kap magazin #7, brüche
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Die aktuelle KAP Magazin #7 zum Thema Brüche / Bauen im Bestand / NachhaltigkeitTRANSCRIPT
#7#7
BRÜCHERBRÜCHEBRÜCHE
BRÜCHEBRÜCHEBrüche
KAP Magazin #75 Euro
kap-forum.de
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»Glück und Architektur« – was Alain de Botton in seinem Buch beschreibt, scheint beim Bauen im Bestand kein Widerspruch zu sein. Denn sofort wird erkennbar, das aus Brache Neues erwächst. Aus alten Häfen entstehen pulsierende Stadteile. In ehemalige Fabrikgebäude ziehen Unternehmen und Kreative ein; Baulücken und Brachen werden zu inspirierenden Stadtbildern geschlossen. Gebäudekultur von Gestern wird Heute.
»Deutschland ist gebaut?« Die These mag vertreten, wer nur auf's Volumen schaut. Der Modernisierungsbedarf springt uns überall in die Augen. Die Bausünden der 70er und 80er Jahre, ganze Quartiere harren auf Neu und Umgestaltung. Die demographische Entwicklung und die Energiewende tun ihr übriges, dass »Bauen im Bestand« nicht nur zu den TopThemen der Immobilienwirtschaft zählt, sondern auch einen sensiblen Umgang mit energetischökologischen Aspekten des Bauens herausfordert. Brauchen wir nicht einen »2. Wiederaufbau«, der die hektischen und zum Teil von der Bauqualität dürftigen Häuser und Quartiere der 50er, 60er Jahre angeht und die Scheußlichkeiten der ersten Wohlstandswellen der 70er, 80er Jahre beseitigt?
Der Bestand exemplarisch bei Licht betrachtet: die alte Berliner Turnhalle aus den 50er Jahren, die in ihrer filigranen Schönheit wieder erweckt wird. Wohnhäuser, die nach der Umgestaltung ganze Stadtteile aufpolieren, die neue Lust an alten Häfen, Architekten, die ihre Standpunkte zum Bestand darlegen, Kultautor T. C. Boyle, der in einem alten FrankLloydWrightHaus lebt oder Ausblicke auf die IBA Hamburg, die sich das Bestandsthema auf die Fahnen geschrieben hat. Das KAP Magazin #7 – Kontroversen, Standpunkte, Reportagen. Mit Architekten und Immobilienetwicklern wie Pandion AG, Beos, Ludloff + LudloffArchitekten, Kadawittfeldarchitektur, Designer Piet Hein Eek und Zukunftsforscher Klaus Burmeister. Ein Blick in Futurum und Bestand. Mit Brüchen, die den Blick und Weg in die Zukunft öffnen, das Alte, den Bestand mit dem Neuen sinnvoll verbinden.
Vom Rheinauhafen in die City: Diese und weitere Themen diskutieren wir mit klugen und engagierten Köpfen im KAP Forum am neuen Ort in der Rotonda am Salierring 32 in der Kölner Innenstadt.
Herzlich willkommen und beste Grüße, Ihr Andreas Grosz
BAUEN IM BESTAND: DER BLICK ZURÜCK NACH VORN!Architektur- und Stadtentwicklungskultur
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IN HA LT
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1Seite 9Auftakt-Positionen:Bauen im Bestand – Notwendigkeit, Risiko oder Chance der Stadtentwicklung?Statements von: – Bernd Streitberger, ehem. Dezernent für
Planen und Bauen der Stadt Köln– Prof. Dörte Gatermann, Dipl.Ing. Archi
tektin, Geschäftsführerin, Gatermann + Schossig Architekten
– Asia Kornacki, Plajer & Franz Studio– Jan Schröder, AllesWirdGut Architektur– Armin Wittershagen, Leiter Projektent
wicklung, Hochtief Solutions– Prof. Dr. Michael Voigtländer, Leiter des
Kompetenzfeldes Immobilienökonomik, Institut der deutschen Wirtschaft Köln
– Joachim Bähr, Geschäftsführer, Bähr Ingenieure
2 Seite 27Designen mit Bestand:Als Philips ging, kam Eek um die Ecke Piet Hein Eeks Möbel stammen aus altem Verbundmaterial. Vor zwei Jahren entdeckte der holländische Designer ein ganzes Gelände zum Recyclen.
3 Seite 35Die Welt im Umbruch: Wertschöpfungsperspektiven 2030Eine Studie zeigt, wie man Standorte zukunftsfähig halten kann
4 Seite 43Schreiben im Bestand»Ich bezweifle, dass Wright Bewohner in seinen Häusern haben wollte!«Der amerikanische Kultautor T. C. Boyle schützt einen besonderen Bestand im kalifornischen Städtchen Montecito: ein FrankLloydWrightHaus von 1909.
5 Seite 51Bestands-AufnahmenAkten ordnen: Neues Leben in alter Substanz– die Elba Werke Wuppertal/Belvedere in KölnWie sich Industriearchitektur und Bürozellen in lebendiges Wohnen verwandeln
6 Seite 61Wasser-(Be)StandAnkern am Kreativkai: Leben, Wohnen und Arbeiten im Schatten alter Speicher und Hafenanlagen hat Konjunktur.
7Seite 69Nachhaltigkeit, eine moderne UtopieDie sanierte Turnhalle auf dem Tempelhofer Feld in Berlin
8Seite 77Transformation innerstädtischer Industrie -standorteDas Carlswerk
9 Seite 87IBA Hamburg: 35 Quadratkilometer Patchwork zwischen Stadt und HafenGeschäftsführer Uli Hellweg über ein Entwicklungsprojekt mit Biss
Seite 96Netzwerken im Bestand: KAP goes RotondaKölner Zentrum für Architektur & Design, Bau & ImmobilienWirtschaft entsteht
Seite 97Veranstaltungskalender
Seite 98Impressum
Carpet ConceptObjekt-Teppichboden GmbHT +49 521 924 59 [email protected]
CAS: Sorgsame Hörsamkeit
CAS Collection von Carpet Concept ist ein akustisch wirksames Programm aus
verschiedenen Teppichböden, deren Rücken mit speziell entwickelten Filzen
unterschiedlicher Stärke kaschiert sind. Mit ihrer besonders hohen Fähigkeit
zur Schallabsorption trägt die CAS Collection zu einer ausgeglichenen Akustik
bei – vom Konferenzraum über Callcenter bis hin zu Open Space Büros.
0,0
0,4
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0,2
0,6
1,0
125 500 2000250 1000 4000
Frequenz ƒ/Hz
Schallabsorptionsgrad s
Quelle: Prüfbericht M87 645/3 Müller-BBM
CAS h Concept 300DIN 18041 Teppichboden bis 6 mm FlorhöheDIN 18041 Teppichboden 7 - 10 mm FlorhöheRelevanter Sprachbereich
Alle Teppichböden der CAS Collection erreichen ein Maximum des Schallab-sorptionsgrades in dem für Sprache besonders wichtigen Frequenzbereich zwischen 250 und 1.000 Hz. Er liegt weit über den allgemeinen Werten für Teppichböden nach DIN 18041. CAS erreicht schon ab 500 Hz einen
s Wert von 0,5.Weitere Informationen:www.carpet-concept.de/deutsch/produkte/akustik
Willkommen bei Carpet Concept
Orgatec 201223. – 27. Oktober 2012
Halle 10.2 Stand P10 | N11Halle 10.2 Stand N001
CC_CAS_KAP_200x257.indd 1 08.08.12 10:22
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Quelle: Prüfbericht M87 645/3 Müller-BBM
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BAUENIM BESTAND
BA UENIM BESTABAU IM BESTAN
M ND
AuftaktPositionen
Bauen im Bestand –Notwendigkeit, Risiko oder Chance
der Stadtentwicklung?
Statements von: Bernd Streitberger
Prof. Dörte GatermannAsia Kornacki
Jan SchröderArmin Wittershagen
Prof. Dr. Michael VoigtländerJoachim Bähr
BAUENIM BESTANDBA UENBESTAND
M ND
AuftaktPositionen
Bauen im Bestand –Notwendigkeit, Risiko oder Chance
der Stadtentwicklung?
Statements von: Bernd Streitberger
Prof. Dörte GatermannAsia Kornacki
Jan SchröderArmin Wittershagen
Prof. Dr. Michael VoigtländerJoachim Bähr
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Bauen im Bestand ist die Aufgabe der Zu kunft! Dieser schlichten Aussage wird heute jeder Architekt und Städtebauer gerne zustimmen, sind doch die Planungen von New Towns oder neuen Großsiedlungen im Weichbild der Städte nicht die gegenwärtigen Aufgaben in der europäischen Stadt. Bauen findet heute im Wesentlichen in einem städtisch geprägten Umfeld statt und häufig genug geht es dabei auch um die Transformationen bestehender Grundstücke, Anlagen und Gebäude. Damit kommt es allerdings auch zu einem schleichenden, aber gleichwohl intensiven Umbau unserer Städte, der in der Regel nicht erklärt und nicht geplant ist. Neben der behutsamen Weiterentwicklung vorhandener Strukturen wird die gestellte Aufgabe oft genug auch durch Abbruch und Neubau bewältigt. Gerade an starken Standorten ist der Entwicklungsdruck auf vorhandene Grundstücke immens. Dort wird regelmäßig in Abbruch und Neubau der einfachste Umgang mit der Immobilie gesehen. Dass damit eine Veränderung der Stadt einhergeht, ist den Beteiligten möglicherweise nur am Rande bewusst, in vielen Fällen hat man den Eindruck, dass hier jedes Verständnis für die kontinuierliche Entwicklung der Stadt als Ganzes fehlt.
Dieses Szenario vorausgeschickt zeigt, dass es für die Städte unverzichtbar ist, über ein Planwerk zu verfügen, mit dem dieser Entwicklung der notwendige städtebaulich begründete Rahmen gesetzt wird. Mit dem Städtebaulichen Masterplan Innenstadt hat die Stadt Köln ein Instrument geschaffen, in dem klar vorgegeben ist, wo in der inneren Stadt noch Spielräume zu finden und welche Räume im Interesse der Stadtentwicklung nicht anzugreifen sind. Dabei ist es besonders wichtig, einerseits die Verdichtung und
Vernetzung der vorhandenen Siedlungsstruktur der Innenstadt voranzutreiben und andererseits wertvolle Grünflächen zu erhalten sowie Wege aufzuzeigen, wie diese weiterentwickelt werden können. Gleichzeitig ist das vorhandene Verkehrssystem bei Berücksichtigung zukünftiger Mobilitätsbedürfnisse stadtverträglich auszubauen. Seine oftmals trennende Wirkung muss überwunden und vielmehr ein öffentlicher Raum geschaffen werden, der als Aufenthalts und Lebensraum in der Stadt neue Qualitäten aufweist.
Beim Bauen im Bestand wird sich Abbruch und Neubau nicht völlig ausschließen lassen. Dann ist es wichtig, dass im Rahmen von verlässlichen Konzepten gebaut wird. Dazu gehört als integraler Bestandteil des Städtebaulichen Masterplanes Innenstadt in Köln auch das Höhenkonzept.
Wichtig ist es jedoch, sich die Fähigkeiten und Chancen der Bestände sehr genau anzusehen. Denn oft ist nicht die schnelle Lösung von Abbruch und Neubau wirklich die, die dauerhaft auch der Immobilienentwicklung entgegenkommt. Das eine oder andere, was heute spröde oder deplatziert erscheinen mag, kann morgen vielleicht schon Denkmal oder Kult sein. Köln als Stadt des Wiederaufbaus in den 1950er Jahren hat hier bedeutende Beispiele. Die anstehende Sanierung von Oper und Schauspiel werden belegen, dass modernste Ansprüche an die technischen Möglichkeiten von Bühnen verträglich in vorhandene Strukturen integriert werden können. Weitere Beispiele für diese These finden sich zahlreich in der Kölner Innenstadt, erinnert sei nur an die kongeniale Ertüchtigung des Gürzenich bei Erhalt des wunderbaren Treppenhauses der 1950er. Denn nur dort, wo die Geschichte der Stadt in die Zukunft mitgenommen wird, wird auch die Identität der Stadt und die Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit dieser stark genug sein, um im Wettbewerb der Städte eine herausragende Position einzunehmen.
DIE STADT WEITERBAUEN
Bernd Streitbergerwar acht Jahre lang Dezernent für Planen und Bauen der Stadt Köln und ist heute Geschäftsführer der »Modernen Stadt« Köln
Foto:Köln MasterplanGroßer Offenbachplatz, Köln Seite 14
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Wie kann ich meine Altimmobilie langfristig wirtschaftlich nutzen? Diese Frage stellen sich viele Besitzer und kommen doch oft nicht zu den richtigen Antworten. Woran liegt das?
Diejenigen, die sich mit der Rendite von Immobilien beschäftigen, gehen bei der Bewertung meist von sehr konventionellen Vorstellungen aus. Dies gilt sowohl in Hinblick auf die Verwendung der Struktur als auch auf die Nutzungen. Wenn ich aber langfristig Erfolg haben will, muss hier umfassender und vor allem innovativer herangegangen werden. Selbstverständlich sind die klassischen Faktoren zu bewerten wie Lage, Bausubstanz und mögliche Nutzerstruktur. Hier aber nur mit den gängigen Bewertungsparametern heranzugehen, ist wenig erfolgreich.
Die Lage kann beispielsweise durch eine besondere Architektur »gemacht« werden, wie in Köln der Rheinauhafen gezeigt hat. Hierbei kann die Verwendung historischer Architektur eine besondere Rolle spielen. Der teilweise Wiederaufbau des historischen Bayenturmes aus dem 13. Jahrhundert zum FrauenMediaTurm sowie die Sanierung und Erweiterung des denkmalgeschützten Hafenamtes aus dem 19. Jahrhundert dienten hier als Initialprojekte. Gerade die Verbindung historischer Substanz mit moderner Architektur verspricht eine hohe Identität und damit einen Faktor in der Auswahlentscheidung der Nutzer. Selbstverständlich ist hierbei immer die Besonderheit des Bestandes in Hinblick auf Struktur und Substanz zu berücksichtigen, aber gerade der Denkmalschutz solcher Objekte ist kein Hindernis, sondern für innovative Architekten ein Anreiz.
Besonderes Augenmerk ist bei bestehenden Bauten auf die Grundstruktur zu legen.
Erschließung, Gebäudetiefen, Geschosshöhen und konstruktive Ausbildung sind zu untersuchen, um eine neue Struktur zu entwickeln. Nur wenn die Möglichkeiten klar sind, kann durch oftmals geringe Eingriffe eine völlig neue Option entstehen. Dieses hat sich auch bei im ersten Moment vielleicht schwierigen Objekten wie industriell genutzten Gebäuden gezeigt. So entwickelten wir schon 1995 sowohl neue Nutzungs als auch Arbeitsmöglichkeiten bei der Umwandlung eines stark kontaminierten Wirtschaftsbaues zu einer neuen Bürolandschaft für die Abfallverwertungsgesellschaft Leverkusen. Auch die Überlegungen zur Umnutzung eines alten Kaufhauses führten zu neuen Nutzungsansätzen und dann mit angemessenen Eingriffen zu einer attraktiven Klinik.
Das Hauptgebiet der Planungen liegt aber bei den Bauten der 1960er und 1970er Jahre, die sich oftmals in ihren Möglichkeiten der Revitalisierung erheblich unterscheiden. Zwei Jahre habe ich an der TU Darmstadt die City Nord in Hamburg mit ihren »Dinosauriern« der 1960er Jahre untersucht und neue Chancen für die nach der Charta von Athen entwickelten Strukturen gefunden. Diese visionären bis utopischen Ansätze können wichtige Impulse für die Realisierungsaufgaben sein, wie der klassische Umbau für die IVG in Bonn zeigte oder auch das Gebäude der PKH am Kölner Sachsenring. Eine Betrachtungsebene ist hierbei besonders die Optimierung der inneren Struktur und die Untersuchung der Möglichkeiten in Hinblick auf Einzel, Team, Gruppen, OpenSpace oder nonterritoriales Arbeiten. Die wirtschaftliche Effizienz für die Unternehmen liegt ja gerade darin, ihre Arbeitsstrukturen auch flächenmäßig zu optimieren. Dass dieses möglich ist und hierbei noch ein erheblich besseres Raumgefühl und Raumklima entsteht, zeigen die Umsetzungen.
Bei der Transformation von Gebäuden ist heute selbstverständlich die energetische Betrachtung von großer Bedeutung. Mit einem integralen Planungsansatz lassen sich intelligente Synergien erzeugen, die über die herkömmlichen Aspekte der Nachhaltigkeit weit hinausgehen. Eigene Fassadenentwicklungen, gerade auch für Sanierungen konzipiert, tragen hierzu bei und bringen in Verbindung mit innovativen Technikkonzepten Wirtschaftlichkeit, Qualität und Effizienz. Hierbei ist aber genau zu untersuchen, um was für eine optionale Nutzung es sich handelt und um welchen Gebäudetyp – ein Hochhaus unterliegt eben anderen Anforderungen als ein Flachbau.
Werden also die Kenntnisse um Baukonstruktion, Energieeffizienz und Arbeitsplatzqualität mit innovativen Ideen verbunden, erhält die Altimmobilie eine neue Dimen sion und wird auch langfristig wirtschaftlich.
