»lyrix«

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»lyrix« Dichter mit Klasse gesucht, Christian Sülz (Hg.), Verlag Das Wunderhorn, 2009.

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© 2009 Verlag Das WunderhornRohrbacher Straße 1869115 Heidelbergwww.wunderhorn.de© 2009 für die Texte und Fotos bei den Autorinnen und AutorenAlle Rechte vorbehaltenSatz: Cyan, HeidelbergUmschlag: s sans serif, BerlinDruck: Fuldaer Verlagsanstalt, FuldaISBN: 978-3-88423-337-5

»lyrix« ist ein Projekt von Deutschlandfunk • Deutscher Philologenverband • Verlag Das Wunderhorn • „Schulen: Partner der Zukunft (PASCH) – eine Initiative des Auswärtigen Amtes“.

Wir danken dem Bundesministerium für Bildung und Forschung für die freundliche Unterstützung.

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Christian Sülz (Hg.)

»lyrix«Dichter mit Klasse gesucht

Gedichte · Dokumentationen · Arbeitsmaterialien

Wunderhorn

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Vorwort

1800 Gedichte und viele begeisterte Reaktionen von Schülerinnen und Schülern aus allen Bundesländern - das ist das bisherige Resul-tat von anderthalb Jahren »lyrix«. Die Idee zu dem bundesweiten Lyrikprojekt entstand im Herbst 2007 inspiriert durch den Erfolg des „Deutschlandfunk-Lyrikkalenders“. Um mit dieser „hörbaren“ und modernen Anthologie auch den literarischen Nachwuchs zu begeistern, entwickelte der Deutschlandfunk gemeinsam mit dem Deutschen Philologenverband und dem Verlag das Wunderhorn unter der Schirmherrschaft der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Dr. Annette Schavan, das »lyrix«-Projekt. Seit Januar 2009 ist auch „Schulen: Partner der Zukunft“ (PASCH), eine Initiative des Auswärtigen Amtes, mit mehr als 1400 Deutsch unterrichtenden Schulen im Ausland an »lyrix« beteiligt.

Doch was ist das Besondere an »lyrix«? Schülerwettbewerbe gibt es viele, zahlreiche Institutionen initiieren regelmäßig Wettbewerbe oder Preisausschreiben mit Aufgabenstellungen aus den Bereichen der Kunst, Musik oder Literatur. »lyrix« ist nicht nur ein Wettbewerb, es ist eine sich kontinuierlich weiterentwickelnde Initiative, die für einen kreativen Umgang mit Lyrik im Klassenzimmer eintritt. In Anlehnung an das Kalenderprojekt ist auch das »lyrix«-Jahr in zwölf Monate aufgeteilt. Jedem Monat ist ein ausgewähltes Gedicht aus dem Deutschlandfunk-Lyrikkalender zugeordnet, zu dem im Inter-net begleitende Materialien mit konkreten Vorschlägen für die Unterrichtsgestaltung bereitgestellt werden. Gleichzeitig ergibt sich aus der Thematik des ausgewählten Gedichts das monatlich wech-selnde Leitmotiv, an dem sich die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler beim Verfassen ihrer Wettbewerbsbeiträge orientieren sol-len, beispielsweise „Spiel des Lebens“, „Tagträume“ oder „Ist es

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Liebe?“. So schafft »lyrix« Kontinuität und motiviert zu einer regel-mäßigen Teilnahme.

Im ersten Jahr des Projekts wurden mehr als 1200 Gedichte von Schülerinnen und Schülern aus dem gesamten Bundesgebiet einge-schickt. Eine beeindruckende Anzahl, die verdeutlicht, dass Lyrik bei Jugendlichen nicht „out“ ist, sondern vielmehr ein kreatives Experimentierfeld und eine wichtige Ausdrucksform für komplexe Reflexionsmöglichkeiten darstellen kann. In vielen eingesendeten Gedichten finden sich Bilder und Motive an zentraler Stelle, die mit der Erfahrungswelt dieser Altersgruppe verknüpft sind. Hierzu ge-hören neben der Reflexion des eigenen schulischen oder familiären Alltags auch erste Erfahrungen mit Sexualität, mit Liebe sowie der damit verbundenen Enttäuschungen. Ein deutlicher Anstieg der Einsendungen war bisher bei Monatsthemen feststellbar, die Visio-nen und Träume zu dem Spannungsfeld „Individuum und Gesell-schaft“ angeregt haben, z.B. „Mein Land!?“, „Hör zu! Jetzt rede ich!“ oder „Mein Paradies“.

Seit Januar 2009 beteiligen sich auch Deutsch lernende Schülerin-nen und Schüler aus dem Ausland am Wettbewerb. Für die Juroren war dies zunächst mit der Erkenntnis verbunden, dass die monatli-chen Leitmotive des Wettbewerbs in einem anderen kulturellen Umfeld auch gänzlich andere Emotionen und Assoziationen her-vorrufen. Spannend ist vor diesem Hintergrund auch ein Vergleich der Gedichte, die im In- und Ausland zu denselben Monatsthemen verfasst werden. Hier ergeben sich hinsichtlich der interkulturellen Bedeutung eines internationalen Schreibprojekts reizvolle Ansätze für den Schulunterricht.

