meißner-effekt in hochreinem, gepreßtem platinpulver supraleitung in granularem platin

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176 Aus I)E:R FORSCHUNG Meipnrr-Effekt in hochreinem, gepreJ3tem Pkztinpulver Supraleitung in granularem Platin Supraleitung ist ein weitverbreitetes Phanomen unter den Elementen des Periodensystems. Besonders iiberraschend erscheint dabei die Tatsache, dag sogar Elemente, die unter Normalbedingungen elektrisch nichtleitend sind, wie Schwefel oder Sauerstoff, eine supraleitende Phase besitzen, wenngleich sich diese erst unter einem extrem hohen externen Druck von ungefahr 1 Mbar ausbildet. Dagegen zeigen bekanntermagen gute elektrische Leiter, wie Silber oder Gold, selbst bis zu Temperaturen von eini- gen Mikrokelvin keine Anzeichen von Supraleitung. Unserer Gruppe an der Universitat Bayreuth gelang es kiirzlich erstmals, Supraleitung in granularem Platin nachzuweisen [I]. Eine Ursache fur dieses dcr Supraleitung widerstrebende Verhaltcn der Edelmetalle liegt in dem fur das Zustandekornmen der Supraleitung wichtigen Kopplung zwischen den Elektro- ncn und den Gitterschwingungen (Phononen). Diese Kopplung, welche die Paarbildung der Elek- troncn zu den die Supraleitung tragcnden sogenannten Cooper- Paaren bewirkt, ist in den Edcl- metallen nur ausgesprochen schwach vorhanden. Ein weiteres Hindernis fur einen supraleiten- den Ubergang in diesen Substan- Zen ist die Forderung nach eincr extrem hohen Reinheit dcs Mate- rials insbesondere hinsichtlich magnetischer Verunreinigungen. In Platin liegen dic Verhaltnisse anders. Es wcist eine starke Elek- tron-Phonon-Kopplung auf. Allerdings besitzt es auch eine starkc Neigung zu magnetischer Ordnung. Man nimmt an, da8 sich in Platin die Tendenzen zu einer (ferr0)magnetischenOrd- nungbzw. zu einem supraleiten- den Ubergang gerade die Waage halten. Bisher konnte in Platin keines dieser Phanomcnc, Supra- leitung oder magnetische Ord- nung, bis zu ciner Minimaltempe- ratur von nahezu einem Mikro- kelvin bcobachtet werden [2]. Der Nachweis der Supralcitung in Platin ist uns in Messungen dcr elcktrischen Leitfahigkeit, dcr Wcchselfeldsuszeptibilitatsowie der Magnetisierung (Meissncr- Effekt) an Proben aus hochrei- nem, geprcfltem Pulver (Korn- gde ca. 2 pm) gelungen (Abbil- dung 1). Dic Ubergangstempera- tur in den supraleitenden Zustand hangt dabci stark von der Packungsdichte des Pulvers Abb. 1. Temperaturabangigkeit des elektrischen Widerstandes und der Wechselfeldsuszeptibi- litat von granularem Platin (Packungsdichte 67 "/o). Der supraleitende Ubergang erfolgt bei 1 mK. (dem Verhaltnis der Dichte des geprefltcn Pulvers zur Dichte von massivem Platin) ab und liegt bei ca. 1 mK. Die Supraleitung in granularem Platin kann bereits durch sehr kleine externe Ma- gnctfelder von wenigen Mikro- tesla, die also deutlich geringer als das Erdmagnetfeld (30 pT) sind, zerstort werden. Was sind die Griinde dafiir, dai3 Supralcitung in granularem Platin auftritt, wahrend es in festen Pro- ben (noch) nicht beobachtct wurde? Hieriiber laik sich im Moment nur spekulicren. Eine wesentliche Rolle spiclt aber wahrscheinlich, da13 einerseits der Magnetismus dcr Verunreinigun- gen im Platinpulvcr gegeniiber dem in massiven Proben deutlich abgeschwacht ist. Andererseits konnte die sehr gro8e Obcrflache der granularen Proben in dcr Grofienordnung von 1 m2/g das Phononspektnim des Materials derart verandern, da8 dadurch Supraleitung begiinstigt wird. Urn Ursache und Typ der Supra- leitung in granularem Platin zu klaren, werden gegenwartig wei- tere Untersuchungen durchge- fiihrt. Dariiber hinaus wollen wir die Suche nach Supralcitung auch auf granularcs Palladium, Silber und Gold ausdehnen. [I] R. Konig, A. Schindlcr, T. Herrmannsdorfer, Phys. Rev. Lett. 82,4528 (1999). [2] W. Wendler, T. Herrmanns- dorfer, S. Rehmann, F. Pobell, Europhys. Lett. 38,619 (1997) Reinhard Konig, Alexander Schindler, Thomas Herrmannsdorfer, U Bayreuth Elemente 118 und 116 produziert Physikern am Lawrence Berke- ley National Laboratory, Kali- fornien, gelang es im vcrgange- nen Monat crstmals, Transurane mit der Ordnungszahl I I8 und 116 zu erzeugen. Erst kurzlich hatten russische Forscher die Produktion des Elements 114 bekannt gegeben (Physik in unse- rer .&it 30,85 (2/1999)), woran es jedoch einige Zweifel gab. Die scheint es beim jetzigcn Experi- ment nicht zu geben. Das Team unter der Leitung von Ken Gregorich hatte im 88-inch- Zyklotron 86Kr-Kerne mit einer Energie von 449 MeV auf ein Target aus 208Pb geschossen. Diese Energie liegt genngfugig uber der Coulomb-Barriere. so dai3 in wenigen Fallen zwei Kerne unter Emission eines Neu- trons zum Element "3 18 ,,sanft" fusionieren konnten. Nur etwa eine unter 1012 Wechselwirkun- gen fiihrte zu dem gesuchten Ele- ment. Dieses ging durch Alpha- Zerfall in O,I2 ms in das ebenfalls noch nie erzeugte Element 116 iiber, und dieses zerficl erneut unter Aussenden eines Alpha- Teilchens nach 0,6 ms in das Ele- ment 114. Die Zerfallskcttc Lei3 sich bis zum Element 269Sg (Ele- ment 106) verfolgen. Wahrend des elf Tagc dauernden Experi- ments wurdcn drei solche Zerfal- le beobachtct. Entscheidend fur das Gelingen waren mehrere Punkte: Ncuc theoretische Rechnungen hattcn auf den verhaltnismdig giinstigen Wirkungsquerschnitt der Kr-Pb- Reaktion hingedeutet. Das seit 1961 laufende, vor kurzcm aufge- riistete Zyklotron erzcugtc eineii dichten Kr-Strahl, und ein neu gebauter Massenscparator ermog- lichte den Nachweis des gesuch- tcn Elements. Beteiligt an dem Experiment waren auch deutsche Physiker von der Gcscllschaftfur Schwcrionenforschung, Darm- stadt, denen in den vergangenen Jahren die Synthese der Elemente 107 bis 112 gelungen war. Die neuen Elemente befinden sich bereits im Bereich der ,,Inscl der Stabilitat", auf der Transura- ne wieder langcre Lebensdauern besitzcn sollten. Die jetzt beob- achteten Lebensdauern der Ele- mente 11 8 und 116 liegen jedoch im Bcrcich der Elemente 112 (0,24 ms) und 111 (1,5 ms). V. Ninov et al, einger. bei Phys. Rev. Lett. TB Physik in unserer Zeit 130. Jahrg. 1999 / Nr. 4

