamsund Sandler [Williams & Sandler 1963] vorgeschlagenwurde: „foregut“ Tumore finden sich im Bereich der em-bryonalen Vorderdarmanlage (Thymus, Lunge, Bronchien,Speiseröhre, Magen, Bauchspeicheldrüse, Zwölffinger-darm, oberes Jejunum); „midgut“ Tumore (Mitteldarm)betreffen den restlichen Dünndarm und Dickdarm bis zummittleren Kolon transversum und „hindgut“ Tumore (Hin-terdarm) sind im restlichen Kolon und Rektum lokalisiert.Diese Einteilung nur nach embryogenetischen Gesichts-punkten wird der biologischen Vielfalt der Tumoren abernicht gerecht. 2006 wurde von der European Neuroendo-crine Tumor Society (ENETS) ein Vorschlag für eine „tu-mor-node-metastasis“-(TNM)-Klassifikation und ein Grad-einteilung („grading“) zunächst für die Vorderdarm-Tu-more entwickelt [Rindi et al. 2006]. Diese Einteilung ori-entiert sich zum einen an dem TNM-System soliderTumore der Organe des Vorderdarms und zum anderen ander WHO-Klassifikation, bzgl. des „grading“. Ein TNM-Sy-stem für Tumore des Mitteldarms und Hinterdarms wur-de 2007 entsprechend veröffentlicht [Rindi et al. 2007].Mit dieser Klassifikation wird eine Stadieneinteilung derneuroendokrinen Tumore möglich [Rindi et al 2007]. In re-trospektiven Analysen konnte diese Klassifikation bereitsfür einzelne Tumorsubgruppen validiert werden [Pape etal. 2008], es fehlen zur Zeit aber noch prospektive Studi-en. Seit dem 1.1.2010 ist diese TNM-Klassifikation in der7. Auflage bindend [Sobin et al. 2009]. Erstmals wird nunauch ein einheitliches „grading“ vorgeschlagen, so dassder ki-67-Bestimmung als Maß des Proliferationsindexesweiterhin eine entscheidende Bedeutung zukommt (Tabelle 2). Eine Synopse des TNM-System kann überhttp://www.ipsen-pharma.de/pages/Fachkreise/Acrome-galie/Arzt/php (mit doccheck-Passwort) angesehen wer-den.Zwischen der nun gültigen TNM-Klassifikation, wie sie imRahmen der AJCC/UICC-TNM-Klassifikation von 2009 er-schien, und derjenigen, die ursprünglich von der ENETS-Gesellschaft vorgeschlagen wurde, gibt es einige kleineUnterschiede, die sich zum Beispiel in der T-Kategorie despankreatischen neuroendokrinen Tumors niederschlagen.Legt man die AJCC/UICC-Klassifikation zugrunde, so erfor-dert eine T3-Klassifikation die peripankreatische Weich-teilgewebeinvasion, bei der ENET-TNM-Klassifikation wird

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�� SSee iittee 55 ��JJOOUURRNNAALL 0022//22001100

für die selbe T-Kategorie eine Tumorgröße von 4 cm ge-fordert oder eine Invasion des Duodenums oder der Gal-lenwege (siehe Tabelle 3).

Tabelle 2Grading für neuroendokrine Tumoren des Verdauungstraktes

Grad Mitrosen (10 HPF)a Ki-67 Index (%)b

G1 < 2 ≤ 2

G2 2 – 20 3 – 20

G3 > 20 >20

a10 HPF: high power field = 2cm2, mind. 40 Felder (40 x Vergrößerung, Gebiete mit höchster mitotischer Dichte)

bMIB1 Antikörper; in % von 2000 Tumorzellen in Gegenden mithöchster nukleärer Färbung

Tabelle 3Klassifikation von Pankreas-NETs: Unterschiede in derENETS- zur AJCC/UICC-Klassifikation

ENETS TNM AJCC/UICC TNM

T1 auf das Pankreas beschränkt; auf das Pankreas beschränkt;< 2 cm < 2 cm

T2 auf das Pankreas beschränkt; auf das Pankreas beschränkt;2 – 4 cm > 2 cm

T3 auf das Pankreas beschränkt; peripankreatische Aussaat,> 4 cm oder Invasion des ohne größere GefäßinvasionDuodenums oder des (Truncus coeliacus; Gallenganges A. mes. sup.)

T4 Invasion der anliegenden Größere Gefäßinvasion

Organe oder größerer Gefäße

In einer bisher noch unveröffentlichten Studie, die anläss-lich des letzten „ENETS Advisory Council“ im November2009 präsentiert worden ist, unterscheiden sich die NETdes Pankreas aber in ihrer Prognose genau dann, wenn dieENETS-TNM-Klassifikation zugrunde gelegt wird, nicht dieAJCC/UICC-TNM-Klassfikation [Klöppel et al. 2010]. Einweiterer Streitpunkt stellt die T-Klassifikation des NET desAppendix dar (siehe Tabelle 4).

Tabelle 4Klassifikation von Appendix-NETs: Unterschiede in derENETS- zur AJCC/UICC-Klassifikatioin

ENETS TNM AJCC/UICC TNM

T1 ≤ 1 cm; Invasion der M. Propria T1a: ≤ 1 cmT1b: > 1 – 2 cm

T2 ≤ 2 cm und < 3 mm Invasion > 2 – 4 cm oder Invasion desder Subserosa/Mesoappendix Coecums

T3 > 2 cm oder > 3 mm Invasion > 4 cm oder Invasion desder Subserosa/Mesoappendix Ileum

T4 Invasion des Peritoneums/ Invasion des Peritoneums/anderer Organe anderer Organe

Welche dieser Klassifikationen sich letztlich durchsetzenwird, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch offen.

Die zugrundeliegenden molekularen Mechanismen dieserbesonderen Tumorentität sind Gegenstand intensiver wis-senschaftlicher Forschung, da diese sich offensichtlich vonden pathogenetischen Mechanismen anderer Tumore un-terscheiden.Verschiedene Studien haben gezeigt, dass eine Reihe vonGenen an der Molekularpathogenese von GEP-NETs betei-ligt sind. Die Deletion des Menin-Gens bei vererbbarenFormen der multiplen endokrinen Neoplasie wird noch zuerwähnen sein, ist aber auch bei den viel häufigeren spo-radischen neuroendokrinen Tumoren von Bedeutung, z. B.durch Verlust der Heterozygotie oder durch eine somati-sche Deletion [D’Adda et al. 2002]. Der Verlust des 11q-Allels ist z. T. auch bei Tumoren gefunden worden, dienicht dem Vorderdarm entstammen [Leotlela et al. 2003].Bei neuroendokrinen Tumoren der Lunge treten andereAllelverluste (insbesondere 3p, 5q, 9p, 10q und 13q) auf[Koutsami et al. 2002, Lantuejoul et al. 2009] als bei denrestlichen GEP-NETs (Verlust insbesondere von 18q, 16qund 4p) [Kytola et al. 2001]. Dieser Befund unterstreichtdie vermutete unterschiedliche Molekularpathogenesedieser beiden Subgruppen von neuroendokrinen Tumo-ren. Zusätzlich lässt sich innerhalb der Gruppe der neuro-endokrinen Tumoren der Lunge aus den gefundenen mo-lekularen Veränderungen bei „typischen“ Karzinoiden,„atypischen Karzinoiden“, großzelligen Karzinomen mitneuroendokriner Differenzierung und kleinzelligen Lun-genkarzinomen recht gut ableiten, dass hier ebenfalls un-terschiedliche pathogenetische Veränderungen vorliegen[Koutsami et al. 2002]. Welche Gene von den beobachte-ten Allelverlusten betroffen sind, ist bei weitem nicht ge-klärt. In einer Studie von Löllgen [Löllgen et al. 2001]zeigte sich zum Beispiel, dass das Smad4/DPC4-Gen aufChromosom 18q21, das eine Rolle bei anderen Tumoren-titäten spielt, bei neuroendokrinen Tumoren des „midgut“nicht mutiert war.Andere, bei anderen Tumorarten bekannt veränderte Ge-ne wie z. B. der k-ras-Signalweg, der bei über 90 % derpankreatischen, nicht-endokrinen Karzinome eine Rollespielt, ist bei GEP-NETs nur von untergeordneter Bedeu-tung: k-ras-Mutationen werden nur sporadisch gefunden[Ebert et al. 1998], auch bei undifferenzierten neuroendo-krinen Karzinomen [Dacic et al. 2002], während sie beiden kolorektalen Adenokarzinomen in bis zu 60 % nach-weisbar sind. Dies gilt auch für andere Onkogene, wie z.B. c-myc, n-myc, n-ras, fos, c-jun, src, c-erbB2 oderHER2/NEU, die im Gegensatz zu ihrer Bedeutung bei derKarzinogenese nicht-neuroendokriner Tumore für die Mo-lekularpathogenese von GEP-NETs vermutlich von gerin-gerer Bedeutung sind (Übersicht bei Calender [Calender2000]). Auch das p53-Gen, das in den meisten menschli-chen Tumoren mutiert ist, spielt für die Karzinogenese vonpulmonalen NETs wie von GEP-NETs keine Rolle [Lohmannet al. 1993; Vortmeyer et al. 1997, Grabowski et al. 2008].Eine Zusammenschau der bekannten molekularen Verän-derungen während der Karzinogenese von GEP-NET bie-tet Abb.1. Eine ähnliche Karzinogenese-Sequenz lässt sichauch für die Pathogenese von bronchialen neuroendokri-nen Tumoren und Karzinomen herleiten, allerdings mitanderen Allelverlusten und Allelgewinnen [Lantuejoul etal. 2009].Grundsätzlich geht man davon aus, dass Tumorwachstumeine Dysbalance aus unkontrollierter Zellproliferation und

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�� SSeeiittee 66 �� JJOOUURRNNAALL 0011//22000055JJOOUURRNNAALL 0022//22001100

einem defekten Zelltod-Programm ist [Evan & Vousden2001]. Offensichtlich spielen -wie bei anderen Tumoren-titäten auch- für das weitere Tumorwachstum neuroendo-kriner Tumoren Proliferationsfaktoren eine Rolle, wie amBeispiel des IGF-1-Rezeptors nachgewiesen [Wichert et al.2000], die von den neuroendokrinen Tumorzellen auto-krin und parakrin sezerniert werden.

Abb. 1 Molekulare Veränderungen während der Karzinogenese vonGEP-NETs

Zusätzlich zu den Wachstumsfaktoren exprimieren neuro-endokrine Tumore eine Vielzahl von Peptidhormonen. Die-se Fähigkeit unterscheidet sie maßgeblich von anderen Tu-morentitäten und trägt zu den teilweise bizarren Syndro-men bei, die die sogenannten „funktionellen Tumore“auszeichnen. Zu den ca. 30 verschiedenen Peptiden undAminen, die von neuroendokrinen Tumorzellen sezerniertwerden, gehören Kinine, Substanz P, Somatostatin, Glu-kagon, Sekretin, Gastrin, Bombesin, Cholecystokinin(CCK) und vasoaktives intestinales Peptid (VIP) [Übersichtbei Reubi 2003]. Man nimmt an, dass sie autokrin und pa-rakrin das Sekretions- und Wachstumsverhalten von GEP-NETs modulieren. Regulatorische Peptide entfalten ihreWirkung über spezifische membrangebundene Rezep-toren, die fast ausnahmslos zur Gruppe der G-Protein-ge-koppelten Rezeptoren gehören. Diese können, zumeistnach Aktivierung durch Heterodimerisierung intrazellulä-re Effektorsysteme beeinflussen. In diesem Zusammen-hang scheint der MAP-Kinase-pathway, der bei der Zell-proliferation und Apoptose eine Rolle spielt, wichtig zusein. Die Tatsache, dass viele neuroendokrine Tumoren so-wohl das jeweilige regulatorische Peptid als auch dessenRezeptor in großen Mengen exprimieren, eröffnet neueAnsätze sowohl in der Diagnostik als auch in der Thera-pie. Es wird angenommen, dass Neuropeptide das GEP-NET Tumorwachstum über einen autokrinen feedback-Mechanismus steuern [Moody et al. 2003]. Eingehendbeschrieben wurden derartige Regulationsschleifen be-reits bei kleinzelligen Bronchialkarzinomen (GRP/GRP-Re-zeptor) [Cuttitta et al. 1985], Phäochromozytomen (So-matostatin/Somatostatinrezeptor) [Reubi et al. 2000],Ewing-Sarkomen (Neurotensin/-Neurotensin-Rezeptor)[Reubi et al. 1999] und Neuroblastomen (VIP/VIP-Rezep-tor) [O’Dorisio et al. 1992]. Somatostatin wurde im Jahre 1973 erstmals beschrieben[Brazeau 1973]. Seitdem hat das Wissen um seine Bedeu-

tung für die Neurotransmission, als ein Inhibitor von en-do- und exokrinen Sekretionsprozessen, und seine vaso-konstriktorischen und immunmodulatorischen Eigen-schaften deutlich zugenommen. Die verschiedenen biolo-gischen Effekte von Somatostatin werden durch eine Fa-milie von G-Protein-gekoppelten Rezeptoren, dieSomatostatin-Rezeptoren (SSTR), vermittelt. Gegenwärtigsind fünf verschiedene SSTR-Subtypen des Menschen klo-niert und charakterisiert (SSTR1–SSTR5). Obwohl die ver-schiedenen SSTR-Subtypen zu 40-60 % strukturell homo-log sind, vermittelt jeder von ihnen verschiedene biologi-sche Effekte von Somatostatin. Beispielsweise regulierenSSTR2 und SSTR5 die Freisetzung von Wachstumshormo-nen, und SSTR5 scheint wichtig zu sein für die Steuerungder Insulin- und möglicherweise auch der Glukagonfrei-setzung. Weiterhin sind SSTR-aktivierte Signalwege auchan der Hemmung von Proliferation und der Induktion vonApoptose beteiligt: SSTR3 und auch SSTR2 können Apop-tose induzieren und SSTR1, SSTR4 und SSTR5 inhibierenden Zellzyklus. Je nach Zelltyp sind die fünf SSTR an eineVielzahl von Signaltransduktionswegen gekoppelt, wiez.B. Adenylat- und Guanylatzyklase, Phospholipase A2und C, K+- und Ca2+-Kanäle, Na+-H+-Austauscher, Src,ERK1/2, p38-MAPKinase und Tyrosinphosphatasen [Patel1999]. Eine Übersicht über die verschiedenen Wirkmecha-nismen von Somatostatin bietet Abb. 2.

Abb. 2 Übersicht über die Wirkungsweise von Somatostatin

Die Abgrenzung zwischen schlecht differenzierten, hoch-malignen neuroendokrinen Karzinomen (definiert alsWHO Klasse III), schlecht differenzierten kolorektalen Ade-nokarzinomen (ohne neuroendokrine Differenzierung)und „normalen“ kolorektalen Adenokarzinomen, die in20-40 % der Fälle eine neuroendokrine Differenzierungaufweisen können, ist schwierig und bisher die Domäneder immunhistochemischen Pathologie. Etablierte neuro-endokrine Marker sind Synaptophysin und Chromogra-nin. Diese scheinen im Zuge der malignen Transformationunterschiedlich lange erhalten zu bleiben. ChromograninA scheint hierbei der am wenigsten verlässliche Marker zu

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�� SSee iittee 77 ��JJOOUURRNNAALL 0022//22001100

sein [Grabowski et al. 2002]. Dies mag unter anderem da-mit zu erklären sein, dass während des Fortschreitens desTumors die Dichte der neurosekretorischen Vesikel ab-nimmt, die Chromogranin sezernieren [Frazier et al.2007]. In der Arbeit von Grabowski et al. konnte – an klei-nen Fallzahlen – ein Trend zur schlechteren Prognose vonPatienten mit schlecht differenzierten kolorektalen neuro-endokrinen Karzinomen im Vergleich zu den schlecht dif-ferenzierten Adenokarzinomen des Kolorektums ohneneuroendokrine Marker-Expression gezeigt werden. In ei-ner weiteren Arbeit an einer größeren Patientengruppevon 38 neuroendokrinen Tumoren/Karzinomen, 34schlecht differenzierten kolorektalen neuroendokrinenKarzinomen und 150 sporadischen kolorektalen Karzino-men [Arnold et al. 2008] konnte Arnold zeigen, dass die-se Tumorentitäten trotz einiger moleklarer Ähnlichkeitenwie dem CpG island Methylator- Phänotyp (CIMP), der re-gelhaft bei sporadischen kolorektalen Karzinomen, aberauch bei einer Reihe neuroendokriner Tumore zu findenist, auch deutliche molekulare Unterschiede aufweisen,wie z.B. die p16-Promoter-Methylierung. Diese war in dergenannten Studie sogar mit einer schlechteren Prognosekorreliert. Derzeit ist aber unklar, welche Rolle diese On-kogene in der Karzinogenese bzw. Tumorprogression spie-len. Der insbesondere bei kolorektalen Karzinomen gutuntersuchte Wnt/β-catenin-Signalweg ist möglicherweisebei GEP-NETs von Bedeutung. Fujimori [Fujimori et al.2001] konnte an einem Kollektiv von 72 GEP-NETs eine Ak-kumulation des β-catenin-Proteins in 79 %, Mutationenim β-catenin-Gen in 37,5 % sowie eine Mutation im APC-Gen (1,4 %) nachweisen. Weiterhin wird der Hochregula-tion von Apoptose-Genen wie bcl-2 oder der Deregulati-on von Adhäsionsmolekülen wie CD44 eine Bedeutung alsprognostischer Marker bei pankreatischen und bronchia-len neuroendokrinen Tumoren zugeschrieben [Granberget al. 2000]. Möglicherweise sind diese Adhäsionsmolekü-le, wie auch NCAM (neural cell adhesion molecules) [Möl-ler et al. 1992) oder E-cadherin [Dahl et al. 1996], eher ineinem späteren Stadium der Metastasierung von Bedeu-tung. Für die initiale Transformation und Proliferationneuroendokriner Tumorzellen scheinen andere Faktoreneine Rolle zu spielen. In diesem Zusammenhang sind dieZykline und zyklinabhängigen Kinasen, die verschiedenePhasen des Zellzyklus regulieren, und die Rolle ihrer Inhi-bitoren, wie zum Beispiel p15, p16, p27 und p21 als Tu-morsuppressorgene kürzlich auch in GEP-NETs untersuchtworden. So beobachtete Canavese [Canavese et al. 2001]eine hohe Expression von p27 und eine niedrige p21-Ex-pression bei gut differenzierten neuroendokrinen Tumo-ren. p27 ist möglicherweise ein wichtiger Inhibitor derZellproliferation von GEP-NETs; dementsprechend fandsich bei undifferenzierten neuroendokrinen Karzinomennur eine sehr niedrige p27-Expression [Grabowski et al.2008]. In der zuletzt genannten Studie konnte p27 beiWHO Klasse II-Tumoren sicher zwischen Patienten mit gu-ter Prognose (p27 positiv) und schlechter Prognose (p27negativ) unterscheiden. Da es sich aber um retrospektivgewonnene Daten handelt, sind noch weitere prospekti-ve Studien zur Evaluation notwendig.Ein weiteres für die Anti-Apoptose und Zellproliferationwichtiges Protein ist das Survivin-Protein, ein Mitglied derInhibitor-of-apoptosis-Familie, das 1997 von Ambrosinierstbeschrieben wurde. Dieses wird in fetalem und rege-

nerierenden Geweben hochreguliert, ist allerdings in aus-gereiften Geweben und Organen supprimiert. Währendder Karzinogenese scheint es zu einer Re-Expression zukommen, die auch in GEP-NETs nachvollzogen werdenkonnte. In einer Studie von 89 Patienten mit neuroendo-krinen Tumoren aller drei WHO-Gruppen konnte ein Über-legenheit des Survivin-Proteins in seiner prognostischenAussagefähigkeit bei WHO Klasse II-Tumoren gegenüberdem etablierten Marker ki67 dargestellt werden [Grabow-ski et al. 2005]. Auch hier sind weitere Studien notwen-dig, um die Wertigkeit dieses potentiellen neuen Biomar-kers einzuordnen.Aufgrund von multiplen Untersuchungen zu diesem The-ma kann man inzwischen allerdings zusammenfassendmit einiger Sicherheit sagen, dass die gut differenziertenneuroendokrinen Tumore und Karzinome (WHO Klasse Iund II) völlig – auch molekulargenetisch – abzugrenzensind von den Karzinomen der WHO Klasse III, wie es auchschon Vortmeyer [Vortmeyer et al. 1997] postuliert hat-te.GEP-NETs treten in der Mehrzahl der Fälle (>90 %) spora-disch auf. Bei Vorderdarmtumoren, v.a. des Zwölffinger-darms und der Bauchspeicheldrüse, kommt allerdings in4 bis 25 % der Fälle eine familiäre Häufung im Rahmen dermultiplen endokrinen Neoplasie Typ I (MEN1) vor. Nebenden gastroenteropankreatischen neuroendokrinen Tumo-ren treten bei der familiären autosomal dominantenMEN1 Tumore/Adenome der Adenohypophyse, der Ne-benschilddrüsen und der Nebennierenrinde auf. Moleku-largenetische Grundlage dieser autosomal dominantenErbkrankheit ist eine Keimbahnmutation des Menin-Gensauf dem Chromosom 11q13 [Scherübl et al. 2004a und2004b].Bei Patienten mit multiplen endokrinen Neoplasie-Syn-dromen konnte für die neuroendokrinen Tumore eineAdenom-Karzinom-Sequenz dargestellt werden. Diese Er-kenntnisse haben vor allem für die Überwachung von Pa-tienten mit genetischen Syndromen Bedeutung [Anlauf etal. 2007]. Die Mehrzahl der neuroendokrine Tumore ent-steht jedoch sporadisch und wird dann meist in einemvorgerückten Tumorstadium erkannt. Obwohl die neuroendokrinen Tumore aus endokrinen Zel-len entstehen, sind die meisten der neuroendokrine Tumo-re nicht endokrin aktiv, so besteht das typische Karzinoid-syndrom bei den neuroendokrinen Tumoren des Dünn-darms nur bei 18 % der Patienten. Der immunhistochemi-sche Nachweis von Peptidhormonen oder Botenstoffen inden neuroendokrinen Tumoren ist nicht gleichbedeutendmit einer endokrinen Aktivität der neuroendokrinen Tu-more. Die so genannten funktionellen Tumoren sinddurch den Nachweis von erhöhten Hormonen und Boten-stoffen im Blut gekennzeichnet und führen zu typischenklinischen Syndromen, dabei sind das Karzinoidsyndromund das Zollinger-Ellison-Syndrom am häufigsten. Hierspielt auch wieder die Primärlokalisation eine Rolle: Wäh-rend Hinter- und Vorderdarmtumore nur sehr selten einKarzinoidsyndrom aufweisen, ist das Karzinoidsyndrommit Flush, anfallsartigen Diarrhöen und Gewichtsverlustfür Mitteldarmtumore pathognomonisch. Dieses ist prak-tisch immer mit dem Vorhandensein von Lebermetastasenvergesellschaftet (Umgehung der hepatischen Metaboli-sierung der Sekretionsprodukte). Hinterdarmtumore sindfast durchweg hormoninaktiv/nicht-funktionell.

