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Leibniz Zentrum für Agrarlandschaftsforschung
Ertragslücken und Ertragsstagnation in Deutschland
– Wissenstand und offene Fragen ‐K. C. Kersebaum
BMEL/ZALF Veranstaltung Boden – Fundament des Lebens Berlin 23.11.2015
Herausforderung für den Pflanzenbau der ZukunftSteigende Weltbevölkerung sowie eine veränderte Ernährung erfordert eine deutliche Steigerung der Nahrungsmittelproduktion
Die Fläche zum Anbau von Nahrungsmitteln ist begrenzt und ohne dramatische ökologische Folgen kaum weiter zu erweitern.
Dagegen gehen insbesondere in den Industrie- und Schwellenländern immer mehr hochwertige Produktionsflächen durch Versiegelung verloren.
Zur Sicherung der Welternährung bis 2050 ist daher eine Verdoppelung der Ertragsleistung pro Fläche notwendig.
Dies entspricht einer jährlichen Steigerung der Produktion pro Fläche um ca. 2.5 %
Die Ertragspotenziale sind in vielen Ländern der Erde noch nicht ausgeschöpft.
Lassen sich durch Schließen dieser Ertragsdefizite die notwendigen Steigerungen erreichen?
Definition und beeinflussende Faktoren der Produktion
Potenzieller Ertrag (Yp)
Wasser limitierter Ertrag (Yw)
Wasser und Nährstoff limitiert
Aktueller Ertrag (Ya)
CO2StrahlungTemperatur
Genetisches Potenzial
Wasserverfügbarkeit
Wasser‐ und Nährstoffverfügbarkeit
UnkrautKrankheitenSchaderregerSchadstoffe
Bestimmende Faktoren
limitierende Faktoren
limitierende Faktoren
reduzierende FaktorenProd
uktio
nssituation
Produktionsniveau (t/ha)
Van Ittersum et al. 2013
Wie werden Ertragspotenziale abgeschätzt
Abschätzung pro Land/Region aus den höchsten berichteten Erträgen
Aus Daten von Hochertragsversuchsflächen oder Sortenversuchen
Mit Hilfe statistischer Modelle
Mit Hilfe von dynamischen Simulationsmodellen zum Pflanzenwachstum
Globale Realisierung erreichbarer Erträge
Derzeitig erreichter Anteil am erzielbaren Ertrag
Müller et al. 2012, Nature
Ertragspotenziale (Yw) und Ertragslücken für Weizen in DeutschlandGlobal Yield Gap Atlas (www.yieldgap.org)
Yw7793 - 8000
8001 - 8500
8501 - 9000
9001 - 9500
9501 - 10000
[kg TM /ha]Yw-Ya
1728 - 2000
2001 - 2500
2501 - 3000
3001 - 3500
[kg TM /ha]
Schils et al. 2013
Weizenerträge 1961-2013 in Deutschland
5-jähriges gleitendes Mittel
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020
Weizenerträge Deutschland (FAO Statistik)[t/ha]
Welches sind die Ursachen für die Ertragsstagnation?
Diskutiert werden:
Stagniert der genetische Fortschritt?
Klimawandel und Extremereignisse?
Anbauausweitung auf schlechtere Standorte?
Bodendegradation, Abnahme der Bodenfruchtbarkeit?
Veränderte Fruchtfolgen?
Ökonomische Ursachen?
Veränderte Betriebsgrößen und -strukturen?
Umweltauflagen?
Der genetische Trend in Deutschland zeigt nach obenKornertrag Winterweizen (Sortenversuche der Intensitätsstufe 1 und 2)
Bereinigter K
orne
rtrag [dt/ha
]
Piepho et al. 2014
Beobachtete Ertragstrends sind regional unterschiedlich
0
2
4
6
8
10
12
1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012
Ertr
ag (t
/ha)
year
Weizenerträge in Regierungsbezirken
Lüneburg, Stat. Region
Köln, Regierungsbezirk
Münster, Regierungsbezirk
Stuttgart, Regierungsbezirk
Karlsruhe, Regierungsbezirk
Freiburg, Regierungsbezirk
Linear (Lüneburg, Stat. Region)
Linear (Köln, Regierungsbezirk)
EUROSTAT, Nuts 3
Klimatische Einflüsse, z.B. ExtremeAnzahl der Tage mit hohen Temperaturen zur Weizenblüte hat deutlich zugenommen
Gömann et al. 2015
Klimatische Einflüsse, z.B. ExtremeAnzahl der Tage mit Starkniederschlägen hat leicht zugenommen
und sich von Juni in den Juli und August verschoben (Anstieg der Lagergefahr)
Gömann et al. 2015
Klimatische Einflüsse, z.B. TrockenheitAnzahl der Tage mit geringer Bodenfeuchte im Sommerhalbjahr hat zugenommen
Gömann et al. 2015
Änderung der Landnutzung
Gömann et al. 2015
• Vor allem durch Urbanisierung hat die landwirtschaftliche Nutzfläche in Deutschland seit 1960 abgenommen.
