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Freibergs Hüttenwerke Bilder aus Vergangenheit und Gegenwart

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Freibergs Hüttenwerke

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Freibergs Hüttenwerke Bilder aus Vergangenheit

und Gegenwart

Freibergs Hüttenwerke Bilder aus Vergangenheit

und Gegenwart

Herausgeber/Verlag SAXONIA Standortentwicklungs- und -verwaltungsgesellschaft mbHHalsbrücker Straße 34, 09599 FreibergTelefon: 03731-395010 Telefax: 03731-395013E-Mail: [email protected]: www.saxonia-freiberg.de

Alle Rechte, auch das des auszugsweisen Nachdrucks, der auszugsweisen oder vollständigen fotomechanischer Wiedergabe, der elektronischen Datenspeicherung und das der Übersetzung, vorbehalten.

Layout/SatzDigital- und Printmediengestaltung Susann Müller

DruckDruckerei Wagner Verlag und Werbung GmbH

Die Farbe des Einbandes lehnt sich an die Revierfarbe des Oberhüttenamtes Freiberg an. (Vgl. Neumann, Knut: Uniformen der Berg- und Hüttenleute im sächsischen Montanwesen. Freiberg 2007, S. 23.)

© SAXONIA Standortentwicklungs- und -verwaltungsgesellschaft mbH

ISBN 978-3-934409-46-0

Vorwort (Erich Fritz)

850 Jahre Freiberger Hüttenwesen (Roland Ladwig, Ulrich Thiel)

Das Freiberger Hüttenwesen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (Roland Kowar)

Das Freiberger Hüttenwesen im 20. Jahrhundert (Dietmar Keller)

Entwicklungen des Hüttenwesens nach 1990 (Diethard Hein)

Sachzeugen des Hüttenwesens in den Ausstellungen des Stadt- und Bergbaumuseums Freiberg (Ulrich Thiel)

Bildliche Darstellungen des Hüttenwesens im öffentlichen Raum in Freiberg (Ulrich Thiel)

Quellen zur sächsischen Hüttengeschichte im Sächsisches Staatsarchiv - Bergarchiv Freiberg (Peter Hoheisel)

Der Beitrag der Technischen Universität Bergakademie Freiberg zur wissenschaftlich-technischen Entwicklung des Freiberger Metallhüttenwesens (Michael Stelter)

Die Lehrsammlung von Hüttenmodellen an der Bergakademie Freiberg ( Jörg Zaun)

Der sächsische Schmelzer in der Historischen Freiberger Berg- und Hüttenknappschaft (Knut Neumann)

ChronologieLiteraturauswahl AbbildungsnachweiseAutorenverzeichnis

Inhalt Freibergs Hüttenwerke Bilder aus Vergangenheit und Gegenwart

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Das Metallhüttenwesen ist Bestandteil der Montantradition Sachsens. Silber hat Sachsens Glanz weithin sichtbar gemacht, hat Landespolitik und Wirtschaftsentwicklung maßgeblich be-

stimmt, auf viele gesellschaftliche Bereiche ausgestrahlt und Landschaft sowie Umwelt beeinflusst. Bergbau und Hüttenwesen gaben vielen Generationen im Erzgebirge Arbeit. Die Entwicklung des Montanwesens war eine Voraussetzung für Sachsens führende Rolle in der Industriellen Revolution. Heute wird in Freiberg mit dem Logo und der Aussage „Vom Silber zum Silizium“ der traditionelle Ausgangspunkt gewürdigt und die zukunftsweisende technologische Entwicklung aufgezeigt.

Für Muldenhütten, Halsbrücke und Freiberg gehörten die Hüttenbetriebe mit ihren markanten Baulichkeiten zur Industrielandschaft. Ständige bauliche Umgestaltungen der Hüttenstandorte, sei es durch Konzentration der Standorte, Erweiterungen im Zusammenhang mit neuen Produktlinien, Umbau zur Anpassung an technologische Weiterentwicklungen oder auch Abriss, veränderten in der langen Produktionsgeschichte immer wieder den Standort und Gebäudebestand. Nur wenige Bauwerke haben sich über lange Zeiträume fast unverändert erhalten.