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Eine neu entdeckte Entität ist die Insulinomatose und dieGlukagonomatose, die durch diffuse Hyperplasie endokri-ner Zellen des Pankreas gekennzeichnet ist, ohne das ein-deutige Tumoren abgegrenzt werden können [Anlauf etal. 2009, Henopp et al. 2009].Die Prognose der Patienten mit neuroendokrinen Tumo-ren ist in erster Linie vom Tumorstadium und dem biolo-gischen Verhalten der Karzinome gekennzeichnet. Die be-ste Prognose weisen Patienten mit einer regionalen Er-krankung auf, die eine komplette chirurgische oder endo-skopische Resektion erlaubt. Dies betrifft vor allem dieneuroendokrinen Tumoren der Appendix, des Magensoder des Rektums. Die Mehrzahl der neuroendokrinen Tu-moren wird jedoch in einem ausgebreiteten Stadium dia-gnostiziert [Modlin et al. 2008]. Bei diesen Patienten sindTumorlast und Wachstumsgeschwindigkeit entscheidendfür die Prognose.

DiagnoseDie Kombination eines Übersichtsverfahrens mit einer ge-nauen Schnittbildgebung ist sinnvoll und wird von allenLeitlinien empfohlen. Die nuklearmedizinischen Über-sichtsverfahren basieren auf der Bindung oder Aufnahmevon Radiopharmaka durch die neuroendokrinen Tumor-zellen. Das älteste Verfahren ist die 123Jod-Methajodben-zylguanidin-Szintigraphie, die jedoch weniger sensitiv istals der nuklearmedizinische Nachweis von Somatostatin-rezeptoren auf den neuroendokrinen Tumoren durch mar-kierte Peptide. Hierzu werden Somatostatinanaloga wieOctreotidacetat oder andere Somatostatinrezeptoranta-gonisten verwendet, die mit 111Indium (Octreoscan) oder99mTechnetium markiert werden. Der Octreoscan gilt alsGoldstandard in der nuklearmedizinischen Diagnostik derNETs. Eine wesentliche Neuerung ist das auf 68Gallium-ba-sierende Somatostatinrezeptor-Positronen-Emissionsver-fahren (PET), das eine wesentlich höhere Sensitivität undSpezifität als der Octreoscan aufweist [Modlin et al. 2008;Baum et al. 2009]. Zum Einsatz kommen verschiedene Tra-cer wie 68Gallium-DOTA-TOC, 68Gallium-DOTA-TATE und68Gallium-DOTA-NOC. Mit dem auf 68Gallium basierendenRezeptor-PETs können die meisten der gut differenziertenneuroendokrinen Tumore (WHO Klasse I-II; G1-G2) sensi-tiv und spezifisch dargestellt werden [Baum et al. 2008].Das 18F-DOPA-PET ist eine weitere Entwicklung, die an spe-zialisierten Zentren angewandt wird, aber nicht so sensi-tiv ist wie das auf 68Gallium basierende Somatostatinre-zeptor-PET. Die schlecht differenzierten NETs (WHO Klas-se III), die sich durch eine hohe Proliferationsrate und Glu-koseumsatz auszeichnen, können durch das 18F-2-Deoxy-2-Fluor-D-Glukose-(FDG)-PET nachgewiesen werden, dasbei den gut differenzierten neuroendokrinen Tumoren inder Regel negativ ist. Die Kombination eines PET-Verfah-rens mit einer Computertomographie erlaubt die gleich-zeitige anatomische Lokalisation von neuroendokrinenTumoren. Sofern kein PET/CT zur Verfügung steht, solltennach dem Übersichtsverfahren die befallenen Regionenmorphologisch am besten durch Bildfusion dargestelltwerden [Baum et al. 2008]. Die Sensitivität der 68Galliumbasierenden Somatostatinrezeptor-PET zeigt sich in derhohen Detektionsrate durch dieses Verfahren von bisherunbekannten Primärtumoren [Prasad et al. 2009].Aktuell wiederentdeckt wird das Verfahren der „Radiogui-ded Surgery“ (RGS, siehe Abb. 3). Hierbei erfolgt die in-

traoperative Tumordetektion anhand der radioaktiv-mar-kierten Gewebe. Hauptsächlich wird dieses Verfahren er-folgreich und standardisiert in der Sentinel-Lymphknoten-

Abb. 3 Primärtumorsuche mittels „Radioguided Surgery“

lokalisierung verwendet. In vereinzelten Fallstudien wur-den über hohe intraoperative Tumordetektionsraten be-richtet [Van Haren & Fitzgerald 2008]. Zum Einsatz kamenhierbei am häufigsten 111In-Pentetreoide und 99mTc-Octreo-tide [Hodolic et al. 2009, Hodolic et al. 2010]. 68Galliumstellt ein weiteres interessantes Nuklid dar, welches inner-halb der RGS Verwendung finden könnte, bindet es dochhoch tumorspezifisch. Lediglich die Halbwertszeit von 68Minuten stellt für die prä- und perioperative Logistik eineHerausforderung dar. Die RGS sollte ergänzend zu einemSMS-R-PET/CT dann zum Einsatz kommen, wenn der Pri-märtumor bildgebend nicht detektiert werden konnte.Beide Verfahren (SMS-Rezeptor-PET/CT) und die Radio-guided Surgery stellen additiv aktuell das beste diagnosti-sche Verfahren dar, um die wirkliche Anzahl an R0-Resek-tionen bei Patienten mit neuroendokrinen Tumoren zu er-höhen.Die Sensitivität und Spezifität der radiologischen Schnitt-bilddiagnostik hängt weitgehend von technischen Fakto-ren wir Gerätetypus und Einsatz von Kontrastmitteln ab.Generell wird die Computertomographie als das grundle-gende Verfahren empfohlen und die Kernspintomogra-phie für Problemfälle. In den Leitlinien werden beide Ver-fahren als gleichwertig betrachtet. Für den radiologi-schen Nachweis von NETs gelten die gleichen Grundsätzewie für andere Tumoren, so dass die Wahl der Methodevon Sensitivität, Spezifität, Verfügbarkeit, Erfahrung undStrahlenbelastung abhängig gemacht werden sollte. Unverzichtbar beim Staging von Patienten mit neuroen-dokrinen Tumoren sind die kontrastmittelverstärkte Sono-graphie und die Endosonographie geworden. Die kon-trastmittelverstärkte Sonographie besitzt ein sehr gutesAuflösungsvermögen und ist bei erfahrenen Untersu-chern die sensitivste Untersuchungsmethode zur Darstel-lung von fokalen Leberläsionen. Die Endosonographiekann Organe des Gastrointestinaltraktes exzellent darstel-len und ein genaues Staging bei neuroendokrinen Tumo-ren liefern. Auch ist sie äußerst hilfreich bei der Suchenach einem Primärtumor, z.B. im Pankreas. Die Detekti-

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onsgrenze liegt bei 1-2 mm großen Tumoren, die derComputertomographie, der Kernspintomographie undauch der SMS-Szintigraphie entgehen. Vor allem hat dieEndosonographie einen großen Stellenwert für die Ver-laufskontrolle bei Patienten mit multipler endokriner Neo-plasie (MEN-1-Syndrom). Ein Charakteristikum dieser Tu-more ist das multiple Auftreten, insbesondere im Pankre-as, und das langsame jährliche Wachstum. Da die aktuel-len Empfehlungen zumeist auf nicht-prospektivenStudien beruhen, hat die Gruppe um Herrn Prof. Kann ausMarburg prospektiv 42 Patienten mit genetisch gesicher-ten MEN-1-Syndrom mit einem umfangreichen Scree-ning-Programm in den Jahren von 1981 bis 2004 unter-sucht [Bartsch et al. 2005]. Hier zeigte sich, dass die mei-sten der Läsionen endosonographisch bereits beim initia-len Screening zu detektieren waren. 26 von 36 MEN-1-Patienten mit nachgewiesenen pankreatischen neuroen-dokrinen Tumoren wurden operiert, die verbleibenden 10Patienten mit kleinen, asymptomatischen Tumoren eng-maschig kontrolliert. Hier erwiesen sich endosonographi-sche Screening-Intervalle in jährlichem Abstand in der Re-gel als ausreichend, wobei einzelne Tumore ein aggressi-veres Verhalten zeigten [Waldmann et al. 2008], so dassdie aktuelle Empfehlung dahin geht, initial viertel- bishalbjährlich zu kontrollieren, und bei Größenkonstanz derTumore auf jährliche Abstände auszudehnen [Kann, per-sönliche Kommunikation]. Eine Tumorgröße von <15 mmkann beobachtet werden und erst eine Änderung im Tu-mordiameter von 20 % gilt als relevant [Kann et al. 2006].Für das biochemische Screening von MEN-1-Patienten istder Nachweis von Calcium, Gastrin und Prolactin ausrei-chend. Nicht zu vergessen sind die anderen möglichenManifestationen bei MEN-1-Patienten, insbesondere dieTumoren der Nebenniere, die sich in den bildgebendenVerfahren ebenfalls gerne der Detektion entziehen. Auchhier ist die Endosonographie in den geübten Händen derGoldstandard und die Nebennieren sollten regelmäßigmit untersucht werden.

TherapieVor Therapieentscheidungen müssen die Ausbreitung derneuroendokrinen Tumore und ihr biologisches Verhaltenbestimmt werden. Lokalisierte neuroendokrine Tumorekönnen durch chirurgische oder endoskopische Resektio-nen komplett entfernt werden. Für die Risikoeinschät-zung der Invasivität und Metastasierungshäufigkeit liegenfür die neuroendokrinen Tumore der Appendix, des Ma-gens und des Rektums Daten vor.

Auch bei lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Sta-dien sollte geprüft werden, ob der Primärtumor und ggf.auch Metastasen reseziert werden können. Hinsichtlichder Lebermetastasenchirurgie sind primär nur 20 % derPatienten initial operabel. Jedoch kann man heute mit denTechniken der interventionellen Radiologie (Pfortaderem-bolisierung, Radiofrequenzthermoablation) diesen Pro-zentsatz entschieden erhöhen, um mehr Patienten einerkurativen Resektion zuzuführen. Die Entfernung des Pri-märtumors verbessert die Prognose der Patienten mitneuroendokrinen Tumoren im Vergleich zu den Patienten,die für eine Operation vorgeschlagen wurden, diese abernicht durchgeführt wurde [Hill et al. 2009]. Bei den meta-stasierten neuroendokrinen Tumoren des Dünndarms

dient die Resektion des oft kleinen Primärtumors der Pro-phylaxe einer desmoplastischen Reaktion, von Resorpti-onsstörungen und des Subileus, da gerade diese sekun-dären Komplikationen zu einer erheblichen Einschrän-kung der Lebensqualität führen können. Die chirurgischenResektionsmöglichkeiten einschließlich lokal ablativer Ver-fahren wie z.B. der RFTA sollten immer wieder im Verlaufder Erkrankung geprüft werden. Dies gilt allerdings nurfür die gut differenzierten neuroendokrinen Tumore oderneuroendokrinen Karzinome. Bei den schnell wachsendenschlecht differenzierten neuroendokrinen Karzinomen isteine frühzeitige systemische (Chemo-)Therapie vorrangig.

Ein Teil der neuroendokrinen Tumore weist funktionelleSyndrome auf, die durch ungeregelte Sekretion von Bo-tenstoffen und Hormonen hervorgerufen werden. Amhäufigsten ist das Karzinoidsyndrom, das durch Flush, Di-arrhoe und eine rechtsventrikuläre Herzerkrankung (He-dinger Syndrom) gekennzeichnet ist. Funktionelle Syn-drome sprechen gut auf eine Therapie mit Somatostatina-naloga an, die antisekretorische Eigenschaften besitzen.Die derzeit zugelassenen Somatostatinanaloga Octreotid(Sandostatin®) und Lanreotid (Somatuline®) binden vor al-lem an den Somatostatinrezeptor 2. Eine Weiterentwick-lung ist das SOM230 (Pasireotide®), das auf 4 der 5 Soma-tostatinrezeptoren (außer Typ 4) bindet und möglicher-weise verbesserte antisekretorische Eigenschaften besitzt.Eine Kombination mit Interferon alpha kann in Einzelfäl-len zu einer zusätzlichen Wirkung der Somatostatinana-loga führen. Eine Neuentwicklung ist ein Wirkstoff mit dem NamenBIM23A760 der Firma Ipsen Pharma. Diese Substanz bin-det sowohl an den Somatostatinrezeptor 2, als auch anden Dopaminrezeptor 2, die beide von den gastroentero-pankreatischen neuroendokrinen Tumoren exprimiertwerden, zum Teil sogar in hohem Ausmaß. In experimen-tellen Untersuchungen an bronchialen und gastrointesti-nalen NET-Zellinien konnte gezeigt werden, dass die Blok-kade des D2-Rezeptors nicht nur die funktionelle Aktivitätdieser Tumore hemmt, sondern auch deren Wachstum.Derzeit läuft ein Genehmigungsverfahren für eine PhaseII-Studie, an der Patienten mit funktionellen NET-Tumoren(mit „Karzinoid-Syndrom“) teilnehmen können. Endpunk-te werden die Wirksamkeit der Symptomkontrolle, die Si-cherheit sowie das pharmakokinetische und pharmakody-namische Profil der Substanz sein.

Schwere funktionelle Syndrome, die durch eine hohe Tu-morlast in der Leber hervorgerufen werden, sprechen gutauf eine Transkatheter-arterielle Chemoembolisation (TA-CE) an und können auch mit einer Radioligandentherapiekombiniert werden. Diese Kombinationstherapie ist sicherund kann bei dieser schwer erkrankten Patientengruppezu langdauernden Remissionen führen, wenn auch diePrognose der meisten Patienten schlecht bleibt.

Für die nicht-funktionellen Mitteldarmtumore, die typi-scherweise nicht auf eine „klassische“ Chemotherapie an-sprechen, war die Datenlage bisher widersprüchlich, weildie antiproliferative Wirkung von Somatostatin-Analoganur durch nicht-kontrollierte Studien vermutet wurde.Erst in diesem Jahr konnte mit einer Verdoppelung desprogressionsfreien Überlebens im Vergleich zum Plazebo-

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Arm aufgrund der Ergebnisse der prospektiven, randomi-sierten plazebo-kontrollierten Multizenterstudie „PRO-MID“ eine antiproliferative Wirkung von Somatostatin-Analoga belegt werden [Rinke et al. 2009]. Hier wurde 30 mg Octreotid-LAR (Sandostatin-LAR®) bei neuroendo-krinen Tumoren des Dünndarms eingesetzt und eine Über-legenheit des progressionsfreien Überlebens von 14,3Monaten im Octreotid-LAR-Arm gegenüber 6 Monaten imPlacebo-Arm gezeigt (Abb. 4). Dieser Effekt war beson-ders bei einer niedrigen Tumorlast der Leber ausgeprägt.Die Therapie war gut verträglich. Octreotid-LAR (Sando-statin-LAR®) wird daher als primäre Therapieoption beiden metastasierten neuroendokrinen Tumoren des Dünn-darms empfohlen. Ein wichtiges Ergebnis der Studie wardie mediane Progression von 6 Monaten im Placeboarmin einer Patientenpopulation ohne vorher dokumentiertenProgress. Letztlich waren alle Patienten progredient [Rin-ke et al. 2009]. Dies sollte bei einer abwartenden Haltungberücksichtigt werden. Allerdings gibt es auch kritischeAnmerkungen zur PROMID-Studie, insbesondere aus chir-urgischer Sicht. Evaluiert wurden Patienten mit einer he-patischen Tumorlast von ca. 10 %. Hier ergibt sich die Fra-ge, ob diese Patienten wirklich alle nicht-resektabel wa-ren. Dennoch bleibt als wichtigstes Ergebnis der Studiefestzuhalten, dass dabei zum ersten Mal die anti-prolife-rative Wirkung von Somatostatin-Analoga nachweisbarwurde. Es gibt auch Hinweise darauf, dass Somatostati-nanaloga bei neuroendokrinen Tumoren anderen Ur-sprungs das Tumorwachstum verlangsamen können. Er-freulicherweise rekrutiert zur Zeit eine weitere prospekti-ve Placebo-kontrollierte Studie international Patienten mitneuroendokrinen Tumoren verschiedenen Ursprungs, beidenen zur Erstlinientherapie das SomatostatinanalogonLanreotid (Somatuline®) eingesetzt wird. Mit dem Ab-schluss der Studie wird 2011-12 gerechnet.

Abb. 4 Octreotid-LAR verlängert signifikant die Zeit bis zum Progress bei

Midgut-NET

Die neuroendokrinen Tumore des Dünndarms metastasie-ren vorzugsweise in die Leber, die nach der Operation desPrimärtumors oft die einzige Tumorlokalisation darstellt.Auch hier sollten in erster Linie operative Möglichkeitengeprüft werden, synchron mit der Operation des Primär-tumors oder metachron. Auch die Radiofrequenzthermo-ablation (RFTA) kann bei niedriger Tumorlast eine Remis-sion bewirken [Vogl et al. 2009]. Grundsätzlich ist dieseperkutan, laparoskopisch oder offen-chirurgisch möglich.Für den Patienten am wenigsten belastend ist die perku-

tane RFTA, wobei anzumerken gilt, dass die perkutaneRFTA, verglichen zur offen-chirurgischen RFTA, mit einerhöheren Rezidivrate einhergeht. Das rezidivfreie Überle-ben war innerhalb der offen-chirurgisch behandeltenGruppe in einer Studie signifikant verlängert [Eisele et al.2009]. Interventionell-radiologische Maßnahmen kön-nen ebenfalls die Tumorkontrolle entscheidend verbes-sern. Durch die Transkatheter-arterielle Chemoembolisa-tion (TACE) mit wirkstoffbeladenen “Beads“ kann einehohe Rate an Remissionen erreicht werden, allerdingssind diese oft nicht lange anhaltend. Die TACE oder allei-nige Embolisation (TAE) wird vor allem bei funktionell ak-tiven Tumoren und einer hohen Tumorlast empfohlen. Dieselektive interne Radiotherapie (SIRT) mit Yttrium-90 be-ladenen Mikrosphären ist eine Weiterentwicklung undkonnte in retrospektiven Studien bei der Mehrzahl der Pa-tienten mit neuroendokrinen Tumoren eine Remissionoder eine Stabilisierung bewirken (Kennedy et al. 2008).Auch in einer kleineren prospektiven Studie konnte eineprogressionsfreie Zeit von 11,1 Monaten erreicht werden[Kalinowski et al. 2009]. Ob sich diese vielversprechendenErgebnisse in kontrollierten prospektiven Studien bestäti-gen, muss abgewartet werden. Zur Zeit wird eine Obser-vationsstudie in Bad Berka durchgeführt (BESTE-THERA-PIE-NET; NCT00815620; http://clinicaltrials.gov/), die drei-armig angelegt ist und chirurgische Tumorresekti-on/Radiofrequenzablation, TACE/SIRT und peptidre-zeptor-vermittelte Radiotherapie vergleicht und ab 2010für weitere Zentren geöffnet sein wird.