INNOVATION FÜR DEN BESTAND
Prof. Dörte GatermannDipl.-Ing. Architektin BDA, Gatermann + Schossig Architekten, Köln
Fotos:FrauenMediaTurm, RömerMusem im archä-ologischen Park Xanten, Hafenamt im Rhein-auhafen Köln, Karstadt Gütersloh, Pensions-kasse Hoechst, Verwaltung AWL – Leverkusen, Praxisklinik am NeumarktSeite 15
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Bauen im Bestand, im Speziellen das Store ReDesign, haben ihre eigenen Regeln. Anders als ein Konzept, das von seinem Ursprung entsteht, stellt ein Umbau gleichzeitig auch ganz besondere Herausforderungen an die Architekten und StorePlaner. Das neue Konzept ist nicht losgelöst von den Überlegungen, was mit dem Bestehenden gemacht werden soll, wie es in das neue Konzept integriert werden kann und ob es überhaupt integriert werden kann. Hierbei spielen nicht nur stilistische Aspekte eine entscheidende Rolle. Das Bewusstsein für Nachhaltigkeit wächst stetig und gewinnt immer mehr an Bedeutung in Architektur und Raumplanung. Schließlich tragen wir als Architekten im gewissen Maß auch die Verantwortung dafür, dass unsere Umwelt eine bessere, eine nachhaltigere wird – unter ökologischen, ökonomischen und sozialen Gesichtspunkten. Ökologisch effiziente Räume gehören zum heutigen Zeitgeist und dies betrifft jede Form der Architektur und Innenarchitektur, den Retailbereich mit eingeschlossen. Gefordert werden dementsprechend intelligente Lösungsansätze, welche die Brücke schlagen zwischen einem stilistischen Store unter Berücksichtigung des Wohlfühlaspekts der Kunden sowie einem ökologisch effizienten und nachhaltigen Laden.
Grundsätzlich gilt es, den Einsatz von Baumaterialien auf das Minimum zu reduzieren, um so die Umweltbeeinflussung zu mindern. Dies lässt sich auch stilistisch gut umsetzen, wie man am Beispiel der neuen PUMA Stores in München, Amsterdam und London betrachten kann. Zusammen mit dem internationalen SportlifestyleUnternehmen PUMA hat Plajer & Franz Studio ein ReDesignKonzept entworfen und realisiert. Hierbei standen die Philosophie und die Nachhaltigkeitsziele
des Kunden – PUMA Retail AG – stark im Vordergrund. Es wurde dennoch nicht auf eine stylische Optik, den Wohlfühlaspekt, eine übersichtliche Storeführung und den Spaßfaktor verzichtet. Im Gegenteil, das Storedesign aller drei Läden bietet all das und vereint es in einem innovativen und nachhaltigen Entwurf.
Bereits seit 1993 setzt sich PUMA stark dafür ein, »Kreativität zu fördern, umwelt und sozi alverträglich zu handeln und zum Frieden beizutragen«. Maxime für das Handeln bil den die Unternehmenswerte »fair, honest, positive, creative«, zusammengefasst unter dem Begriff »PUMAVision«. Zum Jahr 2015 hat sich PUMA zum Ziel gesetzt, den Ausstoß von Emissionen um 25 Prozent zu reduzieren und 25 Prozent weniger Energie und Wasser zu verbrauchen. Im Rahmen dieses Nachhaltigkeitsziels steht auch die Optimierung der Stores in Bezug auf ihre bauliche Planung und Umsetzung sowie das Projektmanagement. Die nachhaltige Modernisierung und Transformation der Stores in Amsterdam, London und München basieren auf der Reduktion von Baumaterialien und der Aufwertung des Bestands, indem jeweils existierende Wände unbehandelt und die Decke offen gelassen wurden. Teile des Bestands wurden absichtlich herausgenommen, um die Räume »zu öffnen«, mehr Tageslicht hereinzulassen und dadurch ihre Effizienz zu steigern. Materialien, die zusätzlich zum Einsatz kamen, sind FSCzertifiziertes Holz und zertifizierte Bodenbeläge sowie emissionsarme Farben, Lacke und Klebstoffe. Abgerundet ist das Storedesign mit einem effizienten Beleuchtungskonzept, welches den Energieverbrauch der Läden deutlich reduziert (32 W/m2) und dadurch den CO
2Footprint mindert.
Die Nachhaltigkeitsplanung der Stores erfolgt in enger Zusammenarbeit zwischen PUMA und der Abteilung für »Ganzheitliche Bilanzierung« des Fraunhofer Instituts für Bauphysik. Amsterdam, London und München fungieren dabei als Musterstores, die zur detaillierten Ausarbeitung eines Nachhaltigkeitskonzeptes in Bezug genommen werden und anhand welcher eine internationale Adaption erfolgen kann. Methoden der ganzheitlichen Bilanzierung kommen hierbei zum Einsatz, die – unter Berücksichtigung von ökologischen, ökonomischen, sozialen und technischen Gesichtspunkten – Produkte, Prozesse und Ausbaumaterialien optimieren sollen.
Unsere Aufgabe als Architekten ist es, diese Kriterien in den Entwurf des ReDesigns zu integrieren, dabei intelligent mit dem Be
stand umzugehen und die bereits genannte Brücke zu schlagen zwischen Ästhetik, räumlicher Übersicht und Nachhaltigkeit. Grundsätzlich gilt auch, dabei die Philosophie der Marke, aber auch die Erwartungen der Konsumenten nicht zu vernachlässigen. Letztere sind heute viel kritischer, hinterfragen mehr und das Thema Nachhaltigkeit gehört zu ihrer Lebenseinstellung. Ein StoreKonzept sollte in der Lage sein, diese verschiedenen Aspekte zu reflektieren, um der Marke Authentizität zu verschaffen und den Konsumenten eine Identifikationsmöglichkeit zu bieten.
Neben Ökobilanzen, welche für die PilotStores ausgerechnet werden und auf Optimierungspotenziale und Verbesserungsmaßnahmen hindeuten sollen, entwickelt das Projektteam der »Ganzheitlichen Bilan zierung« des Fraunhofer Instituts gegenwärtig ein softwarebasiertes Tool, das Architek ten und Storeplaner zukünftig bei der Um setzung der Nachhaltigkeitsvorgaben unterstützen soll. Gerade in Bezug auf die Nachhaltigkeit und die Umweltauswirkungen eines Ladens wirft der Bestand viele Fragen auf. Bestehendes zu entsorgen und es mit etwas Neuem zu ersetzen entspricht definitiv nicht unserem Zeitgeist. Ebenso wenig entspricht es der Philosophie unseres Studios. Vereinfacht gesagt: Was gut ist, soll ruhig bleiben und aufgewertet werden, was schlecht ist, darf raus. In der Durchführung sind die Ent scheidungen aber nicht immer so einfach zu treffen und bedürfen konzeptioneller Lösungsansätze in der Entwurfsplanung. Wichtig sind dabei eine integrale Planung und die Lebenszyklusbetrachtung der StoreEinrichtung. Wenn der Bestand langfristig und unter einer ganzheitlichen Betrachtung die Effizienz des Stores reduzieren sollte, so macht es Sinn, diesen zu entfernen und mit neuen, nachhaltigen Produkten zu ersetzen. Dies auch, wenn kurzfristig gesehen dieses Vorgehen zunächst gegen das Nachhaltigkeitsprinzip spricht.
Am Beispiel der PUMA Stores können wir erkennen, dass eine nachhaltige Optimierung im Retailbereich unter Einbezug des Bestands besondere Herausforderungen mit sich bringt. Wissenschaftliche Forschung sowie gestalterisches Können müssen zu sammenfließen, um diesem Anspruch gerecht zu werden. Ist aber nicht genau dies das Spannende daran?
GUTEN BESTAND AUFWERTEN
Asia KornackiPlajer & Franz Studio GbR, Berlin
Fotos:PUMA Stores München, Amsterdam, London Seite 18
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Store Re-Design und UmwelteinflüsseThesen
1. Gemäß dem Zeitgeist erfolgt ein Store- Re-Design im ästhetischen und nachhaltigen Sinne zugleich.
2. Der Umgang mit Bestand bedarf gut durchdachter konzeptioneller Lösungs-ansätze, die auf integraler Planung und einer Lebenszyklusbetrachtung basieren.
3. Im Sinne der Nachhaltigkeit sollte der Einsatz von Baumaterialien auf das Minimum reduziert und »guter Bestand« aufgewertet werden.
4. Ein Storekonzept sollte die Markenauthen-tizität reflektieren, eine entsprechende Büh-ne für das Produkt sein, dabei eine räumli-che Übersicht schaffen und die Aspekte der Nachhaltigkeit integrieren.
»Bauen im Bestand« ist aus unserer Sicht eine Tautologie: entsteht ein Haus nicht ausschließlich auf der abstrakten Matrix aus kariertem Skizzenpapier, sondern wird irgendwo auf der Welt errichtet, dann wird es notwendigerweise »im Bestand erbaut«. Die ganze Welt ist Bestand.
Wie aber ein Gebäude in die Welt einfügen?
Grundsätzlich lassen sich die möglichen Reaktionen auf den Bestand auf einer Skala zwischen zwei Extremen einordnen, die unserer Meinung nach beide nicht a priori ausgeschlossen werden können: Diese Pole sind »Dominanz« und »Unterordnung«. Ein Gebäude kann die vor seiner Erbauung bestehende Situation vergessen machen und seine Umgebung neu definieren. Ein Gebäude kann aber auch die vorherrschenden Qualitäten einer Situation anerkennen, in diesen aufgehen und sie von innen heraus verstärken.
Beide Vorgehensweisen können sinnvoll sein. Welche gewählt wird, muss jedes Mal in Abhängigkeit von Aufgabe und Ort neu entschieden werden. Letztere kann tendenziell einfacher sein, da keine Energie in die Überwindung von bestehenden Identitätsfragmenten gesteckt werden muss. Allerdings wird im Gegenzug mehr geistige und »geschmackliche« Flexibilität beim Erkennen von bestehenden Qualitäten verlangt.
Die meisten Bestandssituationen sind vielschichtig. Die entsprechenden Gebäude werden daher Mischformen sein aus dominanten und sich unterordnenden Aspekten. Beim Platz in Luxemburg beispielsweise gab bereits die Wettbewerbsaufgabe eine dominante Vorgehensweise vor: ein Stück verwaiste
Industriebrache war zu ersetzen durch einen städtischen Platz für viele Menschen. Die bestehende Atmosphäre der Industriebrache erschien uns aber von so großem Wert, dass unsere Gestaltung als Versuch der Unterordnung in diese Atmosphäre zu begreifen ist. Geprägt war die Situation von Weite, Stille und Bauwerksresten, die – je nach Wetterlage – geheimnisvoll im Nebel herumstehen.
In unserer Gestaltung dort fassen wir Aufenthaltsbereiche und Neupflanzungen zu Inseln zusammen, die weite Teile des Platzes leer lassen und gleichzeitig in dieser Leere als Anlaufpunkte dienen. In Gestalt und Material sind die neuen Einbauten entfernte Verwandte der bestehenden Industriefragmente.
Alterungsfähige Materialien wie Beton, Holz und unbehandelter Stahl in Kombination mit einer industriebauartigen Detaillierung erlauben der Patina der Vergangenheit die Wiederkehr.
Der neue Platz entstand gemeinsam mit den umliegenden Gebäuden in Etappen: seit 2005 wächst der Platz abschnittsweise. Bereits vor seiner endgültigen Fertigstellung, geplant für das Jahr 2015, zeugt seine Beschaffenheit durch unterschiedlich weit fortgeschrittene Verwitterung von der eigenen (Bau)Geschichte und verweist damit auf den Wunsch nach Verbindung von Vergangenheit und Zukunft.
DIE GANZE WELT IST BESTAND
Jan Schröder AllesWirdGut Architektur ZT GmbH, Wien
Fotos:Stahlhof Belval-Ouest Esch-sur-AlzetteSeite 19
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Bauen im Bestand bedeutet immer eine Abwägung im Einzelfall gegenüber der Variante Abriss und Neubau. Entscheidend ist, inwieweit die Grundsubstanz des Gebäudes heutigen Nutzeranforderungen genügt.
Die deutschen Innenstädte sind weitestgehend bebaut. Die Kriegslücken sind zwischenzeitlich geschlossen. Industriebrachen als Folge des Umbruches zur Dienstleistungsgesellschaft sind, wo die Nachfrage besteht, zwischenzeitlich entwickelt. Im Ergebnis bedeutet dies, dass freie Flächen Mangelware sind. Bei vielen aktuellen Projekten gilt daher abzuwägen zwischen Abriss und Neubau oder Revitalisierung.
Dabei finden wir im Bestand sowohl städteräumlich als auch gebäudetechnisch die unterschiedlichsten Qualitäten vor. Solche Gebäude, die sich gelungen in ihre Nachbarschaft einfügen, möchte man häufig allein schon aus diesem Grund erhalten. Auch denkmalpflegerische Vorgaben können der Impuls für eine Bestandsentwicklung sein. Sind diese Gebäude dann noch in ihren Grundeigenschaften für eine Weiterverwendung geeignet und ist die Bausubstanz solide, ist die Revitalisierung heute ein zum Neubau gleichwertiger Ansatz. Die Qualitäten müssen dabei Neubaustandard erreichen, da der Nutzer keine Kompromisse akzeptiert.
Die wenigsten Gebäude allerdings entsprechen idealtypisch den obigen Bedingungen. Was ist mit den anderen? Schauen wir uns stellvertretend zwei Beispiele genauer an.
maxCologne
Wegen seiner herausragenden Einzellage ist das ehemalige Lufthansahochhaus über die
Jahre zu einem markanten Zeichen in der Kölner Stadtlandschaft geworden. Zum Zeitpunkt unseres Erwerbes und der Entscheidung über Revitalisierung oder Neubau war die Diskussion um weitere Hochhäuser im rechtsrheinischen Köln und deren Auswirkung auf die Integrität des Kölner Domes in vollem Gang. Ein Abriss des Hochhauses hätte hier immer auch das Risiko des Verlustes dieser Einzigartigkeit bedeutet.
Aber deshalb erhalten? Schließlich handelte es sich um ein Betonmassiv, das in den 1960er Jahren ausschließlich auf die damaligen Nutzerbelange zugeschnitten wurde. Eine Beziehung zum direkten stadträumlichen Umfeld bestand jedoch nicht. Auch die Großraumstrukturen waren nicht mehr zeitgemäß.
Auf Basis intensiver Grundlagenermittlung bot die Revitalisierung die Chance, durch Abbruch des massiven Parkhaussockels das Gebäude mit seiner Umgebung zu verknüpfen und neue attraktive Adressen zu schaffen. Mit gezieltem Abriss und neuen Anbauten konnten die Zuschnitte der Etagen so verbessert werden, dass die Revitalisierung auch aus wirtschaftlicher Sicht die richtige Entscheidung war. Diese war jedoch nur möglich, weil die Grundsubstanz des Rohbaus wie Raumhöhen und Flächenlasten immer noch den heutigen Bedürfnissen entsprach. So mussten für die Vermietung keine Kompromisse eingegangen werden.
Ehemalige Eisenbahndirektion
Das Gebäude der ehemaligen Eisenbahndirektion steht unter Denkmalschutz. Insbesondere die Fassade soll erhalten bleiben. Die Grundrisse sind geprägt von typischen Behördenfluren. Die Bausubstanz insgesamt ist in einem mehr als schlechten Zustand und muss ersetzt werden.
In enger Abstimmung mit der Denkmalpflege wurde daher beschlossen, die Fassaden zu bewahren und mit einem Neubau zu kombinieren. Dabei werden wesentliche Elemente des Gebäudes wie etwa die Eingangshallen rekonstruiert. Die historische Form der Dächer wird ergänzt. So bietet die Revitalisierung die Chance, die historische Stadtsilhouette am Rhein wiederherzustellen und gleichzeitig moderne und zeitgemäße Bürogrundrisse zu realisieren. Der Nutzer profitiert vom Charme und der besonderen Lage des Gebäudes. Gleichzeitig erhält er alle Annehmlichkeiten eines modernen Bürogebäudes.
Fazit
Bauen im Bestand ist also immer eine Einzel fallentscheidung. Durch die sich zunehmend schneller wandelnden Ansprüche an die tech nischen Standards wird in der Regel davon auszugehen sein, dass die gesamte Gebäudetechnik und die Fassaden zu ersetzen sind. Wesentlich wird also sein, inwieweit die Gebäudegrundsubstanz geeignet ist, dem hohen Flexibilitätsanspruch der Mieter auch künftig gerecht zu werden. Die Nutzer werden diesbezüglich ihre Ansprüche nicht zurücknehmen. Daher bedarf Bauen im Bestand grundsätzlich eines robusten und soliden Konzeptes, mit Spielraum für eventuelle Anpassungen während der Bauphase.