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Aus I)E:R FORSCHUNG

Meipnrr-Effekt in hochreinem, gepreJ3tem Pkztinpulver

Supraleitung in granularem Platin Supraleitung ist ein weitverbreitetes Phanomen unter den Elementen des Periodensystems. Besonders iiberraschend erscheint dabei die Tatsache, dag sogar Elemente, die unter Normalbedingungen elektrisch nichtleitend sind, wie Schwefel oder Sauerstoff, eine supraleitende Phase besitzen, wenngleich sich diese erst unter einem extrem hohen externen Druck von ungefahr 1 Mbar ausbildet. Dagegen zeigen bekanntermagen gute elektrische Leiter, wie Silber oder Gold, selbst bis zu Temperaturen von eini- gen Mikrokelvin keine Anzeichen von Supraleitung. Unserer Gruppe an der Universitat Bayreuth gelang es kiirzlich erstmals, Supraleitung in granularem Platin nachzuweisen [I]. Eine Ursache fur dieses dcr Supraleitung widerstrebende Verhaltcn der Edelmetalle liegt in dem fur das Zustandekornmen der Supraleitung wichtigen Kopplung zwischen den Elektro- ncn und den Gitterschwingungen (Phononen). Diese Kopplung, welche die Paarbildung der Elek- troncn zu den die Supraleitung tragcnden sogenannten Cooper- Paaren bewirkt, ist in den Edcl- metallen nur ausgesprochen schwach vorhanden. Ein weiteres Hindernis fur einen supraleiten- den Ubergang in diesen Substan- Zen ist die Forderung nach eincr extrem hohen Reinheit dcs Mate- rials insbesondere hinsichtlich magnetischer Verunreinigungen.

In Platin liegen dic Verhaltnisse anders. Es wcist eine starke Elek- tron-Phonon-Kopplung auf. Allerdings besitzt es auch eine starkc Neigung zu magnetischer Ordnung. Man nimmt an, da8 sich in Platin die Tendenzen zu einer (ferr0)magnetischen Ord- nungbzw. zu einem supraleiten- den Ubergang gerade die Waage halten. Bisher konnte in Platin keines dieser Phanomcnc, Supra- leitung oder magnetische Ord- nung, bis zu ciner Minimaltempe- ratur von nahezu einem Mikro- kelvin bcobachtet werden [2].