Von den gut differenzierten neuroendokrinen Karzino-men gelten nur die neuroendokrinen Tumore des Vorder-darms (Pankreas, Lunge, und abgestuft Magen und Duo-denum) als sensitiv für eine Chemotherapie. Für die neu-roendokrinen Tumore des Pankreas gilt die Chemothera-pie mit Streptozotozin (Zanosar®) mit 5-FU oderDoxorubicin als Standard [Kouvaraki et al. 2004, Erikssonet al. 2009], obwohl Streptozotozin in Deutschland nichtzugelassen ist und über internationale Apotheken besorgtwerden muss. Das Ansprechen auf eine Chemotherapiebei diesen Tumoren liegt bei max. 50 Prozent. Die Kombi-nation von Temozolomid (Temodal®) und Capecitabin (Xe-loda®) wurde in einer retrospektiven Studie bei 17 Patien-ten untersucht und zeigte bei guter Verträglichkeit eineTumorkontrolle bei allen Patienten über 12 Monate [Stros-berg et al. 2008]. Leider ist keine anschließende Studie ge-plant, um die berichteten Ansprechraten zu überprüfen.In einigen Ländern ist diese Kombination durch die Ver-fügbarkeit von Generika preiswert und hat sich als neuerStandard etabliert. In Deutschland ist in der Regel ein An-trag beim MDK zu stellen. Wünschenswert wäre zumin-dest eine Registererfassung der mit Temozolomid (Temo-dal®) und Capecitabin (Xeloda®) behandelten Patientenmit pankreatischen neuroendokrinen Tumoren.Rektumkarzinome sind ebenfalls eingeschränkt empfind-lich für eine Chemotherapie, während die häufigen Dünn-darm-NETs nur ein Ansprechen von weniger als 20 Prozentzeigen, weshalb eine Chemotherapie für diese Tumoren-tität nicht empfohlen wird.Neue vielversprechende Wirkstoffe, die als sogenannte„molekulare Therapien“ verschiedene Signal-Übertra-gungsstoffe zum Ziel haben und bei anderen Tumorartenerfolgreich eingesetzt werden, haben auch Eingang in die

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Therapie gut differenzierter neuroendokriner Tumore ge-funden.Der molekulare Wirkstoff Sunitinib (Sutent®) ein Multi-Rezeptortyrosinkinase-Inhibitor u.a. für VEGF, PDGF undc-kit, wurde bei 171 von 340 geplanten Patienten mit pro-gredienten pankreatischen neuroendokrinen Tumoren ineiner Dosierung von 37,5 mg täglich als kontinuierlicheGabe placebo-kontrolliert eingesetzt. Die Mehrheit der Pa-tienten war einfach oder multipel systemisch vorthera-piert. Die Studie wurde vorzeitig beendet bei höherer Ra-te schwerwiegender unerwünschter Ereignisse/Todesfälleim Placeboarm und Überlegenheit der Studiensubstanzim Vergleich zum Placebo. Der primäre Endpunkt war dasprogressionsfreie Überleben, hier verlängerte Sunitinibdie progressionsfreie Zeit mit 11,4 Monaten im Vergleichzu Placebo mit 5,5 Monaten (HR 0,418, p=0,0001) [Nic-coli et al. 2010], vgl. Abb. 5. Die objektive Remissionsratelag bei 9,3 % (versus 0 % im Placeboarm, p=0,0066). Beidieser Studie war die Progression innerhalb der letzten 12Monate als Einschlusskriterium gefordert. Interessanter-weise war die progressionsfreie Zeit in der Placebogrup-pe bei pankreatischen neuroendokrinen Tumoren mit 5,5Monaten ähnlich wie in der PROMID-Studie, bei der keinProgress zum Studieneinschluss gefordert wurde. Die The-rapie mit Sunitinib (Sutent®) ist gut verträglich. Es tratennur wenige Grad 3-4 Nebenwirkungen auf: Neutropenie(12 % versus 0 % im Placeboarm), Hypertension (10 % ver-sus 1 %), Hand-Fuß-Syndrom und Leukopenie (je 6 % ver-sus 0 %) [Raymond et al. 2009]. Sunitinib (Sutent®) kannals ein neuer Standard bei der Therapie von pankreati-schen neuroendokrinen Tumoren betrachtet werden.

Abb. 5 Sunitinib verlängert die Zeit bis zur Progression signifikant

Auch RAD001 (Everolimus, Afinitor®) wurde in einer Pha-se II-Studie bei progredienten, mit einer Chemotherapievorbehandelten pankreatischen neuroendokrinen Tumo-ren untersucht. Die zweiarmige Studie verglich Monothe-rapie mit RAD001 (Everolimus, Afinitor®) mit einer Kom-bination von RAD001 (Everolimus, Afinitor®) und Octreo-tid (Sandostatin LAR ®). Dabei war die Kombination derMonotherapie überlegen mit einem progressionsfreienÜberleben von 9,7 Monaten gegenüber 16,7 Monaten[Yao et al. 2010]. Inzwischen liegen auch präliminäre Er-gebnisse aus der sog. RADIANT-3 Studie vor, in der

RAD001 gegenüber „best supportive care“ (placebo-kon-trolliert) bei progredienten pankreatischen NETs (n=410)geprüft wurde. Diese Daten wurden von J. Yao erstmalsbeim World Congress of GI Cancer im Juli 2010 präsen-tiert: Das primäre Studienziel wurde erreicht, das progres-sionsfreie Überleben mehr als verdoppelt (11 Monate imEverolimus-Arm versus 4,6 Monate im Placebo-Arm,p<0,001, HR 0,35 im Verum-Arm). Interessant ist hier ei-ne Gruppe von ca. 40 % der Patienten, in denen RAD001ohne eine in der Studie erlaubte Vortherapie eingesetztwurde. Dieses bedeutet unter Umständen einen Stellen-wert der Substanz auch in der Erstlinientherapie bei pro-gredienten pankreatischen NET, allerdings müssen hierdie vollständigen Studienergebnisse noch abgewartetwerden. Ein Überlebensvorteil konnte in dieser Studie auf-grund des Cross-over-Designs der Studie nicht festgestelltwerden (75 % der Patienten des Placebo-Arms wurdennach Feststellung eines Krankheitsprogresses auf RAD001umgestellt). Everolimus wurde in dieser Studie gut tole-riert, das Sicherheitsprofil entsprach dem anderer Studi-en (z.B. beim Nierenzellkarzinom). Bei Patienten mit funk-tionellen Midgut-Tumoren wird der antiproliferative Ef-fekt von RAD001 placebo-kontrolliert in der sog. RA-DIANT-2-Studie untersucht. Die Studie ist bereitsabgeschlossen, die Ergebnisse werden im Oktober 2010erwartet. Die RAMSETE-Studie untersucht bei nicht-funk-tionellen neuroendokrinen Karzinomen aller Lokalisatio-nen (außer Pankreas) den antiproliferativen Stellenwertvon Everolimus. Das Rekrutierungsziel mit 60 Patientenwurde im Mai 2010 erreicht [Wiedenmann ASCO 2010].Eine interessante Kombination ist der Einsatz des mTOR-Inhibitors mit weiteren anti-angiogenetisch wirkendenSubstanzen wie z.B. Bevacizumab, einem VEGF-Inhibitor.In einer Studie mit 39 Patienten wurde der Einfluss dieserKombination gegen die Substanzen allein untersucht.Blutfluss, Blutvolumen und mittlere Transitzeit wurdenmit funktionellem CT untersucht. Dabei erwiesen sich die-se Parameter richtungsweisend für ein therapeutischesAnsprechen. Partielle Remissionen als Maß für die Tumor-wirksamkeit wurde in 26 % der Fälle bei der Kombinati-onsbehandlung gefunden, es bedarf aber weiterer Unter-suchungen. Die Nebenwirkungsrate entsprach dem be-kannten Muster und lag (Grad 3/4) mit Neutropenie (15 %), Proteinurie (10 %), Hyperglykämie (10 %), Anämie(8 %), Pneumonitis (5 %) und Infektionen (5 %) im erwar-teten Bereich [Yao et al. ASCO 2010].

Eine neue experimentelle Substanz ist LX 1032, ein Inhi-bitor der Tryptophan-Hydroxylase, der die Serotinin-Syn-these unterbricht. Erhöhte Serumspiegel von Serotoninsind für das Karzinoidsyndrom verantwortlich, das mitDurchfällen, Flush und Rechtsherzinsuffizienz (HedingerSyndrom) einhergeht. Die Substanz wird zur Zeit in einerPhase II-Studie an 3 Studienzentren in den USA unter-sucht.

Ein weiterer interessanter Angriffspunkt bei neuroendo-krinen Tumoren ist die Inhibition des IGF-1 Rezeptors. Ca.30 % aller neuroendokriner Tumore exprimieren diesenWachstumsfaktor auf ihrer Oberfläche. In einer Dosierungvon 10 mg/kg i.v. einmal wöchentlich ist der experimen-telle MK-0646-Inhibitor bereits als Monotherapie bei 25Patienten mit progredienten neuroendokrinen Karzino-

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men unterschiedlicher Lokalisation (pankreatische NETn=10, midgut-NET n=15) eingesetzt worden [Reidy et al.ASCO 2010]. Hier wurde bisher keine Effektivität gemes-sen bei der Hauptnebenwirkung „Hyperglykämie“. Mög-licherweise ist das mangelnde Ansprechen auf eine feh-lende Stratifizierung nach positivem Rezeptorbesatz aufden Tumorzellen zu erklären. Weitere Studien wären hierwünschenswert.

Die Expression von Somatostatinrezeptoren durch NETs istauch Grundlage der Peptidrezeptor-vermittelten Radionu-klidtherapie (PRRT). Bei diesem Verfahren wird über einenChelator (=DOTA) ein Betastrahlen emittierendes Thera-pienuklid an ein Somatostatin-Analogon gebunden (Oc-treotate=DOTA-TATE oder Tyrosin-Octreotid =DOTA-TOC). Je nach Tumor/Metastasengröße werden 90Yttrium(Betastrahler mit einer Reichweite von ca. 12 mm im Ge-webe, präferentiell für größere Tumore) oder 177Lutetium(Betastrahler mit niedriger Reichweite von ca. 2 mm, häu-fig für kleinere Tumore) als Therapienuklide eingesetzt.Die klinische Wirksamkeit der Radio-Rezeptortherapiekonnte in großen retrospektiven Studien belegt werden [Kwekkeboom et al. 2008]. Die Ansprechrate als Kombi-nation aus CR, PR, MR und SD liegt für 90Yttrium-DOTA-TOC bei 71 % und für 177Lutetium-DOTA-TATE bei 80 %von insgesamt 310 behandelten Patienten [Kwekkeboomet al. 2009]. Am besten sprechen Gastrinome und nichtfunktionelle pankreatische neuroendokrine Tumore an ge-folgt von neuroendokrinen Tumoren des Dünndarms,während neuroendokrine Tumore mit unbekanntem Pri-mum schlechter abschneiden. Die Prognose von Patien-ten, die auf die PRRT ansprechen, ist sehr gut, die media-ne Zeit bis zur Progression liegt für 90Yttrium-DOTA-TOCbei 36 Monaten und für 177Lutetium-DOTA-TATE bei 46Monaten. Wenn allerdings ein primärer Progress unterPRRT auftritt (nur bei weniger als 15 % der Patienten),dann ist dieser mit einer sehr schlechten Prognose verbun-den. Hier beträgt das mediane Überleben von Patientennur 11 Monate [Kwekkeboom et al. 2010]. Eine sequen-tielle Kombination der 90Yttrium-DOTA-TATE und 177Luteti-um-DOTA-TATE Therapie kann das Ansprechen mit einerAnsprechrate von 91 % sogar noch steigern und das me-diane Überleben nach Diagnosestellung auf 189 Monateerhöhen [Baum et al. W. J. Nucl. Medicine Abstract Oct-ober 2009]. Dadurch gewinnt die PRRT im Vergleich mitanderen Therapien und historischen Kollektiven, auchwenn keine vergleichenden Studien vorliegen. Eine Zulas-sungsstudie für 90Yttrium-DOTA-TOC im Vergleich zu Oc-treotid (Sandostatin-LAR®) ist jedoch geplant. Vor allemfür die neuroendokrinen Tumoren des Dünndarmesscheint sich die PRRT als allgemeiner Therapiestandard zuetablieren, da für diese Tumorentität nur wenige Thera-piealternativen zur Verfügung stehen. Interessanterweisesteht mit der wirksamen PRRT nun auch ein neoadjuvan-ter Therapieansatz für ausgewählte Patienten mit neuro-endokrinen Tumoren zur Verfügung [Kämmerer et al.2009]. Limitierend ist die Verfügbarkeit der Therapie anwenigen Zentren in Deutschland.

Generell ist die Auswahl der Patienten wichtig für dieWirksamkeit der PRRT. Die Bindung von Somatostatinana-loga kann am besten im PET/CT durch mit 68Gallium mar-kierte Somatostatinanaloga überprüft werden [Baum et

al. 2008; Kwekkeboom et al. 2010]. Für die PRRT sind we-gen der potentiellen Nephro- und Hämatotoxizität eineausreichende Nierenfunktion und Knochenmarksreservenotwendig. Durch spezielle Protokolle kann die Nephro-toxizität herabgesetzt werden, und die Behandlung mit177Lutetium weist eine niedrige Nebenwirkungsrate auf.Die Behandlung in Zentren mit einer ausreichenden Erfah-rung ist für die Beherrschung der Nebenwirkungen ent-scheidend. Die Standardisierung der PRRT im Rahmen ei-ner Leitlinie wird zur Zeit von der Internationalen Atom-energiebehörde (IAEA) vorangebracht, mit einer Publika-tion ist im Herbst 2010 zu rechnen. Die Herstellung der fürdie PRRT notwendigen Radiopharmaka ist zur Zeit durchdie Novelle des Arzneimittelgesetzes nicht geregelt. Nachden derzeitigen Interpretationen gilt für die diagnosti-schen und therapeutischen Substanzen eine Übergangs-frist von 2 Jahren, danach muss die Herstellung der expe-rimentellen Radiopharmakas im Rahmen von Good Medi-cal Practice Richtlinien hergestellt und durch die Landes-behörden genehmigt werden, was in praxi wahrscheinlichzu deutlich unterschiedlichen Anforderungen in den ein-zelnen Bundesländern führen wird.

Die schlecht differenzierten und schnell wachsenden neu-roendokrine Karzinome, die nach der jetzt verbindlichenTNM-Klassifikation wie die entsprechenden Adenokarzi-nome eingeteilt werden und sich biologisch am ehestenwie die kleinzelligen Lungenkarzinome verhalten, solltenmittels einer systemischen Chemotherapie behandelt wer-den. Als Standard hat sich eine Kombination aus einemPlatinpräparat (Cisplatin oder neuerdings vermehrt Car-boplatin) mit Etoposid bewährt [Mitry und Rougier 2001,Eriksson et al. 2009]. Diese Tumoren sprechen in der Re-gel gut auf die initiale Chemotherapie an, rezidivierenaber schnell und häufig. Die Zweitlinientherapie ist nichtstandardisiert, hier ist Capecitabine/5-FU, Irinotecan oder,in Anlehnung an die kleinzelligen Lungenkarzinome, eineKombination aus Antrazyklin, Vincristin und Cyclophos-phamid möglich. Allerdings ist die Grenze der G3-Tumo-ren mit einer Proliferationsrate von mehr als 20 % relativniedrig angelegt, hier kann alternativ eine PRRT bei guterSpeicherung bis zu einer Proliferationsrate von circa 30 %durchgeführt werden, ggf. in Kombination mit einer sy-stemischen Therapie.

Insgesamt gibt es für die Therapie der neuroendokrine Tu-more erfreuliche Neuentwicklungen, die derzeit vor allemdurch von der Pharmaindustrie gesponserte Studien vor-angebracht wird. Unter anderem wissen wir durch die pla-cebo-kontrollierten Studien endlich über den natürlichenVerlauf der Erkrankung Bescheid, der ein abwartendesVerhalten nur in ausgewählten Fällen rechtfertigt. Dem-gegenüber ist ein eklatanter Mangel an investigator initia-ted Studien zu beklagen, was bedeutet, dass fast allenicht pharmakologischen Verfahren wie Tumormassenre-duktion oder lokal-ablative Therapieverfahren nicht in ver-gleichenden Studien überprüft werden und dadurch dieEinordnung in Therapiealgorithmen erschwert wird.Trotzdem sollte noch einmal betont werden, dass zumin-dest im Fall der gut differenzierten neuroendokrinen Kar-zinome, im Gegensatz zu den üblichen „standardisier-ten“ Vorgehensweisen wie etwa in der onkologischenTherapie häufiger solider Tumore, ein anderes Procedere

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erforderlich ist, da der Krankheitsverlauf sich über Jahreoft mit wenig Einschränkungen in der Belastbarkeit hin-ziehen kann und häufig multiple verschiedene Therapie-modalitäten abgestuft erforderlich sind, um die Tumorlastzu begrenzen. Dieses Vorgehen erfordert eine hohe Indi-vidualisierung der Therapie einerseits und umfangreicheErfahrung von Seiten der behandelnden Ärzte anderer-seits (Abstimmung des Procedere im interdisziplinären Tu-morkonsil). Andererseits ist der Zeitpunkt, zu dem der Tu-mor anfängt, schneller zu wachsen oder sich „aggressi-ver“ zu verhalten, mit den heutigen Methoden nicht vor-hersehbar und die molekularen Grundlagen nochunverstanden. Hier wären prognostische und/oder prädik-tive Marker von großem Interesse.

Literatur beim Verfasser

Korrespondenzadresse:

Dr. med. Patricia GrabowskiKlinik für Innere Medizin, Gastroenterologie und Endokri-nologie, Zentrum für Neuroendokrine Tumoren Bad BerkaZentralklinik Bad Berka GmbHRobert-Koch-Allee 999437 Bad BerkaTelefon: 036458-52601 e-mail: [email protected]

�� Mammographie-ScreeningThüringen Nord/West – eine ersteZwischenbilanz

Jörg BuseMammographie-Screening-RegionThüringen Nord/West

Bei Brustkrebs handelt es sich mit einer Erkrankungsratevon über 10 % aller Frauen insgesamt und ca. 57.000 Neu-erkrankungsfällen jährlich um eine Krebserkrankung vongroßer volkswirtschaftlicher Bedeutung. Brustkrebs ist beiFrauen die Krebserkrankung mit den meisten Todesfällen,jährlich sterben ca. 18.000 Frauen allein in Deutschland anden Folgen. Die Neuerkrankungsrate des Mammakarzi-noms weist zudem eine deutliche Alterssteigerung auf(Abb.1).

Abb. 1 Inzidenz des Mammakarzinoms in Deutschland

All diese epidemiologischen Faktoren und die Erfahrun-gen aus bereits seit den 90-iger Jahren in Skandinavienund Holland existierenden Mammographie-Screening-Programmen führten zur Einführung des gesetzlichenDeutschen Mammographie-Screening-Programms. Es istin insgesamt 94 Screening-Einheiten bundesweit organi-siert und erreichte im Jahr 2010 Flächendeckung. Als ein-ziges Krebs-Screening-Programm in Deutschland wurdees mit einem geordneten Einladungswesen flankiert. Teil-nahmeberechtigt am Programm sind alle GKV- und PKV-versicherten Frauen zwischen 50 und 69 Jahren. Die finan-ziellen Mittel speisen sich extrabudgetär zusätzlich zumHausarzt- oder Facharztbudget.

Während anfangs noch einige Screening-Einheiten analo-ge Mammographie-Technik einsetzten, verdrängt mittler-weile sogar die volldigitale Technik die Speicherfolien-Technik. Jede dieser Screening-Einheiten besteht aus meh-reren festen und oft mobilen Mammographie-Einheitenund mindestens einer Abklärungseinheit (Abb. 2).

Neben der Mammographie als Massen-Such-Verfahrenwerden im Verdachtsfall innerhalb des Mammographie-Screening-Programms neben der Palpation weitere Tech-niken wie die Sonographie, Gewebsprobeentnahmen undseltener auch die MR-Mammographie eingesetzt.

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Abb. 2 Struktur und Organisation des Mammographie-Screenings

Eine der Grundvoraussetzungen bei der Einführung desProgramms war die Notwendigkeit einer Implementie-rung von Evaluationsmethoden, um den Erfolg des Pro-gramms hinsichtlich erwarteter Mortalitätsreduktion undTherapieschonung beweisen zu können. Dies setzt einestrenge software-gestützte Dokumentationspflicht vor-aus, aus denen mehr als 40 Qualitätsparameter gewon-nen werden. Hierdurch lässt sich die diagnostische und or-ganisatorische Leistung jeder einzelnen Screening-Einheitbewerten und ständig verbessern, was bei anderen vor-bestehenden „grauen Mammographie-Screenings“ kaummöglich war. Zudem unterliegt das Programm einer Qua-litätssicherung streng nach europäischen Leitlinien [1],was unter anderem ein obligatorisches, umfangreichesFortbildungs-Curriculum für alle am Programm beteilig-ten Fachgruppen (MTRA und Ärzte) impliziert.

Abb. 3 Fortbildungscurriculum im Mammographie-Screening-Programm

In der innerhalb des Mammographie-Screening-Pro-gramms vorgeschriebenen fachlichen Vernetzung wirdauch von den Beteiligten dieses Teamkonzepts als großerVorteil wahrgenommen. Die ProgrammverantwortlichenÄrzte arbeiten mit den die Mammographien befunden-den gynäkologischen oder radiologischen Kollegen, mitPathologen, mit stanzbiopsierenden Krankenhaus-Kolle-gen und nicht zuletzt in den prä- und postoperativen Fall-konferenzen des Mammographie-Screening-Programmsmit den Kollegen der zertifizierten Brustzentren eng zu-sammen.

Abb. 4 Ablauf des Mammographie-Screenings

Die Qualitätssicherung umfasst die Einladung der an-spruchsberechtigten Frau, die Mammographie-Erstellung(Einstellungstechnik der MTRA), die Befundmitteilungen,die Abklärungsdiagnostik und die Evaluation (insb. Erfas-sung der Tumorstadien) [2].

Wenngleich die Mortalitätsreduktion in retrospektivenStudien grundsätzlich erwartet wird, ist aus epidemiolo-gischer Sicht erst nach Auswertung der Ergebnisse inner-halb eines zehnjährigen Programmablaufs mit validen Da-ten zu rechnen. Im Gegensatz hierzu konnte aber bereitsfrühzeitig durch das Mammographie-Screening einedeutliche Verschiebung zu kleineren Tumorstadien undaxillärer Lymphknoten-Negativität zum Zeitpunkt der Dia-gnosestellung dokumentiert werden [3].

Abb. 5 Prognoseverbesserung durch Früherkennung

Dies ermöglicht signifikant häufiger die Durchführungbrusterhaltender Eingriffe und den Verzicht auf adjuvan-te Chemotherapien.

In Thüringen existieren innerhalb des Thüringer Mammo-graphie-Screening-Programms (TMS) zwei Screening-Ein-heiten, die geographisch in die Regionen „Süd-Ost“ (Drs.Wurdinger/Heiner) und „Nord-West“ (Drs. Buse/Reinosch)unterteilt wurden [4] (Abb. 6).

