magazin stiftung kinderdorf pestalozzi, 2012/04
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Auf der Suche nach Glück: Glück ist subjektiv – jeder empfindet Glück in völlig unterschiedlichen Situationen und Momenten. Einige sind glücklich, wenn sie sich eine teure Uhr kaufen. Andere schätzen sich überglücklich, zur Schule gehen zu können oder geborgen in einer Familie aufzuwachsen.TRANSCRIPT
der Stiftung Kinderdorf Pestalozzi
Magazin
i n d i e s e r A u s g A b e
Titelgeschichte Der Traum vom GlückAus dem Kinderdorf Dübendorfer Klasse im DorfLaosEthnische Minderheiten durch Bildung stärken 04/2012
M A g A z i n 0 4 / 2 0 1 2
t i t e l g e s C H i C H t e
Auf der Suche nach Glück
Glück ist subjektiv – jeder empfindet Glück in völlig unterschiedlichen Situationen und Momenten. Einige sind glücklich, wenn sie sich eine teure Uhr kaufen. Andere schätzen sich überglücklich, zur Schule gehen zu können oder geborgen in einer Familie aufzuwachsen. Petra Lieberherr
Eine einheitliche Definition für Glück zu finden, ist kaum möglich. Zumal der Begriff sehr vielschichtig ist und von kulturellen sowie religiösen Einflüssen geprägt ist. So reicht Glück von der momentanen Ekstase bis hin zum tiefen Gefühl der Zufriedenheit. Seine Vielfalt wird auch in der Sprache deutlich. In mehreren Sprachen existieren unterschiedliche Grundbedeutungen für Glück.Das Glück zu finden, ist der Wunsch von allen. Nur der Weg dahin unterscheidet sich. So führt in Südostasien der Weg zum glücklichen Dasein oftmals über den Buddhismus. Dieser kennt
acht Glückssymbole – eines davon ist die Lotusblüte, die die Reinheit und die harmonische Entfaltung des Geistes versinnbildlicht. Der Be gründer des Buddhismus, Siddharta Gau tama, war sich früh bewusst, dass Reichtum und Luxus nicht die Grundlage für Glück sind.
Zum Glück finden bedeutet auch, sich selbst zu kennen und zu entscheiden, was einen zufrieden stellt.
«Es gibt keinen Weg zum Glück. Glück ist der Weg.» siddharta gautama
terd aus thailand, ekto aus laos, Chaw lay und rara aus Myanmar, ole aus laos und Chi aus thailand (v.l.n.r.) absolvierten zusammen das interkulturelle Ausbildungsprogramm emPower.
Auf der Suche nach Glück
A u s d e M K i n d e r d o r F P e s tA l o z z i
Endlich darf die 16jährige Dechen wieder die Schule besuchen. Das stimmt sie glücklich. In Tibet lebte sie bei ihrem Onkel, der sie und ihren Bruder in Englisch und Mathematik unterrichtete.Als ihre Mutter sie vor rund drei Jahren zu sich in die Schweiz holte, sollte alles besser werden. Doch ihr Stiefvater hatte Probleme, Dechen als Familienmitglied anzunehmen. Damit sich ihre Mutter nicht zwischen Dechen, ihren Halb geschwistern und dem neuen Ehemann entscheiden musste, ging sie dieses Mal selbst von zu Hause weg. «Ich wusste, wie schwierig es für meine Mutter sein würde, alleine die Kinder gross zu ziehen», sagt sie rück blickend.Im Kinderdorf Pestalozzi fand sie ein neues Daheim. Dass sie als einziges Mädchen im tibetischen Nationenhaus «Yambhu Lagang» wohnt, stört sie ganz und gar nicht: «Ich weiss, wie ich mich bei den Jungs durchsetzen kann.» Sie fühlt sich hier wohl, da ihre Rechte respektiert werden und sie zur Schule gehen darf. Nun ist die junge Tibeterin bereits in der zweiten Sekundarklasse und hat schon Zukunftspläne. Sie möchte eine Ausbildung zur Fachfrau Gesundheit antreten. «Mit älteren Menschen und Kindern zu arbeiten, ist mein Traum», schwärmt sie, auch wenn es schwierig wird, eine Lehrstelle zu finden. Sie ist sich aber sicher, dass es das Richtige für sie ist. Denn im Kinderdorf hat sie gelernt, immer auf ihr Herz zu hören
Integrationsprogramme
dechen lebt seit über einem Jahr in einem Haus mit
vier Jungs zusammen.
