komplexe analysis - funktionentheorie in mehreren variablen

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INHALTSVERZEICHNIS 1 Funktionentheorie in mehreren Variablen - Komplexe Analysis 1 Frank Werner 2 Literatur [EW] Wolfgang Ebeling: Funktionentheorie, Differentialtopologie und Singularit¨ aten - mit Aus- blicken Viewegverlag Braunschweig, 2001, ISBN: 3-528-03174-3 [CO] W.F. Osgood: Lehrbuch der Funktionentheorie Springerverlag Wien [Kaup] Ludger Kaup, Burchard Kaup, Gottfried Barthel: Holomorphic Funktions of Serveral Variables De Gruyter, 1983, ISBN: 3-110-04150-2 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 2 1.1 Topologie und Strukturen auf dem C n ............................................ 2 1.2 Stetige Funktionen ....................................................... 3 1.3 Holomorphe Funktionen .................................................... 4 1.4 Holomorphe Abbildungen ................................................... 6 1.5 Die Cauchy-Integralformel ................................................... 7 1.6 Satz von der lokalen Umkehrbarkeit ............................................. 10 2 Mannigfaltigkeiten 11 2.1 Untermannigfaltigkeiten und analytische Mengen ...................................... 11 2.2 Analytische Mengen ...................................................... 14 2.3 Mannigfaltigkeiten ....................................................... 15 3 Nach den Vortr¨ agen 17 3.1 Erinnerung ........................................................... 17 3.2 Konvexit¨ at ........................................................... 17 3.3 Pseudokonvexit¨ at ........................................................ 18 3.4 Zusammenfassung ....................................................... 19 1 In Anlehung an die Vorlesung mit Seminar ’Funktionentheorie in mehreren Variablen’ an der Georg-August-Universit¨ at ottingen von PD. Dr. Hartje Kriete 2 Keine Garantie f¨ ur Vollst¨ andigkeit oder Richtigkeit

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Frank Werner. In Anlehung an eine Vorlesung mit Seminar an der Georg-August-Universität Göttingen von PD. Dr. Hartje Kriete

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Page 1: Komplexe Analysis - Funktionentheorie in mehreren Variablen

INHALTSVERZEICHNIS 1

Funktionentheorie in mehreren Variablen

-

Komplexe Analysis1

Frank Werner2

Literatur

[EW] Wolfgang Ebeling: Funktionentheorie, Differentialtopologie und Singularitaten - mit Aus-blickenViewegverlag Braunschweig, 2001, ISBN: 3-528-03174-3

[CO] W.F. Osgood: Lehrbuch der FunktionentheorieSpringerverlag Wien

[Kaup] Ludger Kaup, Burchard Kaup, Gottfried Barthel: Holomorphic Funktions of Serveral VariablesDe Gruyter, 1983, ISBN: 3-110-04150-2

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 2

1.1 Topologie und Strukturen auf dem Cn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

1.2 Stetige Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

1.3 Holomorphe Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

1.4 Holomorphe Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

1.5 Die Cauchy-Integralformel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

1.6 Satz von der lokalen Umkehrbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

2 Mannigfaltigkeiten 11

2.1 Untermannigfaltigkeiten und analytische Mengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

2.2 Analytische Mengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

2.3 Mannigfaltigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

3 Nach den Vortragen 17

3.1 Erinnerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

3.2 Konvexitat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

3.3 Pseudokonvexitat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

3.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

1In Anlehung an die Vorlesung mit Seminar ’Funktionentheorie in mehreren Variablen’ an der Georg-August-Universitat

Gottingen von PD. Dr. Hartje Kriete2Keine Garantie fur Vollstandigkeit oder Richtigkeit

Page 2: Komplexe Analysis - Funktionentheorie in mehreren Variablen

2 1 Einleitung

1 Einleitung

1.1 Topologie und Strukturen auf dem Cn

Wir alle kennen den Vektorraum Rn und seinem Spezialfall n = 2.

1.1 Definition:

Der VektorraumR

2 := {(x, y) | x, y ∈ R}hat die euklidische Norm, welche auf im eine Metrik induziert. Diese wiederum induziert auch die Topologie aufR

2.

1.2 Definition:

Wir identifizieren jetztR

2 ∼= C = {x+ i y | x, y ∈ R} (1)

Wir sprechen in diesem Zusammenhang auch von der komplexen Ebene . Wir konnen darauf Operationen +und · definieren, s.d. C ein Korper wird.

1.3 Definition:

Wir betrachten stetsN = {0, 1, 2, ...}

und von nun an sei immer n ∈ N∗ = N \ {0}.

1.4 Definition:

Wir definieren Cn als das n-fache kartesische Produkt von C als Vektorraum uber C:

Cn := C × C × ...× C

︸ ︷︷ ︸n− mal

1.5 Definition (Normen):

Sei z ∈ Cn, z = (z1, ..., zn)

t, zν = xν + i yν .

Wir betrachten stets eine der beiden folgenden Normen auf Cn:

• Die euklidische Norm:

‖z‖ =

√√√√

n∑

ν=1

(x2ν + y2

ν) =

√√√√

n∑

ν=1

zνzν

• Die Maximumsnorm:|z| := max

ν=1,...,n|zν | mit |zν | =

√zνzν

Bemerkung 1.1:

Wegen der Identifikation (1) ist offensichtlich auch

C ∼= R2n

Daher sind alle Normen auf Cn aquivalent und somit erzeugen ‖ · ‖ und | · | die selbe Topologie auf C

n.

1.6 Definition (Offene Umgebungen):

Sei a ∈ C, r = (r1, ..., rn) ∈ ]0,∞[ = Rn>0. Dann betrachten wir im folgenden immer eine der beiden folgenden

Moglichkeiten als offene Umgebungen von a:

• P (a; r) := {z ∈ Cn | |zν − aν | < rν ∀ 1 ≤ ν ≤ n}

Dies ist die sogenannte n-dimensionale Polydisc mit dem Polyradius r und Zentrum a. Es gilt also

P (a; r) = Dr1 (a1) × ...×Drn(an)

wobei Dr (a) = {z ∈ C | |z − a| < r} die”normale“ Kreisscheibe in C mit Radius r > 0 und Mittelpunkt

a ∈ C ist.

• B (a; ρ) := {z ∈ C | ‖z − a‖ < ρ} mit ρ ∈ ]0,∞[.

Dies ist der n-dimensionale Ball mit dem Radius ρ und Zentrum a.

Zur Notation 1.1:

Wir werden fur a ∈ C und r > 0 schreiben:

Page 3: Komplexe Analysis - Funktionentheorie in mehreren Variablen

1 Einleitung 3

• P (a; r) := {z ∈ C | |zν − aν | < r ∀ 1 ≤ ν ≤ n}

• C∗ := C \ {0}

• (C∗)n

:= C∗ × ...× C

• (Cn)∗

:= Cn \ {0}

• Ist zusatzlich w ∈ (C∗)n, so definieren wir

P (a;w) := {z ∈ Cn | |zν − aν | < |wν |}

= P (a; (|w1|, ..., |wn|))= P (a; |w1|, ..., |wn|)

Bemerkung 1.2:

Beachte, dass (C∗)n 6= (Cn)

∗gilt!

1.7 Definition:

Wir nennen eine offene Teilmenge X ⊂ Cn Bereich (

”region“), also falls fur alle Punkte z ∈ X eine Umgebung

U mit z ∈ U existiert, s.d. U ⊂ X gilt.

1.8 Definition:

Falls ein Bereich X zusammenhangend (”connected“) ist, so nennen wir ihn auch ein Gebiet (

”domain“).

Bemerkung 1.3:

Ein Bereich X ⊂ Cn ist genau dann zusammenhangend, wenn sie wegweise zusammenhangend ist (

”pathwise

connected“), also falls fur alle Punkte z, w ∈ X eine stetige Funktion γ : [0, 1] // X mit γ (0) = z undγ (1) = w existiert.

