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Modelle wissensintensiver Dienstleistungen
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Magnus Richter
Modelle wissensintensiver Dienstleistungen
Ansätze einer modernen Produktions-theorie auf Basis der graphischen Aktivitätsanalyse
Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Rainer Souren
RESEARCH
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ISBN 978-3-8349-3658-5 ISBN 978-3-8349-3659-2 (eBook)DOI 10.1007/978-3-8349-3659-2
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Magnus RichterIlmenau, DeutschlandVoestalpineLinz, Österreich
Bernhard SchmidtLangenhagen, Deutschland
Dissertation Technische Universität Ilmenau, 2011
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V V
Geleitwort
In hochentwickelten Volkswirtschaften ist der Dienstleistungssektor für mehr als
zwei Drittel des Bruttoinlandsprodukts verantwortlich. Gleichwohl sind Dienstleis-
tungen in manchen Teildisziplinen der betriebswirtschaftlichen Forschung stark un-
terrepräsentiert. So findet die Produktionswirtschaftslehre anders als z. B. das Mar-
keting nur einen sehr beschränkten Zugang zur Beschreibung und Analyse der
Dienstleistung. Das mag auf den ersten Blick dadurch begründet sein, dass Indust-
riebetriebe des sekundären Sektors seit jeher im Untersuchungsfokus der betriebli-
chen Produktionswirtschaftslehre standen und auch heute noch stehen. Die Vernach-
lässigung einer umfassenden theoretischen Ergründung der Dienstleistungsproduk-
tion ist m. E. aber vor allem der Tatsache geschuldet, dass im Gegensatz zur Sachgü-
terproduktion keine eindeutigen (quantitativen) Input/Output-Zusammenhänge er-
mittelt werden können. Oft ist zudem noch nicht einmal klar, wodurch der Output
und die Leistung der Dienstleistung gekennzeichnet sind. Die letzten 30 Jahre haben
bereits einige verdienstvolle Arbeiten zur Dienstleistungsproduktion hervorgebracht;
gleichwohl stellt sie einen Theoriebereich dar, der sowohl in der Breite als auch in
der Tiefe noch erhebliches Forschungspotenzial aufweist.
Mit der vorliegenden Arbeit schließt Magnus Richter einige Lücken der Produktions-
theorie betrieblicher Dienstleistung, indem er neuartige Beschreibungs- und Erklä-
rungsansätze entwickelt. Als anschauliches Instrument zur Beschreibung der Dienst-
leistungsstrukturen wählt er die graphische Aktivitätsanalyse (Input/Output-
Graphen), die er um geeignete Modellelemente und Modellierungsregeln erweitert.
Aber nicht nur mit dem Modellansatz wagt sich die Arbeit auf weithin unbestelltes
Forschungsterrain. Auch die Fokussierung auf wissensintensive Dienstleistungen ist
ein ambitioniertes Ziel, da die produktionstheoretische Modellierung von Wissen
zahlreiche Fallstricke beinhaltet. So muss sie i. d. R. auf die Angabe quantitativer Zu-
sammenhänge zwischen Input und Output verzichten, da Wissen, anders als Sachob-
jekte und z. T. auch Information, nicht oder nur eingeschränkt gemessen werden
kann. Die in dieser Arbeit gewählte (graphische) aktivitätsanalytische Modellierung
der Prozessstrukturen erlaubt aber zumindest qualitative Aussagen, die einen verall-
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gemeinerbaren Erkenntnisgewinn ermöglichen. Dies gilt vor allem für die Berück-
sichtigung der Interaktionen der Wirtschaftsakteure (Anbieter und Nachfrager). Sie
muss m. E. die zentrale Erweiterung einer modernen Produktionstheorie sein, um
neben der Dienstleistung auch andere kundenintegrierte Produktionskonzepte theo-
retisch zu verankern und eine engere Kopplung zur Absatzwirtschaft zu ermögli-
chen.
Magnus Richter gelingen mit der vorliegenden Arbeit zahlreiche Weiterentwicklun-
gen der bisherigen Theorie, die wohl fundiert sind und in der Community zu einem
konstruktiven Diskussionsprozess führen dürften. Das gilt einerseits für die aktivi-
tätsanalytische Definition des Dienstleistungsbegriffs, der die jahrzehntelange Dis-
kussion aufgreift und weiterführt. Andererseits eröffnen die Erklärungsansätze zu
Strukturkomponenten wissensintensiver Dienstleistungen ein Theoriegebiet, das
bisher nahezu völlig vernachlässigt wurde, in der Zukunft aber nicht nur in der Pro-
duktionstheorie besondere Relevanz besitzt. Deshalb wünsche ich der vorliegenden
Arbeit eine weite Verbreitung und Magnus Richter sowohl intensive Diskussionen
als auch Kraft und Kreativität, das beschrittene und neue Forschungsfeld(er) weiter
intensiv zu beackern.
Rainer Souren
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VII
Vorwort
Stetig zieht der Bug voran seine sternbesäte Bahn,
Wo der Wahl, der wilde, spielt.
Zernarbt von der Sonne dein Rumpf ist, mein Schiff,
Deine Falle sind straff vor Tau.
Denn wir fahren unseren alten Kurs, unseren eigenen Kurs,
Fern von den andern.
Denn wir fahren, denn wir wandern, unsern großen Kurs,
Den südlichen Kurs in das ewige Blau.
aus DER SEEWOLF
„Umwege erhöhen die Ortskenntnis!“ – mit diesen Worten hat mir Dr. Matthias Freund
seinerzeit Mut zugesprochen, als ich den Entschluss fasste, die heimatlichen Gefilde
zu verlassen und mein Glück in Ilmenau zu suchen. Er hatte Recht, denn nun weiß
ich, dass der Thüringer Wald ein wunderbares Fleckchen Erde ist, wo viele Freunde
warten. Hätte ich Aachen nicht verlassen, wäre ich nicht in den Genuss gekommen,
mich von so lieben Menschen wie Hagen Schorcht auf dem Mountain Bike auf dem
Weg zur Schmücke abhängen zu lassen, mit Dr. Holger Roschk Cheeseburger im
AQUI zu essen und dabei Die Sopranos zu rezitieren oder mit Nils Ewald stundenlang
teure Uhren im Internet zu bewundern. Ich wäre auch Daniel Köhler nicht begegnet,
der die Pflichten von Doktoranden eines Abends perfekt in Worte gefasst und mir
damit aus der Seele gesprochen hat – ihr wisst, was ich meine, oder? Zum »harten
Kern« der ersten Stunde gehört auch Nadine Walther, der ich für ihre Freundschaft
danke, und der ich das Allerbeste für ihre Promotion und das noch viel Wichtigere
wünsche, das in Kürze bevorsteht.