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Abb. 6 Sreening-Regionen in Thüringen

Die „Screening-Region Thüringen Nord/West“ umfasst diein Abb. 7 aufgeführten Kreise und zeigt die bereits eta-blierten festen Mammographie-Einheiten in Erfurt, BadLangensalza und Eisenach sowie eine mobile Mammogra-phie-Einheit (Mammobil) in der Fläche. Abklärungseinhei-ten wurden in den Einheiten Erfurt und Bad Langensalza(geographisch zentrale Lage der Region) implementiert(5). Dabei war die Randlage der Landeshauptstadt Erfurtin dieser Screening-Region zu berücksichtigen und erfor-derte dieses multifokale Konzept:

Abb. 7 Screening-Region Thüringen Nord/West Mammographie-Einheiten (ME) in Erfurt, Bad Langensalza, Eisenach und Mobile Abklärungseinheiten (AE) in Erfurt und Bad Langen-

salza

Es galt, für die fast 140.000 teilnahmeberechtigten Frau-en (sog. Klientinnen) der gesamten Region zweijährlicheMammographien (2 Aufnahmen beidseits CC/MLO) zu er-stellen (Abb. 8).Für ca. 5 % hiervon ist zudem eine wöchentliche ärztlicheAbklärungsdiagnostik zu organisieren. Die für den ersten Jahreszeitraum 2009 erreichten medi-zinischen Leistungsparameter der „Screening-Region Thü-ringen Nord/West“ liegen inzwischen vor. In Abb. 9 sindsie den Referenzbereichen der EU-Leitlinien gegenübergestellt [6].

Abb. 8 Anspruchsberechtigte in der Screening-Region Thüringen Nord/West

Insbesondere der letzte Parameter der Nodalnegativitätweist darauf hin, dass das Mammographie-Screening-Pro-gramm die gestellten Ziele einer deutlichen Mortalitätsre-duktion und nicht zuletzt der Therapieschonung errei-chen wird.

Die fixierten Altersgrenzen sind in der Diskussion, durchverbesserte Techniken (DR-volldigitale Mammographie,CAD-Analyse-Systeme und 3D-Tomosynthese) ist durchzunehmende mammographische Detektierbarkeit desMammakarzinoms auch in dichteren jüngeren Mammae(ACR>II) mit einer Absenkung der unteren Altersgrenzevon derzeit 50 Jahren für das Mammographie-Screening-Programm zu rechnen. Zudem könnte bei weiterem An-stieg der Lebenserwartung der weiblichen Bevölkerung inDeutschland durchaus auch die obere Altersgrenze von 69Jahren zur Disposition stehen, auch wenn hier eine bereitsprinzipiell geringere Wachstumsgeschwindigkeit desMammakarzinoms zu beachten ist.

Abb. 9 Ergebnisse der Screening-Region Thüringen Nord/West im Vergleich

zur EU-Leitlinie

Die Vorgabe eines entscheidenden Evaluationsparame-ters, eine Teilnahmequote >70 %, konnte in Thüringenmit momentan ca. 55 % noch nicht erreicht werden undliegt lediglich im Bundesdurchschnitt. Zum Erreichen die-ses Ziels ist die vertrauensvolle Zusammenarbeit der Pro-

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grammverantwortlichen Ärzten mit den Hausärzten undinsbesondere Frauenärzten als Partner der teilnahmebe-rechtigten Frauen von entscheidender Bedeutung. Diesumfasst die gegenseitige Berichtspflicht ebenso wie dieErkenntnis der Ergänzung der verschiedenen Säulen einersuffizienten möglichst frühen Brustkrebsdiagnostik:

Das Mammographie-Screening kann den insbesondereGynäkologen das Mammakarzinom bereits vor der Tast-barkeit in der besonders häufigen Altersgruppe > 50 Jah-re aufzeigen, andererseits ist die jährliche gynäkologischeKrebsvorsorge-Untersuchung weiterhin unerlässlich.

Besonders wichtig ist eine transparente Information deran diesem Programm teilnahmeberechtigten Frauen. Dieim Juni 2010 überarbeitete Informationsbroschüre desGemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) wird diesemAnspruch gerecht und liegt jedem persönlichen Einla-dungsschreiben bei [6, 7].

Literatur

1. European guidelines for quality assurance in breast cancer screening and diagnosis, 4th Edition, 2006, http://screening.iarc.fr/doc/ND7306954ENC_002.pdf

2. Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Früherkennung von Krebserkrankungen (Krebsfrüherkennungs-Richtlinie / KFE-RL) in der Fassung vom 18. Juni 2009 , veröffentlicht im Bundesanzeiger 2009, Nr. 148a, in Kraft getreten am 3. Oktober 2009, http://www.g-ba.de/downloads/39-261-841/2009-06-18-KFU-Neufassung_BAnz.pdf

3. Evaluationsbericht – Ergebnisse des Mammographie-Screening-Pro-gramms Deutschland (S. 69), http://www.g-ba.de/downloads/17-98-2731/2009-09-21-Evaluationsbericht.pdf

4. Mammographie-Screening-Programm Thüringen, www.Mammo-Programm.de

5. Mammographie-Screening Thüringen Nord/West, www.Screening-Thueringen-NordWest.de

6. Informationen zum Mammographie-Screening: http://www.mammo--programm.de/cms_upload/fck-userfies/file/Broschuere_MammoScree-ning_2009.pdf

7. Kooperationsgemeinschaft Mammographie, www.Kooperationsgemeinschaft-Mammographie.de

Korrespondenzadresse:

Dr. med. Jörg BuseProgrammverantwortlicher ArztMammographie-Screening Thüringen Nord/WestZentrale Verwaltung:Rudolph-Weiss-Str. 1a99947 Bad LangensalzaTelefon: 03603-89577-0e-Mail: [email protected]

�� Erfolgreiche Zertifizierung des HELIOS Prostatakarzinomzentrum Erfurt

Thomas SteinerKlinik für Urologie, HELIOS Klinikum ErfurtMichael GlatzelKlinik für Strahlentherapie und Radioonkologie,HELIOS Klinikum Erfurt

Priv.-Doz. Dr. med. Thomas Steiner (im Bild rechts), Chefarzt der Klinik für Urologie, und Dr. med. Michael Glatzel, Chefarzt der Klinik für Strahlen-therapie und Radioonkologie, leiten das HELIOS Prostatakarzinomzentrum

Erfurt

Nach einem aufwändigen Prüfverfahren wurde am 26. Mai 2010 das Prostatakarzinomzentrum am HELIOSKlinikum Erfurt von der Deutschen Krebsgesellschaft (Onkozert) als zertifiziertes Zentrum anerkannt. Gleichzei-tig wurde bestätigt, dass am Prostatakarzinomzentrumdie Anforderungen der DIN ISO 9001 gewährleistet sind.

An einem Prostatakarzinom erkranken jährlich in Deutsch-land ca. 65.000 Patienten; es bildet damit den häufigstenmalignen Tumor des Mannes. Mit ca. 10 % aller Krebsto-desfälle liegt die Sterblichkeit am Prostatakarzinom nachLungen- und Darmkrebs unter den drei häufigsten tumor-bedingten Todesursachen. Hervorragende Heilungschan-cen mit tumorspezifischen 10-Jahres-Überlebensratenvon >90 % können im lokal begrenzten Stadium erreichtwerden. Das metastasierte Prostatakarzinom weist hinge-gen auch heute noch eine deutlich schlechtere Prognoseauf. Nach aktuellen Daten des Robert-Koch-Institutes ver-sterben in den ersten fünf Jahren nach Diagnosestellungüber alle Krankheitsstadien etwa 13 % der Patienten amProstatakarzinom.

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Entscheidenden Anteil an der positiven Entwicklung derÜberlebensraten in den vergangenen Jahren hat die Früh-erkennung des Prostatakarzinoms. Die Einführung derPSA-Wert-Bestimmung in die klinische Praxis vor nunmehrüber 25 Jahren hat die Möglichkeiten einer frühzeitigenDiagnosestellung entscheidend verbessert. Doch ist dievom Urologen propagierte Vorsorgeuntersuchung mit Be-stimmung des PSA-Wertes ab dem 45. Lebensjahr nichtunumstritten. Ursächlich hierfür sind zwei Aspekte: Nur bei ca. 25 % aller Patienten mit auffälligen PSA-Wer-ten bestätigt sich die Verdachtsdiagnose eines Prostata-karzinoms. Somit wird etwa 75 % der Männer mit auffäl-ligem PSA-Wert eine invasive Diagnostik mittels Prostata-biopsie ohne Vorliegen eines Karzinoms zugemutet. Nicht jedes Prostatakarzinom bedarf einer Therapie. Ins-besondere kleine Tumoren (Volumen <0,5 ccm) mit ho-hem Differenzierungsgrad zeigen in der Regel eine sehrniedrige Progressionstendenz und werden nur im Aus-nahmefall Lebenserwartung und Lebensqualität des Be-troffenen beeinträchtigen.

Hinsichtlich der genannten Aspekte aber auch der diffe-renzialtherapeutischen Entscheidung sowohl im lokal be-grenzten als auch fortgeschrittenen Stadium stellt dieEntwicklung der 2009 fertiggestellten S3-Leitlinie Prosta-takarzinom einen Meilenstein dar. Erstmals wurden wis-senschaftlich basiert klare Therapieempfehlungen anHand des diagnostizierten Tumorstadiums des einzelnenPatienten definiert. Dies setzt jedoch klar strukturierteHandlungsabläufe und hohe Qualitätsstandards voraus,um dem Patienten wirklich die individuell optimale The-rapie anbieten zu können. Unabhängig von der persönli-chen Qualifikation des Behandlers ist dies heute nur nochinterdisziplinär zu gewährleisten. So setzt die Gleichwer-tigkeit operativer und strahlentherapeutischer Optionenfür Patienten mit lokal begrenztem Prostatakarzinom so-wohl eine interdisziplinäre Therapieempfehlung als aucheine fachübergreifende Beratung des Patienten voraus. Ei-ne wirklich optimale Versorgung der Patienten mit lokalbegrenztem Prostatakarzinom ist somit nur in einem Zen-trum möglich, welches alle therapeutischen Möglichkei-ten anbietet und zugleich gewährleistet, dass diese demPatienten nach ausführlicher Aufklärung auch zugänglichsind.

Im Gegensatz zu Patienten mit lokalisiertem Tumor wer-den diejenigen mit einem lokal fortgeschrittenen bzw.metastasierten Prostatakarzinom heute grundsätzlichmultimodal behandelt. Ein optimal koordiniertes Konzeptmit medikamentöser antitumoraler und supportiver The-rapie flankiert von symptomorientierten Maßnahmen so-wie psychoonkologischer Betreuung garantiert dem Pa-tienten bestmögliche Lebensqualität und Lebenserwar-tung trotz unheilbarer Tumorerkrankung. Regelmäßigeinterdisziplinäre Abstimmung unter Einbeziehung urolo-gischer, internistisch-onkologischer sowie strahlenthera-peutischer Expertise unterstützt durch das gesamte Spek-trum moderner diagnostischer Möglichkeiten bietet hier-für die entscheidende Grundlage.

Warum bietet das HELIOS Prostatakarzinomzentrum Er-furt optimale Bedingungen zur Betreuung von Patientenmit Prostatakarzinom?

Alle im Zentrum zur Therapie eines lokal begrenzten oderlokal fortgeschrittenen Prostatakarzinoms vorgestelltenPatienten werden an Hand vorliegender und ggf. zu kom-plettierender Diagnostik interdisziplinär urologisch undstrahlentherapeutisch besprochen. Basierend auf den ab-geleiteten Therapieempfehlungen sind den Patienten allemodernen Verfahren der Lokaltherapie frei verfügbar. Einmodernes Qualitätsmanagement mit regelmäßiger inter-ner und externer Evaluierung der Ergebnisqualität (so-wohl onkologische als auch funktionelle Resultate) garan-tiert dem Patienten eine optimale Behandlung entspre-chend der Kriterien der Deutschen Krebsgesellschaft.

In einer interdisziplinären Tumorkonferenz (Tumorboard)werden wöchentlich alle Patienten mit lokal fortgeschrit-tenem, metastasiertem oder progredientem Prostatakar-zinom besprochen. Hierbei sind alle Spezialisten für Dia-gnostik und Therapie anwesend: Urologen, Strahlenthe-rapeuten, internistische Onkologen, Palliativmediziner,Radiologen, Pathologen und Nuklearmediziner. Je nachspezifischer Befundkonstellation des einzelnen Patientenwerden zusätzlich Kollegen anderer Fachgebiete (Ortho-päden, Chirurgen …) in die gemeinsame Entwicklung desTherapiekonzeptes einbezogen. Die Klinik kooperiert da-bei auch mit niedergelassenen Haus- und Fachärzten zurGewährleistung der optimalen ambulanten und heimat-nahen Betreuung des Patienten. Für jeden Patienten wirdim Anschluss an das Tumorboard ein Therapieplan er-stellt, der allen Behandlern zugänglich ist. Somit werdensowohl im stationären wie auch im ambulanten BereichDoppeluntersuchungen und Informationsverluste vermie-den.

Patienten mit Prostatakrebs werden am HELIOS Prostata-karzinomzentrum nicht nur interdisziplinär medizinischbetreut. Sie können jederzeit psychoonkologische oderseelsorgerische Betreuung wahrnehmen sowie sich durchden Sozialdienst des Klinikums zu sozialrechtlichen Fragenberaten lassen. Über das Zentrum kann daneben Kontaktzu Selbsthilfegruppen aufgenommen werden.

Korrespondenzadressen:

PD Dr. med. Thomas SteinerKlinik für UrologieHELIOS Klinikum ErfurtNordhäuser Str. 7499089 ErfurtTelefon: 0361-7812201e-Mail: [email protected]

Dr. med. Michael GlatzelKlinik für Strahlentherapie und RadioonkologieHELIOS Klinikum ErfurtNordhäuser Str. 7499089 ErfurtTelefon: 0361-7812400e-Mail: [email protected]

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�� Rezidivtherapie metastasierter Hodentumoren

Anja LorchKlinik für Hämatologie, Onkologie und Immunologie,Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH,Standort Marburg

Zusammenfassung Patienten, die nach Surveillance, primärer Chirurgie oderalleiniger Strahlentherapie rezidivieren, erhalten eine The-rapie mit drei bis vier Zyklen Cisplatin, Etoposid und Bleo-mycin (PEB) analog den Behandlungsalgorithmen von Pa-tienten mit primär metastasierter Erkrankung.Die Therapie von Patienten, die nach vorangegangenerChemotherapie rezidivieren ist deutlich komplexer und er-fordert erhebliche Erfahrung im Umgang mit Rezidiven.Zwei prinzipielle Strategien kommen in Betracht: Erstenseine konventionell dosierte Behandlung mit vier ZyklenCisplatin, Ifosfamid und entweder Etoposid, Paclitaxeloder Vinblastin. Zweitens der frühzeitige Einsatz einer se-quentiellen Hochdosischemotherapie. ZNS-Metastasenmüssen simultan zur Rezidivchemotherapie bestrahlt wer-den, radiologische Residuen nach abgeschlossener Rezi-divchemotherapie müssen komplett reseziert werden. BeiSpätrezidiven mehr als zwei Jahre nach Primärtherapiewird eine sofortige radikale Resektion aller Manifestatio-nen angestrebt. Der Kontakt mit einem Zweitmeinungs-zentrum vor Beginn der Rezidivtherapie ist hier zwingenderforderlich.

EinleitungMaligne Keimzelltumoren stellen bei Männern im Altervon 15 bis 45 Jahren die häufigste Tumorentität dar. Je-doch nur etwa 5-10 % aller Patienten mit Keimzelltumo-ren und nur etwa 20-30 % der Patienten mit initial meta-stasierter Erkrankung bedürfen im Verlauf ihrer Erkran-kung zu irgendeinem Zeitpunkt einer Rezidiv- oder Salva-getherapie. Die Behandlung von Patienten mit Rezidiv nach alleinigerSurveillance, nach primärer Chirurgie oder nach Strahlen-therapie erfolgt analog den Therapiealgorithmen für Pa-tienten mit primär metastasierter Erkrankung. In der Re-gel werden je nach Tumorstadium drei bis vier Zyklen Cis-platin, Etoposid und Bleomycin (PEB) eingesetzt. DieMehrzahl dieser Patienten wird hierdurch dauerhaftkrankheitsfrei. Die deutlich intensivere Rezidivchemothe-rapie ("Salvagechemotherapie") kann daher auf metasta-sierte Patienten beschränkt bleiben, die auf eine primäreChemotherapie schlecht ansprechen und keine komplet-te Remission ihrer Erkrankung erreichen oder die nach Er-reichen einer kompletten Remission rezidivieren [1, 2].Die Salvagechemotherapie ist im Vergleich zu der Primär-therapie metastasierter Patienten komplexer und durchStudiendaten in Art und Umfang schlechter abgesichert.Erstens ist die klinische Situation deutlich seltener. Zwei-tens ist Vorbehandlung der Patienten uneinheitlich. Drit-tens besteht eine grosse Variabilität im Verhalten der Tu-moren unter Primärtherapie. Daher liegen für rezidivertePatienten meist nur Daten aus heterogenen Patientenkol-lektiven, retrospektiven Analysen oder relativ kleinen Pha-se II-Studien vor.

In den vergangenen Jahren wurde zudem die Bedeutungvon Prognosefaktoren für den Erfolg einer Salvagethera-pie deutlich [1]. Da das Patientenkollektiv rezidivierter Pa-tienten sehr uneinheitlich ist, spielen Prognosefaktorenfür den Erfolg einer Salvagetherapie eine noch größereRolle als für die Primärtherapie metastasierter Patienten.

Konventionell dosierte ChemotherapieBereits Mitte der 80er Jahre wurde gezeigt, dass sowohlEtoposid als auch Ifosfamid Remissionen bei Patienten be-wirken können, die auf eine herkömmliche cisplatinhalti-ge Therapie nicht oder nur ungenügend ansprechen. Pa-clitaxel, Gemcitabin und Oxaliplatin sind als weitere Me-dikamente seither hinzugekommen[1]. Es lag nahe, dieseSubstanzen in der Rezidivsituation zusammen mit Cispla-tin einzusetzen. Die erfolgreichsten Schemata kombinie-ren Cisplatin und Ifosfamid entweder mit Etoposid (PEI),Vinblastin (VeIP) oder in jüngster Zeit auch mit Paclitaxel(TIP) ohne klare Überlegenheit einer bestimmten Thera-piekombination (Tabelle 1). Der Prozentsatz von Patienten mit günstigem Therapiean-sprechen auf Rezidivchemotherapie ist mit etwa 50-70 %deutlich geringer als nach Primärtherapie. Lang anhalten-de Remissionen werden nur noch bei etwa 30-60 % derPatienten beobachtet. Die großen Unterschiede zwischenden Studien in Bezug auf Remissionsraten und Überle-benszeiten legen nahe, dass Prognosefaktoren und Pa-tientenselektion einen erheblichen Einfluss auf die Studi-energebnisse haben.

Tabelle 1Konventionell dosierte Salvagechemotherapie-Schemata

Therapieschema Anwendung Frequenz Zyklenzahl(Tage) (n)

Cisplatin PEI 20 mg/m2 (Tag 1-5) 21 4Etoposid 75-100 mg/m2 (Tag 1-5)Ifosfamid 1,2 g/m2 (Tag 1-5)

Cisplatin VEIP 20 mg/m2 (Tag 1-5) 21 4Vinblastin 0,11 mg/kg (Tag 1+2)Ifofamid 1,2 g/m2 (Tag 1-5)

Paclitaxel TIP 175-250 mg/m2 (Tag 1) 21 4Ifosfamid 1,2 g/m2 (Tag 2-6)Cisplatin 20 mg/m2 (Tag 2-6)

Hochdosischemotherapie (HDCT)Die schlechten Ergebnisse der konventionell dosierten Sal-vagechemotherapie besonders bei Patienten mit ungün-stigem Risikoprofil im Rezidiv und/oder multiplen Rezidi-ven führte Ende der 80-iger Jahre zur Einführung derHDCT. Bis heute bleibt die Kombination von Carboplatinund Etoposid das Grundgerüst jeder Hochdosiskombina-tion [1]. Vielfach wurden jedoch die Dosierungen der in-itial von Nichols et al. publizierten Therapie weiter gestei-gert und als drittes Medikament Ifosfamid, Cyclophos-phamid oder auch Thiotepa hinzugefügt. Zumeist warendiese Therapiemodifikationen mit Ifosfamid, Cyclophos-phamid oder auch Thiotepa mit deutlich mehr Nebenwir-kungen verbunden. Zwischen 1999 und 2004 führte die

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Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Hodentumoren inDeutschland eine große prospektive, randomisierte mul-tizentrische Studie durch, welche die Frage nach dem op-timalen Schema einer HDCT untersuchte [1]. Insgesamtwurden 216 Patienten mit rezidivierten und/oder refrak-tären Hodentumoren randomisiert und erhielten entwe-der einen konventionell dosierten Zyklus Cisplatin, Etopo-sid und Ifosfamid (PEI) gefolgt von drei Zyklen hoch do-siertem Carboplatin und Etoposid im Arm A oder drei Zy-klen konventionell dosiertes PEI gefolgt von einem Zyklushoch dosiertem Carboplatin, Etoposid und Cyclophos-phamid (CEC) im Arm B. Die Effektivität beider Schematawar annähernd gleich gut. In den Studienarmen konnteein progressionfreies Überleben nach drei Jahren von 45 % bzw. 47 % erzielt werden, welches nahezu identischwar mit dem Gesamtüberleben nach drei Jahren (48 %bzw. 46 %). Die Studie musste jedoch aufgrund einer the-rapiebedingten Exzessmortalität im Arm B mit einem Zy-klus hoch dosiertem CEC vorzeitig abgebrochen werden.In jüngster Zeit wird auf Grund dieser Studie an nahezuallen Zentren weltweit die HDCT in Form einer sequentiel-len Therapie mit den Medikamenten Carboplatin und Eto-posid durchgeführt [1]. Durch verbesserte supportive The-rapie und insbesondere durch den Einsatz von peripherenBlutstammzellen konnten in allen modernen Schematadie hämatopoetischen Rekonstitutionszeiten signifikantverkürzt und die initial hohe behandlungsbedingte Leta-lität nach HDCT von mehr als 10 % auf maximal 3 % derbehandelten Patienten gesenkt werden (Tabelle 2).

