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1345 | 25.6. 2014 BERICHTE MEINUNGEN DOKUMENTE KULTURPOLITISCHE K O RRES P O NDENZ

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KULTURPOLITISCHE KORRESPONDENZ

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INHALTDieter GöllnerWas Einrichtungen alles ausrichtenBühnen ostdeutscher Kulturarbeit mit transparenten Kulissen 3

Ein Museum muss nicht museal seinJubiläum in Troppau 6

Anita ZwicknaglDie Deutsche Sprengchemie sprengt nicht mehrMuseum der Stadt Geretsried saniert 8

Markus BauerIn der Mitte über die Ränder redenBrünner Symposium zu „Menschen am Rande“ 10

Karl B. SzabóZum Stand der Verständigung„Ungarndeutsche als Brückenbauer in Europa“ 13

Tue forschen – und rede darüberEinladung zu einem Graduiertenkolloquium in Bad Kissingen 14

Die konkrete Bedeutung von StichhaltigkeitSchönwälder Volkskunst in Ratingen 15

Netzwerk gegen die doppelten Böden der GeschichteRumänien im Europäischen Netzwerk Erinnerung und Solidarität 17

BÜCHER MEDIEN VERANSTALTUNGENPiskorski: Die Verjagten (Klaus Weigelt) 19Heinz: Kriegerdenkmal (Georg Aescht) 21Riedel: Sommerferien (Susanne Habel) 22„Sudetenland“ 23

LITERATUR UND KUNSTKlaus WeigeltDarstellen, was Heimat für einen darstelltOstdeutsche Galerie setzt ein Fragezeichen: „Heimat?“ 24

Brandanschlag in Regensburg 27

Ortfried KotzianUntergangsschöpferGregor von Rezzori zum 100. Geburtstag 28

Die furchtbare Gewöhnlichkeit des KriegesTschechische Kriegsfotografien 30

KK-NOTIZBUCH 31

Die einen mögen an flie-gende Teppiche denken, die andern an die Energie-wende, doch ist es weder orientalisch märchenhaft noch kuschelig in dieser von Anette Hauschild im Kosovo fotografierten Hei-mat, Energie ist auch kaum und eine Wende schon gar nicht in Sicht

Bild: Kunstforum Ostdeutsche Galerie, siehe Seite 24

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Was Einrichtungen alles ausrichtenDie Bühnen ostdeutscher Kulturarbeit bemühen sich um transparente Kulissen, Zuschauen wird zum Mittun

Haben die fließenden Formen etwas mit dem Donaufluss zu tun? Lajos Barta im DZM UlmBild: Donauschwäbisches Zentralmuseum

„Erinnertes Leben – Gelebte Erinnerung. Arno Surminski zum 80. Geburtstag“ ist bekanntlich der Titel der Ausstellung, die im Ostpreußischen Landesmuseum von Lüneburg bis zum 31. August gezeigt wird. Am 24. Juni gab es in der Handwerkskam-mer Lüneburg ein interessantes Begleitpro-gramm mit der Vorführung des Films „Im Herzen von Ostpreußen“ mit Beteiligung des Autors Hans Joachim Kürtz und des Jubilars Arno Surminski.

Zweifelsohne zählt die Surminski-Aus-stellung zu den wichtigsten aktuellen Veranstaltungen rund um Literatur und Autoren. Doch auch weitere dem West-Ost-Dialog verschriebene Institutionen stellen Schriftsteller und ihr Werk in den Fokus ihrer Programme. So präsentierte Ende Juni Dr. Tobias Weger vom Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa im Münchener Haus des Deutschen Ostens (HDO) die Neu-erscheinung „Das deutsche Kulturerbe in Schlesien, Wege und Perspektiven der Forschung“.

Ebenfalls im Juni sprach Dr. Renate von Walter im Rahmen der regelmäßigen Be-gegnungen des „Erzählcafés“ in der Gast-stätte „Zum Alten Bezirksamt“ im HDO mit Mechthild Lobisch. Die Buchbindermeis-terin, bildende Künstlerin und Professorin an der Hochschule für Kunst und Design Halle ist Trägerin des Oberbayerischen Kulturpreises 2013. Die im schlesischen Hirschberg geborene Dialogpartnerin ließ Höhepunkte ihres künstlerischen Wirkens Revue passieren und erinnerte u. a. auch an ihre Kindheit in der früheren Heimat, aus der sie im Alter von fünf Jahren mit ihrer Familie floh.

Am 10. Juli ist im Münchner HDO eine weitere Buchpräsentation anberaumt: Ul-

rike Draesner stellt ihren Roman „Sieben Sprünge vom Rand der Welt“ vor. Es ist die Geschichte zweier vertriebener Familien aus Schlesien und Ostpolen.

Am 26. Juni findet im Donauschwäbi-schen Zentralmuseum (DZM) Ulm die 6. Heimatstuben-Tagung statt. Seit dem Jahr 2007 treffen sich ehrenamtliche Betreuer ostdeutscher Sammlungen regelmäßig in Ulm, um ihr museologisches Fachwissen zu erweitern und sich mit Gleichgesinnten zu aktuellen Themen auszutauschen. Bei der in Zusammenarbeit mit dem Haus der Heimat des Landes Baden-Württemberg, Stuttgart, organisierten Veranstaltung ging es um praktische Tipps und Anregungen zum Umgang, zur Lagerung und zum Sor-

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Gibt es ein siebenbürgisches Moment in Gert Fabritius‘ „Verharrender Bewegung“?Bild: der Künstler

tieren von Fotografien und Dokumenten. Anhand von praktischen Beispielen aus einigen Häusern wurde aufgezeigt, wie diese Materialien in Heimatstuben und Ausstellungen am besten zur Geltung ge-bracht werden.

Das Dokumentations- und Informations-zentrum für schlesische Landeskun-de von Königswinter-Heisterbacherrott richtet in Kooperation mit dem Katholi-schen Bildungswerk Rhein-Sieg-Kreis, der Evangelischen Erwachsenenbildung im Kirchenkreis An Sieg und Rhein, der Volkshochschule Siebengebirge und der Kulturreferentin für Schlesien die Fach-tagung „Heraus aus der Vergessenheit – ‚Unfreiwillige‘ Ökumene in Niederschlesien nach 1945“ aus. Am 4. und 5. Juli referieren im Haus Schlesien u. a. evangelische und katholische Wissenschaftler sowie Zeitzeu-gen aus Deutschland und Polen. Im Fokus steht die Vermittlung von zeitgeschichtlich wichtigen Hintergrundinformationen sowie von wertvollen Impulsen für die heutige ökumenische Situation.

Am 20. Juli lädt Haus Schlesien zu einer „Klaviermatinee von Schobert zu Schubert“ ein. Die Konzertpianistin Junko Shioda bringt Werke von Johann Schobert und Kla-vierstücke von Franz Schubert zu Gehör. Auch wenn über das Leben des deutschen Komponisten, Pianisten und Cembalisten Schobert recht wenig bekannt ist, steht fest, dass er um 1740 in Schlesien geboren wurde und in Paris im privaten Orchester des Prinzen Louis François Bourbon-Conti tätig war.

Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges jährt sich im Sommer 2014 zum einhundertsten Mal. Mehrere Einrichtungen erinnern mit Veranstaltungen an das historische Ereig-nis. Das Ostpreußische Landesmuseum Lüneburg dokumentierte das Thema mit der Tagung „Der vergessene Krieg – Krieg, Flucht, Deportation in Ostpreußen und im östlichen Europa“. Im Mittelpunkt der Vor-träge standen die Kriegsereignisse und das

Schicksal der Bevölkerung in Ostpreußen und im östlichen Europa. Experten berich-teten über das Geschehen in Ostpreußen, den Eindruck deutscher Besatzer von Litauen, das Schicksal ethnischer Minder-heiten in Russland und das Nachwirken des „Großen Krieges“.

Unter dem Motto „Kaiserdämmerung – Der Schattenwurf des Jahres 1914“ gab es im Düsseldorfer Gerhart-Hauptmann-Haus ein Rundtischgespräch zum Thema „Eu-ropa in der Zeit vor und nach dem ‚großen Krieg‘“. An der Gesprächsrunde beteiligten sich Professor Dr. Holm Sundhaussen und Susanne Brandt, die langjährige wissen-schaftliche Mitarbeiterin am vormaligen Lehrstuhl von Gerd Krumeich an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

„August 14: Der Erste Weltkrieg in Ostpreu-ßen“ heißt die Dokumentarschau, die vom 1. August 2014 bis zum 22. Februar 2015 im Kulturzentrum Ostpreußen im Deutsch-ordensschloss Ellingen zu sehen ist. Die neue Sonderausstellung befasst sich mit der historischen Aufarbeitung des Krieges an der Ostfront. Das Augenmerk wurde

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Nicht nur seiner Kunst, auch dem Künstler selbst sieht man es an, dass die östliche Herkunftslandschaft einen eigenen Sinn für Doppel- und Hintersinn prägt. Gert Fabritius stellt derzeit im Sie-benbürgischen Muse-um Schloss Horneck, Gundelsheim, ausBild: Konrad Klein

auf Ostpreußen gerichtet, nicht zuletzt um die vielerorts einseitige Betrachtung der Westfront zu vermeiden und die einzige deutsche Provinz, in der zwischen August 1914 und Februar 1915 gekämpft wurde, gezielt hervorzuheben.

Bis zum 13. Juli ist in den Ausstellungs-räumen des Donauschwäbischen Zent-ralmuseums (DZM) die Werkschau „Lajos Barta – Skulpturen und Zeichnungen“ zu besichtigen. Der ungarische Bildhauer und Zeichner Lajos Barta (geboren 1899 in Budapest, verstorben 1986 in Köln) ist ein Vertreter der abstrakten Nachkriegskunst. Im Rahmen des Internationalen Donau-festes vom 4. bis zum 13. Juli herrscht in Ulm und Neu-Ulm ein reges kulturelles Treiben. Auch das DZM ist dabei und zeigt u. a. eine Ausstellung über die Tschaikisten (serbische Schiffsoldaten in österreichi-schen Diensten). Am 11. Juli präsentieren die Weinbastion und der donauschwäbi-sche Winzer Zoltán Heimann den neuen Schachtelwein im DZM-Zelt.

Im Siebenbürgischen Museum Gundels-heim sind bis zum 6. Juli unter dem Titel „An meinen Reihen musst du gehen …“ Arbeiten aus dem Grafikzyklus „Zieder Totentanz“ von Gert Fabritius zu sehen. Der Künstler überließ dem Museum im Jahre 2013 diese

Grafikreihe, die auf das siebenbürgische Fastnachtspiel „Das Lied vom König und vom Tod“ zurückgeht. Der 1940 in Bukarest geborene und heute in Stuttgart lebende Grafiker studierte an der Kunstakademie in Klausenburg/Cluj und erhielt im Jahre 2012 den Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturpreis.

Im Düsseldorfer Gerhart-Hauptmann-Haus ist bis zum 25. Juli die Ausstellung „Ernst Oldenburg – ein Künstler im Zeitalter der Extreme“ zu besichtigen. Oldenburg (1914 in Danzig geboren, 1992 in Unna verstor-ben) war neben Hanns Helmut Kirst oder Herbert Czaja einer der „1914er“ – einer Generation, deren Schicksal es war, nicht mehr der vermeintlich „guten alten Zeit“ vor dem Ersten Weltkrieg angehören zu dürfen, der „Welt von Gestern“, wie Stefan Zweig sie wehmütig genannt hat. Mit der Werk-schau anlässlich des 100. Geburtstages von Oldenburg erinnert das Düsseldorfer Gerhart-Hauptmann-Haus an den bedeu-tenden Bildhauer und Maler.

Am 6. Juli wird im Oberschlesischen Landesmuseum (OSLM) von Ratingen-Hösel im Rahmen des Sommerfestes ein Familientag „Mobil sein früher und heute“ stattfinden. Ganz im Zeichen der Mobilität steht auch der Aktionsnachmit-

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Ein Museum muss nicht museal seinMan feiert Jubiläum in Troppau, der eigentliche Jubel gilt aber nicht der Vergangenheit, sondern der Zukunft

tag vom 9. Juli: „Ich bin dann mal weg … Vom Pilgern bis zum Campingurlaub“. Die Mitmachaktion „Sticken ist cool“ wiederum bringt den Teilnehmern am 16. Juli ausge-wählte Impressionen aus der Ausstellung „Schönwald – ein stickendes Dorf aus der Vergangenheit“ und Besonderheiten der traditionellen Stickkunst näher (siehe auch Seite 15).

Anlässlich des 25jährigen Jubiläums der historischen Ereignisse von 1989 in den

Staaten des östlichen Europas eröffnet das Münchner Haus des Deutschen Ostens in Zusammenarbeit mit den Generalkon-sulaten Polens, Rumäniens, der Slowakei und Ungarns sowie dem Tschechischen Zentrum München die Fotoausstellung „25 Jahre Wandel im östlichen Europa“. Die Ausstellung zeigt vom 3. Juli bis zum 30. September thematische Beiträge aus allen beteiligten Ländern.