Mit der partiellen Einstellung der Hüttentätigkeit im Rahmen des Transformationsprozesses nach 1989 beschleunigten sich die Veränderungen und führten dazu, dass die ehemaligen „reinen“ Hüt-tenareale zu Industrie- und Gewerbestandorten entwickelt wurden, an denen metallurgische Be-triebe weiter arbeiten, neue Industriezweige angesiedelt wurden und Umgestaltungen aus ökolo-gischen Gründen erfolgten. Das alles griff radikal in die Substanz der Hüttenstandorte ein, so dass sich deren Erscheinungsbild und gewerbliches Spektrum, wie beim SAXONIA-Areal, stark verändert darstellt.

Die Situation der Erhaltung von historischen Strukturen des Hüttenwesens unterscheidet sich grundlegend von der des Bergbaus. Bei letzterem ist zwar der ehemalige Gewinnungs- und Förder-prozess nach Einstellung des aktiven Bergbaus auch nur in ausgewählten Besucherbergwerken zu erleben, aber die Vielzahl weiterer Schaubergwerke erweckt den Eindruck der Dominanz des Berg-baus. Auf diesen muss in der Wertschöpfungskette notwendigerweise der Hüttenprozess folgen.

Es ist deshalb das Anliegen dieser Publikation, die Leistungen des Hüttenwesens zu dokumentieren und die Erinnerung daran, wenn es durch hüttentechnische Anlagen nicht möglich ist, mit Hilfe ausgewählter Abbildungen zu erhalten. Dafür stehen ab Mitte des 19. Jahrhunderts Fotografien zur Verfügung. Weiterhin erfolgt eine Beschränkung auf wesentliche Prozesse des Metallhüttenwesens im Raum Freiberg. Wenn vom Freiberger Hüttenwesen die Rede ist, dann im Verständnis von Berg-rat Kochinke, der in seinem „Stammbaum der Freiberger Hüttenprozesse (Muldner und Halsbrück-ner Hütte)“ diese beiden Standorte betrachtet, zu denen später die Hütten in Freiberg (Zinn- und Zinkhütte) hinzukamen. Diese Darstellungen werden durch spezielle Beiträge abgerundet, um das breite Spektrum der Präsenz von hüttenmännischen Spuren im öffentlichen Leben der Region zu zeigen.

Wir möchten damit eine große Zahl von Lesern erreichen, besonders diejenigen, die selbst in den Hütten tätig waren oder an der Geschichte der vom Montanwesen geprägten Region interessiert sind und die Weiterentwicklung der Industriekulturlandschaft mitgestalten.

Zugleich möchten wir dazu anregen, mit weiteren Publikationen die Lücken in der Darstellung der Geschichte des erzgebirgischen Hüttenwesens zu schließen.

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Vorwort

Standorte und Produkte: Schon immer bildeten Bergbau und Verhüttung eine untrennbare Einheit, so auch seit dem Beginn des Erzbergbaus 1168/69 im Raum Freiberg. Die Verhüttungs-