Tabelle 2Hochdosierte Salvagechemotherapie-Schemata

Therapiestrategie Dosierung GabeHochdosischemotherapie

2-mal Paclitaxel/Ifosfamida Paclitaxel 200 mg/m2 Tag 1über 24 hIfosfamid 2 g/m2 Tag 2-4

gefolgt von über 24 h

3-mal Carboplatin/Etoposida Carboplatin AUC 21c Tag 1-3c

Etoposid 400 mg/m2 Tag 1-3

1-mal Cisplatin, Etoposid, Cisplatin 20 mg/m2 Tag 1-5

Ifosfamidb Etoposid 75 mg/m2 Tag 1-5gefolgt von Ifosfamid 1,2 g/m2 Tag 1-5

3-mal Carboplatin/Etoposida Carboplatin 500 mg/m2 Tag 1-3Etoposid 500 mg/m2 Tag 1-3

1-mal Cisplatin, Vinblastin, Cisplatin 20 mg/m2 Tag 1-5

Ifosfamida Vinblastin 0,11 mg/kg Tag 1+2gefolgt von Ifosfamid 1,2 g/m2 Tag 1-5

2-mal Carboplatin/Etoposida Carboplatin 700 mg/m2 Tag 1-3Etoposid 750 mg/m2 Tag 1-3

aHoch dosierte Chemotherapie mit obligater Reinfusion periphererhämatopoetischer Progenitorzellen.bKonventionell dosierte Therapie zur Mobilisation periphererhämatopoetischer Progenitorzellen.cAUC area under the curve (Gesamtdosis verteilt über 3 Tage alsInfusionen zu je 1 h).

Prognosefaktoren für das TherapieansprechenIn den vergangenen Jahren ist die Bedeutung von Progno-sefaktoren im Rezidiv zunehmend in den Vordergrundgerückt. Da das Patientenkollektiv rezidivierter Patientensehr uneinheitlich ist, scheinen Prognosefaktoren für denErfolg einer Salvagetherapie eine noch größere Rolle zuspielen als für die Primärtherapie metastasierter Patien-ten. Erst die detaillierte Kenntnis von Prognosefaktorenerlaubt es auch, Ergebnisse unterschiedlicher Therapiestu-dien zu vergleichen und zudem die Intensität einer Rezi-divchemotherapie individuell an das Risikoprofil eines Pa-tienten anzupassen. Durch eine Art „maßgeschneiderteTherapie“ kann Patienten mit günstigen Prognosemerk-malen beispielsweise die Toxizität einer Hochdosischemo-therapie (HDCT) erspart werden, während diese bei Pa-tienten mit ungünstigem Risikoprofil frühzeitig eingesetztwerden kann [1]. In einer großen, retrospektiven Auswer-tung von insgesamt 1584 Daten von Patienten im erstenRezidiv, die an insgesamt 38 Zentren weltweit gesammeltwurden, konnten aktuell sieben voneinander unabhängi-ge Variablen, die einen signifikantem Einfluss sowohl aufdas progressionsfreie Überleben als auch auf das Gesamt-überleben haben, identifiziert und ein neuer Prognoses-core etabliert werden [9]. In der Tabelle 3 sind nochmalsdie wichtigsten bekannten Prognosefaktoren zusammen-gefasst.

Tabelle 3 Bekannte Prognosefaktoren im Rezidiv

Prognosefaktoren Günstig Ungünstig

Histologie Seminome Nichtseminome

Lokalisation des Alle außer primär primär mediastinalePrimärtumors mediastinale Nichtseminome

Nichtseminome

Ansprechen auf CR oder PR mit Markerpositive PRPrimärtherapie negativen Tumormarkern oder noch schlech-

teres Ansprechen

Progressionsfreies >6 Monate nach Ende <6 Monate nachIntervall der Primärtherapie Ende der Primär-

therapie

Metastasen im Ausschließlich lymphati- ExtrapulmonaleRezidiv sche oder pulmonale Organmetastasen

Metastasen (v. a. ZNS)

Tumormarker im AFP niedrig AFP stark erhöhtRezidiv (<=1.000 ng/ml) (<1.000 ng/ml)

HCG niedrig HCG stark erhöht

(≤1.000 U/l) (>1.000 U/l)

Vergleiche konventionell dosierter mit hoch dosierterRezidivchemotherapieDer Stellenwert einer HDCT als erste Salvagetherapie beiPatienten mit günstigen Prognosemerkmalen ist Gegen-stand vielfacher Diskussionen. In einer sorgfältig durchge-

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führten „matched-pair“ Analyse, welche alle damals kli-nisch bekannten Prognosefaktoren berücksichtigte, konn-ten Beyer et al. einen signifikanten Vorteil von ca. 10 %hinsichtlich des ereignisfreien Überlebens und des Ge-samtüberlebens durch den frühzeitigen Einsatz einerHDCT im Rahmen der Salvagetherapie zeigen [10]. In dervon Pico et al. veröffentlichten multizentrischen, prospek-tiven, randomisierten „IT 94“-Studie erhielten 263 Patien-ten mit Progress oder Rezidiv nach cisplatinhaltiger Pri-märtherapie und günstigen Prognosemerkmalen entwe-der vier Zyklen einer konventionell-dosierte Rezidivchemo-therapie mit Cisplatin, Etoposid und Vinblastin oderIfosfamid oder drei Zyklen dieser Therapie plus einem Zy-klus einer HDCT [11]. Die IT94-Studie konnte hingegenkeinen eindeutigen Nutzen einer frühzeitigen HDCT als er-ste Rezidivtherapie für die Gesamtgruppe der Patientenmit günstigen Prognosemerkmalen nachweisen. Ebensokonnte Motzer et al. in einer Phase II-Studie zeigen, dasseine konventionell-dosierte Therapie bei Patienten mitgünstigen Prognosefaktoren im Rahmen der ersten Rezi-divtherapie sicher und mit exzellenten Ergebnissen durch-geführt werden kann [11]. Um eine Übertherapie der Ge-samtgruppe rezidiverter Patienten zu vermeiden, war da-her bislang eine HDCT den Patienten mit ungünstigenPrognosemerkmalen vorbehalten, die mit konventionelldosierter Salvagetherapie keine oder nur eine sehr gerin-ge Heilungsaussichten haben, sowie für Patienten mitzweitem oder nachfolgendem Rezidiv (Abb.).

Abb. Bislang empfohlene Behandlungsstrategie rezidivierter Keimzell-

tumoren

Ob diese bislang durchgeführte Behandlungsstrategie inZukunft weiter Bestand hat, wird die Auswertung einerSubgruppenanalyse im Rahmen der Prognosefaktorstudiezeigen, die die Effektivität einer HDCT gegenüber derCDCT in den einzelnen Prognosekategorien untersucht.

Stellenwert der StrahlentherapieSofern nicht bereits in der Primärtherapie erfolgt, solltebei allen Patienten mit progredienten oder neu aufgetre-tenen Hirnmetastasen spätestens im Rahmen der Rezidiv-therapie eine Radiatio des ZNS durchgeführt werden [11].Diese sollte möglichst rasch nach Diagnosestellung desRezidives und in kurativer Intention mit einer Gesamt-herddosis von 40 Gy als Ganzhirnbestrahlung begleitendzur Chemotherapie eingesetzt werden. Der Nutzen einer

Operation isolierter Hirnmetastasen im Rahmen der Rezi-divtherapie ist nicht belegt. Ebenso ist der Nutzen einerzusätzlichen Bestrahlung isolierter Skelettmetastasennicht belegt, wenngleich dies bei einzelnen Patientensinnvoll sein kann und ein derzeit häufig praktiziertes Vor-gehen darstellt.

Stellenwert der ChirurgieNach dem derzeitigen Kenntnisstand trägt eine konse-quente Resektion aller verbliebener radiologischer Tumor-residuen entscheidend zum Erfolg einer Rezidivbehand-lung bei. Der Anteil von Patienten mit vitalen, undifferen-zierten Histologien im Resektat ist nach Rezidivchemothe-rapie höher, und die weiteren therapeutischen Optionenbeim erneuten Progress in jedem Fall geringer als bei ver-gleichbaren Patienten nach Primärtherapie. Daher solltennach dem derzeitigen Kenntnisstand alle technisch resek-tablen Residuen außerhalb des ZNS nach Abschluß derSalvagetherapie im Rahmen einer so genannten Residual-tumorresektion komplett reseziert werden [1]. Bei einzel-nen Patienten ohne Markernormalisierung oder mit mul-tiplen, therapierefraktären Rezidiven kann in Ausnahme-fällen eine chirurgische Resektion im Sinne einer so ge-nannten „desperation surgery“ noch zu einer Heilungführen, sofern die Konstellation von singulären und gutresektablen Tumormanifestationen und alleiniger AFP Er-höhung vorliegt [1]. "Debulking"-Operationen oder Ein-griffe bei progredienter Erkrankung mit rasch ansteigen-den Tumormarkern sind dagegen nicht indiziert, weshalbvor jedem dieser meist ausgedehnten Eingriffe zuerst einsorgfältiges Staging inclusive einer Bestimmung der Tu-mormarker HCG und AFP durchgeführt werden muss. Re-sidualtumorresektionen sind technisch schwierige Eingrif-fe, die mehr als andere Verfahren eine große Expertise sei-tens des Operateurs voraussetzt. In Deutschland existie-ren nur wenige Zentren mit ausgewiesenen Kennntnissenfür die erfolgreiche Durchführung von Residualtumorre-sektionen. Diese Eingriffe sollten daher möglichst nur aneinem dieser Zentren durchgeführt werden.

Therapie von Patienten mit SpätrezidivenPatienten mit Spätrezidiven mehr als zwei Jahre nach letz-ter cisplatinhaltiger Therapie stellen eine gesonderteGruppe von Patienten dar, die im lokalisierten Stadium ei-ner frühzeitigen chirurgischen Intervention bedürfen [1].Ob bei Patienten mit Spätrezidiven und hohen Tumormar-kern und/oder schwieriger Resektabilität eine Chemothe-rapie vor der erforderlichen Resektion sinnvoll ist, bleibtumstritten und muss unter Berücksichtigung von Vorbe-handlung und Krankheitsdynamik im Rezidiv individuellentschieden werden. In der Regel wird eine Chemothera-pie vor allem bei Patienten mit multiplen, schwer resekta-blen Manifestationen oder rasch ansteigenden Tumor-markern eingesetzt, und kann dann in Einzelfällen sogarkurativ durchgeführt werden. Häufiger als bei anderen Pa-tientengruppen finden sich bei Patienten mit Spätrezidi-ven auch ungünstige Tumorhistologien wie Sarkome,Adenokarzinome und andere histologische Entitäten, dienicht dieselbe günstige Prognose aufweisen wie Rezidivereiner Keimzelltumoren. Patienten mit Spätrezidiven soll-ten in jedem Fall an einem Zentrum mit entsprechenderExpertise vorgestellt werden.

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Korrespondenzadresse:

Dr. med. Anja LorchKlinik für Hämatologie, Onkologie und Immunologie, Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbHStandort MarburgBaldingerstrasse35033 MarburgTelefon: 06421 – 5862866e-Mail: [email protected]

�� Aktuelle Aspekte in Diagnostik undTherapie des Nierenzellkarzinoms

Thomas SteinerKlinik für Urologie, HELIOS Klinikum Erfurt

Das Nierenzellkarzinom bildet nach aktuellen Daten desRobert-Koch-Institutes mit einer 5-Jahres-Überlebensratevon 66 % aller neu diagnostizierten Fälle den urologischenTumor mit der über alle Tumorstadien gesehen ungünstig-sten Prognose. Über viele Jahre galten die radikale Tumor-nephrektomie sowie metastasenchirurgische Ansätze alsalleinig erfolgversprechende Therapieoptionen. Die Be-handlung von Patienten mit Nierentumoren hat sich je-doch radikal geändert. Ursächlich hierfür sind einerseitsneue klinische Daten zum Stellenwert des organerhalten-den operativen Vorgehens bei der Primärtumoroperationund andererseits die Charakterisierung molekularbiologi-scher Mechanismen, welche wichtig erscheinen für Pro-gression und Metastasierung dieser Tumorentität.Resultierend aus den genannten Aspekten stehen aktuellinsbesondere die folgenden Themenschwerpunkte imMittelpunkt des Interesses:1) Indikation zum nierenerhaltenden Vorgehen im

Rahmen der Primärtumoroperation,2) Stellenwert neoadjuvanter und adjuvanter Therapie-

konzepte im Umfeld tumorchirurgischer Eingriffe,3) Tumornachsorge nach kurativer Primärtumoropera-

tion,4) Medikamentöse Therapie des metastasierten Nieren-

zellkarzinoms,5) Stellenwert und Timing der zytoreduktiven Nephrekto-

mie im multimodalen Therapiekonzept des primär me-tastasierten Nierenzellkarzinoms.

Indikation zum nierenerhaltenden Vorgehen im Rah-men der PrimärtumoroperationDie Nierenteilresektion gilt seit Jahren als etabliertes Kon-zept bei Operation von kleinen Nierentumoren bis maxi-mal 4 cm Größe bzw. unabhängig von der Tumorgröße fürPatienten mit imperativer Indikation zum Nierengeweb-serhalt (Einzelniere bzw. funktionelle Einzelniere mit dro-hender Dialysepflichtigkeit).Für kleine renale Raumforderungen bis 4 cm Größe wur-den daneben ablative Techniken (Radiofrequenzablation,Kryoablation) oder auch ein alleinig beobachtendes Vor-gehen diskutiert. Problematisch an diesen therapeuti-schen Optionen ist zunächst, dass sie in sich keine histo-logische Sicherung des Befundes inkludieren. Retrospek-tive Analysen haben ergeben, dass bei renalen Tumorenbis 4 cm Größe in ca. 20 % der Fälle mit benignen Läsio-nen gerechnet werden muss. Diese führen zu einer falschpositiven Beurteilung der therapeutischen Effektivität ab-lativer Verfahren. Andererseits konnte gezeigt werden,dass die heterogene Gruppe kleiner Nierenparenchymtu-moren durchaus auch hochaggressiv wachsende und kon-sekutiv metastasierende Nierenzellkarzinome beinhaltet,für die ein ablatives oder auch alleinig beobachtendesVorgehen absolut ungeeignet erscheint. Die aktuellenLeitlinien der Europäischen Urologischen Gesellschaft(EAU) empfehlen daher vor ablativer Therapie von Nieren-tumoren die bioptische histologische Sicherung. Eine Ac-

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�� SSeeiittee 2222 �� JJOOUURRNNAALL 0011//22000055JJOOUURRNNAALL 0022//22001100

tive Surveillance als primär beobachtende Strategie solltenur bei Patienten hohen Lebensalters bzw. bei gravieren-den Begleiterkrankungen erwogen werden. Die onkologi-sche Sicherheit (Rezidivrate) der ablativen Techniken istdem Outcome nach Nierenteilresektion eindeutig unter-legen. Daher sollten auch diese Behandlungsoptionen nurselektionierten Patienten angeboten werden.2009 publizierten Huang und Mitarbeiter eine retrospek-tive Analyse, die aufzeigt, dass Patienten nach partiellerNephrektomie im Vergleich zu radikal tumornephrekto-mierten Patienten ein besseres Gesamtüberleben aufwei-sen. Ursächlich ist die Verminderung kardiovaskulärer Er-eignisse durch die erhaltene Nierenfunktion. Die Ergebnis-se dieser Arbeit konnten in mehreren analogen Analysenbestätigt werden. Insgesamt demonstrieren die Arbeitenfür die Nierenteilresektion bei lokal begrenzten Nierenzell-karzinomen der Stadien pT1a (bis 4 cm) und pT1b (4-7 cm) identische onkologische Sicherheit bei verbesser-tem Nierenfunktionserhalt und Gesamtüberleben gegen-über der Tumornephrektomie. Ein minimaler Sicherheits-abstand bis zu unter 1 mm erscheint dabei als ausrei-chend. Lokal fortgeschrittenere Tumoren der Stadien pT2(>7 cm) sowie pT3a (Infiltration des perirenalen bzw. pa-rapelvinen Fettgewebes) bzw. eine histologisch formaleR1-Resektion erhöhen das Lokalrezidivrisiko bei analogemMetastasierungsrisiko und Gesamtüberleben. Diese Pa-tienten benötigen eine intensivierte postoperative Tumor-nachsorge, profitieren aber ebenfalls hinsichtlich Lebens-qualität und kardiovaskulärer Morbidität vom Nierenge-webserhalt. Eine R1-Resektion rechtfertigt dementspre-chend nach aktuellem Kenntnisstand keine sekundäreNephrektomie zur „Verbesserung“ der onkologischen Si-cherheit.

Stellenwert neoadjuvanter und adjuvanter Therapie-konzepte im Umfeld tumorchirurgischer EingriffeErfolge in der medikamentösen Therapie des metastasier-ten Nierenzellkarzinoms in den vergangenen Jahren ha-ben Ideen reifen lassen, Tyrosinkinaseinhibitoren auch imadjuvanten und neoadjuvanten Setting einzusetzen.Eine adjuvante Therapie nach Tumornephrektomie aufGrund eines lokal fortgeschrittenen klarzelligen Nieren-zellkarzinoms wird aktuell in mehreren internationalenprospektiv randomisierten Phase III-Studien überprüft.Bisher konnte durch Jocham et al. publiziert alleinig für ei-ne Vakzine-basierte adjuvante Immuntherapie eine Ver-längerung des rezidivfreien und Gesamtüberlebens nachTumornephrektomie gezeigt werden. Diese aktiv-spezifi-sche Immunisierung erhielt aber keine arzneimittelrecht-liche Zulassung und ist dementsprechend nicht verfügbar. In Deutschland aktiv ist die S-TRAC-Studie, welche nachTumornephrektomie bei Patienten mit klarzelligem Nie-renzellkarzinom der Stadien pT3a/b / 4 pN0/1 eine adju-vante Therapie mit Sunitinib über 1 Jahr gegen 1 Jahr Pla-zebo evaluiert.Außerhalb dieser Studie ist Sunitinib, wie auch alle ande-ren Tyrosinkinaseinhibitoren, nicht für die adjuvante Be-handlung zugelassen. Eine derartige Behandlung ent-spricht demnach klar einem Off-label-Einsatz. Zu unterscheiden von der momentan geprüften adjuvan-ten Indikation ist der neoadjuvante Einsatz von Substan-zen. Hierbei wird per Definition eine antineoplastischeTherapie zur zeitlich festgelegten Vorbereitung eines ope-

rativen Eingriffs verabreicht. Idealer Weise mittels Down-staging, jedoch auch über ein Downsizing soll die Opera-bilität eines lokal fortgeschrittenen Tumors verbessertwerden. Primär stellt sich die Frage nach dem sogenannten „me-dical need“ für eine neoadjuvante Therapie beim Nieren-zellkarzinom.Lokal fortgeschrittene Primärtumoren bei fehlender Me-tastasierung stellen im Einzelfall eine operationstechni-sche Herausforderung dar, sie sind aber nur in ganz selte-nen Ausnahmefällen technisch im eigentlichen Sinne in-operabel. Eine Sondersituation bildet hierbei ggf. die Re-sektion eines Primärtumors mit ausgedehntem Tu-morthrombus in der Vena cava. Bei supradiaphragmalerAusdehnung des Tumorthrombus ist die Belastung des Pa-tienten durch Mehrhöhleneingriff, Einsatz der Herz-Lun-gen-Maschine und zum Teil erhebliche Blutverluste gravie-rend. Ein Downsizing des Tumorthrombus unter dasZwerchfellniveau würde hier erhebliche Vorteile bieten. Schon bei lymphknoten-positiven Befunden stellt sich dieSituation kritischer dar. Eine lymphogene Metastasierungist mit hoher Wahrscheinlichkeit vergesellschaftet mit hä-matogener Fernmetastasierung und bildet hierbei zusätz-lich einen gesicherten negativen Prognosefaktor für dasGesamtüberleben. Somit ist bei ausgedehnter retroperito-nealer Lymphknotenmetastasierung (welche ein operati-onstechnisches Problem darstellen kann) der potenziellkurative Charakter des Gesamtkonzeptes prinzipiell frag-lich.Im Falle einer fraglich kurativ resektablen uni- oder oligo-lokulären Metastasierung bzw. bei Lokalrezidiven er-scheint eine neoadjuvante Therapie hingegen sinnvoll. Eine Sondersituation stellt eine mögliche Indikation zurneoadjuvanten Therapie für Patienten mit eingeschränk-ter Nierenfunktion bzw. Einzelniere dar, bei der über einDownsizing des Tumors ein nierenerhaltendes operativesVorgehen ermöglicht werden soll.Die ideale Substanz für eine neoadjuvante Therapie wirktzytotoxisch und induziert in hoher Frequenz hochgradigeRemissionen. Eine derartige Idealsubstanz steht für Nie-renzellkarzinome nicht zur Verfügung. Die neoadjuvanteTherapie kann andererseits bei Nichtansprechen die ope-rative Therapie verzögern und im Extremfall nach weite-rer Progession eines zuvor mit hohem Aufwand potenziellkurativ operablen Tumors zur Inoperabilität führen.Publizierte Einzelfallberichte über erfolgreiche neoadju-vante Konzepte bringen ein derartiges Vorgehen jedochimmer wieder in die Diskussion. So berichteten Karakie-wicz et al. über das erfolgreiche Downsizing eines supra-diaphragmalen Tumorthrombus mit nachfolgend unkom-plizierter abdomineller Tumornephrektomie. Auch die Jenaer Arbeitsgruppe konnte im vergangenen Jahr einenanalogen Fall publizieren. In Einzelfällen wurden histolo-gische Komplettremissionen - insbesondere bei Lokalrezi-diven - beschrieben. Einzelfallberichte finden sich in eineraktuellen Arbeit von Thomas et al. auch zu nierenerhalten-den Operationen von zuvor als technisch nicht teilresezier-bar eingeschätzten Tumoren.Prinzipiell zeigen diese Fallberichte die Umsetzbarkeitneoadjuvanter Konzepte unter Einsatz von Tyrosinkinase-inhibitoren bei nicht relevant erhöhtem Operationsrisiko. Zwingend zu erwähnen ist in diesem Zusammenhangaber auch eine Arbeit von Bex et al., welche über eine si-

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gnifikante Größenzunahme des Cavathrombus unter neo-adjuvanter Therapie in zwei Fällen berichten. Insbeson-dere derartige Fallberichte verlangen unsere Aufmerksam-keit, da naturgemäß eine Positivselektion gelungenerKonzepte zur Veröffentlichung gelangt. Prospektive Seri-en einer neoadjuvanten Therapie im engeren Sinne findensich bisher in der Literatur nicht.Aktuell kann der unkritische Einsatz neoadjuvanter Kon-zepte bei Patienten mit Nierenzellkarzinom im klinischenAlltag nicht empfohlen werden. Unser Bestreben sollte essein, ein nunmehr erstmals in Deutschland verfügbaresStudienprogramm in dieser Fragestellung zu unterstüt-zen. Leider kann dieses nur ein ganz spezifisch definiertesKrankengut evaluieren. In anderen komplexen Einzelfällenerscheint es jedoch an Hand der publizierten Fallberichteauch zu verantworten, sich nach ausführlicher Diskussionder genannten Aspekte gemeinsam mit dem Patienten fürein neoadjuvantes Konzept zu entscheiden.