«Ich habe gelernt, auf mein Herz zu hören»«Voraussetzung für das Glück ist das Annehmen anderer, die Schlichtheit des Herzens und die Fähigkeit des Geistes zu staunen», besagt ein tibetisches Sprichwort. Dechen musste ihre Heimat verlassen, damit sie ihr Glück finden konnte. Für das Mädchen aus Tibet haben sich im Kinderdorf Pestalozzi neue Türen geöffnet. Petra Lieberherr
Damit möglichst viele Kinder und Jugendliche in Südostasien selbst Glück erfahren, setzt sich die Stiftung Kinderdorf Pestalozzi in mehreren Projekten vor Ort ein. Diese ermöglichen Tausenden von Kindern, die Schule zu besuchen und ihre sozialen Fähigkeiten zu entfalten
Unsere Bildungsprojekte
die lotusblüte als buddhistisches glückssymbol
Liebe Spenderin, lieber Spender Liebe Leserin, lieber Leser
Als ich in thailand unterwegs war, um Projekte zu besuchen, erzählte mir suraporn suriyamonton, die lokale länderverantwortliche der stiftung Kinderdorf Pestalozzi, eine geschichte, die wie ein Märchen klingt.Als Kind lebte suraporn in einem abgelegenen dorf der Karen in nordthailand. Als ihr Vater die Familie verliess, musste ihre Mutter alleine für den lebensunterhalt sorgen. eines tages besuchten der König und die Königin von thailand ihr nachbardorf. ihre Mutter schenkte der Königin voller stolz ein stück selbst gewobenen stoff. darauf fragte die Königin dankend, ob sie etwas benötige. ihre Mutter wünschte sich, dass ihre Kinder zur schule gehen können. den wunsch erhörend, gewährte die Königin den Kindern ein stipendium. dies ermöglichte suraporn suriyamonton, die sekundarschule zu besuchen. Als erste Frau in ihrem dorf erhielt sie zugang zu einer renommierten High school und absolvierte sogar an der universität von Chiang Mai ein bachelorstudium.suraporn suriyamonton hatte nicht nur das grosse glück, eine starke, vorausschauende Mutter zu haben, sondern auch, von der Königin ein stipendium zu erhalten.die stiftung Kinderdorf Pestalozzi will mit ihren bildungsprojekten in thailand, laos und Myan mar erreichen, dass nicht nur einige privilegierte Kinder eine bildung erhalten, sondern möglichst viele – und zwar eine qualitativ gute und rele vante schulbildung, welche die Kinder im leben weiterbringt.Mit ihrer unterstützung ermöglichen sie, dass vielen Kindern dasselbe glück widerfährt wie suraporn!
Freundliche grüsse
urs Karl eggerVorsitzender der geschäftsleitung
Die PrimarschülerInnen aus Dübendorf sitzen auf Holzstühlen in einem Kreis, zwischen ihnen klaffen unzählige freie Plätze. Neugierig, aber auch etwas eingeschüchtert, warten sie auf die 40köpfige ukrainische Gruppe. Während der Austauschwoche kommen sich die Kinder und Jugendlichen spielerisch näher und lernen mehr über die fremde Kultur des an deren. In der eigenen Radiosendung auf power upradio berichten sie schliesslich von ihren gesammelten Erfahrungen und Eindrücken.
Als Botschafter nach Hause fahrenEs liegt noch Schnee im Kinderdorf, als die fünfzehn Schülerinnen und Schüler der sechsten Klasse aus Dübendorf in Trogen eintreffen. Eine erlebnisreiche Lagerwo-che mit spannenden Begegnungen, lustigen Spielen und einer eigenen Radiosen-dung erwartet sie. Petra Lieberherr
die schülerinnen und schüler aus der schweiz und aus der ukraine kommen einander spielerisch näher.
ivo und nina treffen in der interkulturellen Austauschwoche auf ukrainische schülerinnen und schüler.
