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Andreas Gherman
Lufthansa Technik AG
Andreas Gherman
Lockheed Super Constellation –
Rückkehr einer Legende
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1 Mission
Die Mission dieses ehrgeizigen Unterfangens, das die Lufthansa Gruppe
2007 begonnen hat, ist die Restaurierung eines Lockheed Starliner
L-1649A Flugzeuges in einen flugfähigen und für den gewerblichen
Passagierverkehr zugelassenen Zustand.
Gemäß aktueller Planung soll der „Erstflug“ im Spätsommer 2013 statt-
finden.
1.1 Auswahl des Flugzeugmusters
Der Lockheed Starliner war der Höhepunkt der Super Constellation
Baureihe sowie auch der Ära der Verkehrsflugzeuge mit Kolbenmotoren.
Für die Deutsche Lufthansa eröffnete dieses Flugzeug in den fünfziger
Jahren den Zugang zum interkontinentalen Luftverkehr.
Es markiert somit einen entscheidenden Entwicklungsschritt in der Ent-
wicklung der Lufthansa zum globalen Carrier.
1.2 Betrieb des Flugzeugs
Die Deutsche Lufthansa Berlin Stiftung (DLBS) wird der Betreiber des
Flugzeugs sein. Dieses wird als Investition in die Geschichte und Tradition
der Lufthansa betrachtet.
Abb. 1: Lockheed Super Star in Lufthansa-Farben – die „Königin des Nordatlantiks“
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2 Lockheed Constellation – Howard Hughes´ Vision
Die Constellation-Baureihe („Connie“) ist ein viermotoriges Propeller-
flugzeug und wurde 1943 nach Anregung des Milliardärs Howard Hughes
(TWA) von Lockheed in Burbank (Kalifornien) entwickelt.
Sie war das Grundmodell einer Baureihe, deren Weiterentwicklung erst
1956 mit dem Starliner endete.
Abb. 2: Lockheed Constellation – Howard Hughes´ Vision
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Die nachfolgende Abbildung zeigt die wichtigsten Eckwerte der L-1649A-
Spezifikation im Vergleich zum Airbus A320.
Abb. 3: Spezifikationseckwerte L-1649A im Vergleich zum Airbus A320
3 Geschichte
Im Jahre 2007 ersteigerte die Deutsche Lufthansa Berlin Stiftung (DLBS)
drei Lockheed L-1649A-Flugzeuge und zahlreiche Ersatzteile aus der
Konkursmasse einer Privatperson in Auburn, Maine, USA.
Zwei Flugzeuge:
seit 1983 am Flugplatz Auburn/Lewiston, USA abgestellt
Erstauslieferung 1957 an die Fluggesellschaft TWA
Ein Flugzeug:
befindet sich am Flugplatz Polk City, Florida, USA
Erstauslieferung 1958 als D-ALAN an Lufthansa
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Alle drei Flugzeuge sind im Laufe ihres Lebens zum Frachter umgebaut
worden.
Das Baumuster 1018, geparkt in Auburn/Maine, USA, wurde für die
Restaurierung ausgewählt.
Die Arbeiten begannen am 17. April 2008.
Abb. 4: Impressionen aus der dreißigjährigen Standzeit der Flugzeuge
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Auburn/Maine liegt an der Ostküste der USA, etwa 200 km nördlich von
Boston.
Abb. 5: Auburn/Maine, USA
4 Phasen des Projektes
Das Projekt gliedert sich in zwei Phasen:
Phase I: Restaurierung, Auburn / USA
Wiederherstellung der Lufttüchtigkeit im amerikanischen Register
als Frachter
Phase II:
Import und Eintrag ins deutsche Register als D-ALAN
Einbau einer Kabinenausstattung, die den Stil der Fünfziger Jahre
widerspiegeln soll
Cockpit Upgrade zur Erfüllung aller aktuellen Anforderungen an
Verkehrsflugzeuge
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4.1 Phase I
4.1.1 Vorbereitung des Flugzeugs, Sortieren des erworbenen Inventars (2008)
Abbau von Steuerflächen, Instrumenten, Fahrwerkstüren,
Leitwerken
Abbau der Hinterholm-Struktur der Flügel, um Zugang für
Inspektionen zu erhalten
Abbau und Versand der Propeller und Motoren zur Überholung
Abb. 6: Vorbereitung des Flugzeugs
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4.1.2 Bau eines Hangars
Zur Durchführung der umfangreichen Überholungs- und Reparaturarbei-
ten war ein Hangar erforderlich, den es am Flughafen Auburn/Lewiston
nicht gab. Dieser wurde speziell für dieses Projekt von der Flughafenbe-
treibergesellschaft erbaut und an Lufthansa Technik untervermietet.
Baubeginn: 17. Juli 2009
Gießen der Grundplatte und Sprinkler Test: November 2009
Fertigstellung: 19. November 2009
Maße: 55m x 46m x 11m; Grundfläche: 2530 m²
Abb. 7: Der neue Hangar
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4.1.3 Beginn der Überholungsarbeiten
Die Vorbereitungen zum Schleppen des Flugzeuges waren am
19. November 2008 abgeschlossen und die “N7316C” wurde in ihren
neuen Hangar gebracht.
