mettler toledo grundlagen der titration
TRANSCRIPT
METTLER TOLEDO
Grundlagen der Titration
531 7 109842 6
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pH
V [mL]
pK = 15
pK = 9
pK = 11
pK = 7
pK = 5
pK = 3
pK = 1
Grundlagen der Titration
Grundlagen der Titration 1
Inhaltsverzeichnis
Seite
1 Einleitung 5
2 Grundeinheiten der Massanalyse 6
3 Die Titrationsreaktionen 12
3.1 Thermodynamische Grundlagen 123.1.1 Das Massenwirkungsgesetz 123.1.2 Das Löslichkeitsprodukt schwerlöslicher Salze 133.1.3 Das Ionenprodukt von Wasser 143.1.4 Die Stärke von Säuren und Basen 15
3.2 Die wichtigsten Titrationsreaktionen 173.2.1 Säure-Base Titrationen in wässriger Lösung 173.2.2 Säure-Base Titrationen in nichtwässriger Lösung 193.2.3 Fällungstitrationen 203.2.4 Komplexometrie 213.2.5 Redoxtitrationen 22
4 Indikationsmethoden 27
4.1 Elektrochemische Indikation 284.1.1 Galvanische Zellen 284.1.2 Bezugselektroden 324.1.3 Metallelektroden 344.1.4 Glaselektroden 344.1.5 Ionenselektive Elektroden 394.1.6 Messtechnik 41
4.2 Photometrische Indikation 444.2.1 Die METTLER Phototrode 46
4.3 Spezielle Indikationsmethoden 474.3.1 Konduktometrische Indikation 47
Grundlagen der Titration
2 Grundlagen der Titration
Seite
5 Titrationsarten 50
5.1 Die direkte Titration 50
5.2 Die Rücktitration 51
5.3 Die inverse Titration 52
5.4 Die Substitutionstitration 53
5.5 Die Summentitration 54
5.6 Die selektive Titration 55
5.7 Die Folgetitration 55
6 Titrationskurven 59
6.1 Messsignal als Funktion des Titriermittelvolumens: E = f(V) 59
6.2 Messsignal als Funktion der Zeit: E = f(t) 63
6.3 Titriermittelvolumen als Funktion der Zeit: V = f(t) 65
7 Regelung der Titration 66
7.1 Titriermittelzugabe 677.1.1 Kontinuierliche Titriermittelzugabe 677.1.2 Dynamisch-inkrementelle Titriermittelzugabe 707.1.3 Vordosierung 77
7.2 Messwertübernahme 78
7.3 Abbruch der Titration 82
8 Die Ermittlung des Äquivalenzpunktes 83
8.1 Die Lage des Äquivalenzpunktes 83
8.2 Die praktische Erkennung des Äquivalenzpunktes 85
8.3 Die Berechnung des Äquivalenzpunktes S-förmiger Titrationskurven 908.3.1 Näherungsverfahren 908.3.2 Interpolationsverfahren 938.3.3 Mathematische Verfahren 94
8.4 Die Äquivalenzpunktberechnung segmentierter Titrationskurven 101
8.5 Der Halbneutralisationswert 103
Grundlagen der Titration
Grundlagen der Titration 3
Seite
9 Direktmessung, Kalibrierung 107
9.1 pH-Messung 1079.1.1 Kalibrierung einer pH-Elektrode 1089.1.2 Temperaturkompensation 111
9.2 Direktmessung mit ionenselektiven Elektroden 113
9.3 Redox-Messung 115
9.4 Leitfähigkeitsmessung 1169.4.1 Eichung und Temperaturkompensation 116
10 Beurteilung des Resultats 119
10.1 Grundlagen der Statistik 119
10.2 Begriffe zur Genauigkeit 125
10.3 Nachweisgrenze, Bestimmungsgrenze 127
10.4 Standard, Standardproben, Kontrollproben 127
10.5 Konsequenzen für die praktische Anwendung 128
Anhang 130
Anhang A: Tabellen von Pufferwerten 131
Anhang B: Statistische Tabellen 135
Anhang C: Tabellen von Urtitersubstanzen für die wichtigsten Titriermittel 137
Index 141
1 Einleitung
Grundlagen der Titration 5
1 Einleitung
Eine Waage, eine Bürette und eine geeignete chemische Reaktion genügen, um vielequantitative analytische Probleme zu lösen. Die dabei angewandte Analysentechnik heisstTitration oder Massanalyse, bzw. Volumetrie. Für die Titration wird ein Teil der Probe mit derzu analysierenden Substanz in einem geeigneten Lösungsmittel gelöst. Eine zweite chemi-sche Verbindung, das Titriermittel, wird als Lösung bekannter Konzentration kontrolliertzudosiert, bis die zu bestimmende Substanz quantitativ umgesetzt ist. Aus dem Verbrauchund der Konzentration des Titriermittels, sowie des eingewogenen Teils der Probe lässt sichder Gehalt der gesuchten Substanz berechnen.
Aus der obigen Definition folgt, dass zur Durchführung einer Titration folgende Voraussetzun-gen erfüllt sein müssen:
– Die zugrunde liegende chemische Reaktion – die Titrationsreaktion – muss schnell,eindeutig und quantitativ verlaufen.
– Es muss möglich sein, ein Titriermittel von genau bekanntem Gehalt herzustellen oder denWirkungswert (Titer) der Lösung genau zu bestimmen.
– Der Verlauf der Titration muss beobachtbar sein. Das Verfahren für das Beobachten diesesVerlaufes wird als Indikation bezeichnet.
– Der Äquivalenzpunkt – Punkt, an welchem die gleiche Anzahl Teilchen (Äquivalente) desTitriermittels zugegeben worden ist, wie zu bestimmende Teilchen in der Probe vorhandenwaren – muss eindeutig bestimmbar sein.
Die Titrationsreaktion, die Indikation, die Regelung und Auswertung der Titration, sowie dieBeurteilung des Resultats (Statistik) sind die Schwerpunkte dieser Ergänzung zur Bedie-nungsanleitung für den Titrator DL70.
6
2 Grundeinheiten
Grundlagen der Titration
2 Grundeinheiten der Massanalyse
Die Grundeinheiten und Rechengrössen der Massanalyse stehen mit der BasisgrösseStoffmenge und deren Basiseinheit Mol des Internationalen Einheitensystems (SI) [1] inZusammenhang. Die Begriffe und Definitionen zur Stoffmenge und davon abgeleiteteGrössen sind in der DIN-Norm 32625 [2] festgelegt.
Mol
Die SI-Basiseinheit der Stoffmenge ist das Mol (Einheitenzeichen: mol). Das Mol ist dieStoffmenge eines Systems, das aus ebensoviel Einzelteilchen besteht, wie 12 g desKohlenstoffisotops 12C. Ein Mol eines Stoffes enthält 6.022 •
1023 Einzelteilchen. Dabei kannes sich um Atome, Moleküle, Ionen, Atomgruppen oder Elektronen handeln.
Stoffmengenangaben
Die Teilchen, auf die sich die Stoffmengenangaben beziehen, sind hinter dem Formelzeichenn in Klammern anzugeben.
Beispiele: n(HCl) = 2 mol
n(Ca2+) = 4 mmol
Molare Masse M
Die molare Masse (Formelzeichen M) ist eine stoffmengenbezogene Grösse. Die molareMasse eines Stoffes X ist der Quotient aus der Masse m des Stoffes X und dessen Stoffmengen(X).
Die übliche Einheit in der Analytik ist: g/mol
Beispiele: M(NaOH) = 39.997 g/mol
M(EDTA) = 372.24 g/mol
2 Grundeinheiten
Grundlagen der Titration 7
Stoffmengenkonzentration c(X)
Die Stoffmengenkonzentration der Lösung eines Teilchens X (Formelzeichen c(X)) ist derQuotient aus der Stoffmenge n(x) und dem Volumen V der Lösung.
Die üblichen Einheiten in der Analytik sind: mol/L, mmol/L
Beispiele: c(HCl) = 0.1 mol/L
c(AgCl) = 0.01 mol/L
Hinweis: Die einfachere Bezeichnung “Konzentration” für Stoffmengenkonzentration istzulässig.
Die alte Bezeichnung “Molarität” wird nicht mehr gebraucht.
Titer t
Der Titer (Formelzeichen t) einer Masslösung ist der Quotient der tatsächlich vorliegendenKonzentration (IST-Wert) und der angestrebten Konzentration (SOLL-Wert).
Beispiel: c(HCl, IST) = 0.1036 mol/L
c(HCl, SOLL) = 0.1 mol/L
Der Titer ist t = 1.036
Hinweis: Der Name “Faktor” für den Titer wird nicht mehr gebraucht.
8
2 Grundeinheiten
Grundlagen der Titration
Äquivalent, Äquivalentzahl z*
In den vorausgegangenen Beispielen beziehen sich die Stoffmenge n, die molare Masse Mund die Stoffmengenkonzentration c auf ganze Teilchen. In der Massanalytik ist auch derBezug auf Bruchteile dieser Teilchen zweckmässig.
Das Äquivalentteilchen, kurz als Äquivalent bezeichnet, ist der Bruchteil 1/z* eines solchenTeilchens. Die Anzahl z* der Äquivalente jedes Teilchens X wird als Äquivalentzahl z*bezeichnet.
Beispiele von Äquivalentzahlen:
1. Neutralisationsäquivalent: Bei einer Neutralisationsreaktion bindet oder liefert das Teil-chen X z* Protonen.
a. HCl: z* = 1
H+ + Cl- + Na+ + OH- —> Na+ + Cl- + H2O
b. H2SO
4: z* = 2
2H+ + SO4
2- + 2 Na+ + 2 OH- —> 2 Na+ + SO4
2- + 2 H2O
2. Redox-Äquivalent: Bei einer Redoxreaktion ändern die Reaktionspartner ihre Oxidations-zahl.
a. KMnO4/Fe2+: KMnO
4: z* = 5 Fe2+: z* = 1
VII II II IIIK+ + MnO4
- + 5Fe2+ + 8H+ —> K+ + Mn2+ + 5Fe3+ + 4H2O
b. KMnO4/Mn2+: KMnO4: z* = 3 Mn2+: z* = 2
VII II lV2 K+ + 2 MnO4
- + 3 Mn2+ + 4 OH- —>2 K+ + 5 MnO2 + 2 H2O
Hinweis: Die alte Bezeichnung “Valenz” wird nicht mehr verwendet.
2 Grundeinheiten
Grundlagen der Titration 9
In der Massanalytik werden folgende Grössen auf Äquivalente bezogen:
– Stoffmenge
– molare Masse
– Konzentration.
Stoffmenge von Äquivalenten
Die Stoffmenge n eines Äquivalents des Teilchens X (Formelzeichen n(1/z* X)) ist gleich demProdukt aus der Äquivalentzahl z* und der Stoffmenge n des Teilchens X.
Die üblichen Einheiten sind: mol, mmol
Beispiele: n(1/2 Ca2+) = 2 mmol
n(1/5 KMnO4) = 5 mol
Molare Masse von Äquivalenten
Die molare Masse M eines Äquivalents des Teilchens X (Formelzeichen M(1/z* X)) ist derQuotient der molaren Masse M des Teilchens X und der Äquivalentzahl z*.
Die Einheit ist: g/mol
Beispiele: M(1/2 H2SO4) = 49.04 g/mol
M(1/5 KMnO4) = 31.61 g/mol
M(1/3 KMnO4) = 52.68 g/mol
M(1/6 K2Cr2O7) = 49.03 g/mol
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2 Grundeinheiten
Grundlagen der Titration
Stoffmengenkonzentration von Äquivalenten (Äquivalentkonzentration)
Die Stoffmengenkonzentration einer Lösung eines Äquivalents des Teilchens X (Formel-zeichen c(1/z* X)) ist der Quotient der Stoffmenge n(1/z* X) eines Äquivalents von X und demVolumen V der Lösung.
Die üblichen Einheiten sind: mol/L, mmol/L
Es gilt die Beziehung:
Beispiel: Wie gross ist die Stoffmengenkonzentration c(1/6 K2Cr
2O
7) von
1 g K2Cr2O7 in 50 mL Wasser?
Hinweis: Die Stoffmengenkonzentration ersetzt die Begriffe Molarität, Normalität, Val/L,sowie die daraus abgeleiteten Begriffe “molar”, “M”, “normal”, “N” usw. Diesewerden nicht mehr angewendet. Die alten Angaben, beispielsweise 0.1N KMnO4,liessen ohne gleichzeitige Angabe der Reaktionsgleichung nicht erkennen, ob essich um das Äquivalent 1/3 KMnO4 oder 1/5 KMnO4 handelt. Die Angabe derStoffmengenkonzentration c(1/5 KMnO4) = 0.1 mol/L ist demgegenüber eindeu-tig.
2 Grundeinheiten
Grundlagen der Titration 11
Konzentration eines Titriermittels
Die Konzentration eines Titriermittels soll als Äquivalentkonzentration angegeben werden.
Beispiel: c(1/2 H2SO4) = 0.1 mol/L
Die Berechnung der notwendigen Substanzmenge für das Herstellen einer Masslösung derÄquivalentkonzentration c(1/z* X) erfolgt mit Hilfe der Formel
Beispiel: Herstellung von 100 ml einer Masslösung von Schwefelsäure der Konzentra-tion c(1/2 H
2SO
4) = 0.1 mol/L.
Notwendige Substanzmenge:
[1] “Le Système International d’Unités (SI)”, Bureau International des Poids et mesures, 5ème Ed., 1985,OFFILIB, 48, rue Gay-Lussac F 75 Paris 5
[2] DIN 32625 “Stoffmenge und davon abgeleitete Grössen” (Ausgabe Juli 1980)IUPAC Compendium of Analytical Nomenclature, Pergamon Press, 1978
12 Grundlagen der Titration
3 Titrationsreaktion
3 Die Titrationsreaktion
Die Grundlage jeder massanalytischen Bestimmungsmethode ist die chemische Reaktion derzu bestimmenden Substanz mit dem Titriermittel. Um die Anforderungen an diese Titrations-reaktion verstehen zu können, ist eine kurze Einführung in die Grundlagen der Thermodyna-mik chemischer Reaktionen nötig.
3.1 Thermodynamische Grundlagen
3.1.1 Das Massenwirkungsgesetz
Jede reversible chemische Reaktion läuft bis zu einem genau definierten Gleichge-wichtszustand. Sie ist durch folgende allgemeine Gleichung charakterisiert:
v1aA + bB + cC <====> xX + yY + zZ
v2
In dieser Gleichung bedeuten a, b, c, x, y, z die Anzahl Mole der stöchiometrisch an derReaktion beteiligten Substanzen A, B, C, X, Y, Z. Im Gleichgewichtszustand sind dieReaktionsgeschwindigkeiten der Hin- und Rückreaktion gleich (v
1 = v
2). Dieses Gleichgewicht
wird durch das sogenannte Massenwirkungsgesetz beschrieben.
Die Konstante K bezeichnet man als thermodynamische Gleichgewichtskonstante.
Die Konzentrationen der Teilchen X, Y, Z werden hier mit [X], [Y], [Z] bezeichnet ([X] = c(X)).Diese Schreibweise ist in der analytischen Chemie üblich.
Streng genommen kann das Massenwirkungsgesetz nicht direkt auf die analytischen Konzen-trationen der Reaktionspartner angewendet werden. Reale chemische Systeme zeichnensich dadurch aus, dass alle Moleküle untereinander in Wechselwirkung treten. In Lösungentreten Wechselwirkungen zwischen den Molekülen der gelösten Substanz und den Lösungs-mittelmolekülen auf. Massgebend für die chemische Reaktion und das Massenwirkungsge-setz sind dann nur noch die quasi freien Reaktionsanteile der Substanzen, die sog. Aktivitäten.Für das formale Verständnis und die Berechnungen wird hier aber nur mit analytischenKonzentrationen gerechnet.
13Grundlagen der Titration
3 Titrationsreaktion
Die Anforderung an die Titrationsreaktion, quantitativ und vollständig zu verlaufen, ist dannerfüllt, wenn die Gleichgewichtskonstante K so gross ist, dass die Gleichgewichtskonzentrationder zu bestimmenden Substanz verschwindend klein ist gegenüber der vorgelegten Konzen-tration vor der Titration.
Ueber die Geschwindigkeit der Titrationsreaktion gibt die Gleichgewichtskonstante K direktkeine Auskunft. Entscheidend dafür ist die Geschwindigkeit v1 der Hinreaktion, der Reaktionder zu bestimmenden Substanz mit dem Titriermittel.
In den folgenden Abschnitten werden die in der Potentiometrie am häufigsten auftretendenthermodynamischen Konstanten, das Löslichkeitsprodukt schwerlöslicher Salze, das Ionen-produkt des Wassers und die Aciditätskonstante schwacher Säuren besprochen.
3.1.2 Das Löslichkeitsprodukt schwerlöslicher Salze
Viele Salze sind schwerlöslich. Giesst man Lösungen der entsprechenden Ionen zusammen,treten Fällungen auf. Die Vorgänge an der Oberfläche eines Salzes, das mit einer gesättigtenLösung in Berührung steht, bilden ein heterogenes Gleichgewicht. Aus dem Salz tretenständig Ionen in die Lösung über, und aus der Lösung werden Ionen in das Salzgittereingebaut:
AB(fest) <===> A+ + B-
Für dieses Gleichgewicht gilt folgendes Massenwirkungsgesetz:
Solange festes Salz AB als Bodensatz vorliegt, bleibt die Konzentration von AB konstantund wird deshalb in die Gleichgewichtskonstante miteinbezogen. Daraus ergibt sich dasLöslichkeitsprodukt K
L:
Die Ausscheidung eines schwerlöslichen Niederschlages erfolgt immer dann, wenn dasLöslichkeitsprodukt der beteiligten Ionen überschritten wird. Je kleiner das Löslichkeits-produkt, desto schwerer löslich ist das betreffende Salz.
Das Löslichkeitsprodukt bei Salzen der Formel AB2 nimmt folgende Form an:
14 Grundlagen der Titration
3 Titrationsreaktion
Das Löslichkeitsprodukt vieler Salze ist stark temperaturabhängig.
Beispiele von Löslichkeitsprodukten (Typ AB):
Salz KL [mol2/L2]
AgCl 10-10
AgBr 5 • 10-13
AgI 10-16
PbSO4
10-8
3.1.3 Das Ionenprodukt von Wasser
Prüft man mit sehr empfindlichen Instrumenten die Leitfähigkeit von Wasser, so beobachtetman, dass auch reinstes, mehrfach destilliertes Wasser eine sehr geringe Leitfähigkeit besitzt.Sie entsteht durch folgende Reaktion:
H2O + H2O <===> H3O+ + OH-
Diese Reaktion beschreibt den Protonenübergang von einem Wassermolekül auf ein ande-res. Dieses Gleichgewicht ist nicht nur in reinem Wasser, sondern in allen wässrigenLösungen vorhanden. Das entsprechende Massenwirkungsgesetz lautet:
In Lösungen kann die Konzentration der H3O+- und der OH--Ionen durch Zugabe von Säure
oder Lauge stark verändert werden. Die Konzentration der H2O-Moleküle (55.5 mol/L) bleibtjedoch in verdünnten Lösungen konstant. Das Massenwirkungsgesetz vereinfacht sichdeshalb:
Die Gleichgewichtskonstante Kw wird als das Ionenprodukt des Wassers bezeichnet. Sie isttemperaturabhängig und beträgt bei 23 °C 10-14 mol2/L2.
In verdünnten wässrigen Lösungen ist also das Produkt aus [H3O+] und [OH-] konstant. Kennt
man eine der beiden Konzentrationen, so lässt sich die andere aus der Kenntnis von Kwberechnen. In einer neutralen Lösung sind [H3O
+] und [OH-] gleich gross:
15Grundlagen der Titration
3 Titrationsreaktion
Wird beispielsweise durch Zugabe von Säure die H3O+-Konzentration auf 10-2 mol/L erhöht,so nimmt die OH--Konzentration auf 10-12 mol/L ab. Durch die Angabe der einen dieserKonzentrationen lässt sich der Charakter einer wässrigen Lösung eindeutig kennzeichnen.Dies führte zur Einführung des pH-Begriffs als
In sauren Lösungen ([H3O+] > 10-7) sind die pH-Werte kleiner als 7. In alkalischen Lösungenliegt der pH-Wert über 7. Eine neutrale Lösung hat den pH-Wert 7.
3.1.4 Die Stärke von Säuren und Basen
Schwache Säuren reagieren mit Wasser gemäss folgender Gleichung:
HA + H2O <===> H3O+ + A-
Die Säure HA reagiert mit der Base H2O unter Bildung der zu HA korrespondierenden BaseA- und der zu H
2O korrespondierenden Säure H
3O+.
Das entsprechende Massenwirkungsgesetz lautet:
In verdünnten Lösungen ([H2O] = konstant) ergibt sich
Die Gleichgewichtskonstante Ka wird als Aciditätskonstante der Säure HA bezeichnet undcharakterisiert die Stärke einer Säure. Starke Säuren besitzen eine grosse Aciditätskonstan-te, schwache Säuren eine sehr kleine. Für Rechnungen verwendet man häufig den negativenLogarithmus von Ka:
pKa = –logKa
16 Grundlagen der Titration
3 Titrationsreaktion
Beispiele von pKa-Werten einiger Säure-Base Paare (25 °C):
Säure Base pKa
HClO4 ClO4- -9
HCl Cl- -6
H2SO
4HSO
4- -3
HSO4- SO4
2- 1.96
H3PO4 H2PO4- 1.96
CH3COOH CH
3COO- 4.75
H2PO4- HPO4
2- 7.21
NH4+ NH3 9.21
HPO4
2- PO43- 12.32
Analog lässt sich die Reaktion der Base A- mit Wasser beschreiben:
A- + H2O <===> HA + OH-
Die entsprechende Basizitätskonstante Kb folgt aus dem Massenwirkungsgesetz
Für ein korrespondierendes Säure-Base Paar HA/A- gilt:
Mehrprotonige Säuren oder Basen, welche Protonen stufenweise abgeben (aufnehmen),besitzen für jede Protolysestufe eine eigene Aciditäts- (Basizitäts-) konstante.
Beispiel: H3PO4 + H2O <===> H2PO4- + H3O+ pKa = 1.96
H2PO4- + H2O <===> HPO4
2- + H3O+ pKa = 7.21
HPO4
2- + H2O <===> PO
43- + H
3O+ pK
a = 12.32
17Grundlagen der Titration
3 Titrationsreaktion
3.2 Die wichtigsten Titrationsreaktionen
Dieses Kapitel enthält eine Zusammenfassung der in der Titrierpraxis wichtigen Titrations-reaktionen.