Natürlich gebührt aber auch vielen lieben Menschen in Köln und Aachen mein Dank
für die Unterstützung in den letzten Jahren. So haben mir stets auch Prof. Dr. Hans-
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VIII
Horst Schröder und Dr. Marcus Gerards Mut zugesprochen und mir in persönlicher
und auch fachlicher Hinsicht wertvolle Tipps gegeben. Danken möchte ich auch Dr.
Marcel Clermont für die inspirierende und erfolgreiche Zusammenarbeit in Sachen
Lernorientiertes Produktionsmanagement. Zu den lieben Rheinländern, die ich hier doch
oft vermisse, zählen ebenfalls meine treuen Freunde Jarno Pütz, Stefan Metzmacher,
Christian Klöcker, Harash Hazooria, Marcus Kaht, Dr. Aline Kientopf, Carola Braun,
Daniel Rieger, Jan Wiemer, Jan Wilhelm und Philippe Krott.
Obgleich ich die Hoffnung aufgegeben habe, hier alle Personen aufführen zu können,
die mich unterstützt haben, versuche ich es doch noch ein weiteres Mal:
Ich danke Vera Rentschler und Alexander »Keule« Rentschler für weiteren Rückhalt
aus der Familie, Manfred und Marianne Kluth, die mir stets ein Fels in der Brandung
sind, Mandy Guttzeit und Timm Muntel für die wunderbaren kulinarischen Abende,
Susanne »Susi« Würfel für die herzliche Aufbauarbeit in Momenten, in denen meine
Nerven – wie zuletzt so oft – blank lagen, Dr. Holm Fischäder für die gemeinsamen
Kochabende und den Crashkurs in PPS, Alexander Adamek für die Unterstützung in
Sachen Reflexion, PD Dr. Björn Kuchinke, dem (direkt nach Vinnie Colaiuta) besten
Schlagzeuger der Welt, für seine Bereitschaft, sich mein Gitarrenspiel anzuhören, des
Weiteren Christin Loose für ihre Freundschaft und die Matches in der Squashhalle,
Daniel Gäthke und Jana Müller für viele gemeinsame Erlebnisse in Ilmenau, PD Dr.
David Müller für leckeren Tee und viele interessante Gespräche sowie Frank Termer
und Markus Bensmann für die wertvollen Anmerkungen zum Probevortrag.
Besonderer Dank gebührt Prof. Dr. Herfried M. Schneider, der mir – und natürlich
auch meinen Kolleginnen und Kollegen – im Rahmen gemeinsamer Kolloquien die
Möglichkeit gegeben hat, über den Tellerrand hinauszublicken und mit erfahreneren
Kollegen in Dialog zu treten. Dank gebührt auch Univ.-Prof. Dr. Norbert Bach, der
mich nicht nur in fachlicher sondern auch in persönlicher Hinsicht stets unterstützt
hat und für mich zu einem wichtigen Vorbild geworden ist. Dr. Daniel Fischer zählt
ebenfalls zu jenen Förderern, zu denen ich aufschauen kann – aber nicht muss.
Unschätzbar wertvollen Rückhalt habe ich stets auch vom Team unseres Fachgebiets
Produktionswirtschaft/Industriebetriebslehre erfahren, wofür ich wohl kaum genug
danken kann. Zu nennen sind hier Kathleen Schunder und Meike Barnickel, Manja
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IX
Krümmer und Sigrun Leipe, ohne die meine Dissertationsschrift vermutlich aussähe
wie Malen-mit-Zahlen, Julia Baltzer, Kerstin Noatzsch, der ich für ihre Promotion viel
Erfolg wünsche, Inga Beinghaus, Sebastian Schmitt und Katrin Windhorst, die mich
seit Jahren höchst zuverlässig mit Literatur versorgt. Im Fall von Frau Dr. Meike
Buchholz und Herrn Daniel »Der Bestatter« Miofsky sind mir dagegen die Hände
gebunden – die Dankbarkeit, die ich für beide empfinde, lässt sich nicht in Worte
fassen. Glaubt es mir bitte einfach so!
Mein hochverehrter akademischer Lehrer, Herr Univ.-Prof. Dr. rer. pol. habil. Rainer
Souren, hat mir von Beginn unserer Zusammenarbeit an stets verlässlichen Rat und
vorbehaltlose Unterstützung zukommen lassen. Für seine Gewissenhaftigkeit und
sein Vertrauen, die mir jeden Zweifel genommen und mich in meinem Forschungs-
vorhaben bestärkt haben, danke ich ihm von ganzem Herzen. Herrn Univ.-Prof. Dr.
rer. pol. habil. Ralf Gössinger, Inhaber des Lehrstuhls Produktion und Logistik an der
TU Dortmund, gebührt mein Dank für die Übernahme des Zweitgutachtens sowie
viele hilfreiche und spannende Anregungen zu weiteren Forschungsvorhaben.
Meiner lieben Gefährtin, Juliane Stahl, die mich lange Zeit wie ein Phantom erlebt
und dennoch so liebevoll umsorgt hat, danke ich für ihre unsagbare Geduld und die
Liebe und Kraft, die sie mir gibt. Hab‘ Dank dafür! Meinen Eltern, Jutta und Horst
Richter, danke ich dafür, dass sie mich in allem, was mir in meinem Leben wichtig
war, unterstützt und mir stets auch »von fern« mit viel Liebe und Leidenschaft den
Rücken gestärkt haben. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet!