Tumornachsorge nach kurativer Primärtumoropera-tionHinsichtlich der Nachsorge nach Tumornephrektomiewerden in den EAU-Leitlinien leider aktuell keine klarenVorgaben gemacht. Die Nachsorgeintensität soll an Hand des individuellen Progressionsrisikos des Patienten indivi-duell festgelegt werden. Dabei gilt die Nierenteilresektionbei Tumoren der Stadien pT1a/b N0 als absolut gleichwer-

tig mit der radikalen Tumornephrektomie und erfordertkeine intensivierte Nachsorge. Bei lokal fortgeschrittenenTumoren bzw. nach ablativen Therapieverfahren wird ei-ne intensivierte Nachsorge unabhängig von der Operati-onstechnik empfohlen.

Folgt man der theoretischen Überlegung, dass alleinig diechirurgische Resektion von Metastasen eine potenzielleChance auf Heilung erreicht und jegliche medikamentöseTumortherapie auch im Zeitalter der Targettherapie reinpalliativen Charakter trägt, so wäre vielleicht eine extremengmaschige Nachsorge empfehlenswert. Leider weisennur etwa 5 % aller Patienten mit Metastasierung einesNierenzellkarzinoms solitäre bzw. oligolokuläre Befundeauf, die einer Metastasenchirurgie zugänglich wären. Pro-gnostisch relevant ist dabei ein Zeitintervall von minde-stens 1 Jahr zwischen Primärtherapie und Metastasie-rung. Patienten mit früher Metastasierung profitieren äu-ßerst selten vom metastasenchirurgischen Vorgehen. Ver-schiedene Autoren propagierten daher bisher,Nachsorgeuntersuchungen mittels Schnittbilddiagnostikerst nach einem Zeitintervall von 2 Jahren nach Tumor-nephrektomie bzw. Teilresektion zu beginnen.

Einen guten Überblick zu in der Literatur diskutiertenNachsorgekonzepten bietet die in Tabelle 1 enthaltene,2007 veröffentlichte Übersicht.

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Tabelle 1 Nachsorgekonzepte nach pT-Kategorien [Skolarikos et al., Eur Urol 51 (2007): 1490-1501]

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Bereits 2005 veröffentlichte aber eine Arbeitsgruppe derUniversity of California Los Angeles (UCLA) basierend aufdem dort entwickelten Risikoscore (UISS) eine detaillierteNachsorgeempfehlung (siehe Abb.1 und Tabelle 2), wel-che im Folgenden kurz skizziert wird.

Abb.1 Definition der Risikogruppen nach UISS

Dieses Schema könnte, ergänzt entsprechend der Bedin-gungen in Deutschland um eine Abdomensonografie al-ler 6 Monate bei nicht planmäßiger CT Abdomen, eine gu-te Basis für einen Nachsorgeplan darstellen. Fraglich er-scheint, ob die Einbeziehung des ECOG-Performancesta-tus klinisch sauber umsetzbar ist und die Risikostra-tifizierung wirklich verbessert. Aus Sicht des Autors wür-de sich eine Einteilung der Risikogruppen nach histologi-schem Befund anbieten (Tabelle 3).

Tabelle 3 Einteilung der Risikogruppen nach histologischem Befund

Risikogruppe Charakteristika

Low Risk (geringes Risiko) pT1a/b pN0 M0 G1-2

Intermediate Risk pT1a/b pN0 M0 G3(mittleres Risiko) pT2 pN0 M0 G1-2

High Risk (hohes Risiko) pT2 pN0 M0 G3

pT3-4 u./o. pN+

Für die differenzierte Nachsorge der Patienten wäre dasin Tabelle 4 dargestellte Schema denkbar.

Medikamentöse Therapie des metastasierten Nieren-zellkarzinomsZwei Entwicklungen der vergangenen 20 Jahre haben da-zu beigetragen, den teilweise bestehenden therapeuti-schen Nihilismus in der Behandlung des metastasiertenNierenzellkarzinoms beginnend zu überwinden.Einerseits haben molekularbiologische Untersuchungengeholfen, die Biologie des Nierenzellkarzinoms besser zuverstehen. Aktuell wird histologisch eine zunehmende An-zahl von Subtypen des Nierenzellkarzinoms unterschie-den. Die wichtigsten Entitäten stellen dabei die klarzelli-gen sowie die papillären Nierenzellkarzinome dar, welcheca. 95 % aller malignen renoparenchymatösen Tumorenausmachen. Die Subtypen sind durch spezifische geneti-sche Veränderungen charakterisiert. Dies lässt erwarten,dass sie unter systemischer Therapie kein einheitlichesVerhalten demonstrieren. Die in ca. 80 % der Fälle auftre-tende und somit häufigste Tumorform, das klarzellige Nie-renzellkarzinom, ist typischer Weise durch Veränderungenam Chromosomenarm 3p charakterisiert. Aus dem Funk-tionsverlust des VHL-Gens resultiert letztlich eine hypo-xieunabhängige massive Überexpression von Wachstums-

Tabelle 2 Nachsorgeempfehlung der UCLA [aus Lam et al. J Urol 174 (2005): 466-472]

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faktoren, welche als therapeutisches Target genutzt wer-den können.Andererseits hat die seit Beginn der 80-er Jahre zuneh-mende Identifikation von Wachstumsfaktoren, ihrer bio-logischen Bedeutung, Rezeptorwechselwirkungen und in-trazellulärer Signalkaskaden im Allgemeinen die Möglich-keit geschaffen, gezielt hier angreifende Substanzen zuentwickeln. Erstmals rückte die systemische Therapie des metastasier-ten Nierenzellkarzinom 2005 auf der Jahrestagung derAmerican Society of Oncology (ASCO) in den Mittelpunktdes Interesses. Seit dieser Zeit wurden in Deutschland ins-gesamt 6 neue Substanzen für die Therapie des metasta-sierten Nierenzellkarzinoms zugelassen. Eine Übersichtzum Zulassungsstatus gibt Tabelle 5.

Die Indikation zur Einleitung der medikamentösen Thera-pie bildet das progrediente und einer potenziell kurativenchirurgischen Intervention (Metastasenchirurgie) nichtzugängliche Tumorleiden.Diskutiert wird aktuell insbesondere die ideale therapeu-tische Sequenz für betroffene Patienten. Für Sunitinibwurde mit 26,4 Monaten medianem Gesamtüberleben inder Zulassungsstudie summarisch das beste Patienten-überleben ermittelt. 56 % der unter Sunitinib progredien-ten Patienten hatten im Anschluss an die Studienteilnah-me eine Folgetherapie erhalten. Spekulativ hinsichtlichder Möglichkeit einer gezielten Patientenselektion bleibenSubgruppenanalysen einer anderen Phase III-Studie, diefür den sequenziellen Einsatz des VEGF-Antikörpers Beva-cizumab in Kombination mit Interferon alpha gefolgt voneinem Tyrosinkinaseinhibitor noch bessere Überlebenszei-ten beschrieben.An Hand einer Folgetherapiestudie nach Versagen derVEGF-gerichteten Therapie wurde Everolimus als Stan-

dard in dieser Second line Situation definiert und inDeutschland zugelassen. In diesem Jahr wurde das Portfolio der Therapeutika zurBehandlung des metastasierten Nierenzellkarzinoms er-gänzt durch Pazopanib, einen Tyrosinkinaseinhibitor mitdifferentem Hemmprofil im Vergleich zu Sunitinib und So-rafenib. Für diese Substanz wird ein verbessertes Neben-wirkungsprofil erhofft. Entsprechend der EAU-Leitlinienergeben sich aktuell die in Abb. 2 dargestellten Therapie-empfehlungen.

Hinsichtlich der medikamentösen Therapie beim Nieren-zellkarzinom ist insgesamt anzumerken, dass diese sichderzeit extrem im Fluss befindet. International werdenvielfältige prospektiv randomisierte Studien durchge-führt, welche helfen sollen, die optimale Behandlungsse-quenz zu definieren. Verschiedene dieser Studien sindauch in Deutschland für die Aufnahme von Patienten ge-öffnet. Einen Überblick über die Gesamtstudiensituationkann man auf der Internetseite www.clinical-trials.com er-halten, bezüglich der in Deutschland verfügbaren Studi-enprotokolle über die Homepage der Arbeitsgemein-schaft Urologische Onkologie (AUO) der Deutschen Krebs-gesellschaft (DKG).

Stellenwert und Timing der zytoreduktiven Nephrek-tomie im multimodalen Therapiekonzept des metasta-sierten Nierenzellkarzinoms Basierend auf den Daten der durch Mickisch et al. und Fla-nigan et al. publizierten Studien zum Einfluss der Ne-phrektomie auf das Patientenüberleben in Kombinationmit einer Interferontherapie im Vergleich zur alleinigenZytokintherapie wird die Tumornephrektomie als primärerBehandlungsschritt für Patienten mit bereits zum Diagno-sezeitpunkt fassbarer Metastasierung empfohlen. Unklar

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Tabelle 4 Nachsorgeschema für Risikogruppen nach histologischem Befund

Niedriges RisikoZeitpunkt UntersuchungKlinische UntersuchungLaborwertkontrolleSonographie AbdomenCT ThoraxCT Abdomen

3 Mon.xxx

6 Mon.xxx

12 Mon.xxxx

18 Mon.xxx

24 Mon.xx

xx

36 Mon.xxxx

48 Mon.xx

xx

60 Mon.xxxx

Mittleres RisikoZeitpunkt UntersuchungKlinische UntersuchungLaborwertkontrolleSonographie AbdomenCT ThoraxCT Abdomen

3 Mon.xxx

6 Mon.xxxx

12 Mon.xx

xx

18 Mon.xxxx

24 Mon.xx

xx

36 Mon.xxxxx

48 Mon.xxxx

60 Mon.xx

xx

84 Mon.xx

xx

108 Mon.xx

xx

Hohes RisikoZeitpunkt UntersuchungKlinische UntersuchungLaborwertkontrolleSonographie AbdomenCT ThoraxCT Abdomen

3 Mon.xxx

6 Mon.xx

xx

12 Mon.xx

xx

18 Mon.xx

xx

24 Mon.xx

xx

36 Mon.xxxx

48 Mon.xx

xx

60 Mon.xx

xx

84 Mon.xx

xx

108 Mon.xx

xx

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ist, inwieweit diese Empfehlung im Zeitalter der Target-therapie Gültigkeit behält. Aus den nunmehr vorliegen-den Studiendaten inklusive Subgruppenanalysen lassensich aber einige Hinweise ableiten. So profitieren Patien-ten des hohen Risikoprofils und Behandlung mit demmTOR-Inhibitor Temsirolimus offenbar nicht von einer pri-mären Nephrektomie. Diese Patienten weisen ohnehin ei-ne derart hohe Dynamik der Tumorerkrankung auf, dasssie regelmäßig, bedingt durch das Operationstrauma so-wie die resultierende zeitliche Verzögerung, die medika-mentöse Therapie gar nicht mehr erhalten können. An-ders wird dies erwartet bei Patienten des mittleren Risiko-profils nach Motzer bzw. geringer Metastasenlast beimonströsem Primärtumor mit geplanter Sunitinibbe-handlung. Hier lassen insbesondere Daten aus den welt-weiten extended access Studien der Jahre 2006 bis 2008Hinweise auf ein verbessertes Therapieansprechen der ne-phrektomierten Patienten erwarten.Auch diese Fragestellung soll durch derzeit laufende bzw.geplante Studien beantwortet werden. So vergleicht eineeuropäische Studie aktuell den Einfluss der primären zy-toreduktiven Nephrektomie gefolgt von einer Sunitinib-therapie mit der alleinigen Sunitibgabe. Eine weitere Stu-die soll die Sinnhaftigkeit einer Sunitinibgabe vor Ne-phrektomie zur Identifizierung von Respondern bzw Non-respondern evaluieren, um ggf. bei Nichtansprechen denPatienten die Nephrektomie ersparen zu können.

Tabelle 5Zulassungsstatus neuer Substanzen für die Therapie desmetastasierten Nierenzellkarzinoms

Substanz Behandlung des fortgeschrittenenWirkstoff / Präparatename und/oder metastasierten Nieren-

zellkarzinoms: Therapielinie

Sunitinib / Sutent Keine Einschränkung aufTherapielinie

Sorafenib / Nexavar Zweitlinie nach Versagen einerzytokinbasierten Therapie bzw.bei Patienten, die für eine Zytokin-therapie nicht geeignet erscheinen

Pazopanib / Votrient ErstlinientherapieZweitlinientherapie nach Versageneiner zytokinbasierten Therapie

Bevacizumab / Avastin + ErstlinientherapieInterferon Alpha / Roferon

Temsirolimus / Torisel Erstlinientherapie bei Patienten mithohem Progressionsrisiko nachHudes (mind. 3/6 Risikofaktoren)

Everolimus / Afinitor Zweitlinientherapie nach Versageneiner VEGF-gerichteten Therapie

Interferon Alpha / Roferon Erstlinientherapie, heute klinischkeine Bedeutung mehr

Interleukin 2 / Proleukin Erstlinientherapie, heute klinisch

keine Bedeutung mehr

Abb. 2 Aktuelle Therapieempfehlungen nach EAU-Leitlinien

ZusammenfassungIn den vergangenen Jahren hat sich ein dramatischerWandel in der Diagnostik und Therapie von Nierenparen-chymtumoren ergeben. Schlaglichtartig lassen sich fol-gende Kernaussagen ableiten:

1) Ein nierenerhaltendes Vorgehen sollte im Rahmen der Primärtumoroperation stets angestrebt werden. Krite-rium ist hierfür alleinig die technische Umsetzbarkeit, nicht das Tumorstadium bzw. die Tumorgröße.

2) Ablative Verfahren, wie Radiofrequenz- oder Kryoabla-tion, sind mit deutlich schlechterem onkologischen Outcome verbunden und sollten daher nur in Einzelfäl-len eingesetzt werden.

3) Es sind Konzepte zur individualisierten Nachsorge der Patienten nach Tumornephrektomie zu entwickeln. Ausschlaggebend für die Risikoklassifikation ist hierbei Staging und Grading der Tumoren. Eine Nierenteil-resektion gilt im Vergleich zur radikalen Tumornephrek-tomie als onkologisch ebenso sicher. Für die Zukunft ist zu erwarten, dass neben den histologischen Parame-tern auch tumorbiologische Prognosefaktoren definiert werden können.

4) Adjuvante und neoadjuvante Konzepte stellen heute keine Alternative in der klinischen Routine dar. Wäh-rend eine adjuvante Therapie alleinig innerhalb klini-scher Studien möglich ist, erscheint im Einzelfall eine neoadjuvante Behandlung nach intensiver Risiko-Nut-zen-Abwägung mit dem Patienten zu rechtfertigen.

5) Die Targettherapie unter Einsatz von Tyrosinkinase- und mTOR-Inhibitoren sowie Anti-VEGF-Antikörpern erfolgt risikostratifiziert an Hand geltender Leitlinien. Die op-timale Therapiesequenz ist bisher ungeklärt. Die Behandlungsoptionen sind an Hand klinischer Studien derzeit stark im Fluss.

Literatur beim Verfasser

Korrespondenzadresse:

PD Dr. med. Thomas SteinerKlinik für UrologieHELIOS Klinikum Erfurt GmbHNordhäuser Str. 7499089 ErfurtTelefon: 0361-781 2201e-Mail: [email protected]

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�� Aktuelle Diagnose-, Therapie- undNachsorgeleitlinien

Die Verbreitung aktueller Leitlinien im Versorgungsgebietist eine Hauptaufgabe der Tumorzentren. Wir werden an dieser Stelle regelmäßig auf die geltendenLeitlinien hinweisen.

In dieser Ausgabe finden Sie die Empfehlungen zur Nach-sorge ausgewählter Tumorentitäten.

Nachsorge des Lungenkarzinoms

Bei kurativ behandelten Patienten zielt die Nachsorge aufdie möglichst frühzeitige Diagnose von Lokalrezidivenoder Zweittumoren, um so durch die Option eines weite-ren kurativen chirurgischen Eingriffes die Heilungschancezu erhalten. Bei Patienten mit Fernmetastasen oder nichtkurativer Behandlung stehen Symptomfreiheit und der Er-halt der bestmöglichen Lebensqualität im Vordergrund.

TabakrauchenDas inhalative Tabakrauchen hat einen deutlichen progno-stischen Einfluss für die Patienten. Dabei ist bei aktivenRaucher sowohl die postoperative Komplikationsrate alsauch nach Chemo- oder Strahlentherapie das medianeÜberleben verkürzt. Die Rate der Zweitkarzinome ist beiaktiven Rauchern erhöht und die pulmonale Funktion ver-schlechtert sich signifikant. Daher sollten Patienten mitLungenkarzinomen nachhaltig motiviert werden, mit demTabakrauchen aufzuhören. Zur Unterstützung sollten diePatienten wirksame Hilfen zur Raucherentwöhnung erhal-ten.Die Häufigkeit von Rezidiven (Lokalrezidive oder Fernme-tastasen) ist abhängig vom Stadium der Erstdiagnose undbeträgt im Stadium I 20-30 %, im Stadium II 50 % und imStadium III sogar 70-80 % im Verlauf von 5 Jahren. Dabeitreten Rezidive als Lokalrezidive in 10-20 %, als Fernme-tastasen in 20-30 % der Fälle auf. Während die Wahr-scheinlichkeit eines Rezidivtumors in den ersten beidenJahren nach Resektion am höchsten ist, hält sich der An-teil an Zweittumoren weitgehend konstant über die er-sten 5 Jahre. Dabei beträgt die Rate von Zweittumoren in 5 Jahren zwischen 2-15 %.Mit dem Auftreten von Rezidiven ist die Prognose deut-lich eingeschränkt. Als mögliche kurative therapeutischeMaßnahmen kommen die chirurgische Resektion oderaber die Strahlentherapie in Betracht. In einer solchen Si-tuation beträgt das 2-Jahres-Überleben 27 % im Sta-dium I, 20 % im Stadium II und 14 % im Stadium III. Diemediane Überlebenszeit liegt nach chirurgischem Eingriffbei 12 Monaten, nach Bestrahlung bei 12-14 Monaten. Je-doch muss berücksichtigt werden, dass es nur wenige Se-rien mit geringen Patientenzahlen gibt.Die Frequenz, der Umfang und die Dauer der Nachsorge-untersuchungen sollten sich an der Histologie und demStadium des Primärtumors, der Art der Primärbehandlungund dem zu erwartenden Muster an Folgekomplikationen(Progress der Erkrankung, Therapiefolgen) orientieren.Allgemein verbindliche, studienvalidierte Empfehlungen

dazu gibt es nicht. Bei kurativ operierten Patienten mitBronchialkarzinomen wird in retrospektiven Analysen, dieden Einfluss der Nachsorgeintensität auf den Zeitpunktder Rezidivdiagnose und das Überleben der Patienten un-tersuchen, kein Überlebensvorteil der Patienten in den in-tensiveren Nachsorgekonzepten offensichtlich.