3.2.1 Säure-Base Titrationen in wässriger Lösung
Bei der Titration einer Säure HA mit einer starken Base (z.B. NaOH) treten folgende zweichemischen Reaktionen auf:
HA + H2O <===> H3O+ + A-
2 H2O <===> H3O+ + OH-
Die Geschwindigkeit von Säure-Base Reaktionen ist sehr gross. Das chemische Gleichge-wicht stellt sich sehr rasch ein. Säure-Base Reaktionen in wässrigen Lösungen sind deshalbideal für Titrationen. Die Form der Titrationskurven hängt bei Verwendung von nicht allzuverdünnten Lösungen nur von der Aciditätskonstante Ka ab, wie die folgende Figur zeigt.
Hinweise: – Sehr schwache Säuren lassen sich in wässriger Lösung nicht sehr gut titrieren.In der unteren Figur sieht man, dass für pK
a-Werte grösser als 10 die
entsprechende Titrationskurve keinen Sprung im Äquivalenzpunktbereichmehr aufweist.
– Auf analoge Weise können Basen mit einer starken Säure titriert werden. Esergeben sich die gleichen Titrierkurven, wenn man Ka durch Kb und pH durchpOH ersetzt (pH + pOH = pKw = 14).
– Mehrprotonige Säuren (z.B. die ersten zwei Stufen der Phosphorsäure) undSäuregemische lassen sich dann ideal getrennt titrieren, wenn sich die Acidi-tätskonstanten um mindestens zwei pK-Einheiten unterscheiden.
18 Grundlagen der Titration
3 Titrationsreaktion
Titration von 50 mL Säure HA der Konzentration 0.01 mol/L mit NaOH der Konzentration0.1 mol/L:
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pH
V [mL]
pK = 15
pK = 9
pK = 11
pK = 7
pK = 5
pK = 3
pK = 1
19Grundlagen der Titration
3 Titrationsreaktion
3.2.2 Säure-Base Titrationen in nichtwässriger Lösung
Titrationen lassen sich auch in nichtwässrigen Lösungsmitteln durchführen ([1] [2] [3] [4]).Unter folgenden Bedingungen ist die Verwendung nichtwässriger Lösungsmittel vorteilhaft:
– Die zu bestimmende Substanz ist in Wasser schwerlöslich.
– Die Substanz oder das Titriermittel gehen mit Wasser eine unerwünschte Reaktion ein (z.B.Säurechlorid, Säureanhydrid).
– Es liegt ein Gemisch von Substanzen vor: Diese kann man in wässriger Lösung nichtselektiv bestimmen (pKa-Werte liegen zu nahe beieinander).
– Die zu bestimmende Substanz ist in Wasser eine zu schwache Säure bzw. Base.
Die Hauptanwendungen in nichtwässrigen Medien sind Säure-Base Titrationen.
Jedes geeignete Lösungsmittel HS für Säure-Base Titrationen ist wie Wasser zugleich eineSäure und eine Base:
Säure: HS <===> H+ + S-
Base: HS + H+ <===> SH2+
Die Summe der beiden obigen Gleichungen ergibt die Autoprotolysenkonstante KSHS des
Mediums:
2 HS <===> SH2
+ + S-
Das Lösungsmittel wird somit durch die Aciditätskonstante Ka
HS, die Basizitätskonstante KbHS
und die Autoprotolysenkonstante KSHS charakterisiert.
Es gelten folgende Faustregeln für die Verwendung von nichtwässrigen Lösungsmitteln:
– Ist die zu bestimmende Säure HA sehr schwach, so muss das saure Verhalten desLösungsmittels weniger ausgeprägt als Wasser sein (kleines K
aHS).
– Ist die zu bestimmende Base B sehr schwach, so muss das basische Verhalten desLösungsmittels weniger ausgeprägt als Wasser sein (kleines Kb
HS).
– Je kleiner die Autoprotolysenkonstante KSHS, desto grösser ist der Potentialsprung beim
Äquivalenzpunkt.
20 Grundlagen der Titration
3 Titrationsreaktion
– Viele nichtwässrige Lösungsmittel zeigen sogenannte differenzierende Eigenschaften, diees erlauben, Substanzen nebeneinander zu bestimmen, die in Wasser ähnliche pK-Werteaufweisen.
Bei nichtwässrigen Medien ergeben sich einige Besonderheiten, die beachtet werdenmüssen:
– Der Ausdehnungskoeffizient organischer Lösungsmittel ist erheblich grösser als der vonWasser. Die Temperaturabhängigkeit des Titers kann deshalb sehr gross sein (bis zu 0.2%bei einer Temperaturänderung von 1 °C).
– Viele nichtwässrige Lösungsmittel sind leichter flüchtig als H2O und sind CO2-empfindlich.Eine häufige Überprüfung des Titers ist deshalb sehr wichtig.
Beispiele von Titriermitteln in nichtwässrigen Lösungsmitteln:
Säuren: HCl in Isopropanol, Perchlorsäure in Eisessig
Basen: KOH in Ethanol, Natriummethylat in Chlorbenzol
3.2.3 Fällungstitrationen
Fällungstitrationen zeichnen sich dadurch aus, dass das Titriermittel mit dem zu bestimmen-den Bestandteil der Probe ein schwerlösliches Reaktionsprodukt (Niederschlag) bildet. Dasklassische Beispiel ist die Bestimmung von Halogeniden mit Silbernitrat.
Ag+ + X- <===> AgX(fest)
Bei der Durchführung von Fällungstitrationen sind einige Besonderheiten zu beachten:
– Die Titrationsreaktion kann unter Umständen recht langsam sein.
– Am Anfang der Titration kann es zu einer übersättigten Lösung kommen, bevor sich einNiederschlag bildet.
– Bei zu konzentrierten Lösungen können Einschlüsse von Probe und/oder Titriermittel imausfallenden Niederschlag auftreten. Dadurch wird das Resultat verfälscht. SchnellesRühren schafft Abhilfe.
21Grundlagen der Titration
3 Titrationsreaktion
3.2.4 Komplexometrie
Die komplexometrischen Methoden ermöglichen die Titration einer grossen Anzahl vonMetallionen. Kennzeichnend für die Methoden ist das Entstehen von Chelatkomplexen, diesich zwischen dem Metallion M und dem Komplexbildner Y ausbilden.
M + Y <===> MY
Der wichtigste Komplexbildner dieser Art ist das Dinatriumsalz der Ethylendiamintetraessigsäure(EDTA: Abkürzung: Na2H2Y • 2H2O, molare Masse: 327.24 g/mol):
Alle Komplexe enthaltenMetall und Ligand im Ver-hältnis 1:1, unabhängig vonder Ladung des Metallions.
M2+ + H2Y2- ---> MY2- + 2H+
M3+ + H2Y2- ---> MY- + 2H+
*Das Bild wurde dem MERCK SPECTRUM "Sonderheft Titration und Elektrochemie "entnommen.
22 Grundlagen der Titration
3 Titrationsreaktion
Laufen diese Reaktionen in ungepufferten Lösungen ab, so sinkt der pH-Wert. Soll eine pH-Änderung vermieden werden, so müssen Substanzen mit ausreichender Pufferkapazitätzugegeben werden. In alkalischen Lösungen ist das Metall stärker im Komplex gebunden alsin sauren Lösungen.
Von den Anwendungen der komplexometrischen Titration hat die Bestimmung der Wasser-härte (Ca, Mg) die grösste Bedeutung erlangt.
3.2.5 Redoxtitrationen
Können zwei Reaktionspartner durch Zuführen bzw. Entzug von Elektronen ineinanderübergeführt werden, so liegt ein Redoxsystem vor. Der Vorgang dieser chemischen Reaktionwird als Redoxreaktion (=Elektronenverschiebung) bezeichnet. Die beiden Partner nenntman ein korrespondierendes Redoxpaar.
Beispiel: Fe3+ + e- <===> Fe2+
Eines dieser Teilchen gibt dabei Elektronen ab. Diesen Prozess nennt man Oxidation. Dasandere Teilchen nimmt diese freigewordenen Teilchen auf. Diesen Vorgang bezeichnet manals Reduktion.
Substanzen, welche andere oxidieren können, nennt man Oxidationsmittel. Substanzen,welche andere reduzieren, nennt man Reduktionsmittel.
Weil aber die Elektronen niemals in merklicher Konzentration frei auftreten, können Oxida-tions- und Reduktionsreaktionen nur gekoppelt ablaufen. Die eine Reaktion gibt genau sovielElektronen ab, wie die andere verbraucht. Es müssen deshalb immer zwei Reaktionspaare aneiner Redoxreaktion beteiligt sein.
Red1 + Ox2 ---> Ox1 + Red2
Beispiele: Fe + Cu2+ ---> Fe2+ + Cu
2I- + Br2 ---> I
2 + 2Br-
23Grundlagen der Titration
3 Titrationsreaktion
Durch einen Vergleich verschiedener solcher Reaktionen lässt sich die Stärke von Oxidations-bzw. Reduktionsmitteln leicht qualitativ festlegen. Den Säuren (Basen) ähnlich, lassen sichauch Reduktions- bzw. Oxidationsmittel in einer Reihe ordnen (Redoxreihe).
Reduktionsmittel Oxidationsmittel
reduzierende Fe Fe2+ oxidierende
Wirkung S2O
32- S
4O
62- Wirkung
(Oxidierbarkeit) Cu Cu2+ (Reduzierbarkeit)
nimmt ab 2I- I2
nimmt zu
Ag Ag+
2Br- Br2
2Cl- Cl2
Cr3+ Cr2O
72-
Au Au3+
Mn2+ MnO4-
Ce3+ Ce4+
V 2F- F2
V
Diese Redoxreihe enthält als repräsentative Auswahl von Redoxpaaren neben den bekann-testen Titriermitteln auch einige Metalle und die Halogenide. Aus dieser Tabelle kann zumBeispiel sofort geschlossen werden, dass metallisches Eisen in Kupfer(II)-Lösungen oxidiertwird.
24 Grundlagen der Titration
3 Titrationsreaktion
Beispiele von wichtigen Redoxreaktionen für die Titration:
Manganometrie
Die Manganometrie beruht auf der grossen Oxidationswirkung von Kaliumpermanganat. Dieüberwiegende Zahl der Redoxtitrationen mit KMnO
4 erfolgen in schwefelsaurer Lösung nach
folgendem Schema:
MnO4- + 8H+ + 5e- ---> Mn2+ + 4H2O
Mangan mit der Oxidationszahl +7 wird dabei zu Mn2+ reduziert.
Beispiel: Bestimmung von Peroxiden
2MnO4
- + 5H2O
2 + 6H+ ---> 2Mn2+ + 5O2 + 8H
2O
Iodometrie
Eines der wichtigsten Redoxpaare ist Iodid/Iod. Der grundlegende Vorgang
I2 + 2e- <===> 2I-
ist vollkommen umkehrbar. Daraus ergeben sich grundsätzlich zwei Möglichkeiten:
1. Reduktion des Iods: I2 + 2e- ---> 2I-
Auf diese Weise lassen sich Reduktionsmittel direkt mit Iodlösung als Titriermittel bestimmen.
Beispiel: Bestimmung von SO2 SO2 + I2 + 2H2O ---> H2SO4 + 2HI
2. Oxidation des Iodids: 2I- ---> I2 + 2e-
Die Bestimmung von Oxidationsmitteln in der Iodometrie wird mehrheitlich als Substitu-tionstitration (siehe Kap. 5) durchgeführt. Die Probe wird dabei mit einem Überschuss an Iodidversetzt.
Beispiel: Bestimmung von Kupfer 2Cu2+ + 2I- ---> 2Cu+ + I2
Das entstehende Iod wird mit einem geeigneten Reduktionsmittel titriert. Heute wird dazu fastausschliesslich Natriumthiosulfat verwendet.
2S2O32- + I2 ---> S4O6
2- + 2I-
25Grundlagen der Titration
3 Titrationsreaktion
Dichromatmethode
Chrom mit der Oxidationszahl +6 wird durch eine grosse Anzahl Reduktionsmittel in saurerLösung reduziert. Von dieser Eigenschaft wird bei der Reinigung von Glasgefässen mitChromschwefelsäure Gebrauch gemacht. Das in saurer Lösung beständige DichromationCr2O7
2- wird unter Mitwirkung von Wasserstoffionen und unter Aufnahme von sechs Elektro-nen (drei pro Chrom(VI)) nach der Gleichung
Cr2O72- + 14H+ + 6e- ---> 2Cr3+ + 7H2O
zum Chrom(III)-Ion Cr3+ reduziert. Die Wasserstoffionen werden unter Bildung von Wasserverbraucht.
Dichromat als Titrationsmittel hat praktische Bedeutung erlangt bei der Bestimmung deschemischen Sauerstoffbedarfs (CSB) in der Abwasseranalytik [5]. Die CSB-Bestimmungberuht auf der Oxidation organischer Verbindungen mit Chromschwefelsäure unter Verwen-dung von Silbersulfat als Katalysator.
Cerimetrie
Cer(IV)-sulfat ist ein starkes Oxidationsmittel. Die Oxidationszahl des Cer ändert dabei nur umeine Stufe:
Ce4+ + e- ---> Ce3+
Die Cer(IV)-sulfatlösung (in H2SO
4 angesetzt) ist titerbeständig und weder licht- noch
temperaturempfindlich. Man kann mit ihr im Gegensatz zu Permanganatlösungen auch instark salzsaurer Lösung titrieren. Sie ist daher vielseitig einsetzbar.
Diazotierungen und Nitrosierungen
Ein wichtiges Oxidationsmittel ist Natriumnitrit. Es erlaubt die Bestimmung von primärenAminen durch Diazotierung und die Bestimmung sekundärer Amine und Phenole durchNitrosierung in saurer Lösung.
Vereinfachte Reaktionsgleichungen:
Primäre Amine: R – NH2 + NO2- + 2H+ ---> [R – N = N]+ + 2H2O
Sekundäre Amine: R – NH – R + NO2- + H+ ---> R – N – R + H2O
NO
26 Grundlagen der Titration
3 Titrationsreaktion
[1] W.Huber, Titrationen in nichtwässrigen Lösungsmitteln, Akademische Verlagsgesellschaft,D-6000 Frankfurt, 1964
[2] J.Kucharsky, L.Safarik, Titrations in non-aqueous solvents, Elsevier Publishing Company, Amsterdam,1965
[3] K.Stammbach, Titrationen in nichtwässrigen Lösungsmitteln, Schweizerische Laboranten-Zeitschrift,CH-4127 Birsfelden, Separatdruck 1970
[4] I. Gyenes, Titrationen in nichtwässrigen Medien, F. Enke Verlag, Stuttgart, 1970
[5] DIN–Norm 38 409 – H 41–2 (1980)
4 Indikationen
Grundlagen der Titration 27
4 Indikationsmethoden
Der Verlauf der Titration, die chemische Reaktion und die Bestimmung des Endpunktesmüssen beobachtet werden können. Traditionell wurde die Titration visuell verfolgt. Dafürwurden der vorgelegten Lösung meistens Farbindikatoren zugegeben; nur einige wenigeReaktionen sind selbstindizierend (z.B. Reaktionen mit Iod und Permanganat).
Eine ganze Anzahl, zum Teil gewichtiger Nachteile wie
– nur der Endpunkt und nicht der gesamte Titrationsverlauf wird indiziert,
– die Farberkennung durch das menschliche Auge ist nicht objektiv,
– viele Titrationen sind visuell nicht indizierbar,
– mit Farbindikatoren wird ein willkürlicher Endpunkt der Titration festgelegt, der nicht mitdem Äquivalenzpunkt übereinstimmt,
– der Farbindikator wird mittitriert und verfälscht dadurch das Resultat und
– der Aufwand für Chemikalien und Probenvorbereitung ist meist grösser als bei derIndikation mit einem elektrochemischen Sensor
haben im Laufe der Zeit zur Ablösung der visuellen Indikation durch automatisierbareelektrochemische und photometrische Indikation geführt.
Mit elektrochemischen Sensoren – Elektroden – lassen sich Ladungsverschiebungen undLadungstrennungen, die an Phasengrenzflächen entstehen, feststellen (Potentiometrie) odermit aufgezwungenem Stromfluss erzeugen und verändern (Voltametrie, Amperometrie).
Mit photometrischen Sensoren lässt sich die Intensitätsabnahme eines die Probe durch-dringenden Lichtstrahls einer bestimmten Wellenlänge messen.
28
4 Indikationen
Grundlagen der Titration
4.1 Elektrochemische Indikation
Grundlage der elektrochemischen Indikationsmethoden sind die Vorgänge, die an einerElektrode in einer galvanischen Zelle ablaufen.
4.1.1 Galvanische Zellen
Eine galvanische Zelle besteht aus zwei Elektroden und einer Lösung oder aus zweiLösungen, die durch eine elektrisch leitende Überführung verbunden sind (= Halbzellen). Einesolche Anordnung erzeugt aufgrund elektrochemischer Vorgänge elektrische Energie. Galva-nische Zellen werden auch Batterien genannt.
An der einen Elektrode findet eine Oxidation und an der anderen eine Reduktion statt. Die beimOxidationsvorgang freiwerdenden Elektronen in der einen Halbzelle werden über die äussereVerbindungsleitung der anderen Elektrode, an der die Reduktion stattfindet, zugeführt.Zwischen diesen beiden Elektroden besteht somit eine Spannungsdifferenz.
Ein Beispiel einer einfachen galvanischen Zelle kann an der Reaktion von metallischem Zinkund Kupferionen gezeigt werden:
Überführung
U
Zn Cu
ZnSO4
CuSO4
2-2-
2+ 2+
4 Indikationen
Grundlagen der Titration 29
Folgende Redoxreaktion spielt sich ab:
Zn ---> Zn2+ + 2e- Oxidation
2e- + Cu2+ ---> Cu Reduktion
–––––––––––––––––––––––Zn + Cu2+ ---> Zn2+ + Cu
Die messbare Spannung (Potential) am Voltmeter, die langsame Auflösung des Zinkstabsund die Ablagerung von Kupfer am Kupferstab beweisen den elektrochemischen Vorgang.
Wesentlich wichtiger für die Anwendung in der Titration sind inerte Elektroden (z.B. Platin),die durch die Redoxreaktion nicht verändert werden:
In dieser galvanischen Zelle findet folgende Reaktion statt:
Cu ---> Cu2+ + 2e- Oxidation
2e- + 2Fe3+ ---> 2Fe2+ Reduktion
–––––––––––––––––––––––––Cu + 2Fe3+ ---> Cu2+ + 2Fe2+
In der rechten Halbzelle löst sich der Kupferstab langsam auf. An der Platinelektrode in derlinken Halbzelle nehmen Fe3+-Ionen Elektronen auf und werden zu Fe2+-Ionen reduziert. DerPlatinstab selbst bleibt unverändert und wird deshalb als inerte Elektrode bezeichnet.
3+
Überführung
U
Cu
FeFeSO4
CuSO4
2-2-2+ 2+
3+
Pt
30
4 Indikationen
Grundlagen der Titration
Das Potential einer einzelnen Elektrode kann nicht direkt gemessen werden, sondern stets nurin Verbindung mit einer anderen. Beide tragen mit ihren Einzelpotentialen E1 und E2 zum sichbildenden Messkettenpotential E
tot bei (sog. elektromotorische Kraft):
Das Einzelpotential einer Elektrode hängt von der Ionenkonzentration der Lösung ab, mit dersie eine Halbzelle bildet. Diese Abhängigkeit wird durch die Nernst-Gleichung beschrieben:
Dabei ist
E0: das Standardpotential ([Ox]/[Red] = 1) der Elektrode
R: die molare Gaskonstante
T: die Temperatur (in K)
n: die Zahl der bei der Elektrodenreaktion überführten Elektronen
F: die Faraday-Konstante.
[Ox] und [Red] sind die Konzentrationen der an der Reaktion beteiligten oxidierten bzw.reduzierten Ionenart.
Bei 25 °C nimmt die Gleichung diese Form an:
Eine Änderung der Konzentrationsverhältnisse um eine Zehnerpotenz bewirkt eine Änderungdes Elektrodenpotentials um 59.16/n mV.
Die in den obigen Beispielen genannten Halbzellen mit Zink- und Kupferstäben sind soge-nannte Elektroden 1. Art. Jedes Metall, das in eine Lösung eines seiner Salze taucht und einreversibles Einzelpotential ausbilden kann, wird als Elektrode 1. Art bezeichnet.
4 Indikationen
Grundlagen der Titration 31
Ein weiteres Beispiel ist das System Ag/Ag+. Für die Elektrodenreaktion
Ag <—> Ag+ + e-
gilt die Nernst-Gleichung
Das Einzelpotential dieser Halbzelle hängt nur von der Silberionenkonzentration [Ag+] in derLösung ab.
Ein Metall, das mit einer Deckschicht eines seiner schwerlöslichen Salze überzogen ist undin eine Lösung, die das in der Deckschicht enthaltene Anion aufweist, eintaucht, wirdElektrode 2. Art genannt.
Ein Beispiel ist ein mit Silberchlorid überzogener Silberstab, der in eine Chloridlösungeintaucht.
Elektroden 2. Art haben grosse Bedeutung als Bezugssysteme von Bezugselektroden.
3+
Ag
Ag +
3+
Ag / AgCl
-Cl
Elektrode 1. Art Elektrode 2. Art
32
4 Indikationen
Grundlagen der Titration
Eine typische Messanordnung in der Titration besteht aus einer Messelektrode und einerBezugselektrode. Die Aufgabe der Messelektrode ist es, alle Änderungen der Zusammen-setzung der Lösung zu registrieren. Von der Bezugselektrode wird verlangt, dass sieunabhängig von diesen Änderungen ein stabiles Referenzpotential abgibt.
4.1.2 Bezugselektroden (Referenzelektroden)
Die Art des Bezugssystems, des Diaphragmas und des Bezugselektrolyten bestimmt dieEigenschaften der Bezugselektrode. Die heute vorwiegend verwendete Bezugselektrode(siehe Abbildung) ist eine wie oben besprochene Elektrode 2. Art mit dem Bezugssystem Ag/AgCl.
Kabel
Kopf
Einfüllstutzen
Steck–Kontakt
Bezugselement
Bezugselektrolyt
Diaphragma
4 Indikationen
Grundlagen der Titration 33
Das als Patrone ausgebildete Bezugssystem enthält einen reichlichen Vorrat an Silber undSilberchlorid. Die Patrone steht über ein inneres Diaphragma mit dem Bezugselektrolyten(z.B. KCl: c(KCl) = 3 mol/L) in Verbindung.
Das äussere Diaphragma sorgt für den elektrolytischen Kontakt zwischen der Bezugselektro-de und der Messlösung. Es muss folgende Anforderungen erfüllen:
– chemisch inert
– kleiner Durchfluss von Bezugselektrolyt bei kleinem elektrischen Widerstand
– keine Ionentauscher-Eigenschaften
Neben Diaphragmen aus feinporigem Keramik werden auch Schliffdiaphragmen aus Glasoder Kunststoff eingesetzt.
An den Bezugselektrolyten werden folgende Anforderungen gestellt:
– konstante Chloridionenaktivität
– kleiner elektrischer Widerstand
– chemisch inert und neutral
– keine Reaktion mit der Messlösung
– gleiche Beweglichkeit von Kation und Anion
Eine konzentrierte Lösung von KCl erfüllt diese Bedingungen weitgehend.