Magnus Richter
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XI
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort ................................................................................................................................ V
Vorwort .................................................................................................................................. VII
Abbildungsverzeichnis ..................................................................................................... XVII
Tabellenverzeichnis ............................................................................................................. XXI
Abkürzungsverzeichnis ................................................................................................... XXIII
Symbolverzeichnis ............................................................................................................ XXV
1 Einleitung .......................................................................................................................... 1
1.1 Motivation und Zielsetzung ................................................................................. 1
1.2 Aufbau der Arbeit .................................................................................................. 4
Teil A – Produktionswirtschaftliche Konzeptualisierung von Dienstleistungen .......... 9
2 Grundlagen der Dienstleistungsökonomie .................................................................. 9
2.1 Betriebswirtschaftliche Definitionen des Dienstleistungsbegriffs .................. 9
2.1.1 Die Definition von MALERI ........................................................................ 9
2.1.2 Die Definition von BEREKOVEN................................................................ 17
2.1.3 Die Definitionen von RÜCK ...................................................................... 19
2.1.3.1 Die Definition auf Basis des make-or-buy-Prinzips .................. 19
2.1.3.2 Die Definition auf Basis produktionswirtschaftlicher Merkmale ...................................................................................... 21
2.1.4 Die Definition von GÖSSINGER ................................................................. 25
2.2 Zum Gutscharakter von Dienstleistungen ....................................................... 30
2.2.1 Der ökonomische Gutsbegriff ................................................................. 30
2.2.2 Bedürfnisbefriedigung mittels Produkten ............................................ 31
2.2.3 Bedürfnisbefriedigung mittels Dienstleistungen ................................. 33
2.2.3.1 Besonderheiten der Bedürfnisbefriedigung mittels Dienstleistungen .......................................................................... 33
2.2.3.2 Art des Leistungsobjekts ............................................................. 37
2.2.3.3 Zeitlicher Bezug der Bedürfnisbefriedigung ........................... 38
3 Neukonzeption der produktionstheoretischen Dienstleistungsdefinition ........... 41
3.1 Transformationsbezogene Definition des Dienstleistungsbegriffs ............... 41
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XII
3.2 Kritische Reflexion der transformationsbezogenen Dienstleistungsdefinition .................................................................................... 43
3.3 Aktivitätsbezogene Definition des Dienstleistungsbegriffs ........................... 47
4 Grundlagen der Aktivitätsanalyse .............................................................................. 52
4.1 Historischer Ursprung der Aktivitätsanalyse .................................................. 52
4.2 Erkenntnisobjekte und Elemente der Aktivitätsanalyse ................................ 53
4.2.1 Objekte und Aktivitäten ........................................................................... 53
4.2.2 Technikformen und -eigenschaften ........................................................ 55
4.2.3 Vergenztypen elementarer Produktionen ............................................. 56
4.3 Darstellungsformen für Produktionsaktivitäten ............................................. 61
4.3.1 Einführung in die Input/Output-Analyse ............................................. 61
4.3.2 Input/Output-Tabellen ............................................................................. 62
4.3.3 Input/Output-Vektoren ............................................................................ 64
4.3.4 Input/Output-Graphen ............................................................................. 64
4.4 Vorzüge der graphischen Aktivitätsanalyse .................................................... 65
Teil B – Ansätze zur Weiterentwicklung der aktivitätsanalytischen Dienstleistungstheorie ............................................................................................ 71
5 Der Modellcharakter von Input/Output-Graphen .................................................... 71
5.1 Merkmale des allgemeinen Modellbegriffs ...................................................... 71
5.2 Ansätze zur Systematisierung von Modellen .................................................. 75
5.3 Kennzeichnung aktivitätsanalytischer Input/Output-Graphen .................... 79
5.3.1 Allgemeine Merkmale von Graphen ...................................................... 79
5.3.2 Aktivitätsanalytische Input/Output-Graphen ...................................... 80
5.3.3 Konkrete Input/Output-Graphen ........................................................... 83
5.3.4 Abstrakte Input/Output-Graphen .......................................................... 84
5.4 Erweiterungen aktivitätsanalytischer Input/Output-Graphen...................... 86
5.4.1 Erweiterungen von Objektknoten .......................................................... 87
5.4.2 Erweiterungen von Prozessknoten ......................................................... 89
5.4.3 Erweiterungen von Kanten...................................................................... 92
5.4.4 Erweiterungen der Konstruktionsweise ................................................ 93
5.4.5 Systemtheoretische Erweiterungen ........................................................ 96
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XIII
6 Defizite aktivitätsanalytischer Input/Output-Graphen bei der Abbildung wissensintensiver Dienstleistungen .......................................................................... 101
6.1 Systematisierende Vorüberlegungen .............................................................. 101
6.2 Vernachlässigung der Externalität des externen Faktors ............................. 103
6.3 Vernachlässigung gradueller Eigenschaftsänderungen des externen Faktors .................................................................................................................. 105
6.4 Zwischenfazit ...................................................................................................... 109
6.5 Mangelhafte Erfassung von Wissen und Information .................................. 110
6.6 Vernachlässigung von Unterschieden zwischen Werkobjekten und Prozessobjekten .................................................................................................. 114
6.7 Unzureichende Berücksichtigung von Stochastizität und Mehrdeutigkeit singulärer (Wissens-)Produktionen ................................................................. 116
6.8 Fazit und Implikationen für die Konstruktion von Input/Output-Graphen wissensintensiver Dienstleistungen ................................................ 118
