new 2.20 zahnhalteapparat (parodontium) - bücher.de · 2020. 4. 18. · spongiosa kompakta...

10
aus: Schünke u. a., Prometheus: Kopf, Hals und Neuroanatomie (ISBN 9783131395436) © 2012 Georg Thieme Verlag KG Saumepithel interdentale Papille Gingivafurche freie Gingiva befestigte Gingiva muko- gingivale Grenzlinie Alveolar- schleimhaut Fibrae dento- gingivales Fibrae alveo- gingivales Kompakta Spongiosa Lamina cribiformis Wurzelkanal Dentin Zement Desmodont Alveolar- knochenkamm Margo gingivalis Schmelz Pulpahöhle a s. b Saumepithel Schmelz Sulcus gingivalis orales Sulkusepithel orales Gingivaepithel Bindegewebs- papillen neutrophile Granulozyten gingivales Bindegewebe Stratum basale äußere Basallamina Stratum suprabasale b innere Basallamina mit Lamina densa und Lamina rara Lamina densa Lamina rara Schmelz Hemi- desmosomen Zement Dentin B Zahnfleisch (Gingiva) a Zahnfleisch im Überblick; b Saumepithel. a Das Zahnfleisch (marginales Parodontium) gehört zur Mundschleimhaut und dehnt sich vom Zahnfleischsaum (Margo gingivales) bis zur mukogingivalen Grenzlinie aus. Dort geht das blassrosane, meist glänzende Gin- givaepithel (mehrschichtiges, meist parake- ratinisiertes Plattenepithel) in das deutlich roter gefärbte Alveolarepithel (mehrschichti- ges nicht keratinisiertes Plattenepithel) über. Man unterscheidet klinisch zwei Abschnitte: • freie Gingiva (Pars libera, 1–2 mm breit) = Zahnfleischsaum, umgibt den Zahnhals wie eine Manschette und ist über das Saumepithel (b) am zervikalen Schmelz befestigt. Die etwa 0,5–1 mm tiefe Rinne, die um den Zahn herum verläuft (Sulcus gingivalis), bildet mit ihrem Boden den Abschluss des Saumepithels (s. b); • befestigte Gingiva (Pars fixa, 3–7 mm breit): beginnt auf Höhe der Gingivafur- che und reicht bis zur mukogingivalen Grenzlinie. Da sie über horizontal verlau- fende Kollagenfaserbündel (Fibrae dento- gingivales und alveologingivales) unver- schiebbar sowohl am Zahnhals als auch am Alveolarknochenkamm befestigt ist, erscheint die Gingiva in diesem Bereich oft getüpfelt. A Bestandteile und Funktionen des Zahnhalteapparates (Parodontium) Die Befestigung der Zähne im Kiefer erfolgt nicht knöchern, sondern durch eine Sonder- form der Syndesmose, einer sog. Gompho- sis (Syndesmosis dentoalveolaris). Als funkti- onelle Einheit werden zum Zahnhalteapparat alle Strukturen gerechnet, die den Zahn in der Alveole des Kieferknochens befestigen: • das Zahnfleisch (Gingiva), • das Wurzelzement (Cementum), • die Wurzelhaut (Desmodontium) und • der Aveolarknochen. Wesentliche Funktionen des Parodontiums sind: • Verankerung des Zahns in der Alveole und Umwandlung des Kaudruckes in Zugkräfte, • Vermittlung von Schmerzempfinden und Kaudruckregulierung über Nervenfasern und sensible Endigungen, • Abwehr von Infektionen durch effiziente Trennung von Mundhöhlen- und Zahnwur- zelmilieu und große Zahl von Abwehrzellen, • rascher Stoffwechsel und hohe Regenera- tionsfähigkeit (Anpassung an funktionelle und topografische Veränderungen, z. B. Stellungsänderungen von Zähnen durch kie- ferorthopädische Maßnahmen) durch sehr gute Blutgefäßversorgung. b Das Saumepithel haftet mit seiner inne- ren (oberflächlichen) Basallamina über He- midesmosomen am Schmelz und sorgt so für einen lückenlosen Anschluss der Mund- schleimhaut an die Zahnoberfläche. Von api- kal nach koronal wird es immer breiter. Die äußere (tiefe) Basallamina bildet die Grenze zum gingivalen Bindegewebe und setzt sich in die Basallamina des oralen Sulkuseptihels fort. Das Saumepithel unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht von den übrigen Epi- thelien der Mundhöhle: • es besteht nur aus zwei Schichten: Stra- tum basale und Stratum suprabasale, • an seiner Basis fehlen Bindegewebspapil- len, • sein Zellumsatz ist hoch (Erneuerung alle 4–6 Tage): Während die kubischen Ba- salzellen für den Zellnachschub zustän- dig sind, differenzieren sich die Tochter- zellen zu abgeplatteten Zellen, die paral- lel zur Zahnoberfläche angeordnet sind. Auf ihrem Weg zum Sulcus gingivalis, wo sie schließlich abgestoßen werden, bil- den diese dem Schmelz anliegenden Zell- schichten ständig neue Hemidesmoso- men, während alte aufgelöst werden; • es verfügt über eine spezielle Immunab- wehr (neutrophile Granulozyten durch- wandern das Saumepithel ständig). Beachte: Die Unversehrtheit des Saumepithels ist Voraussetzung für die Gesundheit des ge- samten Zahnhalteapparates. Kommt es in- folge einer bakteriellen Besiedlung zu einer Entzündungsreaktion am Zahnhals (typische Plaquebildung durch schlechte Mundhygiene), verliert das Saumepithel seine Anheftung am Zahn, und es bilden sich sog. Zahnfleisch- taschen im Bereich des Sulcus gingivalis (Paro- dontose-Erkrankung). 50 Kopf und Hals 2. Knochen, Bänder und Gelenke Zahnhalteapparat (Parodontium) 2.20

