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Christian Apfelbacher Medizinische Soziologie Fakultät Medizin
Dr. Max Mustermann Referat Kommunikation & Marketing Verwaltung
Prof. Loss / Apfelbacher Medizinische Soziologie Institut für Epidemiologie und Präventivmedizin Fakultät Medizin
Medizinische Soziologie
HIV Prävention
Christian Apfelbacher Medizinische Soziologie Fakultät Medizin
Epidemiologie (Deutschland)
2016:
3100 HIV-Neuinfektionen (m: 2500)
Häufigkeit: 88.400 HIV-Positive (71.900 Männer)
460 Todesfälle
29.800 sind seit Beginn der Epidemie an AIDS gestorben
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Die Einführung der retroviralen Therapie 1995/96 hat die AIDS-bezogene Mortalität deutlich gesenkt
Dadurch erhöht sich derzeit die Zahl der lebenden HIV-Infizierten um ca. 1000 / Jahr
RKI 2015
Christian Apfelbacher Medizinische Soziologie Fakultät Medizin
Epidemiologie
Allgemeine Begriffe / epidemiologische Maßzahlen:
Inzidenz: Anzahl der Neuerkrankungen / Jahr an einer bestimmten Krankheit
absolut oder z.B. auf 100.000 Einwohner
Beispiel Darmkrebs: ca. 40/100.000 Neudiagnosen pro Jahr (=32.000 Neudiagnosen)
Prävalenz: Anzahl der Erkrankten
an einem bestimmten Zeitpunkt (Punktprävalenz)
in einem bestimmten Zeitraum (Periodenprävalenz)
Diabetes-Prävalenz in Deutschland, 2010: 7 Mio.
Mortalität: Sterblichkeit: Anzahl der Todesfälle
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Epidemiologie
Allgemeine Begriffe / epidemiologische Maßzahlen:
Bei akuten, rasch behandelbaren Krankheiten (z.B. Appendicitis) ist die Inzidenz der Prävalenz ähnlich
Bei chronischen Krankheiten übersteigt die Prävalenz die Inzidenz oft deutlich (z.B. Hypertonie, Diabetes mellitus)
Die neu hinzugekommenen (Inzidenz) addieren sich zu den bereits Erkrankten hinzu
Christian Apfelbacher Medizinische Soziologie Fakultät Medizin
Epidemiologie (Deutschland)
2015:
Inzidenz: 3100 HIV-Neuinfektionen
Prävalenz: 88.400 HIV-Positive (71.900 Männer)
Mortalität: 460 Todesfälle
29.800 sind seit Beginn der Epidemie an AIDS gestorben
-----
Die Einführung der retroviralen Therapie 1995/96 hat die AIDS-bezogene Mortalität deutlich gesenkt
Dadurch erhöht sich derzeit die Zahl der lebenden HIV-Infizierten (=Prävalenz) um ca. 1000 / Jahr
Christian Apfelbacher Medizinische Soziologie Fakultät Medizin
Transmissionsgruppen
Quelle: RKI 2017
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Übertragungswege (Deutschland)
2016:
sexuell: (hohes Risiko bei Promiskuität und sog. „unsafe sex“)
68% Sex zwischen Männern
24% heterosexuelle Personen
Davon ca. die Hälfte aus Hochrisikoländern, vermutlich importierte Infektion
über Blut:
8 % i.v. Drogenabusus
vertikal
<0,003% Mutter Kind (n<10)
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Antiretrovirale Therapie
Kombination verschiedener antiviraler Substanzen, um Resistenzentwicklung zu vermeiden
Ziel: Verringerung der Viren unter Nachweisgrenze
der Krankheitsverlauf wird verlangsamt
die Häufigkeit der AIDS-assoziierten Erkrankungen wird vermindert
Lebenserwartung von therapierten Patienten gleicht sich allmählich der normalen Lebenserwartung an!