Dieter Göllner (KK)

Was wäre die schlesische Kulturarbeit heute ohne Museen? Sie gehören mehr und mehr zu den besonderen Attraktionen in allen Landesteilen. Dabei ist die Muse-umsgeschichte in Schlesien wechselhaft. Insbesondere der Zweite Weltkrieg hat Wunden hinterlassen. Doch was waren die Anfänge? In Troppau/Opava hat das dortige Schlesische Museum nun beson-deren Anlass zum Rückblick. Gerade ist es 200 Jahr her, dass dieses Museum als das erste auf dem heutigen Gebiet der Tschechischen Republik gegründet wurde.

Von 2010 bis Sommer 2012 wurde das historische Hauptgebäude einer General-sanierung unterzogen. Seither glänzen dort die Sammlungen in einer naturkundlichen Abteilung im Untergeschoss, wechselnden Präsentationen im Erdgeschoss und einer sogenannten Enzyklopädie Schlesiens im Obergeschoss. Dort werden Schlüsselbe-griffe mit Exponaten hinterlegt und damit „Handwerk“ oder „Zeit“ genauso wie „Berg-bau“ oder „Jagd“ mit der Kulturlandschaft in Bezug gesetzt.

Zu dem mit fast 2,4 Millionen Samm-lungsstücken außergewöhnlich reichen Schlesischen Museum in Troppau (Slezské

zemské muzeum v Opave/SZMO) unter-hält das Oberschlesische Landesmuseum aus dem rheinischen Ratingen schon lange enge Kontakte. Gegenseitige Besuche und vertrauensvolle Gespräche münde-ten in zahlreiche Ausleihen. Mit der Zeit ist ein produktiver Erfahrungsaustausch entstanden.

Die Zusammenarbeit beider Einrichtungen schlug sich in einem Partnerschaftsabkom-men nieder, das schon 2009 in Ratingen unterzeichnet und dann 2012 in Troppau unbefristet erneut besiegelt werden konnte. Für den nun erreichten hohen Grad des Vertrauens steht als bei den Kultureinrich-tungen ostdeutscher Observanz bislang einmaliger Akt die gegenseitige Berufung der Museumsleiter in die Aufsichtsgremien der jeweiligen Partnereinrichtung.

Der Festakt in Troppau am 30. April 2014 begann mit Daniel Herman, dem Kultur-minister der Tschechischen Republik. Dabei wurde von der Generaldirektion der Tschechischen Post ein offizielles Sonder-postwertzeichen vorgestellt. 15 000 Bögen mit zusammen 750 000 Briefmarken sowie 3800 Ersttagsbriefe mit einem Motiv des Museumsgebäudes wurden gedruckt.

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Kaiserlich-königlich-schlesischer Glanz:

das Hauptgebäude des Schlesischen Museums

in TroppauBild: Stephan Kaiser

Am eigentlichen Jubiläumstag fand die feierliche Enthüllung einer renovierten Gedenktafel statt.

Sie war schon im 150. Jahr seit der Grün-dung am ersten Museumsgebäude, dem heutigen Schlesischen Landesarchiv, an-gebracht worden. Als deutscher Ehrengast war der Direktor des Oberschlesischen Landesmuseums, Dr. Stephan Kaiser, bei diesen Feierlichkeiten zugegen. Er bekam von SZMO-Direktor Antonín Šimcík auch die silberne Gedenkmünze überreicht. Sie steht mit der Gedenktafel in Verbindung.

Zwar bildet sie das 1895 fertiggestellte Museumshauptgebäude ab, doch ist die dargestellte Persönlichkeit der Gründer Faustin Ens (1782–1858). Nach dem Stu-dium nahe seinem Geburtsort in Freiburg/Breisgau hatte er in der unruhigen napoleo-nischen Kriegszeit seine Heimat verlassen und war als Privatgelehrter 1807 in Troppau angestellt worden. Dort wurde er 1813 Gymnasiallehrer im Gebäude des heutigen Landesarchives. Er begründete schon im Folgejahr das Museum als zusätzliche Bil-dungsstätte des Gymnasiums. Sein Schüler war der heute als Naturforscher bekannte Gregor Johann Mendel, der darum heute auf der Gedenktafel am Gebäude auch

genannt wird.

Die Sammlungen wuchsen rasch, und schon 1821 beschloss der regionale Land-tag, einen hauptamtlichen Leiter für die Sammlungen zu beschäftigen. Ens wurde diese Aufgabe übertragen, und er erfüllte sie bis 1844 mit großem Eifer. Als seine bewährten Helfer und Freunde starben, zog er in seine süddeutsche Heimat zurück. In Bregenz fing er wieder an zu sammeln und schuf die Basis für das Vorarlberger Lan-desmuseum. Mögen die Erinnerungsgaben auch traditionell anmuten, so ist der mu-seumseigene Werbeauftritt zum Jubiläum ganz modern. Zum Namen des Museums und der Angabe „200 Jahre“ wird ein so-genannter QR-Code abgebildet. Diesen soll man mit dem Handy abfotografieren und so durch eine Internetverbindung zur Home-page des SZMO kommen. Das freilich geht auch über www.szm.cz, so gelangt man zu dem umfangreichen Festprogramm an den sechs Standorten des Museums.

Die diesjährigen Feierlichkeiten in Trop-pau sind eingebunden in die Feste zum 200jährigen Jubiläum der beiden anderen tschechischen nationalen Landesmuseen in Brünn und Prag 2017 und 2018.

(KK)

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Die Deutsche Sprengchemie sprengt nicht mehrIm Museum der Stadt Geretsried wird ihr ehemaliger Standort urbar gemacht für das Wissen um die Versprengten von einst

Nach mehrjähriger Sanierungs- und Konzi-pierungsphase wurde am 4. Oktober 2013 das Museum der Stadt Geretsried in zwei sanierten, durch einen Gang miteinander verbundenen Gebäuden eröffnet. Die Geschichte der jüngsten Stadt im Land-kreis mit Bewohnern unterschiedlichster Herkunft wird hier anschaulich in verschie-denen Themenschwerpunkten vermittelt.

Im Eingangsbereich zeigt eine große Übersichtskarte die Ge-biete, in denen bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs Deutsche lebten, die von dort flüchten mussten oder vertrieben wurden. An Hörstationen berichten vier Personen über ihre Ankunft in Geretsried. Es folgt ein kurzer historischer Rückblick auf die Schwaige Geretsried, die durch kahle Baumstämme visualisiert wird. Hier gab es vor rund 80 Jahren bis auf wenige Bauern-höfe nur Wald – den Wolfrats-hauser Forst.

In diesen wurden in den 1930er Jahre die Betriebe Dynamit Aktiengesellschaft – Fabrik zur Verwertung chemischer Stoffe und die Deutsche Sprengchemie gebaut. Die Infrastruktur dieser Werke und deren Spätfolgen sind heute noch im Stadtbild erkennbar.

Das Ausmaß der beiden Werke mitsamt Wohnlagern wird auf einer großen, hinter-leuchteten Karte im Raum „Rüstungsbe-triebe“ sichtbar. Filme und Fotos vermitteln anschaulich Ursache und Wirkung des Nationalsozialismus. Dessen Kapitulati-on folgte die im Potsdamer Abkommen beschlossene Vertreibung, die als „Über-führung der deutschen Bevölkerung oder

Bestandteile derselben, die in Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn zurückge-blieben sind“, nüchtern beschrieben wurde.

Ein langer, untemperierter, leicht anstei-gender Flur führt den Besucher auf den Weg ins Ungewisse. Eine Kiste soll mit der Aufforderung: „Packe dein Leben in eine Kiste“, zum Nachdenken anregen. In Guckfenstern sind Ansichten der alten Hei-

mat zu sehen – ein letzter Blick zurück, gestalterisch umgesetzt mit kleinen Sichtschlitzen im Bretterverschlag, der an die Vertreibungswaggons erinnert. Daneben fällt der Blick auf ei-nen Treckwagen, mit dem die Familie Farkasch 1945 mit rund 30 weiteren Familien aus Pusz-tavam in Ungarn hier ankam. Das wenige Hab und Gut auf dem Treckwagen verschwindet optisch geradezu angesichts des Riesencontainers, in dem er sich befindet. Dieser Container dient als Vergleichsmaß für das

Umzugsgut einer heutigen Durchschnitts-familie, die ein Volumen von rund 33 Ku-bikmetern benötigt.

Es folgen im Haupthaus die Themen der Ankunft in Geretsried mit dem Lager- und Barackenleben. Nach einem chronolo-gischen Schnitt geht der Blick in die alte Heimat zurück: Was haben die Heimatver-triebenen mitgebracht? Welches Können, welche Fertigkeiten, welches Wissen hatten sie?

Die Schwerpunkte etwa des Egerlands umfassen die Tachauer Holzverarbeitung, die von der Firma Lorenz in Geretsried wei-tergeführt wurde, die Bäderkultur sowie die Graslitzer Spitzen- und Musikinstrumen-

Vertreibungs-schicksal lässt sich anhand der Bilder auch geometrisch bemessen, wenn man weiß, dass das Umzugsgut einer heutigen Durchschnitts-familie 33 Ku-bikmeter Lade-raum benötigt.

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Glück auf, der Steiger kommt.

Auch wenn er we-der glücklich noch aufwärtsstrebend

aussieht – sein schlesisches

Herkommen wird jedem Besucher in

Geretsried klarBild: Museum

tenindustrie. Per Knopfdruck lassen sich an einer Hörstation einzelne der ausgestellten Instrumente anhören, die schließlich zu ei-nem gemeinsamen Marsch zusammenge-führt werden. Für Donauschwaben wird aus dem Bereich Landwirtschaft der Weinbau thematisiert sowie das bäuerliche Leben und Arbeiten. Der Blaudruck steht dabei für das ländliche Handwerk.

Im Obergeschoss des Hauptgebäudes finden sich in der Abteilung „Schlesien“ die Themenschwerpunkte Bergbau sowie Glaube und Wissenschaft. Im letzten Ab-schnitt folgen Bilder und Informationen zu den Siebenbürger Sachsen mit ihren zum Weltkulturerbe erkorenen Kirchenburgen. Ebenfalls aus Siebenbürgen, aus Ag-netheln im Harbachtal, stammt der Brauch des „Urzellaufs“, der seit über 20 Jahren alljährlich am Faschingsdienstag auf dem Markplatz in Geretsried aufgeführt wird.

Ihm ist ein eigener Raum gewidmet. Auch hier wird Kultur sichtbar, die in Geretsried weiterbesteht.

Die Museumskonzeption ist darauf ausge-richtet, auf das Schicksal von Millionen von Menschen nach dem Zweiten Weltkrieg hinzuweisen und es in Erinnerung zu be-halten. Sie zeigt auf, dass Krieg, Flucht und Vertreibung nach wie vor präsent sind und jede Generation mit diesen Herausforde-rungen der Geschichte leben und sie – so human wie möglich – meistern muss. Als Botschaft an die Jugend wird vermittelt, dass mitgebrachtes Wissen und Können das Fußfassen in einer neuen Heimat we-sentlich erleichtern.

Anita Zwicknagl (KK)

Museum der Stadt Geretsried, Graslitzer Straße 1, 82538 Geretsried, Telefon 08171/629827.

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In der Mitte über die Ränder redenDas Brünner Symposium „Dialog in der Mitte Europas“ widmete sich den „Menschen am Rande“

Über 250 Teilnehmer wohnten dem inzwi-schen 23. Brünner Symposium „Dialog in der Mitte Europas“ bei, das wieder die Ackermann-Gemeinde und die Bernard-Bolzano-Gesellschaft im Hotel International in Brünn organisiert hatten. Neben Interes-senten aus Tschechien und Deutschland nahmen auch Personen aus Österreich, Polen und Ungarn an der Tagung teil. Diese widmete sich diesmal den „Menschen am Rande“, d. h. Minderheiten, wobei es zu einem guten Teil um die Problematik der Sinti und Roma ging.

Einführende Überlegungen zum Verhältnis zwischen Minderheiten und Mehrheiten stellte der Brünner Schriftsteller und Jour-nalist Professor Pavel Švanda an. Entlang historischer Epochen beleuchtete er das Wechselspiel, das er auch im Kontext der Abhängigkeit vom Herrscher und dessen Umfeld beschrieb. Andererseits gab es – im 19. Jahrhundert – parallel zu den herrschenden Gegensätzen bis hin zur Zersplitterung Bestrebungen zu Vereinheit-lichung. Im Umgang mit Minderheiten habe, so Švanda, Westeuropa sensibler reagiert als Osteuropa. Und er verwies auf einen anderen Aspekt: Die Rechte des Einzelnen werden oft unterdrückt. Mitunter habe die Auseinandersetzung zwischen Mehrheit und Minderheit auch zum Verlust der Minderheit geführt. Grundsätzlich empfahl Švanda Toleranz auf beiden Seiten, einen positiven Umgang miteinander.