plätze lagen anfangs vermutlich nahe bei den Bergwerken. Spätestens seit dem 14. Jahrhunderthaben sie mehrheitlich an Mulde und Münzbach gelegen./5/ Erst im 20. Jahrhundert erbaute man Hüttenbetriebe am Standort Freiberg, zwar nicht unmittelbar am Wasser, aber unter Nutzung der vorhandenen bergbaulichen Wasserzuführungen. Über viele Jahrhunderte war die Produktion be-sonders auf die Gewinnung von Silber orientiert. Wenn es sich um sulfi dische Erze handelte, muss-te zunächst das Rösten erfolgen. Das geschah durch Abbrennen des Erzes nach Zumischen von zusätzlichem Brennmaterial, anfangs unter Aus-nutzung des natürlichen Luftzugs an den Talhän-gen. Dabei wurde Schwefeldioxid freigesetzt. Die eigentliche Verhüttung begann im ersten Schritt als ein Schmelzprozess der silberhaltigen Bleier-ze, bei dem das Silber im Blei gesammelt wurde. Die Hütten nutzten die Wasserenergie von Flüs-sen zum Antrieb der Blasebälge, um mittels des Luftstromes die Temperaturen zum Schmelzen zu erreichen und Sauerstoff für die chemischen Prozesse zuzuführen. Die früheste Nachricht über Bälge an der Mulde nahe Freiberg stammt von 1318./6/ Diesem Vorgang folgte der Treibepro-zess, bei dem Silber und Blei getrennt wurden.

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A usgangssituation und Beginn: Bergbau und Verhüttung hatten bereits in der Antike einen hohen Stand erreicht. Die damit zusammenhängenden Tätigkeiten und Erkenntnisse wurden

von mehreren Autoren dargestellt. Unter ihnen ragt vor allem Plinius (23/24-79 n. Chr.) hervor./1/ Die Weitergabe von Wissen und praktischen Fertigkeiten erfolgt in der Geschichte nicht kontinuier-lich. Das gilt auch für das Hüttenwesen. Wir können jedoch davon ausgehen, dass in Böhmen, Tirol und im Harz im Mittelalter wieder der vormalige Kenntnisstand erreicht war, in speziellen Fragen sogar übertroffen wurde. Vom Harz aus ergibt sich eine direkte Verbindung zum Aufkommen des Bergbaus und Hüttenwesens im Raum Freiberg. Salzfuhrleute hatten der Sage nach Erzbrocken entdeckt und zum Probieren mit in den Harz genommen. Das Ergebnis deutete auf lohnendes Sil-berausbringen. So kamen vermutlich mit den Bergleuten aus der Goslarer Gegend zugleich Hütten-leute in das spätere Freiberg./2/ Wir können uns die Situation des aufkommenden Hüttenwesens bei Freiberg im 12./13. Jahrhundert, da schriftliche Zeugnisse und archäologische Befunde für diese Zeit weitgehend fehlen, ähnlich der am Rammelsberg von Goslar vorstellen. Für eine Verbindung zum Harz spricht u. a. der Besuch von Markgraf Otto (der Reiche) 1173 in Goslar./3/ Auch die Tat-sache, dass die Goslarer Hütten um 1180 in machtpolitisch bedingte Krisen gerieten, kann einen Personal- und damit Wissens- und Technologietransfer begünstigt haben./4/

850 JahreFreiberger Hüttenwesen

Der Freiberger Treibeofen, 1556

Bereits im Freiberger Bergrecht A vom Anfang des 14. Jahrhunderts wird verfügt, dass alles Silber in die landesherrliche Münze (1244 erstmalige Nennung der markgräflichen Münzstätte in Freiberg) abzuliefern ist./7/ Damit kann man davon ausgehen, dass dort abschließend das Feinbrennen er-folgte. Mit dem Ausmünzen des Silbers wurden Bergbau und Hüttenwesen zu ihrem eigentlichen Endzweck geführt. Aus dem Erz war Geld, das allgemeine Äquivalent, geworden. Die vollwertige Silbermünze entsprach dem Metallwert. Allerdings unterliegt auch der Metallwert Schwankungen. Weiterhin führten wirtschaftspolitische Interessen zu abweichenden Nominalwerten und letztlich zu einer Lockerung dieses Zusammenhanges zum Edelmetallgehalt.