Upload: others

Post on 02-Nov-2020

0 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: New 2.20 Zahnhalteapparat (Parodontium) - bücher.de · 2020. 4. 18. · Spongiosa Kompakta gingivales Lamina cribiformis Wurzelkanal Dentin Zement Desmodont Alveolar-knochenkamm

aus: Schünke u. a., Prometheus: Kopf, Hals und Neuroanatomie (ISBN 9783131395436) © 2012 Georg Thieme Verlag KG

Saumepithel

interdentalePapille

Gingivafurche

freie Gingiva

befestigte Gingiva

muko-gingivaleGrenzlinie

Alveolar-schleimhaut

Fibrae dento-gingivales

Fibrae alveo-gingivalesKompaktaSpongiosa

Lamina cribiformis

Wurzelkanal

Dentin

Zement

Desmodont

Alveolar-knochenkamm

Margo gingivalis

Schmelz

Pulpahöhle

a

s. b

Saumepithel

Schmelz

Sulcus gingivalis

oralesSulkusepithel

oralesGingivaepithel

Bindegewebs-papillen

neutrophileGranulozyten

gingivalesBindegewebe

Stratum basale

äußereBasallamina

Stratum suprabasaleb

innere Basallaminamit Lamina densa

und Lamina rara

Lamina densa

Lamina rara

Schmelz

Hemi-desmosomen

Zement

Dentin

B Zahnfleisch(Gingiva)a ZahnfleischimÜberblick;b Saumepithel.a DasZahnfleisch(marginalesParodontium)

gehörtzurMundschleimhautunddehntsichvom Zahnfleischsaum (Margo gingivales)biszurmukogingivalenGrenzlinieaus.Dortgehtdasblassrosane,meistglänzendeGin-givaepithel (mehrschichtiges,meistparake-ratinisiertes Plattenepithel) in das deutlichrotergefärbteAlveolarepithel(mehrschichti-gesnichtkeratinisiertesPlattenepithel)über.ManunterscheidetklinischzweiAbschnitte:

• freieGingiva(Parslibera,1–2mmbreit)=Zahnfleischsaum,umgibtdenZahnhalswie eine Manschette und ist über dasSaumepithel (b) am zervikalen Schmelzbefestigt.Dieetwa0,5–1mmtiefeRinne,dieumdenZahnherumverläuft(Sulcusgingivalis), bildet mit ihrem Boden denAbschlussdesSaumepithels(s.b);

• befestigte Gingiva (Pars fixa, 3–7mmbreit):beginntaufHöhederGingivafur-che und reicht bis zur mukogingivalenGrenzlinie.Dasieüberhorizontalverlau-fendeKollagenfaserbündel(Fibraedento-gingivales und alveologingivales) unver-schiebbar sowohl am Zahnhals als aucham Alveolarknochenkamm befestigt ist,erscheint die Gingiva in diesem Bereichoftgetüpfelt.

A BestandteileundFunktionendesZahnhalteapparates(Parodontium)

Die Befestigung der Zähne im Kiefer erfolgtnicht knöchern, sondern durch eine Sonder-form der Syndesmose, einer sog. Gompho-sis (Syndesmosis dentoalveolaris). Als funkti-onelle Einheit werden zum ZahnhalteapparatalleStrukturengerechnet,diedenZahninderAlveoledesKieferknochensbefestigen:

• dasZahnfleisch(Gingiva),• dasWurzelzement(Cementum),• dieWurzelhaut(Desmodontium)und• derAveolarknochen.

Wesentliche Funktionen des Parodontiumssind:

• VerankerungdesZahns inderAlveoleundUmwandlungdesKaudruckesinZugkräfte,

• Vermittlung von Schmerzempfinden undKaudruckregulierung über NervenfasernundsensibleEndigungen,

• Abwehr von Infektionen durch effizienteTrennung vonMundhöhlen- und Zahnwur-zelmilieuundgroßeZahlvonAbwehrzellen,

• rascher Stoffwechsel und hohe Regenera-tionsfähigkeit (Anpassung an funktionelleund topografische Veränderungen, z.B.StellungsänderungenvonZähnendurchkie-ferorthopädische Maßnahmen) durch sehrguteBlutgefäßversorgung.

b Das Saumepithel haftet mit seiner inne-ren (oberflächlichen) Basallamina überHe-midesmosomen am Schmelz und sorgt sofüreinen lückenlosenAnschlussderMund-schleimhautandieZahnoberfläche.Vonapi-kalnachkoronalwirdesimmerbreiter.Dieäußere(tiefe)BasallaminabildetdieGrenzezumgingivalenBindegewebeundsetztsichindieBasallaminadesoralenSulkuseptihelsfort.DasSaumepithelunterscheidetsichinmehrfacher Hinsicht von den übrigen Epi-thelienderMundhöhle:

• esbestehtnuraus zweiSchichten:Stra-tumbasaleundStratumsuprabasale,

• anseinerBasisfehlenBindegewebspapil-len,

• seinZellumsatzisthoch(Erneuerungalle4–6 Tage): Während die kubischen Ba-salzellen für den Zellnachschub zustän-dig sind,differenzieren sichdieTochter-

zellenzuabgeplattetenZellen,dieparal-lel zur Zahnoberfläche angeordnet sind.AufihremWegzumSulcusgingivalis,wosie schließlich abgestoßen werden, bil-dendiesedemSchmelzanliegendenZell-schichten ständig neue Hemidesmoso-men,währendalteaufgelöstwerden;

• esverfügtübereinespezielle Immunab-wehr (neutrophile Granulozyten durch-wanderndasSaumepithelständig).

