modellierung des geschiebetransports mit unterschiedlicher

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Mitteilungsblatt der Bundesanstalt für Wasserbau Nr. 82 (2000) 123 Gladkow/Söhngen: Modellierung des Geschiebetransports mit ... 1 Einleitung Die Zuverlässigkeit der Prognose von flussmorphologi- schen Veränderungen in Fließgewässern, die für den Entwurf wasserbaulicher Maßnahmen unter Verwen- dung mathematischer Modelle erforderlich sind, wird vor allem durch die richtige Einschätzung der Randbedin- gungen des Gewässerbettes und der physikalischen Grundlagen des Feststofftransports in natürlichen Was- serläufen sowie durch die Qualität der angewandten Modellverfahren bestimmt. Die vorliegende Arbeit, die im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen der Bundes- anstalt für Wasserbau Deutschlands (BAW) und der St. Petersburger Universität für Wasserkommunikationen (SPGUWK) durchgeführt wurde, ist der Verbesserung bestehender Modellverfahren des Feststofftransports in Flüssen gewidmet. Als grundlegende Abhängigkeiten mit dem Ziel ihrer Verifikation wurden in der Arbeit Berechnungsformeln von Meyer-Peter und Müller (1948), L. van Rijn (1984), Hunziker (1996), Parker (1982, 1990) und Einstein (1950) sowie ihre verschiedenen Modifikationen (ins- gesamt 30 Berechnungsmodelle) verwendet. Von den bekannten Modifikationen der Formel von Meyer-Peter und Müller wurden die Ansätze von Ribberink (1987) und von Söhngen et al. (1992, 1996) angewendet. Die Berechnungen wurden auch mit der Formel von L. van Rijn, die von Laguzzi (1994) modifiziert wurde, durch- geführt. Auf der Basis experimentell gewonnener Daten und Er- gebnisse von Naturversuchen wurde dabei eine neue Modifikation bestehender Ansätze erarbeitet, die sowohl für homogene als auch für inhomogene Korngemische anwendbar ist. Die Daten stammen überwiegend aus Naturversuchen von deutschen und russischen Flüssen. 2 Einschätzung kritischer Scherspannungen für homogene Sedimente In der Praxis ingenieurtechnischer Berechnungen ist es allgemein üblich, als grundlegende Bedingung für den Bewegungsbeginn von Feststoffen mit einheitlicher Korngröße die Ausgleichskurve von Shields /1/ zu ver- wenden. Dabei ist die dimensionslose kritische Bewe- gungsintensität ' *c τ eine Funktion der kornbezogenen Reynoldszahl c * Re : Diese Funktionen sind mehrmals bei der Lösung prakti- scher Aufgaben überprüft worden. Unserer Meinung nach ist aber der von Shields angenommene Wert c Θ = 0,055, der den Bereich des quadratischen Widerstands- gesetzes betrifft, zu hoch angesetzt. Modellierung des Geschiebetransports mit unterschiedlicher Korngröße in Flüssen G. L. GLADKOW, LEITER DES LEHRSTUHLS „WASSERSTRAß EN UND GEWÄSSERERKUNDUNGEN AN DER ST. PETERSBURGER STAATLICHEN UNIVERSITÄT FÜR WASSERKOMMUNIKATIONEN“ ( SPGUWK) DR.-I NG. BERNHARD SÖHNGEN, BUNDESANSTALT FÜR WASSERBAU

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Mitteilungsblatt der Bundesanstalt für Wasserbau Nr. 82 (2000) 123

Gladkow/Söhngen: Modellierung des Geschiebetransports mit ...

1 Einleitung

Die Zuverlässigkeit der Prognose von flussmorphologi-schen Veränderungen in Fließgewässern, die für denEntwurf wasserbaulicher Maßnahmen unter Verwen-dung mathematischer Modelle erforderlich sind, wird vorallem durch die richtige Einschätzung der Randbedin-gungen des Gewässerbettes und der physikalischenGrundlagen des Feststofftransports in natürlichen Was-serläufen sowie durch die Qualität der angewandtenModellverfahren bestimmt. Die vorliegende Arbeit, dieim Rahmen der Zusammenarbeit zwischen der Bundes-anstalt für Wasserbau Deutschlands (BAW) und der St.Petersburger Universität für Wasserkommunikationen(SPGUWK) durchgeführt wurde, ist der Verbesserungbestehender Modellverfahren des Feststofftransports inFlüssen gewidmet.