Bemerkung 1.4:

Cn ist hausdorffsch, d.h. ∀ a, b ∈ C

n, a 6= b existieren offene Umgebungen U ∋ a, V ∋ b s.d.

U ∩ V = ∅

1.2 Stetige Funktionen

Sei T ein lokal kompakter Vektorraum.

1.9 Definition:

C (T ) := C (T,C) ist die Menge aller stetigen, komplexwertigen Funktionen auf T . Es handelt sich dabei be-kanntlich um eine C-Algebra.

1.10 Definition:

Ist A ⊂ T , so ist‖ · ‖A : C (T ) // R ∪ {∞} = [0,∞] , f 7→ sup

x∈A|f (x) |

eine Funktion!

Bemerkung 1.5 (Eigenschaften von ‖ · ‖A):

1. ‖f‖A ≥ 0 ∀ f ∈ C (T )

2. ‖λ · f‖A = |λ| · ‖f‖A ∀ λ ∈ C, f ∈ C (T )

3. ‖f + g‖A ≤ ‖f‖A + ‖g‖A ∀ f, g ∈ C (T )Abgesehen von der Tatsache, dass ‖ · ‖A den Wert ∞ annehmen kann, handelt es sich also um eine Halbnorm.Ist A allerdings kompakt oder relativ kompakt (d.h. A ist kompakt, wir schreiben in beiden Fallen A ⊂⊂ T ),so ist ‖ · ‖A eine Halbnorm!

Bemerkung 1.6:

Ist T selbst kompakt, so ist insbesondere ‖ · ‖T eine Norm auf C (T )! Die dadurch entstehende Topologie liefertuns den Konvergenzbegriff, welcher in diesem Fall bezuglich der Supremumsnorm genau der gleichmaßigenKonvergenz (

”uniform convergence“) auf T entspricht.

Page 4: Komplexe Analysis - Funktionentheorie in mehreren Variablen

4 1 Einleitung

Bemerkung 1.7:

Bezuglich dieser Topologie konvergiert jede Cauchyfolge in C (T ), also ist C (T ) dann vollstandig (”complete“).

Bemerkung 1.8:

Leider ist der Raum T = Cn mit der

”naturlichen“ Topologie nicht kompakt! Allerdings besitzt diese Topologie

des Cn eine abzahlbare Topologiebasis, was wir uns nun zu Nutze machen wollen.

Folgerung 1.1 (Konstruktion einer vollstandigen Topologie auf C (T )):

Besitzt der lokal kompakte topologische Vektorraum T eine abzahlbare Topologiebasis, so ist

T =∞⋃

j=1

Tj

mit Tj ⊂⊂ T ◦j+1. Folglich ist C (T ) mit einer Familie

{‖ · ‖Tj

}

j∈N

von Halbnormen ‖ · ‖Tj, j ∈ N ausgestattet.

Diese Familie von Halbnormen definiert eine Topologie auf C (T ) mit einer Basis bestehend aus Mengen derForm

W (v, ε, Tj) :={w ∈ C (T ) | ‖v − w‖Tj

< ε}

Diese Topologie reflektiert die lokal gleichmaßige Konvergenz (”locally uniform convergence“) auf C (T ), d.h.

die gleichmaßige Konvergenz auf den kompakten Teilmengen Tj.

Aufgabe 1.1:

Zeigen Sie, dass C (T ) mit dieser Topologie vollstandig und die Topologie hausdorffsch ist.

Bemerkung 1.9:

Daraus folgt dann, dass C (T ) ein Frechetraum ist.

1.3 Holomorphe Funktionen

1.11 Definition:

Sei G ⊂ C ein Gebiet (”domain“), f ∈ C (G) und z0 ∈ G.

1. f heißt holomorph am Punkt z0, falls der Grenzwert

limz→z0

f (z) − f (z0)

z − z0

existiert.

2. f heißt holomorph in G, falls f an allen Punkten z0 ∈ G holomorph ist.

Mit O (G) bezeichnen wir die Menge aller in G holomorphen Funktionen.

Bemerkung 1.10:

Wir erinnern uns an C ∼= R2, weshalb wir eine holomorphe Funktion f : G // C auch als Abbildung

f : G // R2

betrachten konnen. Als solche Abbildung existieren dann die partiellen Ableitungen von f an z0. Beachte aberstets, das die Umkehrung nicht gilt!

Dafur haben holomorphe Funktionen auch deutlich starkere Eigenschaften:

1.1 Satz (ohne Beweis):

Sei G ⊂ C ein Gebiet, f : G // C eine holomorphe Funktion, d.h. f ∈ O (G). Dann gilt:

1. f ∈ C (G)

2. f ∈ C∞ (G)

Page 5: Komplexe Analysis - Funktionentheorie in mehreren Variablen

1 Einleitung 5

3. Fur jede zusammenziehbare (”contractible“), stuckweise glatte geschlossene Kurve γ ⊂ G gilt

γ

f (ζ) dζ = 0

4. Ist Dr (z0) := B (z0, r) ⊂⊂ G, so besitzt f eine Darstellung als Potenzreihe (”powerseries“) auf B (z0, r).

Bemerkung 1.11:

Ist f ∈ C (G), so sind die Eigenschaften 3. und 4. des obigen Satzes jeweils sogar aquivalent zu f ∈ O (G).

Sei nun X ⊂ Cn (fur n ∈ N

∗) ein Gebiet.

1.12 Definition:

1. Eine Funktion f : X // C heißt partiell holomorph (”partial holomorphic“) im Punkte

z0 =(z01 , ..., z

0n

)∈ X

genau dann, wenn fur jedes 1 ≤ j ≤ n die Funktion

zj 7→ f(z01 , ..., z

0j−1, zj , z

0j+1, ..., z

0n

)

als Funktion in der komplexen Variablen zj holomorph ist.

2. f ∈ C (X) heißt genau dann holomorph in X, wenn f an jedem Punkte z0 ∈ X partiell holomorph ist.

3. Mit O (X) bezeichnen wir die Menge aller Funktion f ∈ C (X), welche holomorph in X sind.

Bemerkung 1.12:

Summen, Produkte und Produkte mit komplexen Skalaren holomorpher Funktionen sind wieder holomorph,also

f, g ∈ O (X) , λ ∈ C ⇒ f + g, f · g, λ · f ∈ O (X)

Folglich ist O (X) eine C−Algebra! Dabei ist f ≡ 1 das neutrale Element, und die Einheiten (”units“) sind die

nicht verschwindenden (”non-vanishing“) Funktionen.

Korollar 1.1:

O (X) ist eine Algebra und die Menge ihrer Einheiten O∗ (X) ist genau die Menge der holomorphen Funktionenohne Nullstellen in X.

Beispiel 1.1 (fur holomorphe Funktionen):

1. f ≡ c ∈ C

2. f (z) = zj fur z = (z1, ..., zn) ∈ X ⊂ Cn und 1 ≤ j ≤ n.

3. Komplexe Polynome, also C [z1, ..., zn] ⊂ O (X)

Bemerkung 1.13:

Offenbar ist O (X) eine Unteralgebra der Frechetalgebra C (X) (vergleiche 1.9). Wenn wir also zeigen konnen,dass O (X) in der Topologie von C (X) abgeschlossen ist, so ist O (X) also auch vollstandig, d.h. ebenfalls einFrechetraum.

1.1 Lemma:

O (X) ⊂ C (X) ist abgeschlossen.

Beweis:

Sei G ⊂ C ein Gebiet und {fν}ν∈Neine Folge in C (G) mit fν

n //∞// f bezuglich der oben definierten Norm

auf C (T ) (d.h. Konvergenz auf kompakten Teilmengen).