Beachte:DieUnversehrtheitdesSaumepithelsist Voraussetzung für dieGesundheit des ge-samten Zahnhalteapparates. Kommt es in-folge einer bakteriellen Besiedlung zu einerEntzündungsreaktion am Zahnhals (typischePlaquebildungdurchschlechteMundhygiene),verliertdas Saumepithel seineAnheftungamZahn, und es bilden sich sog. Zahnfleisch-taschenimBereichdesSulcusgingivalis(Paro-dontose-Erkrankung).

50

Kopf und Hals 2. Knochen, Bänder und Gelenke

Zahnhalteapparat(Parodontium)2.20

Page 2: New 2.20 Zahnhalteapparat (Parodontium) - bücher.de · 2020. 4. 18. · Spongiosa Kompakta gingivales Lamina cribiformis Wurzelkanal Dentin Zement Desmodont Alveolar-knochenkamm

Fibraeinterdentales

decussatae

Fibraecirculares

c

Interdental-papille

Gingiva

Alveolen-wand

Fibrae dento-alveolares

Cementum

Wurzelhaut

a b

Schnitt-ebenevon b

I1 I2 C P1 P2 M1 M2M3

Schnittebenevon b u. c

Proc.coronoideus

Caputmandibulae

Foveapterygoidea

Lingulamandibulae

Foramenmandibulae

Angulusmandibulae

Canalismandibulae

Spongiosa-trabekel

Kompakta

Zahnwurzel

mesialeWurzelvon M2

distaleWurzelvon M2

distal

desmodon-taler Spalt

mesial

a

b cWurzel-kanäle

Laminacribiformis

bukkal

Alveolidentales

Septuminterradiculare

lingual

aus: Schünke u. a., Prometheus: Kopf, Hals und Neuroanatomie (ISBN 9783131395436) © 2012 Georg Thieme Verlag KG

zementoalveoläreFasern(= Sharpey-Fasern)

Dentin mitDentinkanälchen

azelluläres-fibrilläresZement

desmodentalerSpalt

Blutgefäße

apikal

zervikal

Alveolar-knochen

C Wurzelhaut(Desmodontium)DieWurzelhaut(kurzDesmodont) isteingutvaskularisiertes,zell-undfaserreichesBindegewebe,dasdenetwa200µmbreitenSpaltzwischenWurzelzement und Innenseite des Alveolarknochens füllt. Es verfügtüber ein kompliziertes System von Kollagenfasern (zementoalveolärebzw.dentoalveoläreFaserbündel),überdiederZahnfederndinderAlve-oleaufgehängtist.DieseauchalsSharpey-Fasernbezeichnetenkollage-nenFasernsindsowohlimZementalsauchimAlveolarknochenveran-kert.SieverlaufeninunterschiedlichenRichtungen(s.D),sodasssieal-lenBewegungendesZahnes(z.B.axialerDruck,seitlicheKipp-undTor-sionsbewegungen)entgegenwirkenunddieFaserbündelstetsaufZugbeanspruchenkönnen.DieseZugbeanspruchung,diebeimKauenper-manentvorhandenist,übteinenReizaufKnochenundKollagenfasernaus,der zu ihrerpermanentenRegeneration führt.Verantwortlich fürdenhohenUmsatzvonkollagenenFasern imDesmodontsindzudemhochaktiveFibroblasten,derenVitamin-C-abhängigeKollagensyntheseetwa4-malschnelleralsz.B.inderHautabläuft(daherz.B.beiVitaminC-Mangel deutlicher Faserverlust innerhalb weniger Monate). Die Be-deutungdieserkaufunktionellenBeanspruchungfürdenKnochenwirdauchdarausersichtlich,dassineinemzahnlosenKieferderAlveolarfort-satznachundnachvölligatrophiert.(Färbung:H.E.,Vergr.75fach)

E AufbaudesAlveolarknochensa rechte Hälfte eines menschlichen Unter-kiefers, Ansicht von oral (die Kompakta istaufbeidenSeitenentfernt);b u.c Horizontal-schnittedurcheinenmenschlichenUnterkieferaufHöhederAlveolidentalesmit(b)undohneZahnwurzeln(c),Ansichtvonkranial(nachPrä-paratenderAnatomischenSammlungderUni-versitätKiel).DieAlveolarfortsätzevonOber-undUnterkiefersindvonderStrukturherLamellenknochenmiteinerinneren(lingualen/palatinalen)undeineräußeren(vestibulären/bukkalen)Kompaktaso-wieeinerdazwischenliegendenSpongiosa.Zu-sätzlichenthaltensiedenzumZahnhalteappa-ratzählendenAlveolarknochen,deramAufbauder Zahnfächer (Alveoli dentalis) beteiligt ist.Die Alveoli dentalis gleichen Bechern, derenknöcherne Wände eine Vielzahl von Löchernaufweisen(Laminacribiformis)und indievonaußen Spongiosatrabekel einstrahlen. Durchdie Löcher dringen Blut- und Lymphgefäße indendesmodontalenSpaltundbildeneindich-tesKorbgeflechtumdieZahnwurzeln.

D VerlaufvonKollagenfaserninderWurzelhautundimZahnfleischa u. b Längs-undQuerschnittdurchdenZahn;c schematischerVerlaufderFasernimZahnfleischWährend die zementoalveolären Faserbündel (Fibrae dentoalveolares)imDesmodontgrößtenteilsschrägabwärts laufen(a),bestehtdersu-praalveoläre Faserapparat (Fibrae interdentalesdecussataeundFibraecirculares)überwiegendauszirkulärverlaufendenBündeln(c).