Abb. 8: Einhallen des Flugzeugs
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4.1.4 Erste Phase der Arbeiten im neuen Hangar (2009-2010)
Entlacken des Flugzeugs
Reinigung aller Bereiche
Verpallung des Flugzeugs und Bau einer Dock Anlage
Ausbau der beiden Frachttore
Beginn der Kontrollen und Reparaturen
Inventarisierung und Einlagerung aller Bauteile
Beschaffung von Werkzeugen und Maschinen
November 2010: Der Betrieb in Auburn wird als „BizJet Auburn“
(heute: „Lufthansa Technik North America Auburn“) Maine’s größter luft-
fahrttechnischer Betrieb (“FAA Repair Station”). Derzeit arbeiten rd. 70
Mitarbeiter aus 13 Nationen vor Ort an dem Projekt.
Abb. 9: Beginn der Überholungsarbeiten
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4.1.5 Herausforderungen Flugzeugstruktur
Primärstruktur (Rumpf und Tragflächen) – Inspektion und Reparatur:
Schließen beider Frachttor Öffnungen und Wiederaufbau der
ursprünglichen Version mit Passagiertüren
Voraussichtlicher Abschluss aller Strukturreparaturen: Anfang 2013
Probleme und Herausforderungen:
sehr hohe Befundrate an der Primär- und Sekundärstruktur
(Korrosion, Risse)
Die meisten der Reparaturen erfordern den Ersatz des ursprüngli-
chen Materials durch heute erhältliche Werkstoffe. In der Folge
entsteht hoher Aufwand für Nachweisführung und Zulassung,
zusätzlich zur eigentlichen Herstellung und Beschaffung.
Wiederherstellung der Passagiertür-Konfiguration erwies sich als
extrem schwierig
All diese Aspekte haben Auswirkungen auf Projektkosten und Laufzeit.
Abb. 10: Arbeiten an der Primärstruktur
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Das Flugzeug muss für die Strukturreparaturen so weit wie möglich
spannungsfrei aufgebockt bzw. verpallt werden. Dazu werden die Trag-
flächen durch massive Stahlträger unterstützt und der Bereich des
Flügel-Rumpf-Überganges wird an geeigneten Stellen entlastet.
Abb. 11: Verpallung des Flugzeugs
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Für den Rumpf werden zahlreiche neue Hautfelder geformt und einge-
baut, weil die ursprünglichen Hautfelder zum Teil sehr stark korrodiert
sind. Da das Flugzeug später mit einer Druckkabine betrieben werden
soll, sind hier keinerlei Kompromisse möglich.
Im Inneren des Rumpfes sind massive Versteifungen erforderlich, um
während der Arbeiten für den Rückbau der Frachttore den Erhalt der
Rumpfkontur zu gewährleisten.
Abb. 12: Strukturarbeiten am Rumpf
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Die Tragflächen sind, wie auch bei modernen Flugzeugen üblich, in
Integralbauweise erstellt und zugleich die Kraftstofftanks.
Diese Struktur (sog. Wing Planks) ist ebenfalls erheblich von Korrosion
befallen, die zum Teil zu Korrosions-Spannungsrissen geführt hat, die mit
dem freien Auge erkennbar sind.
Abschnittsweise erfolgt deshalb der Ersatz durch sog. “Wing Plank
Insertions”.
Abb. 13: Strukturarbeiten an den Tragflächen
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Der Rückbau der beiden Frachttore und das „Öffnen“ der ursprünglichen
Passagiertüren erwies sich als besonders problematisch, weil der nach-
trägliche Umbau zum Frachter nicht besonders „liebevoll“ erfolgt war und
sich zum Teil erhebliche Verformungen der Rumpfkontur ergeben hatten.
Abb. 14: Schließen der vorderen Frachttor-Öffnung
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4.1.6 Überholung der Motoren und Komponenten
Motoren:
Mit der Firma Anderson Aeromotive, Idaho/USA konnte ein erfahrener
und im Bereich der Überholung von großen Kolbenmotoren renommierter
Überholungsbetrieb gefunden werden.
Zwei Motoren sind bereits überholt und warten auf ihren Einbau.
Komponenten (Geräte, Avionik-Bauteile):
Die Herausforderungen in diesem Bereich sind:
Suche nach qualifizierten Reparaturbetrieben
Finden von Ersatzteile und Materialien für Bauteile, die schon seit
Jahrzehnten nicht mehr verwendet werden (z.B. Räder, Cockpit,
Scheiben)
die Neufertigung und Zulassung von Bauteilen ist „Ultima Ratio“
Abb. 15: Ein 18-Zylinder-Sternmotor Curtiss Wright 998TC-EA2 nach der Überholung
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4.2 Phase II
Die Phase II umfasst folgende Arbeitspakete:
Cabin Completion
Cockpit Upgrade für gewerblichen Luftverkehr gemäß aktuellen
Regularien
Lackierung
Die Definition / Spezifikation läuft; der Ort der Umrüstung steht noch
nicht fest.
Die Kabinenausstattung wird mit modernen Materialien und Bauteilen
erstellt, jedoch soll der Stil der 50er Jahre so weit wie möglich nach-
empfunden werden.
Abb. 16: Impressionen aus der Lockheed Super Star-Kabine der 50er Jahre