Dann gilt fur eine beliebige zusammenziehbare, stuckweise glatte geschlossene Kurve γ ⊂ G, dass∫

γ

f (ζ) dζ =

γ

limν→∞

fν (ζ) dζ = limν→∞

γ

fν (ζ) dζ = 0

da γ ⊂ G eine abgeschlossene und somit kompakte Teilmenge ist. Daher gilt f ∈ O (G).

Da Holomorphie auf X ⊂ Cn uber partielle Holomorphie (also komponentenweise) definiert ist, folgt sofort die

Aussage.

Korollar 1.2:

Fur jedes Gebiet X ⊂ Cn ist die Unteralgebra O (X) von C (X) mit der von C (X) induzierten Topologie eine

Frechetalgebra (Und dies ist die Topologie der kompakten Konvergenz).

Page 6: Komplexe Analysis - Funktionentheorie in mehreren Variablen

6 1 Einleitung

1.4 Holomorphe Abbildungen

Seien X ⊂ Cn und Y ⊂ C

m Gebiete (fur Umgebungen konnen wir ganz analog vorgehen...). Wir wollen nunAbbildungen zwischen diesen hoher-dimensionalen C-Vektorraumen studieren.

1.13 Definition:

1. Eine Abbildung f : X // Y heißt holomorphe Abbildung, falls fur jedes µ = 1, ...,m die µ-te Kom-ponente fµ : X // C von f holomorph ist.

2. Ist f : X // Y holomorph und bijektiv und f−1 : Y // X wieder holomorph, so nennen wir fbiholomorph.

3. Die Menge aller holomorphen Abbildungen f : X // Y wird mit

Hol (X,Y )

bezeichnet.

Bemerkung 1.14:

Sind X,Y ⊂ C Gebiete und ist f : X // Y holomorph und bijektiv, so ist f automatisch biholomorph (Diesbetrifft wirklich nur den Fall n = m = 1!)!

Bemerkung 1.15:

Sei pµ : Cn // C, 1 ≤ µ ≤ n die Projektion, also (z1, ..., zn) 7→ zµ. Offensichtlich ist pµ ∈ O (Cn).

Dann ist f : X // Y genau dann holomorph, wenn pµ ◦ f ∈ O (X) fur alle µ = 1, ..., n gilt. Es gilt sogarfolgendes Lemma:

1.2 Lemma:

Es gilt:f ∈ Hol (X,Y ) ⇔ (g ◦ f) ∈ O (X) ∀ g ∈ O (Y )

Beweis:

•”⇐“

Ist (g ◦ f) ∈ O (X) ∀ g ∈ O (Y ), so ist auch insbesondere pµ ◦ f = fµ ∈ O (X) ∀ 1 ≤ µ ≤ m. Diesentspricht genau der Definition einer holomorphen Abbildung, also f ∈ Hol (X,Y ).

•”⇒“

Aufgabe!

Korollar 1.3:

Seien X ⊂ Cn, Y ⊂ C

m, Z ⊂ Ck Gebiete und f ∈ Hol (X,Y ) , g ∈ Hol (Y,Z). Dann ist auch

(g ◦ f) ∈ Hol (X,Z)

Aufgabe 1.2:

Beweisen Sie dieses Korollar!

Bemerkung 1.16:

Wir fixieren ein f ∈ Hol (X,Y ). Fur g ∈ O (Y ) erhalten wir (g ◦ f) ∈ O (X). Folglich induziert f ein linearesFunktional

f◦ : O (Y ) // O (X) , g 7→ g ◦ fvon Algebren (d.h. f erhalt die Algebra-Struktur). In der Tat, es gilt:

• f◦ (g1 + g2) = (g1 + g2) ◦ f = g1 ◦ f + g2 ◦ f = f◦ (g1) + f◦ (g2)

• f◦ (1Y ) = 1X

Also ist f ein Algebra-Homomorphismus!

Wir konnen uns naturlich auch die Frage stellen, ob f◦ topologische Strukturen erhalt. Sei dazu {gj}j∈N⊂ O (Y )

eine Folge und K ⊂ X kompakt. Da f stetig ist, ist auch f (K) ⊂ Y kompakt, es gilt also

‖f◦ (gj) ‖K = ‖gj‖f(K) ∀ j ∈ N

Also erhalt f◦ die Norm , insbesondere gilt auch folgendes

Page 7: Komplexe Analysis - Funktionentheorie in mehreren Variablen

1 Einleitung 7

1.3 Lemma:

{gj}j∈Nist genau dann eine Cauchyfolge in O (Y ) (bezuglich der Konvergenz auf kompakten Teilmengen), wenn

{f◦ (gj)}j∈Neine Cauchyfolge in O (X) (bezuglich der Konvergenz auf kompakten Teilmengen) ist.

Bemerkung 1.17:

1. Da O (X) und O (Y ) vollstandig sind, erhalt f◦ also auch die topologische Struktur!

2. Ist f : X // Y nicht nur holomorph, sondern sogar biholomorph, so gibt uns f−1 : Y // X einFunktional

(f−1

)◦: O (X) // O (Y )

und es gilt(f−1

)◦= (f◦)

−1.

Wir fassen unsere Ergebnisse in folgendem Satz zusammen:

1.2 Satz (Zusammenfassung):

Jede Abbildung f ∈ Hol (X,Y ) produziert einen stetigen Algebrahomomorphismus f◦ : O (Y ) // O (X).

Ist f sogar biholomorph, so ist f◦ invertierbar mit (f◦)−1

=(f−1

)◦. In diesem Fall haben wir also einen

Isomorphismus von topologischen Algebren O (X) und O (Y ).

1.5 Die Cauchy-Integralformel

Bemerkung 1.18:

Im Fall n = 1 gilt bekanntlich Folgendes:

Sei G ⊂ C ein Gebiet, a ∈ G und r > 0 s.d. Dr (a) ⊂⊂ G gilt. Dann liefert uns jede Funktion f ∈ C (∂Dr (a))eine Funktion hf ∈ O (Dr (a)) durch

hf (z) :=1

2π i

∂Dr(a)

f (ζ)

ζ − zdζ

Dabei bezeichnet ∂Dr (a) den topologischen Rand von Dr (a).

Ist f ∈ C(

Dr (a))

∩ O (Dr (a)), so gilt

f = hf

auf Dr (a), d.h. hf ist dann eindeutig bestimmt.

Sei jetzt stets X ⊂ Cn mit n ∈ N

∗ eine Umgebung, a ∈ X und ρ ∈ ]0,∞[n

s.d.

P := Pn (a, ρ) ⊂⊂ X

gilt.

1.14 Definition:

Wir definieren durchT := Tn (a, ρ) = {z ∈ C

n | |zj − aj | = ρj ∀ 1 ≤ j ≤ n}den erkennbaren Rand (

”distinguished boundary“) der Polydisc P.

Bemerkung 1.19:

Es giltT ⊂ ∂P aber T 6= ∂P

Zur Notation 1.2:

Sei z ∈ Cn und ν ∈ N

n ein Multiindex. Dann ist:

• |ν| :=n∑

j=1

νj

• z1 :=n∏

j=1

zj

• zν := zν11 · ... · zνnn =

n∏

j=1

zνj

j

• ν! :=n∏

j=1

(νj !)

Page 8: Komplexe Analysis - Funktionentheorie in mehreren Variablen

8 1 Einleitung

• ν + 1 := (ν1 + 1, ..., νn + 1)

Bemerkung 1.20:

Ist jetzt ν ∈ Nn ein Multiindex und f : X // C |ν|-fach differenzierbar, so ist Dνf : X // C eine

wohldefinierte Funktion fur

Dνf :=∂|ν|f

(∂z1)ν1 ... (∂zn)

νn

Insbesondere ist Dν : O (X) // O (X) fur jeden Multiindex ν ∈ Nn ein lineares Funktional!