ABWÄGEN IM BESTAND
Armin WittershagenDipl.-Ing., Architekt, Leiter Projektentwicklung HOCHTIEF Solutions AG, HTP Rhein-Ruhr, Köln
Fotos:maxCologne Ehemalige EisenbahndirektionSeite 22
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Mit großer Spannung werden jedes Jahr die aktuellen Zahlen zu den Wohnungsbaufertigstellungen und genehmigungen verfolgt. An diesen Daten wird dann festgemacht, wie gut es der Bauwirtschaft geht und wie groß die Wohnungsnachfrage ist. Tatsächlich spielt der Neubau jedoch zunehmend eine untergeordnete Rolle: Im Jahr 2010 entfielen nicht einmal 25 Prozent der Wohnungsbauinvestitionen auf den Neubau, dagegen wurden 122 Milliarden Euro in bestehende Wohnungen investiert. Seit 2005 steigen die Bauvolumina fast ausschließlich aufgrund von Zuwächsen bei den Bestandsinvestitionen. Und dies gilt nicht nur für den Wohnungsmarkt, sondern auch für den Gewerbeimmobilienmarkt.
Angesichts des Rückgangs der Bevölkerung sind dem Neubau klare Grenzen vorgegeben. Im Bestand hingegen gibt es noch zahlreiche Herausforderungen. So sind nur die wenigsten Gebäude vollständig energetisch saniert und noch weniger Gebäude sind altersgerecht umgebaut. Hinzu kommt, dass viele Gebäude umgenutzt werden müssen. Gerade in Ballungsräumen wie Köln steht der hohen Wohnflächennachfrage ein steigender Büroleerstand gegenüber. Und dort, wo die Nachfrage demografisch bedingt zurückgeht, müssen teilweise ganze Stadtteile umgebaut werden, um sie attraktiv zu halten.
Um diese Herausforderungen zu meistern, muss die Politik die richtigen Rahmenbedingungen setzen. Vielfach scheitern ambitionierte Umbauten an rechtlichen Restriktionen oder unangemessenen Auflagen. Hinzu kommen auch steuerliche Benachteiligungen: So können kleinere Sanierungen sofort abgeschrieben werden, Vollsanierungen hingegen nur über 50 Jahre. Die Einführung beschleunigter energetischer Abschreibungen (Afa über 10 Jahre) wäre daher ein Schritt in die richtige Richtung. Weitere müssen folgen, damit unser Gebäudebestand und unsere Städte auch in 20 Jahren noch modern und lebenswert sind.
MEHR INVESTITIONEN IN DEN BESTAND
Prof. Dr. Michael VoigtländerLeiter des Kompetenzfeldes Immobilien-ökonomik, Institut der deutschen Wirtschaft Köln e. V.
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120702_ORG12_200x257_KAP.indd 1 02.07.12 16:47
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Der TGAFachplaner kommt zu verschiedenen Anlässen mit der Fragestellung Bauen im Bestand in Kontakt. Eine häufige Aufgabenstellung ist die Planungsaufgabe Revitalisierung eines Gebäudes. Darunter ist eine grundlegende Sanierung des Gebäudes zu verstehen, die weit über Instandsetzungsmaßnahmen oder Umbauten hinausgeht.
Frühester Ansatzpunkt bei einer Revitalisierung ist die Bewertung der vorhandenen Anlagentechnik bereits im Zuge einer DueDiligencePrüfung für einen Investor. Due Diligence steht für »gebotene Sorgfalt«, mit der der Kaufinteressent die zu erwerbende Immobilie in ihrem Wert, aber auch hinsichtlich potenzieller Risiken bewertet. TGAPlaner werden hierzu vor allem bei Sonderbauten befragt (Bauten mit hoher Nutzerfrequenz oder spezieller Nutzung wie z. B. Versammlungs und Verkaufsstätten, Hochhäuser, Krankenhäuser), da dort die aufwändigste Technik vorzufinden ist.
Dabei spielen die sehr komplexen Zusammenhänge zwischen den sich in den letzten Jahren sehr stark weiterentwickelnden technischen Regeln und baurechtlichen Vorschriften (z. B. Brandschutz, Energieeffizienz, Hygiene) eine immense Rolle. Dieser Faktor wird gerne unterschätzt, die Durchsetzbarkeit eines Bestandsschutzes hingegen überschätzt, so dass Kostenrisiken mitunter nicht vollständig erfasst werden und so die angesetzten Budgets später nicht ausreichen.
Bei Realisierung eines solchen Revitalisierungsprojektes ist es für den Erfolg entscheidend, sich frühzeitig im Detail einen vollständigen Überblick über die vorhandenen Installationen und technischen Anlagenteile zu verschaffen und den Baukörper
genau aufzunehmen. Dazu werden Schächte geöffnet, Abhangdecken entfernt, technische Anlagen besonders untersucht (z. B. Kanalbefahrung, Hygieneprüfung bei Lüftungsanlagen) und die technischen Daten erfasst. Dies muss bereits in der Vorplanungsphase beginnen, da die gesamte Konzeption auf diesen Erkenntnissen aufbaut.
Aus Vermarktungsgründen wird auch bei Bestandsbauten vom Bauherrn ein TGAStandard angestrebt, der vergleichbar mit Neubauten ist. Eine im Regelfall lösbare planerische Aufgabe – wenngleich beim Bestandsbau nicht immer alle modernen Techniken (z. B. Bauteilaktivierung) einsetzbar sind. Im Planungsprozess zeichnet sich häufig ab, dass vor allem die Kubatur alter Gebäude, dabei insbesondere geringe Geschosshöhen, baustatische Aspekte (Unter züge) oder fehlende Technikflächen bestimmte Lösungen (z. B. für Lüftungsanlagen) erschweren bis unmöglich machen. Auch erfordern geänderte baurechtliche Vorgaben häufig teure Kompensationsmaßnahmen wie etwa Sprinkleranlagen oder Brandmeldetechnik für die vorhandene Gebäudestruktur, die bei der Konzeption eines Neubaus nicht benötigt würden.
Es zeigt sich, dass eine umsichtige und de tail lierte Planung auch beim Bauen im Bestand die Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg des Investors bildet. Für die technische Gebäudeausrüstung wird daher auch in Zukunft diese Form des Bauens ein immer wichtigeres Aufgabenfeld darstellen.
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Designen mit Bestand
Als Philips ging, kam Eek um die Ecke
Inken Herzig
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Er ist der Herr der vergessenen Materialien: Piet Hein Eeks Möbel stammen aus altem Verbundmaterial. Vor zwei Jahren entdeckte der holländische Designer ein ganzes Gelände zum Recyclen.
Es duftet nach frisch gesägtem Holz, Musik spielt, eine Kreissäge vibriert – kaum hat man die alten Fabrikhallen aus Backstein betreten, eröffnet sich die Welt des Piet Hein Eek. Helle, deckenhohe Räume, in denen seine kräftigen, klaren Möbel Akzente setzen. Der Designer, der in Eindhoven studierte, ist mit seinen Stühlen, Tischen und Schränken, die mit ihren patchworkartig zusammengesetzten Oberflächen an Schwemmholz erinnern, international gefragt. Wertlose Materialien? »Nicht für mich«, sagt der Gestalter, »ich mag LowTechWerkstoffe und lasse mich bei meinen Entwürfen hundertprozentig vom Material bestimmen.«
Schon früh wurde er von der New York Times mit seinem eigensinnigen Ansatz als einer der Stardesigner Hollands vorgestellt. Eek ist auf dem Teppich geblieben. »Designer haben mittlerweile PopstarStatus und kultivieren ihn. Für unsere Kreativität ist das nicht gut. Popstars kommen und gehen«, ist er überzeugt. Er setzt auf Kontinuität, Nachhaltigkeit und solides Handwerk. In seiner Manufaktur sitzen die Mitarbeiter erst gemeinsam zur Mittagspause am großen Tisch, kurz danach klingt die Band »Men at work« aus den Lautsprechern und die jungen Schreiner bauen an den Werkbänken akribisch Eeks Entwürfe nach. »Wir produzieren fast 100 Prozent meines Designs selbst«, sagt Piet Hein Eek. Zu seiner Kollektion gehören heute Lampen, Stühle, Schränke und So
fas, Kindermöbel und freie künstlerische Arbeiten. Wie sie hergestellt werden, kann jeder Besucher sehen – alle Arbeitsbereiche sind durch lichtes Glas getrennt. Transparenz war für Piet Hein Eek auch in seinem ersten Produktionsort wichtig, in Geldrop, einem Vorort von Eindhoven. Im Jahr 2010 kaufte er dann die alten Produktionshallen des Elektronikunternehmens Philips auf und verlegte Gestaltung, Fertigung und Ausstellung in das einstige Industriegelände. Ein waghalsiges Unternehmen, gesteht er in seinem Büro, in dem er von seinen Mitarbeitern nur durch ein hohes Regal getrennt ist. Der Schreibtisch ist klein, das Reißbrett groß, Papierstapel, Stifte, Erinnerungen und altes Kinderspielzeug zeugen von der Lust an neuen Ideen und Entwürfen.
Unterstützung aus Brüssel erhielt der Designer für seine mutige Idee, sich im LehmannKrisenjahr neu aufzustellen, jedoch nicht. »In Brüssel gibt es zwar entsprechende Fonds, aber sie haben das Konzept nicht verstanden«, erklärt er. Dabei ist es so erfolgreich wie simpel: Einen Ort zu schaffen, der Ateliers, Fertigungshalle, Showroom, Galerie, Restaurant und Veranstaltungen verbindet. Eine gläserne Werkstatt und Produktion, in denen er seine einfache, aber preisgekrönte Möbelidee umsetzt. »Ich will keine Unikate herstellen, denn davon kauft man eines und es ist entsprechend teuer. Sondern authentische Möbel, die seriell gefertigt werden.« Seine Entwürfe werden von einem erfahrenen Team aus 90 Schreinern und Mitarbeitern umgesetzt, produziert, versendet und verkauft. Kein Stück gleicht dem anderen: hier ist das Holz dunkler, dort hat es mehr Patina. Und die Kunden verlassen mit dem Hochgefühl, ein echtes PietHeinEekOriginal gekauft zu haben, stolz die Hallen.
Interessierte reisen inzwischen aus der ganzen Welt an, um das neue Leben in den ehemaligen Keramikwerken von Philips zu erleben. Sie füllen auch das neue Restaurant auf dem Gelände, das mit seiner Speisekarte – Ziegenkäse aus den Niederlanden, Burger mit selbstgemachtem Landbrot – genauso ehrlich daherkommt. Serviert wird auf Blümchenporzellan, das von Omis Esstisch oder dem Trödel stammen könnte. Um das neue Areal ans Laufen zu bringen, trug Piet Hein Eek das persönliche Risiko »Wir verdienten unser Geld mit der Kollektion und subventionierten die neue Idee«, erzählt er. Inzwischen hat sich auch der Standort Eindhoven gemausert. »Es ist die Produktions
region in Holland«, erzählt er. Auch ein Grund, warum immer mehr Designer von Rotterdam aus in das rund dreimal kleinere Städtchen mit seiner berühmten DesignAkademie ziehen. »Eindhoven ist das frisch gebackene Silicon Valley der Niederlande«, lacht Eek und spielt damit auf den neuen Campus an, der ebenfalls auf dem PhilipsGelände entstand. Hier residiert inzwischen das nationale Forschungs und Entwicklungscluster der Niederlande mit rund 100 Einrichtungen. 8.000 Menschen arbeiten an künftigen Anwendungen, die von der Medizintechnik über ITSicherheit bis hin zu Energiemanagementsystemen reichen.
Die ganze Welt – quasi fassbar um die Ecke. Das Gelände inspiriert. Auch Piet Hein Eek. Und er bleibt auch hier seiner zweiten, ganz privaten Erfolgsstrategie treu, wie er es schon nach dem Studium tat. »Die erste Maßnahme war, dass ich mir eine Umgebung gestaltete, in der ich mich richtig wohl fühlte. Denn für mich stand fest: nur in einer Umgebung, in der ich mich gut fühle, kann ich auch richtig spannende Sachen entwerfen.«
Ausstellung: Zu Beginn seiner Arbeit fertigte Piet Hein Eek jeden Stuhl noch selbst: sägte und setzte ihn zusammen. In zwanzig Jahren Designarbeit entstanden unter Eeks Reißbrett eine Menge StuhlVarianten. Bis zum 9. November stellt er die Welt der Modelle in seinen Hallen aus.
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WELTUMBRUCH
UMBRUCH
DIE
Die Welt im Umbruch
Wertschöpfungsperspektiven 2030
Klaus Burmeister
UMBRUCHUMBRUCH
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DIE
Wir leben in einer bewegten Zeit, Umwäl zun-gen und Brüche scheinen an der Tages - ordnung zu sein. Die Volatilität an den in ter-nationalen Kapitalmärkten ist noch lange nicht ausgestanden, die Unruhen in der ara bischen Welt dauern an, technologische Umbrüche in Verbindung mit digital vernetz-ten und bestens informierten Kunden erzwin-gen Veränderungen der Geschäfts modelle. Unsicherheiten gehören mittlerweile zum Alltag. Wie gelingt es in einem solchen Um-feld, Wertschöpfung und Arbeitsplätze in Deutschland zu erhalten?
Diese Frage hat sich der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) gestellt. Unter Federführung vom BDI-Arbeitskreis »Wert-schöpfungsorientierte Innovationsstrategien« und unterstützt durch Z_punkt The Foresight Company ist eine Studie entstanden. Sie identifiziert grundlegende Disruptionspoten-tiale und analysiert in der Perspektive bis 2030, welche Auswirkungen solche Disrupti-onen potenziell auf die Wertschöpfungsstruk-tur in Deutschland haben und wie zukünftig Forschungs- und Innovationspolitik aussehen muss, um den Standort zukunftsfähig zu machen.
Die Atomkatastrophe von Fukushima und die Energiewende in Deutschland waren ein Fanal: Deutschland, Europa und die Welt befinden sich in einer Phase rasanter Veränderung. Die Dynamik, die sich im Finanz und Währungssektor, bei ökologischen und demografischen Fragen zeigt, dazu die hohe Volatilität in vielen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereichen, all dies spricht für eine Zukunft, in der der Wandel nicht die Ausnahme, sondern die Regel sein wird. Eine Zukunft voller Umwälzungen und Brüche scheint
bevorzustehen. Das ist die Grundannahme der aktuellen Studie »Deutschland 2030 – Zukunftsperspektiven der Wertschöpfung«, beauftragt vom BDI, unterstützt vom Kölner Büro für strategische Zukunftsfragen Z_punkt.
Darin zeigt sich, dass neue Formen eines konstruktiven und kooperativen Zusammenwirkens von Politik, Gesellschaft und Wirt schaft notwendig werden. Diese Kooperationen sollten idealerweise auch in zukunfts fähigen Geschäftsmodellen der Unternehmen ihren Niederschlag finden. Die wichtigsten Ergebnisse des Projekts werden im Folgenden zusammengefasst.
Klassische Branchengrenzen werden ver schwinden, dafür entstehen neue, übergreifende Handlungsfelder und Kooperationsformen. Beim Thema Gesundheit beispielsweise geht es um den Einzelnen innerhalb großer Patientengruppen, um seine genetische Ausstattung, sein Verhalten und sein individuelles Lebensumfeld. Die personalisierte Medizin wird dem Rechnung tragen. In der Forschung setzt sich interdisziplinäres Denken endgültig durch, Branchen stehen sich nicht mehr fremd gegenüber, sondern kooperieren, sofern sie an einem gemeinsamen Geschäftsmodell partizipieren (WinWinSituation). Es entstehen maßgeschneiderte Angebotspakete aus Produkten und Services, klassische Sektoren verlieren zunehmend an Bedeutung. Bei Gesundheit, Ernährung und Kosmetik zum Beispiel ist mit der Bildung neuer, zielgerichteter Allianzen zu rechnen.
Die Wertschöpfung im Jahr 2030 verlangt laut Studie nach einem systemischen und ganzheitlichen Verständnis von Innovation. Veranschaulicht am Beispiel Mobilität heißt das: Nicht mehr das Auto als Symbol des Individualverkehrs steht im Mittelpunkt, sondern die Bereitstellung intelligenter und verkehrsträgerübergreifender Mobilität. Entscheidend ist, Qualitätsziele zu definieren: Welche Mobilität wollen wir eigentlich, zu welchem Preis und zu welchen Konditionen? Neue Akteure werden den Markt betreten: Produzenten von postfossilen Antriebssystemen oder Batterien, Energie und ITAnbieter. Städte und Regionen über nehmen mehr Verantwortung und definieren den öffentlichen Verkehr als integralen Bestandteil inter nationaler Mobilität neu. Vernetzte Informa tionsdienste machen nahtlose Mobilität über alle Verkehrsträger hinweg erst möglich.
Die allgegenwärtige Informatisierung wird sich tendenziell in sämtlichen Branchen und Lebensbereichen durchsetzen. Es entsteht ein Internet der Dinge, in dem nicht nur Menschen, sondern auch Objekte selbständig Informationen austauschen werden. Die Perspektive ist eine autonome und globale Steuerung dezentraler Produktionsprozesse in Echtzeit. Die physische und digitale Welt werden verlinkt. Wissensbasierte Systeme helfen, die sich abzeichnende Komplexität zu beherrschen. Die Verschmelzung der Systeme birgt gewaltige Potenziale, aber auch Risiken. Die ITSicherheit wird folglich in der Zukunft eine große Rolle spielen.