Als Bezugselektrode wird oft auch eine Kalomelelektrode (Bezugssystem Hg/Hg2Cl
2) ver-
wendet, die ähnlich wie die Silberchlorid-Referenzelektrode aufgebaut ist.
Um eine Reaktion des Bezugselektrolyten mit Bestandteilen der Probe bzw. des Titriermittelszu vermeiden (z.B. Cl- mit Ag+), werden oft auch Doppelkammer-Bezugselektrodenverwendet, die aus zwei Elektroden 2. Art bestehen.
In der Routineanalytik haben sich kombinierte Elektroden durchgesetzt. Dabei sind Mess- undBezugselektrode im gleichen Schaft (Glas oder Kunststoff) integriert (siehe DarstellungKap. 4.1.4).
34
4 Indikationen
Grundlagen der Titration
4.1.3 Metallelektroden
Metallelektroden, meist als Elektroden 1. Art ausgeführt, finden eine vielseitige Verwendungin der Titration.
Als Redoxelektroden werden Elektroden der Edelmetalle Platin und Gold eingesetzt. Sieeignen sich vorzüglich zur Indikation von Redoxtitrationen.
Metallelektroden aus Silber können ausser zur Messung der Silberionenkonzentration (Sil-ber-ionenaktivität) auch zur Indikation von Fällungstitrationen (Bestimmung von Halogeniden)verwendet werden.
Mit einer amalgamierten Silberelektrode können viele komplexometrische Titrationen indiziertwerden (Indikatorion: Hg2+).
4.1.4 Glaselektroden
Die Glaselektrode ist der wichtigste und am meisten gebrauchte Sensor in der Analytik.
Glasmembranen der Zusammensetzung
SiO2 – CaO – Na2O oder SiO
2 – BaO – Li
2O,
die auf beiden Seiten mit einer H+-ionenhaltigen Lösung in Kontakt stehen, bilden eineelektrische Spannung, die von der pH-Wert-Differenz der angrenzenden Lösungen abhängt.Dieses Phänomen beruht auf folgenden physikalisch-chemischen Vorgängen:
Jede Glasmembran einer pH-Elektrode reagiert mit Wasser unter Bildung einer wasserhalti-gen Quellschicht (siehe Figur). Diese Quellschicht ist nicht sichtbar, da sie eine Dicke von nur5 – 500 nm aufweist. Sie ist aber für die Funktionsweise der Glaselektrode von zentralerBedeutung.
Membranglass (0.1 — 0.5 mm
Quellschicht (5 — 500 nm)
4 Indikationen
Grundlagen der Titration 35
Die Glasmembran ist auf einem dreidimensionalen Gerüst von Silizium- und Sauerstoffato-men aufgebaut, wobei jedes Siliziumatom von vier Sauerstoffatomen und jedes Sauerstoffa-tom von zwei Siliziumatomen umgeben ist. In diesem unregelmässigen Netzwerk sind dieZwischenräume durch Kationen besetzt, um die Elektroneutralität der Glasmembran zugewährleisten.
Bei der Bildung der wasserhaltigen Quellschicht findet folgender Prozess statt:
–Si–OM + H2O —> –Si–OH + MOH (M = Li, Na)
Die Alkaliionen diffundieren in die wässrige Lösung hinaus und lassen ein nahezu vollständigprotoniertes Si-O-Gerüst zurück. Die innere Glasmembran bleibt wasserfrei.
An der Phasengrenze Lösung/Quellschicht stellt sich ein thermodynamisches Gleichgewichtein. Dies ist nur möglich, weil die Wasserstoffionen in der Quellschicht beweglich sind. Wenndie Wasserstoffionenkonzentration in den beiden Phasen unterschiedlich ist, findet einWasserstoffionentransport statt. Bei jedem Ein- und Austritt von H+-Ionen in oder aus derGlasmembran wird die Elektroneutralität der Quellschicht verletzt. Es baut sich daher eineSpannung an der Phasengrenze auf, welche den weiteren H+-Transport verhindert.
Die Zahl der Wasserstoffionen in der Quellschicht ist durch das Kieselsäureskelett gegebenund ist konstant und unabhängig von der Art der Messlösung. Die elektrische Spannung ander Quellschicht wird durch die kationenleitende Glasmembran auf die Innenseite derGlasmembran übertragen, wo ebenfalls eine Quellschicht mit einer Phasengrenzspannungvorhanden ist. Die gesamte Membranspannung ergibt sich aus der Differenz der beidenPhasengrenzspannungen.
36
4 Indikationen
Grundlagen der Titration
Für die Routine wird meistens eine Glaselektrode mit integrierter Bezugselektrode (sog.kombinierte Elektrode) verwendet.
Steckkontakt der Messelektrode
Steckkontakt der Bezugselektrode
Einfüllstutzen
BezugselektrodeBezugselektrolyt (3 M KCl mit AgCl ge-sättigt)
Ag/AgCl Bezugselement
Keramisches Diaphragma
Messelektrode
Innenpuffer
Ag/AgCl-(innere) Ableitung
Glasmembran
Wenn die pH-Werte in den beiden Quellschichten identisch sind (Idealfall) und der pH-Wertdes Innenelektrolyten (siehe Figur) der Glaselektrode konstant bleibt, so beträgt die Mem-branspannung:
4 Indikationen
Grundlagen der Titration 37
Diese Gleichung wird in der Praxis nicht genau erfüllt. Drei Faktoren tragen zum nichtidealenVerhalten bei:
1. Asymmetriespannung
Die Membranspannung sollte null sein, wenn die Glasmembran auf beiden Seiten mitidentischen Lösungen in Kontakt steht. Meist wird aber eine Spannung von einigen mVbeobachtet, infolge unterschiedlicher Vorgeschichte der beiden Membranseiten. Einekleine Asymmetriespannung ist unwichtig, da sie bei der Eichung kompensiert wird.
2. Alkalifehler
In alkalischen Lösungen werden die H+-Ionen der Quellschicht teilweise durch Alkaliionen,insbesondere Natriumionen ersetzt. Die geringere H+-Konzentration in der Quellschichtergibt dadurch zu kleine pH-Werte.
Der Unterschied zwischen dem theoretischen und experimentellen pH-Wert wird alsAlkalifehler bezeichnet. Bei den heute verwendeten lithiumhaltigen Glasarten beginnendie pH-Abweichungen erst oberhalb pH 13. Der Alkalifehler wird mit steigendem pH-Wert,mit steigender Alkalikonzentration und mit steigender Temperatur grösser.
3. Säurefehler
In stark sauren Lösungen (pH < 1) zeigt die Glaselektrode Abweichungen von der idealenpH-Funktion. Durch Aufnahme von Säuremolekülen wird die Wasserstoffionenaktivitätder Quellschicht erhöht, was zu positiven pH-Verschiebungen führt. Der Säurefehler istweniger störend als der Alkalifehler.
pH
E [mV]
Alkalifehler
Säurefehler
7 14
0
0
200
-200
38
4 Indikationen
Grundlagen der Titration
Ein weiteres Charakteristikum der Glasmembran ist ihr hoher elektrischer Widerstand, der jenach Glaszusammensetzung, Temperatur und Membrangrösse zwischen 10 und 10’000MOhm liegt. Dieser hohe Widerstand stellt deshalb erhöhte Ansprüche an das Mess-System.
Der Innenelektrolyt sorgt für eine konstante Phasengrenzspannung an der Innenseite derGlasmembran und für eine konstante Spannung an der inneren Ableitung. Dafür wirdmeistens ein mit Ag/AgCl-beschichteter Silberdraht verwendet, dessen Spannung durch dieChloridionenaktivität des Innenelektrolyten festgelegt wird.
4 Indikationen
Grundlagen der Titration 39
4.1.5 Ionenselektive Elektroden
Ionenselektive Elektroden sind elektrochemische Halbzellen, bei denen an der Phasen-grenze Elektrode/Lösung eine Potentialdifferenz auftritt, die von der Konzentration (genauerAktivität) eines bestimmten Ions in der Lösung abhängt.
Glaselektroden gehören auch zu den ionenselektiven Elektroden. Der Aufbau einer ionense-lektiven Messkette ist ähnlich der pH-Elektrode und besteht aus einer ionenselektivenMembran und einer potentialkonstanten Bezugselektrode.
Anstelle einer pH-Skala definiert man eine Ionenskala, wie z.B. eine pNa- oder eine pCl-Skala.
Viele Kationen und Anionen, aber auch neutrale Gase wie NH3, CO2 und SO2 und sogarorganische Stoffe wie Aminosäuren können mit ionenselektiven Elektroden direkt quantitativgemessen werden. Auch nicht direkt messbare Ionen oder Neutralsubstanzen lassen sichindirekt bestimmen, wenn man eine chemische Hilfsreaktion durchführt, bei der ein von einerMesselektrode angezeigter Stoff freigesetzt oder gebunden wird.
Im Idealfall lässt sich das Messkettenpotential einer ionenselektiven Elektrode durch eineerweiterte Nernst-Gleichung (sog. Nikolskij-Gleichung) beschreiben:
Dabei ist
E: das Messkettenpotential
E0: das Messkettenpotential beim Bezugspunkt (ai = 1, aj = 0)
S: die Steilheit (S = 2.301 • R • T/ni • F). Das Vorzeichen ist + für Kationen und – für Anionen.
ai: die Messionenaktivität in der Lösung
aj: die Störionenaktivitäten in der Lösung
Kij: die Selektivitätskoeffizienten der Störionen
ni: die Ladungszahl des Messions
nj: die Ladungszahlen der Störionen.
Die Selektivitätskoeffizienten der Störionen sind ein Mass für die Selektivität der Elektrode. Siesollten möglichst klein sein, damit die betreffenden Störionen nicht wesentlich zur ionenselek-tiven Spannungsänderung an der Messzelle beitragen. Bei einem Wert von Kij = 1 tragen dieStörionen genausoviel zur Spannungsänderung bei wie das Mession (gleiche Ladungszahlenvorausgesetzt). Eine vollständig selektive, d.h. unter allen Bedingungen nur auf eine Ionenartansprechende Elektrode gibt es nicht.
40
4 Indikationen
Grundlagen der Titration
Die Glaselektrode besitzt einen Selektivitätskoeffizienten gegenüber Natriumionen von 10-12
– 10-13, das heisst, gute pH-Elektroden werden durch Natriumionen erst bei Na+-Konzentra-tionen grösser als 0.1 mol/L und pH-Werten grösser als 12 gestört.
Die erstaunliche Selektivität von Glaselektroden wird bei andern ionenselektiven Elektrodenbei weitem nicht erreicht. Typisch sind Selektivitätskoeffizienten von 10-5 – 10-6.
Praktisch alle handelsüblichen ionenselektiven Elektroden sind Membranelektroden.
Aus dem schematischen Aufbau einersolchen Elektrode geht hervor, dass dieMembran der Sensor der Elektrode ist,an dem die Potentialbildung abläuft.
Der Schaft der Elektrode ist am unterenEnde durch die Membran abgeschlos-sen. Im Innern des Elektrodenschaftesbefindet sich das Bezugssystem, mei-stens bestehend aus einer wässrigenBezugslösung und einer Elektrode 2. Art.Für die Membran werden verschiedeneMaterialien eingesetzt.
Die Glasmembranen der pH-Glaselektrode werden vorwiegend glasbläserisch gefertigt undmit dem Schaft der Elektrode verschmolzen.
Festkörpermembranen bestehen aus Kristallschnitten oder aus homogenen bzw. heteroge-nen Presslingen. Die Ionenleitung im Festkörper ist die Grundlage der Funktionsweise dieserArt von Elektroden.
Flüssige Membranen bestehen aus einem porösen Trägermaterial, das eine Lösung einerorganischen Substanz in einem organischen (nicht mit Wasser mischbaren) Lösungsmittelenthält. Heute werden meistens Gel-Membranen verwendet, welche die organische Lösungals Weichmacher in hochpolymeren Materialien (z.B. PVC) enthalten. Die Lebensdauersolcher Gel-Membranen ist beschränkt.
Als Referenz wird meistens eine Doppelkammer-Bezugselektrode verwendet.
Kabel
Elektrodenkopf
Schaft
Bezugselekrolyt
Bezugssystem
Membran
4 Indikationen
Grundlagen der Titration 41
4.1.6 Messtechnik
Allen elektrochemischen Messungen ist gemeinsam, dass sie mit einer Messkette ausgeführtwerden, die aus einer Mess- und einer Bezugselektrode besteht.
Potentiometrie
Die Direktmessung der auftretenden Galvanisspannung einer Messkette wird als Potentiome-trie bezeichnet, die Durchführung einer Titration als potentiometrische Titration.
Die Messung der sich einstellenden Spannung U sollte aus folgenden Gründen möglichststromlos mit einem hochohmigen Messverstärker erfolgen:
– Die Grundlage der Potentiometrie ist die Nernst-Gleichung, die für Elektroden im chemi-schen und elektrischen Gleichgewicht hergeleitet worden ist. Ein zu grosser Stromflussüber die betroffenen Phasengrenzflächen würde diese Gleichgewichtseinstellung stören.
– Ein weiterer Grund für einen hochohmigen Messeingang ergibt sich aus der speziellenKonstruktion von pH- und ionenselektiven Elektroden. Im Messstromkreis liegt die ionen-selektive Membran, deren elektrischer Widerstand durchaus bei 100 – 1000 MOhm liegenkann. Will man den Messfehler infolge Spannungsteilereffekt unter 0.1% halten, so sollteder Eingangswiderstand des Messgeräts mindestens 1000 mal grösser sein. Dies ist ausfolgender Gleichung ersichtlich:
Für sehr hochohmige Elektroden sind deshalb Messverstärker mit einem Eingangswider-stand von 1012 Ohm notwendig.
U
42
4 Indikationen
Grundlagen der Titration
Voltametrie
Unter dieser Indikationstechnik versteht man die stromlose Messung der Potentialdifferenzzweier polarisierbarer Metallelektroden, die mit Hilfe eines geringen, von aussen angelegtenStromes (Gleich- oder Wechselstrom) polarisiert sind.
Die voltametrische Titrierkurve ist wie bei der Potentiometrie eine Potential-Volumen-Kurve.
Dazu benötigt man folgende Messeinrichtung:
Die stabilisierte Spannungsquelle ist der Stromlieferant. Der in den Stromkreis eingeschalteteWiderstand R ist so zu wählen, dass ein Strom Ipol im Bereich von 0.1 – 20 μA erzeugt werdenkann. Die sich zwischen den Elektroden einstellende Spannung U wird gleich wie bei derPotentiometrie gemessen.
Eine der Hauptanwendungen der voltametrischen Indikation ist die Wasserbestimmung nachKarl-Fischer.
UR Ipol
4 Indikationen
Grundlagen der Titration 43
Amperometrie
Die amperometrische Indikation bedient sich wie die voltametrische polarisierter Elektroden,verwendet jedoch dazu anstelle eines konstanten Stromes eine konstante Spannung. DieMessgrösse ist hier der durch die Elektroden und die Titrierlösung fliessende Strom. Dieamperometrische Titrationskurve ist somit eine Strom-Volumen-Kurve. Dazu benötigt manfolgende Messanordnung:
Mit einem Spannungsteiler wird eine konstante Spannung Upol an die beiden Elektrodenangelegt. Der resultierende Strom I wird mit einem Mikroamperemeter gemessen.
Upol
RI
44
4 Indikationen
Grundlagen der Titration
4.2 Photometrische Indikation
Die Grundlage der Photometrie ist die Intensitätsabnahme eines durch eine Lösung durchge-henden Lichtstrahls einer bestimmten Wellenlänge. Die Lichtdurchlässigkeit oder Transmis-sion ist die primäre Messgrösse in der Photometrie und beträgt
Dabei ist
T: die Transmission
I0: die Intensität des eintretenden Lichtstrahls
I: die Intensität des austretenden Lichtstrahls.
Wird alles Licht absorbiert, dann ist I = 0 und somit T = 0. Wird kein Licht absorbiert, dann istI = I0 und T = 1 (bzw. %T = 100%).
In der Photometrie wird häufig mit der Messgrösse Absorption gearbeitet. Der Zusammen-hang zwischen Transmission und Absorption wird durch das Gesetz von Bouguer-Lambert-Beer beschrieben:
Dabei ist
A: die Absorption
ε: der Absorptionskoeffizient
c: die Konzentration der absorbierenden Substanz
d: die Länge des die Lösung durchstrahlenden Lichtweges.
Aus obengenannter Beziehung ist ersichtlich, dass zwischen Absorption A und der Konzen-tration c ein linearer Zusammenhang besteht. Das ist die Grundlage der photometrischenDirektmessung.
4 Indikationen
Grundlagen der Titration 45
Photoelektrische Sonden haben gegenüber Elektroden bei der Titration eine Reihe vonVorteilen:
– sie sind einfacher zu bedienen (kein Nachfüllen von Elektrolytlösungen, kein verstopftesDiaphragma)
– längere Lebensdauer (sie zerbrechen nicht)
– mit ihnen können alle klassischen Titrationen auf Farbumschlag durchgeführt werden(keine Änderung traditioneller Vorschriften und Normen).
Photometrische Indikation ist für viele Bestimmungsreaktionen möglich:
– Säure-Base Titrationen (wässrig und nichtwässrig)
– Komplexometrie
– Redoxtitrationen
– Fällungstitrationen
– Trübungstitrationen
Bei der Phototitration soll eine Wellenlänge gewählt werden, bei der die gemessenenTransmissionsunterschiede vor und nach dem Äquivalenzpunkt am grössten sind. Im sicht-baren Bereich sind das vorwiegend Wellenlängen zwischen 500 und 700 nm.
46
4 Indikationen
Grundlagen der Titration
4.2.1 Die METTLER Phototrode
Die METTLER Phototroden DP550 und DP660 sind Sonden für die photometrische Titrationim sichtbaren Bereich.
Die Phototroden unterscheiden sich gegenüber herkömmlichen Titriergeräten mit Photome-tern vor allem dadurch, dass Lichtquelle und Signalverarbeitung in der Sonde integriert sind.Das Messprinzip ist in der folgenden Figur schematisch dargestellt:
6 Anschluss
7 Drehknopf
1 Fotodiode
5 Detektor
2 Lichtleiter
3 Probenflüssigkeit
4 Hohlspiegel
Die in der Sonde eingebaute Photodiode (1) strahlt durch den Lichtleiter (2) moduliertes Lichtaus, das die Probenflüssigkeit (3) durchläuft. Das vom Hohlspiegel (4) reflektierte Licht wirdvom Detektor (5) in ein elektrisches Signal umgewandelt, verstärkt und über den Anschluss(6) dem Titrator zugeführt. Die Signalverstärkung kann mit dem Drehknopf (7) reguliertwerden. Sonnenlicht und künstliche Beleuchtung haben keinen Einfluss auf die Messung, weildurch die hochfrequente Lichtmodulation Störungen durch externe Lichtquellen nahezuausgeschaltet werden.
4 Indikationen
Grundlagen der Titration 47
4.3 Spezielle Indikationsmethoden
4.3.1 Konduktometrische Indikation
Die konduktometrische Indikation [1] [2] [3] benutzt die Eigenschaft wässriger Lösungen, denelektrischen Strom zu leiten. Diese Leitfähigkeit beruht darauf, dass Säuren, Basen und Salzein wässriger Lösung in elektrisch geladene Teilchen (Ionen) zerfallen. In einem elektrischenFeld wandern die Anionen zur positiv geladenen Anode und die Kationen zur negativgeladenen Kathode. Das Faraday-Gesetz sagt, dass dabei pro Mol Äquivalentteilchen stetsdie gleiche Elektrizitätsmenge, nämlich 96´485 Coulomb zu den Elektroden transportiert wird.
Die Leitfähigkeit einer verdünnten Elektrolytlösung ist abhängig von
– der Ionenkonzentration,
– der Ladungszahl der Ionen,
– der Beweglichkeit der Ionen in dem betreffenden Lösungsmittel,
– der Polarität des Lösungsmittels,
– der Temperatur (die Leitfähigkeit nimmt pro Grad Celsius um etwa 2.5% zu).
Die Bestimmung der elektrischen Leitfähigkeit erfolgt durch eine Widerstandsmessung. Dergemessene Widerstand R hängt vom Abstand l und vom Querschnitt q der Elektroden ab.
Der Proportionalitätsfaktor ρ heisst spezifischer Widerstand. Zwischen der Leitfähigkeit unddem spezifischen Widerstand gilt die Beziehung
Die Leitfähigkeit ergibt sich somit aus dem gemessenen Widerstand R und den Dimensionender Messzelle.
Der Faktor 1/R wird auch als Leitwert G bezeichnet. Der Leitwert hat die Dimension μS odermS (S = Siemens). Die Grösse l/q wird als Zellkonstante Z bezeichnet. Die Zellkonstante hatdie Dimension cm-1. Typische Werte für Zellkonstanten liegen zwischen 0.1 und 10 cm-1. Siewird von Herstellern von Leitfähigkeitsmesszellen stets angegeben. Die Widerstandsmes-sung einer Messzelle kann durch die Konzentration der zu titrierenden Lösung begrenzt sein.Diese Begrenzung kann man durch die Wahl einer Messzelle mit der richtigen Zellkonstantevermeiden.
48
4 Indikationen
Grundlagen der Titration
Die Einheit der Leitfähigkeit ist je nach Wert in μS/cm oder mS/cm anzugeben.
Für die Bestimmung der Leitfähigkeit muss zur Widerstandsmessung Wechselstrom verwen-det werden. Wenn zwischen den Elektroden ein Gleichstrom fliesst, kommt es zur Elektrolyse,und der Beitrag des allein interessierenden Ohm’schen Widerstands wird so klein, dass seineMessung unmöglich wird.
Die praktische Anwendung der konduktometrischen Indikation beschränkt sich auf Säure-Base- und Fällungstitrationen.
Der charakteristische Verlauf von konduktometrischen Titrationen soll am Beispiel derTitration von Salzsäure mit Natronlauge erklärt werden:
H+ + Cl- + Na+ + OH- —> Na+ + Cl- + H2O
VEQ
V
H
OH
Na
Cl
+
+
–
–
Gesamtleitfähigkeit Leitähigkeit der einzelnen Ionen
c
4 Indikationen
Grundlagen der Titration 49
Die gemessene Leitfähigkeit setzt sich in jedem Punkt der Titrationskurve aus der Leitfähigkeitder einzelnen Ionen zusammen. Im dargestellten Titrationsdiagramm sind die Beiträge dereinzelnen Ionen zur Gesamtleitfähigkeit angegeben (Verdünnung nicht berücksichtigt).
Die Titrationskurven verlaufen geradlinig, solange die vorhandenen Ionenarten im einzelnenentweder gar nicht oder quantitativ reagieren. Der typische Kurvencharakter bildet sichdadurch, dass eine Ionenart der vorgelegten Lösung (in unserem Beispiel H+) verschwindetund durch eine neue aus dem Titriermittel (hier OH-) ersetzt wird. Nach Überschreiten desÄquivalenzpunktes wird, wenn keine weitere Reaktion folgt, immer eine Zunahme derLeitfähigkeit beobachtet.