1.3 Satz (Cauchy-Integralformel):

Sei X ⊂ Cn eine Umgebung von a ∈ X und ρ ∈ ]0,∞[

ns.d. P = Pn (a, ρ) ⊂ X kompakt ist.

1. Fur jedes f ∈ C (T) ist die Funktion

hf (z) :=

(1

2π i

)n ∫

T

f (ζ)

(ζ − z)1 dζ =

(1

2π i

)n ∫

|ζn−zn|=ρn

...

|ζ1−z1|=ρ1

f (ζ1, ..., ζn)

(ζ1 − z1) · ... · (ζn − zn)dζ1...dζn

holomorph auf P.

2. Ist hf fortsetzbar zu hf ∈∈ C(P), so ist hf |T = f .

3. Ist f ∈ C(P)∩ O (P), so ist hf = f|P .

Beweis:

1. Die Funktion f(ζ)

(ζ−z)1mit ζ ∈ T und z ∈ P wohldefiniert wegen zj 6= ζj ∀ 1 ≤ j ≤ n. Insbesondere ist

f (ζ)

(ζ − z)1

stetig in T × O. Damit ist auch hf : P // C wohldefiniert und stetig, also hf ∈ C (P).

Nach Fubini hangt dieses Multiintegral nicht von der Reihenflge der Integration ab, daher konnen wir furbeliebiges j ∈ {1, ..., n} annehmen, dass dζj das innerste Integral ist. In diesem Fall konnen wir - wie ausder

”gewohnlichen“ Funktionentheorie bekannt - Differentiation und Integration vertauschen.

Also ist hf partiell holomorph in Richtung zj fur beliebiges j ∈ {1, ..., n}.

⇒ hf ∈ O (P)

2. Dies ist das n-dimensionale Dirichlet-Problem und genauso schwer zu beweisen wie im eindimensionalenFall.

3. Siehe zum Beispiel [CO].

Durch Differenzieren unter dem Integral erhalten wir mit leichten Rechnungen einige Korollare:

Korollar 1.4:

Fur jedes f ∈ O (X) und jeden Multiindex ν ∈ Nn gilt:

1. Dνf (z) = ν!(2π i)|ν|

T

f(ζ)

(ζ−z)ν+1 dζ ∀ z ∈ P

2. |Dνf (a)| ≤ ν!ρν · ‖f‖T (a war der Mittelpunkt von P)

Korollar 1.5:

Sei {fj}j∈N⊂ O (X) eine Folge s.d. fj

j //∞// f ∈ O (X) (bezuglich der Konvergenz auf kompakten Teil-

mengen). Dann gilt fur jeden Multiindex ν ∈ Nn:

Dνfjj //∞

// Dνf in O (X)

Beweis:

Korollar 1.4 Teil 1. und Vertauschen von Integration und Grenzwertbildung.

Page 9: Komplexe Analysis - Funktionentheorie in mehreren Variablen

1 Einleitung 9

Korollar 1.6:

Fur alle Multiindizes ν ∈ Nn ist

Dν : O (X) // O (X)

ein stetiger Endomorphismus von O (X).

Korollar 1.7 (Satz von Liouville):

Ist f ∈ O (Cn) beschrankt, so ist f konstant.

Beweis:

Ubungsaufgabe!

1.15 Definition:

Eine Funktion f ∈ O (Cn) nennen wir auch ganz (”entire“).

Korollar 1.8:

Sei f : Cn // C eine ganze Funktion. Ist

|f (z)| ≤ C · |zν | ∀ z ∈ Cn

mit C > 0, so ist f ein Polynom in z1, ..., zn vom mit grad (f) ≤ |ν|.

Korollar 1.9 (Identitatssatz):

1. Seien f, g ∈ O (X). Gibt es einen Punkt z ∈ X s.d.

Dνf (x) = Dνg (x) ∀ Multiindizes ν ∈ Nn

so gilt f = g auf der Zusammenhangskomponente B von X mit x ∈ B.

2. Seien f, g ∈ O (X). Falls f|P = g|P auf einer Polydisc P ⊂ X, so gilt f = g auf der Zusammenhangskom-ponente B von X mit P ⊂ B.

Korollar 1.10:

Sei X ⊂ Cn eine Umgebung. Dann ist O (X) genau dann ein Integritatsbereich (

”integral domain“) - also ein

kommutativer, nullteilerfreier Ring mit 1 - wenn X ein Gebiet ist.

Beweis:

•”⇒“

Wir nehmen an, dass es mindestens zwei Zusammenhangskomponenten X1 und X2 von X gibt. Weiterbetrachten wir die charakteristischen Funktionen dieser Mengen χ1, χ2 ∈ O (X). Offensichtlich ist χ1 6=0 6= χ2, aber

χ1 · χ2 = 0

wegen X1 ∩X1 = ∅. Damit hat O (X) also Nullteiler.

•”⇐“

Sei X zusammenhangend und seien f, g ∈ O (X) mit f · g ≡ 0 auf X. Wir nehmen an, dass f 6≡ 0 auf X,d.h. ∃ z0 ∈ X s.d. f (z0) 6= 0. Da f stetig ist, finden wir eine ganze Polydisk P ⊂⊂ X s.d. f (z) 6= 0 ∀ z ∈ P.Aus f · g ≡ 0 folgt entsprechend g|P ≡ 0, und somit mit dem Identitatssatz

g ≡ 0

Also ist O (X) nullteilerfrei.

Bemerkung 1.21:

Die aus der”normalen“ Funktionentheorie bekannten Satze uber die offene Abbildung und das Maximumsprinzip

ubertragen sich ganz analog auf den mehrdimensionalen Fall. Die Themen

• Lemma von Schwarz

• Runge Gebiete (”Runge domains“)

• Cartan’s Zusammenhangstheorem (”Cartan’s Uniquenes Theorem“)

stehen fur Seminarvortrage offen.

Page 10: Komplexe Analysis - Funktionentheorie in mehreren Variablen

10 1 Einleitung

1.6 Satz von der lokalen Umkehrbarkeit

Fur diesen Teil sei stets X ⊂ Cn, Y ⊂ Cm und f ∈ Hol (X,Y ), d.h.

f = (f1, ..., fm)

mit fµ ∈ O (X) fur 1 ≤ µ ≤ m.

1.16 Definition:

Fur f ∈ Hol (X,Y ) und a ∈ X sei∂f

∂z

die Abbildung X // Hom (Cn,Cm) welche durch

a 7→(∂fµ∂zν

(a)

)

1≤µ≤m

1≤ν≤n

gegeben ist. ∂f∂z

(a) wird auch die (holomorphe) Funktionalmatrix oder auch die (holomorphe) Jacobi-Matrix

von f am Punkte a genannt.

Bemerkung 1.22:

Das liefert uns eine lineare Abbildung

daf : Cn // C

m, ω 7→(∂f

∂z(a)

)

· ω

Anders gesagt: Die holomorphe Jacobi-Matrix beschreibt die Abbildung daf auf den kanonischen Basen des Cn

und des Cm als Matrix.

Bemerkung 1.23:

Alles, was wir aus der reellen Analysis kennen, sollte sich entsprechend auf den komplexen Fall ubertragen!

Aufgabe 1.3 (Kettenregel):

Sei f ∈ Hol (X,Y ) und g ∈ H (X,Y,Z) fur Gebiete X ⊂ Cn, Y ⊂ C

m und Z ⊂ Ck. Zeigen sie, dass dann auch

g ◦ f ∈ Hol (X,Z) und∂ (g ◦ f)

∂z(a) =

∂g

∂u(f (a))

∂f

∂z(a)

gilt.

Von speziellem Interesse fur uns ist jetzt der Fall n = m.