Probleme: Resistenzentwicklung; Nebenwirkungen
Und: „Therapieoptimismus“ erschwert Präventionsbemühungen
= Überzeugung, durch die vorhandene Therapie sei die Erkrankung nicht mehr bedrohlich
Christian Apfelbacher Medizinische Soziologie Fakultät Medizin
Neue Kampagnen – gegen Therapie-Optimismus
2006
Christian Apfelbacher Medizinische Soziologie Fakultät Medizin
HIV-Prävention – generelle Ansätze
Individuell:
Meiden von Promiskuität und Prostitution
Benutzung von Kondomen
Vorsicht und Schutz beim Umgang mit Blut
Ggf. Postexpositionsprophylaxe nach Risikokontakt mit antiviraler Therapie (bis 2h, max. 72 h) (Risikominimierung um 95%)
Ggf. Präexpositionsprophylaxe
Gesundheitssystem:
Aufklärung von Risikogruppen und Bevölkerung
Screening aller Blutspender auf HIV-Infektion
Minimierung von Fremdbluttransfusionen
Spezielle Prophylaxe HIV+ Schwangerer
Christian Apfelbacher Medizinische Soziologie Fakultät Medizin
Präexpositionsprophylaxe (PrEP)
• Prinzip: HIV-Negative mit hohem Risiko nehmen vorbeugend antiretrovirale Medikamente ein, um sich vor einer Ansteckung mit HIV zu schützen
• Seit 2016 ist Truvada® als einziges Medikament in Europa zur PrEP zugelassen
• Kombination mit Safer Sex zur Prävention anderer STIs und engmaschige ärztliche Begleitung wichtig
• Einsatz z.B. sinnvoll für HIV-diskordante Paare und Personen, die Probleme mit Kondomgebrauch haben
Christian Apfelbacher Medizinische Soziologie Fakultät Medizin
Probleme mit der PrEP
• Unsichere Studienlage zur „PrEP bei Bedarf“
• Unklar, ab welcher Einnahmedauer die PrEP zuverlässig schützt
• Mögliche Nebenwirkungen: Niereninsuffizienz, Abnahme der Knochendichte, Schlafstörungen, Magen-Darm-Beschwerden
• Befürchtung: Sicherheitsgefühl führt zu mehr Sexualkontakten ohne Kondom & Ausbreitung von anderen STIs
Christian Apfelbacher Medizinische Soziologie Fakultät Medizin
Stellungnahmen zur PrEP
• PrEP soll als Chance gesehen werden, die HIV-Prävention effektiver zu gestalten
• Soll nicht als Konkurrenz zu Aufklärung und Kondombotschaft gesehen werden, sondern als Ergänzung für bestimmte Teilgruppen
• Muss im Rahmen eines Gesamtkonzeptes erfolgen, zu dem eingehende Beratung, regelmäßige HIV-Tests und andere Untersuchungen gehören
• Notwendigkeit eines neuen Finanzierungsmodells
• Deutsche STI-Gesellschaft (DSTIG) weist auf Bedarf an gemeinsam und zentral herausgegebenen Informationen zur PrEP hin
Christian Apfelbacher Medizinische Soziologie Fakultät Medizin
Impfung
Die Impfstoffentwicklung ist u.a. durch die Vielfalt von HI-Virusmutanten erschwert
Ca. 500 Mio. US-$ werden jährlich in die HIV-Impfforschung investiert
Großen Impfstudien mit Tausenden von Probanden liefen u.a. in den USA und Thailand
Die Ergebnisse waren bislang negativ, die Studien wurden abgebrochen
Christian Apfelbacher Medizinische Soziologie Fakultät Medizin
„Droht eine Pest? Wird Aids wie ein apokalyptischer
Reiter auf schwarzem Roß über die Menschheit
kommen? Ist eine moderne Seuche in Sicht, die sich zu
Tod, Hunger und Krieg gesellen wird, wie einst im
Mittelalter? …
Die Heimtücke und, wie es scheint,
Unausweichlichkeit, mit denen Aids über die
Betroffenen kommt, haben etwas Erschreckendes.