Teil C – Strukturanalyse wissensintensiver Dienstleistungen auf Basis des Problembegriffs ..................................................................................................... 121
7 Konzeptualisierung von Problemen ......................................................................... 121
7.1 Der Problembegriff ............................................................................................ 121
7.2 Das Phasenschema zur Strukturierung von Dienstleistungen .................... 123
8 I/O-Graphen wissensintensiver Dienstleistungen .................................................. 129
8.1 Grundlegende Konstruktionsregeln und Notationen .................................. 129
8.2 Stadtrundfahrt .................................................................................................... 131
8.2.1 Modellierung ........................................................................................... 131
8.2.1.1 Problemartikulation .................................................................. 131
8.2.1.2 Problemwahrnehmung ............................................................. 135
8.2.1.3 Problemlösung und Lösungsartikulation .............................. 137
8.2.2 Produktionswirtschaftliche Besonderheiten der Modellierung ....... 140
8.3 Rechtsberatung ................................................................................................... 145
8.3.1 Modellierung ........................................................................................... 145
8.3.1.1 Problemartikulation .................................................................. 145
8.3.1.2 Problemwahrnehmung ............................................................. 147
8.3.1.3 Problemlösung und Lösungsartikulation .............................. 149
8.3.2 Produktionswirtschaftliche Besonderheiten der Modellierung ....... 152
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XIV
8.4 Tennistraining ..................................................................................................... 154
8.4.1 Modellierung ........................................................................................... 154
8.4.1.1 Problemartikulation .................................................................. 154
8.4.1.2 Problemwahrnehmung ............................................................. 155
8.4.1.3 Problemlösung und Lösungsartikulation .............................. 156
8.4.2 Produktionswirtschaftliche Besonderheiten der Modellierung ....... 159
9 Deskriptive Strukturanalyse wissensintensiver Dienstleistungen ....................... 162
9.1 Strukturmerkmale wissensintensiver Dienstleistungen ............................... 162
9.1.1 Stufigkeit/Dauer ...................................................................................... 163
9.1.2 Interaktionsmuster .................................................................................. 164
9.1.2.1 Integrativität ............................................................................... 164
9.1.2.2 Kontingenz .................................................................................. 165
9.1.3 Stochastizität/Mehrdeutigkeit ............................................................... 171
9.2 Strukturunterschiede wissensintensiver Dienstleistungen – Deskriptive Befunde anhand von Beispielen ....................................................................... 174
9.2.1 Systematisierende Vorüberlegungen ................................................... 174
9.2.2 Deskriptive Befunde zu strukturellen Unterschieden ....................... 175
10 Theoretische Strukturanalyse wissensintensiver Dienstleistungen – Ansätze einer Ursachenanalyse .......................................................................................................... 183
10.1 Ansätze zur Ursachenanalyse auf der Grundlage von Wissensmerkmalen ............................................................................................ 183
10.1.1 Zur Problematik der Konvertierung von Wissen ............................... 183
10.1.2 Explizites Wissen als Erklärung für mediale Integrativität .............. 187
10.1.3 Zur Problematik einer Versprachlichung impliziten Wissens ......... 188
10.1.3.1 Zur Ontologie impliziten Wissens .......................................... 188
10.1.3.2 Implizites Wissen mit körperlichem Bezug als Erklärung für körperliche Integrativität .................................................... 191
10.1.3.3 Implizites Wissen mit geistigem Bezug als Erklärung für persönliche Integrativität .......................................................... 194
10.1.4 Zwischenfazit........................................................................................... 196
10.1.5 Zeitraumbezogenheit als Erklärung für persönliche Integrativität . 197
10.1.6 Ergänzungsbedürftigkeit von Wissenskorrespondenzen als Erklärung für Stochastizität ................................................................... 199
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XV
10.1.7 Prozeduralität und Zeitraumbezogenheit als Erklärung für Stufigkeit und Dauer .............................................................................. 201
10.1.8 Individualität und Komplexität des Lösungswissens als Erklärung für Kontingenz ...................................................................... 204
10.2 Ergänzende Ansätze zur Ursachenanalyse auf der Grundlage von Problemmerkmalen ............................................................................................ 207
11 Resümee ........................................................................................................................ 212
11.1 Zusammenfassung ............................................................................................. 212
11.2 Ausblick ............................................................................................................... 216
Anhang A1 ........................................................................................................................... 219
Anhang A2 ........................................................................................................................... 222
Anhang A3 ........................................................................................................................... 223
Literaturverzeichnis ............................................................................................................ 225
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XVII
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1-1: Struktur und Leitfragen der Arbeit .................................................................. 6
Abb. 1-2: Struktur und Leitfragen der Arbeit (Fortsetzung) ......................................... 7
Abb. 2-1: Stofflichkeit des Outputs als Abgrenzungskriterium ................................. 11
Abb. 2-2: Das Vier-Phasen-Modell von Marktleistungen nach MENGEN .................. 23
Abb. 2-3: Eigenschaftsbezogene Projektion von Problem und Lösung in die Ist/Soll-Ebene ..................................................................................................... 28
Abb. 2-4: Bedürfnisbefriedigung mittels Produkten .................................................... 32
Abb. 2-5: Bedürfnisbefriedigung mittels integrativer Dienstleistungen ................... 34
Abb. 2-6: Bedürfnisbefriedigung mittels nicht-integrativer Dienstleistungen ......... 36
Abb. 4-1: Einfacher I/O-Graph der Aktivität Brotbacken z1 ........................................ 54