Wo ein Wettbewerb ist, da gibt es auch Preisträger. Aber mit welchen Preisen lockt man Nachwuchsdichter an den Schreibtisch oder an den Computer - die Einreichung der Wettbewerbsbeiträge erfolgen bei »lyrix« per E-Mail. Mit einer Lyrik-Anthologie? Einem kostbaren Füllfederhalter oder einem Laptop? Die »lyrix«-Initiatoren beschlossen, die Preisträger nicht mit Sachwerten sondern etwas „Bleibendem“, einer Erfahrung zu honorieren: Der Preis für die Jahresgewinner 2008 war ein verlängertes Wochenende mit Schreib-werkstatt und Sprechtraining, das im März 2009 in Kooperation mit

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dem Literarischen Colloquium Berlin unter der Leitung von Norbert Hummelt und Dirk von Petersdorff stattgefunden hat. Dieses Tref-fen wird nicht nur den vollzählig angereisten Preisträgern ausdrück-lich in Erinnerung bleiben. Auch für die Organisatoren waren die intensiven Gespräche und die leidenschaftliche Auseinandersetzung mit den selbstverfassten Texten eine einzigartige Erfahrung. „Das Einzige was mir als echter Kritikpunkt einfallen würde: Es war nur ein Wochenende!“, schrieb einer der Teilnehmer im Anschluss. Auch im Sommer 2010 wartet auf die 24 in- und ausländischen Jahresge-winner als Preis wieder eine mehrtägige Schreibwerkstatt.

In diesem Buch abgedruckt sind die Gedichte der Jahresgewinner 2008 und zusätzlich einige exemplarisch ausgewählte Gedichte von in- und ausländischen Monatsgewinnern des Wettbewerbs. Daran anschließend schreibt Michael Braun über den Deutschlandfunk-Lyrikkalender. Für den Mittelteil des Buches konnten zwei Autoren gewonnen werden, die eine Brücke zwischen dem individuellen Prozess des „Selber-Schreibens“ und der Arbeit im Schulunterricht schlagen. Norbert Hummelt berichtet von seinen Erfahrungen, die er als Schriftsteller in Schreibwerkstätten mit Jugendlichen gemacht hat. Der Fortbildungskoordinator in der Zentralstelle für Auslands-schulwesen, Rainer E. Wicke, gibt aus der Perspektive des Pädagogen und Ausbildungsleiters wertvolle Hinweise für einen kreativen und offenen Umgang mit Lyrik im Deutschunterricht. Im dritten Teil des Buches finden sich konkrete Anregungen für die Unterrichtsge-staltung zu sieben ausgewählten Gedichten. Auch wenn sich vier Stundenmodelle auf den Deutschunterricht und weitere drei auf das Fach „Deutsch als Fremdsprache“ beziehen, so sind die Vorschlä-ge größtenteils universell einsetzbar.

»lyrix« ist nur dank des Engagements aller beteiligten Institutionen möglich geworden. Mitglieder des Deutschen Philologenverbandes erarbeiten seit Anfang 2008 monatlich Unterrichtsmaterialien und haben eine tragende Rolle in der monatlichen Jury. Auch die Initia-tive „Schulen: Partner der Zukunft“ (PASCH) unterstützt »lyrix« seit 2009 in der Jury und mit Materialien für das Fach „Deutsch als Fremdsprache“. Die Schreibwerkstatt im Literarischen Colloquium Berlin sowie diese Publikation konnten erst dank der Förderung des

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Bundesministeriums für Bildung und Forschung realisiert werden. Im Laufe der letzten 18 Monate haben viele Multiplikatoren dabei

geholfen, »lyrix« an den Schulen bundesweit bekannter zu machen, hier besonders die Kultusminister der Länder, die das Projekt vom ersten Jahr an unterstützt haben. Das Engagement und der Zu-spruch, die das Projekt bisher erfahren hat, haben die beteiligten Institutionen ermutigt, »lyrix« fortzuführen.

Diese Dokumentation bietet einen ersten Einblick in das »lyrix«-Projekt. Weitere Gedichte, Anregungen und Unterrichtsmaterialien finden sich auf den Internetseiten der einzelnen »lyrix«-Partner. Hier stehen auch die in diesem Buch erwähnten Arbeitsblätter als Ko-piervorlage bereit. Ich wünsche allen Interessierten und Beteiligten weiterhin kreative Ideen, einen spannenden Deutschunterricht und viel Spaß mit »lyrix«!