Im 19. Jahrhundert erweiterte sich im Zuge der Industriellen Revolution der Anspruch an die Pro-duktpalette der Freiberger Hütten erheblich. Auf Grund sinkender Gehalte im Erz und der Ab-lösung der Silber- durch die Goldwährung gingen Bedeutung und Preis des Silbers zurück. Blei rückte für vielfältige industrielle Verwendungen nunmehr in den Vordergrund. Die Differenzierung der Hüttenprozesse und das breite Sortiment von Hüttenerzeugnissen um 1900 zeigt Bergrat H. Kochinke im „Stammbaum der Freiberger Hüttenprozesse“. (vgl. Seite 44)/8/

In den 1950er Jahren begann in Freiberg unter Nutzung der Erfahrungen des Metallhüttenwesens und der Forschungskapazitäten der Bergakademie Freiberg und des Forschungsinstituts für NE-Metalle die Herstellung und Verarbeitung von Reinststoffen und Halbleitermaterialien, beispiels-weise von Silizium. Damit entwickelte sich ein neuer Industriezweig, der in der Tradition an die Entdeckung von Germanium durch Clemens Winkler und von Indium durch Ferdinand Reich und Theodor Richter anschließt und aktuell einen profilbestimmenden Wirtschaftszweig in Freiberg darstellt.

Verfahren und Entwicklungen: Die Produktionsstätten waren zunächst einfach strukturiert und die Durchsätze relativ gering. Spätere Wachstumsphasen zeichneten sich insbesondere

durch technologische und apparative Verbesserungen aus. Das Zeitalter der Industrialisierung ist durch die Steigerung der Produktion mit mehr und größeren Aggregaten gekennzeichnet. Es voll-zog sich der Übergang zur Mechanisierung der Herstellung, zur Großproduktion und zur Che-misierung. Charakteristisch wurde zugleich die Einführung von Verfahren zur Gewinnung bisher nicht beachteter oder verwendbarer Produkte. Das zeigte sich in einer wachsenden Vielfalt der Hüttenprodukte. Im Metallhüttenprozess wurden die technologischen Potenziale mit großer Kon-sequenz, z. B. durch Verbesserung der Herde, Öfen und Verfahren, zu hoher Perfektion geführt. Trotz großtechnischer Verfahren stand die Gewinnung aller Nutzkomponenten bei wechselnden Konzentrationen und komplizierten Zusammensetzungen des Vorlaufmaterials im Vordergrund. Das sind wesentliche Kennzeichen der Leistungsfähigkeit der Muldner und Halsbrücker Hütten. Den Lösungsstrategien lagen das empirisch erworbene Wissen der Hüttenleute und -beamten, ins-besondere die Fertigkeiten der Schmelzer, und wissenschaftliche Erkenntnisse, die vor allem seit der Gründung der Bergakademie Freiberg eine wesentliche Rolle spielten, zugrunde.

Rohstoffsituation und Innovationsdruck: Etwa 700 Jahre lang verarbeiteten die Hütten fast ausschließlich Erze aus dem Erzgebirge und seinem Vorland. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts

setzte man - mit später stark zunehmender Tendenz und nach Einstellung des Freiberger Bergbaus 1913 wohl ausschließlich - ausländische Erze ein. Zwischen Mitte der 1930er Jahre und 1969 kon-zentrierten sich die Unternehmen der Metallurgie wiederum auf eigene Rohstoffe aus dem erneut aufgenommenen Bergbau. Nunmehr wurde auch Zinnerz, das bis dahin außerhalb von Freiberg verarbeitet wurde, einer Verhüttung in Freiberg zugeführt. Heute werden Blei und Edelmetalle ausschließlich aus Recyclingmaterial gewonnen.

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Die Sicherung der Holzbereitstellung für Bergbau und Hüttenwesen führte zur Durchsetzung einer nachhaltigen Waldwirtschaft./9/ Ein grundlegender Wandel im Brennstoffeinsatz erfolgte erst An-fang des 19. Jahrhunderts. Die Holzkohle wurde durch Steinkohle und Steinkohlenkoks abgelöst. Seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts traten Öl, Gas und Elektroenergie sowie Braunkohlenstaub als Energieträger hinzu.