Abb. 4-2: Beispiel einer linearen Technik ....................................................................... 55
Abb. 4-3: Produktionsstrukturen vom Typ glatt (a) und konvergierend (b) ............ 57
Abb. 4-4: Produktionsstrukturen vom Typ divergierend (c) und umgruppierend (d) ........................................................................................... 59
Abb. 4-5: Produktionsstrukturen vom Typ vernichtend (e) und schöpfend (f) ....... 61
Abb. 5-1: Wirkungszusammenhänge zwischen den allgemeinen Modellmerkmalen ............................................................................................ 74
Abb. 5-2: Systematik betriebswirtschaftlicher Modelle ............................................... 78
Abb. 5-3: Ergänzende Systematisierung graphischer Modelle ................................... 78
Abb. 5-4: Graph mit einfachen Knoten und ungerichteten Kanten ........................... 79
Abb. 5-5: I/O-Graph einer Schuhproduktion ................................................................. 81
Abb. 5-6: Abstrakter I/O-Graph für zwei Grundaktivitäten z1 und z2 ....................... 85
Abb. 5-7: Theorieelemente der Aktivitätsanalyse ......................................................... 86
Abb. 5-8: Objektknoten mit prozentualer Inhaltsstoffangabe ..................................... 87
Abb. 5-9: Um Komponenten und relationale Eigenschaften erweiterter Objektknoten ..................................................................................................... 88
Abb. 5-10: Um Beschaffungs- und Absatzrestriktionen ergänzte Objektknoten ....... 89
Abb. 5-11: I/O-Graph mit modifiziertem Verteiler-(Prozess-)Knoten ......................... 91
Abb. 5-12: Komplexer Verfahrensknoten ......................................................................... 92
Abb. 5-13: Modifizierter I/O-Graph eines elementaren (Reduktions-)Prozesses ....... 94
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XVIII
Abb. 5-14: I/O-Graph mit vertikalen Pfeilen für Prozessobjekte .................................. 95
Abb. 5-15: I/O-Graph eines Produktionssystems mit Systemgrenzen ......................... 96
Abb. 5-16: I/O-Graph des Rückwegs einer Einweg-Verpackung ................................. 97
Abb. 5-17: Service Blueprint nach SHOSTACK .................................................................. 99
Abb. 6-1: Das Potential der Aktivitätsanalyse zur Modellierung von Dienstleistungen ............................................................................................. 102
Abb. 6-2: I/O-Graph einer KFZ-Reparatur ................................................................... 106
Abb. 6-3: Komponentenmodellierung eines konkreten Objektknotens .................. 108
Abb. 7-1: Systematisierung von Herausforderungen nach Lösbarkeit und Manifestation ................................................................................................... 122
Abb. 7-2: Phasenschema zur Modellierung von Dienstleistungen .......................... 124
Abb. 8-1: Problemartikulationsphase der Stadtrundfahrt (persönliches Gespräch) ......................................................................................................... 131
Abb. 8-2: Problemartikulationsphase der Stadtrundfahrt (detaillierte Darstellung) ..................................................................................................... 133
Abb. 8-3: Problemartikulationsphase der Stadtrundfahrt (Telefonat) ..................... 134
Abb. 8-4: Problemwahrnehmungsphase der Stadtrundfahrt ................................... 135
Abb. 8-5: Problemlösungs- und Lösungsartikulationsphase der Stadtrundfahrt (1/2) ........................................................................................ 137
Abb. 8-6: Problemlösungs- und Lösungsartikulationsphase der Stadtrundfahrt (2/2) ........................................................................................ 140
Abb. 8-7: Komponentenmodellierung des Touristen T vor (a) und nach (b) Erreichen von Ort 1 ........................................................................................ 141
Abb. 8-8: Komponentenmodellierung des Touristen T vor (c) und nach (d) Erreichen von Ort O ....................................................................................... 142
Abb. 8-9: Problemartikulationsphase der Rechtsberatung (persönliches Gespräch) ......................................................................................................... 146
Abb. 8-10: Problemwahrnehmungsphase der Rechtsberatung .................................. 149
Abb. 8-11: Problemlösungs- und Lösungsartikulationsphase der Rechtsberatung 150
Abb. 8-12: Problemlösungs- und Lösungsartikulationsphase der Rechtsberatung (Telefonat) ........................................................................................................ 151
Abb. 8-13: Problemartikulationsphase des Tennistrainings........................................ 154
Abb. 8-14: Problemwahrnehmungsphase des Tennistrainings .................................. 156
Abb. 8-15: Problemlösungs- und Lösungsartikulationsphase des Tennistrainings 157
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XIX
Abb. 8-16: Mediale (a), persönliche (b) und körperliche Integrativität (c) ................ 160
Abb. 9-1: Merkmale der Produktionsstruktur ............................................................. 162
Abb. 9-2: Pseudokontingenz zwischen Akteur 1 (A1) und Akteur 2 (A2) ............... 166
Abb. 9-3: Asymmetrische Kontingenz zwischen Akteur 1 (A1) und Akteur 2 (A2) . 168
Abb. 9-4: Reaktive Kontingenz zwischen Akteur 1 (A1) und Akteur 2 (A2) ........... 168
Abb. 9-5: Wechselseitige Kontingenz zwischen Akteur 1 (A1) und Akteur 2 (A2) . 170
Abb. 9-6: I/O-Graph mit exemplarischen Wechseln ................................................... 171
Abb. 9-7: Kombinationsmöglichkeiten aus Dienstleistung, Phase und Strukturmerkmal ............................................................................................ 174
Abb. 9-8: I/O-Graph des Gesamtprozesses Stadtrundfahrt ....................................... 176
Abb. 9-9: I/O-Graph des Gesamtprozesses Rechtsberatung ..................................... 176
Abb. 9-10: I/O-Graph des Gesamtprozesses Tennistraining ....................................... 176
Abb. 10-1: Transfermodi unterschiedlicher Nachrichtenarten ................................... 184
Abb. 10-2: Erklärungsalgorithmus für Integrativitätsformen ..................................... 197
Abb. 10-3: Erweiterter Integrativitätsalgorithmus ........................................................ 198
Abb. 10-4: Barriere- und Problemarten nach DÖRNER ................................................. 208
Abb. A-1: Verkettung von Bedürfnissen ....................................................................... 220
Abb. A-2: Vergleichende Beurteilung der transformations- und aktivitätsbezogenen Definition ..................................................................... 222
Abb. A-3: Typologie von Aktivitäten nach leistendem Akteur und (Un-) Mittelbarkeit der Bedürfnisbefriedigung .................................................... 223
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XXI
Tabellenverzeichnis
Tab. 4-1: I/O-Tabelle einer Müllverbrennung ............................................................... 63
Tab. 4-2: Vereinfachte I/O-Tabelle einer Müllverbrennung ....................................... 63