Die Wertschöpfung der kommenden zwei Jahrzehnte schließlich wird von nachhaltigen Lösungen geprägt. Deutschland ist eine rohstoffarme Industrienation. Die Versorgungssicherheit ist und bleibt ein Thema mit hoher Priorität. Ob Energie wende, Steigerung der Ressourceneffizienz oder Kreislaufwirtschaft, eine zukunftsfähige Innovationsstrategie wird vielseitige und unkonventionelle Ansätze berücksichtigen. Dabei liegen im Bereich der nachhaltigen Infrastruktur durchaus Exportchancen. Das gilt für Kraftwerktechnologien, für Speichersysteme im Kontext des Smart Grid (intelligente Stromzähler, Anm. d. Red.) und für die Energieeffizienz – Wachstumsmärkte des 21. Jahrhunderts.
Die künftige Geschäftslogik bedarf einer Neuausrichtung der Stakeholder und Kun denbeziehungen. Bereits heute haben KundenCommunities im Internet erheblichen Einfluss. Ihre Stärke liegt in der Offenheit der Kommunikation. Die Positionen im Markt, geprägt von Produzenten, Zulieferern, Kunden und NGOs – sind bereits in Bewegung. Unternehmen können dieser Dynamik zum Opfer fallen, sie können diese aber auch zu ihrem Vorteil nutzen. Erfolgreich wird sein, wer die Fähigkeit besitzt, neue Allianzen zu schmieden. Aber Vorsicht: Prozesse zu steuern wird infolge wachsender Komplexität immer schwieriger. Auch deshalb ist eine emotionale Kunden und Markenbindung als sehr wichtig einzustufen. Zukunftsorientierte Produkte und Dienstleistungen, zum Beispiel für die alternde Gesellschaft, erfordern eine Kommunikation, die nicht nur über Branchengrenzen hinausgreift, sondern den Kunden als Innovator einbezieht.
Der Wandel, so die Schlussfolgerungen aus dem Projekt, wird häufig durch neue wissenschaftlichtechnische Erkenntnisse
DIE WELT IM UMBRUCH
Wertschöpfungsperspektiven 2030
Klaus BurmeisterZ_punkt GmbH – The Foresight Company
ausgelöst. Die Umsetzung im Markt geschieht aber nur unter der Voraussetzung, dass entsprechende Infrastrukturen, Rahmenbedingungen und Geschäftsmodelle vorhanden sind. Chancen und Risiken der Wertschöpfung im Jahre 2030 werden sich deshalb nicht zuletzt auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar machen. Im Zentrum der Wirtschaft steht der Mensch. Für ihn muss es eine Brücke von der alten in die neue Welt der Beschäftigung geben. Paradigmenwechsel der Wertschöpfung
Eine genauere Betrachtung der Ergebnisse aus einer branchen und unternehmensübergreifenden Perspektive lässt allgemeine Muster erkennen. Fünf zentrale Erkenntnisse zum langfristigen Wandel der Wertschöpfung, sogenannte Paradigmenwechsel, werden im Rahmen des Projekts identifiziert. Dabei zeigt sich: Die Dinge werden nicht einfacher, sondern komplizierter. Und die Volatilität nimmt zu. 1. Branchenübergreifendes Kooperations-management wird zum kritischen Erfolgs-faktor in wertschöpfungsorientierten Inno-vationssystemen
Die Grenzen zwischen den Branchen sind schon jetzt längst in Bewegung geraten. Der entscheidende Schritt in die Zukunft ist eine offensive Vernetzung innerhalb traditioneller Branchen sowie mit neuen Branchen. Daraus erwachsen Innovationen und neue Geschäftsmodelle. Wenn es um preisgünstige, unkomplizierte und nahtlose Mobilität für den Kunden geht, sind Akteure aus der Automobilbranche, dem Energiesektor und der ITBranche ebenso gefragt wie Vertreter von Städten und Kommunen. Schließlich müssen auch Elektroautos parken – und ganz nebenbei aufgetankt, oder präziser: aufgeladen werden. Der Übergang vom Auto zum Flugzeug oder zum Fahrrad sollte leicht und entspannt zu realisieren sein. Dafür braucht es Plattformen mit vielfältigen Kompetenzen und die Fähigkeit zur Gestaltung von ProduktServiceInnovationen, sowie nicht zuletzt das aktive Management der Schnittstellen in den neuen, hybriden Wertschöpfungsstrukturen.
Es ist davon auszugehen, dass einzelne Unternehmen alleine tendenziell nicht mehr in der Lage sein werden, die entscheidenden Innovationen am Markt durchzusetzen. Gewinner wird sein, wem es gelingt, die wesentlichen Stakeholder für gemeinsame Strategien zu gewinnen. Es gilt, die Kompetenz 39
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von internen und externen Wissens arbeitern einzubringen – und das flexibel und projektbezogen. Dabei wird es um Partnerschaften auf Zeit gehen und die Akzeptanz von Lösungen für den Benutzer.
2. Auf dem Weg von der partikularen zur ganzheitlichen Innovation
Systeminnovationen über Branchengrenzen hinweg und die Entwicklung integrierter Wertschöpfungsketten haben eine entscheidende Voraussetzung: die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. Die nahtlose Mo bilität verlangt von Akteuren aus unterschiedlichen Branchen, dass sie Pakete aus Produkten und Dienstleistungen schnüren. Sie bestehen zum Beispiel aus Fahrzeugen, dazu aus RealTimeVerkehrsinformationen, Verkehrsleittechnik, Zugangstechnik und anderen Services. Neue Geschäftsmodelle müssen dem Rechnung tragen. In vielen Fällen kommt es zu einer breiteren Streuung von Gewinnen, aber auch von Risiken, Letztere sind z. B. das Auftauchen neuer Akteure aus den Emerging Markets oder auch die Unfähigkeit der Unternehmen angepasste Geschäftsmodelle auf Basis von Wertschöpfungspartnerschaften zu entwickeln.
In der deutschen Innovationslandschaft von heute dominieren Produkte, Dienstleistungen und Prozesse. In Zukunft werden von Beginn an Geschäftsmodelle stärker betrachtet werden, und in diesem Zusammenhang auch Finanzierungsinstrumente und kriterien. Entscheidend ist die Perspektive des Nutzers. 3. Nachhaltige Innovationen werden zum zentralen Hebel der Wertschöpfung
Wenn das fossil gestützte Weltenergiesystem langfristig dekarbonisiert werden muss, also Kohlenstoffemissionen zu vermeiden sind, und wenn Knappheiten bei Rohstoffen eine ressourcenextensive Ökonomie verlangen, dann wird kein Wirtschaftszweig sich dem entziehen können. Nicht nur ökologische, auch soziale Anforderungen, dazu Innovationen auf technischem wie gesellschaftlichem Gebiet bringen den Prozess voran. Zug um Zug wird sich das Thema Nachhaltigkeit in allen Märkten durchsetzen, eine Entwicklung, die traditionelle Branchengrenzen verwischen und neue Wertschöpfungscluster entstehen lassen wird. Auf Seiten der Unternehmen gewinnen neue Instrumente an Bedeutung, die dem ganzheitlichen Ansatz der Nach
haltigkeit Rechnung tragen. Zukunftsfähige Innova tionen werden dann zum zentralen Wachstumstreiber im Land.
Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass reale Knappheiten und veränderte Wertvorstellungen den Umbruch einleiten werden, der neuen ökonomischen Notwendigkeiten entspricht. Stoffströme und Austauschprozesse der Wirtschaft werden neu konfiguriert, weil längerfristige Knappheiten mehr und mehr ins Bewusstsein dringen. 4. Bildung neuer Interessensallianzen – vom Shareholder Value zum Stakeholder Value
Unternehmen werden in zunehmend komplexeren Produkt und Dienstleistungssystemen agieren, neue Geschäftsmodelle werden, wie bereits erwähnt, erforderlich. Diese müssen zudem ihre geschäftlichen Aktivitäten stärker mit unterschiedlichen Interessengruppen abstimmen, um ihre Legitimation auf Wertschöpfung (licence to operate) zu erhalten. Ein Beispiel sind die bereits erwähnten KundenCommunities im Internet, die die Position des Endnutzers im Markt erheblich stärken.
Die Gewinnorientierung von Unternehmen bleibt zwar, so die Annahmen, konstituierend, aber sie unterliegt öffentlichen Debatten. Die Kongruenz von Gewinnorientierung und Gemeinwohlorientierung steht immer wieder im Mittelpunkt der Diskussion, über haupt geraten geschäftliche Aktivitäten zunehmend unter sozialen Rechtfertigungsdruck. Aus all dem ergibt sich in Zukunft die Notwendigkeit, die verschiedenen Stake holder – gesellschaftliche Gruppen, NGOs, vor allem aber die Kunden – in die Geschäftsprozesse frühzeitig einzubinden. Innovationen werden dadurch erleichtert. Unterbleibt die Kommunikation, kommt es leicht zu Akzeptanzproblemen im Verhältnis zu Politik und Gesellschaft. Das wird aktuell bereits bei der Planung neuer Energieinfrastruktur deutlich, etwa Standortdebatten bei Windkraftanlagen und neuen Stromtrassen. Firmen müssen jetzt und zukünftig lernen, sich in diesem Spielfeld zu bewegen und die Erwartungen und Einwände der verschiedenen Anspruchsgruppen auszubalancieren.
Unternehmen, vor allem in konsumentennahen Märkten, werden belohnt, wenn es ihnen gelingt, Kunden und Stakeholder auf verschiedenen Stufen der Wertschöpfung – in der Entwicklung, der Produktion oder im Vertrieb – aktiv einzubeziehen.
5. Wandel von klassischen Planungsprozes-sen hin zum Management und zur Steuerung von Komplexität
Trotz sich abzeichnender Veränderungen werden Märkte jedoch immer weniger planbar. Unsicherheiten und Instabilitäten im Wettbewerbsumfeld werden Teil der neuen Normalität. Sie zu steuern wird zur zentralen Herausforderung, damit aber nicht genug: Auch weiterhin werden Rohstoffpreise schwanken, politische Rahmenbedingungen variieren, Wirtschaftszyklen schneller verlaufen. Krisenhafte Perioden werden sich abwechseln mit Boomphasen; die Verletzlichkeit der zunehmend virtuellen Geschäftsprozesse nimmt also zu. Cyberattacken sind eine permanente Bedrohung, ein nicht zu unterschätzendes Problem, dem es mit adäquaten Lösungen entgegenzutreten gilt.
Die Perspektive: Unternehmen können auf die hohe Volatilität reagieren, indem sie sich darauf einstellen, bei Rohstoffen zum Beispiel langfristige Absprachen zu tätigen. Auch, indem sie ihre Märkte einem permanenten Monitoring unterziehen und ihre eigene Reaktionsgeschwindigkeit erhöhen. Dies kommt einem Systemwechsel gleich: weg vom klassischen Planungsprozess hin zur Steuerung von Komplexität, etwa durch die Vernetzung unterschiedlicher Systemkomponenten und Akteure. Entsprechend verändern sich auch die Organisationsformen: weg von der linearhierarchischen Struktur hin zum Management von Kapital, Waren und Stoffströmen in dezentralen Netzwerken. Der Gravitationspunkt der Wertschöpfung wird sich dabei in Richtung auf die »Intelligenz« (Software, Brainware) von Produkten bewegen, auf die Akzeptanz der Nutzungskonzepte und neue serviceorientierte Geschäftsmodelle.
Der Autor: Klaus Burmeister – »geschäfts-führender Gesellschafter« von Z_punkt, The Foresight Company, ein Beratungsunterneh-men für strategische Zukunftsfragen – hat maßgeblich an der Studie mitgewirkt.
Quelle: BDI – Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. und Z_punkt – The Foresight Company (2011): Deutschland 2030 – Zu-kunftsperspektiven der Wertschöpfung. Ver-fügbar unter: http://bdi.eu/Publikationen_Deutschland-2030.htm (Abruf: 23.07.2012).
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Schreiben im Bestand
Der amerikanische Kultautor T. C. Boyle schützt einen besonderen
Bestand im kalifornischen Städtchen Montecito: ein Frank-Lloyd-Wright-Haus
von 1909.
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SCHRENIM BESND
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»Ich bezweifle, dass Wright überhaupt Be-wohner in seinen Häusern haben wollte!«
Der amerikanische Kultautor T. C. Boyle schützt einen besonderen Bestand im kalifornischen Städtchen Montecito: ein FrankLloydWrightHaus von 1909. Hier lebt und schreibt er. Wie die historische Atmosphäre in seine Bücher fließt, berich tet er bei einem Besuch vor Ort.
Boyle wirkt übernächtigt. »Ich schreibe an einem neuen Roman, habe bisher 90 Seiten fertig und es sollen über 400 werden!« Jährlich produziert der amerikanische Au tor einen Bestseller und hat trotzdem noch Spaß am Schreiben. Tom Coraghessan Boyle, in roten ConverseSchuhen und weiten HilfigerJeans, passiert den akkurat getrimmten Rasen, geht auf sein Haus zu, zweistöckig, mit weitausladenden Flachdächern. »Ein FrankLloydWrightHaus von 1909«, erzählt er, während er die Tür öffnet und eine Katze vom Buchregal verscheucht, das Wright als eines der wenigen Stücke für das Haus entwarf.
»Als meine Frau Karen und ich mit unseren drei Kindern vor zwölf Jahren aus Los Angeles wegzogen, suchten wir ein altes Haus, ein Denkmal. Es gab viele historische Häuser von berühmten Architekten, zum Beispiel von George Washington Smith. Und es stand das einzige Präriehaus westlich der Rockies von Frank Lloyd Wright zum Verkauf.« Das Haus war zwei Jahre auf dem Markt, sollte zwei Millionen Dollar kosten, war heruntergekommen, die Wände aus RedwoodHolz verblichen und verschimmelt, das Dach feucht und die Fensterrahmen gesprungen. Der Makler willigte für die Hälfte des geforderten Preis
es ein, und Boyle schlug zu, mit dem Geld, das er gerade für die Filmrechte seines Romans »Willkommen in Wellville« bekommen hatte.
So zog der Autor, der über MarihuanaAnbau, ÖkoTerroristen und freie Liebe schrieb, in einen Ort, in dem die Straßenschilder aus Holz gezimmert sind, alte Männer Golfrunden drehen und in der Nachbarschaft TVProminenz wie Ophra Winfrey residiert. »Montecito war früher die Sommerfrische für Multimillionäre«, erklärt er. »Hier gab es keine Moskitos, hier wurden Herrenhäuser oder Sommerresidenzen gebaut. Inzwischen werden sie von alternden Filmstars, Produzenten oder betagten Rock’n’RollLeuten bewohnt.«
Boyle, der in seinen Romanen für den Naturschutz und gegen die Überbevölkerung plädiert, war von der Funktionalität des WrightHauses überrascht. »Wright sagte, ein organisches Haus ist immer modern. Aber ich glaube, es ist mehr ein Lippenbekenntnis von Wright. Ich bezweifle, dass er überhaupt Bewohner in seinen Häusern haben wollte«, er lacht. »Aber dann war ich angenehm überrascht, denn dieses Haus ist extrem gut bewohnbar, unsere drei Kinder wuchsen hier auf und es ist gut durchdacht.«
Der Schriftsteller betritt den Eingangsraum, der mit seinen knapp zwei Meter hohen Decken eher gedrungen wirkt und sich später zu doppelter Höhe im sakralgleichen Wohnzimmer aufschwingt. Es gibt keine Innenwände im Erdgeschoss, dafür eine Galerie von Fenstern. Blickt man auf die Gläserreihen, glaubt man sich im Mittelpunkt eines Zylinders, an dem die Jahreszeiten wie im Daumenkino vorbeiziehen. »Wrights Grundgedanke war es, die Natur hereinzuholen«, sagt Boyle. »Er stammt aus der viktorianischen Zeit, als Menschen mehrstöckige Häuser bauten, um zu zeigen, dass sie die Natur domestizieren konnten. Aber er dachte anders. Seine Idee war, nicht auf Gemälde zu schauen, sondern die Landschaft wirken zu lassen. Im ganzen Haus schaut man auf den umliegenden Wald.«
Das WrightGebäude wirkt auf den ersten Blick fragil, aber überlebte als eines der wenigen das schwere Erdbeben von 1925, das fast ganz Santa Barbara zerstörte. Im Erdgeschoss hat Karen Boyle Stühle und Sofas aus der ArtsandCraftBewegung sowie WrightLampen zusammengetragen.