51

Kopf und Hals 2. Knochen, Bänder und Gelenke

Page 3: New 2.20 Zahnhalteapparat (Parodontium) - bücher.de · 2020. 4. 18. · Spongiosa Kompakta gingivales Lamina cribiformis Wurzelkanal Dentin Zement Desmodont Alveolar-knochenkamm

aus: Schünke u. a., Prometheus: Kopf, Hals und Neuroanatomie (ISBN 9783131395436) © 2012 Georg Thieme Verlag KG

a b c d e

12 Jahre

10 Jahre

8 Jahre

6 Jahre

4 Jahre

2½ Jahre

1 Jahr

6 Monate

Neugeborenes

1.Dentition Zahn Zahndurchbruch Reihenfolge

IIIIIIIVV

6.–8.Monat8.–12.Monat

15.–20.Monat12.–16.Monat20.–40.Monat

1243„1.Milchmolar“5„2.Milchmolar“

2.Dentition Zahn Zahndurchbruch Reihenfolge

12345678

6.–9.Jahr7.–10.Jahr9.–14.Jahr9.–13.Jahr11.–14.Jahr6.–8.Jahr

10.–14.Jahr16.–30.Jahr

235461„Sechsjahrmolar“7„Zwölfjahrmolar“8„Weisheitszahn“

B MittelwertederZahndurchbruchszeiten(nachRauber/Kopsch)DenDurchbruchderMilchzähnebezeichnetmanals1.Dentition,denderdauerhaftenZähne als 2.Dentition. In der letzten SpaltewirddieReihenfolgeinBezugaufdenZahndurchbruchangegeben.AlsBeispiel:Beider2.DentitionbrichtdervordereMolar (Zahn6)alsersterdurch(„Sechsjahrmolar“).Beachte:DieMilchzähnewerdenmitrömischenZiffernnummeriert,diebleibenenZähnemitarabischen.

A MilchzähnedeslinkenOber-undUnterkiefersDasMilchgebissbestehtausnur20Zähnen.Manunterscheidet:

a medialerSchneidezahn(DensincisivusI),b lateralerSchneidezahn(DensincisivusII),c Eckzahn(Denscaninus),d 1.Backenzahn(DensmolarisI)unde 2.Backenzahn(DensmolarisII).

ZurUnterscheidungvondenpermanentenZähnenbeginntdieNumme-rierungderMilchzähneinderZahnformel(s.D)mitderZiffer5anstellederZiffer1,d.h.dierechteOberkieferhälfteerhältdieZiffer5usw.

C DurchbruchvonMilchzähnenundbleibendenZähnen (nachMeyer)

DerZahndurchbruch istamBeispieldes linkenOberkiefersdargestellt(Milchzähne schwarz, bleibende Zähne rot). Die Kenntnis der Durch-bruchszeiten der Zähne ist klinisch wichtig, da anhand dieser DatenWachstumsverzögerungenbeiKinderndiagnostiziertwerdenkönnen.

52

Kopf und Hals 2. Knochen, Bänder und Gelenke

2.21 Milchzähne(Dentesdecidui)

Page 4: New 2.20 Zahnhalteapparat (Parodontium) - bücher.de · 2020. 4. 18. · Spongiosa Kompakta gingivales Lamina cribiformis Wurzelkanal Dentin Zement Desmodont Alveolar-knochenkamm

Forameninfraorbitale

Spinanasalis

anterior

Suturaintermaxillaris

Densmolaris II

Densmolaris I

Denscaninus

Densincisivus II

Densincisivus 1

Denspremolaris 2

Denspremolaris 1

Denscaninus

Densincisivus 2a

Densmolaris II

Densmolaris I

Denscaninus

Densincisivus II

Densmolaris 2

Densmolaris 1

Denspremolaris 2

Denspremolaris 1

Denscaninus

Densincisivus 2

Densincisivus 1

d

Densmolaris 1

Densmolaris II

Densmolaris I

Denscaninus

Densincisivus II

Densincisivus I

Densmolaris 2

Denspremolaris 2

Foramenmentale

Denspremolaris 1

Denscaninus

Densincisivus 2

Densincisivus 1

b

51 61 62 63 64 6552535455

71 72 73 74 758182838485

aus: Schünke u. a., Prometheus: Kopf, Hals und Neuroanatomie (ISBN 9783131395436) © 2012 Georg Thieme Verlag KG

Densmolaris II

Densmolaris I

Denscaninus

Densincisivus II

Densincisivus I

Densmolaris 2

Densmolaris 1

Denspremolaris 2Dens

premolaris 1

Denscaninus

Densincisivus 2

c

E Milchzähne(Dentesdecidui)undAnlagenderbleibendenZähneimOber-undUnterkiefereinessechsjährigenKindes

a u.b Ansicht von frontal;c u.d Ansicht vonlinks. Die vordere Knochenlamelle über denWurzeln der Milchzähne wurde entfernt, diedarunter liegenden Anlagen der bleibendenZähne(Dentespermanentes,bläulich)werdensichtbar.Dieses Alter wurde gewählt, weil zu diesemZeitpunkt alle Milchzähne (Dentes decidui*),durchgebrochenundnochvollständigvorhan-densind;gleichzeitigbeginntaberdervordereMahlzahnalsersterbleibenderZahndurchzu-brechen(s.C).