• Während die Ackerfläche in Ballungsräumen auf oft guten Standorte abnahm, erfolgte eine Ausdehnung oft zu Ungunsten von Grünlandflächen in anderen Gebieten.
Änderung der Landnutzung
Gömann et al. 2015
Gleichzeitig nahm der Weizenanteil am Ackerland zu.
Änderung des Weizenanteils an der LF von 1999 bis 2010
Damit dürfte insgesamt eine Verschiebung des Weizenanbaus auf schlechtere Standorte verbunden gewesen sein
Standorteigenschaften bestimmen die Vulnerabilität
Variationskoeffizient W. Weizenertrag (1995‐2013) % Ertragsverlust alle 6‐7 Jahre
Gömann et al. 2015
Bodeneigenschaften bestimmen die Vulnerabilität gegenüber Klimaschwankungen: Beispiel Klimawandel in 2 Regionen
Hannover Müncheberg
Kersebaum & Nendel 2014, Eur. J. Agron.
Ertragsänderung 2021‐2050 gegenüber 1962‐1991 (A1B)
Welche Bodeneigenschaften beeinflussen Ertragspotenziale
Textur, organische Substanz und Lagerungsdichte ->
Wasserhaltevermögen und pflanzenverfügbares Wasser
Nährstoffspeicherfähigkeit und Nachlieferungsvermögen
Bodenstruktur und Durchwurzelbarkeit
Grundwasserstand
Verdichtung/Vernässung
Hangneigung/Exposition
Ertragsmindernde Faktoren
BGR
Verständnis für Bodenfunktionen erforderlich
Biologisch Chemisch Physikalisch
CVorrat
Cflüsse
Manage-ment
Filter Nährstoff Wasser
Pflanzenwachstum
Bodentyp
Ertrag
CFestlegung
andereÖkosystemleistungen
Bodeneigenschaften
Bodenfunktionen
SmartSOILnach Olesen 2014
Organische Substanz beeinflusst Bodenfunktionen und Produktivität
‐>Ko‐Referat Herr Wiesmeier
Verbesserung der Corg Gehalte durch pfluglose Bodenbearbeitung?
Review: 69 paarweise Bodenbearbeitungsversuche.Mittlere Differenz der C-Gehalte von Böden unter konventioneller Bearbeitung und Pfluglos.(Luo et al. 2010)
Umstieg von konventioneller Bodenbearbeitung auf pfluglos scheint den Gesamtvorrat and Corg nicht zu erhöhen – aber erhöht den C-Gehalt nahe der Oberfläche (was positiv für einige Bodenfunktionen sein könnte).
Wie beeinflusst organischer Kohlenstoff den Ertrag?
Ertrag
Input intensity (N-fertilisation, pesticides, tillage)
Reduzierter N-Bedarf durch höhere Mineralisation
Höhere Produktivität durchverbesserte Bodeneigenschaften (durch höhere Humusgehalte)
SmartSOILnach Olesen 2014
Fruchtfolgeeffekte auf den Ertrag
Sieling et al. 2005, Eur. J. Agron.
Düngungsreaktion von Weizen auf N‐Gaben in Abhängigkeit von Vor‐ und Vorvorfrucht (OSR = Raps)
N‐Düngung [kg N/ha]
Ertrag [t/ha]
Ist Erreichen des Ertragspotenzials ökonomisch?
Stamm 2008, DLZ
Der ökonomisch optimale Ertrag liegt immer unter dem maximalen
Der Abstand hängt sowohl von den Faktor- als auch den Produktpreisen ab
Ein Niveau von 80-85% des Potenzials ist daher als Zielgröße sinnvoll
Welches sind die Ursachen für die Ertragsstagnation?Stagniert der genetische Fortschritt? NeinKlimawandel und Extremereignisse?
Trägt bei zu größerer Variabilität der ErträgeAnbauausweitung auf schlechtere Standorte?
Spielt eine Rolle und erhöht ErtragsvariabilitätBodendegradation, Abnahme der Bodenfruchtbarkeit?
Ist zu beobachten, aber das Ausmaß ist nicht klarVeränderte Fruchtfolgen?
Verändern den C-Input, Vorfruchtwirkung z. B. auf Bodenstruktur?Ökonomische Ursachen?
Produkt und Faktorpreise bestimmen IntensitätVeränderte Betriebsgrößen?
Schwierigeres Zeitmanagement, suboptimale BestellungUmweltauflagen?
Verringern Intensität, sollten standortspezifisch sein
Die Ursachen sind vielfältig und ihr Beitrag wenig verstanden!
Danke
für Ihre
Aufmerksamkeit