Der Nachweis der Supralcitung in Platin ist uns in Messungen dcr elcktrischen Leitfahigkeit, dcr Wcchselfeldsuszeptibilitat sowie der Magnetisierung (Meissncr- Effekt) an Proben aus hochrei- nem, geprcfltem Pulver (Korn- g d e ca. 2 pm) gelungen (Abbil- dung 1). Dic Ubergangstempera- tur in den supraleitenden Zustand hangt dabci stark von der Packungsdichte des Pulvers

Abb. 1. Temperaturabangigkeit des elektrischen Widerstandes und der Wechselfeldsuszeptibi- litat von granularem Platin (Packungsdichte 67 "/o). Der supraleitende Ubergang erfolgt bei 1 mK.

(dem Verhaltnis der Dichte des geprefltcn Pulvers zur Dichte von massivem Platin) ab und liegt bei ca. 1 mK. Die Supraleitung in granularem Platin kann bereits durch sehr kleine externe Ma- gnctfelder von wenigen Mikro- tesla, die also deutlich geringer als das Erdmagnetfeld (30 pT) sind, zerstort werden.

Was sind die Griinde dafiir, dai3 Supralcitung in granularem Platin auftritt, wahrend es in festen Pro- ben (noch) nicht beobachtct wurde? Hieriiber laik sich im Moment nur spekulicren. Eine wesentliche Rolle spiclt aber wahrscheinlich, da13 einerseits der Magnetismus dcr Verunreinigun- gen im Platinpulvcr gegeniiber dem in massiven Proben deutlich abgeschwacht ist. Andererseits konnte die sehr gro8e Obcrflache der granularen Proben in dcr Grofienordnung von 1 m2/g das Phononspektnim des Materials derart verandern, da8 dadurch

Supraleitung begiinstigt wird.

Urn Ursache und Typ der Supra- leitung in granularem Platin zu klaren, werden gegenwartig wei- tere Untersuchungen durchge- fiihrt. Dariiber hinaus wollen wir die Suche nach Supralcitung auch auf granularcs Palladium, Silber und Gold ausdehnen.

[I] R. Konig, A. Schindlcr, T. Herrmannsdorfer, Phys. Rev. Lett. 82,4528 (1999).

[2] W. Wendler, T. Herrmanns- dorfer, S. Rehmann, F. Pobell, Europhys. Lett. 38,619 (1997)

Reinhard Konig, Alexander Schindler,

Thomas Herrmannsdorfer, U Bayreuth

Elemente 118 und 116 produziert Physikern am Lawrence Berke- ley National Laboratory, Kali- fornien, gelang es im vcrgange- nen Monat crstmals, Transurane mit der Ordnungszahl I I8 und 116 zu erzeugen. Erst kurzlich hatten russische Forscher die Produktion des Elements 114 bekannt gegeben (Physik in unse- rer .&it 30,85 (2/1999)), woran es jedoch einige Zweifel gab. Die scheint es beim jetzigcn Experi- ment nicht zu geben.

Das Team unter der Leitung von Ken Gregorich hatte im 88-inch- Zyklotron 86Kr-Kerne mit einer Energie von 449 MeV auf ein Target aus 208Pb geschossen. Diese Energie liegt genngfugig uber der Coulomb-Barriere. so

dai3 in wenigen Fallen zwei Kerne unter Emission eines Neu- trons zum Element "3 18 ,,sanft" fusionieren konnten. Nur etwa eine unter 1012 Wechselwirkun- gen fiihrte zu dem gesuchten Ele- ment. Dieses ging durch Alpha- Zerfall in O,I2 ms in das ebenfalls noch nie erzeugte Element 116 iiber, und dieses zerficl erneut unter Aussenden eines Alpha- Teilchens nach 0,6 ms in das Ele- ment 114. Die Zerfallskcttc Lei3 sich bis zum Element 269Sg (Ele- ment 106) verfolgen. Wahrend des elf Tagc dauernden Experi- ments wurdcn drei solche Zerfal- le beobachtct.

Entscheidend fur das Gelingen waren mehrere Punkte: Ncuc theoretische Rechnungen hattcn auf den verhaltnismdig giinstigen Wirkungsquerschnitt der Kr-Pb- Reaktion hingedeutet. Das seit 1961 laufende, vor kurzcm aufge- riistete Zyklotron erzcugtc eineii dichten Kr-Strahl, und ein neu gebauter Massenscparator ermog- lichte den Nachweis des gesuch- tcn Elements. Beteiligt an dem Experiment waren auch deutsche Physiker von der Gcscllschaft fur Schwcrionenforschung, Darm- stadt, denen in den vergangenen Jahren die Synthese der Elemente 107 bis 112 gelungen war.

Die neuen Elemente befinden sich bereits im Bereich der ,,Inscl der Stabilitat", auf der Transura- ne wieder langcre Lebensdauern besitzcn sollten. Die jetzt beob- achteten Lebensdauern der Ele- mente 11 8 und 116 liegen jedoch im Bcrcich der Elemente 112 (0,24 ms) und 111 (1,5 ms).

V. Ninov et al, einger. bei Phys. Rev. Lett. TB

Physik in unserer Zeit 130. Jahrg. 1999 / Nr. 4