management dissoziativer symptome in der psychotherapie
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Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik
18.10.2019
Management dissoziativer Symptome in der Psychotherapie
Dr. med. Hanne Scheerer
Zentrum für Depressionen, Angsterkrankungen und Psychotherapie
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Dissoziation – Grenze der Möglichkeiten evidenzbasierter Therapieverfahren?
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Übersicht
I. Konzepte • Geschichte des Begriffs • Aktuelle Debatten • Modelle • Neurobiologie II. Diagnostik III. Therapeutisches Vorgehen • Leitlinien / Evidenz • Ein Vorschlag für ein modulares psychotherapeutisches Vorgehen
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Frau Müller
− Status nach Suizidversuch am Vortag − Laufende ambulante Behandlung, vordiagnostizierte
rezidivierende depressive Störung und PTSD − Weiterhin latent lebensmüde, keine akuten suizidalen Impulse − Bisherige Behandlung nicht als hilfreich erlebt − Klinisch verlangsamt, gehemmt, schwerbesinnlich,
intermittierend starkes Wiedererleben, ausgeprägte, situationsinadäquate Schamgefühle
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Geschichte des Begriffes
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Gesellschaftliches Interesse
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Geschichte des Begriffs Hysterie-Dissoziation
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Gesellschaftliches Interesse
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Debatten – Iatrogenes oder Soziokognitives Modell
Soziokognitives Modell: Unbeabsichtigte Suggestion, Medieneinflüsse und soziokulturelle Erfahrungen führen dazu, dass vulnerable Personen die Aufspaltung ihrer Persönlichkeit als Erklärung für ihre Stimmungsschwankungen, Identitätsstörung oder Impulsivität annehmen.
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Dissoziation und Trauma
In retrospektiven Studien findet sich ein enger Zusammenhang zwischen traumatischen Erfahrungen und dissoziativen Symptomen Je schwerer die dissoziative Störung, desto mehr Patienten berichten von traumatischen Erfahrungen Je früher und je chronischer die Traumatisierung, desto wahrscheinlicher ist das Auftreten von dissoziativen Störungen oder dissoziativen Symptomen Vor allem wenn sexuelle und physische Gewalt erlebt wurde, treten häufig später dissoziative Symptome auf Der Zusammenhang ist in nicht-klinischen Populationen weniger stark ausgeprägt, bei schweren dissoziativen Störungen ist der Zusammenhang stark ausgeprägt
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Dissoziation und Bindung
In zwei prospektiven, longitudinalen Studien finden sich als Einflussfaktoren auf die dissoziativen Symptome bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen vor allem Faktoren, die mit der Qualität des familiären Umfeldes der Probanden und spezifischer mit den Bindungsangeboten zusammenhängen: • Vernachlässigung zw. 0-24 Monate • Missbrauchserfahrung der Mutter • Vermeidendes Bindungsverhalten • Gestörte Kommunikation zwischen Mutter und Kind • Fehlende affektive Beteiligung der Mutter
Ogawa et al. 1997 Dutra et al. 2009
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Jenseits der Traumadebatte – genetische Aspekte
Befunde aus Zwillingsstudien sind widersprüchlich Molekulargenetische Untersuchungen liegen u.a. zu Stressproteinen, zu Proteinen des monaminergen Transmittersystems und von Proteinen, die bei der Plastizität eine Rolle spielen, vor. Zusammenhänge fanden sich jeweils, wenn eine Gen-Umwelt-Interaktion untersucht wurde. Keiner der Befunde ist reproduziert.
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Jenseits der Traumadebatte – neurobiochemische Befunde
Glutamatsystem NMDA-Rezeptor-Antagonisten wie Ketamin lösen dissoziative Symptome aus Serotonerges System Serotonerge Halluzinogene wie Psilocybin lösen dissoziative Symptome aus Opioidsystem Eine durch traumassoziierte Stimuli ausgelöste Analgesie kann durch Naloxon zumindest teilweise blockiert werden (Pitman et al. 1990) HPA-Achse Zentral bei der Stressreaktion, wiedersprüchliche Studienlage, Rolle in Bezug auf dissoziative Symptome unklar
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Jenseits der Traumadebatte – Funktionelle Neuroanatomie
Wiedererleben Derealisation/ Depersonalisation
rACC
rechte anteriore Insel Amygdala
MPFC
Lanius et al. 2010
Emotionsregulierende Regionen
Regionen für Bewusstheit körperlicher Zustände
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Modelle I - Dissoziation als eine Aufteilung der Persönlichkeit in Anteile
z.B. Nijenhuis, van der Hart, 2011.
