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Einf¨ uhrung in die Makro¨ okonomie ¨ Ubung 6 FS 2015 osungsskizze zu ¨ Ubung 6 Das Zusammenspiel von IS-MP und der Phillipskurve Mit Phillipskurve ( ¨ Ubung 3), IS-Kurve ( ¨ Ubung 4) und LM- oder MP-Kurve ( ¨ Ubung 5) haben wir nun die n¨otigen Bausteine, um die Bestimmungsgr¨ unde von Produktion und Zinssatz in der kurzen Frist stilisiert zu untersuchen. In dieser ¨ Ubung schau- en wir uns zuerst deren Zusammenspiel vereinfacht an. In Aufgaben 2-4 verwenden wir den erarbeiteten Modellrahmen, um drei aus volkswirtschaftlicher Sicht wichtige historische Ereignisse grafisch zu beschreiben. Aufgabe 1: Einf¨ uhrende Beispiele In untenstehender Tabelle sind in der ersten Kolumne vier Experimente aufgelistet. Wie lassen sich diese Experimente im IS-MP Modell mit Phillipskurve einzeichnen? Tragen Sie ihre Antworten f¨ ur die Auswirkungen dieser Experimente auf IS-Kurve, MP-Kurve, Zinssatz R t , Einkommen ˜ Y t , Arbeitslosigkeit u t , und die ¨ Anderung der Inflationsrate Δπ t (unter der Annahme, dass Δπ t v ˜ Y t ) in der Tabelle ein. Die oglichen Antwortm¨ oglichkeiten sind jeweils in Klammern aufgef¨ uhrt (der Binde- strich ’-’ steht f¨ ur keine Ver¨ anderung, ’?’ bedeutet unklare Ver¨ anderung). Experiment IS MP R t ˜ Y t u t Δπ t (, , -, ?) (, , -, ?) (, , -, ?) (, , -, ?) (, , -, ?) (, , -, ?) Expansive Fiskalpolitik - - Expansive Geldpolitik - Zuwachs Konsumvertrauen - - Expansive Fiskal- & restriktive ? ? ? Geldpolitik (Grafische Erkl¨ arung dieser Resultate erfolgt in der ¨ Ubungsstunde.) 1

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Page 1: Losungsskizze06

Einfuhrung in die Makrookonomie Ubung 6 FS 2015

Losungsskizze zu Ubung 6

Das Zusammenspiel von IS-MP und der Phillipskurve

Mit Phillipskurve (Ubung 3), IS-Kurve (Ubung 4) und LM- oder MP-Kurve (Ubung 5)haben wir nun die notigen Bausteine, um die Bestimmungsgrunde von Produktionund Zinssatz in der kurzen Frist stilisiert zu untersuchen. In dieser Ubung schau-en wir uns zuerst deren Zusammenspiel vereinfacht an. In Aufgaben 2-4 verwendenwir den erarbeiteten Modellrahmen, um drei aus volkswirtschaftlicher Sicht wichtigehistorische Ereignisse grafisch zu beschreiben.

Aufgabe 1: Einfuhrende Beispiele

In untenstehender Tabelle sind in der ersten Kolumne vier Experimente aufgelistet.Wie lassen sich diese Experimente im IS-MP Modell mit Phillipskurve einzeichnen?Tragen Sie ihre Antworten fur die Auswirkungen dieser Experimente auf IS-Kurve,MP-Kurve, Zinssatz Rt , Einkommen Yt, Arbeitslosigkeit ut, und die Anderung derInflationsrate ∆πt (unter der Annahme, dass ∆πt = vYt) in der Tabelle ein. Diemoglichen Antwortmoglichkeiten sind jeweils in Klammern aufgefuhrt (der Binde-strich ’-’ steht fur keine Veranderung, ’?’ bedeutet unklare Veranderung).

Experiment IS MP Rt Yt ut ∆πt(←,→,−, ?) (↑, ↓,−, ?) (↑, ↓,−, ?) (↑, ↓,−, ?) (↑, ↓,−, ?) (↑, ↓,−, ?)