Als grundlegende Abhängigkeiten mit dem Ziel ihrerVerifikation wurden in der Arbeit Berechnungsformelnvon Meyer-Peter und Müller (1948), L. van Rijn (1984),Hunziker (1996), Parker (1982, 1990) und Einstein(1950) sowie ihre verschiedenen Modifikationen (ins-gesamt 30 Berechnungsmodelle) verwendet. Von denbekannten Modifikationen der Formel von Meyer-Peterund Müller wurden die Ansätze von Ribberink (1987)und von Söhngen et al. (1992, 1996) angewendet. DieBerechnungen wurden auch mit der Formel von L. vanRijn, die von Laguzzi (1994) modifiziert wurde, durch-geführt.

Auf der Basis experimentell gewonnener Daten und Er-gebnisse von Naturversuchen wurde dabei eine neueModifikation bestehender Ansätze erarbeitet, die sowohlfür homogene als auch für inhomogene Korngemischeanwendbar ist. Die Daten stammen überwiegend ausNaturversuchen von deutschen und russischen Flüssen.

2 Einschätzung kritischerScherspannungen für homogeneSedimente

In der Praxis ingenieurtechnischer Berechnungen ist esallgemein üblich, als grundlegende Bedingung für denBewegungsbeginn von Feststoffen mit einheitlicherKorngröße die Ausgleichskurve von Shields /1/ zu ver-wenden. Dabei ist die dimensionslose kritische Bewe-

gungsintensität '*cτ eine Funktion der kornbezogenen

Reynoldszahl c*Re :

Diese Funktionen sind mehrmals bei der Lösung prakti-scher Aufgaben überprüft worden. Unserer Meinung

nach ist aber der von Shields angenommene Wert cΘ =0,055, der den Bereich des quadratischen Widerstands-gesetzes betrifft, zu hoch angesetzt.

Modellierung des Geschiebetransports mit unterschiedlicherKorngröße in Flüssen

G. L. GLADKOW, LEITER DES LEHRSTUHLS „WASSERSTRAß EN UND GEWÄSSERERKUNDUNGEN AN DERST. PETERSBURGER STAATLICHEN UNIVERSITÄT FÜR WASSERKOMMUNIKATIONEN“ (SPGUWK)DR.-ING. BERNHARD SÖHNGEN, BUNDESANSTALT FÜR WASSERBAU

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Die bedeutendste experimentelle Forschung in Russlandwurde hierzu von W. S. Knoroz /3/ durchgeführt. DieVersuche erfolgten in einem 0,635 m breiten Gerinnemit neun Korngemischen im Sand- und Kieskornbereichmit Korndurchmessern von 0,16 mm bis 18,4 mm. Ne-ben natürlichen Sedimenten wurden Versuche mitBakelitpulver, das einen mittleren Korndurchmesser(arithmetisches Mittel) von 0,18 mm aufwies, durchge-führt. Als wesentliches Resultat seiner Experimente hatKnoroz – im Gegensatz zu Shields – eine monotone

Abnahme der kritischen Shields–Werte, '*cτ , mit der Zu-

nahme von *D festgestellt. Bei Shields nimmt '*cτ mit

*D zunächst ab, dann wieder zu, um wie bei Knoroz bei

großen *D einen konstanten Wert anzunehmen.

Knoroz hat zur Beschreibung dieses Gesetzes drei li-neare Funktionen verwendet, entsprechend den Berei-chen des hydraulisch glatten, des Übergangs- und desquadratischen Widerstandsgesetzes. Im quadratischen

Bereich bei *D > 25 beträgt der kritische Shields–Wert

cΘ = 0,026. Eine Analyse der experimentellen Ergeb-nisse von Knoroz /4/ hat weiterhin gezeigt, dass die vonihm festgestellte Abhängigkeit des Shields–Werts vom

dimensionslosen Korndurchmesser *D (bei Knoroz das

Argument c*Re ), näherungsweise durch die folgendeFunktion wiedergegeben werden kann.