Wirtschaftliche Interessen waren ständiger Antrieb für Verbesserungen zur Prozessführung der thermischen Verfahren bei sinkenden Gehalten oder schwankenden Zusammensetzungen der Erze sowie weiterer Vorlaufmaterialien. Das Bestreben, möglichst effizient zu arbeiten, führte zu zahlrei-chen Erfindungen und Entdeckungen, die zum Teil internationale Nachnutzung fanden. Selbstver-ständlich wurden geeignete Verfahren auch aus anderen Hüttenzentren übernommen, so z. B. die Fässer-Amalgamation. Dieses Verfahren wurde in Österreich-Ungarn entwickelt. In Muldenhütten wurde es optimiert. Sein großtechnischer Einsatz erfolgte im Amalgamierwerk Halsbrücke. Durch chemische Prozesse unter Einsatz von Quecksilber reagierte das Silber aus den Erzen zu Silber-amalgam. Nach Verdampfen des Quecksilbers und dessen Rückgewinnung blieb Silber zurück. Brennstoff wurde hier nur zum Rösten und Verdampfen, nicht aber zum Schmelzen benötigt. Das Verfahren wurde von 1790 bis 1857 in Halsbrücke betrieben und galt als internationale Höchstleis-tung./10/

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Das Amalgamierwerk, 1857

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Die Fortschritte und Veränderungen im vorindustriellen Hüttenwesen sollten nicht unterschätzt werden. Allerdings stieg der Innovationsdruck mit dem Übergang zur Industrialisierung. Gesell-schaftliche und technische Entwicklungen vieler Bereiche bedingten und befruchteten sich gegen-seitig. Durch eine gestiegene und veränderte Nachfrage entstand die Notwendigkeit der Gewinnung weiterer Nutzkomponenten und deren Verarbeitung zu neuen Produkten. Schon immer anfallende umweltschädliche Schwefelgase wurden nunmehr einer großtechnischen Verarbeitung zu Schwe-felsäure vor Ort zugeführt. Die chemische Industrie hatte dafür einen steigenden Bedarf. Mit der Reduzierung der Schwefelgase im Hüttenrauch wurde das gravierende Umweltproblem zum Teil gelöst. Einen weiteren Beitrag zur Verbesserung der Umweltsituation leistete die Flugstaubabschei-dung und die großflächige Verteilung der Rauchgase über hohe Schornsteine.

Unternehmensorganisation und Eigentumsformen: Politische und ökonomische Interessen haben die Rechts- und Eigentumsverhältnisse beeinflusst. Bergbauberechtigungen wurden

vom Landesherrn kraft seines Bergregals verliehen. Für die frühe Zeit des Bergbaus ist keine sichere Aussage zum gleichzeitigen oder getrennten Hüttenbesitz möglich. Seit dem 14. Jahrhundert sind private Hüttenunternehmer nachweisbar. Im 16. Jahrhundert hatte sich das privatwirtschaftliche Unternehmertum durchgesetzt. Danach erfolgte zunehmend eine Übernahme der Hütten durch die Landesherren.