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Modelle II 4 - Dimensionales Modell
Frewen, Lanius 2014 Baekkelund 2018
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Modelle III – Evolutionäres Modell der Verteidigungskaskade
Elbert, Schauer 2015
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Modelle IV - Lerntheoretisches Modell
Priebe, Schmahl, Stieglmayr 2013
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Dissoziative Symptome, Dissoziative Störung
• Dissoziative Symptome haben nicht zwingend Krankheitswert
• Wenn sie in einer Frequenz und Ausprägung vorliegen, die bedeutsames Leiden oder bedeutsame Funktionseinschränkungen erzeugen, können sie auf zwei Arten diagnostisch zugeordnet werden:
• als Dissoziative Störung (ICD 10 F 44, F48.1 bzw. DSM5 300.11-
300.15 und 300.60)
• Als Qualifyer im (DSM5 PTSD-Diagnose)
• Als spezifische Symptom bei der emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ
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Dissoziative Symptome bei verschiedenen psychischen Störungen
Untersuchungen zu DES-Werten nach Diagnosekategorien
• Allgemeinbevölkerung 2-9
• PTBS 26-40
• BPD 18-26
• Schizophrenie 10-27
• Substanzmissbrauch 17
• Angststörungen 4-11
• Zwang 7 Besonders bei der posttraumatischen Belastungsstörung, der Borderline-Störung und der Schizophrenie ist die Belastung mit dissoziativen Symptomen hoch.
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Dissoziation und Selbstschädigung
• Es besteht ein Zusammenhang zwischen dissoziativen Symptomen und selbstverletzendem Verhalten
• Patienten sind während der Selbstverletzung häufig analgetisch
• Manche Patienten berichten, dass das Spüren des Schmerzes angenehmer ist, als der der Selbstverletzung vorausgegangene dissoziative Zustand
• Die Kausalbeziehungen sind ungeklärt
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Diagnosestellung - Klinisch
Screnningfragen:
• Haben Sie jemals das Gefühl gehabt, dass es grössere Lücken in ihrem
Gedächtnis gibt?
• Haben sie jemals das Gefühl gehabt, sich selbst fremd zu sein?
• Haben sie jemals das Gefühl gehabt, dass in ihrem Inneren ein Streit darum
statt findet, wer sie eigentlich sind? Beschreibung der Symptomatik
• Art der Dissoziation/Typologie
• Intensität der Dissoziation
• Häufigkeit der Dissoziation
• Funktionalität der Dissoziation
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Diagnoseinstrumente
Symptominstrumente
• Dissociative Experience Scale (DES) «Trait-Dissoziation»
• Dissoziations-Spannungsskala (DSS) Erhebt zusätzlich das emotionale
Erregungsniveau, Erfasst umgrenzten Zeitraum
• Shut-down dissociation scale (Shut-D) orientiert am evolutionären Modell
der Dissoziation
• DSS-4 kurzer Zeitraum (Minuten bis wenige Stunden)
Diagnoseinstrumente
• SKID-D Orientiert am DSM IV, DSM 5 Erlaubt kategoriale Diagnosestellung
• AMDP-DK Orientiert am ICD 10, Erlaubt keine kategoriale Diagnosestellung
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Beispiel – DSS-4
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Stieglmayr et al. 2008
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Frau Müller - Diagnostik
Shut-D häufig: Störung des Hörens, Störung der Sensibilität, Müdigkeit/schwere Gliedmassen, Sprachstörung manchmal: Schwindel/schwarz vor Augen, Störung des Sehens, out-of-body-Phänomene, Störung der Temperaturwahrnehmung Selten: Kreislaufkollaps, Analgesie Insgesamt hohe Belastung mit dissoziativen Symptomen
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Differenzialdiagnostische Aspekte- Abgrenzung zur Schizophrenie
Kriterien für die Unterscheidung − Trauma-Anamnese − Fehlen von formalen Denkstörungen und Wahn − Nicht-Ansprechen auf Neuroleptika − Amnesie und unterschiedliche Persönlichkeitsanteile als Charakteristikum für
DIS
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Begriffsklärung
• Eine Störung der Integration von Bewusstsein, Identität, Gedächtnis, Kognition, Affekt, Bewegung und Sinnesempfindung
• Eine Stressreaktion, die zum normalen Erlebens- und Verhaltensrepertoire des Menschen gehört, aber bei manchen Menschen konstitutionell schneller ausgelöst wird als bei anderen
• Ein Phänomen, dass in unterschiedlichen Abstufungen auftreten kann, von Patienten zunächst aber häufig als ein «alles-oder nichts»-Phänomen erlebt wird
• Häufig berichtete/beobachtbare Symptome: Veränderung der Anspannung, Reduktion der Körperwahrnehmung, Veränderung von Hören und Sehen, Verwirrtheit/Orientierungsstörung, Gedächtnisstörung, Verlangsamung, starrer Blick, reduzierte Sprachproduktion
