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dosis Nr. 76 | 03.2017 7 Der aktuelle Tarifvertrag LOA IV.1 (Leistungsorientierte Abgeltung zwischen Krankenversicherern und Apo- theken) ist auf Ende Juni 2019 befristet. Die Verhandlungen für die LOA V laufen bereits auf Hochtouren: Im Januar haben sich curafutura und santésuisse auf eine Zielvereinbarung mit pharmaSuisse geeinigt. Drei Fragen an curafutura-Präsident Ignazio Cassis und santésuisse-Präsident Heinz Brand. In welchen Punkten ist mit den grös- sten Veränderungen zwischen dem LOA IV.1 und dem neuen Tarifvertrag zu rechnen? Ignazio Cassis: Entschei- dend wird die Auslegung der neuen Rolle des Apo- thekers sein, d.h. wie die Neuerungen des Heilmit- telgesetzes umgesetzt werden. Die Apotheke wird in ihrer Grundver- sorgerfunktion gestärkt; die Handlungsfreiheit des Apothekers – ja sogar sei- ne Therapiefreiheit nimmt zu. Grössere Freiheit bedeutet zugleich grössere Verantwortung, was eine gute klinische Ausbildung und eine unternehmerische Gabe voraus- setzt. Es gilt, diese verschiedenen Ak- zente unter einen Hut zu bringen. Die Abgeltung der Apotheke wandelt sich gleichzeitig noch mehr als heute von einer Margen- hin zu einer Leistungs- abgeltung. Heinz Brand: Die Verhand- lungen zur LOA stehen noch ganz am Anfang. Sei- tens von santésuisse ist das Verhandlungsmandat noch nicht abschliessend geneh- migt. Die laufenden Ver- handlungen werden zeigen, welche grösseren Verände- rungen sich gegenüber dem LOA IV.1 ergeben werden. Welche Dienstleistungen in den Apo- theken sollen neu abgegolten werden? Ignazio Cassis: Das ist Sache der Ver- handlungen, die zurzeit laufen. Ich stelle mir vor, dass es zuerst eine eher bescheidene Auflistung von klinischen Dienstleistungen sein wird, um Erfah- rungen zu sammeln. Grundsätzlich soll aber die neue Apotheke so viele klinischen Dienstleistungen wie mög- lich anbieten, wenn sie die dafür not- wendige Qualität gewährleisten kann. Die Betreuung von kleinen akuten Be- dürfnissen und von chronisch kranken Patienten in der Apotheke hat in meinen Augen ein grosses Potenzial. Somit können Hausärzte entlastet werden und sich auf komplexere Krankheitsbilder kon- zentrieren. Eine klarere Rollenauftei- lung schafft Sicherheit und Effizienz im System. Heinz Brand: Wir sind in den laufen- den Verhandlungen grundsätzlich be- reit, über die Tarifierung neuer Dienst- leistungen der Apothekerinnen und Apotheker zu diskutieren. Eine wichti- ge Voraussetzung für die mögliche Abgeltung allfälliger neuer Leistun- gen ist die Erfüllung der Kriterien Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit. In den Prämissen zur LOA-Revision ist die Förderung des Qualitätswettbewerbs explizit genannt. Wie stellen Sie sich wirksame Anreize hierfür vor? Ignazio Cassis: Das schweizerische Ge- sundheitswesen ist, wirtschaftlich ge- sehen, ein regulierter Markt. Trotz der grossen Zunahme der Regulation in den letzten Jahren soll der Wettbewerb der wichtigste Anreiz bleiben. Und der Wettbewerb soll hauptsächlich auf Kosten und Qualität ausgerichtet sein. Die Qualität muss für jede Apotheke einen wettbewerbli- chen Vorteil bringen, entsprechende An- reize (auch finanzi- elle) müssten des- halb verstärkt werden. Heinz Brand: Die Qualität erbrachter Leistungen ist ein wichtiger, nicht zu vernachlässigender Aspekt. Zum jetzi- gen Zeitpunkt der Verhandlungen können dazu jedoch noch keine kon- kreten Aussagen gemacht werden. Aktuell LOA: Neue Verhandlungsrunde Preisunabhängige Abgeltung Grösstmögliche Sicherheit für Patienten, eine faire Abgeltung und die Beseitigung finanzieller Fehlanreize: Das sind die Ziele des Tarifvertrags LOA. Seit der Einführung 2001 stellt die LOA sicher, dass Apotheker ihre Leistungen bei der Abgabe eines rezept- und kassenpflichtigen Medikaments weitgehend unabhängig von dessen Preis und Menge verrechnen. Dank dieses Abgeltungssystems haben die Apotheken seit 2001 gut eine Milliarde Franken zugunsten der Prämienzahler eingespart. «Die Abgeltung der Apotheke wan- delt sich von einer Margen- hin zu einer Leistungsabgeltung.» Ignazio Cassis

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Page 1: LOA: Neue Verhandlungsrunde Articolo pdf tedesco.… · dosis Nr. 76 | 03.2017 7 Der aktuelle Tarifvertrag LOA IV.1 (Leistungsorientierte Abgeltung zwischen Krankenversicherern und

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Der aktuelle Tarifvertrag LOA IV.1 (Leistungsorientierte Abgeltung zwischen Krankenversicherern und Apo­theken) ist auf Ende Juni 2019 befristet. Die Verhandlungen für die LOA V laufen bereits auf Hochtouren: Im Januar haben sich curafutura und santésuisse auf eine Zielvereinbarung mit pharmaSuisse geeinigt. Drei Fragen an curafutura­Präsident Ignazio Cassis und santésuisse­Präsident Heinz Brand.