Hartmut Koschyk MdB, der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, zollte in seinem Kurzvortrag den Veranstaltern Anerken-nung für ihr zukunftsweisendes Handeln und die Pionierarbeit für Versöhnung. Zu den Rechten von Minderheiten stellte er fest, dass es trotz der Lissaboner Verträge

in der EU nur ein Rahmenübereinkommen des Europarates gebe, ansonsten seien diese innerstaatlich zu klären. Deshalb for-derte Koschyk auch bilaterale Abkommen, ferner eine Empathie seitens der Mehrheit gegenüber der Minorität und „nicht nur To-leranz, sondern innere Akzeptanz“. Vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse in der Ukraine schloss Koschyk etwas nachdenk-lich. „Wenn man angesichts der Vorgänge auf der Krim der Meinung ist, für das Be-stehen auf Minderheitenrechten gebe es keinen Anlass, dann fehlt die Seele.“

Dr. Anna Šabatová, Bürgerrechtlerin und Ombudsfrau der Tschechischen Republik, sah als Grundursache der Konflikte die angeborene Angst vor der Andersartigkeit, dem Fremden, die Menschen aber auch zusammenhält. Werden solche Aspekte wirksam, dann werden beispielsweise andere Sprachen oder Religionen aus der Gesellschaft verdrängt. Für ihren Staat be-zeichnete sie die Roma als „Hauptproblem der tschechischen Gesellschaft“, was – im Gegensatz zu früher – nun unter anderem in mangelnden Kontakten am Arbeitsplatz, im Wohnort oder in der Schule seine Ur-sachen hat. Ferner stellte sie fest, dass die tschechische Gesellschaft nach 1989 nicht auf Ungleichheiten vorbereitet gewesen sei. „Ohne ein Maß an Gleichheit können Minderheitenrechte nicht realisiert werden“, fasste die Ombudsfrau zusammen.

Martin Neumeyer MdL, der Integrationsbe-auftragte der Bayerischen Staatsregierung, machte die Integration und die Teilhabe an der Demokratie am Aspekt „Wählen“ fest. „Oft ist der Mensch mit einer anderen Spra-che oder Religion Abgrenzungsopfer. Der Reifegrad einer Demokratie zeigt sich am Umgang mit Minderheiten“, verdeutlichte Neumeyer. Er plädierte für Respekt ge-

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Das Podium am Freitagabend: Hartmut Koschyk MdB, Moderator Senatspräsident a. D. Dr. Petr Pithart, Martin Kastler MdEP (Bundesvorsitzender der Ackermann-Gemeinde), Ombudsfrau Dr. Anna Šabatová Bild: der Autor

genüber Minoritäten und deren kulturellen Eigenarten, „aber ohne die Grundlagen des Zusammenlebens zu verlassen“. Vor allem an die europäische Politik sowie die Medien richtete der Integrationsbeauftragte den Appell, mehr und vor allem Positives zu leisten. „Aber auch die Nationalstaaten sind gefordert, und die Menschen müssen bereit sein und qualifiziert werden“, schloss Neumeyer seine Ausführungen.

In der Podiumsdiskussion regte Herbert Heuß, leitender wissenschaftlicher Mit-arbeiter beim Zentralrat Deutscher Sinti und Roma, an, seitens der EU alternative Möglichkeiten der Förderung zu schaffen (Nichtregierungs-Organisationen). Sein Monitum lautete: „Ein Angriff auf Minderhei-ten ist auch ein Angriff auf die Demokratie.“ Besorgt ist er über die Vernetzung rechts-radikaler Gruppen und die schwierige Zuordnung der politischen Lager. Daher wünscht er eine „genaue Aufklärungsar-beit auch über schwierige Themen wie Zuwanderung“.

Einen Blick auf Ungarn, wo sich immer mehr Menschen zu Minderheiten beken-

nen, warf die Soziologin Dr. Éva Kovács aus Budapest. Allerdings verwies sie auch auf die fehlende finanzielle Unterstützung der Roma durch die Regierung seit 2010 und den Mangel einer „romapolitischen Vernetzung“ bis in die unteren, kommuna-len Ebenen.

Ein Video von gewalttätigen Demonst-rationen gegen Roma zeigte die Prager Roma-Aktivistin Mariposa Conková. „Auch wir Roma wollen einen Beitrag für die Gesellschaft leisten. Angesichts solcher Angriffe können wir uns nicht zu unserer Roma-Identität bekennen“, kommentierte sie den Film und sprach von einem deutli-chen Antiziganismus, den es zu bekämpfen gelte. Conková riet, man solle die Aspekte Arbeit/Armut und Ethnie nicht unsachlich vermischen.

„Der Staat trägt dazu bei, dass die Anti-Roma-Stimmung in Tschechien wächst“, stellte die Publizistin Saša Uhlová fest. An-gesichts wirtschaftlicher Ängste in weiten Teilen des Landes seien „ganz normale Menschen“ in der Tschechischen Republik „latent sauer“, und ihre negative Stimmung

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richte sich unter anderem gegen die Roma.

Eine der wichtigen und großen Minderhei-ten in seinem Land nannte die Roma der Minister für Menschenrechte und Gleich-stellung, Jirí Dienstbier, sprach aber auch von „größten Schwierigkeiten wegen der Verschiedenheit“. Vermutet werden in der Tschechischen Republik laut Dienstbier 250 000 bis 350 000 Roma, die unter-schiedlich integriert sind – zu etwa einem Drittel leben sie in sozial übelbeleumdeten Orten, wo es vermehrt zu Spannungen, Intoleranz und zum Teil Gewalt kommt. „To-leranz ist zu erreichen, wenn man die Pro-bleme rational angeht“, stellte der Minister fest, forderte aber auch eine langfristig und konzeptionell angelegte Lösung der sozi-alen Situation. Nicht zu vernachlässigen sind für ihn auch die Aspekte Wohnung und Bildung, vor allem Programme für Kinder. „Soziale Behinderungen dürfen nicht über den Schulbesuch entscheiden“, merkte Dienstbier an und nannte darüber hinaus den Aspekt Beschäftigung/Arbeit sowie die Verschuldung der Gesellschaft insgesamt.

Mittel gegen Marginalisierung und Wege aus der Armutsfalle zeigten zum Abschluss des Symposiums die frühere niedersäch-sische Ministerin und jetzige Landtags-abgeordnete Aygül Özkan sowie Ondrej Liška, der Parteivorsitzende der Grünen in Tschechien, auf. Vor dem Hintergrund des künftig sehr hohen Anteils (ca. 50 Prozent) an Personen mit einem Migrationshinter-grund in Deutschland plädierte Özkan für die Kenntnis der deutschen Sprache und für erhöhte Anstrengungen bzw. Konzepte

in den Bereichen Bildung, Arbeit und ge-sellschaftliches Leben. Besonders das Eh-renamt kann in ihren Augen „eine Chance für das Zusammenleben“ sein.

Fünf Bereiche bzw. Pfeiler betrachtet Ond-rej Liška als bedeutend für die Lösung der Probleme: Neben Bildung und Beschäf-tigung sind dies eine bessere Koordinie-rung der sozialen Dienste, Wohnen und Sicherheit. Unter anderem plädierte er für verstärkte inklusive Ansätze in der Praxis und in der Politik sowie für bürgerschaftli-ches Engagement.

Auf dem Podium stellte Judit Marte-Hu-ainigg von der Caritas in Wien einige mit EU-Geldern geförderte Projekte vor. Wie sie als Bürgermeisterin des 2500 Einwohner zählenden Ortes Obernitz mit einem Roma-Anteil von 40 Prozent das Zusammen-wachsen der Bevölkerungsgruppen in den Griff bekommen hat, schilderte Drahomíra Miklošová. Und der Politiker David Benák aus Prag machte deutlich, dass er durch seinen Eintritt in die sozialdemokratische Partei zu einer Verbesserung der sozialen Situation der Roma beitragen möchte.

Damit die Teilnehmer auch praktische As-pekte und Ansätze der Arbeit mit Minder-heiten bzw. „Menschen am Rande“ realiter kennenlernten, gab es, verteilt auf jeweils zwei etwa 90minütige Arbeitseinheiten, sieben Fallbeispiele zu bearbeiten. Unter dem Leitthema „Im Dialog miteinander. Begegnungen unter Menschen zwischen Kulturen“ fanden diese im Tagungshotel und auch an anderen Standorten statt.

Markus Bauer (KK)

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Ungarndeutsche als Brückenbauer in Europa. Tagungsband. Hg. von Frank Spengler und Klaus Weigelt. Konrad-Adenauer-Stiftung e. V., Auslandsbüro Ungarn, 2014

Zum Stand der VerständigungIn Seksard erwiesen sich – nicht nur – „Ungarndeutsche als Brückenbauer in Europa“

Unter diesem Titel wurde am 17. Oktober 2013 in Seksard das Symposium der Konrad-Adenauer Stiftung, der Stiftung Deutsche Kultur im östlichen Europa – OKR und der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen veranstaltet. Der vorliegende Tagungsband beinhaltet die Eröffnungsreden sowie die Konferenzbei-träge des Symposiums.

Frank Spengler, Leiter des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung, betont in seiner Rede die Relevanz der Minderhei-ten als Bindeglieder in der Europäischen

Union, und erörtert die wichtige Rolle der ethnischen Vielfalt in Europa sowie die Ar-beit der KAS im Bereich der Minderheiten-rechte in Kooperation mit den ungarischen Partnerinstituten.

Klaus Weigelt, Präsident der Stiftung Deut-sche Kultur im östlichen Europa, behandelt in seiner Rede die Geschichte der Schwa-benzüge sowie der Präsenz der Deutschen in Ungarn und betont die Wichtigkeit des gesetzlich verankerten Gedenktages an die Vertreibung am 19. Januar.

Otto Heinek, Vorsitzender der Landes-selbstverwaltung der Ungarndeutschen, erinnert an das vor 20 Jahren in Kraft getretene Minderheitengesetz und erörtert neben den erreichten Ergebnissen die im Bereich der Politik und Kultur – mit beson-derem Augenmerk auf die Medienfrage – noch zu lösenden Aufgaben.

Im Beitrag des Staatssekretärs für Kirchen-, Volksgruppen- und Zivilgesellschaftsfra-gen, György Hölvényi, wird der gesetzliche Hintergrund der Minderheitenpolitik Un-garns vorgestellt sowie auf die Relevanz der Bewahrung der nationalitätenspe-zifischen Kultur, Sprache und Identität hingewiesen.

Anhand von historischen Beispielen wird die Bedeutung der Ungarndeutschen für Ungarn im Beitrag von Professor Dr. Ger-hard Seewann reflektiert, wobei der Histo-riker zahlreiche Persönlichkeiten deutscher Herkunft der ungarischen Geschichte, Kultur und Wissenschaft aufzählt und die Ungarndeutschen als starken Pfeiler der Brücke zwischen Ungarn und Deutschland bezeichnet.

In den folgenden beiden Beiträgen – von Dr. Christoph Bergner, damaliger Bundes-beauftragter für Aussiedlerfragen und nati-

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onale Minderheiten, bzw. von Dr. Márta Fata, Mitarbeiterin am Institut für donauschwä-bische Geschichte und Landeskunde in Tübingen – werden die Bedeutung der Ungarndeutschen für Deutschland the-matisiert sowie die Patenschafts- und Partnerschaftsbeziehungen betont und auf die Bedeutsamkeit der am 5. August 1950 unterzeichneten „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“ hingewiesen, die als Startpunkt des Brückenbaus zwischen Deutschland und der alten Heimat gilt.

Von Dr. Ralf Thomas Göllner werden das Ungarische Institut in Regensburg sowie die studienbegleitende Ausbildung Hun-garicum zur „Vermittlung von Kenntnissen der ungarischen Sprache und der Landes-kunde des heutigen und des historischen Ungarn“ vorgestellt.

Jan Diedrichsen, Direktor der Föderalisti-schen Union Europäischer Volksgruppen (FUEV) – Vorsitzender der Arbeitsgemein-schaft für deutsche Minderheiten im Dach-verband von FUEV ist der ungarndeutsche

Sprachwissenschaftler Dr. Koloman Bren-ner –, erörtert die Situation der deutschen Minderheit in Dänemark, wobei er die Pers-pektiven auf europäischer Ebene ebenfalls anspricht.

Im letzten Beitrag des Tagungsbandes von Dr. Georg Paul Hefty, der als Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung damals über die politische Wende berichtet hat, wird die Rolle der Minderheiten – auch die der Ungarndeutschen – im europäischen Einigungsprozess hervorgehoben.

In den Tagungsbeiträgen wird die Rolle der Ungarndeutschen aus verschiedenen Perspektiven erläutert, wobei die neuen Möglichkeiten im europäischen Einigungs-prozess aufgezeigt werden. Bis die Brücke der zitierten Einigung auf EU-Ebene erstellt wird, können jedoch – mit den Worten von Dr. Georg Paul Hefty – auch die Straßen, Wege und Pfade zwischen Ungarn und Deutschland benutzt werden.

Karl B. Szabó (Neue Zeitung, Budapest – KK)

Tue forschen – und rede darüberEinladung zu einem Graduiertenkolloquium in Bad Kissingen

Studierende und Promovierende aus dem In- und Ausland, die eine geistes- oder sozialwissenschaftliche Abschlussarbeit zur Kultur- und Beziehungsgeschichte der Deutschen im östlichen Europa mit ihren Nachbarn vorbereiten, werden eingeladen, im Rahmen des 14. Interdisziplinären Gra-duiertenkolloquiums die Konzeption und Methodik ihres Vorhabens zu präsentieren und zur Diskussion zu stellen.