Tab. 5-1: Modifizierte Verzweiger- und Sammlerknoten nach MÜLLER-MERBACH ............................................................................................................ 90
Tab. 9-1: Aktive Betriebsmittelobjektarten auf Anbieter- und Nachfragerseite (Stadtrundfahrt) .............................................................................................. 178
Tab. 9-2: Aktive Betriebsmittelobjektarten auf Anbieter- und Nachfragerseite (Tennistraining) .............................................................................................. 179
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XXIII
Abkürzungsverzeichnis
A1 Akteur 1
A2 Akteur 2
Ag geistige Arbeit
Ak körperliche Arbeit
Bl Bus (leer)
Bb Bus (bemannt)
BS Beweisstück
CF Verzweiger- bzw. Sammler-Kombination aus C und F
CON Consumer; Konsument
c. p. ceteris paribus; unter sonst gleichen Bedingungen
CP Consumption Packaging; Konsumgüterverpackung
CV Verzweiger- bzw. Sammler-Kombination aus C und V
DP Distribution Packaging; Transportverpackung
E Erzähler
F Elementarer Verzweiger bzw. Sammler (feste Verhältnisse)
FA Fasern
FE Fett
I/O Input/Output
J Jurist
KFZ Kraftfahrzeug
L Luzerne
M Mandant
MIX Gemisch
O elementarer Verzweiger bzw. Sammler (beliebige Verhältnisse)
PF Production Function; Produktionsfunktion
PP Package Producer; Verpackungshersteller
PR Protein
PRM Primary Materials; (Primär-)Rohstoffe
PRO Produzent
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XXIV
PWM Packaging Waste Materials; Verpackungsabfallstoffe
SEM Secondary Materials; (Sekundär-)Rohstoffe
TB Technik B
T Tourist bzw. Tennistrainer
TOL Toleranzbereich
TRA Trader; Händler bzw. Absatzmittler
V elementarer Verzweiger bzw. Sammler (begrenzt variable Verhältnisse)
WM Waste Materials; Abfallstoffe
WMF Waste Management Firm; Entsorgungsunternehmen
XYZ Verfahrensbezeichnung
-
XXV
Symbolverzeichnis
AP Wissen über das Angebotsprogramm
BP Beurteilung des Problems
c Komponente (c = 1, …, C) E Kantenmenge EI Ist-Zustand ES Soll-Zustand ∈ Element Ize Ist-Ausprägung der Eigenschaft z Sze Soll-Ausprägung der Eigenschaft z
FS Frage zur Strategie
G Paar graphentheoretischer Mengen 1ωH Historisches Wissen über Ort 1 OHω Historisches Wissen über Ort O UHω Historisches Wissen über das Umfeld (allgemein)
k Objektart/Objektsorte (k = 1, …, K)
KP Kommentar zur Problembeschreibung
Prozessniveau 45°-Linie, geometrischer Ort aller vollständigen Problemlösungen
m Outputobjektart (m = 1, …, M) n Inputobjektart (n = 1, …, N) N0 Menge der natürlichen Zahlen einschließlich Null o Eigenschaftsänderung bzw. Ort on.z durch Problemlösung bewirkte Eigenschaftsänderung OP Problemkonstituierende Objektart OS Lösungskonstituierende Objektart
O Offerte
P Problemwissen
Pn Problempunkt P’ Problemlösung
nP′ Lösungspunkt
R Wissen über Referenzen
-
XXVI
*ωR Wissen über die richtige Referenz
q Zusammensetzungskoeffizient
ρ Prozessparameter bzw -intensität
Nebenbedingung t Zeitpunkt
UI Umfeldinformation 1IU Umfeldinformation zu Ort 1 OIU Umfeldinformation zu Ort O
V Knotenmenge
VS (Strategie-)Vorschlag
w Diskrepanz wn.z Diskrepanz bei vollständiger Lösung
znw .′ Diskrepanz bei unvollständiger Lösung
W (Kunden-)Wunsch
Subskript von Wissensobjektarten x Inputvektor (Brutto-Darstellung) tluAgx Inputquantität geistiger Arbeit beim unbewussten Lernen
xk Inputquantität der Objektart k (Brutto-Darstellung) y Outputvektor (Brutto-Darstellung) yk Outputquantität der Objektart k (Brutto-Darstellung) z Aktivität bzw. Gesamtvektor (Netto-Darstellung) zk Quantität der Objektart k (Netto-Darstellung)
-
1
1 Einleitung
1.1 Motivation und Zielsetzung
Die produktionswirtschaftliche Dienstleistungsforschung hat seit ihren Anfängen in
den 1970er-Jahren enorme Fortschritte erzielt. Hierzu zählen u. a. die Erweiterung
des bis dato rein technisch-industriebetrieblich geprägten Produktionsbegriffs um
Dienstleistungen sowie das – im Wesentlichen auf der Interpretation von KERN sowie
Ergänzungen von CORSTEN und GÖSSINGER basierende – Paradigma Dienstleistungen
als Problemlösungen. Trotz dieser unverkennbaren Fortschritte und ihres mittlerweile
durchaus als hoch einzustufenden Entwicklungsstands existieren in der produktions-
wirtschaftlichen Dienstleistungsforschung auch aktuell noch einige ungelöste Prob-
leme, die der vorliegenden Arbeit als Motivation dienen und aus denen sich (später)
Forschungsziele ableiten lassen. Im Folgenden werden zunächst Problemsachverhalte
dargestellt, die Anlass zu der vorliegenden Untersuchung geben:
Zum einen hat sich trotz der unverkennbaren Relevanz des Themas Dienstleistung in
der betriebs- bzw. produktionswirtschaftlichen Literatur bis zum heutigen Tag keine
konsensfähige Definition des Dienstleistungsbegriffs etabliert. Zwar existiert bis dato
eine Vielzahl Definitionen; selbst die besonders fruchtbaren Ansätze erfahren jedoch
augenscheinlich nicht genügend Beachtung, um als Impulse für eine Konsensfindung
dienen zu können. Obgleich Definitionenpluralismus in der Betriebswirtschaftslehre
keinesfalls unüblich ist und in manchen Fällen sogar zweckmäßig sein kann, hat die
Uneinigkeit über den Begriff Dienstleistung zwischenzeitlich ein derart verwirrendes
Ausmaß angenommen, das – bereits aus Konsistenzüberlegungen heraus – als für die
Dienstleistungsforschung hinderlich bezeichnet werden kann.
Zum anderen ist – erstaunlicher Weise trotz der soeben angesprochenen Inkonsistenz
des Dienstleistungsbegriffs – in Veröffentlichungen zur Produktionswirtschaftslehre
bzw. zum Dienstleistungsmanagement häufig die These zu finden, die Produktions-
theorie scheitere an der Beschreibung bzw. Modellierung von Dienstleistungen,1 da
1 Vgl. Altenburger 1980, S. 12 in Verbindung mit S. 72, Steven 1998, S. 268, Schneeweiß 2002a, S. 95,
Dyckhoff 2003, S. 721f., sowie Corsten/Gössinger 2004, S. 516.
M. Richter, Modelle wissensintensiver Dienstleistungen, DOI 10.1007/978-3-8349-3659-2_1,© Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
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2
sie allzu oft auf quantitative Aspekte der Produktion verengt bliebe. Diese These
wiegt besonders schwer, weil damit einer der traditionsreichsten betriebswirtschaft-
lichen Funktionstheorien die Eignung abgesprochen wird, Leistungserstellungspro-
zesse zu erklären, die die Wertschöpfung eines gesamten Wirtschaftssektors ausma-
chen. Die enorme Tragweite dieser Behauptung gibt Anlass zu einer differenzierten
Auseinandersetzung mit Fragen einer Produktionstheorie der Dienstleistungen.
Ein weiteres Problem, das der Entwicklung einer überzeugenden Produktionstheorie
für Dienstleistungen entgegensteht, ist die „Planungsresistenz“ solcher Produktionen,
die aufgrund ihrer starken Individualisierung nur ein einziges Mal in beobachtbarer
Weise ablaufen und dabei zumeist auf die Transformation von Objekten abzielen, die
ontologisch kaum erfassbar bzw. schlecht messbar sind. Hierzu zählen Forschungs-
und Entwicklungsaktivitäten, d. h. die Produktion neuen Wissens, für die die soeben
angesprochenen Erfassungs- bzw. Planungsschwierigkeiten bereits nachgewiesen
worden sind.2 Der Befund, dass individualisierte Wissensproduktionen allenfalls mit
erheblichen Einschränkungen in (quantitative) Modelle überführbar sind, gewinnt für
die vorliegende Arbeit dadurch an Relevanz, dass auch eine Vielzahl Dienstleistungen
der Produktion neuen Wissens dienen und demnach ähnliche Erfassungsprobleme
bereitet. Die – bereits für sich betrachtet reizvolle – Problematik der Modellierung
innovativer Wissensproduktionen hat folglich auch beachtliche Auswirkungen auf
weite Teile der produktionstheoretischen Dienstleistungsökonomik.