Die Stiftung Kinderdorf Pestalozzi ermöglicht Schulklassen aus der Schweiz, im Rahmen der Interkulturellen Austauschprojekte, die Begegnung mit Kindern und Jugendlichen aus dem Ausland. Gemeinsam sollen sie sich selbst und andere besser kennenlernen, eigene Verhaltensmuster reflektieren und Vorurteile hinterfragen. In ihren Kompetenzen gestärkt, kehren sie nach Hause zurück und tragen die Botschaft des friedlichen Zusammenlebens weiter.
Wir waren dabei!Nina (12) und Ivo (12)«Ich habe gedacht, die Kinder seien völlig anders», berichtet Nina über die erste Begegnung. Auch die Kommunikation funktionierte. «Ich habe mein Englisch verbessert. Einige ukrainische Kinder konnten ein wenig Englisch, dann habe ich versucht, so mit ihnen zu reden. Das war zwar schwierig, aber es ging. Andere konnten gar kein Englisch, und dann haben wir uns mit Händen und Füssen verständigt.»
Interkulturelle Austauschprojekte
A u s d e r w e i t e n w e lt | l A o s
Laos ist ein Land mit einer enormen Spra chenvielfalt, die auf 70 bis 120 verschiedene Sprachen geschätzt wird. Kinder wie Kortou hören an ihrem ersten Schultag eine Sprache, die sie nicht verstehen. Deshalb braucht es gut aus gebildete Lehrpersonen, die geschult werden, KindergärtlerInnen und PrimarschülerInnen, die die amtliche Schulsprache Lao nicht beherrschen, kindgerecht zu unterrichten. Obwohl die Regierung versucht, Lao im ganzen Land durchzusetzen, wird sie von vielen Angehörigen ethni scher Minderheiten, speziell von Frauen, nicht gesprochen.Diese Sprachbarriere führt dazu, dass viele Kinder dem Unterricht nicht folgen können und aus Unzufriedenheit und Langeweile die Schule abbrechen. Ein wesentlicher Grund für die niedrige Alphabetisierungsrate im Land. Nur zwei Drittel der Männer und ein Drittel der Frauen über 15 Jahren können lesen und schreiben. Oftmals stellen sich die Eltern ge gen den Schulbesuch, weil
ihnen wich tige Arbeits kräfte abgezogen werden oder ihre finanziellen Mittel nur einem Kind die Schulbildung ermöglichen können. Zudem ist es
in diesem kulturellen Kontext wichtig, gewisse Rituale zu erlernen
oder daran teilzunehmen, was oft nicht möglich ist, wenn die Kinder die Schule besuchen.Damit die Kinder eine qualitative und für sie relevante Schul bildung erhalten, wurde der Lehrplan angepasst. Er berücksichtigt Traditionen,
Rituale, hand werkliche Fertigkeiten aber
auch Feld arbeit.
Für eine gute Bildung Sprachbarrieren abbauen
Kortou besucht die vierte Klasse der neuen Schule. Ihr gefällt es dort, weil alles neu eingerichtet wurde und weil sie einen guten Lehrer hat. Am liebsten lernt sie die Lao-Sprache und die Volkslieder, die sie im Rahmen des Unterrichts in traditionellen Fertigkeiten lernt. Am Wochenende hilft sie beim Reisanbau mit, wie alle Kinder. Während der Woche hat sie andere Pflichten im Haushalt: Tiere füttern, Wasser holen, kochen. Brigit Burkard, Programmverantwortliche Südostasien
«Die Sprachbarriere führt dazu, dass viele Kinder dem Unterricht nicht folgen können und aus Unzufriedenheit und Langeweile die Schule abbrechen.»
Fakten und Zahlenteilnehmende Kinder / Jugendliche: 2’418teilnehmende lehrpersonen: 75 investitionen pro Jahr: CHF 164’828Partnerorganisation: norwegian
Church Aid
Der Unterricht wird von lo kalen Bewohner Innen durchgeführt.Die Stiftung Kinderdorf Pestalozzi verfolgt mit ihren Aktivitäten das Ziel, die Region und die ethnischen Minderheiten im Bildungssystem zu stärken. Nach sieben Jahren Unterstützung lassen sich bereits erste Erfolge verzeichnen. Heute hat sich die Schule in die Gemeinschaft eingegliedert. Kortou wünscht sich, dass sie noch lange zur Schule gehen und auch die Sekundarstufe besuchen kann – natürlich in ihrem Dorf. Und als Erwachsene würde sie am liebsten selbst Lehrerin werden.Unser Länderprogramm in Laos wird von der DEZA mitfinanziert
Weitere Projekte in Südostasien
rituale, handwerkliche Fertigkeiten aber auch Feldarbeit werden in den unterricht integriert.