Sie können dabei mit Fachleuten in einen Gedanken- und Erfahrungsaustausch treten, der sowohl zur inhaltlichen als auch zur methodischen Präzisierung des Vorhabens beiträgt, zumal Forschende aus unterschiedlichsten Wissenschafts-disziplinen wie Germanistik, Mittlere und

Neuere Geschichte, Zeitgeschichte, Kir-chengeschichte, Politik-, Wirtschafts- und Rechtswissenschaften, Kunst- und Kul-turgeschichte, Architektur, Literatur- und Sprachwissenschaft, Ethnologie, Soziolo-gie etc. zusammentreffen. Fragestellungen zu ethnischen, religiösen und sprachlichen Wechselwirkungen sowie interdisziplinäre Herangehensweisen sollen eine zentrale Rolle spielen. Der räumliche Schwerpunkt betrifft jene Gebiete Ostmittel- und Süd-osteuropas, in denen im Laufe der Jahr-hunderte auch deutschsprachige Gemein-schaften existieren oder existiert haben, die in vielfältigen Wechselwirkungen mit ihren Nachbarn standen.

Von den Referentinnen und Referenten

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Rührender denn berührend: Schönwälder Nusskranz Bilder: Oberschlesisches Landesmuseum

Die konkrete Bedeutung von StichhaltigkeitSchönwälder Volkskunst in Ratingen

wird eine maximal 20 Minuten lange, problem-, quellen- und methodenorien-tierte Vorstellung ihrer laufenden Diplom-, Magister- oder Doktorarbeit erwartet, die unter Mitwirkung von Experten aus dem Umfeld der Veranstalter diskutiert werden soll. Deutsche Sprachkenntnisse sind für die Teilnahme erforderlich, Präsentationen und Diskussionsbeiträge sind jedoch auch in englischer Sprache möglich.

Im Interesse der Intensität des fachlichen Austauschs ist die Zahl der Teilnehmenden auf 20 begrenzt. Die Tagung beginnt am 29. Oktober (Mittwoch) mit dem Abendessen und endet am 31. Oktober (Freitag) nach dem Mittagessen. Die Übernahme der Kosten für An- und Abreise sowie des Auf-enthaltes stehen unter dem Vorbehalt der Förderzusage durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien.

Für eine Teilnahme mit eigenem Vortrag sind bis zum 1. September 2014 eine in-

haltliche Skizze des gerade bearbeiteten Forschungsprojekts (1–2 Seiten) und ein tabellarischer fachlicher Lebenslauf ein-zureichen, die vollständige Privat- und ggf. Dienstadresse, der Name der Universität und des Betreuers der Arbeit mitzuteilen sowie die voraussichtlichen Reisekosten und die Art der Anreise anzugeben.

Das Ergebnis des Auswahlverfahrens wird bis zum 1. Oktober 2014 bekanntgegeben. Das Tagungsprogramm mit weiteren or-ganisatorischen Hinweisen wird den Teil-nehmenden in der zweiten Oktoberhälfte zugesandt.

Die Bewerbungsunterlagen und eventuelle Rückfragen werden per Post oder E-Mail erbeten an Gustav Binder, Akademie Mitteleuropa e.V., Alte Euerdorfer Straße 1, 97688 Bad Kissingen, Deutschland, Telefon 0049/971/714 714, [email protected].

(KK)

„Die Ortschaft, die der deutsche For-scher Konrad Gusinde 1911 als ‚deutsche Sprachinsel im polnischen Oberschlesien‘ bezeichnet hat und die gleichsam als deutsches Musterdorf galt, ist jetzt zur pol-nischsten Ortschaft in der ganzen Gegend geworden. … Erst in den beiden letzten Jahrzehnten wurden ihre eigentümliche Geschichte und ihre jahrhundertelange Andersartigkeit wieder entdeckt“, schrie-ben die Autorinnen Joanna Oczko und Bozena Kubit im zweisprachigen Katalog zur Ausstellung „Schönwald, ein Dorf aus der Vergangenheit“. Inzwischen sind der Ortsname Schönwald wie auch das für Oberschlesien untypische Dorf in der Nähe von Gleiwitz/Gliwice und der Großteil der bis 1945 dort lebenden Bevölkerung Ge-schichte.

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Ob ein gutes Gewis-sen auch eine solch geblümte Pracht aufweist wie dieses samten sanfte Ru-hekissen mit Schön-wälder Stickerei?

Heute heißt der Ort Bojków und ist ein Stadtteil von Gleiwitz. Gegenwart ist auch die Sonderausstellung, die bis zum 1. Sep-tember 2014 im Oberschlesischen Landes-museum von Ratingen-Hösel zu besichtigen ist. „Schönwald – ein stickendes Dorf aus der Vergangenheit“ ist in Kooperation mit dem Museum in Gleiwitz entstanden. Dr. Stephan Kaiser, Direktor des OSLM, betont: „Eine langjährige Zusammenarbeit verbindet unser Haus mit dem polnischen Museum. Die Ausstellung zur Schönwälder Stickerei wurde erstmals im Jahre 2013 in Gleiwitz mit unserer Unterstützung eingerichtet.“

Neben Exponaten aus den Beständen des Gastgeberhauses sind Leihgaben von privaten Sammlern und von Partner-Institutionen – etwa aus dem Haus Schle-sien in Königswinter-Heisterbacherrott – zu sehen. In der Ausstellung geht es sowohl um Meilensteine in der Geschichte des Dorfes als auch um die Ursprünge der Stickerei, der Trachten und der Bräuche. Hinzu kommen Aspekte der Sprache, die nicht zuletzt dazu führten, dass das Dorf seine „Andersartigkeit“ bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges erhalten konnte. An-hand von deutsch-polnischen Texttafeln,

Dokumenten, Büchern, Archivfotografien, Videofilmen und zahlreichen Objekten wird der Besucher auf eine „Zeitreise“ in die Vergangenheit mitgenommen.

Die Geschichte reicht bis ins 13. Jahrhun-dert zurück. Dokumente belegen, dass die Entstehung Schönwalds den Zisterzien-sern aus dem Kloster Rauden zu verdanken war. Die fränkische Herkunft der frühen Bewohner Schönwalds ist deutlich an ihrem Dialekt erkennbar, der Gemeinsamkeiten mit osthessischen Mundarten hatte. Für die deutschsprachigen Oberschlesier war die Mundart unverständlich, wobei es aber Ähnlichkeiten mit niederschlesischen Dialekten gab.

Schönwald war dafür bekannt, dass sich dort bis ins 20. Jahrhundert einige Traditionen erhalten haben, welche im Umland wenig gebräuchlich waren bzw. nicht mehr gepflegt wurden. So waren die Sticktradition und die kunstvoll verzierten Trachten typisch für das Dorf. Auf den um-liegenden Wochenmärkten waren neben landwirtschaftlichen Erzeugnissen auch Stickereien immer mehr gefragt, deren Be-sonderheit von Generation zu Generation weitergegeben wurde.

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Netzwerk gegen die doppelten Böden der GeschichteBeitritt Rumäniens zum Europäischen Netzwerk Erinnerung und Solidarität

In der Ausstellung findet die bekannte Schönwälder Stickstube – die im Jahre 1920 in der Gleiwitzer Altstadt eingerichtet wurde – gebührende Aufmerksamkeit. Sie war bei ihrer Gründung eigentlich nur zur Bewahrung der Stickfertigkeiten gedacht, entwickelte sich jedoch in den 30er Jahren zu einem richtigen Traditionszentrum. Dort fertigten über 100 Stickerinnen rund 17 000 Handarbeiten. So verwandelte sich die ur-sprüngliche Nebeneinkunft der Dorfbevöl-kerung zu einem begehrten Verkaufsobjekt und einer wichtigen Einnahmequelle für die Einwohner des „stickenden“ Dorfes.

In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhun-derts verzierten die Frauen in Schönwald ihre Trachten mit bunten Stickereien. Die Farbstickerei ist eine spezielle Technik, bei der bunte Seidenfäden auf schwarzen Stoff aufgenäht werden. Die wiederkehrenden Motive wie Blumen, Zweige und Blätter in den Farben Rot, Rosa, Grün, Blau und Violett sind in der Ausstellung in vielfacher Ausführung zu bewundern.

Blickfang und Höhepunkt sind sicherlich die verschiedenen Trachten. Herausragende Exponate sind eine Schönwälder Tracht mit Arbeitsschürze sowie eine weitere Frau-entracht mit Winterjacke und eine Män-nertracht aus der Sammlung Magdalena Botschek. Hinzu kommt eine Frauentracht

für Gottesdienste – eines der zahlreichen Ausstellungsstücke aus den Beständen des OSLM. Zwischen der traditionellen Stickkunst und den von den Schönwäldern entworfenen Trachten besteht eine enge Verbindung. Die mit bunten Stickereien ver-zierten Trachten sind Teil des schlesischen Brauchtums.

Zu sehen ist auch eine große Auswahl an von Hand bestickten großen Kopftüchern und Wandbehängen sowie mit kontrast-reicher Stickerei versehene Damenhäub-chen. Blumen- und Rankenmotive sowie Getreideähren, Käfer und Schmetterlinge sind auch auf Gürteln, Beuteln, Täschchen, Bucheinbänden, Kissen und Decken zu entdecken.

Dr. Stephan Kaiser betont, dass es wich-tig sei, mit Ausstellungen rund um die in Vergessenheit geratenen handwerklichen Traditionen auch jüngere Bewohner der Region anzusprechen: „Wenn es gelingt, die Stickerei in der Gleiwitzer Gegend neu zu beleben, entsteht so etwas wie regio-nales Identitätsbewusstsein.“ Das OSLM bietet im Juli ein Begleitprogramm unter dem Motto „Sticken ist cool“ an.

D. G. (KK)

Am 28. Mai 2014 ist Rumänien als fünftes Land dem Europäischen Netzwerk Erinne-rung und Solidarität beigetreten.

In Bukarest unterzeichneten die für Kultur zuständigen Minister Kelemen Hunor (Ru-mänien) und Bogdan Zdrojewski (Polen) sowie die Botschafter Ondrej Krajnák (Slo-wakische Republik), Botond Zakonyi (Un-garn) und Werner Hans Lauk (Deutschland)

die Deklaration. Der Beitritt Rumäniens ist ein großer Erfolg für das Europäische Netzwerk.

Ausdrücklich begrüßt hat ihn Professor Dr. Matthias Weber, Direktor des Bundes-instituts für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa (BKGE) in Oldenburg und deutscher Koordinator des Europäischen Netzwerks Erinnerung und

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Ein Bild von dem, was mit „unterschiedlichen Erfahrungswelten“ gemeint sein mag, aufge-nommen in Bukarest von Dieter AunerBild: Archiv

Solidarität: „Das ist eine gute Nachricht. Damit gewinnt das Netzwerk einen starken Partner. In die Erinnerung der Europäer an das 20. Jahrhundert bringt Rumänien ganz eigene historische Erfahrungen ein.“

Zum Hintergrund: 2014 jährt sich der Fall des Eisernen Vorhangs, der Europa über Jahrzehnte geteilt und bis heute fortwir-kende unterschiedliche Erfahrungswelten geschaffen hat, zum 25. Mal. Deutschland und seine östlichen Nachbarn erinnern sich dankbar an die „friedlichen Revolutionen“ von 1989. Sie haben das Ende des Kommu-nismus herbeigeführt und den Weg in die Freiheit geebnet. In Rumänien musste die „Wende“ in schweren Auseinandersetzun-gen erkämpft werden, bei denen mehr als 1000 Menschen zu Tode kamen.

Matthias Weber weist auch auf das Jahr 1944 und die Landung der Alliierten am 6. Juni in der Normandie hin, deren 70. Jah-restag in Nordfrankreich feierlich began-gen wurde. Dabei sollte nach Ansicht des deutschen Netzwerk-Koordinators „nicht vergessen werden, dass auch mit dem Frontwechsel Rumäniens am 23. August 1944 und der anschließenden Beteiligung des Landes am Kampf gegen das Dritte Reich der Krieg um mehrere Monate ver-kürzt wurde. Damit wurde das Leid aller Europäer schneller beendet. Dass mit der damit einhergehenden Besetzung Rumä-niens durch die Rote Armee die Herrschaft eines diktatorischen Regimes durch die eines anderen ersetzt wurde, führt uns eine Ambivalenz vor Augen, die nicht nur in Rumänien, sondern auch in anderen Ländern Ostmittel- und Südosteuropas mit diesem 70. Jahrestag verbunden wird.“ Dies sei ein Beispiel dafür, dass die Menschen in den Ländern Europas jeweils eigene zeitgeschichtliche Erfahrungen und Erinne-rungen haben, betont Weber. Sein Wunsch ist, „dass bald noch weitere Länder dem Europäischen Netzwerk Erinnerung und Solidarität beitreten“.

Das Europäische Netzwerk Erinnerung und

Solidarität möchte die unterschiedlichen, zum Teil gegensätzlichen Perspektiven der Europäer bewusst machen. Es möchte die verschiedenen Geschichtsbilder wechsel-seitig ergänzen, damit in Europa Vertrauen und Verständnis füreinander wachsen.

