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Von Syllvett Tsialos I n der Vergangenheit wurden die Teil- bereiche der Simulation zumeist mit separaten Lösungen abgebildet, da die marktüblichen Softwarepakete in der Regel auf monodisziplinäre Fragestellun- gen spezialisiert sind. Die Herausforde- rung der Kopplung liegt in den verschie- denen mathematischen Ansätzen, die in der Regel nicht gut zusammenpassen und zu großem rechentechnischen Auf- wand führen. Zum Beispiel ist die Finite- Elemente-Methode (FEM), die bei Struk- turfestigkeit zum Einsatz kommt, schwie- rig mit Computational Fluid Dynamics (CFD) zu verbinden, weil unterschiedli- che Berechnungsansätze und Datenmo- delle zugrunde liegen. Co-Simulation ist das Mittel der Wahl: verschiedene Solver also, die über entsprechende Schnittstel- len reibungslos im Hintergrund mitein- ander kommunizieren und so ihre volle Leistung entfalten. Anwendung der Multiphysik Zu den klassischen Herausforderungen in der Multiphysik zählt neben der Kopp- lung von FEM und CFD auch die Integ- ration der Mehrkörperdynamik (Mehr- körpersimulation, MKS). MSC Software hat etablierte numerische Lösungen für alle physikalischen Disziplinen. Der CAE- Anbieter sich in den letzten Jahren damit beschäftigt, wie die Analysen zuverlässig und anwenderfreundlich gekoppelt wer- den können. Speziell für die sogenannte Co-Simulation haben die Berechnungs- experten mit der CoSim Engine jetzt eine Schnittstelle entwickelt, die zunächst drei wichtige Disziplinen in einer multidiszip- linären Umgebung vereint: Mehrkörpersimulation (MKS) + Finite-Elemente-Methode (FEM) Die Co-Simulation mit MKS und FEM ist immer dann sinnvoll, wenn zum Beispiel Deformationen nichtlinear werden oder wenn thermische Effekte oder komplexe, wechselnde Kontakte eine Rolle spielen. Umgekehrt erhöht der Ersatz von FEM- Baugruppen durch MKS-Baugruppen die Rechengeschwindigkeit um ein Vielfa- ches. MSC Adams ist das am häufigsten eingesetzte Softwareprogramm für die Simulation mechanischer Systeme im Bereich der MKS, während MSC Marc sich einen ausgezeichneten Ruf in der nichtlinearen FEM-Welt erarbeitet hat. Dr. Steve Jia, leitender Ingenieur bei der Litens Automotive Group, sagt über die Möglichkeiten der Co-Simulation beider Programme: „In der Entwicklung wollen wir vernünftige Ergebnisse in vernünfti- ger Zeit erreichen. Mit der Adams-Marc- Co-Simulation können wir dieses Ziel mehr als erfüllen. Da wir über 90 Pro- zent Rechenzeit einsparen, ist die Opti- mierung mit komplexen nichtlinearen Modellen zur praktisch gut einsetzbaren Methode geworden. Solch eine Entwick- lung ist für unsere Produktentwicklung sehr nützlich und von großer Bedeutung.” Mehrkörpersimulation (MKS) + Computational-Fluid-Dynamics (CFD) 2016 hat MSC Software die in Japan ent- wickelte Software MSC Cradle CFD für Kopplung verschiedener Solver und Disziplinen mit Co-Simulation Multiphysik wird Wirklichkeit Das Verhalten von Produkten unterliegt vielen physikalischen Gesetzmäßigkeiten, die sich gegenseitig beeinflussen. Für zuverlässige und realistische Simulationsergebnisse müssen daher verschiedene physikalische Probleme gekoppelt werden – Stichwort Multiphysik. Typische Beispiele dafür sind akustische Effekte durch die Umströmung des Außenspiegels am Auto, die Bewegung eines Roboters mit Berücksichtigung der Regelung oder das Schwappen einer Flüssigkeit im Tank während der Fahrt. Co-Simulation der Ventilöffnung in einem Tank aufgrund von Strömungskräften mit MSC Cradle CFD. Quelle: MSC Software INVENTOR Magazin Praxis AUTOCAD & Inventor Magazin 4/19 58

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Page 1: Kopplung verschiedener Solver und Disziplinen mit Co ... · rig mit Computational Fluid Dynamics (CFD) zu verbinden, weil unterschiedli-che Berechnungsansätze und Datenmo-delle zugrunde