Boyle wippt auf einem GustavStickleySchaukelstuhl, wirkt wie Nat King Cole im Heimatmuseum und erzählt: »Karen ist eine Jägerin und Sammlerin, ihr größtes Drama war: Sie sammelte viktorianisches Porzellan, als wir hier einzogen!« Er grinst, entdeckt auf dem Eichenparkett zwei Wasserflecken, springt auf und poliert sie schnell weg. Eine Frage nach dem Verbleib des unpassenden Porzellans wäre eine rhetorische – es ist schlicht weg. Er geht über eine Holztreppe auf die offene Galerie, die wie eine maßgeschneiderte Kanzel ins Wohnzimmer ragt. Im Obergeschoss plante Wright die Schlafzimmer und Bäder, jedoch weder Wandschränke noch Stauraum. Die Räume sind klein und einer von ihnen fungiert für den Schriftsteller als Büro: ein Arbeitsgral, acht Quadratmeter groß. An den Wänden pinnen Interviews, in Regalen stehen Paperbacks seiner Romane. Über dem Schreibtisch hängt ein Foto von Wright. Nachdem der Architekt das Haus entworfen hatte, bekam er eine MidlifeCrisis. Wright verließ Frau und Kinder, segelte mit Mamah Cheney, der Frau eines Klienten nach Europa. »Seit wir eingezogen sind, dachte ich darüber nach, über Wright zu schreiben«, gesteht Boyle. Schließlich tut er es: 2009 erschien sein Buch »Die Frauen«, in dem er die Lieben und Affären Wrights mit seiner großen Architektur und seinem dramatischen Schicksal verknüpft. Gegen Abend hängt die Sonne glutschwer über Montecito. Boyle serviert einen warmen Sake auf der Terrasse. Glühwürmchen hängen wie kleine Lampions in den Büschen, Baumkronen verschmelzen mit seinem WrightHaus. »Ich war immer zufrieden mit den Orten, an denen ich lebte«, erzählt er. »Ich bin als mittelloses Kind in kleinen Appartements aufgewachsen und als Student in heruntergekommenen Buden.« Seine Frau Karen gesellt sich dazu und setzt sich. »Ich habe alles, was ich brauche, und das meiste wurde mir von Frau Boyle gebracht«, erklärt er mit warmem Blick auf sie. »Und zu unserem Haus: Wir beide wollten ein Haus erhalten, das seinen eigenen Charme hat. Aber das Leben ist zu zufällig, als dass man sich darüber sorgen sollte, in welcher Sorte Haus oder Tipi man lebt. 7 Milliarden Menschen existieren auf der Erde. Jeder Dritte hat nicht genug zu essen oder eine richtige Unterkunft. Wir können glücklich sein, in einem westlichen Gebiet zu leben, in einer Konsumgesellschaft, in der man Produkte kaufen kann, wenn man sie braucht.« Er schnippt eine Mücke weg:
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»Und wie Fans meines Buches ›Freund der Erde‹ schon lange wissen – in nicht allzu ferner Zeit werden die Systeme zusammenbrechen. Es gibt nicht genug Ressourcen und zu viele Konsumenten. Und deshalb sind wir dringend gefragt, für diese Probleme neue Technologien zu entwickeln.«
Lesetipps:
»Wenn das Schlachten vorbei ist«Der neue Roman von T. C. Boyle erzählt über Irrungen und Wirrungen zweier Tierschutz- und Umweltaktivisten. Zielsicher, komisch und tragisch zugleich. Hanser-Verlag, ISBN 978-3-446-23734-6, 22,90
»Die Frauen«Bestimmen Frank Lloyd Wrights Schicksal. Boyle zeigt neue Seiten des genial-exzentri-schen und berühmtesten Architekten der USA. ISBN-10 3446232699, 24,90
T. C. BoyleTom Coraghessan Boyle, geboren 1948 in Peekskill, New York. Verheiratet mit Karen Kvashay seit 1974, gemeinsam haben sie drei Kinder. Seit 1986 ist er Literaturprofessor an der USC, University of Southern California.
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Bestands-Aufnahmen
Akten ordnen: Neues Leben in alter Substanz –
die Elba Werke Wuppertal/Belvedere in Köln
Wie sich Industriearchitektur und Bürozellen in lebendiges Wohnen
verwandeln
Von Dagmar Haas-Pilwat
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Viele kennen sie, die berühmten Aktenordner mit dem Schriftzug »Elba« aus dem Hause einer der führenden Markenhersteller von Büroprodukten und Organisationssystemen in Europa. Aber wer weiß schon, wer als Namensgeber Pate stand? Es waren die damals selbstständigen Städte Elberfeld und Barmen. Heute sind sie längst Stadtteile von Wuppertal. Und auf der Grenze zwischen den beiden am Arrenberg wurden kurz nach der vorletzten Jahrhundertwende – 1904 – die roten Backsteinbauten an der Wupper errichtet. Bis 1998 waren sie die Heimat der ElbaWerke, auch wenn »Elba« im Laufe der Jahre mit dem Werbeslogan »Erfolgreiche Lösungen für besseres Arbeiten« übersetzt wurde.
Nun entstehen im Rahmen einer behutsamen Revitalisierung unter der Regie des preisgekrönten Aachener Architekturbüros Kadawittfeldarchitektur in der leerstehenden Industriehalle 31 Lofts mit höchstem Komfort, viel Platz und Licht. Zu den sechs luxuriösesten Wohnungen in der oberen Etage gehören 50 Quadratmeter große Dachterrassen, die einen kilometerlangen Blick über die Talachse bieten. Daneben sollen in dem sanierten Denkmal aus vier Gebäudeteilen auch Gewerbeflächen für Kreative Platz finden.
Oberbürgermeister Peter Jung bezeichnet das Vorhaben als einen Glücksfall für die Stadt. Die Fabrik gilt als eines der Denkmäler, die für Wuppertals Aufstieg stehen und sie zählt zu den bekanntesten Industriedenkmälern der Stadt. Gleichzeitig stelle die Immobilie schwierige Aufgaben an die Planer, betont Jung. Wenn sie wiederbelebt werde, sei dies auch ein wichtiger Schritt, um die Wupper aus dem
Schattendasein zu holen, in das sie im Laufe von mehr als 100 Jahren gedrängt wurde.
Initiator des Bauvorhabens ist der Eigentümer Bodo Küpper, der das besondere Potenzial des Standortes erkannt hat. »Direkt an der Wupper, der Lebensader der Stadt, eine Immobilie von diesen Dimensionen nutzen zu können, bietet hervorragende Möglichkeiten!« Immerhin weist die alte Fabrik eine beachtliche Nutzfläche von mehr als 5.000 Quadratmetern auf. »Nicht einmal in Düsseldorf lassen sich Gebäude mit ähnlichem Potenzial finden«, betont auch Immobilienexperte Harald Robiné, der als Projektmanager die Fäden in der Hand hält.
Die traditionsreichen ElbaWerke sind einer der seltenen Fälle, in denen ein Industriedenkmal zu einem attraktiven Lebensmittelpunkt mit Wohnkultur transformiert werden kann. »Wir wollen eine Brücke zwischen Historie und Moderne schlagen, Wohnen in Steinen mit Geschichte möglich machen«, sagt Lutz Langer vom Aachener Architekturbüro. Um eine neue Lebenswelt in historischem Ambiente zu schaffen, »mussten wir die Ursprünge des über die Jahrzehnte bis in die 1980er Jahre ständig erweiterten und umgebauten Industriebaus rekonstruieren. Es waren keine Schnitte und Ausführungen mehr vorhanden, die wir als Grundlage hätten nutzen können. Durch die Bombenangriffe während des Zweiten Weltkriegs wurden auch die Unterlagen vernichtet«, erklärt der Projektleiter.
Rationale Raster helfen, das Haus in sei nen Ursprüngen zu verstehen. »Denn wir wollen nicht nur die denkmalgeschützte Backsteinfassade, sondern möglichst viel Substanz erhalten, etwa die Bögen, Stützen und gro ßen Fenster.« Der Aufwand, in einer Bestandsimmobilie Neues zu schaffen, sei – so Langer – ungleich aufwendiger als ein Neubau.
Die Urtypologie neu zu nutzen, Originaltreue herauszuarbeiten, das sei die Herausforderung. Noch zieren Graffiti die Wände des Gebäudes. Die 31 authentischen, mit hohem Komfort ausgestatteten Lofts werden bei überdurchschnittlicher Raumhöhe (3 bis 3,60 Meter) zwischen 85 und 285 Quadratmeter groß sein. Keine der Wohnungen mit Terrassen, Balkonen und Loggien wird wie die andere sein. Sie unterscheiden sich alle in Grundriss und Wohnflächen und verteilen sich auf die drei Gebäudeteile mit unterschiedlichen Ausrichtungen. Geplant sind
derzeit Preise zwischen 2.700 bis 3.300 Euro pro Quadratmeter. Mit der Fertigstellung wird 2013 gerechnet.
Schon im derzeitigen Zustand wecken die von Licht durchfluteten, riesigen Räume den Wunsch, dort Quartier zu beziehen. Verlockend sind allein schon die monumentalen Sprossenfabrikfenster mit der Aussicht auf Wupper und Schwebebahn.
Als Ziel sehen die Planer eine Revitalisierung, die sehr behutsam mit der Bausubstanz umgehen soll. Eine durchdachte Vorgehensweise und ausgesuchte Materialien werden das Interieur aufwerten – etwa barrierefreier Ausbau, geschliffene und polierte Estrichböden, Fußbodenheizung, nicht tragende Innenwände, historische Treppenhäuser.
Für den hofseitigen Anbau, der zur Wupper weist, ist eine Aufstockung vorgesehen, so dass alle Gebäudeteile des Komplexes das gleiche Niveau erreichen werden. Das Dach wird mit Terrassen besetzt sein, die zu den Wohnungen im Obergeschoss gehören. Die anderen Lofts werden über Balkone und Loggien verfügen. so dass jede Wohnung über einen eignen Außenbereich verfügt.
Auch für den Hof ist eine anspruchsvolle Lösung vorgesehen: Insgesamt entstehen im Hof und Hinterhof Stellplätze für die Wohneinheiten und das Gewerbe. Besonders schön: Unter einem begrünten Dach im Innenhof wird es allein 30 Parkplätze geben.
Wenn nun ein neues Kapitel in der Historie der ElbaWerke aufgeschlagen wird, dann wird das lange Zeit nicht so gut angesehene Quartier an der Wupper sein Comeback feiern – davon sind die Macher überzeugt. Eingerahmt von Grünflächen wird wohl auch die Kunst nicht ganz aus den ElbaHallen verschwinden. Nachdem sie in der jüngeren Vergangenheit der Kultur eine außergewöhnliche Bühne geboten haben mit Theaterdarstellungen, Lesungen, Ausstellungen mit Gemälden, Installationen und Skulpturen sowie Filmvorführungen und Konzerten, soll auch in Zukunft die bildende und darstellende Kunst vor Ort erlebbar sein.
INDUSTRIE-BESTANDAkten ordnen: Neues Leben in alter Fabrik – die Elba Werke Wuppertal
Dagmar Haas-Pilwat
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Keine Lofts in ausgedienten Fabrikhallen, dafür Wohnen mit Aussicht in ehemaligen Bürozellen: Das Belvedere in Köln ist anders als die ElbaWerke in Wuppertal ein gelungenes Beispiel für die Revitalisierung einer Büroimmobilie in ein exklusives Wohngebäude.
AltMüngersdorf ist ein idyllisches Fleckchen im westlichen Köln – ein beliebtes und beschauliches ein Viertel mit viel Grün. Neben modernen Stadtvillen gibt es entlang der Belvederestraße zahlreiche Häuser, die noch den ursprünglichen Charakter dieses Vorortes widerspiegeln. Mittendrin ragte ein siebengeschossiger, massiver Bürobau in die Höhe. Nicht nur von den Anwohnern wurde der graue WaschbetonCharme der 1970er Jahre als städtebaulicher Schandfleck empfunden.
Nachdem der Projektentwickler Pandion die zuvor von der DEG – Deutsche Entwicklungs und Investitionsgesellschaft – genutzte Liegenschaft erworben hatte, sollte der massive Bau mit seiner tristen Fassade abgerissen und durch ein Neubauensemble in gleicher Höhe und Massivität ersetzt werden. Dagegen regte sich schnell und heftig Widerstand. Schließlich musste Pandion seine Neubauplanungen einstampfen, nachdem der Stadtrat die so genannte »Hangterrassenkante« an der Herrigergasse unter Landschaftsschutz stellte und so Neubauvorhaben dieser Größenordnung nicht mehr zuließ.
Nach einer langen und schwierigen Planungsphase ging das Wohnprojekt aber dann doch mit einem völlig neuen Konzept an den Start. Nun werden dort, wo vor wenigen Jahren noch die Angestell ten der Deut
schen Investitions und Entwicklungsgesellschaft (DEG) an ihren Schreibtischen saßen, demnächst Singles, Paare und Familien einziehen. Das profane Bestandsgebäude aus den 1970ern Jahren wird bleibt erhalten, wird entkernt und nach den Plänen der Arbeitsgemeinschaft Römer Partner Architektur und msm Meyer SchmitzMorkramer zu 69 Eigentumswohnungen mit großzügigen Dachterrassen oder Balkonen revitalisiert.
In AltMüngersdorf, einem Quartier mit Cha rakter, das bis heute durch denkmalgeschützte Hofanlagen, Fachwerk und Backsteinhäuser geprägt ist, wachsen nun auf 6.700 Quadratmetern am Hang stehende Gebäude mit weißen Fassaden und klaren Formen. In der Nachbarschaft zum Terrassenbau des Wohnensembles Belvedere gruppieren sich die drei modernen Stadtvillen mit 21 Eigentumswohnungen entlang der Herrigergasse, die das Quartier als Fußweg durchquert.
Architektonisch setzt das Pandion Belvedere ab 2013 weit hin sichtbare Akzente. Denn von der Belvederestraße aus umfasst das Gebäude sieben Geschosse, von der Westseite betrachtet ist das Gebäude sogar zehn Stockwerke hoch. Die Wohngrößen liegen zwischen 55 und 166 Quadratmetern, die durchschnittlichen Kaufpreise belaufen sich auf rund 3.800 Euro pro Quadratmeter, die PenthouseWohnungen in den oberen Stockwerken liegen deutlich darüber (6.000 Euro). Dafür gibt es modernsten Wohnbaustandard mit hochwertiger Inneneinrichtung, erläutern die Architekten. »Der Plan zeigt, dass man aus einer Büroimmobilie ein sehr schönes Wohngebäude machen kann«, so Architekt Caspar SchmitzMorkramer.
Auch sonst erwartet die zukünftigen Eigentümer Wohnkomfort. Ein hauseigener ConciergeService soll die Bewohner in ihrem Alltag unterstützen. Die Fassade wird komplett neu eingedämmt und so auf den neuesten Stand der Isoliertechnik gebracht. Zugleich soll die gesamte Außenhaut des Gebäudes aufgehellt und dadurch attraktiver gestaltet werden. Bodentiefe französische Fenster und ein hochwertiges Interieur mit Parkettboden und feiner Sanitärkeramik runden das Wohngefühl ab.
Einen besonderen Clou versprechen die Planer bei der Haustechnik. Die hauseigene zum Haus gehörende Tiefgarage mit 90 Stellplätzen spielt dabei eine wichtige Rolle. Die dort erwärmte Abluft soll über Wärme
tauscher und eine so genannte LuftgasWärmepumpe zur Wärmegewinnung in der Wohnimmobilie genutzt werden.
26 Millionen Euro lässt sich der Projektentwickler die Baumaßnahme kosten. Auf die neuen Bewohner jedenfalls wartet dank der Hanglage an einem ehemaligen Rheinarm in der Mehrzahl der Wohnungen von den großzügigen Dachterrassen oder Balkonen eine einmalige Sicht auf die City und ihren Dom.
VOM SCHREIBTISCH AUF DIE TERRASSEBelvedere in Köln: Wenn aus Bürozellen großzügige Wohnungen entstehen
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konnten, gelang es uns, dieses Konzept in die Tat umzusetzen: durch weich fließende, sanfte Farbübergänge und wellenartige
Licht sequenzen scheinen die geschwungenen Linien des Gebäudes auf faszinierende Weise in Bewegung zu geraten.“
Ben van Berkel
Mitgründer / Direktor von Architect UNStudio
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Häfen sind Lebensadern und Verkehrsarme. Auch in weniger maritimen Regionen ist die Liebe zum einstigen Umschlagplatz entbrannt. Leben, Wohnen und Arbeiten im Schatten alter Speicher und Hafenanlagen hat Konjunktur.
Hamburg macht es mit der Speicherstadt vor und auch wenig küstennahe Regionen wie NordrheinWestfalen entdecken das Flair alter Hafenanlagen. Traumhafte Entwicklungsflächen zwischen Ladekran und Wellenschlag werden neu geplant. In Münster beispielsweise, das bisher mit seinen historischen Gebäuden und der alten Universität verknüpft wurde, hat die Stadtentwicklung den Innenhafen zum Kreativkai ausgebaut. Aus Getreidespeichern wurden Kunsthäuser, Werbeagenturen, Architekturbüros, oder Verlage wie Coppenrath siedelten sich dort an.
Die Mischung aus Wasser und alter Industrie funktioniert: Auch in Duisburg lockte die Mischung Kunst und Kulturschaffende, Gastronomen und Unternehmer an die einstigen Güterumschlagplätze. Seit jeher war die Stadt geprägt durch ihre Lage an Rhein und Ruhr: Diente doch der Innenhafen mehr als hundert Jahre lang als größter, europäischer Getreideumschlagplatz. Einige der alten Speichergebäude wie die Küppersmühle zeugen noch davon. In den 1990er Jahren dann entwickelte sich hier ein neuer Stadtteil, dessen Masterplan Architekt Norman Foster zeichnete. Mehr als 550 Millionen Euro kostete die Quartiersentwicklung und brachte der Stadt neue Power, unter anderem durch Hitachi Power Europe. Das Unter nehmen zog 2007 in den Duisburger Innenhafen und schaffte rund 900 neue Stellen. Etwa 60 Prozent der entwickelten Flächen
werden heute von Unternehmen im Hafen als Büro genutzt, der Rest verteilt sich auf Wohnen und Leben am Wasser.