Das Europäische Netzwerk Erinnerung und Solidarität ist eine multilaterale, von den Kulturministern der Mitgliedsländer Polen, Slowakei, Ungarn und Deutschland geleitete Initiative. Der Beitritt Rumäniens verweist auch auf den Erfolg der bisherigen Arbeit und zugleich auf das diesem Projekt innewohnende Potential. Aktuelle Projekte wie „Freedom Express“ und das European-Remembrance-Symposium werden zuneh-mend international wahrgenommen (www.enrs.eu).

(KK)

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BÜCHER MEDIEN VERANSTALTUNGEN

Völker als Verfügungsmasse

Jan M. Piskorski: Die Verjagten. Flucht und Ver-treibung im Europa des 20. Jahrhunderts. Aus dem Polnischen von Peter Oliver Loew. Siedler Verlag, München 2013. 432 Seiten, 24,99 Euro ( Die polnische Originalausgabe erschien 2010 in Warschau.)

„Sie wälzten sich voller Furcht die Straßen ent-lang, schleppten ihre Habe auf dem Rücken, auf Fahrrädern oder in Kinderwagen, trugen ihre Kinder auf den Schultern. Sehr bald waren die Straßen verstopft. … Dazu keine Nahrung, kein Wasser, keine Unterkunft, keine medizinische Versorgung […]. Eine menschliche Katastrophe.“

Was hier geschildert wird, lenkt den Blick des deutschen Lesers auf das Schicksal der eige-nen Landsleute aus Ostpreußen, Pommern, Schlesien, die sich millionenfach in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs und danach auf die Flucht vor der Roten Armee in den Westen begeben mussten oder aus ihrer Heimat vertrieben wurden. Aber dieses Zitat spricht nicht von Deutschen. Hier ist von mindestens fünf Millionen Franzosen die Rede, die 1940 vor der Deutschen Wehrmacht aus den nörd-lichen Departements nach Süden flüchteten, um sich im Frankreich der semisouveränen Vichy-Regierung in Sicherheit zu bringen. Zuvor schon waren Hunderttausende Belgier vor den Deutschen in die Niederlande geflohen.

Es ist diese Öffnung des Blicks für das gesamt-europäische Flucht- und Vertreibungsschicksal von Abermillionen von Menschen, die das Werk des polnischen Historikers Jan M. Piskorski (geboren 1956) zu einer erschütternden Chronik derjenigen Seiten des Krieges macht, die oft gar nicht oder nur einseitig beleuchtet werden: „Die Europäer vergessen allzu leicht, dass die Erfahrung erzwungener Flucht in großem Um-fang etwas ursprünglich Europäisches ist – und ebenso sind es die Kamine von Auschwitz und die Gulags im sibirischen Schnee.“ Diesem Vergessen tritt Piskorski mit seinem Buch ent-

gegen und erinnert daran, dass zwischen 1914 und 1960 rund 75 Millionen Europäer Opfer von Deportationen, Evakuierungen, Flucht oder Vertreibung waren, nicht nur die Deutschen.

Im einleitenden Kapitel wirft Piskorski einen kurzen vergleichenden Blick auf das 20. Jahr-hundert, das in seiner ersten Hälfte Europa als Ort von Flucht und Vertreibung gesehen hat. „In diesem Buch soll erzählt werden, wie sich damals in Europa eine ‚moderne‘ Abart der ethnischen Säuberungen entwickelte, die mit der Entstehung und Festigung des homoge-nen Staatsmodells zusammenhing.“ Erst in der zweiten Jahrhunderthälfte sei es dann über die Entkolonisierung, die Rivalität zwischen den USA und der UdSSR sowie den Zerfall des kommunistischen Systems zu Problemen in der ganzen Welt gekommen, die in Asien, Afrika und Lateinamerika zu Fluchtbewegungen geführt haben, welche Westeuropa, Nordamerika und Australien zum Ziel hatten, die aber nicht Ge-genstand dieses Buches sind.

In zwei weiteren Rahmenkapiteln widmet sich der Autor den Balkankriegen, dem Ersten Weltkrieg und der unruhigen Zwischenkriegs-zeit und diskutiert die wissenschaftlichen Un-terscheidungen von Flüchtlingsbewegungen, ethnischer Säuberung und Völkermord, in deren Zusammenhang er auch die Massaker an den Armeniern von 1915 beurteilt. Für die bemerkenswert objektive Sicht des Autors spricht seine kritische Haltung zu Polen in der Zwischenkriegszeit: zum Verhältnis Polens zu den Juden einschließlich des unbestreitbaren Antisemitismus und dem polnischen Selbstver-ständnis, dessen „historische Vision nicht zur ethnischen Realität passte“.

Das Hauptkapitel des Buches behandelt das Flüchtlingsdrama in der Epoche des Völker-mords und in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg. Dieser Teil umfasst zwei Drittel des Gesamtumfangs des Buches und leuchtet auf über 200 Seiten in jeden Winkel des europäischen Infernos, beginnend mit den Vertreibungen und Umsiedlungen in Polen 1939 und den ersten Morden an Polen und Juden. Es

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folgen die Schilderungen des Massentransfers der Deutschbalten „heim ins Reich“ 1940, De-portationen 1940, Aussiedlung und Verbannung, darunter von 900 000 Russlanddeutschen, Zwangsarbeit, darunter der fünf Millionen so-wjetischen Kriegsgefangenen, von denen die meisten elend umkamen. Gegen Ende des Krieges gab es rund 11 Millionen Zivilisten und Kriegsgefangene aus 26 Ländern in Deutsch-land, die meisten aus der UdSSR und aus Polen.

Das Schicksal der Juden, der Sinti und Roma wird ebenso geschildert wie die Germani-sierungspolitik der Nationalsozialisten, der Generalplan Ost und der damit verbundene „Bevölkerungstausch“, die Behandlung der Volksdeutschen und die Politik der Kolonisie-rung. Piskorski resümiert für das Jahr 1941: „Mit dem ‚Dritten Reich‘ und der UdSSR waren zwei totalitäre Regime, die seit einigen Jahren den Kontinent terrorisierten und mit sehr ähn-lichen Methoden ganz unterschiedliche Ziele verfolgten, in den Kampf auf Leben und Tod eingetreten.“

Gegen Kriegsende und nach dem Krieg fol-gen die Deportationen von Ukrainern, Polen und Deutschen in den Gulag, das Vorgehen der Roten Armee in Ostdeutschland, Flucht, Vertreibung, Befreiung, speziell die deutsche Flucht mit Verlusten, Opfern, Krankheit, Hunger, Diebstahl, Raub, Rache, Vergeltung, Aussiedlung und Rückkehr, Repatriierung, vor allem der Zwangsarbeiter, die Problematik der „Displaced Persons“ und der Umsiedlung. Es wird ein gro-ßer Faktenreichtum zusammengetragen, der mit zahlreichen Verweisen und Quellen belegt wird.Piskorski relativiert die deutschen Leiden nicht, und er stellt auch zwischen den deutschen Taten und ihren zeitlich versetzt folgenden Leiden keinen Kausalzusammenhang her. Er verschweigt allerdings auch nicht, dass dieser Kausalzusammenhang von vielen Zeitgenossen gesehen und ausgesprochen wurde, vor allem von jenen, die im Westen die Flüchtlinge und Vertriebenen aus dem Osten aufnehmen muss-ten und diesen die Schuld an der Katastrophe des deutschen Volkes in die Schuhe schoben. Diese Fehlinterpretation hat sich lange Jahre, teilweise bis heute, in zahllosen Köpfen erhalten.

Mit Bezug auf Andreas Kossert schreibt Pis-korski: „Tief in uns hegen wir das Gefühl, dass niemand ohne Schuld aus seiner Heimat flieht. So war in Nachkriegsdeutschland die – selten

laut geäußerte – Überzeugung verbreitet, dass die deutschen Vertriebenen Hitlers größte Un-terstützer gewesen seien und nun ihre gerechte Strafe erlitten. Dadurch konnte man sich um die Frage nach dem eigenen Anteil am natio-nalsozialistischen Unternehmen drücken und zugleich seine Abneigung gegen die Landsleute erklären, die zuweilen so schlecht behandelt wurden, dass sogar sowjetische Kommandanten einschritten.“

Der Autor bereichert sein Buch zum einen durch die Schilderung familiengeschichtlicher Hinter-gründe (z. B. Großvater Stanisław) und bindet sich damit auch persönlich in die Geschichte ein. Zum anderen kommen durchgängig nam-hafte Schriftsteller zu Wort. Das Hauptkapitel steht unter der Überschrift „So wird wohl das Ende der Welt aussehen“ und fängt mit dem Satz an: „Kriege beginnen fast immer bei schö-nem Wetter.“ Das ist ein Zitat von Erich Maria Remarque aus seinem Roman „Die Nacht von Lissabon“.

Weitere Autoren, die Piskorski zitiert, sind Isabel Allende (Von Liebe und Schatten), Horst Bie-nek (Die erste Polka), Heinrich Böll (Der Engel schwieg), Elias Canetti (Masse und Macht), Alfred Döblin (Reise in Polen), Marion Gräfin Dönhoff (Kindheit in Ostpreußen; Namen, die keiner mehr nennt), Gabriel García Márquez (Liebe in Zeiten der Cholera), Günter Grass (Beim Häuten der Zwiebel; Im Krebsgang), Hen-ryk Grynberg (Der jüdische Krieg; Memorbuch), Ernest Hemingway (Auf dem Quai in Smyrna), Viktor Klemperer (LTI), Andreas Kossert (Kalte Heimat), Christian Graf von Krockow (Die Stunde der Frauen), Siegfried Lenz (Heimatmuseum), Karl Schlögel (Kosovo ist überall; Der große Exodus), Wisława Szymborska (Gedichte) und Ernst Wiechert (Das einfache Leben; Missa sine nomine).

„‚Die Sieger haben nicht gewusst, wie viele Her-zen sie zerrissen haben‘, sagt in Ernst Wiecherts Roman ‚Missa sine nomine‘ Graf Amadeus zu einem aus Ostpreußen vertriebenen Fischer, dessen Frau es vor Sehnsucht nicht mehr aus-hält und sich zurück in den Osten aufmacht, wo sie ihr Herz gelassen hat, denn ‚ohne sein Herz kann man nicht leben‘. Das stimmt, nur ist es schwer, überhaupt europäische Sieger im Zwei-ten Weltkrieg auszumachen – wenn man einmal Stalin ausnimmt, der sich den halben Kontinent unterordnen und die andere Hälfte in seinen

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Bestand hat vor derselben. Auf dem Umschlag des Romans von Franz Heinz ist eine gezahnt beschnittene Fotografie zweier Soldaten des Ersten Weltkriegs zu sehen, aber sowohl Titel als auch Titelbild erschließen nur eine Hintertür zu diesem Buch, das weder Krieg noch Krieger noch Denkmal darstellt, sondern jene einst kai-serlichen und königlichen Landschaften, die in jenem Krieg zu sterblichem, vielfach tödlichem Ruhm gekommen sind und seither aussichts-, aber auch endlos mit dem Tod ringen.

Ein aus dem Banat stammender Westeuro-päer und zwei Salzburgerinnen erkunden von Temeswar aus über Bukarest und die Moldau schließlich die Bukowina mit Czernowitz, die Reise dieses Phil geht sogar über das Roman- ende hinaus nach Lemberg weiter, und eine zwischengeschaltete Episode lässt ihn das si-birische Omsk mit seinen deutschen Einspreng-seln und Überbleibseln erfahren. Wo immer sie aber hinkommen, was immer sie zu sehen oder erzählt bekommen: Nichts ist klar und eindeutig, nichts ist national, stilistisch, kulturell, konfessionell genau zu bestimmen, gewiss sind nur die Mischungen, ganz ungewiss jedoch die Mischungsverhältnisse. Zu entdecken gibt es für die Abendländler „einen von altem Kummer und unverbrauchter Lebenskraft gekennzeich-neten Landstrich“, ja deren viele mit mehr oder weniger Lebenskraft. So etwas wie historische Wahrheit allerdings gibt es nicht.

Betty und Phil sind auf den Spuren kriegsver-sehrter Schicksale, die eine hat eine österrei-chische Offiziersfrau gekannt, die sich nach dem Kriegstod ihres Mannes in Czernowitz mit einer Ersatzliebe am Leben gerächt hat, in der Biographie des anderen werfen der Tod seines Großvaters, des Banater Bäckers und k. u. k. Honvéds Franz Potichen, als Kriegsgefangener bei Omsk und das Nachleben seiner Witwe Ka-tharina Fragen über Fragen auf, deren Rätseln er in diesen „Landstrichen“ nachspürt. Marlen aber wird Phils Partnerin auf Zeit – zwecks Beförde-rung menschlicher Erkenntnis und Menschen-kenntnis, die wiederum einen anderen Blick auf den Titel des Romans eröffnet. Davon später.