Die soeben dargestellten Problemsachverhalte sind der Anlass, Dienstleistungen aus
produktionstheoretischer Perspektive zu untersuchen. Nachfolgend wird verdeutlicht,
auf welche Weise die genannten Problemsachverhalte von der vorliegenden Arbeit
aufgegriffen werden und welche Zielsetzungen mit ihr verfolgt werden:
o Es soll eine Definition formuliert werden, die das ökonomische Wesen von
Dienstleistungen präzise umschreibt. Die Definition soll dennoch so allgemein
sein, dass sie nicht nur für produktionswirtschaftliche Analysen nützlich ist,
sondern auch im Kontext anderer betriebswirtschaftlicher Funktionstheorien
2 Vgl. Schröder 1973, S. 135ff. in Verbindung mit S. 298f.
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3
Zustimmung finden kann. Hiermit soll ein Beitrag zur Vereinheitlichung des
Begriffsverständnisses von Dienstleistungen geleistet werden.
o Es soll geprüft werden, ob aktivitätsanalytische Produktionsmodelle die – in
der neu entwickelten Definition enthaltenen – Merkmale von Dienstleistungen
erfassen. Die dabei identifizierten Defizite von Produktionsmodellen werden
nach ihrer Tragweite unterschieden, und es wird untersucht, inwiefern sie
durch in der Literatur zu findende Erweiterungen behoben werden können.
Auf diese Weise soll ein differenziertes Bild von der Eignung einer Aktivitäts-
analyse für Dienstleistungen gezeichnet werden. Dieses Bild soll dann dazu
genutzt werden, die Produktionstheorie für Dienstleistungen dort zu erwei-
tern, wo ihr durch die besonderen Merkmale von Dienstleistungen aktuell
(noch) Grenzen gesetzt sind.
o Es sollen – auf Basis der erweiterten Aktivitätsanalyse – Produktionsmodelle
wissensintensiver Dienstleistungen erstellt werden, die die Besonderheiten
von Dienstleistungen klar erkennen lassen. Da sich der Wertschöpfungsbeitrag
von Dienstleistungen überwiegend in graduellen Objektveränderungen zeigt
bzw. durch quantitative Analysen allein nicht sachgerecht erfassbar ist, treten
quantitative Aspekte zugunsten qualitativer, strukturbetonender Momente in
der Hintergrund. Mit den zu erstellenden qualitativen Produktionsmodellen
wissensintensiver Dienstleistungen wird vielmehr beabsichtigt, strukturelle
Verläufe von Dienstleistungen zu beschreiben und anschließend anhand
ausgewählter Einflussfaktoren zu erklären. Im Wesentlichen soll offengelegt
werden, inwiefern sich die strukturelle Verkettung von Dienstleistungsele-
menten bzw. -systemen auf besondere Merkmale von Wissen einerseits bzw.
den (einer Dienstleistung) zugrunde liegenden Problemtypus andererseits zu-
rückführen lässt. Auf diese Weise werden technologische Gesetzmäßigkeiten of-
fengelegt, die zwischen Dienstleistungsinput, den einzusetzenden Prozessen
und dem Dienstleistungsoutput bestehen. Hiermit wird – wenngleich „nur“ in
qualitativer Hinsicht und speziell für wissensintensive Dienstleistungen – der
Kernaufgabe der Produktionstheorie Rechnung getragen, verallgemeinerbare
Aussagen über die an der Produktion beteiligten Elemente zu identifizieren.
-
4
1.2 Aufbau der Arbeit
Teil A ist der produktionswirtschaftlichen Konzeptualisierung von Dienstleistungen
gewidmet. Zur Behebung der zuvor angesprochenen Definitionsproblematik werden
in Kapitel 2 die Grundlagen der Dienstleistungsökonomik dargestellt. Hierzu werden
zunächst besonders populäre Dienstleistungsdefinitionen präsentiert und einer kriti-
schen Würdigung unterzogen. Die so identifizierten Wesensmerkmale von Dienst-
leistungen werden in Kapitel 3 zu einer transformationsbezogenen Definition ver-
schmolzen, die speziell für produktionstheoretische Zwecke besonders fruchtbar ist. Da
diese transformationsbezogene Definition einige gemeinhin als Dienstleistungen be-
zeichnete Leistungen allerdings nicht zu erfassen vermag, erfährt sie anschließend
eine Verallgemeinerung. Dies gelingt durch Zugrundelegung des Aktivitätsbegriffs,
der ökonomisch breiter gefasst ist und so auch wissensintensive Dienstleistungen mit
einbezieht.
Kapitel 4 dient der Einführung in die Aktivitätsanalyse, eine prozessorientierte Pro-
duktionstheorie, die der vorliegenden Arbeit als theoretische Grundlage dient. Zur
Charakterisierung der Aktivitätsanalyse werden ihre wesentlichen Erkenntnisobjekte
und Darstellungsformen beschrieben. Den Abschluss von Kapitel 4 bildet eine kurze
Zusammenfassung von Vorzügen, die die Aktivitätsanalyse bei der Beschreibung von
Dienstleistungen (prinzipiell) aufweist.
Teil B dient der Weiterentwicklung der aktivitätsanalytischen Dienstleistungstheo-
rie. In Kapitel 5 wird der Modellcharakter von I/O-Graphen verdeutlicht und darge-
stellt, zu welchen produktionswirtschaftlichen Zwecken I/O-Graphen eingesetzt
werden (können). I/O-Graphen werden anschließend nach Erscheinungsformen un-
tergliedert und systematisch verortet. Um einen Eindruck von der Vielfalt Gestal-
tungsoptionen für I/O-Graphen zu vermitteln, werden anschließend Erweiterungen
präsentiert, die in der Produktionswirtschaftslehre bzw. im Dienstleistungsmanage-
ment thematisiert werden.
In Kapitel 6 werden Defizite diskutiert, die bei der Modellierung wissensintensiver
Dienstleistungen mittels I/O-Graphen auftreten (können). Es wird untersucht, welche
besonderen Anforderungen aus den Wesensmerkmalen von Dienstleistungen an die
Modellierung von I/O-Graphen erwachsen. Dabei wird zwischen Defiziten von I/O-
-
5
Graphen differenziert, die durch Hinzunahme der zuvor dargestellten Erweiterungen
behebbar sind, und solchen, die selbst mit dem erweiterten Instrumentarium der
graphischen Aktivitätsanalyse nur rudimentär erfasst werden können. Besondere
Aufmerksamkeit kommt dabei den Spezifika wissensintensiver Dienstleistungen zu.