Ehrgeizige Pläne verfolgt man auch im süd lich gelegenen Düsseldorf: die Neuss Düsseldorfer Häfen haben sich zu den drittgrößten Binnenhäfen in NRW gemausert. Sie sind Umschlagort für Container, Fahrzeuge, Flüssig und Stückgut. Nach Fusion mit den beiden Wirtschaftshäfen der angrenzenden Städte Neuss und Krefeld vor knapp zehn Jahren werden heute auf einer Gesamtfläche von 500 Hektar rund 15,8 Millionen Tonnen Güter angeliefert, umgeladen, verarbeitet und veredelt.
Die Zahl der Mitarbeiter am Düsseldorfer Hafen wächst stetig und geht einher mit dem Ausbau des Containerterminals und der neuen Lagerhallen. Die Logistik wurde ein wichtiger Pfeiler der Region – der Hafen führt Lkws, Eisenbahnen und Schiffe zu sam men. Mit dem Rhein als größter Wasser straße stehen ideale Verbindungen zur Verfügung: zu den Seehäfen und den wichtigsten Wirtschaftszentren Europas. Arbeit und Mobilität am Wasser prägt daher auch die Düsseldorfer Initiative Zukunft durch Industrie e. V. (ein Zusammenschluss namhafter Großunternehmen unterschiedlicher Branchen), die sich seit ihrer Gründung 2008 intensiv für die logistische Anbindung an Straßen, Wasser und Schiene einsetzt. »Nur so hat die Industrie die Chance, ein starkes Stück von Düsseldorf zu bleiben und zum [wirtschaftlichen] Erfolg der Landes hauptstadt beizutragen«, erklärt der Vereinssprecher Nikolai Juchem. Damit liefert er auch Mobilitätsexperten weitere Argumente: Sie warnen seit langem vor einem nahenden Chaos. Mehr Fracht gehöre auf Wasser und Schiene, sonst drohe NordrheinWestfalen ein Verkehrskollaps. Dem Rhein komme dabei eine tragende Rolle zu, betont Düsseldorfs Oberbürgermeister Dirk Elbers. Das Ziel sei, die Fracht per Schiff beispielsweise von Rotterdam bis nach Düsseldorf zu transportieren, hier Containerflächen zur Verfügung zu stellen und weitere Betriebe für Montage und Veredelung anzusiedeln. Deshalb soll nun der Reisholzer Hafen zum DPort, einem internationalen Hub, ausgebaut werden.
Ein erster Schritt auf dem Weg in die Zukunft gelang bereits vor wenigen Wochen: Der »Überflieger«, eine neue Brücke mit einer an zwei Stahlbögen aufgehängten Fahrbahnkonstruktion, macht eine kreuzungsfreie Verbindung in den Düsseldorfer
Hafen möglich. Fünf Millionen Euro hat die Stadt in den Neubau investiert. Mit der Brücke wird die Anbindung des Hafenbereiches nun deutlich schneller und dringend notwendig: Die rasante Entwicklung des Düsseldorfer Medienhafens und das damit einhergehende Verkehrsaufkommen wuchs und wächst stetig. Die Prognose für die Verkehrsentwicklung sieht bis 2020 einen Anstieg des Individualverkehrs um etwa 60 Prozent, des LkwAnteils um 30 Prozent und des öffentlichen Nahverkehrs sogar um 67 Prozent vor.
Nun ist der Hafen nicht nur um ein logistisches, sondern auch architektonisches Highlight reicher: Die »Überflieger«Brücke, die das Neusser Büro Airbag /Wienstroer plante, verbindet filigran Stadt mit Hafengebiet und Medienhafen.
Schon längst ist der Düsseldorfer Hafen damit Paradebeispiel für den Wandel. Bereits in den 1970er Jahren wurde deutlich, dass der Hafen mit seinen klassischen Firmen schrumpfen würde. Die Entscheidung, just in dieser Zeit einen Landtag direkt am Rhein zu bauen, brachte Schwung für einen Neuanfang. »Sie war eine Initialzündung für die Entwicklung des Medienhafens«, resümiert der städtische Planungsdezernent Gregor Bonin rückblickend. Die Stadtplaner hatten damals die Vision, ein modernes Viertel am Fluss zu gestalten. »Wasser ist immer faszinierend und regt die Phantasie an«, ist Bonin überzeugt. Es wecke Emotionen und Sehnsucht nach neuen Horizonten. Gute Voraussetzungen, an den ausgedienten Becken des Zoll und Handelshafens ein außergewöhnliches Viertel mit besonderem Reiz zu schaffen.
Die Ausstrahlung der Hafenarchitektur hat ihre Wirkung auf Unternehmen nicht verfehlt – Leerstände sind kaum zu verzeichnen. So ist der Hafen zu einer Art Brennpunkt für Düsseldorfs Wirtschaftsstandort geworden. Vermisst wird nur nach wie vor der Schwerpunkt Wohnen, der in der Entstehungszeit nicht möglich war, weil an zentraler Stelle noch Industriebetriebe arbeiteten. Nun liegen schon Pläne für den Bau zweier großer Wohntürme, die »Königskinder« – so werden die Häuser wegen der eigens dafür kreierten Dachskulpturen des Künstlers Markus Lüpertz genannt –, fertig in der Schublade. Die Stadtplaner sind überzeugt, dass mit diesen neuen Wohnungen der Hafen erst recht zu einem Zeugnis für den gelungenen Wandel eines alten Industrieviertels zu einem modernen Stadtteil wird.
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Werkstattbericht
Nachhaltigkeit, eine moderne Utopie
Jens Ludloff
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Die sanierte Turnhalle auf dem Tempel hofer Feld in Berlin versucht, das Schlagwort »Nachhaltigkeit« neu zu bewerten und findet dabei eine neue Ressource.
Als das Bezirksamt Berlin Tempelhof Ende der 1950er Jahre die Grundschule auf dem Tempelhofer Feld plante und realisierte, war die Welt eine andere – in zweifacher Hinsicht. Man schaute zurück auf einen immer noch recht nahe zurückliegenden Neuanfang mit vorangegangenem mehrfachem Wechsel aller politischen und ästhetischen Werte und schuf funktionale Gebäude, die mit vergleichsweise bescheidenen Mitteln mitunter eine überraschend sinnliche Leichtigkeit ausstrahlen konnten. So entstanden neben außerordentlichen Bauten auch unzählige profane Gebäude, die nie das Zeug zum Einzeldenkmal hatten. Die Turnhalle auf dem Tempelhofer Feld, 1960 als Teil einer städtebaulich reiz vollen, parkartigen Schulanlage fertig gestellt, war eine solche »graue Maus« und zudem durch Teilsanierungen und Wärmedämmmaßnahmen in den 1990er Jahren stark überformt.
Nachdem unser Büro sich bereits beim 2009 fertig gestellten Neubau einer Mensa mit dem Gebäudeensemble auseinandergesetzt hatte, lagen bei der Turnhallensanierung andere Maßgaben zugrunde: Die Herausforderung bestand darin, bei einer sogenannten »energetischen Sanierung« die geltende Energiesparverordnung um 20 Prozent zu unterschreiten. Mit dieser Aufgabe betraut, haben wir den Weg des lediglich optimierten Gebäudebetriebs bald um eine energetische Gesamtbetrachtung erweitert.
Nutzen statt Ersetzen: Fairplay in der Effizienzberechnung – auf der Suche nach versteckter Energie
Sanierungsmaßnahmen an vergleichbaren Gebäuden konzentrieren sich gewöhnlich vor allem auf den Energieverbrauch beim Betrieb des Gebäudes. Um die Energiesparverordnung einzuhalten oder noch zu übertreffen, wie in unserem Fall, werden mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln Wände, Fenster und Dächer ertüchtigt.
Materialschichten und Maßnahmen aus früherer Zeit werden oftmals abgetragen und durch zum Teil komplizierte Verbundwerkstoffe des »state of the art« ersetzt. Die Sanierungsmaßnahme selbst, die Ressourcenvernichtung und die beim Bau erzeugten Folgemaßnahmen werden dabei weder evaluiert noch in die energetische Bilanz miteinbezogen. Der Erfolg einer Sanierung errechnet sich aus der VorherNachher Differenz der im Betrieb des Gebäudes eingesparten Kilowattstunden.
Während der Analyse der vorhandenen Bausubstanz im Zuge der Entwurfsplanung zeigte sich für uns eine energetische Gesamtbetrachtung als sinnvoll, mehr noch: als notwendig. Wir versuchten, dem Gesamtumfang der im Bauwerk gebundenen sogenannten »Grauen Energie« auf die Spur zu kommen, bezogen auf die vorhandene Substanz wie auch auf das neu zu verbauende Material. Diese sowohl vergangenheits als auch zukunftsorientierte Entwurfsstrategie bewertet den Energieaufwand, der bei den aktuellen Rückbau und Entsorgungsprozessen, bei der Herstellung des verplanten Baumaterials sowie bei der zukünftigen Entsorgung des Gebäudes entsteht. Diese Betrachtungs und Entwurfsweise führt zwangsläufig zu einer neuen Gebäudetypologie: Zum einen wirft sie die vorhandenen, überholten energetischen Maßnahmen nicht zwangsläufig auf den Müll und zum anderen werden sämtliche Konstruktionen so geplant, dass nach Ablauf ihrer Lebenszeit eine sortenreine Trennung der Komponen ten und eine Entsorgung oder Wiederverwertung nach heutigem Kenntnisstand auf einfachem und lokalem Wege möglich ist.
Eine Passivhalle für aktive Benutzer
Die Entwurfsplanung begann wie üblich mit einer Bestandsaufnahme der Gebäudehülle, wobei dem Abwägen der Möglichkeiten für den Erhalt oder die Ertüchtigung von Bauelementen unter dem Aspekt des
energetischen Gesamtlebenszyklus eine wichtige Rolle zukam. Nach eingehender bauphysikalischer Prüfung entschieden wir uns zum Beispiel dafür, die in den 1990er Jahren konstruierte Fassadendämmung aus acht Zentimeter starkem Polystyrol großteils zu erhalten und auszubessern, obwohl diese unter dem heutigen Dämmstandard liegt. So konnten wir die Entsorgung einer großen Menge von Verbundmaterial sowie ein erhebliches zu produzierendes und zu verbauendes Materialvolumen einsparen. Um Minderdämmstärken ausgleichen zu können, fand bei anderen Bauteilen eine gezielte Überdämmung statt.
Unser Ziel war es, die Gebäudehülle so zu gestalten, dass sich bereits durch die Konstruktion und die Materialien sowie durch das passive Verhalten des Gebäudes mitsamt seiner Licht und Luftführung ein gutes Innenklima einstellt. Für alle Neukonstruktionen wurden nachwachsende Rohstoffe oder, wo dies nicht möglich war, nur sortenreine und hochgradig recyclingfähige Rohstoffe eingesetzt. In diesem Zusammenhang war auch die Nutzung regenerativer Energiequellen eine Selbstverständlichkeit, also Solarkollektoren für die Wasseraufbereitung, die Nutzung vorgewärmter Luft aus Nebennutzflächen zur Konditionierung ausgewählter Hauptnutzflächen und die Möglichkeit der Nachtlüftung für den Hallenbereich. Der Einsatz fossiler Brennstoffe konnte auf ein Mindestmaß reduziert werden.
Dass eine solche Zielsetzung in einem Schulgebäude und ausgerechnet in einer Turnhalle vollzogen wurde, hat eine sinnliche Logik. Sporthallen aus vergangenen Jahrzehnten dienten vor allem der Erziehung und Ausbildung zu Zweckmäßigem, zu Disziplin und Leistung. Wie kann das klassische Motto »mens sana in corpore sano« (lat.: ein gesunder Geist in einem gesunden Körper) aber stattfinden, wenn heute, da persönliche Ziele zum Glück nicht mehr in früherem Maße durch Zwang, Verzicht und Härte herbeigeführt werden, nicht auch das Gebäude selbst als »gesunder Körper« empfunden werden kann? In diesem Sinne verband sich in diesem Projekt die energetische mit der ästhetischen Gestaltung des Gebäudes.
Sichtbare Schichten im Außen- und Innen bereich
Nach dem Rückbau großer Teile der Innenverkleidungen wurde die filigrane Tragstruktur des Gebäudes sichtbar. Wegen fehlender
NACH-HALTIGKEIT, EINE MODERNE UTOPIEJens LudloffLudloff+Ludloff Architekten BDA, Berlin
Tragwerksreserven der Deckenkonstruktionen waren alle Neubauteile gewichtsoptimiert zu planen. Die Westseite des Gebäudes, bisher nur halbhoch verglast, wurde vollständig geöffnet. Als Alternative zu einer abgehängten festen Decke entwickelten wir eine ballwurfsichere Spanndecke aus lichtdurchlässigem Glasgewebe auf einer Metallrahmenkonstruktion. Sie schützt und verbirgt alle technischen Einbauten sowie die Akustikelemente. Gleichzeitig bleibt dieStruktur der Konstruktion ablesbar und sichert im Bereich der Verglasungen eine blendfreie Tagesbelichtung.
In den Hallenanbauten wurde eine leichte StakaSystemdeckenkonstruktion freigelegt, in Teilbereichen ertüchtigt und als Lichtreflektor nutzbar gemacht. Die Sanitärtrakte wurden entkernt: neu installierte Dusch und Wascheinheiten sind als offene Fliesenkörper in die Umkleideräume eingestellt.
Auf der Außenhaut erhielt der »patchworkartig« ausgebesserte Bestandsputz einen farbigen Anstrich mit einer Linierung aus unterschiedlichen Farbfamilien. Eine Fassade aus Holzstäben, die sich in Form eines Paravents um diese gewachsene Struktur legt, führt die Zeitspuren der baulichen Geschichte zusammen. Der Paravent macht sich als Teil des Laubengangs von der eigentlichem Halle unabhängig. Dadurch gelingt es, Neu und Altbauteile unter Stärkung der vorhandenen Strukturen zu einem Gesamtensemble zusammenzuführen. Die farbigen Linie rungen und die Struktur der Holzstäbe halten das Gebäude visuell zusammen. Der Bau fügt sich harmonisch und ohne ästhetische und stilistische Verwirrungen in den parkähnlichen Raum mit dem gewachsenen Baumbestand ein.
Generationswechsel in der baulichen Vernunft
Seit Jahren kreisen die Diskussionen um Schlagworte wie Nachhaltigkeit, Ökobilanz, Ressourcennutzung. Und mit der inflationären Sinnentleerung der Begriffe kommt eine gewisse Abstumpfung für diese Themen auf. Sämtliche Wirtschaftszweige haben sich Markierungen aus dem »grünen«, dem »biologischen« Bereich angeeignet und pflegen sie zugunsten weiterhin ansteigender Unvernunft. Erst nach und nach wird dabei deutlich, dass nur das Einbeziehen sämtlicher Faktoren eines Produktions oder Handlungsprozesses zu gültigen Bildern und Werten führt.
Versteht man Architektur weniger als das Ergebnis von Forschung, sondern vielmehr als das Produkt einer künstlerischen und
technischen Praxis, versteht sich von selbst, dass sich nachhaltig gedachte, intelligente Architektur jeder Normierung widersetzt. Denn für jeden Bau müssen eigene Kriterien gesucht und gefunden werden. Der Nachhaltigkeitsdiskussion in der Architektur fehlt aktuell meistens die wichtigste Ressource: die Bausubstanz. Ferner fehlen – so unverständlich und unvernünftig seitens der Indus trie nachvollziehbar – verwendbare und aner kannte Daten zum gesamtheitlich errechneten tatsächlichen Ressourcenverbrauch der Baumaterialien, eben dem Maß an im Werkstoff gebundener Energie. Diese Wissenslücken zu schließen bzw. zugänglich zu machen, ist eine dringende Notwendigkeit – als Basis jeglichen architektonischen Handelns.
Darüber, wie viel »versteckte Energie« ein Gebäude enthält, entscheidet der Architekt alleine während der Planung. Zu einem späteren Zeitpunkt kann dieser rohstoffverschlingende Faktor nicht mehr eingespart werden. Die »Graue Energie« lässt sich also gleichsetzen mit den »Grauen Zellen des Bauverstands«. Genauso verhält es sich mit den Aufwendungen für die spätere Entsorgung des Gebäudes, die nur durch einfache, vorausdenkende Konstruktionen umweltgerecht geplant werden kann. Allein die Betriebsenergie eines Gebäudes kann durch eine bedarfsgerechte Nutzung und Optimierung der Anlagentechnik auch im Verlauf eines Gebäudelebens beeinflusst werden.
Die Feststellung, dass die große Zeit des Abreißens und Neubauens vorüber ist, mag uns Architekten bitter schmecken. Die Einsicht in die Notwendigkeit des neuen Planens wird jedoch von der Hoffnung begleitet, dass eine Generation heranwächst, die sich ihrer selbst nicht über das ständig Neue und den Abbruch des Alten vergewissern muss und die den Wert der in der Architektur eingelagerten Zeit erkennt, die also Diversität als Befruchtung und nicht als Bedrohung empfindet, eine neue Kultur der Ästhetikerfahrungen sucht und in der Reduzierung eine Bereicherung entdecken kann. Auf diesem Wege ließe sich sogar der geschundene Begriff der Nachhaltigkeit recyceln.