An der Oberfläche ist der Roman ein Bilder-buch in Textform. Diese historisch kundige und atmosphärisch dichte, poetisch resonante und bedächtig räsonnierende Schilderung in sich versunkener und weiter versinkender Welten spannt einen weitläufigen Bogen von

Männliche Staubwölkchen

Franz Heinz: Kriegerdenkmal. 1914 – Hundert Jahre später. Roman. Anthea Verlag, Berlin 2014, 180 S., 19,90 Euro

Wieviel Welt passt in einen Roman? Nichts einfacher als das: Ganz passt sie hinein. Dazu braucht man nur Sprache, denn diese hat mit der Welt gemein, dass sie keine Grenzen kennt: „Der Rapid riss den Wagen in eine steile Krümmung, pfiff aufgeregt und stürmte gereizt in eine weißgraue Einöde, in der kaum ein Ge-hölz aufstand und die spärlichen Dörfer in den Bodenfalten verborgen lagen wie geplünderte Lerchennester, überließ sich geradezu schick-salhaft der Weite, die bis hinter den Ural reicht, wo sich, zwischen Kalmücken und Samojeden, der Ostwind aufrafft, Staub und Eis im Rachen und die Ausdauer mongolischer Reiter in der Flanke.“

So klingt die Ouvertüre zu einer Reise durch das südöstliche Europa, deren Ziel mit der Einsicht erreicht ist, dass kein Name und kein Etikett, wie die Geschichte sie den Dingen aufdrückt,

Bann ziehen konnte und der unmittelbar nach 1945 den Zenit seiner Popularität erreichte.“

„Die Verjagten“ – auch dieser Titel hat seine be-sondere Qualität – ist ein Buch voller wichtiger Fakten und Erkenntnisse und tiefer Humanität. Es beschreibt, einschließlich des Jugoslawi-schen Postskriptums, das Panorama für ein Zen-trum gegen Vertreibungen und liefert – obwohl das nicht gesagt wird – die Begründung dafür, warum, trotz des europäischen Charakters der geschilderten Ereignisse, ein solches Zentrum nach Berlin gehört. Das Buch sollte von der Kul-tusministerkonferenz als Pflichtlektüre für den Geschichtsunterricht empfohlen werden, zumal die zahlreichen Anmerkungen, die Bibliographie, das Personenregister, das Ortsnamenverzeich-nis und die Konkordanz der Ortsnamen und geographischen Bezeichnungen viele Möglich-keiten des persönlichen Weiterstudiums eröff-nen. Darüber hinaus bleibt Piskorskis Text auch in der deutschen Übersetzung von Peter Oliver Loew ein Glanzbeispiel historischer Narration.

Klaus Weigelt (KK)

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der banatschwäbischen Dorfwelt in das einst glänzende, jetzt sozialistisch versehrte Bukarest und das nahezu gespenstische moldauische Bakau, streift in der Bukowina Radautz, die jahr-hundertelang umkämpfte Zitadelle Chotin am Dnjestr und verweilt in Czernowitz, vor dessen Stadttheater Friedrich Schiller zuerst durch den rumänischen Nationaldichter Mihai Eminescu und schließlich durch die ukrainische Dichterin Olga Kobyljanska statuarisch und symbolisch verdrängt worden ist.

Das erzählt der rabbinerhafte Alfred Roth, der im ehemals als „Habsburg“ firmierenden Czer-nowitzer Kaffeehaus zeitunglesend mit fatalis-tischer Gelassenheit dem Ende entgegenlebt, woraus ihm eine besondere Deutungshoheit erwächst: „Der Messias würde, wenn er einst käme, sich für Czernowitz nicht die Zeit nehmen, glaubte Herr Roth zu wissen. Dieses Wissen zehrt aus und macht zugleich geschmeidig.“ Und Trauer macht wendig für den Standort-wechsel mit unverdrossen staunendem Blick, wie dieses Buch zeigt.

Das ist es aber nicht, worauf es Franz Heinz an-kommt. Er sinnt zwar mit einer seiner Gestalten einer „Romantik von Halbbeziehungen“ nach, in die diese Gegend verstrickt ist, „halb Zylin-der und halb Turban, halb Bauchtanz und halb Charleston, und durchgehend nur halbe(r) Mo-ral“, er lässt auch die andere bedauern: „Gehst durch dein Dorf und weißt nicht, ob du da bist“, und die dritte befürchten: „Wir versäumen uns selbst, ohne es zu merken“. Doch sind das alles nur Stationen der Verlorenheit und Ratlosigkeit vor der großen Frage: Warum nur? „Alles dahin – die Aschkenasim ausgelöscht, die Habsburger untergegangen, die Träume enger gefasst.“ Wie war es möglich, dass Jahrhunderte in hundert Jahren zunichte wurden?

Bestand hat nur das Unstete, Veränderliche, Ungewisse, „die Rumänen weideten ihre Herden mit so großer Gelassenheit, als hätte der liebe Gott als erstes das Schaf erschaffen. Sie dienten in allen Heeren, gelegentlich sogar im eigenen, und blieben doch immer Hirten auf der Suche nach Weideplätzen und Legenden, und auch ein wenig nach sich selbst.“

Auf just dieser Suche nach sich selbst finden die drei Gestalten, findet ihr Erfinder Franz Heinz auch scheinbar beiläufig eine Antwort, die zurück auf den Titel verweist und die Welt als dürftiges Manneswerk aus vernunftferner

Pflichtversessenheit sanft ironisiert: „Männer sind immer in der Pflicht. Sie sind ihr ausgelie-fert wie der Prostata und lassen, wenn sie ruft, auch das zurück(,) was sie nicht besitzen. Wie ein Western-Held im Sattel, der ohne zurück zu blicken in die Weite hinaus reitet, weil er anders angeblich nicht könne, die Ranch im Rücken und eine wunderbare Frau, die das tapfer und verständnislos hinnimmt. Sie blickt noch eine Weile dem männlichen Staubwölkchen nach und kümmert sich dann um die Hühner.“

Das Westernklischee erklärt nicht nur den Osten – wo man derzeit oft meint, es kümmere sich gar niemand mehr um die Hühner. So lachhaft traurig wird Weltgeschichte gemacht, und Franz Heinz macht daraus ein herrlich bunt patiniertes und illusionsfreies Buch.

Georg Aescht (KK)

„Die Freunde und die Konkurrenten Rübezahls“

Gerhard Riedel: Sommerferien. Erinnerungen. Erzählungen, Gedichte und andere Texte aus 60 literarischen Jahren. Niederlandverlag München 2013, 310 Seiten, 8,90 Euro

Gerhard Riedel aus dem nordböhmischen Niederland konnte am 20. Juli letzten Jahres seinen 81. Geburtstag feiern. Er wurde 1932 in Warnsdorf in Nordböhmen geboren. Dort erlebte der kleine Gert zunächst behütete Kinderjahre. Nach der Vertreibung 1945 landete er mit seiner Familie in Schwaben. Er absolvierte eine Aus-bildung zum Verlagskaufmann, danach war er als Journalist und Schriftsteller in Augsburg tätig und schreibt auch immer wieder für die Zeitung.

Erfahrungen aus all diesen Jahren spiegeln sich in den Erzählungen und Gedichten wider, die in diesem Buch gesammelt sind. Die Antho-logie gibt einen breiten Querschnitt durch das literarische Spektrum Riedels und ist in ihrer Vielfalt, ganz dem Titel getreu, eine gute Lektüre im Urlaub und auf Reisen. Dabei bietet schon die Titelerzählung einen Einstieg in die autobio-graphisch-poetische Erzählweise: Die Sommer sind geprägt vom Baden und Beerensammeln in Nordböhmen, von Kanufahrten, Zeltausflügen oder Verwandtenbesuchen. Höhepunkt bildet

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eine Reise an die Ostsee und eine aufregende U-Bahn-Rundfahrt durch Berlin. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Vertreibung führen die ersten „großen Ferien“ nach dem Schulabschluss in Bayerisch-Schwaben schon mit Fahrrad und Zelt in die bayerischen Alpen.

Neben ähnlichen autobiographischen Jugend-Geschichten wie „Zeitbrücken“, „Die erste Party“ oder „Heimatverlust und geglückte Ankunft“ findet sich aber auch ganz anderer Lesestoff aus der Feder des vielseitigen Autors: Für ein Ferienbuch passend gibt es Reiseerzählungen aus Istrien, der Schweiz und Israel. Wer sich lieber auf „Zeitreisen“ macht, ist mit der fantas-tischen Utopie „Was gestern noch unglaublich schien“ gut bedient oder kann „Die Stunde Null der Deutschen Mark“ erleben. Echte Lese-Reisen sind Texte wie die Sagensammlung „Die Freunde und die Konkurrenten Rübezahls“, „Karl Mays Weihnacht in Böhmen“, „Goethe, ergötzli-che Marktszenen und elektrische Bäder“ oder „Liebeserklärung an das Buch“.

In die reine dichterische Fiktion führen die biblische Allegorie „Zwischen Flucht und Heimkehr“, der animistische Essay „Verwurzelt sein und sich verzweigen“ und die wundervolle Liebesgeschichte „Die Antwort“, in der Riedel sich als großer Dichter zeigt. Dies gilt gleich-falls für die vielen schönen Gedichte, die den Jahreslauf nachzeichnen und gebührenden Raum einnehmen. Wer damit endgültig zum Riedel-Fan geworden ist, findet in der „Nachle-se“ mit erläuternden Texten und weiterführenden Hinweisen genug Lesestoff auch für Herbst- und Wintertage.

In diesem Anhang sind auch viele Hinweise und Querverweise zu Riedels anderen Werken aufgeführt, die oftmals leider schon vergriffen sind. Viele sind ins Italienische, Englische und Tschechische übersetzt oder von Komponisten vertont, worüber sich in „Sommerferien“ auch interessante Anekdoten finden. So führt der Bericht über die Verleihung eines italienischen Poetik-Preises an Riedel nach Spoleto in Umb-rien, der sonnigen Landschaft Mittelitaliens. Der Abschlussteil des Buches über das vergangene Jahr, „Angekommen im Achtzigsten“, fasst die vielen Ehrungen und Jubiläen zusammen, die Riedel 2012 erleben konnte: Auszeichnung mit der Rudolf-Lodgman-Plakette in Augsburg, 50 Jahre Schriftstellerkarriere, 60 Jahre Mitglied in der Sudetendeutschen Landsmannschaft und

80. Geburtstag. Und wie nicht anders möglich, machte Riedel aus all dem Erlebten inzwischen schon wieder Literatur und ließ diese in „Som-merferien“ einfließen.

Susanne Habel (KK)

„Sudetenland“ nicht abgebrannt

Manche auch unserer Leser haben wahr-scheinlich schon geraume Weile „Sudetenland“ vermisst, die „Europäische Kulturzeitschrift“. Nun können wir ihnen mitteilen, dass die neue Nummer 1/2014 soeben erschienen ist. Ab sofort kann die aktuelle Ausgabe der Viertel-jahresschrift für Literatur und Kunst wie zuvor bestellt werden beim: Helmut Preußler Verlag, Dagmarstraße 8, 90482 Nürnberg, Telefon 0911 95478-0, [email protected].

Es gibt auch Änderungen, nicht zuletzt im Er-scheinungsbild. Grund hierfür ist der Wechsel der Herausgeberschaft. Der langjährige He-rausgeber Franz Peter Künzel (Gesellschaft zur Förderung Ostmitteleuropäischen Schrift-tums) hat die Leitung der 1958 gegründeten Zeitschrift, die er von 1984 bis 2013 innehatte, an den Adalbert Stifter Verein in München wei-tergegeben. Zu den neuen Herausgebern des „Sudetenlandes“ im Auftrag des Adalbert Stifter Vereins zählen neben Peter Becher und Franz Adam die Schriftstellerin Ursula Haas und der Künstler Hansjürgen Gartner. Die Redaktion liegt in den Händen der Journalistin Susanne Habel.

Hier finden sich Feuilletons, etwa von Jenny Schon und Tomáš Kafka, Prosa und Lyrik, z. B. von Johanna Anderka und Gerhard Riedel, Übersetzungen tschechischer Belletristik durch junge Übersetzer, als aktuelles Kapitel die Ru-brik „Sarajewo 1914“, außerdem Rezensionen und, wie jedes Jahr, die Vorstellung der Kultur-preisträger 2014 und der Förderpreisträger 2013.

Das Einzelheft kostet 6,50 Euro zuzüglich Versandkosten, das Jahresabonnement 25 Euro inklusive Versandkosten in Deutschland (Ausland zusätzlich 6, bei Luftpost 12 Euro). Ge-fördert wird die Publikation von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestags sowie von der Sudetendeutschen Stiftung.

(KK)

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Darstellen, was Heimat für einen darstelltDas Kunstforum Ostdeutsche Galerie setzt ein Fragezeichen: „Heimat? Osteuropa in der zeitgenössischen Fotografie“

LITERATUR UND KUNST

Keine Bange, das ist nicht, was als Schol-le oder gar Heimat-erde bezeichnet werden könnte, es ist – ein Foto aus Tómaš Pospechs Serie „Böhmen ist mein Heimatland“Bilder (auch Titel): Kunstforum Ostdeutsche Galerie

Heimat ist nicht darstellbar. Ebenso wenig wie die Seele eines Menschen, sein Glau-be, seine Liebe, seine Hoffnung. In Zeit und Raum ereignen sich Lebensbezüge, die jeder Mensch für sich mit einem Begriff wie Heimat verbinden und damit konkret werden lassen kann. Zudem sind solche lebens- und schicksalsbestimmenden Orientierungen ambivalent – sie gelingen oder misslingen, sie werden gefunden oder gehen verloren.

