mit silikon zum robusten enzym

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S Heute bekannte Enzyme kataly- sieren nahezu alle in der Chemie gängigen Reaktionstypen. 1) Das zelltoxische Acrylamid ist ein Bei- spiel eines bereits großtechnisch etablierten Enzymprodukts. 2) Be- sonders attraktiv ist die synthe- tisch-technische Nutzung von En- zymen, wenn es um Ressourcenef- fizienz und Umweltverträglichkeit chemischer Prozesse geht. Progno- sen gehen davon aus, dass Enzyme zunehmend in der chemischen Produktion eingesetzt werden. 3) Vom Enzym zum Katalysator S Enzyme lassen sich – trotz ihrer komplexen makromolekularen Struktur – heute in technisch rele- vanten Mengen erzeugen. Zudem sind ihre anwendungsbezogenen Eigenschaften – etwa die Stabilität in nichtwässrigen Medien – weit- gehend manipulierbar. Um sie in der chemischen Synthese ökono- misch zu nutzen, müssen Enzyme aber in Präparate formuliert wer- den, welche die praktische Hand- habung und die Abtrennung vom Produkt erleichtern. Für eine mehrfache oder kontinuierliche Anwendung muss das Präparat au- ßerdem robust genug für techni- sche Standardreaktoren und für technische Standardbedingungen sein. Daher spielen Immobilisie- rungsverfahren bereits seit den Anfängen der synthetischen Nut- zung von Enzymen eine wichtige Rolle. Die unzähligen Ansätze in der Literatur 4) sind vor allem durch ihre Individualität gekenn- zeichnet. Sie unterscheiden sich sowohl bei den Enzym-Material- Kombinationen als auch bei den Auswirkungen auf Leistungsfähig- keit und Anwendungen der resul- tierenden Biokatalysatoren. Ein universelles Verfahren, das den für die Entwicklung passender Immo- bilisate hohen Zeit- und Material- aufwand verringert, gibt es bisher nicht. Vielleicht kann Silikon zur Basis eines solchen Verfahrens werden. Silikon – des Heimwerkers Universalmaterial S Silikon, Poly(organo)siloxan, bezeichnet eine Gruppe polymerer organisch-synthetischer Kunststof- fe. Eigenschaften wie Elastizität, Reißfestigkeit, Lösungsmittelbe- ständigkeit, Hydrophobizität und gute Fluiddurchlässigkeit, 5) die mit (organischen) Substituenten auf die jeweilige Anwendung optimier- bar sind, machen sie vielseitig nutzbar: Sie dienen als Schmiermit- tel, Dichtungsmaterialien, Füllstof- fe, Gussformen und vieles mehr. Heimwerker schätzen an den Sili- konen, dass sie gut verfügbar und kostengünstig sind. In der Medizin dienen Silikone ihrer guten Bio- kompatibilität wegen als Katheter- oder Implantatmaterial. Enzyme mit Silikon zu koppeln, um einfach und kostengünstig ro- buste Biokatalysatoren zu erhalten, liegt daher nahe. Silcoat: Kompositmaterial aus Silikon und Enzymträgern S Dass die Kombination mit Sili- kon die mechanische Belastbarkeit gängiger Enzymträgermaterialien enorm verbessert, zeigt das Kom- positmaterial Silcoat. 6) Dieses redu- ziert gleichzeitig die graduelle De- sorption adsorptiv an Träger ge- bundener Enzyme. 7) Die Kombina- tion entsteht, indem poröse Träger- materialien – etwa kommerzielle Polystyrol-, Polyacryl- oder Poly- methacrylatträger – mit einer Mi- schung aus divinylterminierten Po- lydivinylsiloxanen und Si-H-funk- tionalisierten Siloxanen impräg- niert werden und dieses Gemisch dann Pt 0 -katalysiert in situ vulka- nisiert wird (Abbildung 1). 6) Dabei bildet sich ein Kompositmaterial aus fester Träger- und elastischer Kunststoffphase. 8) Je nach Mengen- anteil des Silikons bleibt die Träger- außenfläche frei zugänglich oder wird von einer geschlossenen Sili- konschicht bedeckt. 9,10) Im Komposit beeinflusst die Schichtdicke des Silikons maßgeb- Marion B. Ansorge-Schumacher Enzyme mit Silikon zu kombinieren, hat sich in den letzten Jahren als brauchbarer Ansatz erwiesen, um robuste und gut handhabbare Biokatalysatoren für die chemische Synthese bereitzustellen. Mit Silikon zum robusten Enzym BBiokatalysatorenV VV Die Kombination mit Silikon verbessert die mechanische Belastbarkeit gängiger Enzym- trägermaterialien und macht diese so einsatz- fähig für großtechnische Katalyseprozesse. VV Auch der direkte trägerfreie Einschluss von Enzymlösungen in eine Silikonmatrix ist ein Forschungsziel. Dabei bilden sich biokatalytisch aktive statische Emulsionen und Suspensionen. S QUERGELESEN 1175 Nachrichten aus der Chemie| 62 | Dezember 2014 | www.gdch.de/nachrichten