Die Kapitel 5 und 6 bilden dahingehend eine konzeptionelle Überleitung zu Teil C,
als dass das in Teil A bereits begrifflich erschlossene Konstrukt »Dienstleistung« auch
modelltheoretisch für die Aktivitätsanalyse zugänglich gemacht wird. Nach Abschluss
von Teil B steht ein aufbereitetes Instrumentarium von I/O-Graphen bereit, mit dem
wissensintensive Dienstleistungen sachgerecht modelliert werden können.
Teil C ist der Strukturanalyse wissensintensiver Dienstleistungen gewidmet. Kapitel
7 dient zunächst der Konzeptualisierung von Problemen. Entscheidend hierfür ist die
in der vorliegenden Arbeit vertretene Sicht, dass Dienstleistungen Problemlösungen
gleichen, die der Anbieter für den Nachfrager erbringt. Aus diesem Grund wird der
Problembegriff definiert und dargestellt, welche Arten von Problemen unterschieden
werden können. Anschließend wird mit dem Phasenschema von GÖSSINGER sowie
der aus dem Service Blueprinting bekannten Trennung von Dienstleistungssystemen
in Akteursbereiche ein Orientierungsrahmen präsentiert, mit dem Dienstleistungen
strukturiert und I/O-Graphen systematisch modelliert werden können.
In Kapitel 8 werden mittels I/O-Graphen exemplarisch die wissensintensiven Dienst-
leistungen Stadtrundfahrt, Rechtsberatung und Tennistraining modelliert. Hiermit soll
verdeutlicht werden, dass auch I/O-Graphen überzeugende Produktionsmodelle von
(wissensintensiven) Dienstleistungen repräsentieren können. Des Weiteren dienen die
I/O-Graphen der Illustration produktionswirtschaftlicher Besonderheiten, die bei der
Modellierung wissensintensiver Dienstleistungen auftreten (können).
In Kapitel 9 erfolgt eine deskriptive Strukturanalyse wissensintensiver Dienstleistungen.
Das Ziel besteht zum einen darin, Merkmale zu identifizieren, die zur Beschreibung
des strukturellen Verlaufs von Dienstleistungen geeignet sind. Anschließend werden
die zuvor modellierten I/O-Graphen an ausgewählten, besonders prägnanten Stellen
miteinander verglichen, um Unterschiede hinsichtlich ihres strukturellen Verlaufs
festzustellen.
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6
Kapitel 10 ist dann der theoretischen Strukturanalyse gewidmet, d. h. der Offenlegung
technologischer Gesetzmäßigkeiten zwischen Input, Throughput und Output. Bei der
Analyse dieser Gesetzmäßigkeiten wird zum einen auf die Besonderheiten von Wissen
abgestellt, wie z. B. seine mangelnde Explizierbarkeit. Anhand von Wissensmerkmalen
lassen sich zahlreiche strukturelle Verlaufsunterschiede von Dienstleistungen erklären.
Zum anderen wird zur Erklärung von Strukturunterschieden (ergänzend) auf den
Problemtypus einer Dienstleistung Bezug genommen, da nicht alle Verlaufsformen
wissensintensiver Dienstleistungen allein auf die besonderen Merkmale von Wissen
zurückführbar sind. Hierbei scheint insbesondere die Unterscheidung von Problemen
nach der zugrunde liegenden Barriere von besonderer Erklärungskraft, auf die gegen
Ende von Kapitel 10 ergänzend Bezug genommen wird.
In Kapitel 11 werden die zentralen Erkenntnisbeiträge der Arbeit resümiert, und es
erfolgt ein Ausblick auf offene Forschungsfragen, die nach Ansicht des Verfassers von
der produktionswirtschaftlichen Dienstleistungsforschung aufzugreifen sind.
Abb. 1-1 und Abb. 1-2 verdeutlichen die Struktur der vorliegenden Arbeit und illus-
trieren die Forschungsziele der einzelnen Kapitel anhand von Leitfragen.
Kap
itel 4
Kap
itel
3K
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l 2
• Welche Dienstleistungsdefinitionen haben in der betriebswirtschaftlichen Literaturbesondere Popularität erlangt, und auf welche Dienstleistungsattribute stellen sie ab?
• Worin besteht der besondere Gutscharakter von Dienstleistungen?
• Welche produktionstheoretische Dienstleistungsdefinition lässt sich hieraus ableiten?• Sind von dieser Definition tatsächliche alle »Dienstleistungen« erfasst?• Wie muss die Definition erweitert werden, um alle Dienstleistungen zu erfassen?
• Was zählt zum Untersuchungsgegenstand der Aktivitätsanalyse?• Welche Darstellungsformen kommen in der Aktivitätsanalyse zum Einsatz?• Worin bestehen die Vorzüge der graphischen Aktivitätsanalyse?
–Te
il A
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efin
ition
und
Kon
zept
ualis
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ng
— Einleitung —
— Grundlagen der Dienstleistungsökonomie —
— Neukonzeption der produktionstheoretischen Dienstleistungsdefinition —
— Grundlagen der Aktivitätsanalyse —
(Fortsetzung auf der nächsten Seite)
Kap
itel 4
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K. 1
Kap
itel 2
Kap
itel 2
• Welche Dienstleistungsdefinitionen haben in der betriebswirtschaftlichen Literaturbesondere Popularität erlangt, und auf welche Dienstleistungsattribute stellen sie ab?
• Worin besteht der besondere Gutscharakter von Dienstleistungen?
• Welche produktionstheoretische Dienstleistungsdefinition lässt sich hieraus ableiten?• Sind von dieser Definition tatsächliche alle »Dienstleistungen« erfasst?• Wie muss die Definition erweitert werden, um alle Dienstleistungen zu erfassen?
• Was zählt zum Untersuchungsgegenstand der Aktivitätsanalyse?• Welche Darstellungsformen kommen in der Aktivitätsanalyse zum Einsatz?• Worin bestehen die Vorzüge der graphischen Aktivitätsanalyse?
–Te
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und
Kon
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ualis
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ng
— Einleitung —
— Grundlagen der Dienstleistungsökonomie —
— Neukonzeption der produktionstheoretischen Dienstleistungsdefinition —
— Grundlagen der Aktivitätsanalyse —
(Fortsetzung auf der nächsten Seite) Abb. 1-1: Struktur und Leitfragen der Arbeit