*decidui=hinfällig

D ZahnformeldesMilchgebisses

53

Kopf und Hals 2. Knochen, Bänder und Gelenke

Page 5: New 2.20 Zahnhalteapparat (Parodontium) - bücher.de · 2020. 4. 18. · Spongiosa Kompakta gingivales Lamina cribiformis Wurzelkanal Dentin Zement Desmodont Alveolar-knochenkamm

aus: Schünke u. a., Prometheus: Kopf, Hals und Neuroanatomie (ISBN 9783131395436) © 2012 Georg Thieme Verlag KG

Zahnpapille

cb

a

inneres Schmelzepithel(Vorläuferzellen der

Präameloblasten)

Stratum intermediumder Schmelzpulpa

Stratum reticulareder Schmelzpulpa

KapillarenReste der gene-rellen Zahnleiste(Serres-Körper)

äußeresSchmelzepithel

Präodontoblasten

Membranapreformativa

zervikaleSchlinge

Blutgefäßeund Nerven

Basalmembran

generelleZahnleiste

Ersatzzahnleiste

äußeresSchmelzepithel

Schmelzpulpa

inneresSchmelzepithel

Schmelz-organ

Bildung derZahnpapille

Schmelzknoten

Basallamina

Mundhöhlenepithel

Basallamina

generelle Zahnleiste

frühesKappenstadium

odontogenesEpithel

determiniertesMesenchym

Lippenwall

Lippenfurche

Zahnanlagen

odontogeneZahnleiste

Zungenanlage

Mundhöhlenepithel

Anlage des Unter-kieferknochens

Meckel-Knorpel

ZungenmuskulaturZahnanlage(s. Bb)

A FrüheZahnanlageimUnterkiefereinesmenschlichenEmbryos(nachSchumacherundSchmidt)

SichtaufeinenUnterkieferamBeginnder7.Embryonalwoche(derko-ronareSchnittliegtaufHöhederSchmelzkappender2.Milchmolaren).DaserstemorphologischnachweisbareAnzeichen fürdenBeginnderZahnentwicklung sind örtlich begrenzte Epithelverdickungen. Sie ver-laufenhufeisenförmigparallelzudenLippenrändern(sog.odontogeneZahnleisten)undwachsenbei5WochenaltenmenschlichenEmbryo-nen in dasMesenchymderOber- undUnterkieferanlage ein (vgl.Ba).HierbeiverdicktsichderfreieRanddiesersog.generellen ZahnleistenaufbeidenSeitenvonmesialnachdistalfortschreitendzuje5Epithel-bzw.Zahnknospen, entsprechend der 10Milchzähne in jedem Kiefer. JededieserEpithelknospenwächstimweiterenVerlaufzunächstzukappen-förmigen und später zu glockenförmigen Schmelzorganen (Schmelz-kappeundSchmelzglocke)heran(vgl.Bbu.c).

B FrühentwicklungderZähneundBildungdesZahnkeimsa frühesKappenstadium;b spätesKappenstadium;c Glockenstadium(nachWeiss).Die Frühentwicklung der Milchzähne beginnt beim Menschen in der5.EmbryonalwocheunddauertbiszurBildungderZahnhartsubstanzenetwa3Monate(15.–19.Embryonalwoche).

FrühesKappenstadium:DurchintensiveZellproliferationimodontoge-nenEpithel entstehenanumschriebenStellenknospen-bzw.kappen-förmigeZellansammlungen.SievertiefensichanderdemEpithelabge-wandtenSeitezunehmendkonkavundumwachsenso,vomRandaus-gehend,dasdeterminierteMesenchym(s.C).

SpätesKappenstadium: • Am Schmelzorgan sind äußeres und inneres Schmelzepithel und die

dazwischenliegendeSchmelzpulpazuunterscheiden.DieZellendesinnerenSchmelzepithelswerdenimBereichderbasalenEindellung,v.a. im Bereich des Schmelzknotens, zunehmend säulenförmig, imBereichdesäußerenSchmelzepithelsimmerflacher.InderSchmelz-pulpa weichen die Zellen durch die zunehmende Produktion vonextrazellulärerMatriximmerweiterauseinander.

• Vompalatinalen(Oberkiefer)bzw.lingualen(Unterkiefer)freienRandder generellen Zahnleiste aus entwickelt sich die sog. Ersatzzahn-leiste,vonderspäterdieBildungderbleibendenZähneder2.Denti-tion(sog.„Ersatzzähne“)ausgeht.

Beachte:DiedistalvomMilchgebissgelegenenspäterenZuwachszähne(MahlzähnedesbleibendenGebisses)entstehendadurch,dassdiegene-relle Zahnleistenachdistalverlängertwird.

Glockenstadium: • DieSchmelzpulpawirdimmervoluminöserundteiltsichineinelocke-

resStratum reticulare und eindichtes, dem inneren SchmelzepithelanliegendesStratum intermedium.

• DasvomSchmelzorganumgebenemesenchymaleGewebeverdich-tetsichzurZahnpapille. IndieZahnpapillewachsenBlutgefäßeundNervenfasernein,hierbildetsichdiespätereZahnpulpa.

• InduziertdurchdieZahnpapilleentwickelnsichdieZellendes inne-ren Schmelzepithels zu Vorläuferzellen der Schmelzbildner (= Prä-ameloblasten).UnterihremEinflussordnensichdiedirektbenachbar-tenMesenchymzellenzueinemepithelartigenVerband,denzukünf-tigenDentinbildnern(Präodontoblasten)an.

• DieBasalmembranzwischenPräameloblastenundPräodontoblastenverdickt sich zurMembrana prefomativa. Im Bereich der zervikalenSchlingegeht die Basalmembrandes inneren Schmelzepithels kon-tinuierlich in die Basalmembran des äußeren Schmelzepithels überundbedecktsodiegesamteOberflächedesSchmelzorgans.SeineEr-nährungsicherndieKapillarenaußenanderBasalmembran.