72,03,116,0

*

*

−+⋅=Θ

DD

c (3)

Bild 1: Abhängigkeit der kritischen Bewegungsintensität cΘ vom dimensionslosen Korndurchmesser *D fürEinkornmaterial nach Shields (Linie 1) und Knoroz (Linie 2). Linie 3 entspricht der Approximation der Angabenvon Knoroz

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3 Bewegung von Feststoffen mitunterschiedlicher Korngröße

In der Natur treten i. d. R. Feststoffgemische, die ausunterschiedlichen Korngrößen zusammen gesetzt sind,auf. Deshalb ist es bei der Lösung praktischer Aufga-ben notwendig, die oben angeführten Formeln, die denBewegungsbeginn für Einkornmaterial oder zumindestfür homogene Feststoffgemische beschreiben, auf frak-tioniertes Material zu übertragen. Dazu wird in der Lite-ratur eine Vielzahl unterschiedlicher Verfahren vorge-schlagen.

Eine solche Beziehung wird von Egiazaroff /5/ unterVerwendung des logarithmischen Gesetzes der Vertei-lung der flusssohlennahen Strömung abgeleitet. Sie er-gibt eine Abhängigkeit des relativen kritischen Shields–

Wertes ciΘ (der mit der für die Fraktion i des Korn-

gemisches repräsentativen Korngröße id gebildet wird

und der auf den mit md gebildeten Shields–Wert cmΘ

bezogen ist) vom Verhältnis mi dd wie folgt:

=iβ Gewichtsanteil der Fraktion i im Korngemisch

Diese Abhängigkeit wurde experimentell überprüft. Siebestätigt die bekannten Vorstellungen über die Vermin-derung der Beweglichkeit des Feinkorns im Kornge-misch, wegen dessen „Überschattung“ durch Grobkornund umgekehrt die relativ größere Beweglichkeit grö-ßerer Körner wegen deren Exposition gegenüber Ein-kornmaterial mit gleichem Durchmesser.

Auf der Basis von Naturdaten, u. a. von der Donau, wirdvon Söhngen et al. /6/ empfohlen, den von Egiazaroffdefinierten relativen Shields–Wert ξ nach folgendenFormeln zu berechnen:

Eine Folge dieser „Überschattung“ ist die Sortierung derTeilchen auf der Flusssohle nach ihrer Größe. Dabeikönnen zwei Fälle für die Entwicklung dieses Prozes-ses unterschieden werden:

Im ersten Fall, wenn die Transportfähigkeit der Strö-mung so groß ist, dass sie für die Verlagerung von grö-ßeren Bodenteilchen (z.B. des Korns mit dem Durch-

messer d nach der Kornverteilungskurve) ausreicht,wird der Luvhang (Anströmseite) von Transportkörpern(i. d. R. Dünen) mit Bodenteilchen bedeckt, derenDurchmesser kleiner sind als der mittlere Korndurch-messer im Ausgangsgemisch. Diese „hiding“-Erschei-nung war insbesondere bei den Experimenten imLaborgerinne zu beobachten. Fall 1 tritt bei folgenderBedingung auf:

Die von ihrem Platz fortgerissenen Bodenteilchen wer-den dabei auf dem Dünenkamm zum zweiten Mal einerSortierung unterzogen. Die kleineren Teilchen passie-ren ungestört den Rezirkulationsbereich (unterstrom desDünenkamms) und kommen weiter stromabwärts mitder Oberflächenschicht in Berührung. Größere Boden-teilchen gelangen nur bis auf die Rückseite der Düne.Sie werden von der Rückströmung in Rezirkulations-kreisen festgehalten. Die Größe des Durchmessers derTeilchen der Oberflächenschicht auf dem Luvhang derDüne hängt also vom Verlauf der Sortierungsprozesse,der Zusammensetzung des Ausgangsgemisches undder Transportfähigkeit der Strömung ab. Die obere Gren-

ze für 95Θ , bei der dieser Sortierungsprozess noch auf-treten werden kann, wird durch die im Moment desBewegungsbeginns der Dünen vorhandene Transport-

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fähigkeit der Strömung bestimmt.