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Werkstattbericht
Transformation innerstädtischer Industriestandorte:
Das Carlswerk
Holger Matheis
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Einführung
Die Entwicklung von Bestandsimmobilien wird in Zukunft einen immer größeren Stellenwert einnehmen. Schon aus Nachhaltigkeitsgesichtspunkten ist die Beschäftigung mit vorhandener Bausubstanz ein wesentlicher Beitrag zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen. Warum einen Neu bau errichten, wenn ein Bestandsgebäude genutzt werden kann? Warum neue Flächen versiegeln, leben wir doch in einem Land, das sich in den nächsten Jahrzehnten in vielen Städten eher mit Schrumpfungstendenzen denn mit Wachstum auseinandersetzen muss. Ein Beitrag dazu kann die Bestandsentwicklung leisten, die eine besondere Herausforderung an alle Beteiligten darstellt.
Innerstädtische Areale bieten ein enormes Potenzial für solche Bestandsentwicklungen. Im Besonderen gilt dies für Unternehmensimmobilien an traditionsreichen oder gewachsenen Standorten, die nicht mehr oder nur noch zum Teil von den Unternehmen, in deren Besitz die Immobilien meist sind, genutzt werden. Oft sind diese Areale hervorragend angebunden und befinden sich in einem städtischen Kontext. Flächen dieser Größenordnung können meist im innerstädtischen Zusammenhang nicht mehr gefunden werden und eignen sich daher hervorragend für die Ansiedlung von Unternehmen. Einerseits benötigen die Unternehmen eine gute Anbindung an das Autobahnnetz, ebenso wichtig ist für die Mitarbeiter andererseits die Anbindung an die Innenstadt durch den ÖPNV.
Aus Investoren und Anlegersicht verfügen Unternehmensimmobilien als Assetklasse
über ein ausgesprochen günstiges RisikoRenditeProfil. Eine Rolle hierbei spielt zum Beispiel die Flexibilität der Nutzung vieler Gebäude, die oft sowohl zur Produktion, als Servicefläche oder auch als Büro genutzt werden können. Des Weiteren besteht die Mieterschaft größtenteils aus verschiedensten Branchen, so dass eine große Diversifizierung gegeben ist. Meist handelt es sich dabei um mittelständische Unternehmen mit stabilen Umsätzen, die den wesentlichen Kern der deutschen Wirtschaft darstellen.
Die Umwidmung solcher bestehenden Areale ist dennoch mit einer Reihe von komplexen Themen verbunden, über die sich der Investor im Klaren sein bzw. die er im Vorfeld genauestens untersuchen muss. Die Dokumentation solcher Liegenschaften ist meist eher dürftig, stand doch jeweils die Produktion im Vordergrund, also das, was in dem Gebäude passierte, und nicht das Gebäude selbst. Umbauten wurden oft in Eigenregie und ohne Genehmigung durchgeführt. Über Leitungsverlegungen sind kaum Unterlagen vorhanden. Die gesamte Infrastruktur stellt eine enorme Herausforderung dar. Vom ArealStromnetz bis hin zum Entwässerungssystem muss hier schon zu Beginn in der technischen Due Diligence einiges an Aufwand betrieben werden, um sich ein ausreichend genaues Bild der Situation zu verschaffen. Zudem ist durch die langjährige Nutzung solcher Gelände natürlich oft mit Belastungen von Grund und Boden zu rechnen. Dies schreckt Investoren häufig davor ab, sich weiter mit den Liegenschaften zu befassen. Eine genaue Analyse inklusive einer reellen Risikobetrachtung hilft hier weiter. Oft sind trotz vorhandener Belastungen keinerlei Maßnahmen erforderlich, sofern man keine großflächigen Entsiegelungen vornimmt. Die Beschäftigung mit jedem einzelnen Gebäude, dem mit seinem Baujahr in Verbindung stehenden potenziellen Schadstoffen, den Kosten für eine Instandsetzung bzw. Ertüchtigung sowie der Ermittlung der Kosten für Mieterausbauten ist ebenfalls notwendig, um eine genaue Vorgabe für die Entwicklung eines soliden Businessplans zu haben. In diesen sollte auch immer ein Puffer für Unvorhergesehenes eingestellt sein.
Hat man all dies bei Ankauf berücksichtigt und den Markt detailliert analysiert, steht einer erfolgreichen Bestandsentwicklung nichts mehr im Wege.
Im Folgenden wird als Beispiel die Umwidmung des Carlswerks in KölnMülheim dar gestellt.
Historie des Carlswerkes
Die Firma Felten & Guilleaume ist noch heute vielen Kölnern ein Begriff. Felten pro duzierte in Köln bereits im ausgehenden 17. Jahrhundert Seile. Waren es zu Beginn nur Hanfseile, so wurden später immer mehr Drahtseile, insbesondere für das wachsen de Telegrafenwesen, hergestellt. Das Unternehmen wuchs kontinuierlich und das ursprüngliche Firmengelände am Rande der Kölner Altstadt bot im 19. Jahrhundert keine Erweiterungsmöglichkeit mehr. Die Wahl des neuen Standortes fiel nicht zuletzt wegen der verkehrsgünstigen Lage und der Expansionsmöglichkeiten auf ein 55 Hektar großes Areal in KölnMülheim. Hier wurde das Carlswerk, dessen Name auf den Miteigentümer Franz Carl Guilleaume zurückgeht, am 14. Juni 1874 eröffnet. Arbeiteten im Gründungsjahr nur rund 150 Mitarbeiter am neuen Standort, waren 1929 bereits 17.000 Menschen im Werk beschäftigt. Zugleich wuchsen Bekanntheitsgrad und Renommee des Unternehmens. 1904 wurde im Carlswerk u. a. das erste transatlantische Telefonkabel hergestellt.
In den 1970er Jahren hatte das Werk stark unter einer Rezession zu leiden. Im Jahre 1981 kam es durch die Bildung der Sparten Telekommunikation und Energietechnik zu einer größeren Umstrukturierung, damals unter einer Aktienmehrheit von Philipps. Nach zahlreichen weiteren Umstrukturierungen und Aktienverkäufen wurde das Carlswerk 1999 schließlich an den dänischen Kabelhersteller nkt cables veräußert.
Die BEOS AG erwarb das Carlswerk im Namen einer internationalen Investorengruppe Anfang 2008. Nkt cables konnte seine Expansionspläne im Bereich der Produktion schwerer Seekabel am vorhandenen Standort nicht realisieren: Im Norden von Köln, dem CHEMPARK Leverkusen, plante nkt cables daher ein neues Werk mit direkter Anbindung an das Wasserstraßennetz, das im Sommer 2010 fertiggestellt wurde. BEOS verhandelte mit dem Unternehmen einen SaleandleasebackVertrag: nkt sollte den Standort nach und nach verlassen, so dass BEOS als Projektentwickler die Möglichkeit hatte, leerstehende Gebäude über einen Zeitraum von mehreren Jahren aufzuwerten und einer neuen Vermietung zuzuführen. Entsprechend sollte das Gelände sukzessive einem Transformationsprozess unterzogen und so ein moderner Gewerbecampus geschaffen werden.
DIE TRANS-FORMATION INNER-STÄDTISCHER INDUSTRIE-STANDORTE
Das Carlswerk
Holger MatheisBEOS AG
Entwicklung der Schanzenstraße
Schon seit Mitte der 1990er Jahre siedeln sich in der Schanzenstraße namhafte Medienunternehmen wie BRAINPOOL (Stefan Raab), Bonito TV (Harald Schmidt) und die Werbeagentur Jung von Matt an. Der Trend, historische Gebäude auch für großflächige Büronutzungen zu revitalisieren, z. B. für die Bayer AG und die Gothaer Versicherung, wird im Carlswerk fortgesetzt. Das Palladium und das EWerk tragen neben weiteren Locations als Veranstaltungsorte für Konzerte und andere Events zur kulturellen Stärkung des Stadtteils bei. Die einzigartige Mischung von jungen und etablierten Unternehmen in einer historischen Industriearchitektur bildet einen Anziehungspunkt für weitere Entwicklungen und Ansiedlungen. Zur Stärkung des Standortes wurde auf Initiative von BEOS eine private Nachbarschaftsinitiative gegründet. Die private Initiative gewährleistet einen starken gemeinsamen Auftritt gegenüber der Stadt und der Politik und erhöht zudem den Bekanntheitsgrad des Schanzenviertels regional wie national. Die Zusammenarbeit mit andern Flächenanbietern am Standort schafft darüber hinaus eine vertrauens volle Basis für einen kooperativen Umgang miteinander, da von allen Eigentümern größ ten teils gleiche Ziele verfolgt werden. Außerdem werden regelmäßig Unternehmer des Schanzenviertels eingeladen zur Hebung von Synergieeffekten und zur Stärkung des Netzwerkens am Standort.
Lofts im Carlswerk
Für die beiden Loftgebäude im Carlswerk sollte wegen der Attraktivität der Gebäude und der Lage auf dem Campus der Startschuss für das Projekt fallen: Aufgrund der starken Zerstörung Kölns im II. Weltkrieg wurden viele Gebäude, darunter auch hochwertige Industriearchitektur, zerstört. Die Werkstatt bildet deshalb zusammen mit der Kupferhütte ein außergewöhnliches Ensemble im Herzen des Carlswerkes. Daher sollten die Gebäude direkt nach Ankauf spekulativ in hochwertige Bürolofts umgebaut werden. Es wurde zunächst jedoch nur ein veredelter Rohbau erstellt, so dass jeder Mieter noch die Möglichkeit der individuellen Anpassung von Trennwänden und Oberflächengestaltung hat.
Die Bildung eines Nukleus, der wie kein anderer an dem Standort die alte Tradition mit einer neuen und modernen Arbeitswelt verbindet, ist Kernpunkt der Überlegung zur sofortigen Transformation dieser Gebäude. Das Belassen der rohen und spurenträchtigen
Oberflächen, das Spürbarmachen der langen Tradition und der ehemaligen Nutzung, das Wecken der Neugier auf die Deutung der alten Zeichen – all das schafft einen einzigartigen Genius Loci, wie er insbesondere in der Kreativbranche für ein impulsgebendes Arbeitsumfeld gesucht wird.
Die Strukturen der Gebäude lassen überdies eine Vielfalt von Nutzungsmöglichkeiten zu und sind daher prädestiniert für die Umsetzung moderner Arbeitswelten, die über stereotype Klassifizierungen von Bürostandards hinausgehen: Alles ist möglich, jedoch sollte der typische Loftcharakter durch den Einbau zu vieler Trennwände und Einzelbüros nicht zerstört werden. Ohnehin wird in der Kreativszene weitaus mehr in offenen Strukturen gearbeitet, die allzu oft nichts mehr mit der klassischen Büroform zu tun haben. Beispielhaft genannt seien hier die immer häufiger anzutreffenden »CoWorking«Spaces. In den USA ist diese Form des Zusammenarbeitens seit langem etabliert, in Deutschland wächst die Zahl insbesondere in Großstädten stetig an. Die »CoWorker« mieten sich auf Tages oder Monatsbasis in den bereits fertig ausgestatteten Etagen ein. Neben der erforderlichen Büroausstattung von ITAnschluss über Besprechungsräume bis zu Teeküchen und Kommunikationszonen finden sie hier vor allem eines: Inspiration. Viele fühlen sich hier motivierter und produktiver. Genutzt werden diese Büros vom Programmierer bis zum Webdesigner, vom Architekten bis zum Journalisten.
Werkstatt
Das Produktionsgebäude wurde in den Jahren 1897/98 nach dem Entwurf des Architekten Jean Wüst (1873–1906) errichtet, der bis 1900 sämtliche Bauaufgaben für Felten & Guilleaume übernahm. Wüst entwickelte eine Architektur, die stilistische Elemente des Historismus mit Flächengliederungen der Romantik verband. Ergänzt wurden diese äußeren Stilelemente durch eine innere Skelettkonstruktion mit Gusseisenstützen und massiven Kappendecken. Eine der Einheiten weist eine seltene MischKonstruktion aus Guss und Holzkonstruktion auf, die hierdurch eine ganz eigene Prägung erhält. Bei der erfolgreichen Umgestaltung der Werkstatt in repräsentative Loftbüros steht die Kombination von ressourcenschonender Revitalisierung und nachhaltiger Nutzung im Vordergrund. Die Einteilungen orientieren sich bewusst an den historisch wertvollen Konstruktionen, stellen die Strukturen heraus und lassen auch sonst die Spuren der Veränderung
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erkennen. Die Gebäude sollen nicht im ästhetischen Sinne als Nachbauten ihre Geschichte verleugnen. In Abstimmung mit der Denkmalpflege wurden vorbildliche Lösungen gefunden, die gleichermaßen Vermarktungsoptionen und denkmalpflegerische Bestandssicherung zur Deckung bringen.
BEOS hat sich durch langjährige Erfahrungen im Umgang mit alten Industriegebäuden und dem Denkmalschutz bei der Werkstatt auf die notwendigsten Eingriffe beschränkt, gleichzeitig aber ein Gebäude geschaffen, das den Anforderungen an moderne Büroflächen genügt. An der Außenfassade wurden bis auf eine intensive Reinigung keine Ver änderungen vorgenommen. Durch die verschiedenen historischen Konstruktionen, die alle sichtbar bleiben, verfügt jede Einheit über einen unverwechselbaren Charakter. Die Struktur des Gebäudes lässt insbesondere eine Nutzung als Großraum oder Kombibüro zu. Dies entspricht der Entwicklung moderner Arbeits und Bürowelten. Prozessorientierte Arbeitsweisen, die Zusammenarbeit in stetig wechselnden Teams, die Schaffung kleinerer Rückzugsmöglichkeiten und die Etablierung zentraler Kommunikationszonen sind wichtige Faktoren einer modernen Arbeitswelt.
Kupferhütte
Die Kupferhütte wurde in den Jahren 1885/86 ebenfalls nach dem Entwurf des Architekten Jean Wüsterrichtet. Ursprünglich wurde in dem Gebäude das Rohkupfer geschmolzen und gewalzt. Die einstige Kupferhütte wurde nach Planung und architektonischer Umgestaltung durch das Architekturbüro ksg, Kister Scheithauer Gross, in Bürolofts umgebaut. Die historische Ziegelfassade mit den gusseisernen Fensterprofilen wurde in Abstimmung mit den Denkmalbehörden zwar zum überwiegenden Teil in ihrem Zustand belassen, verfügt aber über großzügige Öffnungen, die ihren Ursprung bereits in Umbauten durch Felten & Guilleaume haben. Im Inneren erfuhr die Kupferhütte durch das Einfügen einer zweiten Ebene größere Veränderungen als die Werkstatt. Die neu gestaltete, helle und lichtdurchflutete obere Galerieetage lässt die historische Dachkonstruktion erkennen und steht dabei im Kontrast zur historischen Fassade und der rohen Backsteinoptik im Inneren. Über die zwischen den einzelnen Hallenschiffen eingefügten Lichtbänder werden auch die erdgeschossigen Bereiche ausreichend mit Tageslicht versorgt. Das Gebäude verfügt über eine Fläche von ca. 3.400 m2, die in sechs Maisonetten aufgeteilt wurde. Jede
Einheit hat eine eigene Adresse und wird individuell erschlossen. Darüber hinaus erhält jeder Mieter eine eigene Terrasse. Die einzelnen Flächen zeichnen sich dabei durch eine hohe architektonische Verbindung zwischen den alten charakteristischen Bauelementen und einer modernen Ausstattung aus.
Hauptgebäude
Die Nachnutzung von Gebäuden aus den 1950er und 1960er Jahren stellt wiederum ganz andere Anforderungen, wie der Um bau des Hauptgebäudes beweist. Es wurde An fang der 1960er Jahre als klassisches zweihüftiges Bürogebäude mit vorgelagerten Produktionshallen konzipiert. Durch die Gesamtlänge von 120 Metern herrschte im Innern der typisch triste Charme eines Behördenflurs. Als Ankermieter für das Gebäude konnte der Bastei Lübbe Verlag gewonnen werden, der seinerseits das Innenarchitekturbüro Wild mit der Innenraumplanung beauftragte. Der lange Flur wurde durch repräsentative Kommunikationszonen aufgebrochen und das Gebäude in ein modernes und ästhetisch hochwertiges Büro umgewandelt. Die Fassade wurde komplett erneuert, das Trinkwasserleitungsnetz musste ebenfalls vollständig saniert werden.
Die ehemalige Produktion in der vorgelagerten Halle wurde in ein multifunktionales Foyer umgestaltet, ohne dass der ursprünglich industrielle Charakter verloren ging.
Fazit
Das Carlswerk wird sich in Zukunft weiter innerhalb des Transformationsprozesses zu einem Ort entwickeln, der, geprägt von einer alten Industrietradition, unterschiedlichste Nutzer anziehen wird, der Synergien zwischen einzelnen Mietern entstehen las sen wird und Historisches mit Innovativem verbindet. Mittlerweile konnten neben dem Bastei Lübbe Verlag weitere namhafte Unternehmen wie die Bühnen der Stadt Köln, die Shine Group, KaiserGames, Brennwagen, KarthäuserBreuer, Wunderman, KHD Humboldt Wedag, PKF, Battery Gurus, Cape Cross und viele andere Nutzer vom Standort überzeugt werden.
Autor: Holger Matheis, FRICS. Seit 2011 Leiter Berlin und Leiter Rhein-Ruhr, BEOS AG. Schwerpunkte Projektentwicklung und Asset Management. Er ist Fellow der Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS) und seit 2009 Vorstandsmitglied der Alumniverei-nigung IMMOEBS e. V.