[1] F. Oehme, “Angewandte Konduktometrie”, Hüthig Verlag, Heidelberg (1961)
[2] F. Oehme, “ABC der Konduktometrie”, Separatdruck Chemische Rundschau (1979)
[3] E. Pungor, “Oscillometry and Conductometry”, Pergamon Press, Oxford (1965)
50
5 Titrationsarten
Grundlagen der Titration
5 Titrationsarten
Titrationen lassen sich auf verschiedene Weise klassifizieren. Die Einteilung nach derIndikationsmethode und der Bestimmungsreaktion wurde schon in früheren Kapiteln behan-delt. Hier erfolgt die Klassifizierung der Titrationen nach der Art und Weise, wie sie durchge-führt werden.
5.1 Die direkte Titration
Bei der direkten Titration reagiert das Titriermittel direkt mit der zu bestimmenden Komponen-te. Die Durchführung einer direkten Titration kann folgendermassen dargestellt werden:
Nicht jede chemische Reaktion – unter den bei der praktischen Durchführung üblichenVersuchsbedingungen – erfüllt die in Kap. 1 beschriebenen Anforderungen an eine Titrations-reaktion. Auch der Äquivalenzpunkt lässt sich unter Umständen schlecht indizieren. In diesenFällen gelangt man oft auf indirektem Weg zum Ziel.
Menge der zu bestimmenden Komponente
Resultat:Q
indizierter Äquivalenzpunktdurch äquivalente Menge desTitriermittels
Überschuss, der immer registriert wird und der bei Folgetitrationen zur Berechnung immer mit berücksichtigt werden muss
5 Titrationsarten
Grundlagen der Titration 51
5.2 Die Rücktitration
Bei der Rücktitration wird die Probe mit einem Überschuss an Titriermittel versetzt. Nach einerrichtig bemessenen Wartezeit wird dieser Überschuss dann mit einem zweiten Titriermittelzurücktitriert. Aus der Differenz der zudosierten Menge an erstem und zweitem Titriermittellässt sich die äquivalente Menge der zu bestimmenden Komponente ermitteln. Die Rücktitra-tion wird hauptsächlich dann angewendet, wenn die Titrationsreaktion der direkten Titrationzu langsam oder die direkte Indikation des Äquivalenzpunktes schlecht ist.
Menge der zu bestimmenden Komponente
Menge Titriermittel 1 (Überschuss)
Resultat:
indizierter Äquivalenzpunktdurch Menge Titriermittel 2
Q1 - Q2
Q1
Q2
berechnete äquivalente Menge,die mit der zu bestimmendenKomponente reagiert hat
52
5 Titrationsarten
Grundlagen der Titration
5.3 Die inverse Titration
Durch Vorlegen eines abgemessenen Volumens an Titriermittel und anschliessendemTitrieren mit der Probelösung (= Umkehrung der Titration) läuft die Titrationsreaktion unterUmständen schneller ab als bei der direkten Titration. Das klassische Beispiel einer inversenTitration ist die Bestimmung von Zucker nach Fehling.
Menge des vorgelegten Titriermittels
Resultat:Q
indizierter Äquivalenzpunktdurch äquivalente Menge derzu bestimmenden Probe
5 Titrationsarten
Grundlagen der Titration 53
5.4 Die Substitutionstitration
Die Wirkung der Substitutions- oder Verdrängungstitration beruht darauf, dass zur Probelö-sung ein Reagenz gegeben wird, das mit dem zu bestimmenden Stoff der Probe reagiert.Dabei wird ein Bestandteil des zugegebenen Reagenz stöchiometrisch freigesetzt undanschliessend durch direkte Titration bestimmt.
Beispiel: Iodometrische Bestimmung von Kupfer (siehe Kap. 3.2.5)
Menge der zu bestimmenden Komponente
Menge Reagenz (Überschuss)
rühren / aufwärmen
freigesetzte stöchiometrische Mengeder Reagenzkomponente
Resultat: indizierter Äquivalenzpunktdurch äquivalente MengeTitriermittel
Q
54
5 Titrationsarten
Grundlagen der Titration
5.5 Die Summentitration
Bei einer Summentitration wird die Summe der Komponenten als äquivalente Mengebestimmt. Ein Beispiel für eine Summentitration ist die komplexometrische Bestimmung derWasserhärte (Ca + Mg) durch Titration mit EDTA. Auch Säure-Base- und Redoxtitrationenwerden oft als Summentitration durchgeführt.
Menge der Komponenten A + B + CA B
indizierter Äquivalenzpunktfür die Summe der KomponentenA, B und C durch äquivalenteMenge des Titriermittels
Resultat:
C
Q
5 Titrationsarten
Grundlagen der Titration 55
5.6 Die selektive Titration
Durch geeignete Wahl der Versuchsbedingungen – wie pH und Maskierungsmittel – lassensich, in Kombination mit geeigneten Titriermitteln, Summentitrationen ganz oder teilweiseselektiv durchführen.
Beispiel: Maskierung von Eisen mit Triethanolamin bei der komplexometrischen Bestim-mung von Calcium und Magnesium mit EDTA.
5.7 Die Folgetitration
Unter einer Folgetitration versteht man die Bestimmung verschiedener Komponenten einerProbe mit nur einem Titriermittel. Folgetitrationen sind dann selektiv, wenn sich die Gleichge-wichtskonstanten der Titrationsreaktionen der einzelnen Komponenten genügend unter-scheiden. Bei einem Gemisch, bestehend aus zwei oder mehreren Komponenten, wird zuerstjenes Element wegtitriert, welches mit dem Titriermittel den stabilsten Komplex bildet.
Säure-Base-Titrationen
Selektive Säure-Base-Folgetitrationen sind dann möglich, wenn sich die pK’s der verschie-denen Säure- oder Basekomponenten um mindestens zwei Einheiten unterscheiden. DieWahl eines nichtwässrigen Lösungsmittels ermöglicht oft eine bessere Differenzierung.
Menge der Komponenten A + B + CA B
indizierter Äquivalenzpunktfür die Summe der KomponentenA und B durch äquivalenteMenge des Titriermittels
Resultat:
C
Q
Maskierung von C
56
5 Titrationsarten
Grundlagen der Titration
Komplexometrische Titrationen
Bei komplexometrischen Folgetitrationen müssen folgende Kriterien erfüllt sein:
– die effektiven Stabilitätskonstanten müssen eine Differenz von mindestens fünf logarith-mischen Einheiten aufweisen
– der Minimalwert der betreffenden Stabilitätskonstante (in logarithmischen Einheiten)beträgt mindestens sieben.
Redoxtitrationen
Auch selektive Redoxtitrationen sind möglich. Der Potentialunterschied zwischen denbetreffenden Äquivalenzpunkten muss mindestens 300 mV betragen.
Das Prinzip der Folgetitrationen ist in den folgenden Diagrammen zusammengefasst:
Einfache Folgetitration:
Menge der zu bestimmendenKomponenten A + B + C
A B
indizierte Äquivalenzpunkte1, 2 und 3 durch jeweils äquivalente Menge desTitriermittels
Resultate A, B, C:
C
Q1 Q2 Q3
5 Titrationsarten
Grundlagen der Titration 57
Folgetitration mit Änderung des pH-Wertes:
Folgetitration mit Maskierung/Demaskierung:
Menge der zu bestimmenden KomponentenA + B
A B
Q 1 indizierter Äquivalenzpunkt 1 durchäquivalente Menge des Titriermittels
Resultat A:
Resultat B:
Erhöhung des pH - Wertes
Q 2 indizierter Äquivalenzpunkt 2 durchäquivalente Menge des Titriermittels
Menge der zu bestimmenden KomponentenA + B
A B
Q 1 indizierter Äquivalenzpunkt 1 durchäquivalente Menge des Titriermittels
Resultat A:
Resultat B:
Maskierung von B
Demaskierung von B
Q 2 indizierter Äquivalenzpunkt 2 durchäquivalente Menge des Titriermittels
58
5 Titrationsarten
Grundlagen der Titration
Folgetitration bestehend aus einer direkten Titration und einer Rücktitration:
Menge der zu bestimmenden KomponentenA + B
A B
Q 1
Q 2
Q 3
Q 2 Q 3-
Menge Titriermittel 1 (Überschuss)
rühren / aufwärmen / pH ändern
indizierter Äquivalenzpunkt 2durch Menge des Titriermittels 2
indizierter Äquivalenzpunkt 1 durch äquivalente Menge des Titriermittels 1
berechnete äquivalente Mengeder Komponente B
Resultat A:
Resultat B:
6 Titrationskurven
Grundlagen der Titration 59
6 Titrationskurven
Titrationskurven illustrieren den qualitativen Verlauf einer Titration. Sie erlauben eine schnelleBeurteilung der Titrationsmethode. Man unterscheidet zwischen logarithmischen und linea-ren Titrationskurven.
Logarithmische Kurven liegen dann vor, wenn das gemessene Signal logarithmisch von derGleichgewichtskonzentration abhängt. Dazu gehören alle Indikationsmethoden, die derNernst-Gleichung gehorchen. Darunter fallen alle potentiometrischen Titrationen.
Besteht ein linearer Zusammenhang zwischen Messsignal und der Konzentration, so sprichtman von linearen Titrationskurven. Die wichtigste Anwendung sind photometrische Titratio-nen. Weitere Beispiele sind Titrationen mit konduktometrischer, amperometrischer undthermometrischer Indikation. Lineare Kurven lassen sich sowohl graphisch als auch rechne-risch auswerten.
6.1 Messsignal als Funktion des Titriermittelvolumens: E = f(V)
Die Darstellung kann für die graphische Bestimmung des Äquivalenzpunktes verwendetwerden (siehe Kap. 8). Die verschiedenen potentiometrischen Indikationsmethoden ergebenzum Teil sehr unterschiedliche Titrationskurven im Bereich –1600 mV bis +1600 mV.
Die graphische und rechnerische Auswertung von Titrationskurven wird in Kap. 8 behandelt.
60
6 Titrationskurven
Grundlagen der Titration
Der Äquivalenzpunkt befindetsich näherungsweise im Wen-depunkt der Titrationskurve.
Wird als Darstellung die ersteAbleitung der Kurve gewählt, soliegt der Äquivalenzpunkt in derNähe des Maximums (bei stei-gender Kurve) oder des Mini-mums (bei fallender Kurve).
Bei der zweiten Ableitung befin-det sich der Äquivalenzpunkt imNulldurchgang.
E
V
V
V
ΔE/ΔV
Δ2E/ΔV2
6 Titrationskurven
Grundlagen der Titration 61
Bei Titrationen von Gemischen sind die Extrema der ersten Ableitung der Kurve dann teilweiseschlecht sichtbar, wenn die Titrationskurve aus flachen Sprüngen neben einem sehr steilenSprung besteht. Für diese Fälle bewährt sich die folgende logarithmische Darstellung derersten Ableitung:
sign(x) = 1, falls x > = 0
sign(x) = –1, falls x < 0
Durch diese Darstellung werden kleine Maxima gegenüber grösseren stärker hervorgehoben.
LOG ( DE/DV ) = sign ( dE ) • log ( dE/dV + 1 ) = f ( V )
62
6 Titrationskurven
Grundlagen der Titration
E
V
ΔE/ΔV
log ΔE/ΔV
V
V
6 Titrationskurven
Grundlagen der Titration 63
6.2 Messsignal als Funktion der Zeit: E = f(t)
Die Darstellung des Messsignals als Funktion der Zeit (aufgezeichnet auf einem Analog-schreiber oder einem Matrixdrucker) hilft bei der Entwicklung neuer Methoden und derOptimierung der Gleichgewichtsbedingung für die Messwerterfassung. Das zeitliche Verhal-ten des Messsignals erlaubt eine Beurteilung des Ansprechverhaltens der Elektrode und derGeschwindigkeit der Titrationsreaktion.
Die folgenden Figuren zeigen einige repräsentative Beispiele. Die Kurvenform wird durchfolgende Parameter beeinflusst:
– Ansprechzeit der Elektrode
– Geschwindigkeit der Titrationsreaktion
– Rührgeschwindigkeit
Dieses Beispiel zeigt den Fall einer langsamen Reaktion, beobachtet mit einer schnellansprechenden Elektrode. Die sprunghafte Änderung des Messsignals am Anfang zeigt dasunmittelbare Ansprechen der Elektrode auf die Zugabe des Titriermittels. Die Einstellung desGleichgewichtssignals ist das Resultat der nachfolgenden Titrationsreaktion.
E
t
64
6 Titrationskurven
Grundlagen der Titration
Dieses Beispiel ist typisch für eine schnelle Reaktion mit schnell ansprechender Elektrode. DieElektrode kann der chemischen Reaktion unmittelbar folgen, deshalb der exponentielleVerlauf des Zeitsignals.
Eine schnelle Reaktion unter Verwendung einer langsam ansprechenden Elektrode zeigtdieses Beispiel, was auf eine verschmutzte oder schlecht gewartete Elektrode zurückzufüh-ren ist. Die Elektrode spricht erst nach einer gewissen Inkubationszeit auf die schon weitfortgeschrittene chemische Reaktion an.
E
t
E
t
6 Titrationskurven
Grundlagen der Titration 65
Die Begriffe “schnell” und “langsam” sind in diesem Zusammenhang relative Grössen. Siebeschreiben die Geschwindigkeit der Titrationsreaktion relativ zum Ansprechverhalten derElektrode.
6.3 Titriermittelvolumen als Funktion der Zeit: V = f(t)
Diese Form der Titrationskurve – insbesondere die erste Ableitung dV/dt = f(t) – ist einewichtige Darstellung für pH-Statierungen und Karl-Fischer Titrationen.
– Der zeitliche Verlauf der Titriermittelzugabe beschreibt direkt den Verlauf der beobachtetenchemischen Reaktion. Die Geschwindigkeit der Titriermittelzugabe dV/dt ist direkt propor-tional zur Reaktionsrate.
– Die Darstellung der Geschwindigkeit der Titriermittelzugabe – ausgedrückt in μg H2O/min.– als Funktion der Zeit erlaubt bei Karl-Fischer Titrationen eine einfache Beurteilung derDrift vor und vor allem nach der Titration.
Beispiel einer V/t-Kurve: Bestimmung der Aktivität von Pancreas-Lipase 250 (pH-Statierung)
2
4
6
2 4 6
t [min]
V [mL]
66
7 Regelung
Grundlagen der Titration
7 Regelung der Titration
Eine Titrationskurve wird durch das Messsignal E (Einheit: mV oder eine davon abgeleiteteGrösse wie pH usw.) und das Volumen V des zudosierten Titriermittels (Einheit: mL)dargestellt. Das Messsignal beschreibt den Verlauf der Titrationsreaktion, die von derTitriermittelzugabe abhängt.
In modernen Titratoren sind Titriermittelzugabe und Messwerterfassung in Form einerRegelung oder Steuerung eng miteinander verknüpft (mit dem Ziel, in möglichst kurzer Zeitein genaues und reproduzierbares Titrationsresultat zu liefern).
E [mV]
V [mL]
7 Regelung
Grundlagen der Titration 67
7.1 Titriermittelzugabe
Die Titriermittelzugabe kann auf zwei Arten erfolgen: kontinuierlich mit einer definiertenDosiergeschwindigkeit oder inkrementell mit einzelnen Volumenschritten.
7.1.1 Kontinuierliche Titriermittelzugabe
Die kontinuierliche Zugabe des Titriermittels ist die klassische Art der Durchführung einerTitration mit Motorkolbenbürette, pH-Meter und Analogschreiber. In automatischen Titratorenwird die kontinuierliche Titriermittelzugabe bei der sogenannten registrierenden Titrationund bei Endpunkttitrationen eingesetzt. Bei der registrierenden Titration wird das Messsig-nal als Funktion des zudosierten Volumens auf einem Analogschreiber oder einem Matrix-drucker aufgezeichnet.
Die Dosiergeschwindigkeit muss der Geschwindigkeit der Titrationsreaktion und der An-sprechzeit der Elektrode angepasst werden. Besonders bei grosser Potentialänderung in derNähe des Äquivalenzpunktes treten Diffusionsvorgänge am Diaphragma auf, die zu einerverzögerten Potentialeinstellung führen. Ist die Dosiergeschwindigkeit zu gross, dann ist beieiner langsamen Reaktion das Resultat zu tief und bei einer langsamen Ansprechzeit derElektrode zu hoch.
E [mV]
V [mL]
angepasste Dosiergeschwindigkeit
schnelle Dosiergeschwindigkeit
langsame Elektrode:langsame Reaktion:zu tiefe Resultate zu hohe Resultate
schnelle Reaktion,schnelle Elektrode:richtige ResultateEP
68
7 Regelung
Grundlagen der Titration
Moderne Titratoren lösen das Problem mit einer variablen Dosiergeschwindigkeit. DieTitriermittelzugabe wird in Funktion der gemessenen Signaländerung so geregelt, dass eineVerfälschung der Titrationskurve infolge Verzögerung der Potentialeinstellung auch imUmschlagsbereich vermieden wird.
Das Titriermittel wird mit hoher Geschwindigkeit bis zu einem festgelegten Kontrollbandzudosiert. Innerhalb des Regelbereichs nimmt die Geschwindigkeit exponentiell ab. In derNähe des Endpunktes wird mit Einzelpulsen dosiert: Ein Puls ist das kleinste Inkrement undbeträgt bei METTLER Büretten 1/5´000 des Bürettenvolumens.
Ein grosser Regelbereich führt zu einer genauen, jedoch langsamen Titration. Ein kleinerBereich ergibt eine schnelle Titration, birgt jedoch die Gefahr des Übertitrierens in sich. Beieiner S-förmigen, stetig verlaufenden Titrationskurve sollten nur etwa die letzten 10% des zudosierenden Volumens innerhalb des Regelbereichs liegen. Um ein Übertitrieren zu vermei-den, empfiehlt es sich, die Bürettenspitze so zu positionieren, dass der Rührer das Titriermittelauf dem kürzesten Weg an die Elektrode treibt.
E [mV – pH]
V [mL]
100
-100
-200
Endpunkt
Kontrollband = 250 mV/(4.3 pH)
8
7
6
5
4
Beginn des Regelbereichs
+200
+
0
9
10
7 Regelung
Grundlagen der Titration 69
Die Zeit vom Erreichen des Endpunktes bis zum definitiven Abschalten der Titration wird alsAbschaltverzögerung bezeichnet. Wird der Endpunkt während dieser Zeit nochmals unter-schritten, so erfolgen weitere Inkrementzugaben, bis der Endpunkt wieder erreicht wird. DieAbschaltverzögerung (typischer Wert: 10 s) ist gross zu wählen bei:
– grossen Titriergefässen
– schlechter Rührung
– langsamer Bestimmungsreaktion
– langer Ansprechzeit des Sensors
Die kontinuierliche Titriermittelzugabe bei Endpunkttitrationen eignet sich nur für steileTitrationskurven. Bei flachen Kurven (siehe Figur) führt eine falsche Wahl des Endpunktes(EP’ anstatt EP) bzw. eine driftende Elektrode zu einem verfälschten Äquivalenzvolumen(VEQ’ anstatt VEQ). Aus traditionellen Gründen (alte Normen, Vorschriften) muss jedochmanchmal auch bei flachen Kurven auf den vorbestimmten Endpunkt mittels kontinuierlicherTitriermittelzugabe titriert werden. Vor solchen Bestimmungen sollte die entsprechendeElektrode immer geeicht werden, um den genauen Endpunkt ermitteln zu können.
E
V
E
VVEQ VEQ ≠ VEQ`
EPEP`
70
7 Regelung
Grundlagen der Titration
7.1.2 Dynamisch-inkrementelle Titriermittelzugabe
Die Richtigkeit des Resultats einer Titration hängt hauptsächlich von der Qualität der für dieAuswertung zur Verfügung stehenden Messdaten ab. Aus diesem Grund hat sich eine neueArt der Titriermittelzugabe entwickelt: die inkrementelle Titration.
Das Titriermittel wird in einzelnen Volumenschritten zugegeben. Nach erfolgter Dosierungwird das sich einstellende Messsignal genau erfasst. Zu jedem Dosierschritt liefert derMessvorgang somit einen Messwert – einen sogenannten Stützwert – der Titrationskurve.
Erfolgt die Zugabe mit konstanten, grösseren Volumenschritten, so liegen bei steilen Titra-tionskurven in der Nähe des Äquivalenzpunktes sehr wenig Messdaten vor (siehe Figur).
ΔV ΔV
ΔE
ΔE
ΔE
ΔV = konstant
E [mV]
V [mL]
14
13
12
12
14
7 Regelung
Grundlagen der Titration 71
Mit kleineren Volumeninkrementen erhält man mehr Messpunkte. Die Titrationszeit wirddadurch aber verlängert, und im steilen, für die Berechnung wichtigen Teil erhält man nurwenige Messpunkte mehr.
ΔV ΔV
ΔE
ΔE
ΔE
ΔV = konstant
E [mV]
V [mL]
27
26
23
25
27
72
7 Regelung
Grundlagen der Titration
Es ist daher naheliegend, die Titriermittelzugabe so zu bemessen, dass stets eine etwagleichbleibende Signaländerung erfolgt. Diese Art der Zugabe wird als dynamische Titrier-mittelzugabe und die entsprechenden Titrationsregelung als dynamische Titration bezeich-net. Dadurch werden im flachen, uninteressanten Teil der Titrierkurve grosse, im steilen, fürdie Berechnung wichtigen Teil der Kurve kleine Volumeninkremente zudosiert.
ΔEΔE
ΔE ~ ΔEsoll)
ΔE
E [mV]
V [mL]ΔV ΔV
3
4
5
3
4
7 Regelung
Grundlagen der Titration 73
Aus den drei letzten Stützpunkten der laufenden Titration und der angestrebten Signalände-rung ΔE(soll) wird mittels Extrapolation das nächste Inkrement ΔV berechnet.
Die von Ebel [1] vorgeschlagene Formel bewährt sich in der Praxis sehr gut:
Ist das berechnete ΔV negativ, so wird folgende Formel verwendet:
Zusätzlich werden eine untere Limite ΔV(min) und eine obere Limite ΔV(max) für dasberechnete ΔV festgelegt. Die Wahl von ΔE(soll), ΔV(min) und ΔV(max) hängt von der Formder Titrationskurve ab.
Der zu wählende Wert von ΔE(soll) wird durch die Sprunghöhe bestimmt. Für eine Sprunghö-he von z.B. 250 mV ist 10 mV ein typischer Wert für ΔE(soll).