Bemerkung 1.24:

Wir erinnern uns an den Fall f : R // R, x 7→ x3. Hier gilt f ∈ C∞ (R) und es gibt eine Umkehrabbildungf−1 ∈ C∞ (R) x 7→ 3

√x, aber da f−1 an der Stelle x = 0 nicht differenzierbar ist, handelt es sich nicht um

einen Diffeomorphismus. Allerdings ist f fur alle x ∈ R mit f ′ (x) 6= 0 ein lokaler Diffeomorphismus, d.h. es gibtUmgebungen U ∋ x, V ∋ f (a) s.d.

f|U : U // V

ein Diffeomorphismus ist.

Diese Aussage ubertragt sich analog auf hohere Dimensionen, wie wir wissen.

1.17 Definition:

Wir nennen eine Abbildung ϕ : X // Y genau dann einen lokalen Diffeomorphismus um a ∈ X, wenn esoffene Umgebungen a ∈ U ⊂ X und ϕ (a) ∈ V ⊂ X s.d.

ϕ|U : U // V

ein Diffeomorphismus im eigentlichen Sinne ist.

Beispiel 1.2:

1. Sei X = Y = C∗ und k ∈ N

∗. Dann ist

f : X // Y, z 7→ zk

eine holomorphe Abbildung mit der Ableitung f ′ (z) = k · zk−1 und fur jedes a ∈ C gilt f ′ (a) 6= 0.Trotzdem ist f nur genau dann ein Diffeomorphismus, wenn k = 1.

Page 11: Komplexe Analysis - Funktionentheorie in mehreren Variablen

2 Mannigfaltigkeiten 11

2. Sei X = C, Y = C∗ und f : X // Y gegeben als f (z) = exp (z). Diese Funktion ist an jeder Stelle

a ∈ X ein lokaler Diffeomorphismus, aber kein Diffeomorphismus im eigentlichen Sinne, da jedes y ∈ C∗

unendlich viele Urbilder hat!

1.4 Satz (Zusammenfassung - Satz von der lokalen Umkehrbarkeit):

Sei X ⊂ Cn, Y ⊂ C

m, a ∈ X und f ∈ Hol (X,Y ). Dann sind folgende Aussagen aquivalent:

1. J f (a) := det(∂f∂z

(a))

6= 0

2. Es gibt Gebiete U und V s.d. a ∈ U ⊂ X, f (a) ∈ V ⊂ Y s.d. die Abbildung

f|U : U // V

biholomorph ist.

Beweis (Skizze):

•”1. ⇒ 2.“

Die Funktionaldeterminante J f (a) ist genau dann 6= 0, wenn die zu ∂f∂z

(a) gehorige reelle Matrix eineDeterminante 6= 0 hat, d.h. genau dann, wenn es offene Umgebungen U, V gibt, s.d. a ∈ U ⊂ X, f (a) ∈V ⊂ Y und

f|U : U // V

ein reeller Diffeomorphismus ist. Also gibt es auch eine Abbildung f−1 : V // U , welche ebenfalls einreeller Diffeomorphismus ist. Damit sind f und f−1 stetig, und nach Voraussetzung ist f holomorph. Wirmussen also lediglich die Holomorphie von f−1 zeigen.

Mit Hilfe der Cauchy-Riemann-Differentialgleichungen ist also zu zeigen, dass

∂(f−1

)

ν

∂vµ== ∀ v ∈ V, 1 ≤ ν, µ ≤ n

Gleichzeitig wissen wir aber, dass f ◦ f−1 : V // V die Identitat, also insbesondere holomorph ist.Differenzieren liefert:

0 =∂

(f ◦ f−1

)

∂v(b)

reelle Kettenregel=

∂f

∂z

(f−1 (b)

)· ∂f

−1

∂v(b) ∀ b ∈ V

Da f holomorph ist, folgt ∂f∂z

(f−1 (b)

)6= 0 und daher entsprechend

∂f−1

∂v(b) = 0 ∀ b ∈ V

•”2. ⇒ 1.“

Ubungsaufgabe!

Korollar 1.11:

Sei X ⊂ Cn ein Gebiet und f ∈ Hol (X,Cn). Ist f injektiv, so ist f (X) offen in C

n und f : X // f (X) ⊂ Cn

ist biholomorph.

1.18 Definition:

J f (a) := det(∂f∂z

(a))

wird die holomorphe (oder komplexe) Funktionaldeterminante von f an der Stelle a

genannt. (oder auch holomorphe (oder komplexe) Jacobi-Determinante).

Bemerkung 1.25:

Es gilt J f (a) 6= 0 ⇔ ∂f∂z

(a) : Cn // C

n ist ein Isomorphismus.

2 Mannigfaltigkeiten

2.1 Untermannigfaltigkeiten und analytische Mengen

2.1.1 Motivation

Wir wollen nicht injektive Abbildungen, z.B. f : C2 // C, (z1, z2) 7→ z1·z2, und deren Nullstellen studieren. Ge-

nauer interessieren wir uns fur f−1 ({0}). Bei der Beispielfunktion f ist f−1 ({0}) ={(z1, z2) ∈ C

2 | z1 = 0 oder z2 = 0}

sehr einfach zu berechnen, in der Realitat ist dies jedoch meistens deutlich schwieriger. Wichtig fur Unterman-nigfaltigkeiten ist der

Page 12: Komplexe Analysis - Funktionentheorie in mehreren Variablen

12 2 Mannigfaltigkeiten

2.1.2 Satz uber die implizite Funktion

Bemerkung 2.1 (Erinnerung):

Sind X,Y ⊂ C Gebiete, f : X // Y eine holomorphe Funktion, die nicht konstant ist. Dann ist

f−1 ({w}) = {z ∈ X | f (z) = w}

fur jedes w ∈ Y diskret.

Seien nun X ⊂ Cn, Y ⊂ Cm Gebiete und f ∈ Hol (X × Y,Cp) mit n,m, p ∈ N

∗. Dann ist fur jeden festen Punkta ∈ X die Abbildung

fa := f (a, ·) : Y // Cp, w 7→ f (a,w)

gegeben und es gilt fa ∈ Hol (Y,Cp). Wie schon in der Motivation sind wir an den Fasern der Funktion finteressiert, insbesondere an

f−1 ({0}) := {(u, v) ∈ X × Y | f (u, v) = 0}Diese Menge ist nicht zwangslaufig diskret, siehe das Beispiel in der Motivation.

Um diese Fasern leichter berechnen zu konnen, fixieren wir z ∈ X und betrachten

N z := {w ∈ Y | f (z, w) = 0}

Dann ist die Abbildung g : X // P (Y ) , z 7→ N z ⊂ Y wohldefiniert.

Bemerkung 2.2:

Wir suchen jetzt Bedingungen an f s.d. |N z| = 1 fur alle z ∈ X gilt, wir also letztendlich eine Abbildungg ∈ Hol (X,Y ) erhalten.

2.1 Satz (uber die implizite Funktion):

Sei f ∈ Hol (X × Y,Cm), a ∈ X, w0 ∈ Y s.d. f (a,w0) = 0 und gelte

rang

(∂fa∂w

(w0)

)

= m

Dann gibt es offene Umgebungen U ;W s.d. a ∈ U ⊂ X, w0 ∈ W ⊂ Y und die Abbildung g : U // W ist wiein der Bemerkung

”schon“, d.h.

f (z, w) = 0 ⇔ w = g (z) , z ∈ U,w ∈W

und g ∈ Hol (U,W ).