Klein-Meynen, Dieter; Meynen, Henriette; Kier-dorf, Alexander: Kölner Wirtschaftsarchitek-tur. Wienand Verlag Köln, 1996, S. 131–137
Dreyer, Sarah: Coworking Spaces als Ideenpool. http://www.bildungsxperten.net/job-karriere/coworking-spaces-als-ideenpool Abrufdatum: 04.07.2012
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PATCHWORK ZWISEN STADT UND HAFENSTADTHAFEN
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IBA Hamburg: 35 Quadratkilometer Patchwork zwischen Stadt und Hafen
IBA-Geschäftsführer Uli Hellweg über ein Entwicklungsprojekt mit Biss
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Ob Wasserhäuser, Smart Price Houses Null-Energie-Bauten oder Offene Gebäudeformen – über 70 bauliche, soziale und kulturelle Projekte zeigt die IBA Hamburg, die Interna-tionale Bauausstellung Hamburg GmbH, bis zum Jahr 2013 in der Hansestadt. Auf 35 Quadratkilometern Patchworkfläche zwischen den Hamburger Elbinseln Wilhelmsburg, Ved-del und dem Harburger Innenhafen entstehen zahlreiche neue Quartiere. Wie sie schon jetzt den hohen Norden prägen, erzählt IBA Geschäftsführer Uli Hellweg im Interview mit dem KAP Magazin.
KAP Magazin: Erst kürzlich waren Sie mit der IBA-Lounge im KAP Forum zu Gast. Was beab-sichtigen Sie mit dieser Veranstaltungsreihe?
Wir verfolgen ein doppeltes Ziel. Zum einen suchen wir Partnerstädte mit vergleichbaren Leitthemen. Denn wir verstehen die IBA als Stadtlabor, das unsere erarbeiteten Lösungen auch für andere Städte profitabel macht. Zum Beispiel bei der Schäl Sick in Köln. Zum anderen wollen wir die IBA bereits vor ihrer Eröffnung in 2013 bekannt machen.
KAP Magazin: Die Hafencity mit ihren spek-takulären Gebäuden steht allenthalben im Fokus, wenn man über Hamburgs Stadtent-wicklung spricht. Welchen Stellenwert hat die IBA derzeit in Hamburg?
Die Hafencity ist 16 Jahre früher gestartet als die IBA. Beide ergänzen sich gut, machen gemeinsame Ausstellungen im Ausland. Der große Unterschied liegt darin: Die Hafencity ist ein Konversionsprojekt, die IBA ist ein Stadtumbauprojekt. Also zwei ganz unterschiedliche Strategien. Weil viele Projekte der IBA derzeit aus dem Boden wachsen, wächst auch die Wahrnehmung seitens
der Öffentlichkeit von Tag zu Tag. Es bleibt da aber auch ein grundlegendes Problem: das heißt Schäl Sick. Was südlich der Elbe passiert, nimmt der Hamburger nur noch aus dem Augenwinkel wahr.
KAP Magazin: Wilhelmsburg und Veddel gelten eher als die Hinterhöfe Hamburgs – wie wollen Sie den Bestand und die Freiflächen attraktiv entwickeln?
Für den Stadtumbau gibt es – außer der klassischen Stadterneuerung – aus unserer Sicht vier zentrale Strategien:
Erstens: Die zentrale Verbesserung der Freiflächen. Man kann sie einerseits neu schaffen, wie bei der Gartenschau geschehen, oder man kann den Bestand verbessern.
Zweitens: Infrastrukturen doppelt nutzen. Wir belegen gezielt Infrastrukturen mit urbanen Nutzungen, öffnen Deiche zum Begehen oder Müllberge für die Freizeit, denn vorhandene Freiflächen kann man nicht beliebig erweitern. Die Doppelnutzung ist dafür eine Lösung.
Drittens: Mit neuer, zukunftsweisender Architektur und städtebaulichen Konzepten. Wo wir neu bauen, bauen wir mit der Landschaft. Wir setzen stark auf ÖkoAspekte, energieneutrale Häuser oder sogar PlusEnergieHäuser.
Viertens: Mit der Verbesserung von Bildungsstruktur, dem Aufbau von Bildungskonzepten.
KAP Magazin: Welche Projekte stehen dabei im Fokus, welche Menschen und Berufe wol-len Sie ansprechen?
Wir bauen ganz bewusst Nischenprodukte. Wir sprechen nicht den Mainstream an, sondern Stadtpioniere. Leute, die sich bewusst auf Neues einlassen, eine Verbesserung von Bildungseinrichtungen anstreben. Es ist ein erweiterter Bildungsbegriff, es geht auch um interkulturelle Bildung, um frühkindliche Spracherziehung. Wir gehen davon aus, dass Kinder, die hier in die Schule gehen, Deutsch sprechen müssen.
Wir haben zwei Zielgruppen: Leute, die hier wohnen – und für uns heißt wohnen »bleiben«. Und zugleich die bildungsbewusste Bevölkerung, die innovative und bezahlbare Neubauten sucht. Wir können das sogar in drei Gruppen differenzieren: Gruppe eins, etwa einem Drittel der Interessenten – Mitte Vierzig, ältere Kinder will aus dem Umland
zurück in die Stadt ziehen und findet Wilhelmsburg grün und zentral. Dann gibt es Gruppe zwei: die Wilhelmsburger selbst, die ihren Wohnwert verbessern wollen. Sie wären früher weggezogen und suchen sich nun eine neue Wohnung in Wilhelmsburg. Und dann die dritte Gruppe: das sind Menschen, die aus anderen Bundesländern kommen und nicht das SchälSickVorurteil im Kopf haben. Zu dieser Gruppe gehören auch die SzeneVerdrängten, die sich die hohen Preise z. B. auf der Schanze nicht mehr leisten können und sich für das OpenHouseProjekt oder andere neue Baugemeinschaften in Wilhelmsburg entscheiden. Die Preise differenzieren hier. Beim Bestand liegen sie bei Durchschnittsmieten von 6,50 Euro, bei Neuwohnungen zwischen 9 und 10 Euro. Im Bereich der Eigentumswohnungen oder besonderer Projekte wie der Wasserhäuser liegt der Anschaffungswert zwischen 2.400 und 3.600 Euro pro Quadratmeter.
KAP Magazin: Wie ist die Resonanz auf die IBA mit ihren fast 70 Projekten, wie viele Be-sucher haben Sie seit 2010 verzeichnet?
Wir hatten bisher [in den Jahren ]allein 450.000 Besucher, die in den Veranstaltungen und Workshops waren. Nicht mitgezählt sind jene, die das Gebiet auf eigene Faust erkunden.
KAP Magazin: Wie ist die Bilanz der Projekte – haben Sie für alle Investoren finden können? Wie viele sind im Bau?
Es sind fast alle Projekte im Bau. Es gibt einige, die können erst dieses Jahr begonnen werden, da der Rahmen noch nicht fertig gestellt ist – zum Beispiel durch eine Straßenverlegung. Wir haben ja nicht allein bauliche, sondern auch soziale und kulturelle Projekte. Von den rund 50 Bauprojekten sind fünf noch nicht im Bau.
KAP Magazin: Den von Ihnen erstellten Katalog zur IBA betrachten Sie auch als »Reiseführer durch Hamburg« – zum Beispiel von Wasserhäusern über Smart Price Houses bis zu Smart Material Houses – viele Ideen, wie man in Zukunft vorbildlich bauen kann. Haben Sie auch schon Resonanz aus den USA oder Asien – Megacities, die sich ebenfalls in Hamburg informieren könnten?
Aus den BRICStaaten verzeichnen wir noch wenig Nachfrage – außer China. Bei China und Japan, da verzeichnen wir massives Interesse, wenn es um unsere Energiekonzepte geht. Auch Städte wie Chicago, Boston,
IBA HAMBURG: 35 QUADRAT-KILOMETER PATCHWORK ZWISCHEN STADT UND HAFEN
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Kopenhagen und Amsterdam informieren sich. Gerade eben Städte mit Wasserbezug wie die letztgenannten oder auch Marseille und Nantes sind sehr interessiert.
Bei amerikanischen Städten erleben wir eher ein starkes Interesse am Energiethema, bei französischen Städten kommen natürlich die sozialen Faktoren, insbesondere das Migrationsthema, stark hinzu.
KAP Magazin: Gibt es viele Investoren, die gute Anlagen in den neu zu entwickelnden Spreehäfen oder im Harburger Innenhafen ausmachen? Gibt es schon Druck auf diese Gelände – und falls ja: was könnte das für die rund 55.000 Menschen, die dort leben, bedeuten?
Bei uns gibt es Konzeptausschreibungen und dann ist es eigentlich egal, ob Hochtief oder ein kleineres Unternehmen zum Beispiel die Waterhouses baut. Wir haben das ganze Größenspektrum der Investoren bei uns vertreten. Das Entscheidende ist, dass sie sich auf unser Konzept einlassen.
Zum Gentrifizierungsthema, den dort lebenden Menschen: Für uns heißt wohnen wie gesagt »bleiben«. Wir tragen nicht dazu bei, die Mieten zu erhöhen. Wir bauen kulturelle Einrichtungen auf, stärken die Infrastruktur – auch speziell für die migrantische Bevölkerung wie z. B. mit dem Weltgewerbehof oder kultursensiblen Senioreneinrichtungen. Was nicht ausschließt, dass es auch in Wilhelmsburg irgendwann mal teurer wird. Da ist die Politik gefragt, rechtzeitig zu reagieren, z. B. mit einer sozialen Erhaltungssatzung.
KAP Magazin: Wenn man an das Thema »Bau-en im Bestand« beim Präsentationsgebiet der IBA denkt – 35 Quadratkilometer Patchwork zwischen Stadt und Hafen – wird die IBA selbst Projektentwickler?
Seitens des Senats wird darüber nachgedacht, ob die IBA weiterentwickelt wird und weiterentwickelt. Die Anfänge zwischen 2006 und 2010 waren noch sehr mühselig. Man musste eine Aura um die Produkte stricken, und das gelang uns, weil wir nicht auf den Mainstream setzten. Als die ersten großen lokalen Investoren dabei waren, brach das Eis.
KAP Magazin: IBA im Laufschritt. Was würden Sie einem Besucher mit drei Stunden Zeit empfehlen? Ab dem 23. März 2013 einen IBAShuttle
zu nehmen, in Wilhelmsburg auszusteigen, dann an einer Baustellenführung teilzunehmen, an einer BusTour oder sogar vom Wasser aus, zum Beispiel mit einem Floß, die neuen Gebiete zu erkunden.
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Geometrische Klarheit besitzt eine zugleich rationale und emotionale Anziehungskraft. Im Spannungsfeld von Sinnlichkeit und Sachlichkeit, Intuition und Logik prägt und perfektioniert Alape das Prinzip des emotionalen Purismus.www.alape.com
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Geometrische Klarheit besitzt eine zugleich rationale und emotionale Anziehungskraft. Im Spannungsfeld von Sinnlichkeit und Sachlichkeit, Intuition und Logik prägt und perfektioniert Alape das Prinzip des emotionalen Purismus.www.alape.com
Das KAP Forum für Architektur Technologie Design zieht zum 01. Oktober 2012 vom Rheinauhafen in die Rotonda, Salierring 32, 50677 Köln.
Das KAP Forum bildet seit seiner Gründung im Jahre 2004 die übergreifende Netzwerk und Kommunikationsplattform führender design und architekturbezogener Unternehmen: Alape, CarpetConcept, Dornbracht, GIRA, SilentGliss, Wilkhahn, Zumtobel Licht. Die Unternehmen verbindet ein hoher Qualitätsanspruch und die ständige Suche nach
innovativen Wegen des Planens, Bauens und Einrichtens. Im KAP Forum kommen Experten aus Architektur, Technologie und Design mit einer interessierten Öffentlichkeit zusammen und ermöglichen einen nachhaltigen Dialog über die Zukunft von Leben und Arbeiten.
Mit rd. 400 Veranstaltungen hat sich das KAP Forum in den zurück liegenden acht Jahren zu einem weit über die Grenzen Köln hinaus beachteten Zentrum für Themen rund um Architektur, Design und Städtebau entwickelt. VeranstaltungsHighlights und Publikumsmagneten waren z. B. die Ausstellung »Convertible City«, eine Nachnutzung des Deutschen Beitrags der Architekturbiennale Venedig 2007, gestaltet von den Architekten Grüntuch Ernst aus Berlin, der mehr als 5.000 Besucher anzog; das Festival Rheindesign, das vom KAP Forum ausging und über 50.000 Menschen in Köln anlockte; das »Forum zur Zukunft der Europäischen Stadt«, das seit 2005 gemeinsam mit dem Kölner Baudezernenten Bernd Streitberger bis heute rd. 20 europäische Städte – u. a. Liverpool, Barcelona, Berlin, Hamburg, Lille, London, Mailand, Paris, Madrid, Turin, Moskau – in Köln präsentierte. Mehr als 200 Architekten, Innenarchitekten und Designer zeigten und diskutierten bislang im KAP Forum in Werkvorträgen und Seminaren ihre Pläne, Arbeiten, Entwürfe,
Bauten. Verbindendes Element der Arbeit ist das KAP Magazin. Die Chefredaktion des mehrfach ausgezeichneten Magazins liegt bei Inken Herzig, das Design beim Kölner Büro »großgestalten«, das zudem für gesamte Kommunikation im KAP Forum verantwortlich ist. Das KAP Forum setzt sein erfolgreiches und öffentlichkeitswirksames Konzept zukünftig in den Räumen des Rotonda BusinessClubs fort. Der Kölner Wirtschaftsclub, mit seinem gewachsenen Netzwerk aus Wirtschaft und Gesellschaft, engagiert sich seit vielen Jahren für die Kölner Stadtentwicklung und erweitert sich durch das KAP Forum organisch um die Seiten Architektur, Design und Unternehmen aus der kreativen Bauzulieferindustrie. Durch die Integration und gegenseitigen Synergien entsteht in der Rotonda ein Rheinisches Forum und Kompetenzzentrum für Architektur und Immobilienwirtschaft.
KAP ForumArchitektur Technologie DesignSalierring 3250677 KölnTel. 0221 992029-10Fax 0221 [email protected]
NETZWERKEN IM BESTAND:KAP GOES ROTONDA
Kölner Zentrum für Architektur & Design,Bau- & ImmobilienWirtschaft entsteht
VERAN-STALTUNGEN
Veranstaltungsort: Kap ForumArchitektur Technologie DesignSalierring 3250677 Köln
Schach oder Poker?Köln Immobilien #09: Projektentwicklung heuteDienstag, 23. Oktober 2012 12.30 – 18.30 Uhr
Die aktuelle Wirtschaftslage, wachsende Staatsverschuldung und die EuroKrise stellen die Immobilienwirtschaft vor gewaltige Herausforderungen. Wie und wo investieren in solch’ unsicherem Gewässer? Die verschärften Risikoanforderungen als Reaktion auf die globale Finanzkrise sowie die reduzierte Kreditvergabe durch die Banken engen den Handlungsspielraum für Immobilieninvestitionen zusätzlich ein.
Architektur- und ImmobilienlunchDonnerstag, 08. November 201212.30 Uhr
Referenten und Thema werden in Kürze bekannt gegeben!
Moderation:Sevgi Hund, SavillsOliver Gross, KAP Forum
Social Media und Web 2.0Zukunftswerksatt Architektur @ ImmobilienMittwoch, 14. November 201210.00 – 17.00 Uhr
Für Architekten und ImmobilienExpertenAkquisition, Bloggen, Video und Fotodatenbank, Büropräsentation, Projektkommunikation – Techniken und Chancen virtueller Welten optimal nutzen, Praxis üben mit drei Experten
KAP ForumDas KAP Forum ist Netzwerk und Kommunikationsplattform der Unternehmen Alape, Carpet Concept, Dornbracht, Gira, Silent Gliss, Wilkhahn und Zumtobel Licht.
Im KAP Forum kommen Experten aus Architektur, Technologie und Design mit einer interessierten Öffentlichkeit zusammen. Die vielfältigen Ausstellungen, Symposien, Vorträge und Seminare eröffnen einen aktiven Dialog über Architektur und Städtebau, Kommunika tion und Design, Wirtschaft und Kultur.
Das KAP Magazin ist klimaneutral. Die durch die Herstellung dieses Druckproduktes verursachten Treibhausgasemissionen wurden kompensiert durch Investitionen in ein WWFKlimaschutzprojekt nach Gold Standard.
HerausgeberKAP Forum Architektur, Technologie, DesignAndreas GroszSalierring 3250677 Kölnwww.kapforum.de
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S. 18 Manuel SchlueterS. 19 Roger WagnerS. 22 Volker Dennebier, HH VisionS. 30 – 31 Tobias GroßS. 46 – 47 Todd BigelowS. 54 – 55 © kadawittfeldarchitekturS. 64 – 65 © Düsseldorf Marketing &
Tourismus GmbH – Fotograf U. Otte, © Düsseldorf Marketing & Tourismus GmbH, A. Klauser
S. 72 – 73 Jan BitterS. 80 – 81 Markus Bredt, Andreas Kunert,
Frederic LezmiS. 90 – 91 AufwindLuftbilder, Bente Sta
chowske, Bernadette Grimmenstein, Johannes Arlt, M.KUNZE, mokastudio 2010
Graphikengroßgestalten Kommunikationsdesign
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