Von Syllvett Tsialos

In der Vergangenheit wurden die Teil-bereiche der Simulation zumeist mit

separaten Lösungen abgebildet, da die marktüblichen Softwarepakete in der Regel auf monodisziplinäre Fragestellun-gen spezialisiert sind. Die Herausforde-rung der Kopplung liegt in den verschie-denen mathematischen Ansätzen, die in der Regel nicht gut zusammenpassen und zu großem rechentechnischen Auf-wand führen. Zum Beispiel ist die Finite-Elemente-Methode (FEM), die bei Struk-turfestigkeit zum Einsatz kommt, schwie-rig mit Computational Fluid Dynamics (CFD) zu verbinden, weil unterschiedli-che Berechnungsansätze und Datenmo-delle zugrunde liegen. Co-Simulation ist das Mittel der Wahl: verschiedene Solver also, die über entsprechende Schnittstel-

len reibungslos im Hintergrund mitein-ander kommunizieren und so ihre volle Leistung entfalten.

Anwendung der MultiphysikZu den klassischen Herausforderungen in der Multiphysik zählt neben der Kopp-lung von FEM und CFD auch die Integ-ration der Mehrkörperdynamik (Mehr-körpersimulation, MKS). MSC Software hat etablierte numerische Lösungen für alle physikalischen Disziplinen. Der CAE-Anbieter sich in den letzten Jahren damit beschäftigt, wie die Analysen zuverlässig und anwenderfreundlich gekoppelt wer-den können. Speziell für die sogenannte Co-Simulation haben die Berechnungs-experten mit der CoSim Engine jetzt eine Schnittstelle entwickelt, die zunächst drei wichtige Disziplinen in einer multidiszip-linären Umgebung vereint:

■ Mehrkörpersimulation (MKS) + Finite-Elemente-Methode (FEM)Die Co-Simulation mit MKS und FEM ist immer dann sinnvoll, wenn zum Beispiel Deformationen nichtlinear werden oder wenn thermische Effekte oder komplexe, wechselnde Kontakte eine Rolle spielen. Umgekehrt erhöht der Ersatz von FEM-Baugruppen durch MKS-Baugruppen die Rechengeschwindigkeit um ein Vielfa-ches.

MSC Adams ist das am häufigsten eingesetzte Softwareprogramm für die Simulation mechanischer Systeme im Bereich der MKS, während MSC Marc sich einen ausgezeichneten Ruf in der nichtlinearen FEM-Welt erarbeitet hat. Dr. Steve Jia, leitender Ingenieur bei der Litens Automotive Group, sagt über die Möglichkeiten der Co-Simulation beider Programme: „In der Entwicklung wollen wir vernünftige Ergebnisse in vernünfti-ger Zeit erreichen. Mit der Adams-Marc-Co-Simulation können wir dieses Ziel mehr als erfüllen. Da wir über 90 Pro-zent Rechenzeit einsparen, ist die Opti-mierung mit komplexen nichtlinearen Modellen zur praktisch gut einsetzbaren Methode geworden. Solch eine Entwick-lung ist für unsere Produktentwicklung sehr nützlich und von großer Bedeutung.”

■ Mehrkörpersimulation (MKS) + Computational-Fluid-Dynamics (CFD)2016 hat MSC Software die in Japan ent-wickelte Software MSC Cradle CFD für

Kopplung verschiedener Solver und Disziplinen mit Co-Simulation

Multiphysik wird WirklichkeitDas Verhalten von Produkten unterliegt vielen physikalischen Gesetzmäßigkeiten, die sich gegenseitig beeinflussen. Für zuverlässige und realistische Simulationsergebnisse müssen daher verschiedene physikalische Probleme gekoppelt werden – Stichwort Multiphysik. Typische Beispiele dafür sind akustische Effekte durch die Umströmung des Außenspiegels am Auto, die Bewegung eines Roboters mit Berücksichtigung der Regelung oder das Schwappen einer Flüssigkeit im Tank während der Fahrt.

Co-Simulation der Ventilöffnung in einem Tank aufgrund von Strömungskräften mit MSC Cradle CFD.