In der je eigenen Konkretion wird Heimat darstell- und vermittelbar: lokal als Haus, Küste, Dorf, Waldweg, Landschaft; sozial als Familie, Verein, Gemeinschaft, in Festen und Gebräuchen; zeitlich im Vergleich zwi-schen gestern und heute, früher und jetzt. Das ist höchst persönlich, ständig im Fluss und wandelbar im Zeitablauf. Es stellt sich

die Frage, ob ein solches subjektives und komplexes Phänomen wie Heimat objekti-vierbar ist. Konkret: ob jemand außer den Elementen seiner eigenen die Heimat eines anderen oder vieler anderer darstellen und vermitteln kann.

Mit Recht hat die Ostdeutsche Galerie den Titel ihrer Ausstellung „Heimat?“ (bis zum 7. September) mit einem Fragezeichen versehen. Was die 13 Künstlerinnen und Künstler in ihren Fotografien zeigen, ver-dankt sich ihrem ganz persönlichen Blick auf Personen und Objekte, ein Angebot, das sich dem Betrachter erschließen mag oder auch nicht. Auch dieser bringt ja seine Erfahrungen mit in die Ausstellung, gute und schlechte, vom Schicksal unge-trübte oder belastete. Die Kuratorin der Ausstellung, Agnes Matthias, hat in ihrer

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Und das ist bei oder gerade wegen aller

Unwirtlichkeit der Atmosphäre das,

was ein moderner Fotograf auf seines

Vaters Spuren als dessen Heimat zu erspüren vermag:

das verschwomme-ne Bild eines gefro-renen „Apfelbaums“

aus der Serie „Wiesen“ von Frank

Mädler

gelungenen Einführung „Was Heimat sein könnte“ kenntnisreich die fotografischen Assoziationsräume der Werke erläutert und die einzelnen Künstlerinnen und Künstler detailliert und einfühlsam vorgestellt (Ka-talog, Bielefeld/Berlin 2014, 160 Seiten, 17,80 Euro).

Im Raum der Ostdeutschen Galerie trifft das Wort Heimat bei vielen Besuchern die empfindlichsten Saiten, und so war es gut, dass der neue Vorsitzende des Stiftungsra-tes, der Regensburger Oberbürgermeister Joachim Wolbergs, in seiner Begrüßung darauf hinwies, dass man sich in einem „Haus der Versöhnung“ befinde. Zu sehr ist der Begriff Heimat im 20. Jahrhundert europaweit durch millionenfachen Verlust, zerstörte Seelen und zerbrochene Hoff-nungen gezeichnet. Aber gerade unter dieser Prämisse ist der Galerie ein gedan-kenreiches und spannendes Experiment geglückt, das Anregungen und Anleitungen zur Selbstreflexion bietet.

Die Ausstellung gliedert sich in zwei Abtei-lungen. Fünf Künstlerinnen und Künstler stellen ihre Fotografien unter die Frage „Heimatverlust und neue Heimaten?“. Frank Mädler (Jahrgang 1963) „begegnet“ in Böh-men seinem Vater, obwohl dieser an einem anderen Ort geboren ist. Der Blick in die

Vergangenheit verschwimmt in den Fotos zur Unschärfe. Heimat als Ahnung von dem, was sie für den Vater gewesen sein könnte, obwohl der Schnee auf den Fotos Kälte und Einsamkeit und damit Distanz schafft.

Anastasia Khoroshilova (1978) ist Moskau-erin. Ihre Heimat findet sie in Pillau/Baltisk nicht; sie sucht sie auch nicht. Vielmehr will sie die Befindlichkeit der Menschen im russischen Heute vor der deutschen Kulisse der Vergangenheit einfangen. Es gelingt ihr mit überraschenden Moment-aufnahmen, diesen transitorischen Ort ins Bild zu setzen. Joachim Hildebrand (1964) reflektiert in seinen Schattenerzählungen die Gleichförmigkeit der Bauweise der „Neuen Heimat“, zwischen deren Fassaden er sich als Kind nicht orientieren konnte. Die heutigen Bewohner, vor allem Migranten, können in dieser Eintönigkeit, die nur durch die Baumschatten im Sonnenlicht Konturen gewinnt und Schönheit suggeriert, kaum Heimat finden.

Tomáš Pospech (1974) sucht in seinem Zy-klus „Heimatland“ nach der tschechischen Identität, die ihm nach dem Wahlkampf 2013, den Miloš Zeman mit anti-deutschen Ressentiments gegen Karel Schwarzen-berg gewann, als unbestimmt erscheint, was seine Fotos treffsicher dokumentieren.

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Gerade weil der Begriff Heimat durch millio-nenfachen Ver-lust gezeichnet ist, glückt der Galerie mit die-ser Ausstellung ein gedanken-reiches und spannendes Experiment.

Wiebke Loeper (1972) geht wie Frank Mäd-ler der eigenen Familiengeschichte nach, aber es gelingt ihr kaum, eine Brücke zwi-schen den beiden Cousins Willi (Pommern) und Willy (USA) zu schlagen.

Acht Fotografinnen und Fotografen stel-len ihre Werke unter der Frage „Heimat heute?“ aus. Farbenprächtig schildert Jessica Backhaus (1970) ihre Besuche bei polnischen Familien in ihrer religiös und dörflich geprägten Lebenswelt. Annette Hauschild (1969) setzt sich kritisch mit dem Schicksal der Roma in Ungarn, der Slowakei und dem Kosovo auseinander, Ingar Krauss (1965) zeigt in einer beeindruckenden Porträtfolge osteuropäische Erntehelfer in Brandenburg, sei-ne „Helden der Arbeit“. Die Bul-garin Vesselina Nikolaeva (1976) und die Rumänin Dana Popa (1977) beschäftigen sich mit der postkommunistischen Situation in ihren Ländern und zeigen auf ihren Fotos eine Jugend, die in aller ihr zur Verfügung stehen-den Freiheit keine Zukunft erkennen kann. Martha aus Sofia sagt: „Meine Vorstellung von der Zukunft ist mit Furcht verbunden. Diese Unsicherheit ängstigt alle. Ich weiß nicht, was passieren wird. Ich bin nicht allzu ehrgeizig. Ich weiß nicht, ob ich ins Ausland gehen werde, und wenn ich hier bleibe, befürchte ich, dass ich nicht so leben kann, wie ich es mir wünsche.“

All diese Arbeiten befassen sich mit den möglichen oder auch unmöglichen „Hei-maten“ anderer, der Polen, der Roma, der Erntehelfer, der Jugend. Es sind Aufrufe, deren verletzte, entfernte oder unerreich-bare Heimaten genauso wie gelingende Lebenswelten in den Blick zu nehmen.

Andrej Krementschouk (1973) aus Gorki hat sich seit frühester Kindheit mit dem Tod beschäftigt; das existentielle Thema lässt ihn auch in dieser Ausstellung nicht

los. Die Tschechin Žaneta Zmudová (1985) beeindruckt mit einem Zyklus „Rückkehr“, in dem sie Fotografien aus ihrer Kindheit aktuelle Fotos gegenüberstellt, auf denen sie allein in schwarzer Kleidung und in im-mer gleicher Pose an der Stelle steht, an der das jeweilige Kindheitsfoto gemacht wurde. Die zeitliche Distanz zur Kindheit wird auch für den Betrachter erlebbar. Gör-an Gnaudschun (1971) schließlich sammelt eigene Reiseeindrücke aus Mitteleuropa, in denen er die Einmaligkeit des scheinbar

zufälligen Augenblicks einfängt. Das Wunder einer Wolke über einer beliebigen Stadt wird ihm ebenso zum Ereignis wie weiße Blütenblätter auf dunklem Grund.

Der Grundsatzbeitrag des Mar-burger Ethnologen und Kul-turwissenschaftlers Manfred Seifert im Katalog zum Thema „Identifikationsangebot und Folie für Selbstbehauptung. Heimat als Spiegel der Gesellschaft“ erinnert in weiten Strecken be-fremdlich daran, dass Sprache

zur Heimat gehört und entsprechend auch zur Entfremdung von der Heimat beitragen kann.

Für Seifert bildet Heimat als Spiegel der Gesellschaft einerseits „einen Reso-nanzraum für ein Identitätsmanagement vor dem Hintergrund von je subjektiv identifizierten gesellschaftlich-politischen Verhältnissen und Problemlagen. Ande-rerseits ist sie auch ein gesellschaftlich vermitteltes Identifikationsangebot, eine Einladung zur Übernahme eines spezi-fisch konfektionierten Interpretaments für persönliche Sehnsüchte und Zugehörig-keitsgefühle.“ – Der gleichwohl lesenswerte Beitrag Seiferts steht sprachlich distanziert in eigentümlichem Kontrast zu den in der Ausstellung gezeigten Erntehelfern, Roma und Jugendlichen.

Klaus Weigelt (KK)

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Ganz schön schräg und schön war Magdale-na Jetelovás Säuleninstallation am Jugendstil-Eingang der Ostdeutschen GalerieBild: Kunstforum

Feuer und Flamme – gegen die Kunst: Brandanschlag in Regensburg

Die Säuleninstallation von Magdalena Jetelová an der Fassade des Kunstforums Ostdeutsche Galerie wurde in der Nacht vom 4. auf den 5. Juni gegen 23 Uhr durch einen Brandanschlag schwer beschädigt. Die Museumsleitung geht von einem ge-zielten Anschlag aus und vermutet einen politischen Hintergrund. Nähere Erkennt-nisse zu den Tätern gibt es bislang nicht. Die Höhe des Schadens bewegt sich im mittleren fünfstelligen Bereich.

„Der Anschlag war ein gezielter Angriff auf die Idee und Symbolik des Hauses“, sagt Dr. Wolfgang Schörnig, Rechtsreferent der Stadt Regensburg und Vorstandsvorsit-zender des Kunstforums. Durch den Brand an allen vier Säulen wurde nicht nur ein Kunstwerk zerstört, sondern gleichzeitig das Wahrzeichen des Museums.

Die roten Säulen, die bei dem Brandan-

schlag zerstört worden sind, prägen seit 2006 das Erscheinungsbild des Muse-ums. Sie wurden damals im Rahmen der Verleihung des Lovis-Corinth-Preises an die tschechische Künstlerin Magdalena Jetelová angebracht. Unter der roten Ver-kleidung aus Teppichgewebe befindet sich eine Holzkonstruktion zur Stabilisierung der Installation. Das Kunstwerk verkleidet die Jugendstil-Säulen, die normalerweise die Fassade des Hauses ausmachen. Das Material wurde bei der Anbringung am Museum mit einem Brandschutzmittel behandelt, so dass es eigentlich schwer entflammbar ist. Allein daraus ergebe sich, dass es sich um Vorsatz handelt und „nicht im Vorbeigehen passiert ist“, wie Wolbergs sagt.

Der Vorfall überschattete die Eröffnung der Ausstellung „Heimat? Osteuropa in der zeitgenössischen Fotografie“ (siehe vorstehenden Beitrag), die am Abend des 5. Juni stattfand. Museumsdirektorin Dr. Agnes Tieze zeigte sich entsetzt über die „hohe kriminelle Energie“, die hinter der Tat steckt. Dies zeige sich auch in der Wahl des Zeitpunkts: Die Täter haben sich einen Termin ausgesucht, an dem „das Museum ganz besonders in der Öffentlichkeit steht und diese Öffentlichkeit auch braucht“. Für Dr. Tieze ist der Vorfall auch ein Anlass, den einzigartigen Stiftungsauftrag des Mu-seums und seine Mittlerrolle noch stärker bekannt zu machen.

In Zukunft wird zu der bestehenden Über-wachung auch eine Videoüberwachung speziell für das Kunstwerk eingerichtet. Oberbürgermeister Wolbergs hält diese Maßnahme für unabdingbar: „Kunst im öffentlichen Raum wurde bislang weitest-gehend von Angriffen verschont, aber wir sehen keine andere Möglichkeit, um die Kunstwerke zu schützen.“

(KK)

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„... letzter Alt-Österreicher der Literatur und gelernter Mitteleuropäer“: Gregor von RezzoriBild: Wikimedia

UntergangsschöpferDas Ende der Bukowina in der Gestalt „Maghrebiniens“ bei Gregor von Rezzori – zum 100. Geburtstag

„Gregor von Rezzori: Auf der Suche nach einer größeren Heimat“ ist das volumi-nöse Werk überschrieben, das Andrei Corbea-Hoisie und Cristina Spinei in der Reihe „Jassyer Beiträge zur Germanistik“ als Band 17 zum 100. Geburtstag des Schriftstellers vorgelegt haben. Es fasst die Vorträge einer Tagung in Jassy/Iasi auf 578 Seiten zusammen, in denen nahezu alle Aspekte des Lebens und literarischen Wirkens des Autors ausgebreitet, unter-sucht und gewürdigt werden. Der Ort der Tagung Jassy/Iasi in Rumänien war durch-aus vernünftig gewählt, da in diesem geo-graphischen Raum – nahe der Bukowina – in der heutigen Zeit das Verständnis und

Verstehen für das Werk des Autors erwartet werden kann wie sonst wohl nirgendwo in Europa. Ob der vielseitig begabte Schrift-steller wirklich Zeit seines Lebens „auf der Suche nach einer größeren Heimat“ war, auch wenn das Zitat von Milo Dor entlehnt wurde, wie Andrei Corbea-Hoisie in seinem Vorwort schreibt, darf mit einem großen Fragezeichen versehen werden. Sein Werk jedenfalls fand immer wieder zurück in jenen Landstrich Europas, der seine Kindheit und teilweise seine Jugend maßgeblich bestimmte.