Beweis:

Wir betrachten die Abbildung F : X×Y // Cn+m, (z, w) 7→ (z, f (z, w)). F ist offensichtlich holomorph, und

im Punkte (a,w0) hat die komplexe Jacobi-Matrix von F vollen Rang n +m. Nach dem Satz von der lokalenUmkehrbarkeit ist F also lokal um (a,w0) injektiv. Verkleinere X×Y entsprechend, und somit nehmen wir jetzteinfach an, dass F injektiv auf X×Y ist. Dann ist F (X × Y ) =: V ⊂ C

n+m offen. Weiter gilt F (a,w0) = (a, 0)und F : X ×Y // V ist biholomorph (Satz uber die lokale Umkehrbarkeit). Wir nehmen jetzt weiter an, dassX × {0} ∈ V , denn im Zweifelsfall konnen wir X so weit verkleinern, dass X × {0} in der offenen Menge Venthalten ist. Wir finden nun eine holomorphe Umkehrabbildung

H : V // X × Y

von F mit der Darstellung H = idCn ×Hy. Entsprechend ist die Abbildung h := Hy |X×{0}holomorph, und nach

Konstruktion giltf (z, w) = 0 ⇔ w = h (z)

Damit ist die Aussage gezeigt.

2.2 Satz (Rang-Theorem):

Sei X ⊂ Cn offen, f : X // Y = C

m holomorph und a ∈ X. Hat ∂f∂z

(x) konstanten Rang r ∈ N∗ fur alle x in

einer Umgebung U ′ ⊂ X von a, so gilt:

1. Es gibt offene Umgebungen a ∈ U ⊂ X, b := f (a) ∈ V ⊂ Y

2. Es gibt Polydiscs Pn ⊂ C

n, Pm ⊂ C

m mit Zentrum 0

Page 13: Komplexe Analysis - Funktionentheorie in mehreren Variablen

2 Mannigfaltigkeiten 13

3. Es gibt biholomorphe Abbildungen ϕ : Pn // U, ψ.Pm // V mit ϕ (0) = a, ψ (0) = b s.d. das

Diagramm

Pn

Pm

χ//

U

Pn

ϕ

��

U Vf

// V

Pm

ψ

��

fur χ : Pn // P

m, χ (z1, ..., zn) = (z1, ..., zr, 0, ..., 0) kommutiert.

Bemerkung 2.3:

Anders ausgedruckt transformieren ϕ und ψ die Abbildung f in einer simple, lineare Projektion.

Bemerkung 2.4:

Sei X := {z ∈ Pn | zr+1 = ... = zn = 0}.

1. Ist f biholomorph, so folgt dim (X) = dim (Y ) = rang(∂f∂z

(a))

fur alle a ∈ X.

2. Die Abbildung χ|X= idX ist injektiv, also ist es auch

f|ϕ(X)

3. Sei Y := f(

ϕ(

X))

. Dann ist f := f|ϕ(X)

: ϕ(

X)

// Y injektiv. Eigentlich wurden wir f ∈Hol

(

ϕ(

X)

, Y)

erwarten, aber die Mengen ϕ(

X)

und Y sind nicht offen! Dazu brauchen wir Un-

termannigfaltigkeiten.

2.1.3 Untermannigfaltigkeiten

2.1 Definition:

Eine abgeschlossene Teilmenge T ⊂ X fur eine Umgebung X ⊂ Cn heißt Untermannigfaltigkeit von X, falls

es eine Zahl s ∈ N∗ gibt und fur jeden Punkt a ∈ T folgende Bedingungen erfullt sind:

1. Es gibt eine offene Umgebung U ⊂ X von a und

2. eine biholomorphe Abbildung Φ : U // P in eine Polydisc Pn ⊂ C

n mit Zentrum 0 = Φ (a) s.d.

T = Π−1(

Ps

︸︷︷︸

⊂Cs

× {0}︸︷︷︸

⊂Cn−s

)

gilt.

Bemerkung 2.5 (Aquivalente Charakterisierung):

Eine Untermannigfaltigkeit ist lokal das Urbild Ψ−1 (0) welches eine Faser von 0 einer”schonen“, geeigneten

(”suitable“) Abbildung ist:

Sei Π : Cn // C

n−s gegeben durch (z1, ..., zn) 7→ (zs+1, ..., zn). Dann ist

T ∩ U = (Π ◦ Φ)−1 (

0︸︷︷︸

∈Cn−s

)

im Sinne der obigen Definition. Untermannigfaltigkeiten sind also Nullstellenmengen.

Korollar 2.1:

Sei X ⊂ Cn offen, T ⊂ X abgeschlossen. T ist eine Untermannigfaltigkeit von X genau dann, wenn es fur alle

Punkte a ∈ T gibt es eine Umgebung U ⊂ X von a und eine Abbildung

f ∈ Hol (U,Cm)

s.d.

1. U ∩ T = f−1 (0) = {z ∈ U | f (z) = 0 ∈ Cm}

2. rang(∂f∂z

)

≡ const auf U

Page 14: Komplexe Analysis - Funktionentheorie in mehreren Variablen

14 2 Mannigfaltigkeiten

Beweis:

Die Hinrichtung haben wir schon in der obigen Bemerkung 2.5 gezeigt, die Ruckrichtung rechnet man leichtnach.

Bemerkung 2.6:

1. Ist T Untermannigfaltigkeit , so ist

dima (T ) = n− rang

(∂f

∂z(a)

)

fur a ∈ T . Ist T also nicht zusammenhangend, so kann dima (T ) auf den Zusammenhangskomponentenvon T variieren.

2. Nicht jede Nullstellenmenge ist eine Untermannigfaltigkeit:

Betrachte T ={(z1, z2) ∈ C

2 | z1 = z2 = 0}

und f (z1, z2) = z1 · z2. Da rang(∂f∂z

)

in einer beliebigen

Umgebung von 0 nicht konstant ist, kann T keine Untermannigfaltigkeit sein.

2.2 Analytische Mengen

2.2 Definition:

Sei X ⊂ Cn offen. Eine Teilmenge A ⊂ X heißt analytische Menge (

”analytic set“) in X , falls es fur jeden

Punkt z ∈ X eine Umgebung z ∈ U ⊂ X und Funktionen f1, ..., fm ∈ O (U) gibt, s.d.

A ∩ U = {u ∈ U | f1 (u) = ... = fm (u) = 0}gilt.

Ist zusatzlich A 6= X, so heißt A echte analytische Teilmenge von X.

Bemerkung 2.7:

1. Wir schreibenN (U ; f1, ..., fm) = {u ∈ U | f1 (u) = ... = fm (u) = 0}

2. Fur m = 1 und f ≡ 0 erhalten wir X selbst als analytische Menge in X.

3. Fur X ⊂ Cn offen und z = (z1, ..., zn) ∈ X erhalten wir {z} als echte analytische Teilmenge von X, indem

man fν (z) = zν − zν fur 1 ≤ ν ≤ n betrachtet.

4. Seien A1 = N (U ; f1, ..., fm1) und A2 = N (U ; g1, ..., gm2

) analytische Mengen. Dann ist auch

A1 ∩A2 = N (U ; f1, ..., fm1, g1, ..., gm2

)

eine analytische Menge.

Analog ist dann auch A1 ∪A2 wieder eine analytische Menge.

5. Seien X ⊂ Cn und Y ⊂ C

m Gebiete, A ⊂ Y eine analytische Menge und f ∈ Hol (X,Y ). Dann ist auchf−1 (A) eine analytische Menge.

Dagegen sind Bilder analytischer Mengen unter holomorphen Abbildungen i.A. nicht mehr analytisch.

6. Da holomorphe Funktionen f1, ..., fm ∈ O (U) insbesondere stetig sind, muss jede analytische Mengeabgeschlossen sein.

7. Fur jeden Untervektorraum V ⊂ Cn und jeden Punkt a ∈ V ist die Teilmenge a + V eine analytische

Menge. Sie wird auch affiner Unterraum genannt.

2.3 Definition:

Sei X ⊂ Cn ein Gebiet. Eine Teilmenge A ⊂ X heißt lokal analytische Menge, falls fur alle a ∈ A eine

Umgebung a ∈ U ⊂ X existiert, s.d.A ∩ U

jeweils eine analytische Menge ist.