ExpansiveFiskalpolitik → - - ↑ ↓ ↑

ExpansiveGeldpolitik - ↓ ↓ ↑ ↓ ↑

ZuwachsKonsumvertrauen → - - ↑ ↓ ↑

Expansive Fiskal-& restriktive → ↑ ↑ ? ? ?Geldpolitik

(Grafische Erklarung dieser Resultate erfolgt in der Ubungsstunde.)

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Einfuhrung in die Makrookonomie Ubung 6 FS 2015

Aufgabe 2: Die deutsche Wiedervereinigung1

Nach dem Fall der Mauer kam es im Jahr 1990 zur Wiedervereinigung von West- undOstdeutschland. Die Ubergangszeit war mit einer massiven Erhohung der Staatsaus-gaben verbunden.2

1988 1989 1990 1991

BIP-Wachstum (%) 3.7 3.6 5.7 5.0Anstieg der Investitionen (%) 5.6 7.4 10.1 7.5Budgetuberschuss (%) -2.2 0.1 -2.1 -3.3Kurzfristiger Zinssatz (%) 4.3 7.1 8.5 9.2Inflation (BIP-Deflator) (%) 1.7 2.9 3.4 3.1

Tabelle 1: Ausgewahlte Makro-Variabeln fur Deutschland 1988-1991

Tabelle 1 zeigt ausgewahlte Makro-Variabeln fur Deutschland (1988-1991).

(a) Betrachten Sie die Zahlen zu den Investitionen, dem Budgetuberschuss unddem BIP-Wachstum. Was bedeutet die Wiedervereinigung grafisch fur die IS-Kurve?

Wie in der Aufgabenstellung erwahnt, kam es ab 1990 zu einer massivenErhohung der Staatsausgaben. Aus der Tabelle ist ersichtlich, dass es dabei ab1990 zu einem Budgetdefizit kam (2.1% in 1990 und 3.3% in 1991). Gleichzeitigkam es zu einem starken Anstieg der Investitionen (Anstieg auf 10.1% in 1990).

Im IS-MP Diagramm entspricht dies einer starken Rechtsverschiebung derIS-Kurve (die Wiedervereinigung ist sozusagen ein “exogener Schock”, dieErhohung der Staatsausgaben sind ein weiterer Grund).

(b) Welche Geldpolitik hat die Deutsche Bundesbank verfolgt? Zeichnen Sie dieSituation anhand des IS-MP Diagramms.

Aus (a) wissen wir, dass sich die IS-Kurve stark nach rechts verschoben hat.Der Anstieg der kurzfristigen Zinsen in Tabelle 1 zeigt, dass sich die Bundes-bank fur eine restriktive Geldpolitik entschieden hat. Angesichts der Entwick-lungen furchtete die Bundesbank, die kurzfristige Nachfrage sei zu hoch undfuhre zu Inflation (1993 lag die Inflation tatsachlich bei uber 5%).

1Aufgabe und Tabelle basieren teilweise auf einem Text aus dem Buch Makrookonomie vonBlanchard und Illing (Pearson Verlag, 2006).

2Westdeutschland war zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung viel produktiver. Unternehmenin Ostdeutschland wurden mit Subventionen unterstutzt, um ihnen eine Chance zu geben, denBetrieb aufrechtzuerhalten, bis sie wettbewerbsfahig geworden sind. Gleichzeitig wurden zahlreicheInfrastrukturprojekte realisiert.

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Einfuhrung in die Makrookonomie Ubung 6 FS 2015

Abbildung 1: Geld- und Fiskalpolitik in Deutschland nach der Wiedervereinigung

(c) Ab 1979 wurde die Wahrungspolitik verschiedener europaischer Staaten imRahmen des “Europaischen Wahrungssystems” koordiniert.3 Andere Landerwie beispielsweise Frankreich, Belgien oder England mussten der DeutschenGeldpolitik folgen. Welche Auswirkungen hatte dies auf Y in diesen Landern?

In den anderen europaischen Landern kam es nicht zu Nachfragesteigerun-gen wie in Deutschland (d.h. keine Anderung der IS-Kurve). Die restriktiveGeldpolitik (Verschiebung der MP-Kurve nach oben) fuhrte deshalb zu einerErhohung des Realzinssatzes r. Der hohere Zinssatz zu einem Ruckgang derInvestitionen und damit auch zu einem Ruckgang von Y .