In welchen Punkten ist mit den grös­sten Veränderungen zwischen dem LOA IV.1 und dem neuen Tarifvertrag zu rechnen?

Ignazio Cassis: Entschei-dend wird die Auslegung der neuen Rolle des Apo-thekers sein, d.h. wie die Neuerungen des Heilmit-telgesetzes umgesetzt werden. Die Apotheke wird in ihrer Grundver-sorgerfunktion gestärkt; die Handlungsfreiheit des Apothekers – ja sogar sei-ne Therapiefreiheit –

nimmt zu. Grössere Freiheit bedeutet zugleich grössere Verantwortung, was eine gute klinische Ausbildung und eine unternehmerische Gabe voraus-setzt. Es gilt, diese verschiedenen Ak-zente unter einen Hut zu bringen. Die Abgeltung der Apotheke wandelt sich gleichzeitig noch mehr als heute von einer Margen- hin zu einer Leistungs-abgeltung.

Heinz Brand: Die Verhand-lungen zur LOA stehen noch ganz am Anfang. Sei-tens von santésuisse ist das Verhandlungsmandat noch nicht abschliessend geneh-migt. Die laufenden Ver-handlungen werden zeigen, welche grösseren Verände-rungen sich gegenüber dem LOA IV.1 ergeben werden.

Welche Dienstleistungen in den Apo­theken sollen neu abgegolten werden?

Ignazio Cassis: Das ist Sache der Ver-handlungen, die zurzeit laufen. Ich stelle mir vor, dass es zuerst eine eher bescheidene Auflistung von klinischen Dienstleistungen sein wird, um Erfah-rungen zu sammeln. Grundsätzlich soll aber die neue Apotheke so viele klinischen Dienstleistungen wie mög-lich anbieten, wenn sie die dafür not-wendige Qualität gewährleisten kann. Die Betreuung von kleinen akuten Be-dürfnissen und von chronisch kranken Patienten in der Apotheke hat in meinen Augen ein grosses Potenzial. Somit können Hausärzte entlastet werden und sich auf komplexere Krankheitsbilder kon-zentrieren. Eine klarere Rollenauftei-lung schafft Sicherheit und Effizienz im System.

Heinz Brand: Wir sind in den laufen-den Verhandlungen grundsätzlich be-reit, über die Tarifierung neuer Dienst-leistungen der Apothekerinnen und Apotheker zu diskutieren. Eine wichti-ge Voraussetzung für die mögliche Abgeltung allfälliger neuer Leistun-gen ist die Erfüllung der Kriterien Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit.

In den Prämissen zur LOA­Revision ist die Förderung des Qualitätswettbewerbs explizit genannt. Wie stellen Sie sich wirksame Anreize hierfür vor?

Ignazio Cassis: Das schweizerische Ge-sundheitswesen ist, wirtschaftlich ge-sehen, ein regulierter Markt. Trotz der gros sen Zunahme der Regulation in den letzten Jahren soll der Wettbewerb der wichtigste Anreiz bleiben. Und der

Wettbewerb sol l hauptsächlich auf Kosten und Qualität ausgerichtet sein. Die Qualität muss für jede Apotheke einen wettbewerbli-chen Vorteil bringen, entsprechende An-reize (auch finanzi-elle) müssten des-

halb verstärkt werden.

Heinz Brand: Die Qualität erbrachter Leistungen ist ein wichtiger, nicht zu vernachlässigender Aspekt. Zum jetzi-gen Zeitpunkt der Verhandlungen können dazu jedoch noch keine kon-kreten Aussagen gemacht werden.

A k t u e l l

LOA: Neue Verhandlungsrunde

Preisunabhängige Abgeltung

Grösstmögliche Sicherheit für Patienten, eine faire Abgeltung und die Beseitigung finanzieller Fehlanreize: Das sind die Ziele des Tarifvertrags LOA. Seit der Einführung 2001 stellt die LOA sicher, dass Apotheker ihre Leistungen bei der Abgabe eines rezept- und kassenpflichtigen Medikaments weitgehend unabhängig von dessen Preis und Menge verrechnen. Dank dieses Abgeltungssystems haben die Apotheken seit 2001 gut eine Milliarde Franken zugunsten der Prämienzahler eingespart.

«Die Abgeltung der Apotheke wan­delt sich von einer

Margen­ hin zu einer Leistungsabgeltung.»

Ignazio Cassis