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AUTOCAD & Inventor Magazin 4/1958

Page 2: Kopplung verschiedener Solver und Disziplinen mit Co ... · rig mit Computational Fluid Dynamics (CFD) zu verbinden, weil unterschiedli-che Berechnungsansätze und Datenmo-delle zugrunde

Strömungssimulation in sein Portfolio integriert. Damit sind Entwicklungsin-genieure in der Lage, umfassende Co-Simulationen über alle relevanten Simu-lationsdisziplinen hinweg durchzufüh-ren. Anwender können mit MSC Cradle CFD anspruchsvolle Strömungsanalysen vornehmen, einschließlich der Wärmelei-tungs-, Strahlungs-, Verdampfungs- oder Kondensationsvorgänge.

Zusammen mit der Mehrkörpersimu-lation kann zum Beispiel berechnet wer-den, wie Bauteile oder Fremdkörper mit einem Flugzeug interagieren. Der CFD-Experte André Zimmer, Geschäftsführer bei MantiumCAE, arbeitet gerne mit MSC Cradle CFD: „Wir können unsere Kunden nun auch bei vielschichtigen Analyseauf-gaben unterstützen, die eine All-inclusi-ve-Multiphysik-Simulationslösung erfor-

dern, zum Beispiel bei der Simulation von Flugzeugturbinen mit Überschallströ-mung und Verbrennung.

■ Computational-Fluid-Dynamics (CFD) + Finite-Elemente-Methode (FEM)Fluide - Flüssigkeiten und Gase - belasten Strukturen durch Druck und thermische Effekte. Häufig wird durch die Reaktion der Struktur auf diese Belastungen der anfängliche Durchfluss- und Tempera-turzustand geändert. Ingenieure müssen erkennen, wie Strukturen auf Druck- und Temperaturänderungen reagieren und wie sich diese Reaktionen wiederum auf den Fluidfluss auswirken. Ein besse-res Verständnis des Produktverhaltens gestattet nicht nur die Konstruktion von zuverlässig funktionierenden Produkten, sondern sorgt auch dafür, dass die Druck- und Temperaturgrenzwerte nicht über-schritten werden.

Akustische SimulationenNeben der Thermik nehmen auch multi-physikalische akustische Anwendungen eine immer höhere Bedeutung ein. Inge-nieure müssen sich häufig mit der Lösung von Schwingungs- und Akustikproble-men beschäftigen, auch Noise, Vibration, Harshness (NVH) genannt. Sie müssen dabei den Körper- und Luftschall mini-mieren, ohne die Leistung des Gesamt-systems zu beeinträchtigen. Actran gilt als Marktführer für Akustiksimulation mit mehr als 20 Jahren Erfahrung und einer

weltweiten Blue-Chip-Anwenderbasis. Das Programm hat viele multiphysikali-sche akustische Anwendungen, durch die Kopplung mit MSC Cradle CFD sind bei-spielweise sehr schnelle aero-akustische Simulationen möglich.

Fazit und AusblickIm CAE geht der Trend von der mono-disziplinären Simulation von Einzelkom-ponenten hin zur virtuellen Produktent-wicklung auf Systemebene. Ingenieure müssen immer komplexere Strukturen beurteilen. Leistung und Verlässlichkeit der Strukturen werden allerdings stark von den Interaktionen zwischen den ver-schiedenen physikalischen Disziplinen beeinflusst. Deshalb werden Multiphysik und die numerische Umsetzung als Co-Simulation immer wichtiger.

Die Co-Simulation ist modellierungs-technisch aufwändiger. Dieser Nachteil wird aber in den meisten Fällen durch den enorm gesteigerten Kenntnisge-winn überkompensiert. Die Co-Simula-tion kann für einen Ingenieur dabei den entscheidenden Unterschied machen: die Kopplung verschiedener Disziplinen führt zu einem einzigartigen, ganzheit-licheren Überblick und erzielt bessere Ergebnisse als die herkömmliche – auf einen Solver beschränkte – Vorgehens-weise. Ingenieure können noch verlässli-chere Aussagen zu Systemverhalten und/oder Lebensdauer und/oder Robustheit machen. (anm) ■

Co-Simulation und Darstellung der Fluid-Struktur-Wechselwirkung (FSI) einer biegsamen Platte mit Marc und MSC Cradle CFD.

Kopplung/Co-Simulation von Mehrkör-perdynamik und nichtlinearer Struktur-analyse in einem Kugellager mit Adams und Marc von MSC Software.

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Sonderdruck für MSC Software aus dem AUTOCAD & Inventor Magazin 4-2019. Das komplette Magazin erhalten Sie als Printausgabe unter www.autocad-magazin.de. Copyright 2019, WIN-Verlag GmbH & Co. KG, alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, Vervielfältigung aller Art und digitale

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