Erfassung posttherapeutischer KomplikationenZunächst sind posttherapeutische Komplikationen zu er-fassen. Nach chirurgischer Resektion stehen Schmerzzu-stände, Infektionen oder aber der Verlust an Lungenfunk-tion im Vordergrund, nach Strahlentherapie die Ösopha-gitis und die Pneumonitis, aber auch Affektionen derHaut, des Herzens oder des Rückenmarks.Wesentlich für weitergehende Untersuchungen und vonzentraler Bedeutung bei jedem Nachsorgetermin sind An-amnese (Allgemeinbefinden, Gewichtsverlauf, Schluckbe-schwerden, Hustencharakteristik und Intensität, AuswurfHämoptysen Atemnot, Schmerzen) und klinische Untersu-chung (Herz, Lunge, das Erfassen einer oberen Einfluss-stauung bzw. von Lymphknotenvergrößerungen, Leberund Skelett als mögliche Orte einer Metastasierung). Dar-über hinaus wird jeweils ein Röntgen-Thorax in zwei Ebe-nen empfohlen.Zu den empfohlenen Labor-Parametern gehören dieTransaminasen, alkalische Phosphatase, Calcium und LDH. Die Durchführung einer Oberbauchsonographie wird fürjeden zweiten Nachsorgetermin als Routine-Diagnostikempfohlen.Ist die Strahlentherapie als eine Komponente in das The-rapiekonzept einbezogen, werden nach Abschluss der Be-handlung lungenfunktionelle Kontrollen (Bodyplethysmo-graphie, Transferfaktor, Blutgase in Ruhe und nach Bela-stung) empfohlen.Immer dann, wenn die chirurgische Resektionen nicht ra-dikal waren (R1/2-Resektionen) oder wenn Manschetten-resektionen bzw. Pneumonektomien durchgeführt wur-den, empfiehlt sich ein Spiral-CT des Thorax sowie eineBronchoskopie nach Operation oder Abschluss der Strah-lentherapie.Jede weitere diagnostische Maßnahme sollte sich nachden Symptomen bzw. der spezifischen Anamnese richten.Als kurativ können Behandlungskonzepte angesehen wer-den, die in den Stadien I-III des nicht-kleinzelligen Lungen-karzinoms mit einer kompletten Tumorresektion abge-schlossen wurden und bei denen in Abhängigkeit vomStadium (Stadium II und inzidentell IIIA) eine adjuvanteChemotherapie erfolgte. Ebenfalls als kurativ behandeltgelten Patienten, bei denen nach Chemo-Strahlentherapieeine Vollremission erreicht wurde.

Nach Abschluss eines kurativen Therapiekonzeptes zieltdie Nachsorge aufa) die möglichst frühzeitige Diagnose eines Lokalrezidivsoder von Zweittumoren sowieb) das möglichst frühzeitige Erfassen von Nebenwirkun-gen und Komplikationen der Therapie.Es existiert eine große Heterogenität in den verschiedenenStrategien zur Nachsorge nach kurativer Behandlung ei-nes NSCLC. In den verfügbaren Leitlinien variieren dieNachsorgeintervalle von 3 bis 6 Monaten für die ersten 2-3 Jahre. In der Bildgebung wird einheitlich ein Röntgen-thorax gefordert, zum Teil zusätzlich ein halbjährli-

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ches/jährliches CT und eine Bronchoskopie. Alle gemein-sam verlängern die Nachsorgeintervalle nach 2 Jahren aufmindestens 6 Monate. Ob die weitere Nachsorge nach 5 Jahren sinnvoll ist, bleibt strittig. Die optimale Nachsor-gestrategie ist noch nicht identifiziert worden.

Empfehlungen gemäß der aktuellen S3-Leitlinie

Nachsorge nach kurativer TherapieBei Patienten nach kurativer Therapie sollten die postthe-rapeutischen Komplikationen, die nach Operation oderStrahlentherapie auftreten können, erfasst und behan-delt werden. Die erste klinische Vorstellung wird 4–6 Wo-chen nach Abschluss der Therapie unter Einschluss einerLungenfunktionsprüfung und der CO-Diffusionskapazität(DLCO) empfohlen. Nach kurativer Therapie sollten die Patienten in den ersten2 Jahren vierteljährlich, ab dem 3. Jahr halbjährlich undnach 5 Jahren einmal jährlich untersucht werden. Diese In-tervalle beginnen mit der Erstvorstellung 4–6 Wochennach Abschluss der Therapie. Bei diesen Nachsorgetermi-nen sind eine dezidierte Anamnese, eine körperliche Un-tersuchung und geeignete bildgebende Verfahren durch-zuführen.Ein generelles Screening auf Hirnmetastasen kann nichtempfohlen werden, bei Hochrisikopatienten nach Maßga-be des Therapeuten jedoch sinnvoll sein.

Nachsorge nach palliativer TherapieIm Gegensatz zur Nachsorge nach kurativer Terapie ist dasNachsorgekonzept bei Patienten mit Fernmetastasen odereiner nicht zu kontrollierenden lokalen Progression pallia-tiv. Hier zielt die Nachsorge auf eine möglichst gute Sym-ptomkontrolle und gute Lebensqualität sowie das Erfas-sen von Nebenwirkungen oder Komplikationen der The-rapie.Nach einer palliativen Therapie sollten Ansprechen, Ne-benwirkungen und Beschwerdebild einen Monat nachAbschluss der Behandlung durch das den Patienten be-treuende Team evaluiert werden. Als Basis sind dabei An-amnese, körperliche Untersuchung, eine konventionelleRöntgenaufnahme des Thorax und je nach Beschwerde-bild geeignete bildgebende Verfahren durchzuführen. Da-nach sollten festgelegte Wiedervorstellungen mindestensalle 3 Monate erfolgen. Bei Patienten mit der Option aufweitere Therapien ist eine Verkürzung der Nachsorgein-tervalle auf 6 bis 8 Wochen sinnvoll. Hier sollten dann ge-eignete Untersuchungsverfahren zur rechtzeitigen Erfas-sung eines Progresses der Erkrankung durchgeführt wer-den.

Tabelle Nachsorge-Schema Lungenkarzinome

Nachsorge-TermineUntersuchungen 0-2 Jahre 3-5 Jahre

Anamnese 1/4-jährlich 1/2-jährlich

Körperliche Untersuchung 1/4-jährlich 1/2-jährlich

Röntgen-Thorax 1/4-jährlich 1/2-jährlich

Labor 1/4-jährlich 1/2-jährlich

Oberbauchsonographie 1/2-jährlich jährlich

CT-Thorax ** **

Bronchoskopie ** **

**nach klinischen Hinweisen

Literatur beim Verfasser erhältlich

Korrespondenzadresse:

Dr. med. Karl-Matthias Deppermann1. Medizinische KlinikKlinik für Pneumologie, Schlaf- und BeatmungsmedizinHELIOS Klinikum ErfurtNordhäuser Str. 74 99089 ErfurtTelefon: 0361-781 25 80e-mail: [email protected]

Nachsorge Malignes Melanom

Im Folgenden sind die derzeit gültigen Nachsorgeempfeh-lungen nach der aktuellen Leitlinie/Kurzleitlinie der Ar-beitsgemeinschaft Dermatologische Onkologie in derDeutschen Dermatologischen Gesellschaft bzw. der Deut-schen Krebsgesellschaft wiedergegeben. Da zum einendie AJCC- und TNM-Klassifizierungen im Jahr 2010 modi-fiziert wurden und zum anderen neuere Erkenntnisse zurPathogenese (Genetik), Diagnostik (Bedeutung der Schild-wächterlymphknotenexstirpation, Positronenemissions-tomographie) und daraus resultierend auch zur Therapievorliegen oder in sehr naher Zukunft erwartet werden, isteine grundlegende Überarbeitung der deutschen Mela-nomleitlinie auf S3-Niveau derzeit in Arbeit. Die Veröffent-lichung ist für das Jahr 2012 geplant und wird sehr wahr-scheinlich auch neue Nachsorgeleitlinien beinhalten.

Nachsorgeuntersuchungen werden beim malignen Mela-nom durchgeführt, um die Tumorrezidive frühzeitig zu er-kennen und die Entwicklung von Zweitmelanomen zu er-fassen. In der strukturierten Nachsorge werden primärüber 80 % der Tumorrezidive diagnostiziert. Die Früher-kennung der Rezidive ist für die Patienten prognoserele-vant. Die meisten Rezidive beim malignen Melanom wer-den bei der körperlichen Untersuchung gefunden. Die Ra-te der Entdeckungen von Metastasen durch bildgebendeVerfahren ist relativ gering.

Der Umfang und die Frequenz der Nachsorgeuntersu-chungen orientieren sich ähnlich wie das therapeutischeVorgehen an den initialen Tumorparametern bzw. dem Tu-morstadium. Die Nachsorge ist in den ersten 5 postope-rativen Jahren intensiv zu gestalten, da hier 90 % der Me-tastasen auftreten. Spätmetastasen sind jedoch nicht un-gewöhnlich, so dass generell eine Nachsorge über 10 Jah-re empfohlen wird. Folgende Ziele werden mit Nach- sorgeuntersuchungenverbunden:1. Feststellung der Tumorfreiheit bzw. Früherkennung ei-ner Progression

2. Überwachung des Pigmentsystems zur Früherkennung von Melanomvorläufern und Zweitmelanomen oder Hautkarzinomen

3. Psychosoziale Betreuung4. Dokumentation der Krankheitsverläufe5. Durchführung und Überwachung einer adjuvanten Therapie

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Im Vergleich zu den bisherigen Empfehlungen kann derUmfang der Untersuchungen in den Stadien des Primärtumors und besonders bei malignenMelanomen mit weniger als 1 mm Tumordicke reduziertwerden. Bei besonderen prognostischen Risikofaktorenkann von diesen Empfehlungen abgewichen werden. Dieneuen Empfehlungen zur strukturierten Nachsorge beikutanen malignen Melanomen sind in der folgenden Ta-belle zusammengefasst.

Tabelle Empfehlungen für die Nachsorge kutaner mali-gner Melanome (Intervalle in Monaten) [Garbe und Scha-dendorf 2003]

Stadium & Körperliche Körperliche Lymphknoten- Blutunter- Bildgeb.Tumordicke Unter- Unter- Sonographie suchung** Untersu-

suchung suchung Protein S chung***100

1.-5. Jahr 6.-10. Jahr 1.-5. Jahr 1.-5. Jahr 1.-5. JahrI, ≤ 1 mm 6 12 keine keine keineI+II,>1 mm 3 6-12 6 3-6 keine****III* 3 6 3-6 3-6 6

IV Individuell

* Das Stadium III umfasst alle Formen der lokoregionären Metasta-sierung. Das neue AJCC-Stadium IIC (> 4 mm Tumordicke + Ulceration) sollte wie Stadium III behandelt werden, da die Prognose vergleichbar ist.

** Für die Rezidiverkennung ist allein Protein S100 geeignet.*** Abdomen-Sonographie und Röntgen-Thorax-Untersuchung oder

CT bzw. MRT oder PET.**** Im Rahmen adjuvanter Therapien werden bildgebende Untersu-

chungen in 6- bis 12-monatigen Abständen empfohlen.

In Deutschland praktizieren die SozialversicherungsträgerAnschlussheilbehandlungen (AHB), Anschlussrehabilitati-onsverfahren (AR) und Anschlussgesundheitsmaßnahmen(AGM) im Anschluss an die Akutbehandlung von bösarti-gen Geschwulsterkrankungen der Haut. Im Rahmen derpsychosozialen Nachsorge kann bei Patienten auch eineRehabilitationsmaßnahme in entsprechenden Fachklini-ken durchgeführt werden. Die „Rehabilitationsnachsor-ge“ hat das Ziel, den richtigen Umgang mit der Tumorer-krankung selbst und den damit verbundenen körperli-chen und psychischen Störungen zu vermitteln, um einerDesintegration im sozialen und beruflichen Umfeld vorzu-beugen. Darüber hinaus sollen funktionelle Störungendurch entsprechende Maßnahmen in der Rehabilitationverbessert oder beseitigt werden.

Zusammenfassung

1. In der Nachsorge werden primär über 80 % der Tumor-rezidive gefunden.

2. Die Früherkennung der Rezidive ist für den Patienten prognoserelevant.

3. Anamnese und klinische Untersuchung haben den wichtigsten Stellenwert für die Erkennung von Tumor-rezidiven.

4. Eine sensitive Nachsorgeuntersuchung ist die Lymph-knotensonographie.

5. Der Einsatz von bildgebenden Verfahren und Blutunter-suchungen soll risikoadaptiert vorgenommen werden.

6. Eine Aufklärung des Patienten über die Möglichkeit selbst frühzeitig Rezidive zu erkennen, sollte Bestand-teil der Nachsorge sein.

LiteraturGarbe C et al.: Kurzleitlinie Malignes Melanom. J DtschDermatol Ges. 6 Suppl 1:S9-S14, 2008

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Prof. Dr. med. Rudolf A. Herbst Dr. med. Ivonne Kellner Klinik für Hautkrankheiten und Allergologie HELIOS Hauttumorzentrum ErfurtHELIOS Klinikum ErfurtNordhäuser Str. 74 99089 ErfurtTelefon: 0361-781 43 01 e-mail: [email protected]

Nachsorge HNO-Tumoren

Die Heilungschance aller Tumoren im HNO-Bereich hängtvom Stadium bei der Diagnosestellung ab. Die kurativeTherapie ist in der Regel die Chirurgie. In Grenzfällen kanneine multimodale Therapie mit Operation, Strahlen- undChemotherapie zu Langzeitremissionen bzw. zur Heilungführen. In den vergangenen Jahren haben auch Patientenmit inoperablen Tumoren von einer primär angewendetenRadio-Chemo-Therapie profitiert. Die Antikörpertherapielässt weitere gute Therapieerfolge in der Tumortherapieerwarten. Bei Patienten nach kurativer Erstbehandlung steht nebender Behandlung therapiebedingter Folgeschäden die Ent-deckung des Lokalrezidivs im Vordergrund der Nachsor-geuntersuchung, da Fernmetastasen seltener sind. So-wohl beim Rezidiv als auch bei der Metastasierung beste-hen deutlich schlechtere Heilungschancen.Die meisten Patienten mit HNO-Tumoren haben auch einerhöhtes Risiko an einem Bronchialkarzinom, Ösophagus-karzinom oder einem zweiten Tumor im HNO-Bereich zuerkranken. Insbesondere bei potentiell kurativ behandel-ten Patienten ist bei der Nachsorge an diese Zweitkarzi-nome zu denken.

Notwendige Untersuchungen- Ärztliche Untersuchung, Ganzkörperuntersuchung alle 6 Monate durch Hausarzt

- HNO-Spiegelstatus durch niedergelassenen HNO-Arzt monatlichTumornachsorge: alle 3 Monate für 2 Jahre, dann halb-jährlich, später jährlich

- Sonografie des Halses und der Speicheldrüsen bei jeder Tumornachsorgeuntersuchung

- Kopf-Hals-CT oder -MRT (tumorabhängig) nach Ab-schluss der Primärtherapie

- Röntgen-Thorax alle 12 Monate für 5 Jahre

�� SSeeiittee 2299 ��JJOOUURRNNAALL 0022//22001100

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�� SSeeiittee 3300 �� JJOOUURRNNAALL 0011//22000055JJOOUURRNNAALL 0022//22001100

Ergänzende Untersuchungen bei Beschwerden oderMetastasenverdacht:- Sonografie des Abdomens- Kopf-Hals CT oder -MRT- Röntgen-Thorax oder CT- PET-CT- Laboruntersuchungen (Entzündungsparameter, Blut-bild, Leberenzyme, harnpflichtige Substanzen)

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Prof. Dr. med. Dirk Eßer Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde HELIOS Klinikum ErfurtNordhäuser Str. 74 99089 ErfurtTelefon: 0361-781 21 01 e-mail: [email protected]

Tumoren des zentralen und peripheren Nervensystems

Aufgrund der Vielzahl der Tumorarten des ZNS ist dieNachsorge und die Verlaufskontrolle unterschiedlich. Beiallen Patienten erfolgte die rehabilitative Therapie zu-nächst unabhängig von der Dignität des Tumors und istdanach ausgerichtet, welche neurologischen Defizitedurch den Tumor oder durch dessen Behandlung (Opera-tion, Strahlentherapie, Chemotherapie) entstanden sind.Die Therapie beginnt unmittelbar nach Auftreten des De-fizits noch in der Klinik: z.B. durch Logopädie bei Sprach-störungen oder Physiotherapie bei motorischen Ausfällen.In jedem Fall sind die Ziele die Reintegration des Patien-ten in sein soziales Umfeld, die Wiedererlangung oderVerbesserung seiner psychischen und physischen Fähig-keiten und die Wiedereingliederung in seinen Arbeitsbe-reich. Häufig schließt sich deshalb an die Operation bzw.die Radio- und/oder Chemotherapie eine Anschlussheilbe-handlung an.

Art und Umfang der Nachsorge orientieren sich unter an-derem an der Dignität des Tumors, an den eingesetztentherapeutischen Maßnahmen und an den neurologischenDefiziten des Patienten. Die Klinik für Neurochirurgie, dieKlinik für Neurologie und die Klinik für Strahlentherapiehaben hierzu eigene Tumorsprechstunden eingerichtet,interdisziplinäre Fälle werden regelmäßig in speziellen Fo-ren (z.B. Neurozentrumskonferenz, Schädelbasiskonfe-renz) besprochen. Generell orientiert sich die Nachsorgean interdisziplinär erstellten Leitlinien (siehe z.B.http://www.dgn.org/inhalte-kapitel.html).

Bei gutartigen Tumoren wird eine klinische und kernspin-tomographische (MRT) Befundkontrolle nach Ablauf von3 Monaten angestrebt, unabhängig davon, ob bereits in-nerhalb der ersten drei Tage eine bildgebende Kontrollun-tersuchung erfolgt ist. Bei unauffälligem Verlauf wird dienächste Nachuntersuchung meist erst nach weiteren 12 Monaten fällig. Die weiteren Kontrollintervalle (Stan-dard 6-12 Monate) variieren in Abhängigkeit von den er-hobenen Befunden und der Dignität des Tumors. Dabei

sind für verschiedene Tumorentitäten (z.B. für niedriggra-dige Gliome, Kraniopharyngeome) auch deutschlandweitagierende Studienzentren eingebunden.Bei Tumoren mit hoher Wachstums- oder Rezidivrate mussdie Nachsorge zur Bestimmung des biologischen Verhal-tens des Tumors engmaschiger erfolgen. Nach der erstenKontrolle 3 Monate nach der Intervention erfolgen weite-re Untersuchungen in der Regel alle 3 Monate, wenn keinHinweis auf einen Rest- oder Rezidivtumor besteht. Unab-hängig davon wird der Verlauf bei Patienten mit neurolo-gischen Ausfällen oder Epilepsie kontinuierlich über-wacht, um die symptomatische Therapie zu optimierenund rechtzeitig rekonstruktive Interventionen bei persi-stierenden Defiziten oder anderen Folgezuständen einlei-ten zu können.Patienten mit Tumoren im Bereich des Kleinhirnbrücken-winkels (z.B. Akustikusneurinome) und der Schädelbasis(Tumoren im Bereich der Sella) nehmen zusätzlich an Um-fragen zur Lebensqualität und Symptomausprägung mit-tels Fragebogen teil, um die Behandlung auf diesem Ge-biet zu optimieren.

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Prof. Dr. med. Steffen Rosahl Klinik für Neurochirurgie HELIOS Klinikum ErfurtNordhäuser Str. 74 99089 ErfurtTelefon: 0361-781 22 61 e-mail: [email protected]

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�� SSeeiittee 3311 ��JJOOUURRNNAALL 0022//22001100

�� Die Schädelbasis – eine interdiszi-plinäre HerausforderungVon der 18. Jahrestagung der Deutschen Gesell-schaft für Schädelbasischirurgie in Erfurt

Qualitätssicherung, Zentrenbildung, Interdisziplinaritätund neue Therapieverfahren waren die Schwerpunkte der18. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Schädel-basischirurgie, zu der vom 1.-4. Oktober ca. 200 Teilneh-mer und Gäste aus USA, England, Frankreich, Italien, Spa-nien, Ukraine, Irak, Norwegen und Saudi-Arabien im Pull-man Hotel der Thüringer Landeshauptstadt durch Ober-bürgermeister Andreas Bausewein begrüßt wurden. DieOrganisation des wissenschaftlichen Programms der Ta-gung mit anschließendem Hands-on-Workshop lag in die-sem Jahr in den Händen der Erfurter Neurochirurgen.Nach über 30 Jahren Entwicklung ist die Behandlung derErkrankungen auf diesem Spezialgebiet den Kinderschu-hen entwachsen. Die Schädelbasischirurgie stellt inzwi-schen ein Rollenmodell für interdisziplinäre Zusammenar-beit dar – die komplexe, Fachgrenzen überschreitendeAnatomie und Pathophysiologie der betroffenen Regionist anders nicht zu beherrschen. Darüber hinaus ist dasGebiet ein Entwicklungsfeld für neue Instrumente undTechniken und damit Ausgangspunkt für beispielhafte Ko-operationen mit der Medizintechnik. Auf der Tagung wur-de dieser Tatsache mit der Vergabe des eigens für beson-dere Verdienste um diese Zusammenarbeit gestiftetenScheunemann-Preises an den Vorstandsvorsitzenden derAesculap AG, Hanns-Peter Knaebel, auf dem Gesell-schaftsabend im neu eröffneten Palmenhaus in der Erfur-ter Innenstadt Rechnung getragen.Wachsendes medizinisches Interesse gilt in der Schädelba-sischirurgie endoskopischen und endoskopisch-assistier-ten Behandlungsverfahren. Dabei ist die transnasal gut er-reichbare Keilbeinhöhle Dreh- und Angelpunkt der ver-schiedensten Zugangswege zur Schädelbasis. Ein in 3D il-lustrierter Vortrag von Juan Fernandez aus Pittsburgh undein aus Verona live via Skype übertragener Vortrag von

Paolo Cappabianca zur endoskopischen Chirurgie der vor-deren Schädelbasis waren Publikumsmagneten. Auch derim Anschluss an die Tagung (3./4.10.) durchgeführteHands-on-Workshop an 11 technisch voll ausgerüstetenArbeitsplätzen stand ganz im Zeichen der endoskopischenVerfahren. Neu für diese traditionell sehr rasch ausge-buchten Workshops war die Demonstration neuroprothe-tischer Verfahren, wie die Anlage von elektronischen Im-plantaten in der Cochlea und am Hirnstamm.Michael Gleeson (HNO) aus London, einer der Gründungs-väter der europäischen Gesellschaft für Schädelbasischi-rurgie Gastgeber des nächsten Weltkongresses auf die-sem Gebiet im Jahr 2012 im englischen Brighton undChef-Herausgeber der Zeitschrift „Skull Base“ hatte mit ei-nem vergünstigten Subskriptionspreis für die deutschenKollegen ein besonderes Geschenk im Gepäck. Mit RudolfFahlbusch (Hannover) zeigte ein weiterer „Altmeister“und Routinier Wege auf, wie Tradition und Moderne beider Bildung von Schädelbasis-Zentren zusammenkom-men können.Andreas Unterberg (Heidelberg), gerade erholt von derOrganisation der Jahrestagung der Deutschen Gesell-schaft für Neurochirurgie auf der Neurowoche in Mann-heim, nahm das umkämpfte Thema „Mindestmengen“bei der Behandlung seltener Erkrankungen in seinen Vor-trag zur Qualitätssicherung auf und erhielt Zustimmungsowie lebhafte Diskussion.Die Vorstellung der neuen „Leitlinie Akustikusneurinom“durch den Vorsitzenden der DGSB, Thomas Lenarz, Fach-vorträge, eine Podiumsdiskussion über Behandlungsop-tionen und die sehr wissenschaftliche Darstellung von er-gebnisorientierter Patientenberatung von Morten Lund-Johansen aus Bergen (Norwegen) zeichneten den Weg füreine Standardisierung der Behandlung von Patienten mitdiesem Tumor in Zukunft vor. Marcos Tatagiba (Neurochirurgie Tübingen) zeigte an-schaulich anhand exakter chirurgischer Ergebnisse, wie esdurch exzellentes Mentoring gelingen kann, den neuro-chirurgischen Nachwuchs rasch und unter Vermeidung ei-ner flachen Lernkurve an das Arbeiten auf höchstem Qua-litätsniveau heranzuführen.