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Page 1: Mit Silikon zum robusten Enzym

S Heute bekannte Enzyme kataly-sieren nahezu alle in der Chemie gängigen Reaktionstypen.1) Das zelltoxische Acrylamid ist ein Bei-spiel eines bereits großtechnisch etablierten Enzymprodukts.2) Be-sonders attraktiv ist die synthe-tisch-technische Nutzung von En-zymen, wenn es um Ressourcenef-fizienz und Umweltverträglichkeit chemischer Prozesse geht. Progno-sen gehen davon aus, dass Enzyme zunehmend in der chemischen Produktion eingesetzt werden.3)

Vom Enzym zum Katalysator

S Enzyme lassen sich – trotz ihrer komplexen makromolekularen Struktur – heute in technisch rele-vanten Mengen erzeugen. Zudem sind ihre anwendungsbezogenen Eigenschaften – etwa die Stabilität in nichtwässrigen Medien – weit-gehend manipulierbar. Um sie in der chemischen Synthese ökono-misch zu nutzen, müssen Enzyme aber in Präparate formuliert wer-den, welche die praktische Hand-habung und die Abtrennung vom Produkt erleichtern. Für eine mehrfache oder kontinuierliche Anwendung muss das Präparat au-ßerdem robust genug für techni-sche Standardreaktoren und für technische Standardbedingungen sein.

Daher spielen Immobilisie-rungsverfahren bereits seit den Anfängen der synthetischen Nut-zung von Enzymen eine wichtige Rolle. Die unzähligen Ansätze in

der Literatur4) sind vor allem durch ihre Individualität gekenn-zeichnet. Sie unterscheiden sich sowohl bei den Enzym-Material-Kombinationen als auch bei den Auswirkungen auf Leistungsfähig-keit und Anwendungen der resul-tierenden Biokatalysatoren. Ein universelles Verfahren, das den für die Entwicklung passender Immo-bilisate hohen Zeit- und Material-aufwand verringert, gibt es bisher nicht. Vielleicht kann Silikon zur Basis eines solchen Verfahrens werden.

Silikon – des Heimwerkers Universalmaterial

S Silikon, Poly(organo)siloxan, bezeichnet eine Gruppe polymerer organisch-synthetischer Kunststof-fe. Eigenschaften wie Elastizität, Reißfestigkeit, Lösungsmittelbe-ständigkeit, Hydrophobizität und gute Fluiddurchlässigkeit,5) die mit (organischen) Substituenten auf die jeweilige Anwendung optimier-bar sind, machen sie vielseitig nutzbar: Sie dienen als Schmiermit-tel, Dichtungsmaterialien, Füllstof-fe, Gussformen und vieles mehr. Heimwerker schätzen an den Sili-konen, dass sie gut verfügbar und kostengünstig sind. In der Medizin dienen Silikone ihrer guten Bio-kompatibilität wegen als Katheter- oder Implantatmaterial.

Enzyme mit Silikon zu koppeln, um einfach und kostengünstig ro-buste Biokatalysatoren zu erhalten, liegt daher nahe.