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Therapeutisches Vorgehen Pharmakotherapie
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Therapeutisches Vorgehen - Psychotherapie
Behandlungsempfehlungen der International Society for the Study of Dissociation Empfehlen Phasenorientierte Vorgehen, keine Evidenz, begründet in
Expertenmeinungen AWMF: Keine Leitlinien zu dissoziativen Störungen oder dissoziativen
Symptomen, verweis auf Leitlinie zur Behandlung der PTSD NICE: Keine Leitlinien, verweis auf Leitlinien zur PTSD-Behandlung Priebe, Schmahl, Kleindienst schlagen ein Phasenorientiertes, eklektizistische
Vorgehen vor, dass sich an die DBT anlehnt
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Therapeutisches Vorgehen aus kognitiv-verhaltenstherapeutischer Perspektive
• Psychoedukation
• Motivation fördern
• Kontingenzmanagement
• Verbesserung der Selbstwahrnehmung
• Reduktion von aktuellen Anfälligkeitsfaktoren
• Emotionsregulation - Verbesserung der Stresstoleranz
• Auslösende Situation angehen
• Reduktion von überdauernden Anfälligkeitsfaktoren (Traumafokussierte Behandlung)
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Frau Müller - Psychoedukation
1 Wiedererleben, Diskussion über Arbeitssituation
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Frau Müller - Psychoedukation
2 Schlechter Schlaf, Trinkmenge unter 1 l/24 h, Manchmal Alkoholkonsum ; Erfahrungen sexueller Gewalt.
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Frau Müller - Psychoedukation
3 Wiedererleben im Hintergrund, Mutter kümmert sich
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Frau Müller - Psychoedukation
4 Klinikaufenthalte, verpasste Termine, Konflikt mit Mutter ungeklärt
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Veränderungsmotivation fördern
• «Intrinsische Motivation» gilt als ein wesentlicher Prediktor von Therapieerfolg
• Die Mitarbeit in der Therapie mit dem Ziel der Symptomreduktion ist anstrengend und erfordert sogar, dass Patienten sich wiederholt aversiven Reizen aussetzen
• Auf der kognitiven Ebene kann Motivation durch den Abgleich der Therapieziele mit den individuellen Zielen der Patienten geklärt und gefördert werden
• Die Beziehungsgestaltung kann helfen, Motivation aufrecht zu erhalten. Wenn der Änderungswunsch primär dem Therapeuten zuliebe besteht, ist es schwierig, eine Veränderung zu erreichen
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Veränderungsmotivation fördern - DBT-Grundannahmen
• Jedes Verhalten der Patienten macht im subjektiven Kontext Sinn: Sie versuchen, das Beste aus ihren gegenwärtig verheerenden Situationen zu machen. Es ist daher die Aufgabe der Therapeuten, mit den Patienten die jeweiligen Auslöser, Denkmuster und Konsequenzen herauszuarbeiten.
• Patienten wollen sich verbessern. • Patienten müssen sich stärker anstrengen, härter arbeiten und stärker
motiviert sein, um sich zu verändern. • Patienten haben ihre Probleme in der Regel nicht alle selbst verursacht,
sie müssen sie aber selbst lösen.
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Veränderungsmotivation erhalten Dialektisches Vorgehen
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Frau Müller - Motivation
«abschalten», weniger Schmerzen, weniger Ekel Keine Wut, für die ich bestraft worden wäre
«abschalten» bei völliger Überforderung
-Unsicherheit, Scham -Kontrollverlust, Bevormundung -Gefühl von Scheitern -Ärger ausgelöst, Konflikt nicht geklärt -Risikosituationen
Ich habe wohl «komisch» gewirkt
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Kontingenzmanagement KVT
Dissoziation als Bewältigungsstrategie ist meist stark automatisiert, die kognitive Kontrolle ist schwierig Die Symptomatik ist positiver wie negativer Verstärkung sehr gut zugänglich Kurzfristig sind Patienten entlastet, wenn sie bei dissoziativen Episoden viel Unterstützung erfahren. Mittel- bis langfristig verstärkt das die Symptome! Patienten sind in der Regel nicht begeistert, akzeptieren aber ein Kontingentmanagement, wenn es ihnen transparent erklärt wurde, und sie glauben können, dass man ihnen helfen will
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Frau Müller
Genaue Absprache im Team Transparentes erklären des Vorgehens Anbieten von Zuwendung, Validierung ausserhalb von dissoziativen Episoden In dissoziativen Episoden: Unterstützung für die Mitpatienten In zeitlichem Zusammenhang: Innerhalb 48 Stunden 3 weitere Episoden mit dissoziativen Symptomen, danach bis Austritt keine weiteren Symptome beobachtet.