M A g A z i n 0 4 / 2 0 1 2
K u r z g e M e l d e t
www.pestalozzi.ch
Veranstaltungen im Besucherzentrum
Öffentliche Führungen
Jeweils am 1. Sonntag im Monat,14.00 – 15.00 UhrNächste Daten: 1. Juli, 5. August, 2. September, 7. Oktober 2012
Familiensonntag
«Entdeckungsreise nach Südostasien»Geschichten, Spannendes und Familienführungen durch die Ausstellung des Kinderdorfes für Kinder ab 5 Jahren. Cafeteria mit kleinem Snackangebot und Kinderspielecke. 28. Oktober 2012, 10.00 – 17.00 Uhr
Veranstaltungen im Kinderdorf
30 Jahre Internationale Programme
Referat und Einblick in die Arbeit der Internationalen Programme mit Projektvorstellungen und Diskussionen mit Länderverantwortlichen21. September 2012, ab 17.00 Uhr
Weitere Informationen
Telefon 071 343 73 12 [email protected]/besucherzentrum
Eintrittspreise
Eintritt Erwachsene Fr. 8.–AHV / Studierende / Lernende Fr. 6.–Kinder ab 8 Jahren Fr. 3.– Familien Fr. 20.–Mit Museumspass / Raiffeisenkarte gratis
Herausgeberin: Stiftung Kinderdorf Pestalozzi Kinderdorfstrasse 20, 9043 Trogen Tel. 071 343 73 29, [email protected]
Redaktion: Djulijana Zekic, Petra LieberherrBildnachweis: Marcel Giger, Tobias Siebrecht, Jürg
Zürcher, Archiv Stiftung Kinderdorf Pestalozzi
Gestaltung: Agentur am Flughafen, AltenrheinSatz: heussercrea ag, St.GallenDruck: Hautle Druck AG, St.GallenAusgabe: 04/2012Erscheint: sechsmal jährlichAuflage: 175 000 (geht an alle SpenderInnen)Abo-Beitrag Fr. 5.– (wird mit der Spende verrechnet)
powerupradio ging wieder auf Sendung
Während drei Wochen berichteten rund 200 Schülerinnen und Schüler aus zehn Schulen live aus dem powerupmobil. Bis spätabends wurde n Interviews geführt, Musikwünsche erfüllt und über The men wie Mobbing, Zusammenleben, Ausgren zung und Andersartigkeit diskutiert. Der Höhepunkt war die Lagerwoche der sechsten Klasse aus Gelfingen LU im Kinderdorf. Während des Aufenthalts entwickelten sich die SchülerInnen zu professionellen «JungModeratorInnen». Alle Podcasts zum Nachhören finden Sie auf der Website: www.powerup.ch. Stay tuned und bis zur nächsten Livezeit
Kinder- und Jugendradio des Kinderdorfs
Reise in die Vergangenheit
Am 12. Mai 2012 war das Kinderdorf in Herblingen SH zu Gast. An der Ausstellung konnten sich die Besucherinnen und Besucher einen Einblick in die Arbeit der Stiftung verschaffen. Neben einer Präsentation über die Geschichte des Kinderdorfs, wurden auch die heutigen Projekte im In und Ausland erläutert. Eine Reise von der Vergangenheit in die Zukunft
Weitere Veranstaltungen
Das Besucherzentrum neu entdecken
Pünktlich auf den Sommerbeginn erstrahlt die Ausstellung des Kinderdorfs Pestalozzi in neuem Glanz. Sämtliche Informationen über die Programme im In und Ausland wurden auf den neuesten Stand gebracht und mit neuen, informativen Details versehen. Einen besonderen Einblick gibt die neue Hörstation über das Interkulturelle Ausbildungsprogramm emPower.
Nehmen Sie sich Zeit und besuchen Sie das Kinderdorf in Trogen. Es gibt viel Spannendes und Neues zu entdecken
Öffnungszeiten April – Oktober 2012Dienstag – Freitag, 13.30 – 16.30 UhrSamstag, Sonntag, 10.00 – 16.30 Uhrwww.pestalozzi.ch/besucherzentrum