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�� SSeeiittee 3322 �� JJOOUURRNNAALL 0011//22000055JJOOUURRNNAALL 0022//22001100

�� Gemeinsames Veranstaltungsver-zeichnisvon Medizinisch-wissenschaftlicher Gesellschaft Erfurt e.V.HELIOS Klinikum Erfurt GmbH und Tumorzentrum Erfurt e.V.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir möchten Ihre gezielten und konzentrierten Fortbildungsaktivitätenmit einem gemeinsamen Veranstaltungsverzeichnis unterstützen und Ih-nen ein breites Spektrum zertifizierter und hoffentlich für Sie interessan-ter Fort- und Weiterbildungen anbieten. Die nachstehende Kurzfassung kann weder vollständig sein, noch um-fassend informieren. Sie soll als Orientierungshilfe dienen und Sie ani-mieren, alle weiteren Informationen und die laufenden Aktualisie-run-gen auf der Internetseite www.mwg-erfurt.de nachzulesen und / oderdirekt bei den Organisatoren zu erfragen. Über eine zahlreiche Teilnahme an den Veranstaltungen, rege Diskussio-nen sowie die Vertiefung und Ausweitung persönlicher Kontakte freuenwir uns besonders.

Prof. Dr. med. Prof. Dr. med. Prof. Dr. med.R. Erkwoh A. Stier D. EßerVorsitzender Vorsitzender Ärztlicher DirektorMWG e.V. Tumorzentrum Erfurt e.V. HELIOS Klinikum Erfurt

Januar 2011

13.01.2011, 15.00 bis 17.45 UhrHELIOS Klinikum Erfurt, AuditoriumMiteinander Reden – Psychoonkologische Konzepte in derKrebsbewältigungTumorzentrum Erfurt e.V. in Zusammenarbeit mit dem OnkologischenZentrum, HELIOS Klinikum Erfurt

14. – 16.01.2011Leonardo Hotel Weimar (ehem. Hilton), Belvederer Allee 25, Weimar21. Gemeinsame Arbeitstagung „Angiologie Interdisziplinär“Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie und Neuro-radiologie, Gefäßzentrum, HELIOS Klinikum Erfurt

19.01.2011, 17.00 bis 20.00 UhrAugustinerkloster Erfurt, Neubau der BibliothekBewährte und neue endoskopische Untersuchungverfahren amHELIOS Klinikum ErfurtTumorzentrum Erfurt e.V. in Zusammenarbeit mit dem HELIOSDarmzentrum Erfurt und dem Onkologischen Zentrum, HELIOS Kli-nikum Erfurt, LÄK Thüringen: 3 Punkte, Kategorie A

Februar 2011

16. – 20.02.2011Hotel „Weißer Schwan“ Erfurt-Kerspleben13. Erfurter Seminar „Endokrinologie aktiv“2. Medizinische Klinik, Bereich Endokrinologie, HELIOS Klinikum Erfurt

26.02.2011, 9.00 bis 14.00 Uhr3. Gothaer GynäkologentagTumorzentrum Erfurt e.V. in Zusammenarbeit mit der Klinik fürGynäkologie und Geburtshilfe, HELIOS Brustzentrum Gotha,HELIOS Kreiskrankenhaus Gotha-Ohrdruf

März 2011

19.03.2011, 10.00 bis 13.00 UhrHELIOS Klinikum Erfurt, Auditorium43. Erfurter OphthalmologengesprächKlinik für Augenheilkunde, HELIOS Klinikum Erfurt

Jürgen Debus aus Heidelberg referierte eindrucksvoll zuErgebnissen der Protonenbestrahlung von chordoiden Tu-moren der Schädelbasis. Hier zeigte sich ganz besondersstark die Notwendigkeit der Einbeziehung nicht-chirurgi-scher Fächer in die onkologischen Behandlungsstrategienvon Schädelbasistumoren. Vor diesem Hintergrund gibt esÜberlegungen in der Gesellschaft, die Bezeichnung „Chir-urgie“ aus deren Namen herauszulösen, um anderenFachvertretern den Zugang zur DGSB zu erleichtern unddas erweitert-interdisziplinäre Umfeld zu verdeutlichen.Mit der Kurt-Schürmann-Medaille für außergewöhnlicheVerdienste auf dem Gebiet der Schädelbasischirurgie wur-de in diesem Jahr Rainer Schmelzle, Direktor der Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie aus dem UniversitätsklinikumHamburg-Eppendorf geehrt. Den Denecke-Preis für her-vorragende wissenschaftliche Nachwuchsarbeiten erhieltFlorian Ebner (Neurochirurgie Tübingen).Gastgeber der nächsten Jahrestagung der DGSB wird JörgSchipper (HNO-Klinik der Universität Düsseldorf) sein. Bisdahin soll vor allem an der Definition und Zertifizierungder bestehenden Zentren gearbeitet werden.

Korrespondenzadresse:

Prof. Dr. med. Steffen RosahlProf. Dr. med. Rüdiger GerlachKlinik für NeurochirurgieHELIOS Klinikum ErfurtNordhäuser Str. 7499089 ErfurtTelefon: 0361-7812261e-Mail: [email protected]: [email protected]

IMPRESSUM

ISSN 1868-291X (Print-Ausgabe)ISSN 1868-2928 (Internet)

�� Herausgeber: Tumorzentrum Erfurt e.V.

�� Redaktion: Prof. Dr. med. Hartwig Kosmehl · Dr. rer. nat. Hubert Göbel

�� Redaktionsbüro und Versand:Tumorzentrum Erfurt e.V.

Nordhäuser Straße 74 · 99089 ErfurtTelefon: 03 61 / 7 81-48 02 · Telefax: 03 61 / 7 81-48 03

E-Mail: [email protected]

�� Layout, Satz und Druck: Handmann Werbung GmbH Erfurt

�� Hinweis: Das Tumorzentrum Erfurt erstellt die Artikel nach bestem

Wissen und Gewissen. Die Verantwortung für den Inhalt der medizinischen und wissenschaftlichen Beiträge obliegt den Autoren. Sie stellen keine Handlungsempfehlungen für den

individuellen Fall dar.

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April 2011

13.04.2011, 16.00 bis 20.00 UhrHELIOS Klinikum Erfurt, Auditorium3. Erfurter Dermatologische Frühjahrstagung „Systemwechsel in der Hauttumortheapie“Klinik für Hautkrankheiten und Allergologie, HELIOS Hauttumorzen-trum Erfurt, HELIOS Klinikum Erfurt, in Zusammenarbeit mit demTumorzentrum Erfurt e.V.

Mai 2011

26.05.2011, 19.00 bis 20.30 UhrHELIOS Klinikum Erfurt, Auditorium37. Erfurter Fortbildung Hämatologie und Onkologie für Kran-kenschwestern und -pflegerTumorzentrum Erfurt e.V. in Zusammenarbeit mit dem OnkologischenZentrum, HELIOS Klinikum Erfurt

Juni 2011

18.06.2011HELIOS Klinikum Erfurt, AuditoriumSymposium Neuromedizin 2011„Was tun, wenn…?“ – Neuromedizin für die PraxisKlinik für Neurochirurgie, Klinik für Neurologie und Institut für diagno-stische und interventionelle Radiologie und Neuroradiologie, HELIOSKlinikum Erfurt

22.06.2011, 17.00 bis 20.00 UhrAugustinerkloster Erfurt, Neubau der Bibliothek21. Erfurter Fortbildung Hämatologie und OnkologieTumorzentrum Erfurt e.V. in Zusammenarbeit mit dem OnkologischenZentrum und der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, HELIOS Klinikum Erfurt

25.06.2011, 10.00 bis 13.00 UhrHELIOS Klinikum Erfurt, Auditorium44. Erfurter OphthalmologengesprächHELIOS Klinikum Erfurt, Klinik für Augenheilkunde

September 2011

28.09.2011, 17.00 bis 20.00 UhrAugustinerkloster ErfurtSymposium „Gynäkologische Onkologie“Tumorzentrum Erfurt e.V. in Zusammenarbeit mit der Klinik fürFrauenheilkunde und Geburtshilfe, HELIOS Klinikum Erfurt

Oktober 2011

08.10.2011, 9.00 bis 18.00 UhrHELIOS Klinkum Erfurt, Auditorium3. Erfurter Dermatologische HerbsttagungKlinik für Hautkrankheiten und Allergologie, HELIOS Hauttumorzen-trum Erfurt, HELIOS Klinikum Erfurt, in Zusammenarbeit mit demTumorzentrum Erfurt e.V.

November 2011

04. – 05.11.2011Haus Hainstein Eisenach24. Onkologische KonferenzTumorzentrum Erfurt e.V. in Kooperation mit dem OnkologischenZentrum, HELIOS Klinikum Erfurt, und der Medizinisch-Wissenschaft-lichen Gesellschaft Erfurt e.V.

12.11.2011, 10.00 bis 13.00 UhrHELIOS Klinikum Erfurt, Auditorium45. Erfurter OphthalmologengesprächHELIOS Klinikum Erfurt, Klinik für Augenheilkunde

30.11.2011HELIOS Klinikum Erfurt, AuditoriumAktuelles in der HNO-OnkologieHELIOS Klinikum Erfurt, HELIOS Kopf-Hals-Tumorzentrum in Zusam-menarbeit mit dem Tumorzentrum Erfurt e.V.

KONTAKTADRESSEN:

Medizinisch-wissenschaftliche Gesellschaft Erfurt e.V.Sekretär Priv.-Doz. Dr. med. Klaus HammNordhäuser Straße 74 · 99089 ErfurtTelefon: 03 61 / 7 81-67 18Telefax: 03 61 / 7 81-67 19e-Mail: [email protected]

HELIOS Klinikum ErfurtPressesprecherin Brigitte KohlbergNordhäuser Straße 74 · 99089 ErfurtTelefon: 03 61 / 7 81-10 31Telefax: 03 61 / 7 81-10 32e-Mail: [email protected]/erfurt

Tumorzentrum Erfurt e.V.Geschäftsführer Dr. Hubert GöbelNordhäuser Straße 74 · 99089 ErfurtTelefon: 03 61 / 7 81-48 06Telefax: 03 61 / 7 81-48 03e-Mail: [email protected]

�� ANGEBOTE DES TUMORZENTRUM ERFURT e.V.

KONSILARDIENSTE• Interdisziplinäres onkologisches KonsilJeden Mittwoch, 7.30 Uhr, Demo-Raum C 1.400 des Insti-tuts für bildgebende Diagnostik, Hauptgebäude 1. OG,HELIOS Klinikum Erfurt, Nordhäuser Straße 74

Anmeldungen über Telefon 03 61 / 7 81-48 02

Leitung: Prof. Dr. Herold / Prof. Dr. ScharfJeder Arzt kann seine onkologischen Fälle persönlich ei-nem Gremium von Experten aller Fachdisziplinen vorstel-len. Am Ende der (kostenfreien) Beratung erhält er einekonkrete Therapieempfehlung. Zu jeder Fallbesprechungwird ein Protokoll angefertigt, das dem vorstellenden Arztund eventuellen mitbehandelnden Ärzten zugeht.

• Telefonischer KonsilardienstUnkompliziertes Vermitteln von Kontakten zu den speziellen onkologischen Ansprechpartnern aller Fachge-bietef www.tumorzentrum.de

�� SSeeiittee 3333 ��JJOOUURRNNAALL 0022//22001100

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ONKOLOGISCHE LEITLINIENHilfestellung bei der Umsetzung der aktuellen Diagno-se-, Therapie- und Nachsorgeleitlinien der DeutschenKrebsgesellschaft und der medizinischen Fachgesellschaf-ten.In Ergänzung und zur praktischen Durchführung werdendiese bei Bedarf für die speziellen regionalen Bedingun-gen adaptiert.

KONTAKTE ZU SELBSTHILFEGRUPPEN UNDHOSPIZDIENSTEN IN DER REGION

PSYCHOLOGISCHE BETREUUNGBetreuungsangebote für stationäre Patienten des HELIOSKlinikum Erfurt sowie für Ärzte und Pflegepersonal.

FORT- UND WEITERBILDUNG• Ärzte• Krankenschwestern und -pfleger• Sozialdienste

DOKUMENTATION• Klinische TumordokumentationIn Erfüllung des Qualitätssicherungsauftrages des Sozial-gesetzbuches (SGB V) wird für jeden Patienten der gesam-te Krankheitsverlauf nach anerkannten Regeln (Tumorba-sisdokumentation) dokumentiert. Die Unterlagen stehendem Patienten und ihren behandelnden Ärzten zur Verfü-gung. Im Einzelfall (bei Umzug, Arztwechsel, Verlust vonOriginalunterlagen) sind sie für den Arzt eine unschätzba-re Hilfe.

• Gemeinsames Krebsregister der neuen Bundesländer

Epidemiologisch relevante Daten werden entsprechendgeltender Gesetze an das Gemeinsame Krebsregister derneuen Bundesländer weitergegeben.Mehr als 95 % der Meldungen des Einzugsgebietes kom-men vom Tumorzentrum. Diese Daten werden regelmä-ßig mit den amtlichen Sterbedaten abgeglichen und ste-hen dem meldenden Einrichtungen zur Verfügung.

SERVICE• Unterstützung der Nachbetreuung, Erinnerungsfunktion

Auf persönlichen Wunsch werden Patienten (und ihre be-treuenden Ärzte) an vereinbarte bzw. vergessene Nach-sorgetermine erinnert.

• Statistiken für Krankenhäuser und PraxenErstellung von Übersichten, Leistungsstatistiken undÜberlebenszeitanalysen für die von der jeweiligen Ein-richtung betreuten Patienten.

• InformationenKostenlose Bereitstellung von Tumor-Nachsorgepässenund Informationsmaterialien für Patienten, Ärzte, Pflege-personal und Sozialdienste

�� HIER ERREICHEN SIE UNS

HELIOS Klinikum Erfurt GmbHHaus 8, Nordhäuser Straße 74, 99089 Erfurt

Telefon: 03 61 / 7 81-48 02Telefax: 03 61 / 7 81-48 03E-Mail: [email protected]: http://www.tumorzentrum-erfurt.deGeschäftsführer: Dr. rer. nat. Hubert Göbel

�� WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT

Prof. Dr. med. Hartwig Kosmehl (Vorsitzender)Chefarzt, Institut für Pathologie, HELIOS Klinikum ErfurtTelefon: 03 61 / 7 81-27 50

Adjunct Professor Dr. med. Rainer Bonnet M.D. Dpt. of Medicine, Loma Linda Univ., CaliforniaChefarzt, Klinik für Pneumologie, Zentralklinik Bad BerkaTelefon: 03 64 58 / 5 15 00

Dr. med. Karl-Matthias DeppermannChefarzt, 1. Medizinische Klinik, Thoraxzentrum,HELIOS Klinikum Erfurt,Telefon: 03 61 / 7 81-25 80

Michael DomrösLeiter der Landesvertretung ThüringenVerband der Ersatzkassen e.V. (vdek)Lucas-Cranach-Platz 2, 99099 ErfurtTelefon: 03 61 / 4 42 52 11

Dr. med. Alexander FichteUrologe, Geschwister-Scholl-Straße 6, 99085 ErfurtTelefon: 03 61 / 6 43 73 03

Dr. med. Michael GlatzelDesignierter Chefarzt, Klinik für Strahlentherapie undRadioonkologie, HELIOS Klinikum Erfurt,Telefon: 03 61 / 7 81-24 00

Priv.-Doz. Dr. med. Klaus HammLeiter der Abteilung Stereotaktische Neurochirurgie undRadiochirurgie, HELIOS Klinikum ErfurtTelefon: 03 61 / 7 81-67 18

Prof. Dr. med. Udo B. HoymeDirektor, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe,HELIOS Klinikum ErfurtTelefon: 03 61 / 7 81-40 00

Markus KlausLeiter des Fachbereichs Verhandlungsstrategie KH/Reha,AOK PLUS – Die Gesundheitskasse für Sachsen und Thü-ringen, Samuel-Beck-Weg 4, 99097 Erfurt,Telefon: 03 61 / 65 32 38 12 41

�� SSeeiittee 3344 �� JJOOUURRNNAALL 0011//22000055JJOOUURRNNAALL 0022//22001100

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Dipl.-Med. Susanne KöhlerOberärztin, 1. Medizinische Klinik, Hämatologie und internistische Onkologie, HELIOS Kreiskrankenhaus Gotha-Ohrdruf,Telefon: 0 36 21 / 2 20-1 30

Dr. med. André NematChefarzt, Klinik für Thoraxchirurgie und Thorakale Endoskopie, Thoraxzentrum, HELIOS Klinikum ErfurtTelefon: 03 61 / 7 81-25 90

Prof. Dr. med. Steffen RosahlChefarzt, Klinik für Neurochirurgie, HELIOS Klinikum ErfurtTelefon: 03 61 / 7 81-22 60

Prof. Dr. med. Axel SauerbreyChefarzt, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, HELIOS Klinikum ErfurtTelefon: 03 61 / 7 81-45 00

Priv.-Doz. Dr. med. Lutz-Dieter SchreiberChefarzt, Chriurgische Abteilung, Hufeland Klinikum,Standort Bad LangensalzaTelefon: 0 36 03 / 8 55-0

Priv.-Doz. Dr. med. Thomas SteinerChefarzt, Klinik für Urologie, HELIOS Klinikum Erfurt,Telefon: 03 61 / 7 81-22 00

�� VORSTANDProf. Dr. med. Albrecht Stier (Vorsitzender)Chefarzt, Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie,HELIOS Klinikum Erfurt,Telefon: 03 61 / 7 81-23 30

Prof. Dr. med. Michel Herold (Stellvertr. Vorsitzender)Chefarzt, 4. Medizinische Klinik, HELIOS Klinikum ErfurtTelefon: 03 61 / 7 81-25 66

Prof. Dr. med. Dirk EßerChefarzt, Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde,HELIOS Klinikum ErfurtTelefon: 03 61 / 7 81-21 00

Prof. Dr. med. Rudolf A. HerbstChefarzt, Klinik für Hautkrankheiten und Allergologie,HELIOS Klinikum Erfurt,Telefon: 03 61 / 7 81-43 00

Prof. Dr. med. Hartwig KosmehlChefarzt, Institut für Pathologie, HELIOS Klinikum Erfurt,Telefon: 03 61 / 7 81-27 50

Dr. med. Jörg PertschyChefarzt, Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie,Katholisches Krankenhaus St. Nepomuk Erfurt,Telefon: 03 61 / 6 54-12 00

Dr. med. Jörg WenigerHämatologe und internistischer Onkologe,Geschwister-Scholl-Straße 6, 99085 ErfurtTelefon: 03 61 / 5 66 78 19

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�� Aus der Praxis – für die Praxis

Diana Schaffer, Silke Brescius, Anke Siebahn, Regine Dahse, H. KosmehlGemeinschaftspraxis für Pathologie Erfurt

Spektrum der HPV-Hochrisikotypenin 310 zytologischen Abstrichpräparaten der Cervix uteri

im Raum Erfurt, Arnstadt, Stadtilmvom 01.04. bis 30.09.2010

Die LCD-Array-Technik (Chip-Technologie) ermöglicht eineschnelle und kostengünstige HPV-Analyse mit Erfassungvon 32 verschiedenen HPV-Typen (vgl. Thüringer Ärzte-blatt 294, 2010).Nur ca. 70 % der Infektionen werden von den klassischenHPV-Hochrisikotypen 16, 18, 31 und 33 verursacht. Ca. 30 % der HPV-Hochrisikoinfektionen werden von denüblichen Nachweisverfahren, die auf HPV 16, 18, 31 und33 ausgerichtet sind, nicht erfasst.Die neuen technischen Möglichkeiten der HPV-Typisierungsowie die Analyse von Risikofaktoren und HPV-assoziier-ten genetischen Veränderungen ermöglichen eine Präzi-sierung der zytologischen Diagnosen.

Korrespondenzadresse:

Diana Schaffer, Silke Brescius, Anke Siebahn, Regine Dah-se, H. KosmehlGemeinschaftspraxis für PathologieNordhäuser Str. 7499089 ErfurtTelefon 0361-7812755 · Telefax 0361-7812760

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Tumorzentrum Erfurt e.V.Nordhäuser Straße 7499089 ErfurtTelefon: 03 61 / 7 81-48 02Telefax: 03 61 / 7 81-48 03E-Mail: [email protected]