Beispiel 2.1 (einer nicht-analytischen Menge):

Sei X = C und A ={

1n| n ∈ N

∗}. Da A nicht abgeschlossen ist, kann A insbesondere keine analytische Menge

sein.

Aber diese Menge ist offensichtlich lokal analytisch.

2.1 Lemma:

Eine Teilmenge A ⊂ X ist genau dann analytische Menge, wenn A abgeschlossen und lokal analytische Mengeist.

Page 15: Komplexe Analysis - Funktionentheorie in mehreren Variablen

2 Mannigfaltigkeiten 15

2.3 Mannigfaltigkeiten

Sei X eine Menge mit der Topologie τ . Sei weiter U = {Uj}j∈I eine offene Uberdeckung von X mit einerbeliebigen Indexmenge I, also Uj ∈ τ ∀ j ∈ I und

X ⊂⋃

j∈I

Uj

Sei zuletzt Φ = {ϕj : Uj // Vj}j∈I eine Menge von Homoomorphismen mit Teilemengen Vj ⊂ Cnj fur alle

j ∈ I.

Bemerkung 2.8:

Daraus folgt dann schon, dass die Vj ⊂ Cnj offen sein mussen.

2.4 Definition:

(X, τ, U,Φ) heißt komplexe Mannigfaltigkeit genau dann, wenn

1. (X, τ) hausdorffsch ist

2. und fur alle j, k ∈ I die Abbildung

ϕj ◦ ϕ−1k : ϕk (Uj ∩ Uk) // ϕj (Uj ∩ Uk)

biholomorph ist.

Bemerkung 2.9:

Aus ϕj ◦ϕ−1k biholomorph folgt direkt nj = nk. Daher ist die

”Dimension“ nj einer komplexen Mannigfaltigkeit

auf den Zusammenhangskomponenten von (X, τ) konstant.

2.3.1 Wozu”hausdorffsch“?

Beispiel 2.2:

1. Sei X eine Menge mit der trivialen Topologie τ = {∅,X}. Sei |X| ≥ 2. Nehmen wir an, es gibt einenicht-konstante, stetige Funktion f : X // R, d.h. x, y ∈ X mit f (x) 6= f (y). Dann sei

ε ∈]

0,|f (x) − f (y)|

2

[

und damit istDε (f (x)) ∩Dε (f (y)) = ∅

Da f stetig ist, muss es offene Mengen Ux, Uy ⊂ X geben, s.d. x ∈ Ux, y ∈ Uy und f (Ux) ⊂ Dε (f (x)),f (Uy) ⊂ Dε (f (y)), was aber direkt zu

Ux ∩ Uy = ∅und somit zu einem Widerspruch fuhrt.

Die Eigenschaft”hausdorffschßcheint also notwendig fur die Existenz von stetigen, nicht-konstanten Funk-

tionen.

2. Betrachte den Raum(R, τtriv.) × (R, τstd.) =: (Mτ)

mit der Produkttopologie. Dann konnen wir Punkte (t, x) ∈M ∋ (t, y) fur beliebiges t ∈ R und verschie-dene Punkte x, y ∈ R nie durch stetige Funktionen trennen.

2.3.2 Anwendungen

2.5 Definition:

Sei (X, τ, U,Φ) eine komplexe Mannigfaltigkeit. Eine Funktion f : X // C heißt genau dann holomorph,wenn fur alle j ∈ I gilt:

f ◦ ϕ−1j ∈ O (Vj)

Bemerkung 2.10:

In den Meisten Fallen wird der zu Grunde liegende Raum X komplexe Mannigfaltigkeit genannt. Wir machendas dann, wenn τ, U und Φ auf X klar sind.

Page 16: Komplexe Analysis - Funktionentheorie in mehreren Variablen

16 2 Mannigfaltigkeiten

Beispiel 2.3:

1. Cn ist eine komplexe Mannigfaltigkeit. Setze dazu X = C

n, τ = τstd., U = {X} und

Φ = {id : X // Cn}

Ganz analog geht das fur offene Teilmengen.

2. Setzt man X = Cn, τ = {∅,X} , U = {X} und Φ = {id} so erhalt man keine komplexe Mannigfaltigkeit,

da der Raum nicht hausdorffsch und die id hier nicht stetig ist.

3. Fur A ∈ Cn×n ist det (A) ∈ C, d.h. wir haben so eine Abbildung

det : Cn×n // C

Wir betrachten jetzt mit N (det) ⊂ Cn×n eine abgeschlossene Teilmenge, welche N (det) 6= C

n×n erfullt.Ergo ist

Gl (n,C) := Cn×n \N (det)

eine offene Teilmenge und somit eine komplexe Mannigfaltigkeit.

4. Jede Riemann’sche Flache ist eine komplexe Mannigfaltigkeit mit nj = 1 fur alle j ∈ I.

2.6 Definition:

Seien (X, τX , UX ,ΦX) und (Y, τY , UY ,ΦY ) zwei komplexe Mannigfaltigkeiten. Eine stetige Abbildung

f : X // Y

heißt genau dann holomorph , wenn es fur alle x ∈ X Abbildungen ϕx : Ux // Vx mit x ∈ Ux undϕy : Uy // Vy mit f (x) ∈ Uy gibt, s.d.

ϕy ◦ f ◦ ϕ−1x : ϕx

(Ux ∩ f−1 (Uy)

)// Vy

holomorph ist.

Bemerkung 2.11:

Die Stetigkeit von f mussen wir voraussetzen, damit

ϕx(Ux ∩ f−1 (Uy)

)

offen und die Holomorphie somit wohldefiniert ist.

2.7 Definition:

Sei G eine komplexe Mannigfaltigkeit mit Gruppenstruktur. G heißt komplexe Liegruppe genau dann, wenndie Operationen

G×G // G, (g, h) 7→ g · hG // G, g 7→ g−1

holomorphe Abbildungen darstellen.

Beispiel 2.4:

Bei Gl (n,C) und (Cn×m,+) handelt es sich um komplexe Liegruppen.

Beispiel 2.5:

6. Der komplexe Projektive Raum.

Wir beginnen mit(Cn+1

)∗= C

n+1 \ {0} und definieren darauf eine Aquivalenzrelation durch

z ∼ w :⇔ ∃ λ ∈ C∗ s.d. z = λw

Setze nunC P

n :=(Cn+1

)∗/ ∼

Bemerkung 2.12:

Fur n = 1 istC P

1 ∼= S2 ∼= C ∪ {∞}genau die Riemann’sche Zahlenkugel bzw. die Kompaktifizierung der Ebene.

Page 17: Komplexe Analysis - Funktionentheorie in mehreren Variablen

3 Nach den Vortragen 17

3 Nach den Vortragen

3.1 Erinnerung

3.1 Definition:

Ein Gebiet G ⊂⊂ Cn heißt Runge-Gebiet , falls jedes f ∈ O (G) durch Polynome approximiert werden kann,

anders ausgedruckt:Die Polynome liegen dich in O (G).

Bemerkung 3.1:

Das ist aquivalent dazu, dassO (G) ∼= O (Cn)

gilt.

Beispiel 3.1:

Sei n = 1. Dann gilt:

G ist Runge-Gebiet ⇔ G ist polynom-konvex

⇔ C \G ist Gebiet

⇒ G ist einfach zusammenhangend

Im letzten Schritt gilt die Ruckrichtung nicht.

3.2 Konvexitat

Wir definieren Konvexitat via einer Familie { von stetigen Funktionen.

3.2 Definition:

Sei X ⊂ Cn und K ⊂ X kompakt. Dann ist die F-konvexe Hulle von K gegeben als

KF := {x ∈ X | |f (x)| ≤ ‖f‖K ∀ f ∈ F}

3.3 Definition:

X ⊂ Cn heißt F-konvex , falls fur alle Kompakta K ⊂ X auch

KF ⊂ X

gilt.