Bei sehr steilen Titrierkurven ergibt die Berechnung von ΔV unter Umständen sehr kleineVolumenwerte (Bruchteile eines einzelnen Bürettenpulses). Mit einer vernünftigen Wahl vonΔV(min) – z.B. 0.01 mL – kann das verhindert werden.
m1 =ΔE1
ΔV1
m2 =ΔE2
ΔV2
ΔV =ΔE ( sol l )
( 2 • m2 – m1 )
ΔV =ΔE ( sol l )
( 2 • m2–m1 )
E [mV]
V [mL]
ΔE
ΔE
ΔE ~ ΔE(soll)
ΔV
ΔV
ΔV
1. Stützpunkt
2. Stützpunkt
3. Stützpunkt
1
2
2
1
74
7 Regelung
Grundlagen der Titration
In sehr flachen Teilen der Titrierkurve kann die Berechnung von ΔV zu unsinnig grossenVolumeninkrementen führen. Mit der Begrenzung von ΔV(max) – z.B. 0.5 mL – kann dasverhindert werden.
Zum Verständnis der Parameter dient die folgende Messwerttabelle, die nach der Titrationeiner Phosphorsäurelösung mit Natronlauge (0.1 mol/L) erhalten wurde.
Titrierkurve
EQP 1
EQP 2
7 Regelung
Grundlagen der Titration 75
1. Das zudosierte Volumeninkrement übertrifft im flachen Teil der Kurve nie den Wert vonΔV(max).
2. Das zudosierte Volumeninkrement unterschreitet im steilen Bereich der Kurve nie denWert von ΔV(min).
3. Die Signaländerung ist im mittleren Teil der Kurve dank der dynamischen Regelung immeretwa 10 mV.
4. Die Zeit zwischen zwei Inkrementen variiert zwischen 3 s (t(min)) und 30 s (t(max)),entsprechend den Parametern der gleichgewichtskontrollierten Messwertübernahme.
Messwerttabelle
1
1
2
2
1
3
4
4
76
7 Regelung
Grundlagen der Titration
Weist die Titrierkurve vor dem Äquivalenzpunkt einen scharfen Knick auf, so müsste ΔV(max)sehr klein gewählt werden, damit der Sprung nicht verpasst wird. Der Wert von ΔV(max) nähertsich dann dem Wert von ΔV(min). In solchen Fällen ist es sinnvoll, die Titration mit kleinen,konstanten Volumeninkrementen durchzuführen.
E [mV]
V [mL]
7 Regelung
Grundlagen der Titration 77
7.1.3 Vordosierung
Durch eine Vordosierung kann die Titration wesentlich beschleunigt werden. Es hat keinenSinn, im Anfangsbereich der Titration genaue Messdaten zu erfassen, wenn diese nicht für dieAuswertung benötigt werden. Folgende Vordosierungsarten sind möglich:
1. Vordosierung eines fixen Volumens
2. Sollgehaltsvordosierung
3. Vordosierung auf einen bestimmten Potentialwert
4. Vordosierung auf eine bestimmte Steigung der Titrationskurve
Die ersten beiden Verfahren benötigen keine Erfassung eines Messsignals. Die beiden letztenberücksichtigen eine variable Menge und einen variablen Gehalt einer Probe, bedingen abereine Steuerung der Titriermittelzugabe bei gleichzeitiger Erfassung des Messsignals. DieTitriermittelzugabe kann dabei kontinuierlich oder inkrementell erfolgen. Eine genaue Signal-erfassung ist nicht erforderlich. Wichtig ist eine schnelle Vordosierung.
Das zweite Verfahren, die Sollgehaltsvordosierung, berücksichtigt auch eine variable Proben-menge, kommt aber ohne Messsignalerfassung aus. Hält sich der Erwartungswert desGehalts einer Probe (=Sollgehalt) innerhalb gewisser Grenzen, so kann, unter Berücksichti-gung der Probenmenge (Einwaage oder vorgelegtes Volumen), das zu dosierende VolumenV, das einem Teilgehalt der Probe entspricht, berechnet werden:
V = (Dosiermenge/100) • Sollgehalt • m (bzw. U)/(C • c • t)
Dabei ist
Dosiermenge: die zu dosierende Menge in % des Sollverbrauchs
Sollgehalt: der Sollgehalt der Probe (Einheit nach Belieben)
m (bzw. U): das Gewicht (bzw. Volumen) der Probe
C: die Verrechnungskonstante für die Umrechnung von mmol auf die Einheit desSollgehalts, z.B: Umrechnung auf Einheit %: C = M/10 • z
c: die Sollkonzentration des Titriermittels
t: der Titer des Titriermittels
Folgt auf die fixe Vordosierung eine dynamische Titration, so wird die Vordosierung vorteilhaftin mehrere Schritte (z.B. drei) aufgeteilt, bei gleichzeitiger Erfassung des Messsignals nachjedem Schritt. Auf diese Weise ist eine optimale Berechnung des ersten Inkrements nach derVordosierung möglich.
Es können gleichzeitig mehrere Vordosierungsverfahren angewendet werden. Dabei wirdeine Vordosierung nach der andern durchgeführt.
78
7 Regelung
Grundlagen der Titration
7.2 Messwertübernahme
Nach jeder Zugabe eines Volumeninkrements muss ein Messwert übernommen werden. Daskann auf zwei Arten erfolgen:
– zeitinkrementell oder
– gleichgewichtskontrolliert.
Bei der zeitinkrementellen Messwertübernahme wird der Messwert nach jeder Inkrement-zugabe nach einer bestimmten Wartezeit Δt übernommen.
E [mV]
t [s]
Δt = 3s Δt = 3s Δt = 3s
Messwert
MesswertMesswert
Messwert
Inkrementzugabe
InkrementzugabeInkrementzugabe
1 2 3
7 Regelung
Grundlagen der Titration 79
Bei der gleichgewichtskontrollierten Messwertübernahme [2] wird der Messwert nachjeder Inkrementzugabe erst dann übernommen, wenn sich ein Gleichgewicht in der Lösungeingestellt hat und das Messsignal stabil geworden ist.
Der Messwert wird dann übernommen, wenn innerhalb einer festgelegten Zeit Δt sich dasPotential nicht mehr als um den Betrag ΔE ändert, das heisst, die gemessene Drift desElektrodenpotentials muss während der Zeit Δt kleiner sein als der festgelegte Quotient ΔE/Δt (Zeitfenster). Diese Gleichgewichtsbedingung kann frühestens bei der festgelegten Zeitt(min) und soll spätestens bei der festgelegten Zeit t(max) eintreten. Bei t(max) wird derMesswert auf jeden Fall übernommen, auch wenn die Gleichgewichtsbedingung noch nichterfüllt ist.
Die Messwerte werden auf diese Weise nach verschiedenen Zeiten übernommen. Ist dieSignaländerung nach der Inkrementzugabe klein oder stellt sich das Gleichgewicht rasch ein,so erfolgt die Messwertübernahme schon kurz nach Überschreiten von t(min). Ist dieSignaländerung gross oder stellt sich das Gleichgewicht langsam ein, so wird dementspre-chend länger gewartet. Die Messwertübernahme ist auf diese Weise während der ganzenTitration optimal an die chemische Reaktion und an das Ansprechverhalten des Sensorsangepasst.
Standardwerte für die Parameter der gleichgewichtskontrollierten Messwertübernahme sind:
ΔE = 0.5 mV
Δt = 1 s
t(min) = 3 s
t(max) = 30 s
Für eine Bestimmung der optimalen Gleichgewichtsbedingung ist die Beobachtung desMesssignals als Funktion der Zeit notwendig.
Hinweis: Ist das Messsignal sehr unruhig (z.B. infolge Rauschens, stark schwankendenAnsprechverhaltens des Sensors usw.) oder driftet es, dann ist der zeitinkremen-tellen Messwertübernahme den Vorzug zu geben.
80
7 Regelung
Grundlagen der Titration
a: Die festgelegte Gleichgewichtsbedingung ist nicht erfüllt.
t(min): Die Gleichgewichtsbedingung ist nach 3 s noch nicht erfüllt.
b: Die Gleichgewichtsbedingung ist nach 5.4 bzw. 6.9 s das erste Mal erfüllt.
t [s]
1 5t(min)
E [mV]
0 1 t(min) 5
Inkrementzugabe
a
b
163
162
161
160
159
158
157
156
155
154
153
152
151
Δt = 2 s
ΔE = 1 mV
Inkrementzugabe
a
b
Δt = 2 s
ΔE = 1 mV
7
164
0
t(min)
t(min)
7 Regelung
Grundlagen der Titration 81
Bei langsam ansprechender Elektrode oder langsamer Bestimmungsreaktion muss die Zeitt genügend gross gewählt werden. Mit einer grossen Minimalzeit t(min) kann eine zu früheMesswertübernahme bei einem oszillierenden Signalverlauf vermieden werden (siehe Kap.6.2).
a: Die festgelegte Gleichgewichtsbedingung ist nicht erfüllt.
t(min): Die Gleichgewichtsbedingung ist nach 6 s noch nicht erfüllt.
b: Die Gleichgewichtsbedingung ist nach 8.5 s das erste Mal erfüllt.
t [s]
1 5
E [mV]
0 t(min) 8
120
119
118
117
116
115
114
113
112
111 Inkrementzugabe
03
a
b
t(min)
Δt =1 s
ΔE = 0.5 mV
Inkrementzugabe
82
7 Regelung
Grundlagen der Titration
7.3 Abbruch der Titration
Der rechtzeitige Abbruch der Titration kann durch die Wahl verschiedener Parameterausgelöst werden:
– Abbruch beim Maximalvolumen
– Abbruch nach einer bestimmten Anzahl erkannter Äquivalenzpunkte
– Abbruch beim Erreichen eines bestimmten Potentialwertes
– Abbruch beim Unterschreiten einer bestimmten Steigung der Titrierkurve
– Abbruch beim Überschreiten einer Volumenzugabe von x % (x > 100) des Sollverbrauchs.
Der Abbruch beim Maximalvolumen ist eine zusätzliche Notbremse, um z.B. bei einemFehlverhalten ein Überlaufen des Titrierbechers zu vermeiden. Es können gleichzeitigmehrere Abbruchkriterien aktiv sein; dasjenige, welches zuerst erfüllt wird, verursacht denAbbruch der Titration.
[1] S. Ebel und B. Beyer, Fres. Z. Anal. Chem., 312, 346 (1982)
[2] W. Rellstab, Chemische Rundschau, 25, 1571 (1972)
8 Äquivalenzpunkterkennung
Grundlagen der Titration 83
8 Die Ermittlung des Äquivalenzpunktes
Das Ende einer Titration ist dann erreicht, wenn der zu analysierenden Substanz eineäquivalente Menge an Titriermittel zugegeben worden ist. Aus dem Volumen der Masslösung,das bis zum Erreichen dieses Punktes – dem Äquivalenzpunkt – benötigt wird, und ihrerbekannten Konzentration lässt sich bei Kenntnis des Reaktionsverlaufs die Menge desgesuchten Stoffes berechnen. Die Genauigkeit (Präzision und Richtigkeit, siehe Kap. 10) desResultats hängt grösstenteils von der gewählten Methode zur Ermittlung des Äquivalenzpunk-tes ab. Die Methoden zur Erkennung und die genaue Berechnung des Äquivalenzpunkteswerden in diesem Kapitel behandelt.
8.1 Die Lage des Äquivalenzpunktes
Die in der Praxis auswertbaren Titrationskurven weisen in unmittelbarer Nähe des Äquivalenz-punktes entweder eine Änderung der Steigung (sog. lineare oder segmentierte Titrationskur-ven: z.B. amperometrisch, konduktometrisch und photometrisch indizierte Titrationen) oderder Krümmungsrichtung auf (sog. logarithmische oder S-förmige Titrationskurven: z.B.potentiometrisch und voltametrisch indizierte Titrationen). Diese Knickpunkte bzw. Wende-punkte werden durch die Gleichgewichtskonstanten der Titrationsreaktion, die vorgelegtenKonzentrationen, die Volumenänderung durch die zudosierte Menge an Titriermittel unddurch andere Faktoren beeinflusst. Jede Form einer Titrationskurve erfordert theoretisch einespezifische Art der Ermittlung des Äquivalenzpunktes, wenn eine optimale Genauigkeit desAnalysenresultats erzielt werden soll.
Als Endpunkt einer potentiometrischen Titration wird oft der Wendepunkt der Titrationskurvebestimmt. Am Beispiel der Titration einer starken Säure mit einer starken Base wird hiergezeigt, dass die Bestimmung des Wendepunkts eine brauchbare Näherung für den Äquiva-lenzpunkt ist.
Zur Darstellung der Titrationskurve benötigt man die H3O+-Konzentration bzw. den pH-Wert
als Funktion der Titriermittelzugabe. Die folgende Tabelle enthält die H3O+-Konzentration
bzw. den pH-Wert und den Titrationsgrad als Funktion der Menge Natronlauge der Konzen-tration 0.1 mol/L, die zu einer Lösung von 50 mL Salzsäure der Konzentration 0.01 mol/Lzugegeben worden ist.
84
8 Äquivalenzpunkterkennung
Grundlagen der Titration
mL NaOH Titrationsgrad c(H+) pH ΔpH c(H+) pH ΔpHa* a* a* b* b* b*
0.0 0 10-2 2 1.0 • 10-2 2.0 4.5 0.9 10-3 3 1 0.917 • 10-3 3.037 1.037 4.95 0.99 10-4 4 1 0.910 • 10-4 4.041 1.004 4.995 0.999 10-5 5 1 0.909 • 10-5 5.041 1.000 4.9995 0.9999 10-6 6 1 0.929 • 10-6 6.036 0.995 5.0 1 10-7 7 1 1.0 • 10-7 7 0.964 5.0005 1.0001 10-8 8 1 1.087 • 10-8 7.964 0.964 5.005 1.001 10-9 9 1 1.100 • 10-9 8.959 0.995 5.05 1.01 10-10 10 1 1.101 • 10-10 9.958 0.999 5.5 1.1 10-11 11 1 1.110 • 10-11 10.955 0.997 10.0 2 10-12 12 1 1.200 • 10-12 11.921 0.966
a*: Verdünnung durch die Zugabe des Titriermittels NaOH vernachlässigt
b*: Verdünnung durch die Zugabe des Titriermittels NaOH berücksichtigt
Aus den pH-Werten und deren Differenzen in der Tabelle folgt, dass die Titrationskurve in derUmgebung des Äquivalenzpunktes (Titrationsgrad ~1) auch bei Berücksichtigung der Ver-dünnung durch die Zugabe des Titriermittels praktisch symmetrisch ist und einen Wendepunktaufweist, der innerhalb der Messgenauigkeit mit dem Äquivalenzpunkt zusammenfällt.
Die Volumendifferenz zwischen Äquivalenzpunkt und Wendepunkt ist bei Titrationen vonstarken Säuren mit starken Basen nur durch die Verdünnung bestimmt und ist vernach-lässigbar klein. Zeigt die Titrationskurve eine deutliche Asymmetrie, so kann der Fehler beieiner Wendepunktsbestimmung so gross werden, dass eine andere Art der Berechnung desÄquivalenzpunktes nötig wird (z.B. bei heterovalenten Redox- oder Fällungstitrationen).
8 Äquivalenzpunkterkennung
Grundlagen der Titration 85
8.2 Die praktische Erkennung des Äquivalenzpunktes
Bevor überhaupt Äquivalenzpunkte exakt berechnet werden können, müssen sie zuerstanhand der gemessenen Stützwerte lokalisiert werden.
Bei S-förmigen Titrationskurven kann der Wendepunkt der Titrationskurve als Kriterium für dieÄquivalenzpunkterkennung benutzt werden. Dazu dient die erste Ableitung der Titrationskur-ve.
Nimmt der Absolutwert der Steigung zwischen den einzelnen Stützwerten vor einem Maxi-mum mindestens zweimal zu und dann wieder mindestens zweimal ab, so liegt mit grössterSicherheit ein Wendepunkt in der Titrierkurve vor (Situation a).
Die Situation b ist unsicher. Entweder handelt es sich wirklich um einen schwach ausgepräg-ten Wendepunkt, oder das Maximum wurde durch einen schlecht erfassten Stützwert (z.B.durch eine Störung des Messvorgangs) verursacht.
Die Erkennung von Wendepunkten auf diese Art ist nicht immer eindeutig und wird u.a. durchdie Messpunktdichte (Grösse der Volumeninkremente), der Stabilität des Messsignals undder Grösse der Signaländerungen zwischen den einzelnen Stützpunkten beeinflusst.
ΔE/ΔV
V
a
b
86
8 Äquivalenzpunkterkennung
Grundlagen der Titration
Der Unsicherheitsgrad bei der Äquivalenzpunkterkennung kann wesentlich verkleinert wer-den durch:
– Festlegung der Tendenz
– Festlegung eines Schwellenwertes
– Festlegung eines Äquivalenzpunktbereichs.
Die Tendenz legt die Titrierrichtung fest. Damit können alle Äquivalenzpunkte, derenTitrierrichtung nicht mit der Tendenz übereinstimmt, herausgefiltert werden. Die folgendeFigur zeigt schematisch eine typische Titrierkurve einer photometrisch indizierten Tensidbe-stimmung. Mit Hilfe der Tendenz kann erreicht werden, dass nur einer der prinzipiell möglichenÄquivalenzpunkte ausgewertet wird.
E
V
Äquivalenzpunkt
Kein Äquivalenzpunkt(falsche Tendenz)
Tendenz
8 Äquivalenzpunkterkennung
Grundlagen der Titration 87
Der Schwellenwert (Einheit: mV/mL) erlaubt bei S-förmigen Titrationskurven das Unterdrük-ken von flachen Sprüngen. Alle Maxima in der ersten Ableitung, die unterhalb des Schwellen-wertes liegen, werden nicht berücksichtigt (siehe Figur).
ΔE/ΔV
V
Schwellen-wert
Äquivalenzpunkt
Kein Äquivalenzpunkt(unterhalb Schwelle)
88
8 Äquivalenzpunkterkennung
Grundlagen der Titration
Mit dem Äquivalenzpunktbereich wird ein Messwertbereich festgelegt, in dem sich dieÄquivalenzpunkte befinden müssen. Alle Äquivalenzpunkte ausserhalb des Bereichs werdennicht ausgewertet (siehe Figur).
Die Kombination dieser Hilfsmittel führt zu einem hohen Sicherheitsgrad bei der Erkennungder Äquivalenzpunkte.
V
E
Äquivalenzpunkt
Kein Äquivalenzpunkt(ausserhalb des Äqui-valenzpunktbereichs)
Äquivalenzpunktbereich
8 Äquivalenzpunkterkennung
Grundlagen der Titration 89
Δ2E/ΔV2
V
ΔE/ΔV
V
E
V
Titrierkurve 1. Ableitung 2. Ableitung
Die Erkennung von Äquivalenzpunkten bei segmentierten Kurven geschieht auf ähnlicheWeise. Bildet man die erste Ableitung einer segmentierten Kurve, so erhält man eine S-förmige Kurvenform wie bei logarithmischen Titrationskurven. Das Lokalisieren eines Maxi-mums und die Anwendung eines Schwellenwertes erfolgt nicht in der ersten, sondern in derzweiten Ableitung.
90
8 Äquivalenzpunkterkennung
Grundlagen der Titration
8.3 Die Berechnung des Äquivalenzpunktes S-förmigerTitrationskurven
Für die Bestimmung des Äquivalenzpunktes einer Titration sind viele Verfahren beschriebenworden. Man kann sie in drei verschiedene Gruppen einordnen:
– Näherungsverfahren
– Interpolationsverfahren
– mathematische Verfahren.
Alle Methoden haben das Ziel, den Äquivalenzpunkt rechnerisch aus den Potentialwerten zuermitteln.
Die Näherungsverfahren berücksichtigen nur wenige Stützpunkte in der Nähe des Äquiva-lenzpunktes. Eine mathematische Kenntnis des Verlaufs der Titrationskurve wird nichtvorausgesetzt. Diese Verfahren sind somit nicht von der Art der Titrationsreaktion und derIndikation abhängig. Sie ermitteln deshalb auch nicht den wahren Äquivalenzpunkt.
Interpolationsverfahren benötigen wie die Näherungsverfahren keine mathematische Be-schreibung der Titrationskurve. Sie versuchen, die Titrationskurve anhand der Stütz-wertedurch empirische Funktionen anzugleichen. Auch diese Methoden bestimmen nicht denwahren Äquivalenzpunkt.
Mathematische Verfahren sind Methoden zur Äquivalenzpunktbestimmung, die eine mathe-matische Beschreibung (physikalisches Modell) des Titrationsverlaufs benötigen. DieseVerfahren bestimmen den wahren Äquivalenzpunkt. Das zu verwendende Modell hängt vonder Art der Titrationsreaktion und der Indikation ab. Der mathematische Aufwand ist meist sehrgross und die Auswertung rechenintensiv.
8.3.1 Näherungsverfahren
Die hier diskutierten Näherungsverfahren setzen konstante Volumenschritte voraus. DerÄquivalenzpunkt wird aus den drei grössten Potentialschritten bestimmt.
Das traditionelle Verfahren von Kolthoff und Furmann [1] geht von der Voraussetzung aus,dass Äquivalenzpunkt und Wendepunkt zusammenfallen und die Titrierkurve in diesem Punktsymmetrisch ist. Der Wendepunkt ist mathematisch durch die Nullstelle der zweiten Ableitunggegeben. Weiter wird angenommen, dass die berechneten Differenzenquotienten ΔE/ΔV (3Werte) bzw. Δ2E/ΔV2 (ein positiver und ein negativer Wert) die erste und zweite Ableitung derTitrationskurve genügend genau wiedergeben. Aus dem positiven und negativen Wert der soermittelten zweiten Ableitung wird der Nullpunkt mittels linearer Interpolation bestimmt.
Neuere Verfahren beruhen auf Nomogrammen von Fortuin [2].
8 Äquivalenzpunkterkennung
Grundlagen der Titration 91
Die mathematische Grundidee beruht auf der Ähnlichkeit des Titrationsverlaufs mit derUmkehrfunktion der hyperbolisch-trigonometrischen Funktionen. Dieser Zusammenhangwird im folgenden Kapitel über mathematische Verfahren zur Äquivalenzpunktbestimmungdetailliert behandelt.
Von Wolf [3] und von Keller und Richter [4] sind numerische Approximationen dieserNomogramme angegeben worden.
Mit der Einführung einer Hilfsgrösse r (siehe unten) lässt sich der Äquivalenzpunkt für alleVerfahren mit folgender Gleichung berechnen:
VEQ = Vmax + a • ΔV + b • r • ΔV
0 für ΔE1 vor ΔE0 + für ΔE1 vor ΔE0
(ΔEv > ΔEn) (ΔEv > ΔEn)
a = b =
1 für ΔE1 nach ΔE0 – für ΔE1 nach ΔE0
(ΔEv < ΔEn) (ΔEv < ΔEn)
ΔE0, ΔE1 und ΔE2 bezeichnen die drei nach der Grösse geordneten Potentialschritte.