Andernfalls, wenn die Bedingung (7) nicht eingehaltenwird (Fall 2), führt die Sortierung des Sohlenkorns zurVergrößerung von dm in der Oberflächenschicht. Im letz-ten Stadium dieses Prozesses kann sich eine Abpflas-terung aus Grobkorn bilden.

4 Ausgangsdaten für dieKalibrierung desFeststofftransportmodells

In der vorliegenden Arbeit wurde zum Test der Trans-portformeln eine Auswahl von Ausgangsdaten von Fest-stofftransportmessungen verschiedener Flüsse verwen-det. Die Grundlage dieser Auswahl sind Angaben desStaatlichen Gewässerkatasters Russlands, wo alle not-wendigen Angaben über hydraulische und morphologi-sche Charakteristika der Flüsse und Flussbetten ausNaturmessungen gesammelt sind. Bei der Zusammen-stellung dieser Auswahl galt folgende Einschränkung:In jedem konkreten Fall sollten alle notwendigen Para-meter durch Naturmessungen an einem Ort und zu glei-cher Zeit aufgenommen worden sein. Aus einer großenZahl veröffentlichter Messungen an Flüssen in den letz-ten 50 Jahren wurden also nur diejenigen Resultate aus-gewählt, die die folgenden Informationen enthalten:

- Flussname, Nummer (Standort) der Messstelle,Datum der Messungen

- Wasserstand über dem Pegelnullpunkt- Wasserdurchfluss Q in m³/s- Strömungsgeschwindigkeit v in m/s- Breite des Flusses in m- Mittlere Tiefe in m- Wasserspiegelgefälle I in %- Feststofftransport Qs in kg/s- Schwebstofftransport in kg/s- Angaben über die Zusammensetzung der

Sedimente gemäß Siebanalysen.

Außer den Angaben aus den hydrologischen Jahrbü-chern wurden in die Auswahl Daten aufgenommen, diein der Arbeit von Söhngen et al. /6/ angeführt sind, so-wie einige Angaben aus den experimentellen Versuchenvon Gladkow /7/. Die Daten enthalten Resultate vonMessungen an 41 Messstellen auf 29 verschiedenenFlüssen der ehemaligen Republiken der UdSSR, Russ-lands und Deutschlands, sowie Angaben von zwei Zyk-len experimenteller Forschungen in einem Laborgerinnemit beweglicher Sohle. Die Daten umfassen insgesamt296 Einzelmessungen.

Die Analyse zeigt, dass hydraulische und morphologi-sche Daten in einem weiten Bereich variieren. So reichtdas Spektrum der mittleren Fließgeschwindigkeiten von0,09 m/s bis 2,77 m/s. Die durchschnittlichen Wasser-tiefen variieren zwischen 0,06 m bis 7,3 m und dasWasserspiegelgefälle zwischen 0,003 % bis 11 %.

5 Ergebnisse derVergleichsrechnungen

Mit den oben angeführten Modellannahmen und ihrenmöglichen Modifikationen wurden zwei Serien von Test-berechnungen angestellt. Zum einen wurde unfrak-tioniert gerechnet (Verwendung von dm oder des geo-metrischen Mittels dg als Einkorn-äquivalenter charak-teristischer Durchmesser der Kornmischung) und frak-tioniert, d.h. unter Verwendung der Kornverteilungskurvemit den einzelnen Korndurchmessern di.