Silcoat: Kompositmaterial aus Silikon und Enzymträgern

S Dass die Kombination mit Sili-kon die mechanische Belastbarkeit gängiger Enzymträgermaterialien enorm verbessert, zeigt das Kom-positmaterial Silcoat.6) Dieses redu-ziert gleichzeitig die graduelle De-sorption adsorptiv an Träger ge-bundener Enzyme.7) Die Kombina-tion entsteht, indem poröse Träger-materialien – etwa kommerzielle Polystyrol-, Polyacryl- oder Poly-methacrylatträger – mit einer Mi-schung aus divinylterminierten Po-lydivinylsiloxanen und Si-H-funk-tionalisierten Siloxanen impräg-niert werden und dieses Gemisch dann Pt0-katalysiert in situ vulka-nisiert wird (Abbildung 1).6) Dabei bildet sich ein Kompositmaterial aus fester Träger- und elastischer Kunststoffphase.8) Je nach Mengen-anteil des Silikons bleibt die Träger -außenfläche frei zugänglich oder wird von einer geschlossenen Sili-konschicht bedeckt.9,10)

Im Komposit beeinflusst die Schichtdicke des Silikons maßgeb-

Marion B. Ansorge-Schumacher

Enzyme mit Silikon zu kombinieren, hat sich in den letzten Jahren als brauchbarer Ansatz erwiesen, um

robuste und gut handhabbare Biokatalysatoren für die chemische Synthese bereitzustellen.

Mit Silikon zum robusten Enzym

BBiokatalysatorenV

VV Die Kombination mit Silikon verbessert die

mechanische Belastbarkeit gängiger Enzym -

trägermaterialien und macht diese so einsatz -

fähig für großtechnische Katalyseprozesse.

VV Auch der direkte trägerfreie Einschluss von

Enzymlösungen in eine Silikonmatrix ist ein

Forschungsziel. Dabei bilden sich biokatalytisch

aktive statische Emulsionen und Suspensionen.

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Nachrichten aus der Chemie| 62 | Dezember 2014 | www.gdch.de/nachrichten

Page 2: Mit Silikon zum robusten Enzym

lich die katalytische Aktivität der an den Träger gebundenen Enzy-me. Das Ausmaß der Transportbe-schränkung für Substrate und Pro-dukte bestimmt die Restaktivität; ein direkter Einfluss des Silikons auf Aktivität oder Selektivität ein-geschlossener Enzyme war bislang nicht zu beobachten. Ebenso wenig scheinen der Platinkatalysator und die Vulkanisierungsreaktion dem Biokatalysator zu schaden. Organi-sche Lösungsmittel wie Cyclohe-xan können bei lösungsmittelsensi-tiven Enzymen allerdings die Akti-vität mindern. Geringe Mengen or-ganischer Lösungsmittel sind aller-

dings nötig, um die sehr viskosen Siloxane zu durchmischen und die Trägermaterialien gleichmäßig zu benetzen.6)

Optimale Desorptionsstabilität setzt, insbesondere bei vorrangig im äußeren Bereich des Trägers ge-bundenen Enzymen, eine geschlos-sene Silikonschicht auf der Träger -außenfläche voraus. Die mechani-sche Belastbarkeit verbessert sich dagegen schon bei geringeren Sili-konanteilen.

Ein Beispiel ist das Komposit aus Silikon und Novozym 435 (Lipase B aus Candida antarctica adsorbiert auf einem makroporösen Poly-

acrylharz), einem Enzympräparat des dänischen Herstellers Novozy-mes. Abbildung 2 stellt Morpholo-gie und katalytische Aktivität von Novozym 435 vor und nach Ver-bindung mit 30 % oder 54 % (w/w) Silikon gegenüber.