ΔVΔV
E [mV]
V [mL]
ΔV
ΔE ΔE
ΔE
ΔEΔE
0
v
n
1
2
Vmax
92
8 Äquivalenzpunkterkennung
Grundlagen der Titration
Autoren Gleichung für r Bedingung
Kolthoff–Furmann [1] – – – –
Wolf 1 [3] r = 0.5R2 – 0.2R
12 – – – –
Wolf 2 r = [0.5R2– 0.3R
12(1 – R
2)] • (1 – R
116) – – – –
Keller-Richter [4] r >= 0.1
Das Verfahren von Keller-Richter ist nur unter der angegebenen Bedingung anwendbar. Istdiese nicht erfüllt, so kann man zwei Potentialwerte zusammenfassen, wobei ΔE
0 + ΔE
1 zum
neuen ΔE0 wird.
Neben der Bedingung von konstanten Volumenschritten haben diese Methoden den weiterenNachteil, dass lediglich vier Messpunkte in der Nähe des Äquivalenzpunktes für die Auswer-tung herangezogen werden. Gerade diese Messpunkte können durch zeitabhängige Phäno-mene (Ansprechzeit der Elektrode, Kinetik der Bestimmungsreaktion usw.) mit Fehlernbehaftet sein, die voll in die Berechnung eingehen.
Es muss darauf hingewiesen werden, dass alle hier genannten Näherungsverfahren streng-genommen nur für Titrationen von starken Säuren mit starken Basen und für isovalenteFällungstitrationen gelten. Trotzdem wurden aber auch bei anderen Titrationen gute Resultateerzielt.
Eine systematische Studie von Ebel [5] über die Genauigkeit dieser Näherungsverfahrenzeigte, dass die Methode von Keller-Richter die zuverlässigsten Resultate liefert.
8 Äquivalenzpunkterkennung
Grundlagen der Titration 93
8.3.2 Interpolationsverfahren
Interpolationsverfahren beziehen alle oder die für die Interpolation relevanten Stützwerte indie Auswertung ein. Sie sind also nicht so stark von Potentialübernahmefehlern in der Nähedes Äquivalenzpunktes beeinflusst.
Ein bekanntes Verfahren ist die Interpolation der Titrationskurve mit Modellfunktionen,insbesondere den sog. Spline-Funktionen. Aus dem Maximum der ersten Ableitung oderdem Nulldurchgang der zweiten Ableitung der angenäherten Titrationskurve wird der Wende-punkt bestimmt.
Die Methode versagt bei ausgeprägt asymmetrischen Kurven. Die Differenz zwischenWendepunkt und wahrem Äquivalenzpunkt ist dann zu gross und führt zu einem systemati-schen Auswertefehler.
Tubbs-Verfahren
Für die Auswertung asymmetrischer, analog registrierter Titrationskurven hat Tubbs [6] eingraphisches Verfahren beschrieben. Es hat sich in der Routine bestens bewährt, weilTitrationskurven oft nicht den theoretischen Verlauf anhand eines mathematischen Modellszeigen (z.B. bei Fällungs- und Redoxtitrationen).
Die empirische Methode beruht auf folgender Idee:
E
V
M
M
1
2
Äquivalenzpunkt
94
8 Äquivalenzpunkterkennung
Grundlagen der Titration
Beide Äste der Titrationskurve besitzen jeweils einen einschreibbaren Krümmungskreis mitminimalem Radius. Das Verhältnis der beiden Radien wird durch die Asymmetrie der Kurvebestimmt. Der mittlere Schnittpunkt der Verbindungsgeraden zwischen den Kreismittelpunk-ten M1 und M2 mit der Titrationskurve ergibt den gesuchten Äquivalenzpunkt. TheoretischeBerechnungen zeigen, dass der wahre Äquivalenzpunkt bei asymmetrischen Titrationskur-ven immer zwischen Wendepunkt und demjenigen Ast der Titrationskurve liegt, der diegrösste Krümmung (den kleineren Krümmungskreis) aufweist. Das Resultat der Tubbs-Auswertung kommt diesem wahren Äquivalenzpunkt sehr nahe, wenn der Verlauf derTitrationskurve regelmässig ist und die Krümmungskreise den beiden Ästen der Titrationskur-ve einberechnet werden können.
Eine rechnerische Variante des Tubbs-Verfahrens für digital registrierte Titrationskurvenwurde von Ebel [7] beschrieben:Dazu werden diejenigen Teile der Titrationskurve, die im Bereich der stärksten Krümmungliegen, durch eine Hyperbel approximiert. Für jede approximierte Hyperbel wird der Scheitel-punkt bestimmt. Dieser Punkt auf der Hyperbel liegt am Ort mit der grössten Krümmung. DieMittelpunkte der zugeordneten kleinsten Krümmungskreise sind die Brennpunkte der beidenHyperbeln. Der Schnittpunkt der Verbindungsgeraden der beiden Brennpunkte mit derTitrationskurve ergibt wie in der graphischen Variante den gesuchten Äquivalenzpunkt.
Für die Auswertung sind je mindestens sechs Messpunkte im Bereich der stärksten Krüm-mung vor und nach dem Wendepunkt der Titrationskurve notwendig (siehe Figur).
8.3.3 Mathematische Verfahren
Die mathematischen Verfahren können in zwei Gruppen eingeteilt werden:
– direkte Auswertung der experimentellen Daten E vs. V mittels Iterationsverfahren odernichtlinearer Regressionsanalyse
– indirekte Auswertung der experimentellen Daten E vs. V durch mathematische Linearisie-rung der Titrationskurve.
8 Äquivalenzpunkterkennung
Grundlagen der Titration 95
Nichtlineare Regressionsanalyse [8]
Diese Verfahren haben das Ziel, die Parameter P1, P2, P3, ... usw. einer mathematischenModellfunktion
Y = f(X; P1,P2,P3,...)
anhand N experimenteller Datenpaare (xi, yi) so zu bestimmen, dass die Fehlerquadratsumme
minimal wird (Methode der kleinsten Quadrate).Die Bestimmung der Parameter P1, P2, P3, ... erfolgt durch ein aufwendiges iterativesVerfahren. Eine der leistungsfähigsten Methoden der nichtlinearen Ausgleichsrechnung istdas Verfahren von Marquardt [9]. Es benötigt für eine effiziente Berechnung die partiellenAbleitungen ∂y/∂Pi der Modellfunktion nach allen Parametern. Die Anzahl der verwendetenMesswertpaare muss grösser sein als die Zahl der mit Hilfe der nichtlinearen Regression zubestimmenden Parameter.
Der mathematische und rechentechnische Aufwand ist enorm. Die Optimierung von Funktio-nen mit mehr als vier oder fünf Parametern sprengt den Rahmen der Möglichkeiten derheutigen kommerziellen Titratoren.
Mathematische Linearisierung der Titrationskurven
Die Idee dieser Verfahren besteht darin, dass eine Modellfunktion der Titrationskurve
E = f(V)
mathematisch so umgeformt wird, dass ein linearer Zusammenhang zwischen den neuenVariablen X und Y entsteht:
E = f(V) : E —> Y
V —> X : —> Y = A • X + B
Der gesuchte Äquivalenzpunkt kann dann je nach Modell aus einer der folgenden Grössenberechnet werden:
– Steigung A
– Achsenabschnitt B(Y-Achse)
– Achsenabschnitt –B/A(X-Achse)
Dieses Verfahren wurde erstmals von Gran [10] für die Auswertung von Säure–BaseTitrationen verwendet.
96
8 Äquivalenzpunkterkennung
Grundlagen der Titration
Beispiel: Titration einer starken Säure (z.B. HCl) mit einer starken Base (z.B. NaOH)
In wässriger Lösung sind HCl und NaOH während dem ganzen Verlauf der Titration vollständigdissoziiert:
HCl + H2O —> H3O+ + Cl-
NaOH —> Na+ + OH-
Folgende Titrationsreaktion spielt sich ab:
2H2O —> H3O+ + OH-
Das entsprechende Massenwirkungsgesetz (Ionenprodukt des Wassers) lautet:
Die Ladungsbilanz beträgt:
Die Massenbilanzen der nicht an der Titrationsreaktion beteiligten Ionen betragen im Verlaufder Titration:
Dabei ist:
CONC: die Konzentration des Titriermittels NaOH [mol/L]
V0: das Anfangsvolumen der Titration [mL]
V: das zudosierte Volumen an Titriermittel [mL]
VEQ: der Titriermittelverbrauch bis zum Äquivalenzpunkt [mL]
Das Einsetzen der Massenbilanzen in die Ladungsbilanzgleichung und Auflösen nach [H+]([H+] = [H3O+]) ergibt eine quadratische Gleichung:
8 Äquivalenzpunkterkennung
Grundlagen der Titration 97
Mit Hilfe des Nernst’schen Gesetzes
findet man die Gleichung für die Titrationskurve:
Diese Gleichung weist fünf Parameter auf: die Elektrodenparameter E0 und S, den Verbrauchan Titriermittel bis zum Äquivalenzpunkt, VEQ, das Anfangsvolumen V0 zur Berücksichtigungder Verdünnung und Kw, das Ionenprodukt des Wassers.
Diese Gleichung für den Verlauf der Titrationskurve lässt sich auch mit Hilfe der Umkehrfunk-tion der hyperbolisch-trigonometrischen Funktion beschreiben:
Durch Division von
durch erhält man [2]:
Diese Gleichung lässt sich auch anders ausdrücken:
98
8 Äquivalenzpunkterkennung
Grundlagen der Titration
Daraus folgt der pH-Verlauf
bzw. die Nernst-Gleichung
mit α = E0 + pKw/2
und β = S • (log e).
Diese Gleichung ist die Grundgleichung der Nomogramme von Fortuin [2].
Berücksichtigt man nur einige wenige Messpunkte in der Umgebung des Äquivalenzpunktes(V ~ VEQ), so kann der Nenner in der Funktion sinh-1 zu einem einzigen Parameter γzusammengefasst werden:
mit
Damit ist die Gleichung für die Titrationskurve auf die vier Parameter α, β, γ und VEQ reduziert.
Die Gleichung mit den vier Unbekannten lässt sich mit vier Messwertpaaren (Ei, Vi; i=1,...4)exakt lösen. Aus den vier Messwerten können durch Bildung von drei Differenzen ΔEij derParameter α und durch Bildung von zwei Differenzenquotienten ΔE
ij/ΔE
kl der Parameter β
eliminiert werden. Das sich ergebende Gleichungssystem mit den zwei Unbekannten γ undVEQ lässt sich nicht nach VEQ auflösen [2]. Der Wert von VEQ muss deshalb iterativ mit Hilfedes Verfahrens von Newton bestimmt werden. Die Einschränkung von konstanten Volumen-schritten wie beim Verfahren von Keller-Richter besteht bei dieser Methode nicht. Sie kanndeshalb auch bei Titrationen mit dynamischer Titriermittelzugabe eingesetzt werden.
Ein durch einen Störeinfluss bei der Messwertübernahme fehlerhafter Messpunkt wirkt sichstark auf das Resultat dieses Verfahrens aus. Es ist sogar möglich, dass die Iteration versagtund kein Resultat gefunden werden kann.
8 Äquivalenzpunkterkennung
Grundlagen der Titration 99
Die Auswirkung dieser Fehlerquelle auf die Auswertung ist kleiner, wenn dafür das obenbeschriebene Verfahren der nichtlinearen Regression verwendet wird. Durch die Glättungsei-genschaften der Ausgleichsrechnung fällt ein einzelner, fehlerhafter Messpunkt weniger starkins Gewicht als beim Versuch, das Gleichungssystem exakt zu lösen.
Der DL70 verwendet als Standardverfahren für die Auswertung S-förmiger Titrationskurvendiese Methode. Der Äquivalenzpunkt wird mit Hilfe des Marquardt-Verfahrens [9] und demsoeben beschriebenen Modell der Titration einer starken Säure mit einer starken Basebestimmt.
Das Prinzip der mathematischen Linearisierung der Titrationskurve lässt sich auch an diesemBeispiel zeigen.
Ausgehend von der Ladungsbilanzgleichung
und Auflösen nach G = VEQ – V (statt nach [H+] ) ergibt [10]:
Durch die Darstellung von G als Funktion von V erhält man den gewünschten linearenZusammenhang.
Vor dem Äquivalenzpunkt (V < VEQ) gilt:
Nach dem Äquivalenzpunkt (V > VEQ) gilt:
100
8 Äquivalenzpunkterkennung
Grundlagen der Titration
Stellt man die transformierten Daten graphisch dar, so erhält man zwei Geraden mit denSteigungen -1 bzw. +1, welche die V-Achse bei V = VEQ schneiden.
Aus dieser oft als Gran-Kurve bezeichneten Graphik sieht man die potentiellen Vorteile dieserMethode: Ohne dass bis zum Äquivalenzpunkt titriert wird, kann mit wenigen Messpunktengraphisch oder rechnerisch mit linearer Regression der Äquivalenzpunkt bestimmt werden.Voraussetzung dafür ist aber, dass die Elektrodenparameter (Nullpunkt und Steilheit) und dasAnfangsvolumen V0 genau bekannt sind. Sonst ergeben sich teilweise gekrümmte Kurven,und die Bestimmung von VEQ wird fehlerhaft.
Weiter ist zu beachten, dass diese Methode für jede Titrationsreaktion sowohl eine individuelleTransformationsfunktion G benötigt als auch die Kenntnis weiterer Modellparameter, wie z.B.die Stabilitätskonstanten.
G
V
VEQ
G =
G =
1
2
V + V
CONC10
0
-pH
-pKw
10
10-pH
•
V + V
CONC0
•
8 Äquivalenzpunkterkennung
Grundlagen der Titration 101
8.4 Die Äquivalenzpunktberechnung segmentierter Titrationskurven
Die Knickpunkte linearer Titrationskurven können durch Extrapolation der angrenzendengeraden Kurventeile und Berechnung ihrer Schnittpunkte erhalten werden.
Das Hauptproblem besteht dabei im Auffinden der Kurventeile, die als repräsentativeGeraden betrachtet werden können. Oft sind nur kurze Teilstrecken der Titrationskurveannähernd linear. Es ist zu beachten, dass alle Messwerte Ei einer Verdünnungskorrektur –Multiplikation aller Ei’s mit dem Faktor (V0 + Vi)/V0 – unterzogen werden müssen. Unterlässtman diese Massnahme, so sind auch die linearen Abschnitte leicht gekrümmt.
E
V
102
8 Äquivalenzpunkterkennung
Grundlagen der Titration
Folgende Methode dient als Alternativezum Verfahren der Geradenextrapolation:
Die erste Ableitung einer segmentiertenKurve ergibt die typische Form einerS-förmigen Kurve, deren Wendepunkteine gute Näherung für den Äquivalenz-punkt darstellt.
Die Auswertung segmentierter Kurvenerfolgt mit einem Verfahren für S-förmigeTitrationskurven, wobei aber nicht dieStützpunkte der Titrationskurve, sonderndie berechneten Daten der ersten Ablei-tung verwendet werden.
Die Äquivalenzpunkterkennung erfolgtdeshalb nicht mit Hilfe der berechnetenersten Ableitung, sondern mit der be-rechneten zweiten Ableitung. Auch dieSchwelle für die Äquivalenzpunkt-erkennung bezieht sich auf Daten derzweiten Ableitung.
Die einzelnen Teilabschnitte brauchennicht exakt linear zu sein. Entscheidendfür eine genaue Bestimmung des Äqui-valenzpunktes ist das Vorhandenseineines deutlichen Knicks zwischen deneinzelnen Teilabschnitten der Titrations-kurve.
ΔE/ΔV
V
Δ2E/ΔV2
V
Schwellenwert
berechneterÄquivalenzpunkt
8 Äquivalenzpunkterkennung
Grundlagen der Titration 103
8.5 Der Halbneutralisationswert
Die Aciditätskonstante Ka (siehe Kap. 3.1.4) oder der pKa-Wert ist ein Mass für die Stärkeeiner Säure bezüglich des betreffenden Lösungsmittels. Der pKa-Wert ist nicht nur einewichtige Grösse für die Klassifizierung einer Säure, sondern bestimmt auch die Eigenschaftender Substanz in der Natur oder für den Gebrauch als Arzneimittel.
Die Bestimmung von exakten pKa-Werten mittels Titration ist eine anspruchsvolle Aufgabe.Neben der genauen Kenntnis der Elektrodenparameter müsste korrekterweise mit Aktivitätenstatt mit Konzentrationen gearbeitet werden.
Aus dem Massenwirkungsgesetz der Reaktion einer Säure HA mit H2O (siehe Kap. 3.1.4)
folgt:
Ist die Säure HA zur Hälfte neutralisiert, d.h. V = VEQ/2, so ist die Konzentration [HA] der nochvorhandenen undissoziierten Säure näherungsweise gleich der Konzentration [A-] der Base.Daraus folgt:
pH = pKa
Dieser pH-Wert bei halbem Verbrauch bis zum Äquivalenzpunkt wird als Halbneu-tralisationswert bezeichnet. Es ist ein guter Schätzwert für den pKa-Wert schwacher Säuren,was sich leicht beweisen lässt.
Die Aciditätskonstante Ka lässt sich zu jedem Zeitpunkt der Titration mit einer starken Base
bei Kenntnis aller Parameter berechnen [11]:
Dabei ist
104
8 Äquivalenzpunkterkennung
Grundlagen der Titration
Die Grösse cT ist die Konzentration des zugegebenen Titriermittels und cA die Konzentrationder vorgelegten Säure im Titriergefäss während der Titration. Beim Halbneutralisationswert(V = VEQ/2) gilt:
cT = cHNV = 0.5 • cA
und somit
oder
Falls die Bedingung d << cHNV erfüllt ist, ist der Halbneutralisationswert pHHNV gleich pKa.
8 Äquivalenzpunkterkennung
Grundlagen der Titration 105
Beispiel: Differenz zwischen pHHNV und pKa bei der Titration von 50 mL einer Säure derKonzentration 0.01 mol/L mit 0.1 mol/L NaOH (VEQ = 5 mL)
Aus der obigen Figur sieht man, dass für pKa-Werte von 4 bis 10 der Halbneutralisationswert
eine ausgezeichnete Näherung für den pKa-Wert darstellt. Für starke Säuren (pK
a-Wert < 4)
ergibt der Halbneutralisationswert einen zu grossen Schätzwert für den pKa-Wert.
-1
0
1
pK
pH - pK
1 7 13
HNV a
a
4 10
106
8 Äquivalenzpunkterkennung
Grundlagen der Titration
[1] M.Kolthoff und N.H.Furman, “Potentiometric Titrations”, Wiley, New York (1949)
[2] J.M.H.Fortuin, Anal.Chim.Acta, 24, 175 (1961)
[3] S.Wolf, Fres.Z.Anal.Chem., 250, 13 (1970)
[4] H.J.Keller und W.Richter, Metrohm Bulletin 2, 174 (1971)
[5] S.Ebel und S.Kalb, Fres.Z.Anal.Chem., 278, 109 (1976)
[6] C.F.Tubbs, Anal.Chem., 26, 1670 (1954)
[7] S.Ebel, E.Glaser, R.Kantelberg und B.Reyer, Fres.Z.Anal.Chem., 312, 604 (1982)
[8] K.Waldmeier und W. Rellstab, Fres.Z.Anal.Chem., 264, 33 (1973)
[9] W.Schreiner, M.Kramer, S.Krischer und Y.Langsam, PC TECH JOURNAL, May 1985, S. 170ff
[10] G.Gran, Analyst, 77, 661 (1952)
[11] S.Ebel und W.Parzefall, “Experimentelle Einführung in die Potentiometrie”, Verlag Chemie, Weinheim, Kap.3 (1975)
9 Direktmessung, Kalibrierung
Grundlagen der Titration 107
9 Direktmessung, Kalibrierung
Die direkte Konzentrationsmessung mit einem geeigneten Sensor ist neben der Titration diehäufigste Bestimmungsmethode in der nasschemischen Analytik. Speziell in der Wasserana-lytik sind neben der Messung des pH-Wertes und des Redoxpotentials, der Konzentrations-bestimmung mit ionenselektiven Elektroden, die Bestimmung der Leitfähigkeit, der Trübungund des Sauerstoffgehalts von Bedeutung.
Dieses Kapitel befasst sich mit der pH-Messung, der Messung des Redoxpotentials, derDirektmessung mit ionenselektiven Elektroden und der Messung der Leitfähigkeit. Insbeson-dere werden die speziellen Aspekte der Kalibrierung der Sensoren behandelt.
9.1 pH-Messung
Der pH-Wert ist definiert als der negative Logarithmus der Wasserstoffionenaktivität (sieheKap. 3.1.3). Der Bereich des pH-Wertes ist durch die Autoprotolyse des Wassers gegeben undliegt zwischen pH 0 und pH 14. Das Ionenprodukt
Kw = aH+ • aOH-
ist stark temperaturabhängig und damit auch der Neutralpunkt ([H+] = [OH-]).
Temperatur [°C] Kw [mol2/L2] Neutralpunkt [pH]
0 0.11 • 10-14 7.47
25 1.0 • 10-14 7.00
50 5.5 • 10-14 6.63
100 54.0 • 10-14 6.13
Aus thermodynamischen Gründen ist es nicht möglich, den pH-Wert exakt zu berechnen, bzw.zu messen. Deshalb werden verschiedene Näherungsverfahren und Konventionen vorge-schlagen [1]. Der heute akzeptierte Standard für die pH-Skala sind verschiedene Pufferlösun-gen, deren pH-Wert gemäss einer Konvention bestimmt wurden. Die pH-Werte dieser sog.NIST (NBS)-Pufferlösungen sind auch von der DIN akzeptiert worden [2].
108
9 Direktmessung, Kalibrierung
Grundlagen der Titration
Diese Pufferlösungen sind Stoffgemische mit stabiler Protonenaktivität, die sich durchVerdünnen oder Verunreinigungen kaum ändern. Die pH-Werte dieser Standard-Puffer-lösungen sind zwischen 0 und 95 °C tabelliert (siehe Anhang A). Die Pufferlösungen habenbei der Referenztemperatur von 25 °C folgende pH-Werte:
1.679, 4.005, 6.865, 7.413, 9.180 und 10.012
Für die routinemässige Kalibrierung bieten viele Hersteller von Chemikalien und Glaselektro-den sogenannte technische Pufferlösungen mit vorwiegend ganzzahligen pH-Werten an.Sie weisen kleinere Verdünnungseinflüsse und grössere Pufferkapazitäten auf als die DIN/NIST (NBS)-Puffer. Unter anderem werden diese Pufferlösungen von den Firmen METTLERTOLEDO [3] und MERCK [4] angeboten. Die Temperaturabhängigkeiten der technischenPufferlösungen der beiden Hersteller sind sehr ähnlich.
Tabellen der Temperaturabhängigkeiten dieser technischen Pufferlösungen von METTLERTOLEDO und MERCK sind im Anhang enthalten.
Die Pufferlösungen mit den pH-Werten 4.60 und 7.00 entsprechen den Messkettennullpunktenhandelsüblicher Glaselektroden. Für deren routinemässige Kalibrierung werden normaler-weise die Pufferlösungen mit den pH-Werten 4, 7 und 10 verwendet.
9.1.1 Kalibrierung einer pH-Elektrode
Die Spannung einer pH-Messkette wird durch das Nernst’sche Gesetz beschrieben.