Auf rätselhafte Weise übertragen, schlägt ein
rätselhafter Erreger zu.“
Christian Apfelbacher Medizinische Soziologie Fakultät Medizin
Prävention in Deutschland – Historie
Anfang der 1980er fehlt für die neue Krankheit AIDS ein Heilmittel oder Impfstoff
Es besteht die Sorge, dass sich AIDS sehr schnell in der gesamten Bevölkerung ausbreiten könnte
Die Situation war gekennzeichnet durch ein Klima irrationaler Ängste und Befürchtungen
z.B. der Sorge, sich anstecken zu können…
über Mücken
im Schwimmbad
an Taschentüchern in Abfallkörben etc.
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Prävention in Deutschland – Historie
Phobien und Angstreaktionen führten zu Einstellungspolaritäten:
1985: 1/3 der Bevölkerung befürwortete die Ausgrenzung Betroffener aus der Gesellschaft
Erschwerend: das Thema Sexualität war hoch tabuisiert
1986: Die Bundesregierung stellt 50 Mio. DM für ein bundesweites Sofortprogramm zur Aufklärung und Prävention zur Verfügung
BZgA erhält den Auftrag zur Entwicklung eines Programms, das HIV / AIDS eindämmen und aufhalten soll
Christian Apfelbacher Medizinische Soziologie Fakultät Medizin
? Seuchenbekämpfungs-
strategie
Identifizierung von Infektionsquellen
Unterbrechung von Infektionsketten
Reihentestungen
Isolierung von Infizierten vom Rest der Bevölkerung
Gesellschaftliche Lernstrategie
Organisation eines Lernprozesses der gesamten Bevölkerung
Aufklärung
Persönliche Beratungs-angebote vor Ort
Motivation zum Selbstschutz
Solidarität mit Betroffenen
Prävention in Deutschland – Historie
Christian Apfelbacher Medizinische Soziologie Fakultät Medizin
Prävention in Deutschland – Historie
Die wichtigsten Teilziele waren
1. Herstellung und Sicherung eines hohen Informationsstandes in der Bevölkerung
2. Förderung eines verantwortungs-bewussten Verhaltens und Handelns
3. Förderung eines gesellschaftlichen Klimas, das Solidarität ermöglicht und Ausgrenzungen und Diskriminierung abbaut
Von Beginn an war die Evaluation Bestandteil der Kampagne
„informiere dich, schütze dich, handle solidarisch“
Christian Apfelbacher Medizinische Soziologie Fakultät Medizin
Motto: Gib AIDS keine Chance
Massenmedialer Teil
TV-, Kino-, Radiospots, Anzeigen, Printmedien
Basisinformationen zu Infektionsrisiken und Schutzmöglichkeiten
Kenntnisse über Situationen, in denen keine Ansteckungsgefahr besteht
wichtig für das Zusammenleben mit HIV-Positiven
Solidarität mit Infizierten und Kranken (soziales Klima der Nicht-Ausgrenzung)
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Gib AIDS keine Chance
Personalkommunikative Informationsmöglichkeiten
Anonyme Telefonberatung zum Thema AIDS
7 Tage die Woche erreichbar
heute auch als Online-Beratung
Niedrigschwelliges Angebot, um direkt und individuell auf Fragen, Sorgen und Ängste eingehen zu können
Moderierte Aufklärungs-Parcours für Schulen
Christian Apfelbacher Medizinische Soziologie Fakultät Medizin
Erfolgskriterien der Kampagne
Reichweitenstarke Ansprache der gesamten Bevölkerung…
… bei gleichzeitig zielgerichteten Maßnahmen für besonders gefährdete Gruppen
Kombination massenmedialer Maßnahmen (Plakate, Postkarten…)
…mit personalkommunikativen Maßnahmen (Telefonberatung, Vor-Ort-Aktionen)
Aufgabenteilung mit Partnern – v.a. Deutsche Aidshilfe e.V. (Ansprache bestimmter Risikogruppen!)