Diese Entwicklung ist, wie am Beispiel Goslar nachgewiesen wurde, nicht schlechthin Resultat lan-desherrlichen Machtanspruchs oder eine Form politischer Enteignung, sondern diente dem Ziel, leistungsfähige Hüttenbetriebe aus- oder aufzubauen. „Der landesherrlichen Verwaltung gelang es unter Leitung befähigter Fachleute, die Effizienz der unter ihrer Regie betriebenen Hütten erheb-lich zu steigern. Durch technische Verbesserungen und Maßnahmen der Betriebsführung erreich-ten sie ein deutlich besseres Ausbringen als die Hüttenbetriebe in Privathand, die immer weniger konkurrenzfähig waren und deren Betreiber einer nach dem anderen aufgaben.“/11/ Steigende Ef-fizienz schlug sich letztlich in landesherrlichen Einnahmen nieder. Die Hütte Halsbrücke ging 1663 in das Eigentum des Kurfürsten über. Nach der Stilllegung kleiner Hütten bestanden Anfang des 18. Jahrhunderts drei fiskalische Hütten (Obere und Untere Muldner Hütte, Halsbrücker Hütte). Mit der Zusammenlegung der Muldner Hütten 1825 fand der Konzentrationsprozess seinen Abschluss mit nur noch zwei Hüttenbetrieben in der Region (Abbildungen S.11). Die Preisvorstellungen für Erze waren von Bergwerkseigentümern und Hüttenbesitzern naturgemäß gegensätzlich. Aus dieser und der landesherrlichen Interessenlage wurde die Bewertung der Erze dafür vom Landesherrn eingesetzten Beamten übertragen. Ab 1710 erfolgte der Erzkauf für die Hüttenwerke zu Preisen, die auf der Grundlage der Bewertung nach einheitlichen Probierverfahren durch die Generalschmelz-administration festgesetzt wurden. Durch das Bergregal, den Erzkauf und das Münzregal, das dem Regalherrn den Schlagschatz einbrachte, war der gesamte Prozess fest in der Hand des Landesher-ren und für ihn eine wichtige Macht- und Einnahmequelle. Damit kontrollierten die Fürsten nahezu das gesamte Montanwesen.

Die landesherrlichen Interessen, d. h. die ökonomische Verwertung seines durch Regal (Herrschafts-recht) bestimmten Obereigentums, wurden durch das Bergrecht geregelt. In Freiberg lassen sich im 16. Jahrhundert Hüttenraiter und Oberhüttenverwalter als Funktionsträger nachweisen. Dem 1547 vom Landesherren eingesetzten Oberhauptmann des Erzgebirgischen Kreises oblag auch die Auf-sicht über die Schmelzhütten. Das Oberhüttenamt lenkte seit dem 17. Jahrhundert die Geschicke des Hüttenwesens. Seit 1782, mit der weiteren Ausprägung der absolutistischen Verwaltung, unter-standen die Berg- und Hüttenangelegenheiten dem Geheimen Finanzkollegium, ab 1831 (Gesetz über den Regalbergbau) dem Finanzministerium.

11Muldner Hütte, 1837

Die Hütte Halsbrücke mit dem Amalgamierwerk, 1829

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Neben der Verwaltung der Einkünfte aus dem Montanwesen wurden auch die technische und rechtliche Aufsicht über die Schmelzhütten wahrgenommen./12/ Eine Neuordnung erfolg-te mit der Einführung des Sächsischen Berggesetzes ab 1868. Das Oberhüttenamt übernahm die technische Leitung der fiskalischen Hüttenwerke, oberste Instanz blieb das Sächsische Fi-nanzministerium. 1924 wurde das Oberhüttenamt in die Generaldirektion der Staatlichen Hüt-ten- und Blaufarbenwerke überführt. Nach 1945 blieben die Hüttenbetriebe in unterschiedli-cher Organisationsform (Industrieverwaltung, Vereinigung Volkseigener Betriebe, Kombinat) in staatlichem Besitz. Ab 1990 erfolgte die Überführung in privatwirtschaftliche Unternehmen.

Mit den nachfolgenden Darstellungen wird die Hüttengeschichte ab der Mitte des 19. Jahrhunderts einmal anhand von Abbildungen und kurzen technologischen Erläuterungen veranschaulicht. Zum anderen werden in gesonderten Beiträgen spezielle Querschnittsthemen abgehandelt. Das alles kann beim gegebenen Umfang nur einzelne Aspekte hervorheben. Die Autoren und der Herausge-ber sind sich dieser Problematik bewusst. Sie lassen damit auch Raum für weitere Forschungen und Veröffentlichungen zu dieser das Freiberger Land und das Erzgebirge prägenden Industriekultur.