Die gemessenen Werte des Feststofftransportes gemsQ ,

wurden über den berechneten Werten bersQ , aufgetra-gen, vgl. Bild 3. Die Übereinstimmung bei den Datenwurde über folgende lineare Regressionsgleichung über-prüft:

( ) ( )4,4

, 10ln10ln ⋅⋅+=⋅ bersgems QbaQ (8)

Für jeden Ansatz wurde der Wert der Konstanten a undb sowie des Korrelationskoeffizienten r bestimmt. Beiperfekter Übereinstimmung sollte a=0 und b=1 sein. Einvon 0 abweichender Wert a zeigt an, dass die berech-neten Werte mit einem Faktor zu multiplizieren sind, umÜbereinstimmung mit den Messdaten zu erreichen. Einvon 1 verschiedener Wert von b zeigt, dass die Abwei-chung zwischen berechneten und gemessenen Wertenvon der Größe des Transportes selbst abhängig ist, d.h.dass die Abhängigkeit des Feststofftransportes, z. B.von *v′ , im Modell signifikant anders ist als in der Natur.

Bei den Auswertungen, die z. B. in Bild 3 dargestelltsind, wurde eine Veränderung des nachfolgend definier-ten Wertes A der jeweiligen Feststofftransportformel, dermit dem v. g. Regressionskoeffizienten a korrespondiert,zugelassen:

Die gewonnenen Resultate erlauben es, einige Schluss-folgerungen zu ziehen, die bei der Durchführung weite-rer Forschungen berücksichtigt werden sollen. Insbe-sondere ist folgendes hervorzuheben :

• In allen Fällen der Verwendung der Gleichung vonMeyer-Peter und Müller und ihrer Modifikationen,weist der Winkelkoeffizient b in der Gleichung (8)einen wesentlichen Unterschied zu 1 auf, wennunfraktioniert gerechnet wird. So beträgt z. B. derMittelwert des Winkelkoeffizienten b unter Berück-sichtigung der hier verwendeten Daten etwa 0,77.Der Wert des Exponenten in der Formel von Meyer-Peter und Müller betrüge in diesem Fall 1,15 statt

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dem angegebenem Wert von 1,5.• Die Weiterentwicklungen der Meyer-Peter und Mül-

ler-Formeln, z. B. nach Ribberink /9/ und Söhngenet al. /6,10/, verbessern die Übereinstimmung. Nochbessere Resultate erhält man auf der Grundlageunserer Daten, wenn in den Formeln von Ribberink/9/ und Söhngen et al. /6/ von 1992 der kritischeShields-Wert Θc anhand von experimentellen An-gaben von Knoroz /3/ nach der Formel (3) gewähltwird.

• Eine zweite Gruppe von Modellansätzen basiert aufverschiedenen Modifikationen der Formel von L. vanRijn /2/, siehe auch Bild 2. Als Resultat der Regres-sionsanalyse wurde festgestellt, dass in allen Fällender Winkelkoeffizient in der Formel (8) sich dem Wert1 nähert. Das entspricht den Voraussetzungen desAusgangsmodells und bestätigt somit die Möglich-keiten zu dessen Weiterentwicklung.

Bisher noch nicht definierte Variablen für Bild 2:

Q = Abfluss im transportwirksamen Sohlbereichh = mittlere Wassertiefe im transportwirksamen Sohl

bereichI = Reibungsgefälle (ersatzweise Wasserspiegel-

gefälle)

Mit den hier betrachteten Modifikationen des Modellsvon L. van Rijn, die auf Bild 2 zusammenfassend ange-geben sind und deren Ergebnisse auf Bild 3 dargestelltsind, ergeben sich die besten Resultate

- bei der Berechnung des „ripple factor“ µ nachMeyer-Peter und Müller /8/ in der Modifikation vonSöhngen /6/ (rechter unterer Kasten auf Abb. 2),

Bild 2: Modifizierte Geschiebetransportformel von L. van Rijn (vgl. Bild 3a)

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- bei Verwendung des Parameters ξ nach der Modi-fikation von Aschid-Jegiasarow und Söhngen /11/(linker unterer Kasten auf Bild 2) und

- bei Verwendung des Parameters Θc nach der Mo-difikation von Knoroz /3/ (zentraler Kasten auf Bild 2).