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Verbesserung der Selbstwahrnehmung
Wahrnehmung und Gedächtnis sind gestört, wenn dissoziative Symptome vorhanden sind Patienten können zu Beginn einer Behandlung häufig nicht rekonstruieren, wie sich die dissoziativen Symptome entwickelt haben. Sie haben den Eindruck, dass die dissoziativen Symptome plötzlich und ohne Vorwarnung da sind Die Fähigkeit, aufkommende Dissoziation zu erkennen, ist unabdingbar für die Erarbeitung wirksamer antidissoziativer Fertigkeiten
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Verbesserung der Selbstwahrnehmung
normal
maximal ange- spannt
keine Wahr- nehmung
keine Wahr- nehmung
Gutes Gehör
Geräusche weit weg
Denken im Kreis
Denken In Bruch- stücken
Scham
keine
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Reduktion von Anfälligkeitsfaktoren
Identifikation von individuellen Anfälligkeitsfaktoren (z.B. Diary Card) Häufig: Flüssigkeitsmangel, Schlafstörung, Hunger, Konsum psychotroper Substanzen Hürden: Ekelgefühle, schlechte Selbstwahrnehmung, Alpträume, Hyperarousal, Körperschemastörung, schlechter Selbstwert, Schuldgefühle, Resignation…
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Emotionsregulation – VEIN AHA
Ziel: Reduktion von Stress, Erarbeitung von alternativen Bewältigungsstrategien, Vermeidung dysfunktionaler Bewältigungsstrategien Werkzeug: V erletzlichkeit E reignis I nterpretation N etzwerk des Gefühls Handlungsimpuls, Körper, Gedanke, Aufmerksamkeit A ngemessen? H ilfreich? A bschwächen?
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Frau Müller
Verletzlichkeit: Übernächtigt, schlechtes Selbstwertgefühl Ereignis: Mutter diskutiert über Arbeitssituation Interpretation: Ich mache meine Mutter auch noch unglücklich Netzwerk des Gefühls Schuldgefühl Angemessen? Nein Hilfreich? Nein Abschwächen? Ja
Handlungsimpuls Suizidversuch
Körpergefühl Starke Anspannung
Gedanke Ohne mich geht es allen besser
Aufmerksamkeit Situationen in denen sie Sorgen um mich hatte
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Emotionsregulation - Kognitive Umstrukturierung Hilfreiche Fragen:
• Was spricht für das Zutreffen des Gedankens?
• Was spricht gegen das Zutreffen des Gedankens?
• Wie alt ist dieser Gedanke und woher kommt er?
• Was denken Sie über diesen Gedanken, wenn es Ihnen gut geht?
• Was denken Freunde über diesen Gedanken?
• Was würden sie einem Freund raten, wenn es dessen Gedanke wäre?
• Beinhaltet der Gedanke ein Schwarz-Weiss-Denken?
• Welche Vorteile und welche Nachteile hat dieser Gedanke für Sie? Formulieren Sie mögliche alternative Gedanken:
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Frau Müller
Im Rahmen der Krisenintervention: Erarbeitung von Stresstoleranzskills • Duft-Stift
• 5-4-3-Methode
• Treppenlaufen
• Wenn möglich, der alten Nachbarin Hilfe anbieten
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Auslösesituation angehen
z.B. Soziale Probleme klären (z.B. IV-Anmeldung)
z.B. Unterstützungsmöglichkeiten prüfen (z.B. Spitex)
z.B. Konflikte klären, wenn möglich
Bei entsprechender Indikation: Traumafokussierte Behandlung planen und
durchführen
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Frau Müller
Konflikt mit der Mutter Gemeinsames Gespräch fand statt. Die Mutter war um Kooperation und Unterstützung bemüht, zeigte jedoch eingeschränkte kognitive Ressourcen und sehr reduzierte Regulationskompetenzen. Frau Müller versuchte diesbezüglich, Akzeptanz zu üben und sich von den wahrgenommenen Vorwürfen zu distanzieren, ohne den Kontakt vollständig abzubrechen. Traumatherapie Die Patientin befand sich in ambulanter Behandlung, die sie fortführen wollte. Im Rahmen dieser Behandlung stand eine Traumaexposition nicht im Vordergrund.
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Take home massages
Dissoziative Symptome sind ein häufiges Phänomen und können bei unterschiedlichen psychischen Störungen, aber auch bei Gesunden auftreten Dissoziative Symptome können sich negativ auf die Behandlung der Grunderkrankung auswirken Dissoziative Symptome sind bei vielen Patienten gut behandelbar. Durch die Reduktion der Symptome können die Erfolgsaussichten in Bezug auf die Behandlung der Grunderkrankung(en) deutlich erhöht werden.