/1/ Silberbergbau und -verhüttung in der Antike nach Texten von Plinius, Diodor und Dioskuride Bochum 1998./2/ Georgius Agricola: Erzlagerstätten und Erzbergbau in alter und neuerer Zeit. In: Agricola- Gedenk-Ausgabe (AGA), Bd. VI, Berlin 1961, S. 85-86./3/ Walther Herrmann: Der Zeitpunkt der Entdeckung der Freiberger Silbererze. In: Walther Herrmann: Bergbau und Kultur. Freiberger Forschungshefte, Kultur und Technik, D 2, Berlin 1953, S. 7-22, insbes. S. 22./4/ Helmut M. Müller: Schlaglichter der deutschen Geschichte, Bonn 2003, S. 56-57./5/ Carl Schiffner: Alte Hütten und Hämmer in Sachsen. Freiberger Forschungshefte, Kultur und Technik, D 14, Berlin 1960, S. 140-141./6/ Joachim Scholz: Die Muldner Hütten bei Freiberg in Sachsen – Überblick über mehr als 600 Jahre Hüttengeschichte. In: Mitteilungen des Freiberger Altertumsvereins, 76. Heft, Freiberg 1995; 77. Heft, Freiberg 1996 und 80. Heft, Freiberg 1998; hier 76. Heft, S. 9./7/ Otfried Wagenbreth/Eberhard Wächtler (Hrsg.): Der Freiberger Bergbau. Technische Denkmale und Geschichte. Leipzig 1986, S. 25./8/ A. J. H. Kochinke: Stammbaum der Freiberger Hüttenprozesse (Muldner und Halsbrückner Hütte), In: Jb. für das Berg- und Hüttenwesen im Königreiche Sachsen, Freiberg 1902, S. A 96-97 und Tafel V./9/ Ulrich Grober: Hans Carl von Carlowitz. Ein Freiberger Berghauptmann prägte 1713 den Begriff Nachhaltigkeit. In: Mitteilungen des Freiberger Altertumsvereins, 87. Heft, Freiberg 2001, S. 13-31./10/ Otfried Wagenbreth/Eberhard Wächtler (Hrsg.): Der Freiberger Bergbau. Technische Denkmale und Geschichte. Leipzig 1986, S. 80./11/ Christoph Bartels: Entwicklung und Stand der Forschungen zum Montanwesen des Mittelalters und der frühen Neuzeit. In: Montan- und Industriegeschichte. Festschrift für Rainer Slotta zum 60. Geburtstag. Hrsg. Stefan Brüggerhoff et al., Paderborn 2006, S. 180./12/ Andreas Erb (Bearb.): Die Bestände des Sächsischen Bergarchivs Freiberg, Veröffentlichungen der Sächsischen Archivverwaltung, Reihe A, Band 4. Hrsg. Sächsisches Staatsministerium des Innern. Halle 2003, S. 50-51.

Das Metallhüttenwesen ist Bestandteil der Montantradi-tion Sachsens. Silber hat Sachsens Glanz weithin sichtbar gemacht, hat Landespolitik und Wirtschaftsentwicklung maßgeblich bestimmt, auf viele gesellschaftliche Bereiche ausgestrahlt und Landschaft sowie Umwelt beeinflusst. Bergbau und Hüttenwesen gaben vielen Generationen im Erzgebirge Arbeit. Die montanindustrielle Grundlage war eine Voraussetzung für Sachsens führende Rolle in der Industriellen Revolution. Heute wird in Freiberg mit dem Logo und der Aussage „Vom Silber zum Silizium“ der tradi-tionelle Ausgangspunkt gewürdigt und die zukunftsweisen-de technologische Entwicklung aufgezeigt.

Silber hat Sachsens Glanz weithin sichtbar gemacht