Eine Silikonschicht auf der Trä-geraußenfläche wird bei dieser Trä-ger-Silikon-Kombination erst bei einem Gewichtsanteil von 54 % Si-likon beobachtet. Mit zunehmen-der Silikonmenge nimmt bei der Reaktionsführung in reinen Sub-straten die Aktivität des Enzymprä-parats graduell bis zu 61 % ab; gleichzeitig gehen unter desorbie-

Abb. 2. Kompositbildung von Silikon mit Novozym 435 (Hersteller: Novozymes, Dänemark); Rasterelektronenmikroskopaufnahme vor und nach Verbindung mit

30 % bzw. 54 % (w/w) Silikon vor und nach starker mechanischer Belastung durch einen Magnetrührer in Laurinsäure; relative Aktivität von Novozym 435 hin-

sichtlich der Veresterung von Laurinsäure und Propanol vor und nach Verbindung mit 30 % bzw. 54 % (w/w) Silikon vor und nach gerührter Inkubation in einer

Mischung aus Acetonitril und Wasser (1:1) über einen Zeitraum von 30 Minuten; Restaktivitäten der Komposite sind auf die als 100 % angenommene Aktivität

von Novozym 435 bezogen; Restaktivitäten der Desorptionsansätze sind auf die als 100 % angenommene Aktivität des jeweiligen Ausgangspräparats (unbehan-

deltes Novozym 435, mit 30 % bis 54 % (w/w) Silikon verbundenes Novozym 435) bezogen.

Divinyl terminiertesPoly(dimethylsiloxan)

(V Siloxan)

Vulkanisierungdurch Hydrosilylierung

Pt(0)n SiSi R‘ – Si – O – R‘‘

CH3

H

n n SiSi SiO

O R‘‘

R‘Si

n 2

Si

O

Si n

Si

H

Si H Siloxan

Abb. 1. Pt0-katalysierte Vulkanisierung von divinylterminierten Polydivinylsiloxanen (V-Siloxan) und Si-H-funktionalisierten Siloxanen zu einem dreidimensionalen

Netzwerk.

0

20

40

60

80

100

original desorbiert0

20

40

60

80

100

original desorbiert0

20

40

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80

100

original desorbiert

Restaktivitä

t[%]

Restaktivitä

t[%]

Restaktivitä

t[%]

Novozym 435,nativ

silCoat-Novozym 435,30% (w/w) Silikon

silCoat-Novozym 435,54% (w/w) Silikon

mechanischbelastet

mechanischbelastet

mechanischbelastet

originaloriginal original

100

0

61

4

39

60

1176 BMagazinV Biokatalysatoren

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Page 3: Mit Silikon zum robusten Enzym

renden Bedingungen nur noch 40 % des Enzyms verloren, wäh-rend natives Novozym 435 inaktiv wird. Bereits bei einem Gewichts-anteil von 30 % Silikon bilden sich nach mechanischer Belastung des Trägermaterials keine Risse, son-dern lediglich oberflächlicher Ab-rieb. Vollständig mit Silikon be-deckte Träger zeigen auch bei star-ker mechanischer Belastung keine morphologischen Veränderungen.

Was dies für synthetisch-techni-sche Anwendung bedeutet, zeigen die durch Novozym 435 kataly-sierten Synthesen von Myristylmy-ristat (Tabelle, Komponente (1)), Poly(ethylen)glycol400-Kokosnuss -fettsäuremonoester (Tabelle, Kom-ponente (2)) und (Ethylen oxid- Propylenoxid- Copolymer)-Ölsäure- diester (Tabelle, Komponente (3)).6) Diese repräsentieren unter-schiedliche Szenarien, in denen je-weils Trägerstabilität und/oder En-zymdesorption die entscheidenden Rollen spielen. Die Unterschiede resultieren aus der Viskosität und dem damit erforderlichen Energie-eintrag für die Durchmischung und/oder der tensidischen Wir-kung der Produkte.

In allen drei Reaktionen erhöhte die Bildung von Silcoat (40 % Sili-kon w/w) die Zahl der Reaktions-zyklen für eine Charge des Biokata-lysators. Bis zu einem Faktor 50 bessere Umsatzzahlen ließen sich so erreichen (Tabelle). Im indus-triellen Prozess ist somit mit deut-lich niedrigeren Katalysatorkosten zu rechnen.