3Wir wollen hier nicht naher auf das System eingehen, da der Zusammenhang zwischen Wechsel-kursen und Zinsen erst im nachsten Semester im Rahmen vonMakrookonomie I behandelt wird. Furdiese Aufgabe genugt es zu wissen, dass Deutschland eine Art “Fuhrungsrolle” in der Geldpolitikbesass und andere Lander deshalb die Deutschen Geldpolitik ubernehmen mussten.

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Einfuhrung in die Makrookonomie Ubung 6 FS 2015

Aufgabe 3: Die “Grosse Inflation” der 1970er Jahre4

Die “Grosse Inflation” zahlt zu den wichtigsten makrookonomischen Ereignissen des20. Jahrhunderts. In vielen Industrielandern kam es zwischen 1970-1986 zu einemstarken Anstieg der Teuerung. Im Ruckblick ist ein moglicher Grund fur diesenInflationsanstieg, dass ein Ruckgang des Produktivitatswachstums falschlicherweiseals ein Ruckgang von Y anstatt Y interpretiert wurde. Zeigen Sie anhand des IS-MPModells mit Phillipskurve, inwiefern dies eine Erklarung fur den Inflationsanstieg ist.

(a) Stellen Sie Potentialoutput Y , tatsachliches Output Y und kurzfristiges OutputY fur die beschriebene Situation grafisch dar.

Siehe Grafik 12.13 im Buch von Jones (Seite 324).

(b) Zeichnen Sie in zwei separaten IS-MP Diagrammen mit Phillipskurve i) dieSicht der Zentralbank (Ruckgang Y , expansive Geldpolitik) sowie ii) die tatsachlicheAuswirkung der expansiven Geldpolitik ohne Ruckgang von Y .

(i): Die amerikanische Fed ging von einem Ruckgang der Nachfrage aus (Ver-schiebung der IS-Kurve nach links). Sie kompensierte diesen Ruckgang durcheine expansive Geldpolitik. Diese Politik hatte Y stabilisieren sollen.

(ii): Ohne Anderung der IS-Kurve hat die expansive Geldpolitik zu einer Zu-nahme von Y und gemass Phillipskurve zu einer Zunahme der Inflation gefuhrt.

4Diese Aufgabe basiert teilweise auf Kapitel 12, Aufgabe 12 im Buch Macroeconomics von Jones.

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Einfuhrung in die Makrookonomie Ubung 6 FS 2015

(c) Das Produktionspotential kann in der Realitat nicht beobachtet werden, unddie Schatzung des Produktionspotentials ist mit grosser Unsicherheit verbun-den. Was bedeutet dies fur die Geldpolitik?

Wie das in (b) besprochene Beispiel zeigt, kann eine Fehlschatzung des Pro-duktionspotentials zu erheblichen volkswirtschaftlichen Kosten fuhren. Fehlerin der Datengrundlage, auf welcher die Geldpolitik beruht, konnen zu Fehlernin geldpolitischen Entscheiden fuhren.

Eine mogliche Konsequenz ist die sogenannte “Politik der ruhigen Hand”. Ge-meint ist, dass die Unsicherheit uber die Notwendigkeit einer Zinsanderung imZeitablauf in der Regel abnimmt, und es deshalb fur Zentralbanken sinnvollsein kann, das Eintreffen neuer bzw. zuverlassigerer Informationen abzuwarten.

Viele Okonomen argumentieren, dass Zentralbanken aufgrund der Unsicher-heiten in Bezug auf das Produktionspotential vor allem auf die Stabilisierungder Inflation fokussieren sollen, und keine “Feinsteuerung” der Konjunkturanstreben sollen.