• Die Verbindung zur generellen Zahnleistewird zunehmend löchrigundlöstsichbisaufeinigeReste(Serres-Körper)vollständigauf.

• SchmelzglockeundZahnpapillewerdenvoneinemlockerenmesen-chymalenGewebeumgeben,dassichunterderExpansiondeswach-sendenZahnkeimszueinemZahnsäckchenverdichtet,ausdemsichderspätereZahnhalteapparatentwickelt(s.E).

KurzbevordieBildungderZahnhartsubstanzenbeginnt(vgl.D),bestehtderZahnkeimalsoausdemglockenförmigen Schmelzorgan,derZahnpa-pilleunddemZahnsäckchen.

54

Kopf und Hals 2. Knochen, Bänder und Gelenke

Zahnentwicklung(Odontogenese)2.22

Page 6: New 2.20 Zahnhalteapparat (Parodontium) - bücher.de · 2020. 4. 18. · Spongiosa Kompakta gingivales Lamina cribiformis Wurzelkanal Dentin Zement Desmodont Alveolar-knochenkamm

aus: Schünke u. a., Prometheus: Kopf, Hals und Neuroanatomie (ISBN 9783131395436) © 2012 Georg Thieme Verlag KG

Epithel≙ Mundhöhlenepithel

odontogenes Epithel

Zahnleiste

Zahnknospe/Zahnkappe

Zahnglocke mitinnerem und äußerem

Schmelzepithel

inneres Schmelzepithel

Präameloblasten

Ameloblasten

Schmelzmatrix

Mesenchym≙ kraniale Neuralleiste

wechselseitigeInduktion

determiniertesZahnmesenchym

Zahnpapille

Präodontoblasten

Odontoblasten

Prädentin

mineralisiertes Dentin

Laminaosteoblastica

Laminaperiodontoblastica

Laminacementoblastica

Zahnsäckchen

Bildung vonZement

Basis derZelle

Apex

Amelo-blasten

Schmelz

Dentin

Prädentin

Odontoblasten

Zahnpapille

Odontoblasten-differenzierung

Wurzeldentin

differenzierteMesenchym-

zellen(Zemento-

blasten)

epithelialeWurzelscheide(= Hertwig-Scheide)

Ameloblasten

Schmelz

mineralisiertesDentin

Odontoblasten-fortsatz(Tomes-Faser)

Zahnpulpa

Zahnsäckchen

zervikaleSchlinge

äußeresSchmelzepithel

Schmelzpulpa

Prädentin

Odontoblasten

C Epithel-Mesenchym-Interaktionen(nachSchroeder)Die EntwicklungderMilchzähne ist das Resultat einer Interaktion vonOberflächenektoderm(EpithelderprimitivenMundhöhle=Stomodeum)und darunter liegendemMesenchym (aus der kranialen Neuralleiste).SieführtzuhochspezialisiertenZellverbänden,denOdonto-undAme-loblasten.DiesewiederumleitenüberparakrinsezernierteWachstums-undDifferenzierungsfaktoren(z.B.BMPs=bonemorphogeneticprote-ins,FGFs=fibroblastgrowthfactors,SHh=Sonichedgehog)dieSekre-tionderZahnhartsubstanzenPrädentinundSchmelzmatrixein(s.D).Beachte: Die Wachstums- und Differenzierungsfaktoren konzentrierensich in den sog. Schmelzknoten (s.Bb), den punktuellen Verdickun-genderZahnleiste,diejeweilsdieAnlageeinesMilchzahnsdarstellen.SchmelzknotenhabendamiteinesignalgebendeFunktionfürdie indi-viduelleZahnentwicklung(z.B.fürKronenformundAnzahlderKronen-höcker)undähnelnsoz.B.denektodermalenRandleisten,diedasAus-wachsenderExtremitätenknopsensteuern.

E BildungderZahnwurzelundDifferenzierungdesZahnsäckchensDieBildungderZahnwurzelbeginnt,wennSchmelzundDentinimKro-nenbereich imWesentlichen entwickelt sind. Sie organisiert sich ent-langderepithelialenWurzelscheide(Hertwig-Scheide).DiesewächstalszweischichtigesEpithel(inneresundäußeresSchmelzepithel liegendi-rektaufeinander,dieSchmelzpulpafehlt)vonderzervikalenSchlingeimBereichdesspäterenZahnhalsesausgehendnachapikal.Beimehrwur-zeligenZähnenbildensichdurchAufzweigungenepithelialeRöhren(Va-gina epithelialis radicalis).DieWurzelscheide induziert in der benach-bartenZahnpapilledieDifferenzierungvonOdontoblasten,dieimWei-terenmitderSynthesevonWurzeldentinbeginnen.Diedabeientste-hendePulpahöhlewirdapikalimmermehreingeengtundesentsteheneinodermehrereWurzelkanäle (Canalis radicis dentis) fürdenEin-undAustrittvonGefäßenundNerven.DurchfortschreitendeAuflösungderepithelialenWurzelscheide(vonzervikalnachapikal)kommendieMes-enchymzellendesZahnsäckchensinKontaktmitdemWurzeldentinundbeginnenmitderBildungvonZement (Lamina cementoblastica).WeiterperipherinduziertdasWurzeldentinimangrenzendenMesenchymdesZahnsäckchensdieLamina periodontoblastica (spätere Wurzelhaut = Des-modont)sowiedieLamina osteoblastica (künftiger Alveolarknochen).