Christian Sülz

Vorwort

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»lyrix« 2008 - 2009

• Gedichte der »lyrix«-Preisträger 2008

• Ausgewählte Gedichte der Monatsgewinner von Januar 2008 - Mai 2009

• Ausgewählte Gedichte aus dem Ausland (PASCH-Gedichte)

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Die »lyrix«-Jahresgewinner 2008 mit Dirk von Petersdorff und Norbert Hummelt im Literarischen Colloquium Berlin. © Tobias Bohm *Fotografie*

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Thomas Heib

Paradies?

Leg die Platte auf, spiel das Leben ab.Sperr die Ohren auf,nimm die Maske ab.

Tanze, singe, lache,sitze, schweige, weine, träume, wache, siehedir dein Leben an.

Wohin man auch hört, sooft es dich stört, dein Glück gelingtnur da wo die Platte springt.

Thomas Heib aus Duisburg / 13. JahrgangsstufeLandfermann Gymnasium / eingeschickt im Januar 2008Thema: Mein Paradies?

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Josefine Berkholz

Kinderworte

Leise Gedanken,Zu schüchtern für den Augenblick, schicken scheu die ersten Ranken,An des Tages klares Licht.

In einem Kleid aus handgenähten Worten,Suchen sie sich ungeschmückt,den Weg zu des Ohres Pforten,Für den Augenblick beglückt.

Junge Stimmen suchen sacht,einen Menschen der sie hört,Doch sie bleiben ohne Acht,weil man sich an ihnen stört.

Jugendwahrheiten verblassen,Niemand der sie an sich bindet,Sterben auf dem Boden, still, verlassen,bis sie später jemand findet.

Warum will sie niemand wissen,weggewischt an jedem Ortemuss die Welt sie lange missenniemand hört auf Kinderworte.

lyrix«-Jahresgedicht 2008Josefine Berkholz aus Berlin / 8. KlasseJugendkunstschule Atrium / eingeschickt im Februar 2008Thema: Schöne Kinderzeit?

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Julia Frick

Kindheit

Kindheit ist wie Süßes naschen,Gummibärchen, Colaflaschen,Toben schmeckt nach Quark-Nachtisch,in die Schule geh‘n nach Fisch.

Verstecken schmeckt nach Schokolade,Blinde Kuh nach Marmelade,Fernseh‘n schmeckt nach Erdbeereis,Pflichten nach Gemüsereis.

Spielzeug schmeckt nach Himbeersahne,„Schlaf-schön-Küsse“ nach Banane,Lachen schmeckt nach Obstsalat,erwachsen werden - nach Spinat!

»lyrix«-Jahresgedicht 2008Julia Frick aus Lambsheim / 12. JahrgangsstufeJohann-Sebastian-Bach-Gymnasium / eingeschickt im Februar 2008Thema: Schöne Kinderzeit?

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Louise Haslam

Heim

Kein Vater-LandKeine WurzelnUnd rüttelt der Sturm an deinen ÄstenStehst du schutzlos

Keine Mutter-SpracheKeine WorteUnd fallen dir die Sterne vom HimmelFlehst du sprachlos

Schutzlos, sprachlosSuchst du sehnsüchtigTrost-Los! Lauf Heim-Kind!Lauf !

Louise Haslam aus Schweinfurt12. Jahrgangsstufe / Bayernkolleg Schweinfurteingeschickt im Februar 2008 / Thema: Schöne Kinderzeit?

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Naomi Shamban

Lied eines Vaters

Schlafe, mein Kind, und ich werde dich lieben, Dich, deine Äuglein so hell, deinen Schoss.Fall‘ ich zu Opfer bisweilen auch Trieben, Schmutzigen, schaurigen -- Liebe ist‘s bloss!

Küss‘ mich noch einmal, dann fahr‘n wir zur Schule.Freust du dich auch auf die heutige Nacht?Schön ist‘s in deiner weißseidenen Kuhle.Wenn du auch weinst, geb‘ ich darauf nicht acht.

Nachher, erschlagen von Liebesermattung, Halt‘ ich dein bebendes Körperchen fest.Schön deine Tränen nach jeder Begattung -- Wehe, mein Kind, wenn du je mich verlässt!

»lyrix«-Jahresgedicht 2008Naomi Shamban aus Quickborn / 12. JahrgangsstufeElsensee-Gymnasium Quickborn / eingeschickt im Februar 2008Thema: Schöne Kinderzeit?

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Lisa-Marie Kuich

licht und schatten

imlichtsonnen sich dieminuten vollvon dir

sie klingenin meinerseele lieblichwie dein lachen

imschattenliegen die leerenstunden

sie schreienmich grell anverlangendnach dir

meine sehnsuchtverbrenntunvorstellbar heißan sich selbst

meine geschriebenenworte verstaubenkalt an derzeit.

Lisa-Marie Kuich aus Schnaittach / 12. JahrgangsstufeChristoph-Jacob-Treu Gymnasium Lauf a. d. Pegnitzeingeschickt im März 2008Thema: Licht und Schatten

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