Kontinuierliche Evaluation
Christian Apfelbacher Medizinische Soziologie Fakultät Medizin
mach‘s mit-Kampagne
Teil der Kampagne „Gib AIDS keine Chance“ (seit Beginn der 90er Jahre)
Ziele: Enttabuisierung und Ermutigung zur Kondomnutzung
Strategie: positiv besetzte, humorvolle Botschaften
Vermieden werden
moralische Ansprache
erhobener Zeigefinger oder
Angsterzeugung
Zum Teil thematische Schwerpunkte, z.B. Schutz auf Reisen
Christian Apfelbacher Medizinische Soziologie Fakultät Medizin
mach‘s mit-Kampagne Wird in verschiedenen Umfragen und Wettbewerben zum besten bzw. beliebtesten Plakat des Jahres 1994 gewählt
Christian Apfelbacher Medizinische Soziologie Fakultät Medizin
Bezüge zu aktuellen Ereignissen wie olympische Spiele, Fußball-WM
mach‘s mit-Kampagne
Christian Apfelbacher Medizinische Soziologie Fakultät Medizin
Seit 1987 jährlich Repräsentativbefragung bei der deutschen Bevölkerung zu
Informationsverhalten, Wissensstand
Schutz vor AIDS
Einstellungen zu Menschen mit HIV /AIDS
Evaluation – AIDS im öffentlichen Bewusstsein
Christian Apfelbacher Medizinische Soziologie Fakultät Medizin
Informationsstand
Bald nach dem Beginn der Aids-Aufklärungskampagne…
… hatte der Kenntnisstand der Bevölkerung zu AIDS ein sehr hohes Niveau erreicht
Dieses ist bis heute erhalten geblieben
Nahezu die gesamte Bevölkerung besitzt das zum Schutz vor AIDS notwendige Basiswissen
Auch die Einstellung zu HIV-Positiven / Nicht-Ausgrenzung von Betroffenen konnte verbessert werden
Prof. Dr. med. Julika Loss Medizinische Soziologie Fakultät Medizin
Es wissen, dass Infektionsgefahr
besteht…
Prof. Dr. med. Julika Loss Medizinische Soziologie Fakultät Medizin
1988 2014
Es haben bei spontanen Sexualkontakten mit
unbekannten Partnern immer Kondome
verwendet
Christian Apfelbacher Medizinische Soziologie Fakultät Medizin
Zu Beginn der neuen Beziehung haben Kondome verwendet
1988 2014
Prof. Dr. med. Julika Loss Medizinische Soziologie Fakultät Medizin
1985 2014
Es hielten für nicht richtig, wenn Aids-Kranke mit
niemandem außer dem medizinischen Personal und den
Angehörigen in Berührung kämen
Christian Apfelbacher Medizinische Soziologie Fakultät Medizin Aids wird als eine der gefährlichsten
Krankheiten genannt
Aber: Das Gefühl der Bedrohung durch HIV / AIDS nimmt ab
Christian Apfelbacher Medizinische Soziologie Fakultät Medizin
Neue Kampagnen
Die BZgA entwickelte in den letzten Jahren verschiedene neue Kampagnen-Motive
2006: Gemüse-Motive (Gewinner eines Wettbewerbs an Design-Hochschulen)
Ab 2009: Liebes-Orte-Staffel (ebenfalls Gewinner des Wettbewerbs)
Christian Apfelbacher Medizinische Soziologie Fakultät Medizin
Liebesleben
2016: neue Dachmarke
Informationsstand zu HIV / AIDS auf hohem Niveau
Weniger Bewusstsein zu anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen (STIs), deren Symptomen und Übertragungswegen
Anliegen: Gesamtkommunikation