D BildungderZahnhartsubstanzenimBereichderZahnkroneDieBildungderZahnhartsubstanzenimBereichderZahnkroneist–ähn-lichwiedieFrühentwicklung–dasErgebniseinerKettevonwechselseiti-genInduktionsvorgängen(s.Ba–c).UnterdemEinflusseinersichverdi-ckendenBasalmembran(Membranapreformativa,s.Bc)differenzierensichPräodontoblastenzuOdontoblastenundbeginnenmitderSynthesevonorganischerDentinmatrix (Prädentin), die in RichtungBasalmemb-ran abgelagertwird.Dies induziertwiederumdieDifferenzierungderPräameloblasten zu sekretorischen Ameloblasten. Sie beginnen, sobalddie1.LagePrädentinmineralisiert ist,mitderAusschüttungvonorga-nischerSchmelzmatrix.DurchdenZerfallderBasalmembranliegennunSchmelz undDentin direkt aneinander,wobei die Ablagerung immerinzisalbzw.okklusalbeginntundsichallmählich inRichtungZahnhalsausbreitet.Mit fortschreitender Bildung der beiden Zahnhartsubstan-zenentfernensichdieOdontoblastenundAmeloblasten inentgegen-gesetzterRichtungvoneinander.HierbeisezernierendieAmeloblastensäulenförmige Schmelzprismen, die spätermineralisieren und apposi-tionellvonderDentin-Schmelz-GrenzegegendieOberflächewachsen.AufdieseWeisewerdendieAmeloblastenzunehmendnachaußenver-lagertundgehenspäterbeimDurchtrittdesZahneszugrunde.DadurchistderSchmelzzellfreiundkannnichtnachgebildetwerden.AuchdieOdontoblastenweichenmitzunehmenderDentinbildungzurück,belas-senjedocheinendünnenFortsatz(Odontoblastenfortsatzoder„Tomes-Faser“ineinemDentinkanälchen,dasdiegesamteDentinschichtdurch-zieht.DiepostmitotischenOdontoblasten liegenmit ihremZellkörperanderPulpa-Dentin-GrenzeundkönnenzeitlebendsneuesDentin(Se-kundär-bzw.Tertiärdentin)bilden.Beachte: Während die Kronenbildung bei den Milchzähnen zwischendem 2. und 6.Lebensmonat abgeschlossen ist, endet innerhalb der1.Dentition die Bildung der Zahnwurzel etwa 2–3 Jahre nach derenDurchbruch.

55

Kopf und Hals 2. Knochen, Bänder und Gelenke

Page 7: New 2.20 Zahnhalteapparat (Parodontium) - bücher.de · 2020. 4. 18. · Spongiosa Kompakta gingivales Lamina cribiformis Wurzelkanal Dentin Zement Desmodont Alveolar-knochenkamm

Canalismandibulae

Tuberculumarticulare

Septumnasi

Sinusmaxillaris

Angulusmandibulae

Aufbisshalter desAufnahmegerätes41

28

38

Proc.condylaris

Fossamandibularis

Orbita

42434445

46

47

48(Dens molaris 3,Weisheitszahn)

18

aus: Schünke u. a., Prometheus: Kopf, Hals und Neuroanatomie (ISBN 9783131395436) © 2012 Georg Thieme Verlag KG

A Panoramaschichtaufnahme(PSA)/Orthopantomogramm(OPG)DiePanoramaschichtaufnahme(PSA)isteineÜbersichtsaufnahme,dieeinenerstenÜberblicküberKiefergelenke,-höhlenund-knochensowiedenZahnstatus(kariöseLäsionen,LagederWeisheitszähne)verschafft.SiearbeitetnachdemPrinzipderSchichtuntersuchung,d.h.währendderAufnahmebewegen sichStrahlerundFilmumdiedarzustellendeEbenen,wobeidieaußerhalbdieserSchichtebeneliegendenStrukturenverwischtwerden.EntsprechendderFormderKiefer istdieEbenebeiderPSAparabelförmig.BeidemhierdargestelltenGebissisteineEntfer-nungallervierWeisheitszähneangezeigt,dadieseentwedernichtvoll-ständigdurchgebrochen(18,28und38)oderquerverlagertsind(48)unddeshalbnichtdurchbrechenkönnen.KommtesaufgrundderPSAzumVerdachteinerKariesodereinesProzessesanderZahnwurzel,wer-den Einzelzahnaufnahmen der betroffenen Regionen angefertigt, um

durch die höhere Auflösung dieser Aufnahmen eine verfeinerteDiag-nostikzuermöglichen(s.C–H).Nebender konventionellen (analogen)Technik, die alsBildempfängerdenRöntgenfilm verwendet,wirdheute zunehmenddiedigitale Rönt-gentechnik eingesetzt, bei der ein Sensor die absorbierten Röntgen-strahlen in digitale Signale umwandelt und am Computerbildschirmsichtbarmacht.EinwesentlicherVorteildieserTechnikistdieReduktionder Strahlenbelastung durch kürzere Belichtungszeiten und die leich-tereDatenübermittlung.(WirdankenHerrnProf.Dr.med.dent.U.J.Rother,DirektorderPoliklinikfür Röntgendiagnostik des Zentrums für Zahn-,Mund- undKieferheil-kundedesUKEsfürdieÜberlassungdesRöntgenbildes.)Beachte: Die oberen Schneidezähne sind breiter als die unteren. DiesführtzurHöcker-Fissuren-Verzahnung(s.S.47).