E = E0 + S • pH
E0 ist die Standardspannung bei pH = 0. S ist die Steilheit und definiert die Spannungsände-
rung pro pH-Einheit. Die Steilheit ist temperaturabhängig.
Temperatur [°C] Steilheit S
0 –54.20
25 –59.16
50 –64.12
Als Kalibrierparameter werden üblicherweise der Elektrodennullpunkt pH0 (pH-Wert bei E =0 mV) und die Steilheit S angegeben.
S = – 2.301R • T
F
9 Direktmessung, Kalibrierung
Grundlagen der Titration 109
Die in der Routineanalytik verwendeten kombinierten Glaselektroden haben den Elektroden-nullpunkt bei pH 7. Neue Elektroden sollten eine Steilheit aufweisen, die grösser als 97% dertheoretischen Steilheit gemäss dem Nernst-Gesetz ist.
Beide Kalibrierparameter variieren leicht von Elektrode zu Elektrode. Für genaue pH-Mes-sungen ist deshalb eine Kalibrierung notwendig. Sie kann als Einpunkt- oder Mehrpunkt-eichung durchgeführt werden.
E
pH
7 14
0
+mV
-mV
pH0
E 0
110
9 Direktmessung, Kalibrierung
Grundlagen der Titration
Wird der pH in einem schmalen Bereich gemessen, so genügt in der Regel eine Einpunkt-Kalibrierung. Dabei wird nur der Elektrodennullpunkt neu bestimmt; die Steilheit wird nichtgeprüft.
Bei der Mehrpunkt-Kalibrierung werden zwei oder mehr Pufferlösungen eingesetzt, deren pH-Wert sich um mindestens eine pH-Einheit unterscheiden muss. Mittels einer linearen Regres-sion durch die Messpunkte werden die neuen Werte für die Kalibrierparameter pH
0 und S
erhalten.
E
pH0
+mV
-mV
pH0
6 7 8 9
Messpunkt
alte Elektrodenfunktion
neue Elektrodenfunktion
E
pH0
+mV
-mV
pH0
5 7 9 11
Messpunkt
alte Elektrodenfunktion
neue Elektrodenfunktion
Messpunkt
(Messpunkt)
9 Direktmessung, Kalibrierung
Grundlagen der Titration 111
9.1.2 Temperaturkompensation
Erfolgt die pH-Messung bei einer andern Temperatur als während der Kalibrierung, so mussein Fehler in Kauf genommen werden.
Er wird grösser
– bei zunehmender Differenz zwischen Mess- und Kalibriertemperatur und
– bei zunehmender Differenz zwischen dem pH-Wert der Messlösung und dem Elektroden-nullpunkt (~ pH 7)
Der Fehler kann behoben werden, wenn die Steilheit temperaturkorrigiert wird:
S( T2 ) = S( T1 ) •T2 + 273.16T1 + 273.16
E
pH
7 14
0
+mV
-mV
pH0
Fehler
T (Eichung)
T (Messung)2
1
Fehler
112
9 Direktmessung, Kalibrierung
Grundlagen der Titration
Diese Korrektur ist nur bedingt richtig, da der Schnittpunkt der Eichgeraden verschiedenerTemperaturen, der sogenannte Isothermenschnittpunkt Eiso nicht genau bei 0 mV liegt [5].Trotz der Temperaturkorrektur der Steilheit entsteht somit ein Fehler.
Dieser Fehler ist umso grösser, je grösser die Temperaturdifferenz zwischen Eichung undMessung und je grösser der Wert von E
iso ist. Der Fehler ist unabhängig vom pH-Wert der
Lösung.
Der Isothermenschnittpunkt kann durch Kalibrieren mit zwei Pufferlösungen bei zwei ver-schiedenen Temperaturen entweder graphisch oder rechnerisch bestimmt werden.
Die Temperaturkompensation mit Berücksichtigung des Isothermenschnittpunktes ist dannfehlerfrei, wenn das Temperaturverhalten der Steilheit sich gemäss dem Nernst-Gesetzverhält. Dies kann nicht unbedingt vorausgesetzt werden. Für präzise Messungen ist deshalbeine vorgängige Kalibrierung bei der gewünschten Messtemperatur immer empfehlenswert.
E
pH
7 14
0
+mV
-mV
pH0
Fehler
T (Eichung)
T (Messung)2
1
Steilheit temperaturkorrigiert
E iso
9 Direktmessung, Kalibrierung
Grundlagen der Titration 113
9.2 Direktmessung mit ionenselektiven Elektroden
Die Spannung einer ionenselektiven Elektrode hängt von der Ionenaktivität in der Lösung abund wird wie bei der pH-Elektrode durch das Nernst’sche Gesetz beschrieben:
E = E0 + S • pA
pA ist der negative Logarithmus der Ionenkonzentration des Teilchens A. Der negativeLogarithmus der Ionenkonzentration von Kationen wird mit pM, derjenige von Anionen mit pXbezeichnet.
In dieser Schreibweise ist das Vorzeichen der Steilheit S für Kationen negativ und für Anionenpositiv.
Die theoretische Steilheit einer ionenselektiven Elektrode beträgt bei 25 °C 59.16 mV füreinwertige und 29.58 mV für zweiwertige Ionen.
Beim Einsatz von ionenselektiven Elektroden sind folgende Kriterien zu beachten:
ProbenvorbereitungDie Probenvorbereitung ist das Wichtigste bei der Direktmessung mit ionenselektivenElektroden. Für quantitative Analysen muss jede Probelösung mit einer bestimmten Mengeeiner Elektrolytlösung (sog. TISAB-Lösung) versehen werden. Diese Pufferlösungen könnenfolgende Aufgaben erfüllen:
– Konstanthalten der Ionenstärke aller Probe- und Eichlösungen. Mit dieser messtech-nischen Massnahme erreicht man, dass mit der ionenselektiven Elektrode direkt dieanalytisch interessierende Ionenkonzentration und nicht nur die Ionenaktivität gemessenwerden kann.
– pH-Pufferung: Je nach Anwendung muss das Milieu sauer, neutral oder basisch sein.
– Elimination der Störionen durch Komplexierung, Oxidation oder Reduktion.
– Zerstörung allfälliger Komplexe mit dem Mession zur Bestimmung der Gesamtionen-konzentration.
S = ± 2.301R • Tn • F
114
9 Direktmessung, Kalibrierung
Grundlagen der Titration
Selektivität
Die Selektivität einer ionenselektiven Elektrode ist begrenzt und wird durch den Selektivitäts-koeffizienten (siehe Kap. 4.1.5) ausgedrückt. Störeinflüsse durch Fremdionen lassen sichdurch entsprechende Probenvorbereitung unterdrücken.
Präzision
Im Idealfall wird für einwertige Ionen eine Präzision von 1 bis 2%, für zweiwertige Ionen einesolche von 2 bis 4% erreicht.
Nachweisgrenze
Die untere Nachweisgrenze wird durch die von der Messelektrode selbst abgegebenen Ionenbestimmt: Diese Minimalkonzentration hängt von der Löslichkeit der aktiven Membransub-stanz im Medium ab. In der Nähe der Nachweisgrenze weicht das sich einstellende Potentialvom linearen Verhalten gemäss dem Nernst-Gesetz ab.
Kalibrierung
Für die Durchführung einer Direktmessung muss die Elektrode mit Lösungen bekannterKonzentration geeicht werden. Im linearen Bereich genügen zwei Eichpunkte. Im nichtlinea-ren Bereich sind mehrere Eichpunkte erforderlich.
E [mV]
pM
1 3 5
Nachweisgrenze
7
Gültigkeit der Nernst–Gleichung
9 Direktmessung, Kalibrierung
Grundlagen der Titration 115
9.3 Redox-Messung
Auch die Bestimmung der Redoxspannung mit einer Redoxelektrode ist eine potentiometri-sche Messung. Die Redoxspannung ist ein Mass, wie leicht eine Substanz Elektronenaufnehmen oder abgeben kann.
Die messbare Redoxspannung folgt dem Nernst’schen Gesetz. Die korrekte Gleichung erhältman aus dem Oxidations- bzw. dem Reduktionsprozess.
Beispiele:
a. Fe2+ —> Fe3+ + e-
b. Mn2+ + 4H2O —> MnO4- + 8H+ + 5e-
Die Beispiele zeigen, dass die Redoxspannung immer durch das Verhältnis der oxidierendenund reduzierenden Komponenten bestimmt wird und auch pH-abhängig sein kann. Deshalbist auch die oxidierende oder reduzierende Wirkung einer Messlösung pH-abhängig.
Die Messung der Redoxspannung wird aus folgenden Gründen nicht allzu häufig durchge-führt:
– ungenügendes theoretisches Verständnis
– Schwierigkeiten bei der Interpretation der Resultate
– messtechnische Schwierigkeiten
In der Wasseranalytik ist die Redoxspannung ein häufig bestimmter Messwert (z.B. Bestim-mung der Wasserqualität von Schwimmbädern).
Eine Kalibrierung von Redoxelektroden ist nicht nötig, da im Gegensatz zu pH-Elektrodenkeine Nullpunkt- und Steilheitsänderungen auftreten. Falsche Redox-Spannungen sindzurückzuführen auf eine kontaminierte Elektrodenoberfläche.
Die Anwendung von Redox-Pufferlösungen (z.B. METTLER TOLEDO Redox-PufferlösungenNr. 9811 und Nr. 9863 [6]) beschränkt sich daher auf eine reine Funktionsprüfung derRedoxelektrode.
Eine Temperaturkompensation ist bei Redoxelektroden nicht nötig. Die Messtemperaturmuss aber trotzdem angegeben werden, da der Temperaturkoeffizient der Redoxspannungsehr gross sein kann.
E = E0 + 2.301R • T
Flog
Fe3+
Fe2+
E = E0 + 2.301R • T5 • F
logMnO4
-H
+ 8
Mn2+
116
9 Direktmessung, Kalibrierung
Grundlagen der Titration
9.4 Leitfähigkeitsmessung
Die Bestimmung der Leitfähigkeit [7] [8] [9] als ein Mass, wie gut eine Lösung den Strom leitet,wurde schon in Kapitel 4.3.1 diskutiert. Neben der Anwendung als Indikationsmethode fürTitrationen hat die direkte Bestimmung der Leitfähigkeit einen hohen Stellenwert erreicht. Diewichtigsten Anwendungsgebiete der Leitfähigkeitsmessung sind:
– Reinheitskontrolle von Gewässern
– Reinheitskontrolle nichtwässriger Lösungen
– Konzentrationsbestimmungen
– Überwachung von Bädern (z.B. in der Galvanik)
– Prozessanalytik
Die Grösse der gemessenen Leitfähigkeit hängt von den Konzentrationen aller geladenenTeilchen der Lösung ab. Typische Leitfähigkeitswerte sind:
destilliertes Wasser 0.1 – 10 μS/cm
Trinkwasser 100 – 1000 μS/cm
Abwasser 1 – 10 mS/cm
Meerwasser 1 – 100 mS/cm
Konzentrierte Säuren und Laugen 100 – 1000 mS/cm
9.4.1 Eichung und Temperaturkompensation
Genaue Leitfähigkeitsmessungen verlangen eine Temperaturkompensation, da die Leitfähig-keit einer wässrigen Lösung mit zunehmender Temperatur grösser wird. Leitfähigkeitswertewerden deshalb nur zusammen mit der Messtemperatur angegeben oder auf eine Bezug-stemperatur (meistens 25 °C) umgerechnet.
Die Temperaturabhängigkeit der Leitfähigkeit wird durch den Temperaturkoeffizienten abeschrieben. Der Wert von a ist definiert als die Änderung der Leitfähigkeit bei einer Tem-pe-raturänderung von 1 °C, bezogen auf die Leitfähigkeit bei der Referenztemperatur TR.
α =Δχ
ΔT
1
χR
• 100%
χ
χR
χ
9 Direktmessung, Kalibrierung
Grundlagen der Titration 117
Für Temperaturbereiche ±10 °C um den Wert der Referenztemperatur ist der Temperaturkoef-fizient nahezu konstant. Die Umrechnung der gemessenen Leitfähigkeit auf die Referenztem-peratur erfolgt mit der folgenden Gleichung:
Dabei ist
R : die Leitfähigkeit bei der Referenztemperatur TR [μS/cm, mS/cm]
G (T) : der gemessene Leitwert bei der Temperatur T [μS, mS]
Z : die Zellkonstante [cm-1]
α : der Temperaturkoeffizient [%/°C]
TR : die Referenztemperatur [°C]
T : die Messtemperatur [°C].
Der Temperaturkoeffizient α hat einen typischen Wert von 0 – 4 %/°C. Sehr oft wird mit einemMittelwert von 2 %/°C gerechnet.
Für hochpräzise Arbeiten muss die genaue Temperaturabhängigkeit mit Hilfe einer Referenz-lösung bestimmt werden.
Die genaue Bestimmung und Kontrolle der Zellkonstanten erfolgt mit Eichlösungen. AlsStandards werden KCl-Lösungen der Konzentration 0.01, 0.1 und 1 mol/L verwendet.
χR =G( T ) • Z
1 +α
100( T – TR )
χ
T
TTR
ΔTR
(T)
χ
χ
χΔ
χ
118
9 Direktmessung, Kalibrierung
Grundlagen der Titration
[1] R.G.Bates, “Determination of pH”, John Wiley (1973)
[2] DIN-Norm 19266
[3] METTLER TOLEDO: INGOLD-Schrift TH5: Eichung von pH-Elektroden – Pufferlösungen, Elektrolyte,Hilfsmittel
[4] MERCK, Laborprodukte für die Praxis, 1985
[5] P. Meier, A. Lohrum, J. Gareiss, "Praxis und Theorie der pH-Messtechnik", METTLER TOLEDO: INGOLDSchrift TH-1-89-D, Kap. 4.7
[6] METTLER TOLEDO: INGOLD-Schrift TH2: Redoxmessung – Grundlagen und Probleme
[7] F.Oehme, “Angewandte Konduktometrie”, Hüthig Verlag, Heidelberg (1961)
[8] F.Oehme, R.Bänninger, “ABC der Konduktometrie”, Separatdruck, Chemische Rundschau (1979)
[9] E. Pungor, “Oscillometry and Conductometry”, Pergamon Press, Oxford (1965)
10 Beurteilung des Resultats
Grundlagen der Titration 119
10 Beurteilung des Resultats
Ziel einer Titration ist normalerweise die Bestimmung des Gehalts einer Substanz in einerProbe. Das Resultat der Analyse wird zur Beurteilung der untersuchten Probe herangezogen.
Jedes Analysenergebnis ist in der Praxis mit zufälligen und systematischen Fehlern behaftet.Jeder Analytiker muss sich deshalb ständig die Frage nach der Qualität seiner Titrationsre-sultate stellen. Die Methoden der Statistik sind ein ausgezeichnetes Mittel, die Genauigkeitvon Resultaten zu beurteilen [1] [2] [3].
10.1 Grundlagen der Statistik
Für die praktische Anwendung der Statistik im Rahmen der Titration genügt hier eine knappeBeschreibung der wichtigsten Begiffe und eine Zusammenstellung der zugehörigen Berech-nungsformeln.
Arithmetischer Mittelwert x
Der arithmetische Mittelwert x ist gleich der Summe der unabhängigen Messresultate xi einerMessserie, dividiert durch deren Anzahl N.
Der Mittelwert ist weitaus die wichtigste Grösse in der Statistik.
Varianz s2
Die Varianz s2 einer Messserie ist die Summe der quadratischen Abweichungen der NEinzelwerte xi vom arithmetischen Mittelwert x, dividiert durch die Zahl der Freiheitsgradef(f = N – 1).
x =1N
N
∑i=1
xi
s2
=1
N – 1
N
∑i=1
(xi – x )2
∑i=1
120
10 Beurteilung des Resultats
Grundlagen der Titration
Standardabweichung s
Die Standardabweichung s einer Messserie von Einzelwerten xi ist ein Mass für die Streuungder Einzelwerte x
i um den Mittelwert x. Sie berechnet sich aus der positiven Wurzel aus der
Varianz s2.
Die Standardabweichung hat die Masseinheit der Einzelwerte und sollte stets mit einersignifikanten Stelle mehr als der Mittelwert angegeben werden.
Für eine Doppelbestimmung ist die Standardabweichung
Relative Standardabweichung (Variationskoeffizient)
Die relative Standardabweichung srel oder der Variationskoeffizient VK einer Messserie vonEinzelwerten xi ist der Quotient aus der Standardabweichung s und dem Mittelwert x.
Sehr oft wird eine prozentuale Angabe vorgezogen.
Zahl der Freiheitsgrade
Der Freiheitsgrad f ist die Zahl der in eine Rechnung eingehenden, voneinander unabhängi-gen Einzelwerte minus der Zahl der bereits davon abgeleiteten, ebenfalls in die Rechnungeingehenden Grössen.
Beispiel: Für die Berechnung der Standardabweichung s von N unabhängigen Einzel-werten ist die Zahl der Freiheitsgrade N–1, da zusätzlich der arithmetischeMittelwert x in die Rechnung eingeht.
srel =sx
• 100 %
srel =sx
s = x1 – x2 2
s =1
N – 1
N
∑i=1
(xi – x )2
10 Beurteilung des Resultats
Grundlagen der Titration 121
Statistische Sicherheit P
Die statistische Sicherheit P gibt die Wahrscheinlichkeit an, mit der eine bestimmte Aussagezutrifft. In der Routineanalytik wird normalerweise mit einer statistischen Sicherheit von 95%und bei wissenschaftlichen Untersuchungen mit 99% gerechnet.
Normalverteilung, t-Verteilung
Steht eine sehr grosse Auswahl von Messwerten zur Verfügung, so spricht man von einerGrundgesamtheit. Trägt man die Häufigkeit h(x) des Auftretens aller Werte x über derenGrösse auf, so erhält man die sogenannte Gauss’sche Normalverteilung.
Der Wert μ ist der wahre Mittelwert, der die Lage der Verteilung kennzeichnet. Die Streuungσ der Grundgesamtheit ist ein Mass für die Breite der Verteilung.
μ = limn→∞
1N
N
∑i=1
xi
σ = limn→∞
1N
N
∑i=1
( xi – x )2
122
10 Beurteilung des Resultats
Grundlagen der Titration
Innerhalb der Grenzen von μ ± σ sind 68.3% aller Messwerte zu erwarten (schraffierte Fläche).Zwischen μ – 1.96 σ und μ + 1.96 σ liegen 95% der Messwerte.
Der Streubereich T besagt, dass P% aller Messwerte im Bereich x + T und x – T zu erwartensind. Für P = 95% beträgt der Streubereich
T = ± 1.96 σ
oder allgemein
T = ± μ • σ
Der Faktor μ wird als Fraktil der Normalverteilung bezeichnet und hängt nur von dergewählten statistischen Sicherheit P ab.
•
68.3%
h (z)
Wendepunkt
h (z) = k •
z =
e
x – μ
12
z2
zx: μ – 1.96 s μ – s μ μ + s μ + 1.96 s
Gauss`sche Normalverteilung
s
-
10 Beurteilung des Resultats
Grundlagen der Titration 123
Liegt eine kleine Anzahl von Messwerten vor (übliche analytische Praxis), so spricht man voneiner Stichprobe. Sind μ und σ der Grundgesamtheit nicht bekannt, so folgt die Verteilungder Stichprobenwerte noch nicht der Normalverteilung. Der Mittelwert x ist der besteSchätzwert für den wahren Wert und ist ebenfalls noch mit einer statistischen Unsicherheitbehaftet, die berücksichtigt werden muss. Die Verteilung der Stichprobe wird deshalb breiterausfallen als die der Normalverteilung. Die theoretische Funktion dieser Verteilung wird als t-oder STUDENT-Verteilung bezeichnet.
Damit lassen sich der Streubereich T der Einzelmessung und der Vertrauensbereich VBdes Mittelwerts berechnen.
T = ± s • t
Der Vertrauensbereich VB (= der Streubereich des Mittelwerts) besagt, dass der wahreMittelwert mit P% Sicherheit innerhalb des Bereichs x + VB und x – VB liegt.
Der Faktor t ist das Fraktil der t-Verteilung; er ist abhängig von der statistischen SicherheitP und der Zahl der Messwerte N und wird der t-Tabelle (siehe Anhang B) entnommen.
Ausreisser, Grubbs-Ausreissertest
Enthält eine Messserie (N > 3) einen oder mehrere Werte, die extrem weit vom Mittelwertabweichen, so muss man sich die Frage stellen, ob diese Messwerte richtig sind oder alsAusreisser zu bezeichnen sind. Ausreisser haben folgenden Einfluss auf das Gesamtergebniseiner Analyse:
– der Mittelwert wird deutlich zu einem höheren oder tieferen Wert verschoben,– die Standardabweichung wird vergrössert,– die Verteilung der Einzelwerte um den Mittelwert wird verzerrt und folgt nicht mehr einer
Normalverteilung.
Die Aufdeckung solcher Ausreisser erfolgt mittels statistischen Tests, z.B. mit dem Grubbs-Test. Dazu werden zunächst der Mittelwert x und die Standardabweichung s derAnalysendaten berechnet. Aus den Messdaten wird derjenige Wert x* mit der grösstenAbweichung zum Mittelwert gesucht und nach folgender Bedingungsgleichung getestet:
VB = ±s • t
N
PG =x* – x
s
124
10 Beurteilung des Resultats
Grundlagen der Titration
Die Prüfgrösse PG wird mit dem Grubbs-Tabellenwert G (N, P%) verglichen, der seiner-seits von der Anzahl N der Analysenwerte abhängt. Eine Grubbs-Tabelle befindet sich imAnhang B.
Ist die Prüfgrösse PG grösser als G (N, P%), so wird der untersuchte Messwert als Ausreisserbetrachtet und aus der Messserie gestrichen. Aus den restlichen Daten der Messserie werdenerneut Mittelwert und Standardabweichung berechnet, und der Ausreissertest wird für einenweiteren ausreisserverdächtigen Messwert wiederholt.
Beispiel: Eine Gehaltsbestimmung (N = 6) ergab folgende Resultate:
x1 = 30.38 %
x2 = 30.23 %x
3 = 30.34 %
x4 = 29.98 %x5 = 30.29 %x
6 = 30.31 %
–––––––––––x = 30.26 %s = 0.144 %
ausreisserverdächtig: x4
G(6,90%) = 1.822 —> x4 ist ein Ausreisser.
Nach Entfernung von x4 ist die Stichprobe ausreisserfrei.
PG =x4 – x
s= 1.944
10 Beurteilung des Resultats
Grundlagen der Titration 125
10.2 Begriffe zur Genauigkeit
Die Abweichung vom richtigen oder als richtig geltenden Wert eines Analysenresultats wirdals Fehler bezeichnet.
Grobe Fehler
Grobe Fehler entstehen durch Missachtung von Analysenvorschriften, durch defekte Analy-sengeräte und durch Unachtsamkeiten des Analytikers. Aus der Sicht der Statistik sind grobeFehler grundsätzlich vermeidbar.