Silikone mit erhöhter Hydrophilie

S Silikone mit erhöhter Hydro-philie zur Kompositbildung zu nutzen, erhöht ebenfalls die Trä-gerstabilisierung und verringert die Enzymdesorption.10) Dabei wird an Stelle des divinyltermi-nierten Poly(dimethyl)siloxans di-vinylterminiertes Poly(ethylen) -glycol400 in die Hydrosilylie-rungsreaktion eingesetzt. Im Ge-gensatz zum Silcoat hat die Ober-fläche des resultierenden HY sil -coat auch bei ursprünglich glatter

Trägeroberfläche eine raue Struk-tur (Abbildung 3). Dies ist vermut-lich das Resultat einer inhomoge-nen Polymerisation, da Poly(ethy-len)glycol und Siloxan schlecht mischbar sind. Dennoch ist kein Abrieb zu beobachten. Die hydro-philen Komposite ermöglichen es, der Präparationsansatz auf wässri-ge Reaktionssysteme zu übertra-gen und somit das Einsatzspek-trum in der Biokatalyse zu erwei-tern. Demonstriert wurde dies am Beispiel der stereoselektiven asym-metrischen Reduktion von Aceto-phenon zu S-Phenylethanol durch Carbonylreduktase aus Candida parapsilosis (CPCR2).

Sowohl mit Silcoat- als auch mit HYsilcoat-Präparaten lassen sich

katalytisch aktive Zellen immobi-lisieren.11) Beim Bakterium Esche-richia coli, das CPCR2 heterolog exprimiert, war sowohl die asym-metrische Reduktion von Aceto-phenon als auch Stoffwechselakti-vität in Form von Zellwachstum nachweisbar. In Kombination mit dem Trägermaterial Amberlite FPC3500 hielt HYsilcoat die Zel-len in wässrigen Medien effektiv zurück, während Silcoat Zelllea-ching nicht vollständig verhinder-te. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist dies auf Defekte der Oberflä-chenbedeckung bei Erzeugung von Silcoat mit Amberlite FPC3500 zurückzuführen; Opti-mierung des Polymerisationspro-zesses sollte dies beheben.

Biokatalytisch aktive statische Emulsionen und Suspensionen

S Die Bindung von Enzymen an kommerzielle Trägermaterialien kann die Aktivität senken. Deshalb – und im Sinne einer möglichst ho-hen Materialeffizienz – ist auch der direkte trägerfreie Einschluss von Enzymlösungen in eine Silikonma-trix ein Forschungsziel bei der Er-zeugung robuster Biokatalysato-ren.12) Dabei wird die Enzymlö-sung in feinen Tröpfchen innerhalb einer sphärischen Silikonmatrix verteilt, deren Vulkanisierung ver-

Abb. 3. Rasterelektronenmikroskopaufnah-

me des Trägermaterials IB-171 (Hersteller:

Chiralvision, Niederlande) nach Verbindung

mit 25% (w/w) hydrophilisierten Silikons.

Umsatzzahlen Novozym 435-katalysierter Veresterungen mit und ohne Trägerstabilisierung durch Silikon (45%

w/w) im Labormaßstab. Die Synthese von Myristylmyristat ((1), hoch viskos) erfolgte im Rührreaktor, von

Poly(ethylen)glycol-400-Kokosnussfettsäuremonoester ((2), tensidisch) im Festbettreaktor und von (Ethylenoxid-

Propylenoxid-Copolymer)-Ölsäurediester (3), leicht tensidisch, hoch viskos) in einer Blasensäule. Jeder Produktions-

zyklus betrug 24 Stunden, Umsatzzahlen sind auf die im jeweiligen Präparat enthaltene tatsächliche Menge an

Novozym 435 bezogen.6)

Produkt der enzymkatalysierten Reaktion Umsatzzahl [gProdukt/gNovozym 435] Novozym