Sein Lebenslauf dagegen war geprägt von seiner familiären Situation und von den historischen Ereignissen des 20. Jahrhunderts, die ihn zum Verlassen „seiner“ Bukowina zwangen. Er hat „Ma-ghrebinien“ zur Phantasiewelt werden lassen, in der zahlreiche reale und typische Geschehnisse in seiner Heimatregion mit all ihrer ethnischen, sprachlichen, konfes-sionellen und religiösen Vielfalt verarbei-tet sind. Auch wenn seine erfolgreichen „Maghrebinische(n) Geschichten“ ihn „zum Humoristen und Schmonzesfabulierer“ stempelten, wie er selbst schrieb, sind sie ein Beleg dafür, dass Rezzori seine Heimat Bukowina mit allen Facetten im Positiven wie im Negativen zu beschreiben im Stande war. Für sein literarisches Werk hat er die „größere Heimat“ nicht benötigt.

Es wäre neben Rezzori, Paul Celan oder Rose Ausländer noch eine ganze Reihe von Dichtern und Schriftstellern der Buko-wina zu erwähnen. Fast alle erlangten sie ihre Bedeutung und ihren Ruhm, so sie den Zweiten Weltkrieg überlebten, nicht in ihrer Heimat, sondern irgendwo in der Welt. Hier bildete auch Gregor von Rezzori keine Ausnahme. Der wesentliche Aspekt ist darin zu sehen, dass laut Alfred Kittner

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„ihre gemeinsame Heimat die deutsche Sprache blieb“. Doch kaum jemand brachte die „emotional positive Grundstimmung” besser zu Papier als Rezzori in dem Roman „Blumen im Schnee”:

„Ich liebte das Land und seine Schönheit, seine Weite und Ursprünglichkeit, und ich liebte das Volk, das dort lebte: das vielge-stalte Volk nicht nur einer, sondern gleich eines halben Dutzends von Nationalitäten; nicht nur eines einzigen, sondern eines halben Dutzends von Glaubensbekenntnis-sen; nicht nur einer, sondern eines halben Dutzends von Sprachen; das aber doch ein Volk von ganz bestimmter besonde-rer gemeinsamer Prägung war.“ Rezzori nannte den Roman „Portraitstudien zu einer Autobiographie, die ich nie schreiben werde.“ Er hat sich an diese selbstgewählte Entsagung nicht gehalten. Mehrere seiner größeren und nicht nur etwa der späten Werke tragen ausgesprochen autobiogra-phische Züge. Das beginnt schon mit dem „Hermelin in Tschernopol“ und setzt sich mit den „Denkwürdigkeiten eines Antise-miten“ und „Blumen im Schnee“ fort, führt über „Greisengemurmel“ zu „Mir auf der Spur“.

Gregor von Rezzori verkörperte gleichsam die Vielvölkerregion Bukowina. Er, der als der „letzte Kakanier“ bezeichnet wurde, kam am 13. Mai 1914 in Czernowitz als Sohn eines k. u. k. Hofrats und Architekten zur Welt. Am 23. April 1998 verstarb er in sei-ner Wahlheimat Donnini bei Florenz in der Toscana. Dazwischen lag das wechselvolle Leben eines Multitalents, das literarischen Ruhm erlangte, aber auch – wie kaum ein anderer seiner Generation – die „neuen Medien“ ins Blickfeld nahm und sich mit ihnen arrangierte: Zeitung, Illustrierte, Film und Fernsehen. Rezzori war ein exzellenter Erzähler, ein Schauspieler und Humorist, ein Satiriker und Lebemann, der jedoch in seinen Romanen meist dorthin zurückkehr-te, wo er aufgewachsen war. „Obwohl ich die Toskana, in der ich schon seit mehreren

Jahrzehnten lebe, ungemein liebe, gehört mein Herz doch der Bukowina“, äußerte er wenige Monate vor seinem Tod. Wer die Bu-kowina der Zwischenkriegszeit kennen und verstehen lernen will, der muss den Erinne-rungsroman „Ein Hermelin in Tschernopol“ (1958) lesen und die autobiographischen Romane „Blumen im Schnee“ (1989) oder „Mir auf der Spur“ (1997). Mit dem „Kunst-wort“ Tschernopol möchte Rezzori die Allgemeingültigkeit seiner Aussagen über die Mischsiedlungsgebiete im Südosten Europas verdeutlichen. Er hat in seinem Leben und in seiner Zeit das Schicksal der Menschen der Bukowina in großen Linien nachgezeichnet. Selbstironie und Satire boten ihm die Möglichkeit, die bitte-ren Erfahrungen des 20. Jahrhunderts zu verarbeiten. „Als letzter Alt-Österreicher der Literatur und gelernter Mitteleuropäer ist er Praktiker geschichtlicher Verwerfungen“, schreibt ein Rezensent zu Rezzoris letztem Buch „Mir auf der Spur“. Er fährt fort: „Dass er sich als Dichter ‚im Niemandsland des Traumwandlers‘ bewegte, behindert die nachträgliche Fähigkeit zur Analyse nicht im geringsten ... Das Schicksal des ‚Über-lebthabenden‘ beschert uns einen reichen Fundus an Anekdoten. Weil Rezzori sich aber nichts vormachen will, schmecken die Fundstücke des Vergangenen oft bitter, ja wie durch Erfahrung vergiftet ... Seine Genien sind Grazie des Ausdrucks und melancholischer Zynismus.“

So wie die Bukowina in der von Rezzori oft karikatural ausgemalten Gestalt Maghrebi-niens nicht mehr existiert und gegenwärtig ein geteiltes Grenzland im Nordosten Ru-mäniens und der Westukraine darstellt, so sind seine Werke dem Vergessen anheim-gegeben, weil die Menschen, jene Bukowi-ner in der Bukowina und in Europa fehlen, deren Typen er so nachhaltig beschrieben hat. Trotz „vollendeter Manieren und pro-vozierender Boshaftigkeit“ ist Gregor von Rezzori vor diesem Schicksal nicht gefeit.

Ortfried Kotzian (KK)

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„Mit Tschindrara und Wiedersehn!“, hat in je-ner „großen Zeit“ Bertolt Brecht in seiner „Le-gende vom toten Soldaten“ gedichtet Bild:Adalbert Stifter Verein

Die furchtbare Gewöhnlichkeit des KriegesGanz und gar ungewöhnlich sind die spät entdeckten Bilder tschechischer Fotografen, in München zu sehen

Die Bilder der Amateurfotografen und Soldaten Gustav Brož, Jan Myšicka und Jenda Rajman zeigen das alltägliche Leben der Soldaten im Ersten Weltkrieg abseits der Kriegsfront – bei der Essensausgabe, beim Impfen oder beim Schlittenfahren. Die Fotografien stammen von verschiedenen Standorten in Serbien, Russland, Galizien, Italien und Ungarn. Sie eröffnen vollkom-men neue Aspekte in der Geschichte der Kriegsfotografie.

Die Negative und Fotografien wurden erst 2010 entdeckt, als hunderte Glas- und Planfilmnegative dank glücklicher Umstän-de in die Hände des Fotografen Jaroslav Kucera gelangten, der sie der Öffentlichkeit zugänglich machte. Dieser Fund ist einzig-artig, da nur sehr wenige Namen von Foto-grafen aus dem Ersten Weltkrieg bekannt sind, geschweige denn ihr komplettes Werk.

Der Name Gustav Brož konnte anhand ei-niger Fotografien und detaillierter Notizen, die er zu allen fotografischen Ereignissen anfertigte, identifiziert werden. Brož wur-de zunächst an der italienischen Front eingesetzt und dann in den Osten abkom-mandiert, woher auch die meisten seiner herausragenden Aufnahmen stammen. Später, Mitte des Jahres 1916, desertierte er nach Russland. Die Aufnahmen „Sprung des Rettungshundes“, „In unserer Küche“, „Feldräucherkammer“ und viele weitere ge-hören nun zum Schatz der tschechischen und der internationalen Fotografie.

Die unvorstellbare Sammlung Hunder-ter von Negativen und Kopien von Jan Myšicka, sorgfältig sortiert und beschriftet, lagerte über dreißig Jahre auf dem Dach-boden des Lehrers Josef Bohunovský, der sie von Myšickas einziger Tochter, Frau Mohelská, bekommen hatte. Jan Myšicka

fotografierte im ungarischen Eger sowie an der italienischen Front, wo er zweimal verletzt wurde.

Im Falle von Jenda Rajman handelt es sich um eine einzigartige Fotosammlung, auch die Negative sind erhalten. Rajman war während des gesamten Krieges im Militärkrankenhaus in Podmelec, dem heu-tigen Slowenien, und fotografierte dort das Alltagsleben. Die Schrecken des Krieges sah er aus nächster Nähe, als verstümmelte Soldaten von der vordersten Front ange-bracht wurden. Auf der einen Aufnahme ist auf dem Bein des Soldaten die Inschrift zu

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KK-NOTIZBUCH

Dieses Heft wurde gedruckt mit Unterstützung der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.

Die Landtagsfraktion der CDU in Düsseldorf hat am 17. Juni zu einem Werkstattgespräch zu Perspektiven und Fördermöglichkeiten deutscher Er-innerungskultur in den Landtag ein-geladen. Nach der Begrüßung durch den Fraktionsvorsitzenden Armin Laschet und einer Einführung durch Werner Jostmeier, Beauftragter der CDU-Landtagsfraktion für Vertriebene, Aussiedler und deutsche Minderheiten, hatten die Teilnehmer die Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch mit Dr. Winfrid Halder, dem Direktor des Gerhart-Hauptmann-Hauses Düssel-dorf, Eleonora Heinze, der Leiterin des Bundestagsbüros Heinrich Zertik, Dr. Stephan Kaiser, dem Direktor des Ober-schlesischen Landesmuseums Ratingen, und Stephan Krüger, dem Vorsitzenden des BdV-Kreisverbandes Köln, sowie zur Klärung praktischer Fragen in Sachen Förderantrag (Sebastian Wladarz). Das Schlusswort sprach der Landtagsabge-ordnete Heiko Hendriks.

Seit 2007 treffen sich ehrenamtliche Betreuer ostdeutscher Sammlungen regelmäßig im Donauschwäbischen Zentralmuseum in Ulm. Bei der 6. Heimatstuben-Tagung in Zusammen-arbeit mit dem Haus der Heimat des

Landes Baden-Württemberg am 26. Juni richtet sich der Blick auf Fotografien und Dokumente: Wie können sie am besten zur Geltung gebracht werden, wie sind sie zu schützen, wie ordnet, dokumentiert und lagert man sie richtig?

Ein gemeinsames Projekt des Do-nauschwäbischen Zentralmuseums Ulm sowie rumänischer, ungarischer und serbischer Museen ermöglicht unter www.danube-places.eu eine vir-tuelle Reise auf der Donau, die die deutschen Spuren und kulturellen Ver-bindungen entlang des Stromes wieder sichtbar macht. Die Website präsentiert über 80 Ortschaften in vier Ländern von den Auswanderungsorten im Südwesten Deutschlands bis zu den Siedlungsgebie-ten der Donauschwaben, etwa Budapest, Satu Mare (Sathmar), Pécs (Fünfkirchen), Timisoara (Temeswar) oder Novi Sad (Neusatz).

„Die Badewanne“, das berühmte Berli-ner Künstlerkabarett der 50er Jahre um den Schlesier Alexander Camaro, wird unter dem Titel „Berlin surreal ...“ bis zum 24. Juli im Camaro Haus Berlin präsen-tiert.

(KK)

lesen: 50 000. Verletzter … Es handelt sich dabei um unvergleichliche Aufnahmen, wie z. B. von Kopfoperationen unter Feldlager-bedingungen, von Sanitätswagen oder von verletzten Soldaten in einem Lazarett, das in einer ehemaligen Tischlerei eingerichtet worden war.

Als Kurator im Auftrag des Adalbert Stifter Vereins München erarbeitete Jaroslav Kucera die Ausstellung in Kooperation mit dem Tschechischen Zentrum in der Prinz-regentenstraße 7, München, wo sie bis zum 15. Juli zu sehen ist.

(KK)

Page 32: KULTURPOLITISCHE K O RRE S P O NDENZ€¦ · KK1345 vom 25. Juni 2014 5 Nicht nur seiner Kunst, auch dem Künstler selbst sieht man es an, dass die östliche Herkunftslandschaft einen

Herausgeber: Stiftung Deutsche Kultur im östlichen Europa – OKRCäsariusstraße 9153639 KönigswinterTelefon (02223) 9066011/-2, Fax (02223) 9066018E-Mail: [email protected] Internet: www.kulturportal-west-ost.eu

Redaktion: Georg Aescht (verantwortlich)

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