Der mit diesen Modellansätzen berechnete Feststoff-transport bersQ , ist den Naturdaten gemsQ , aus Bild 3gegenübergestellt. Die Übereinstimmung ist zufrieden-stellend. Der Korrelationskoeffizient beträgt 0,887.

Mit anderen Formeln, z.B. von Hunziker /11, 12/ undParker /13, 14/, konnten die hier verwendeten Datennicht so gut approximiert werden. Die unter Verwendungder Ausgangsgleichung von Einstein /15/ erhaltenenResultate sind dagegen besser.

6 Zusammenfassung und Ausblick

Die im Rahmen dieser Arbeit durch Variation verschie-dener Modellansätze zum fraktionierten Feststoff-transport anhand der verwendeten Daten aus Natur-versuchen erhaltenen Resultate geben die Möglichkeit,weitere Schritte zur Verbesserung dieser Modelle zugehen wie folgt:

• Auf Grund der vorliegenden Analyse erscheint eszweckmäßig, die drei auf den Ausgangsformeln vonMeyer-Peter und Müller (1948), Einstein (1950) undL. van Rijn basierenden Grundmodelle unter Berück-sichtigung ihrer möglichen Modifikationen mit Ansät-zen von Ribberink (1987), Söhngen (1991, 1996),Knoroz (1958) und Gladkow (1996) zu kombinieren.Dadurch werden Naturmessungen an Flüssen miteinem weiten Bereich hydraulischer und morpho-metrischer Parameter besser approximiert als mitden Originalansätzen. Dabei ist zu beachten, dassbei der Verwendung der Formelstruktur von Meyer-Peter und Müller der Exponent einen Wert von ca.1,15 annimmt und nicht 1,5 wie im Ausgangsmodell.Diese Tatsache erfordert eine Begründung vomStandpunkt der Ähnlichkeitstheorie.

• Die fraktionierten Berechnungen ergeben im Ver-gleich zu denen mit einem repräsentativen Korn-durchmesser bessere Ergebnisse. Dabei hängen dieBerechnungsresultate von den Methoden der Aus-gangsdatenbearbeitung praktisch nicht ab. Bei derDiskretisierung der Kornverteilungskurven könnenz.B. sowohl arithmetische als auch geometrischeDurchmesser für die repräsentativen Korndurch-messer der gewählten Fraktion verwendet werden.

• Ein weiterer Einfluss auf den Feststofftransport wur-de in der vorliegenden Arbeit nicht näher betrachtet:Der hydraulische Widerstand des Flussbettes. Dashängt damit zusammen, dass er i. d. R. aus Natur-daten nur sehr ungenau ableitbar ist. Unter ande-rem aus diesem Grunde wurde der Shields-Wert dervorliegenden Arbeit auf der Grundlage des gemes-senen Wasserspiegelgefälles berechnet. Bei der An-wendung von Feststofftransportmodellen ist aber diePrognose des Fließwiderstandes unabdingbar erfor-derlich. In der heutigen Berechnungspraxis, d.h. beider Modellierung von Flussbettumformungen, wirddieser Einfluss oft vernachlässigt, z. B. wird häufigvon einem konstanten Reibungsbeiwert, etwa nachde Chezy, ausgegangen, obwohl dieser von der Be-schaffenheit der Sohle, z. B. von der Korngröße undvon den Nebenbedingungen von Transportkörpernabhängig ist. Der Rauheitsbeiwert ist also in jedem

Bild 3: Vergleich des gemessenen (Ordinate) mit demanhand der Gleichungen auf Bild 2 fraktioniertberechneten Feststofftransportes (Abszisse)a) Verwendung des arithmetischen Mittels derFraktionsgrenzen als repräsentativer Korndurch-messer einer Fraktionb) Verwendung des geometrischen Mittels derFraktionsgrenzen als repräsentativer Korndurch-messer einer Fraktion

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Schritt der Berechnung in Abhängigkeit von den be-rechneten Systemkenngrößen zu bestimmen. Die-ses Problemfeld wäre ein Anlass zur Fortsetzung derKooperation in der Zukunft.

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