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Einfuhrung in die Makrookonomie Ubung 6 FS 2015

Aufgabe 4: Die Schweizerische Immobilienkrise der 1990er Jahre

Tabelle 2 fasst wichtige makrookonomische Grossen fur die Schweiz 1986-1993 zu-sammen. Nach dem Borsencrash 1987 betrieben viele Zentralbanken eine expansiveGeldpolitik, darunter auch die SNB (Ruckgang Diskontsatz von 4 auf 2.5%).5

In der Tabelle ist ersichtlich, dass es ab 1988 zu starken Preissteigerungen am Immo-bilienmarkt kam. Ab 1989 erhohte die SNB den Diskontsatz schrittweise. Begunstigtdurch die Zinsschritte der SNB gab es ab 1991 massive Korrekturen am Immobilien-markt.6

1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993

BIP-Wachstum, real (%) 1.9 1.6 3.3 4.3 3.7 -1.0 0.1 -0.2Diskontsatz (%) 4.0 2.5 3.5 6.0 6.0 7.0 6.0 4.0Inflation (VPI) (%) 0.0 1.9 2.0 5.0 5.3 5.3 3.5 2.5Hauspreisindex (%) 5.7 7.7 13 12 2.1 -1.3 -4.3 -4.7

Tabelle 2: Ausgewahlte Makro-Variabeln fur die Schweiz 1986-1993Quelle: Datastream (SNB, Oxford Economics, OECD Economic Outlook)

Erklaren Sie die Auswirkungen der beschriebenen Ereignisse rund um die Schweizeri-sche Immobilienrksie der 1990er Jahre anhand des IS-MP Modells mit Phillipskurve,indem Sie Grafiken fur die unten aufgelisteten Teilereignisse zeichnen.

Tipp: Fur die Aufgabe konnen Sie annehmen, dass Storungen an Finanzmarkten wiedas Platzen der Immobilienblase oder der Borsencrash von 1987 exogene Storungensind, welche die IS-Kurve nach links verschieben.

(a) 1987: Borsencrash, expansive Geldpolitik

(b) 1988,1989: Erholung Nachfrage + Inflation, restriktive Geldpolitik

(c) Ab 1991: Platzen der Immobilienblase; expansive Geldpolitik zur Stabilisierungder Wirtschaft

5Der Diskontsatz war derjenige Satz, den Banken fur einen Diskontkredit der SNB bezahlenmussten. Beim Diskontkredit erwarb die Nationalbank von den Banken Wertpapiere inlandischerSchuldner und hielt diese bis zur Falligkeit. 2000 passte die SNB ihr geldpolitisches Konzept an, seit-her wird kein Diskontsatz mehr publiziert. Im neuen geldpolitischen Konzept der SNB ubernimmtdas Zinsband fur den Libor in etwa die gleiche Rolle wie fruher der Diskontsatz.

6Insgesamt wurden in der Schweiz zwischen 1991 bis 1996 gemass der Eidgenossischen Banken-kommission im inlandischen Kreditgeschaft rund 42 Mrd. Franken abgeschrieben. Dies entsprichtdem Wert, der seit 2008 wegen der Subprime-Krise in den USA vernichtet wurde, wenn man dieGrosse der Schweiz auf jene der USA umrechnet.

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Einfuhrung in die Makrookonomie Ubung 6 FS 2015

(a)

Wir stellen den Borsencrash von 1987 als eine Links-Verschiebung der IS Kurve dar:Fur jeden Zinssatz ist das entsprechende Gleichgewichtseinkommen nun niedriger(Punkt 1 zu 1b). Die expansive Geldpolitik der SNB bedeutet eine Verschiebung derMP-Kurve nach unten. Die Zinsreduktion stimuliert die Investitionen, wir bewegenund deshalb entlang der IS-Kurve von Punkt 1b zu Punkt 2.

(b)

Eine Verbesserung des konjunkturellen Umfelds entspricht einer Rechtsverschiebungder IS-Kurve (wir gehen von Punkt 2 zu 3).Eine restriktivere Geldpolitik wird als Verschiebung der MP-Kurve nach obeneingezeichnet (von MP3 zu MP4). Der Zinssatz steigt von R3 zu R4. Der hohereZinssatz fuhrt zu einem Ruckgang der Investitionen und damit auch zu einemRuckgang von Y (Bewegung entlang der IS-Kurve von Punkt 3 zu Punkt 4).

(c)

Das Platzen der Immobilienblase konnen wir stilisiert durch eine Verschiebung derIS-Kurve nach links modellieren. Die Geldpolitik reagiert durch eine SchrittweiseHerabsetzung des Diskontsatzes.

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