3.4 Definition:

Ist F die Menge aller affin-linearen Abbildungen, so spricht man von elementarer Konvexitat.

3.5 Definition:

Ist F = C [z], so spricht man von polynomieller Konvexitat.

3.6 Definition:

Ist F = O (X), so spricht man von holomorpher Konvexitat.

3.7 Definition:

Ist F die Menge aller plurisubharmonischen Funktionen, so spricht man von Pseudokonvexitat.

3.1 Satz (ohne Beweis):

Sei X ⊂ Cn ein Gebiet. Dann sind die folgenden Aussagen aquivalent:

1. X ist holomorph konvex.

2. Fur alle Folgen (zn)n∈N⊂ X mit

{zn | n ∈ N} \ {zn | n ∈ N} ⊂ ∂X

gibt es ein f ∈ O (X) mitlimn→∞

|f (zn)| = ∞

Page 18: Komplexe Analysis - Funktionentheorie in mehreren Variablen

18 3 Nach den Vortragen

3. Es gibt ein f ∈ O (X) s.d.limn→∞

|f (zn)| = ∞

fur eine Folge (zn)n∈Nin X mit

{zn | n ∈ N} \ {zn | n ∈ N} = ∂X

4. Fur alle ζ ∈ ∂X gibt es eine Folge (zn)n∈Nund ein f ∈ O (X) s.d.

limn→∞

zn = ζ und limn→∞

|f (zn)| = ∞

Bemerkung 3.2:

Die Aussage 3. bedeutet per Definition, dass X ein Holomorphie-Gebiet ist.

Die Aussage 1. scheint eine lokale Eigenschaft zu sein.

Bei Aussage 3. handelt es sich um eine globale Eigenschaft.

Auch bei Aussage 4. scheint es sich um eine lokale Eigenschaft zu handeln.

Notig fur den Beweis des Satzes ist unter anderem das folgende Lemma:

3.1 Lemma (Thullen’s Lemma):

Sei X ⊂⊂ Cn, K ⊂ X kompakt und g ∈ O (X). Falls fur alle x ∈ K gilt, dass

|g (x)| ≤ dX (x) := sup {r ∈ R | P (x; r) ⊂ X}

so kann jedes f ∈ O (X) holomorph aufP (a; |g (a)|)

fur beliebiges a ∈ KO(X) fortgesetzt werden.

3.3 Pseudokonvexitat

3.8 Definition:

Eine komplexe Kreisscheibe D in X ⊂⊂ Cn ist affin-lineares Bild von D = {z ∈ C | |z| < 1}:

D = d+ D · b

mit d ∈ Cn, b ∈ (Cn)

∗.

Analog setzt man

∂D := d+ S1 · bD := d+ D · b

Sei nun D ⊂⊂ X ⊂⊂ Cn. Dann ist die oben definierte Abstandsfunktion δx stetig auf X und wohldefiniert.

Insbesondere istδx∂D

stetig und wegen der Prakompaktheit positiv. Also ist auch

log δx∂D : ∂D // R

wohldefiniert und es gibt genau eine harmonische Fortsetzung hD : D // R mit

hD∂D = log δx∂D

3.2 Satz:

Sei D ⊂⊂ X und a ∈ D. Eine holomorphe Funktion f ∈ O (X) ist dann fortsetzbar auf

P (a; exp (hD (a)))

Beweis:

Da hD harmonisch in D ist, gibt es ein g ∈ O (D) mit

ℜg = hD

Page 19: Komplexe Analysis - Funktionentheorie in mehreren Variablen

3 Nach den Vortragen 19

Die Runge-Approximation liefert uns nun fur beliebiges ε > 0 ein P ∈ C [z] s.d.

hD − ε < ℜP < hD auf ∂D

gilt. Weiter sind hD und ℜP harmonisch, daher folgt aus dem Maximumsprinzip

hD − ε < ℜP < hD auf D

Jetzt gilt aberexp (hD − ε) < exp (ℜP ) = |exp (P )| < exp (hD)

Auf K := ∂D gilt dann insbesondere|exp (P )| ≤ exp (hD) = δx

und Thullen’s Lemma liefert, dass jede holomorphe Funktion f ∈ O (X) eine holomorphe Fortsetzung auf diePolydisk

P (a; |exp (P (a))|)fur jedes a ∈ KO(X) = D (Maximumsprinzip!).

Da ε > 0 beliebig war, konnen wir den Grenzwert limε→0

bilden und erhalten die Behauptung.

Sei X ab jetzt stets ein Holomorphiegebiet oder wenigstens holomorph konvex. Sei weiter D ⊂ X und a ∈ D.Per Definition gilt dann

P (a; exp (hD (a))) ⊂ X

und insbesondere haben wirhD ≤ ln

(δx|D

)

3.3 Satz:

Es gilt

hD ≤ ln(δx|D

) Definition⇔ − ln (δx) ist plurisubharmonisch

⇔ X ist pseudokonvex

3.4 Zusammenfassung

Wir haben also:X holomorph konvex ⇒ X pseudokonvex

Es stellt sich die Frage, ob die Ruckrichtung auch gilt. Dieses Problem ist als Levin’s Problem bekannt und dieLosung dauerte etwa 50 Jahre. Siehe dazu [Kaup] Seite 300 ff.

Zusatz:X ⊂⊂ C

n ist pseudokonvex ⇔ ∀ a ∈ ∂X ∃ U ∋ a s.d. U ∩X pseudokonvex ist

Page 20: Komplexe Analysis - Funktionentheorie in mehreren Variablen

Index

F-konvexe Hulle, 17Aquivalenzrelation, 16

Abbildungbilholomorph, 6Faser, 12holomorph, 6, 16

Funktionaldeterminante, 11Funktionalmatrix, 10Jacobi-Determinante, 11Jacobi-Matrix, 10, 12

AlgebraC (T ), 3O (X), 5

Nullteiler, 9-Homomorphismus, 6

stetiger, 7lineares Funktional, 6UnteralgebraO (X), 5

Bereich, 3

CauchyIntegralformel, 8

Cauchy-Riemann-Differentialgleichungen, 11

Diffeomorphismus, 10lokaler, 10

Ebenekomplexe, 2

Frechetraum, 4, 5Fubini

Satz von, 8Funktion

C (T ), 3O (G) fur G ⊂ C Gebiet, 4O (X) fur X ⊂ C

n Gebiet, 5ganz, 9holomorph, 4, 5, 15

Eigenschaften, 4Identitatssatz, 9

partiell holomorph, 5plurisubharmonisch, 17

Gebiet, 3F-konvex, 17elementar konvex, 17holomorph konvex, 17Holomorphie-Gebiet, 18polynomiell konvex, 17pseudokonvex, 17Runge-Gebiet, 17

Halbnorm, 3Familie, 4

hausdorffsch, 3

Identitatssatz, 9

Integritatsbereich, 9

KorperC, 2

Konvergenzgleichmaßige, 3

Liegruppekomplexe, 16

LiouvilleSatz von, 9

Mannigfaltigkeitkomplexe, 15

Mengeanalytisch, 14diskret, 12lokal analytisch, 14Teilmenge

echte analytische, 14Multiindex, 7

Norm, 6euklidische, 2Maximumsnorm, 2Supremumsnorm, 3

Polydisc, 12, 13erkennbarer Rand, 7

Raumhausdorffsch, 15

Riemann’sche Flache, 16Riemann’sche Zahlenkugel, 16Runge

Runge-Gebiet, 17

Satzuber die implizite Funktion, 12Rang-Theorem, 12von der lokalen Umkehrbarkeit, 11

Thullen’s Lemma, 18

UmgebungPolydisc, 2

Untermannigfaltigkeit, 13, 14Unterraum

affiner, 14

Vergleiche das Riemann’sche Flachen Skript, 16Vollstandigkeit, 4

Zusammenhangskomponente, 9, 14

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