435, nativ silCoat-Novozym 435

(1) 100 2300

(2) 189 >1459

(3) 329 2588

1177Biokatalysatoren BMagazinV

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Page 4: Mit Silikon zum robusten Enzym

hindert, dass die Tröpfchen ver-schmelzen (Abbildung 4). Es resul-tiert eine biokatalytisch aktive sta-tische Emulsion (BASE). In Gegen-wart organischer Lösungsmittel bildet sie ein zweiphasiges Reakti-onssystem mit enormer Phasen-kontaktfläche. Für die Emulgie-rung ist jedoch kein hoher Energie-eintrag nötig. Die Ausdehnung der Phasenkontaktfläche wird durch das anfängliche Volumenverhältnis von Wasser zu Siloxan sowie durch die zur Emulgierung der Phasen verwendete Rührtechnik beein-flusst.13) Das bietet Spielraum für Optimierung.

In Veresterungsreaktionen mit Lipase A aus C. antarctica (CALA) und Lipase aus Thermomyces lanu-ginosa (TLL) steigerte die BASE die katalytische Aktivität im Vergleich zur unstabilisierten Emulsion.12–14) Im Fall von TLL verlief die Deakti-vierung in wiederholten Zyklen der direkten Veresterung von Neben-produkten der Biodieselerzeugung ausgesprochen langsam.14)

In der Synthese enantiomeren-reiner Cyanhydrine mit einer Hy-droxynitrilase aus Manihot esculen-ta unterdrückt interessanterweise der Einschluss des Enzyms in die BASE die konkurrierende unkataly-sierte Nebenreaktion der Aus-gangssubstrate. So entstanden die Produkte unter milden Bedingun-gen mit hoher Enantiomerenrein-heit.15)

Ist die katalytische Effizienz von Enzymen in Gegenwart trockener organischer Lösungsmittel beson-

ders ausgeprägt, ist der Einsatz als biokatalytisch aktive statische Sus-pension (BASS) möglich. Dabei wird das Enzym der Vulkanisierung der beteiligten Siloxane (V- und SiH-Si-loxane) als Trockenpräparat zuge-setzt.16) Durch mangelnde Löslich-keit des Enzympräparats in der Si-loxanmischung und dem daran be-teiligten organischen Lösungsmit-tel bilden sich lokal Enzymaggrega-te. Diese verteilen sich ungleichmä-ßig über die Silikonmatrix. Als Fol-ge ist die Aktivität einer derart er-zeugten BASS nur schwer kontrol-lierbar, starke Abweichungen zwi-schen theoretisch identischen Ver-suchsansätzen sind zu beobachten. Eine Verbesserung könnte Immobi-lisierung durch Bildung einer BASE und anschließende Trocknung bringen. Der damit verbundene er-hebliche Zeitaufwand erfordert je-doch eine weitere Optimierung des Verfahrens.

Ausblick

S Das Spektrum der Silikone für die Enzympräparatimmobilisie-rung ist erstaunlich breit: In Frage kommen trockene, gelöste und trägergebundene Enzympräparate als Paarungspartner für einphasig wässrige oder organische sowie für zweiphasige Reaktionssyste-me. Mit Silikon könnte somit die lang gesuchte Basis für ein Stan-dardverfahren gefunden sein, um Biokatalysatorpräparate für die technische Anwendung tauglich zu machen.

Literatur

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9) L.O. Wiemann, R. Nieguth, M. Eckstein,

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133–139.

Abb. 4. Typische biokatalytisch aktive statische Emulsionen (BASE), eingesetzt in organischen Lösungsmitteln und

Rasterelektronenmikroskopaufnahme eines Partikelquerschnitts. 13)

Marion Ansorge-Schuma-

cher, Jahrgang 1971, ist

seit dem Jahr 2012 Profes-

sorin für molekulare Bio-

technologie an der TU

Dresden, zuvor hatte sie

den Lehrstuhl für Technische Chemie/Enzym-

technologie der TU Berlin inne. Schwerpunkt

ihrer Forschung ist die technische Biokatalyse

mit besonderem Augenmerk auf der Anpas-

sung isolierter Enzyme und Enzymsysteme an

synthetisch-technische Anforderungen.

[email protected]

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