ist die pflegepraxis auf evidenzbasierte leitlinien vorbereitet?
TRANSCRIPT
Evidence-based Nursing
Ist die Pflegepraxis auf Evidence-based Leitlinien
vorbereitet?
Daniela Schoberer
Fachbereich Evidence-based Nursing
LKH Univ. Klinikum Graz
Behauptung
„In die Pflege lassen sich Leitlinien viel einfacher implementieren, da die Pflege Leitlinien noch viel offener gegenüber steht, praktisch nicht durch jahrzehntelange
Leitliniendiskussion verdorben ist.“
Hintergrund
• Prävalenzerhebung pflegebezogener Daten 2009 Setting Krankenhäuser (N= 2283) (Lohrmann et al. 2009)
– Sturzprävalenz: 16,7 Prozent – Sturzbedingte Verletzungen: 50,5 Prozent aller gestürzten
(davon ein Drittel schwere Sturzfolgen)– Sturzpräventive Maßnahmen werden kaum angewandt
Sturzpräventive Maßnahmen
25%
59%
15%0%6%
13%3%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
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Prävention sturzbedingter Verletzungen
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http://www.ebn.at
Hintergrund: Evidence-based Leitlinie
• 2009 vom Evidence-based Nursing Kernteam in Graz entwickelt (Bachner et al. 2009)
• Systematischen Recherche und Analyse der wissenschaftlichen Erkenntnisse
• Praxisorientierte Empfehlungen bei denen sowohl Nutzen als auch Anwendbarkeit berücksichtigt wurden (GRADE)
• Kostenfreie Verfügbarkeit in verschiedenen Formaten
• Begutachten durch ExpertInnen
Ziele
• Verbreitung und Implementierung einer Evidence- basierten Leitlinie
– Evidence-basierte Praxis fördern– Sensibilisierung für sturzpräventive Maßnahmen– Pflegeprozesse im Bezug auf Sturz optimieren – Zielgerichteter Einsatz von Ressourcen
• Stürze und Frakturen reduzieren
Methoden der Implementierung und Disseminierung
• Disseminierung– Informationsveranstaltungen– Freier Zugang zu Onlineversionen– Gedruckte Version auf jeder Abteilung
• Implementierung– Bestätigung der Durchsicht und Kenntnisnahme durch Signatur– Aktive Implementierung mit Implementierungsmodell und
Prozessbegleiterin auf zwei Abteilungen
Implementierungsmodell: Veränderungsmodell nach Lewin (vgl. Martin 2007)
AUFTAUEN
BEWEGEN
Neue Struktur
Alte Struktur
EINFRIEREN
Wöchentliche Fallbesprechungen
Regelmäßige Treffen mit Prozessbegleiterin
Intervall MORSE Evaluierung festgelegt
Partizipation aller MitarbeiterInnen
Zwischengespräch März 2010
MOVE REFREEZEUNFREEZE
Kick-off Veranstaltung (Dezember 2009)
•Problembewusst- sein schaffen
•Vorstellung Leitlinie / Anwendung von Empfehlungen
•Förderliche / hemmende Faktoren ermitteln
Sturzmentor festsetzen
Implementierung MORSE Skala
Kontakt mit Prozessbegleiterin (Expertin) bei Bedarf
Endgespräch August 2010
Mangelnde Kommunikation zwischen PDL,
Stationsleitungen und Team
Zu geringes Angebot an Kickoff Veranstaltungen -
Wissensdefizit und
Kommunikations- probleme
während der gesamten
Implementierung
Ergebnisse: Kategorien
Sensibilisierung- Thematisierung
„ …man hat wieder mehr darüber geredet…“
„…du schaust nach was war alles geplant…“
Keine Veränderung wahrgenommen
„…nein- weil wir haben ja auch vorher immer dieses
Patientengut gehabt und die Sturzgefahr und so…“
Interdisziplinäre Zusammenarbeit
„Da waren zum Beispiel die Medikamenten, wo ich dann mit dem Prof. geschaut hab
was wäre da zu reduzieren…“
Risikofaktorenidentifikation – gezielte
Maßnahmenplanung
„…das war schon eine Stolperfalle- die beseitigt
werden muss.“
Sturzrisikoskalaals Unterstützung versus Kritikpunkt
„Die Morse ist eine Unterstützung… ja auch eine Bestätigung“
„…bei der Morse wird kaum eingegangen ob der Patient
Medikamente nimmt…“
Gefühl von Sicherheit
„ …mir gibt mehr Sicherheit wir haben uns entsprechend
der Sturzleitlinie verhalten…“
Ergebnisse
Handlungsempfehlungen der Leitlinie werden synonym verpflichtend anzuwendender Richtlinien verwendet„ heute kann ich mich darauf verlassen- das ist EBN- ich hab mich daran gehalten“
„ es gibt 30-jährige die nicht gut beinander sind, aber das war früher schon lästig – dass du dann bei jedem Interventionen planen musstest“
Fehlendes Verständnis zur Anwendung der Handlungsempfehlungen im Sinne einer Evidence-basierten Praxis- standardisierte Arbeitsabläufe werden der pflegerischen Einzelfallentscheidung vorgezogen
- PatietInnenperspektive wird kaum wahrgenommen
Behauptung
„In die Pflege lassen sich Leitlinien viel einfacher implementieren, da die Pflege Leitlinien noch viel offener gegenüber steht, praktisch nicht durch jahrzehntelange
Leitliniendiskussion verdorben ist.“
Fazit: Solange ein grundlegendes Verständnis für EBN/EBM nicht vorhanden ist, können Leitlinien nicht zweckmäßig eingesetzt werden.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Clinical state, settingand circumstances
Patient preferencesand actions
Health careresources
ResarchEvidence
ClinicalExpertise
vgl. DiCenso, Guyatt & Ciliska (2005), p.5
Quellen:
• DiCenso A., Guyatt G., Ciliska D. (2005): Evidence-based Nursing. A Guide to Clinical Practice. Elsevier Mosby, St. Luis
• Evidence-based Nursing 2009: Sturzprophylaxe für ältere und alte Menschen in Krankenhäusern und Langzeitpflegeeinrichtungen. Evidence- based Leitlinie. http://www.ebn.at/cms/dokumente/10218156_5081774/e6ce6560/Leitline_La ngversion_Jan_09.pdf
• http://jessperna.com/budget_office_workers.html
• Martin C. (2007): Wandel auf der Ebene der Organisation: Darstellung und Bewertung der Ansätze von Lewin, Bullock & Batten, Kotter, Beckhard & Harris, Senge, Stacey & Shaw. 1. Auflage, GRIN Verlag