Zufällige Fehler
Zufällige Fehler sind grundsätzlich nicht vermeidbar und verursachen die Streuung dereinzelnen Messwerte um den Mittelwert. Die Grösse der zufälligen Fehler – erfasst mitder Standardabweichung s – ist ein Mass für die Präzision einer Analysenmethode.
Systematische Fehler
Systematische Fehler verursachen eine Differenz zwischen dem Erwartungswert und demaus der Messung erhaltenen Mittelwert x und bestimmen somit die Richtigkeit einesAnalysenverfahrens. Systematische Abweichungen besitzen eine definierte Ursache undlassen sich prinzipiell beseitigen. Man unterscheidet zwischen proportional-systematischenund konstant-systematischen Abweichungen. Aus der Standardformel für die Berechnungvon Titrationsresultaten
R = C • (VEQ • CONC – BLANK)/m
ist offensichtlich, dass zum Beispiel eine falsche Titriermittelkonzentration zu einem propor-tional-systematischen und ein falscher Lösungsmittelblindwert zu einem konstant-systema-tischen Fehler führen.
126
10 Beurteilung des Resultats
Grundlagen der Titration
Die Genauigkeit einer Analysenmethode ist ein qualitativer Begriff. Er beschreibt die systema-tischen und zufälligen Abweichungen der Messresultate vom wahren Wert. Die Richtigkeit(bestimmt durch systematische Fehler) und die Präzision (bestimmt durch zufällige Fehler)sind Unterbegriffe der Genauigkeit.
Eine Titration setzt sich aus einem Vorbereitungsteil und dem Analysenprozess mit demTitrator zusammen. Beim ersten Teil hat der Analytiker mit seiner Arbeitsweise grossenEinfluss auf die Fehler. Beim eigentlichen Messprozess hat er keine Einflussnahme auf dieGenauigkeit des Resultats. Die Qualität des Analysenergebnisses der Titration hängt – ab-gesehen von der richtigen Wartung durch den Benutzer – weitgehend von der Qualität desGerätes ab. Dafür ist der Hersteller verantwortlich.
F e h l e rAbweichungen vom richtigen oder als richtig geltenden Wert
Grobe Fehler Systematische Fehler Zufällige Fehler
Vermeiden Richtigkeit
Das Messergebnis ist
Präzision
Das Messergebnis ist falsch unsicher
G e n a u i g k e i t
10 Beurteilung des Resultats
Grundlagen der Titration 127
10.3 Nachweisgrenze, Bestimmungsgrenze
Nachweisgrenze und Bestimmungsgrenze sind zwei Begriffe, die immer wieder verwechseltwerden.
Die Nachweisgrenze gibt die kleinste Stoffmenge oder Konzentration an, die mit einervorgegebenen statistischen Sicherheit (z.B. 95%) bei einmaliger Analyse qualitativ von derStoffmenge Null unterschieden werden kann.
Die Bestimmungsgrenze gibt die kleinste Stoffmenge oder Konzentration an, die mit einervorgegebenen statistischen Sicherheit (z.B. 95%) quantitativ bestimmt und von der Stoffmen-ge Null unterschieden werden kann. Die Bestimmungsgrenze gibt keine Auskunft über dieGenauigkeit des Analyseverfahrens.
10.4 Standard, Standardproben, Kontrollproben
Ein Standard ist eine chemische Substanz, die als Referenzprobe verwendet wird. Mit ihrüberprüft man die Richtigkeit einer Analysenmethode.
Standardproben sind Proben, die eine Komponente enthalten, deren Konzentration hinrei-chend genau bekannt ist, und die als Standards verwendet werden.
Kontrollproben sind Analysenproben, deren Zusammensetzung an Begleitstoffen (Matrix)weitgehend realen Proben entspricht. Sie dienen zur Überprüfung der Richtigkeit und zurPräzisionskontrolle eines Analyseverfahrens.
128
10 Beurteilung des Resultats
Grundlagen der Titration
10.5 Konsequenzen für die praktische Anwendung
Um systematischen Fehlern bei der Titration vorzubeugen, sind einige Vorkehrungen zutreffen:
– Regelmässige Bestimmung des Titers der verwendeten Titriermittel (gilt auch bei Verwen-dung von käuflichen Masslösungen)
– Bestimmung eines allfälligen Blindwerts des Lösungsmittels oder der Matrix
– Regelmässige Verwendung von Kontrollproben
Zur Einstellung (Titerbestimmung) und Kontrolle von Masslösungen werden Substanzenbenötigt, die im Rahmen der Messgenauigkeit der Titration (untere Limite: 0.01%) absolutihrer formelmässigen Zusammensetzung entsprechen. Diese sogenannten Urtitersubstanzenmüssen folgende Eigenschaften aufweisen:
– Definierte Zusammensetzung und hohen Reinheitswert
– Grosse molare Masse (Vermeidung von Wägefehlern)
– Ohne Schwierigkeiten genau abwägbar (weder sauerstoff- und/oder CO2-empfindlich noch
hygroskopisch)
– Stabile Konzentration einer aus ihr frisch hergestellten Masslösung
– Schnell und gut löslich in den benötigten Lösungsmitteln
– Rasche und stöchiometrische Titrationsreaktion
Titer- und Blindwertbestimmungen sollten als Mehrfachbestimmung (bewährt haben sich z.B.Dreifachbestimmungen) durchgeführt werden.
In der Routineanalytik (Verwendung der gleichen Analysenvorschrift für viele Proben) hat sichdas regelmässige Einschieben von Kontrollproben bekannter Zusammensetzung (z.B. Urti-tersubstanz) zwischen den einzelnen Messserien bewährt. Damit wird nicht nur der Titerüberprüft, sondern auch das richtige Funktionieren des Analysengeräts. Neben dem Resultatder Titration mit der Kontrollprobe gibt auch deren Verlauf (Titrationszeit, Titrationskurve usw.)Hinweise für allfällige Probleme (Verschmutzung der Elektrode usw.).
Hinweis: Tabellen von Urtitersubstanzen für die wichtigsten Titriermittel sind im AnhangC aufgeführt.
10 Beurteilung des Resultats
Grundlagen der Titration 129
[1] J.C. Miller and J.N. Miller, “Statistics for Analytical Chemistry”, Second Edition, Ellis Horwood, Chichester,1988
[2] R. Caulcutt and R. Boddy, “Statistics for Analytical Chemists”, Chapman and Hall, London, 1983
[3] W. Funk, V. Dammann, C. Vonderheid und G. Oehlmann, “Statistische Methoden der Wasseranalytik”, VCHVerlagsgesellschaft, Weinheim, 1985
130
Anhang A
Grundlagen der Titration
Anhang
Anhang A: Tabellen der DIN/NIST (NBS)-, MERCK- und METTLER TOLEDO-Pufferbezüglich ihrer Temperaturabhängigkeit des pH-Wertes (siehe Kapitel 9.1)
Anhang B: Statistische Tabellen (siehe Kapitel 10.1)
Anhang C: Tabellen von Urtitersubstanzen für die wichtigsten Titriermittel (siehe Kapitel10.5)
Anhang A
Grundlagen der Titration 131
1. DIN/NIST (NBS)-Puffer
Tempe- Kalium- Kalium- Kalium- Kalium- Phosphat Phosphat Borax Natrium- Calciumratur °C tetroxalat hydrogen- dihydro- hydrogen- carbonat/ hydroxid
tartrat gencitrat phthalat Natrium-hydrogen-carbonat
0 – – 3,863 4,010 6,984 7,534 9,464 10,31713,423
5 1,668 – 3,840 4,004 6,951 7,500 9,395 10,24513,207
10 1,670 – 3,820 4,000 6,923 7,472 9,332 10,17913,003
15 1,672 – 3,802 3,999 6,900 7,448 9,276 10,11812,810
20 1,675 – 3,788 4,001 6,881 7,429 9,225 10,06212,627
25 1,679 3,557 3,776 4,006 6,865 7,413 9,180 10,01212,454
30 1,683 3,552 3,766 4,012 6,853 7,400 9,139 9,96612,289
35 1,688 3,549 3,759 4,021 6,844 7,389 9,102 9,92512,113
38 1,691 3,548 3,755 4,027 6,840 7,384 9,081 9,90312,043
40 1,694 3,547 3,753 4,031 6,838 7,380 9,068 9,88911,984
45 1,700 3,547 3,750 4,043 6,834 7,373 9,038 9,85611,841
50 1,707 3,549 3,749 4,057 6,833 7,367 9,011 9,82811,705
55 1,715 3,554 3,750 4,071 6,834 – 8,985 – 11,574
60 1,723 3,560 3,753 4,087 6,836 – 8,962 – 11,449
70 1,743 3,580 3,763 4,126 6,845 – 8,921 – –
80 1,766 3,609 3,780 4,164 6,859 – 8,885 – –
90 1,792 3,650 3,802 4,205 6,877 – 8,850 – –
95 1,806 3,674 3,815 4,227 6,886 – 8,833 – –
132
Anhang A
Grundlagen der Titration
2. MERCK-Puffer
Tempe- Glycin/ Citrat/ Citrat/ Citrat/ Acetat Citrat/ Citrat/ Phosphatratur °C Salzsäure Salzsäure Salzsäure Salzsäure Natron- Natron-
lauge lauge
0 0,96 2,01 3,05 4,05 4,68 5,06 6,04 6,98
5 0,99 2,01 3,05 4,04 4,68 5,05 6,02 6,95
10 0,99 2,01 3,03 4,02 4,67 5,02 6,01 6,92
15 0,99 2,00 3,01 4,01 4,67 5,01 6,00 6,90
20 1,00 2,00 3,00 4,00 4,66 5,00 6,00 6,88
25 1,01 2,00 3,00 4,01 4,66 5,00 6,02 6,86
30 1,01 2,00 3,00 4,01 4,66 5,00 6,03 6,86
35 1,01 2,00 3,00 4,01 4,66 5,00 6,03 6,85
40 1,01 2,00 2,98 4,01 4,67 5,00 6,04 6,84
50 1,01 2,00 2,97 4,00 4,68 5,01 6,06 6,84
60 1,02 2,00 2,97 4,00 – 5,04 6,10 6,84
70 1,02 2,01 2,97 4,00 – 5,05 6,12 6,84
80 1,02 2,01 2,97 4,00 – 5,10 6,17 6,86
90 1,02 2,01 2,96 4,00 – 5,14 6,24 6,88
Anhang A
Grundlagen der Titration 133
2. MERCK-Puffer
Tempe- Phosphat Borat/ Borsäure/ Borat Borsäure/ Borsäure/ Phosphat Kalium-ratur °C Salzsäure Kalium- Kalium- Kalium- Natron- chlorid/
chlorid- chlorid- chlorid- lauge Natron-Natron- Natron- Natron- laugelauge lauge lauge
0 7,13 8,15 9,24 9,46 10,26 11,45 12,58 13,80
5 7,07 8,10 9,16 9,40 10,17 11,32 12,41 13,59
10 7,05 8,07 9,11 9,33 10,11 11,20 12,26 13,37
15 7,02 8,04 9,05 9,28 10,05 11,10 12,10 13,18
20 7,00 8,00 9,00 9,22 10,00 11,00 12,00 13,00
25 6,98 7,96 8,95 9,18 9,94 10,90 11,88 12,83
30 6,98 7,94 8,91 9,14 9,89 10,81 11,72 12,67
35 6,96 7,92 8,88 9,10 9,84 10,72 11,67 12,59
40 6,85 7,90 8,85 9,07 9,83 10,64 11,54 12,41
50 6,95 7,85 8,79 9,01 9,74 10,48 11,33 12,15
60 6,96 7,83 8,73 9,96 9,67 10,45 11,04 11,75
70 6,96 7,80 8,70 8,93 9,62 10,19 10,90 11,61
80 6,97 7,78 8,66 8,89 9,55 10,06 10,70 11,39
90 7,00 7,75 8,64 8,85 9,49 9,93 10,48 11,15
134
Anhang A
Grundlagen der Titration
3. METTLER TOLEDO-Puffer
Tempe- Glycin/ Kalium- Acetat Kalium- Borax Glycin/ Diisopropyl-ratur °C HCl hydrogen- dihydrogen- NaOH amin/HCl
phthalat phosphat/Dinatrium-hydrogen-phosphat
0 2,03 4,01 – 7,12 9,52 10,65 11,90
5 2,02 4,01 – 7,09 9,45 10,52 11,72
10 2,01 4,00 4,64 7,06 9,38 10,39 11,54
15 2,00 4,00 4,63 7,04 9,32 10,26 11,36
20 2,00 4,00 4,62 7,02 9,26 10,13 11,18
25 2,00 4,01 4,60 7,00 9,21 10,00 11,00
30 1,99 4,01 4,61 6,99 9,16 9,87 10,82
35 1,99 4,02 4,62 6,98 9,11 9,74 10,64
40 1,98 4,03 4,63 6,97 9,06 9,61 10,46
45 1,98 4,04 4,64 6,97 9,03 9,48 10,28
50 1,98 4,06 4,66 6,97 8,99 9,35 10,10
55 1,98 4,08 4,67 6,98 8,96 – –
60 1,98 4,10 4,69 6,98 8,93 – –
70 1,99 4,16 4,71 7,00 8,88 – –
80 2,00 4,22 – 7,04 8,83 – –
90 2,00 4,30 – 7,09 8,79 – –
95 – 4,35 – 7,12 8,77 – –
Anhang B
Grundlagen der Titration 135
1. t-Tabelle
ƒ P = 95 % P = 99 % P = 99,9 %
1 12,706 63,657 636,6192 4,303 9,925 31,5983 3,182 5,841 12,9244 2,776 4,604 8,6105 2,571 4,032 6,869
6 2,447 3,707 5,9597 2,365 3,449 5,4088 2,306 3,355 5,0419 2,262 3,250 4,781
10 2,228 3,169 4,587
11 2,201 3,106 4,43712 2,179 3,055 4,31813 2,160 3,016 4,22114 2,145 2,977 4,14015 2,131 2,947 4,073
16 2,120 2,921 4,01517 2,110 2,898 3,96518 2,101 2,878 3,92219 2,093 2,861 3,88320 2,086 2,845 3,850
21 2,080 2,831 3,81922 2,074 2,819 3,79223 2,069 2,807 3,76724 2,064 2,797 3,74525 2,060 2,787 3,725
26 2,056 2,779 3,70727 2,052 2,771 3,69028 2,048 2,763 3,67429 2,045 2,756 3,65930 2,042 2,750 3,646
∞ 1,960 2,576 3,291
Anhang B
136 Grundlagen der Titration
2. Grubbs-Tabelle: G (N, P%)
P(einseitig) 90% 95% 99%
N
3 1,148 1,153 1,1554 1,425 1,463 1,4925 1,602 1,672 1,7496 1,729 1,822 1,9447 1,828 1,938 2,0978 1,909 2,032 2,2219 1,977 2,110 2,323
10 2,036 2,176 2,41011 2,088 2,234 2,48512 2,134 2,285 2,55013 2,175 2,331 2,60714 2,213 2,371 2,65915 2,247 2,409 2,70516 2,279 2,443 2,74717 2,309 2,475 2,78518 2,335 2,504 2,82119 2,361 2,532 2,85420 2,385 2,557 2,884
21 2,408 2,580 2,91222 2,429 2,603 2,93923 2,448 2,624 2,96324 2,467 2,644 2,98725 2,486 2,663 3,00926 2,502 2,681 3,02927 2,519 2,698 3,04928 2,534 2,714 2,06829 2,563 2,745 3,103
P(zweiseitig) 80% 90%*) 98%
Beispiel: G (6, 90%) = 1.822
*) Für den Ausreissertest im DL70 wird G (N, 90%) verwendet.
11 Anhang C
Grundlagen der Titration 137
Neu
tral
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en
Nam
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orm
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sung
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SC
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138
11 Anhang C
Grundlagen der Titration
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Grundlagen der Titration 139
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11 Anhang C
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Index
Grundlagen der Titration 141
Index
Abschaltverzögerung 69Absorption 44Aciditätskonstante K
a 15, 103
Ag/AgCl-Ableitung 36Aktivitäten 12Alkalifehler 37Amalgamierte Silberelektrode 34Amperometrie 43Ansprechverhalten der Elektrode 63Ansprechzeit der Elektrode 67Äquivalent 8Äquivalentkonzentration 10Äquivalentzahl z* 8Äquivalenzpunkt 5, 45, 60, 83Äquivalenzpunktbereich 88Äquivalenzpunkterkennung 85Äquivalenzvolumen 69Arithmetischer Mittelwert x 119Asymmetriespannung 37Ausreisser 123Autoprotolysenkonstante K
SHS 19
Basizitätskonstante Kb 16
Bestimmungsgrenze 127Bezugselektroden 32, 36Bezugselektrolyt 32, 36Bezugssystem Ag/AgCl 32
Cerimetrie 25
Diaphragma 32, 36, 67Diazotierungen 25Dichromatmethode 25DIN-Norm 32625 6Direktmessung 44, 107Doppelkammer-Bezugselektroden 33, 40Dosiergeschwindigkeit 67Dynamisch-inkrementelle
Titriermittelzugabe 70
Dynamische Titration 72Dynamische Titriermittelzugabe 72
EDTA 21Eichung 37Einpunkt-Kalibrierung 110Einzelpotential 30Elektrochemische Indikation 28Elektroden 1. Art 30Elektroden 2. Art 31Elektrodennullpunkt 108Elektromotorische Kraft 30Endpunkt 68, 69, 83Endpunkttitration 67Erste Ableitung 60
Fällungstitrationen 20, 34Festkörpermembranen 42Flüssige Membranen 42Folgetitration 55Fraktil der Normalverteilung 122Fraktil der t-Verteilung 123Freiheitsgrad f 120
Galvanische Zelle 28Gauss’sche Normalverteilung 121Genauigkeit 125, 126Gesetz von Bouguer-Lambert-Beer 44Glasmembran 36, 40Gleichgewichtsbedingung 79Gleichgewichtskontrollierte
Messwertübernahme 74, 79Gran-Kurve 100Grobe Fehler 125Grubbs-Ausreissertest 123Grubbs-Tabellenwert G 124Grundgesamtheit 121
142
Index
Grundlagen der Titration
Halbneutralisationswert 103Halbzelle 29
Indikationsmethoden 27Inerte Elektroden 29Inkrementelle Titration 70Innere Ableitung 38Internationales Einheitensystem (SI) 6Interpolationsverfahren 90, 93Inverse Titration 52Iodometrie 24Ionenprodukt 14Ionenselektive Elektroden 39Isothermenschnittpunkt 112
Kalibrierung 114Kalomelelektrode 33Karl-Fischer Titrationen 65Kombinierte Elektroden 33, 36Komplexometrie 21Komplexometrische Titrationen 56Konduktometrische Indikation 47Konduktometrische Titrationen 48Kontinuierliche Titriermittelzugabe 67, 69Kontrollband 68Kontrollproben 127Konzentration 7, 11Korrespondierendes Redoxpaar 22
Leitfähigkeit 47, 116Leitfähigkeitsmessung 116Leitwert G 47, 117Lineare Titrationskurven 59, 83, 101Logarithmische Titrationskurven 59, 83Löslichkeitsprodukt 13
Manganometrie 24Massanalyse 5, 6Massenwirkungsgesetz 12Masslösung 7Mathematische Linearisierung
der Titrationskurven 95Mathematische Verfahren 90, 94Maximalvolumen 82Maximum 85Mehrpunkt-Kalibrierung 110
Membranelektroden 40Membranspannung 35, 36Messelektrode 32, 36Messionenaktivität 39Messkettenpotential 30, 39Messsignal 63, 66Messverstärker 41Messwerterfassung 66Messwertübernahme 78Metallelektroden 34METTLER Phototrode 46Mol 6Molare Masse M 6Molare Masse von Äquivalenten 9
Nachweisgrenze 114, 127Näherungsverfahren 90NIST (NBS)-Pufferlösungen 107Nernst’sches Gesetz
(Nernst-Gleichung) 30, 113, 115Nichtlineare Regressionsanalyse 95Nikolskij-Gleichung 39Nitrosierungen 25Nomogramme von Fortuin 90Normalverteilung 121
Oxidation 22, 28Oxidationsmittel 22
pH-Begriff 15pH-Messung 107pH-Statierungen 65pH-Wert 107Phasengrenzspannungen 35Photometrie 44Photometrische Indikation 44Phototitration 47pKa-Wert 16, 103Platinelektrode 29Potential 29Potentiometrie 41Potentiometrische Titration 41Präzision 126Probenvorbereitung 113Prüfgrösse PG 124Pufferlösungen 107
Index
Grundlagen der Titration 143
Quellschicht 34, 37
Redox-Messung 115Redox-Pufferlösungen 115Redoxelektroden 34Redoxreaktion 22Redoxreihe 23Redoxspannung 115Redoxsystem 22Redoxtitrationen 22, 34, 56Reduktion 22, 28Reduktionsmittel 22Referenzelektroden 32Regelbereich 68Regelung 66Registrierende Titration 67Relative Standardabweichung 120Richtigkeit 126Rücktitration 51
S-förmige Titrationskurven 83Schwellenwert 87Segmentierte Titrationskurven 83, 101Säure-Base Titrationen 17, 19, 55Säurefehler 37Selektive Titration 55Selektivität 114Selektivitätskoeffizient 39, 114Sollgehaltsvordosierung 77Spezifischer Widerstand 47Spline-Funktionen 93Sprunghöhe 73Standard 127Standard-Pufferlösungen 108Standardabweichung s 120Standardpotential 30Standardproben 127Standardspannung 108Statistik 119Statistische Sicherheit 121Steilheit 108, 113Stichprobe 123Stoffmenge 6
Stoffmenge von Äquivalenten 9Stoffmengenangaben 6Stoffmengenkonzentration c(X) 7Stoffmengenkonzentration
von Äquivalenten 10Störionenaktivitäten 39Streubereich T 122STUDENT-Verteilung 123Substitutionstitration 53Summentitration 54Systematische Fehler 125
t-Tabelle 123t-Verteilung 121, 123Technische Pufferlösungen 108Temperaturkoeffizient α 116Temperaturkompensation 115Tendenz 86Thermodynamische
Gleichgewichtskonstante 12TISAB-Lösung 113Titer t 7Titrationsarten 50Titrationskurve 66Titrationskurven 59Titrationsreaktion 12Titriermittel 50Titriermittelzugabe 66, 67Transmission 44Tubbs-Verfahren 93
Überführung 28Übertitrieren 68Urtitersubstanzen 128
Varianz s2 119Variationskoeffizient 120Verdrängungstitration 53Verfahren von Keller-Richter 92Verfahren von Kolthoff und Furmann 90Verfahren von Marquardt 95Visuelle Indikation 27Voltametrie 42
144
Index
Grundlagen der Titration
Volumetrie 5Vordosierung 77Wasserbestimmung nach Karl-Fischer 42Wasserstoffionenkonzentration 35Wendepunkt 83
Zeitfenster 79Zeitinkrementelle Messwertübernahme 78Zellkonstante Z 47, 117Zufällige Fehler 125
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