56

Kopf und Hals 2. Knochen, Bänder und Gelenke

2.23 RöntgendiagnostikderZähne

Page 8: New 2.20 Zahnhalteapparat (Parodontium) - bücher.de · 2020. 4. 18. · Spongiosa Kompakta gingivales Lamina cribiformis Wurzelkanal Dentin Zement Desmodont Alveolar-knochenkamm

aus: Schünke u. a., Prometheus: Kopf, Hals und Neuroanatomie (ISBN 9783131395436) © 2012 Georg Thieme Verlag KG

Kavität

metalldichteVerschattung

JochbogenWurzel-füllstift

periapikaleAufhellung

Schmelzkariestiefe Karies

DentikelDentin-karies

B EinzelzahnaufnahmenEinzelzahnaufnahmen sind detaillierte Röntgenbilder von einzelnenZähnenundihrenNachbarzähnen.InderRegelwerdenorthoradiale Auf-nahmenangefertigt,beidenenderRöntgenstrahlsenkrechtaufdieTan-gentedesZahnbogensauftrifft,also,starkvereinfacht,geradlinigvonaußenaufdenZahn.AufdemRöntgenbildsindfolglichalleStrukturen,dieimStrahlenganghintereinanderliegen,auchhintereinanderzusehen,sodasssiesichüberlagern.BeimehrwurzeligenZähnensinddannz.B.einzelneWurzelkanälenichtsicherzubeurteilen(s.C).Dieslässtsichnurdurch sog.exzentrische Aufnahmen erreichen, bei denenderRöntgen-strahl ineinembestimmtenWinkelaufdieTangentedesZahnbogens

C UnterkieferFront,Zähne32–42AucheinwurzeligeZähne,wiediehierdarge-stellten Schneidezähne, haben in⅓ der Fällezwei Wurzelkanäle.Diesäußertsichbeideror-thoradialen Aufnahme in Form eines brillen-förmigen Querschnitts der Zahnwurzel undeiner doppelten Parodontalspalte (s.Pfeile)Ob tatsächlich zwei Wurzelkanäle vorhandensind,lässtsichaberdurchdieorthoradialeAuf-nahmenichtsicherfeststellen(s.B).

D OberkieferFront,Zähne12–22Aufhellungen,wiehieranZahn21distal,kön-nenKaries,offeneKavitätenoder–wieindie-semFall–einaltes,nicht röntgenopakesFül-lungsmaterial darstellen. Das Unterfüllungs-materialistschwachröntgenopak.

E UnterkieferSeitenzähne,Zähne44–47Metalldichte Verschattungen wie im Kronen-bereich der Zähne 46 und 47 können durchMetallinlays,Kronen,Amalgamfüllungenodermoderne Zinkoxidkeramiken hervorgerufenwerden.

F OberkieferSeitenzähne,Zähne14–17Im Oberkiefer-Seitenzahnbereich kommt eshäufigzueinerÜberlagerungvonZähnenundJochbogen,hieramoberenlinkenRandzuer-kennen.DieWurzelnderMolarensind indie-semBereichwenigerdeutlichdargestellt.

G OberkieferSeitenzähnemitpathologi-schemBefund,Zähne24–27

Nach einer Infektion desWurzelkanalsystemsund einem Übergreifen auf den periapikalenKnochen kann es zur Ausprägung einer Fistelkommen.UmdengenauenOrtdes entzünd-lichen Prozesses festzustellen, wurde hier einWurzelfüllstift aus Guttapercha von außenin die Fistel eingebracht und die Röntgenauf-nahmeerstellt.RundumdiedistobukkaleWur-zel des Zahns 26 ist eine Aufhellung als Zei-chenderausgeprägtenEntzündungzuerken-nen.DerZahn27istmiteinerKroneversorgt.

H BissflügelaufnahmezurKariesdiagnostikMassiver Kariesbefall am Zahn 46 distal,SchmelzkariesundteilweisebeginnendeDen-tinkaries an den Kontaktpunkten fast allerZähne. Die Kontaktpunkte stellen neben denOkklusalflächen (Kauflächen) typische Karies-prädilektionsstellendar.IndenLuminaderPul-pakammern sind teilweise Dentikel zu erken-nen.

auftrifft,sodasshintereinanderliegendeStrukturendeutlichvoneinan-derzuunterscheidensind.EinespezielleFormderEinzelzahnaufnahmeist die sog.Bissflügelaufnahme (s.H), bei dernichtdergesamteZahn,sondernnur derKronenbereich aufgenommenwird.Dader Röntgen-filmmiteinemFlügelversehenist,aufdenderPatientbeißt,sindOber- und Unterkieferzähnegleichzeitigzusehen,sodassauchversteckteKa-ries,z.B.unterZahnfüllungenoderaufdenKontaktflächenzudiagnos-tizierensind.(WirdankenHerrnDr.med.dent.ChristianFriedrichs,PraxisfürZahner-haltungundEndodontie,Kiel,fürdieÜberlassungderRöntgenbilderaufdieserSeite.)

57

Kopf und Hals 2. Knochen, Bänder und Gelenke

Page 9: New 2.20 Zahnhalteapparat (Parodontium) - bücher.de · 2020. 4. 18. · Spongiosa Kompakta gingivales Lamina cribiformis Wurzelkanal Dentin Zement Desmodont Alveolar-knochenkamm

Rr. alveolaressuperiores(vom N. maxillaris)

b

aus: Schünke u. a., Prometheus: Kopf, Hals und Neuroanatomie (ISBN 9783131395436) © 2012 Georg Thieme Verlag KG

a

Nerv Innervationsgebiet Injektionsort Volumen

Oberkiefer

N.infra-orbitalis

Alveolarfortsatz,vestibuläreSchleim-hautundZähneimOberkieferfrontzahn-bereich,Oberlippe,seit-licheNaseundvordereWange

Forameninfroaorbitale

1–1,5ml

N.naso-palatinus

GaumenschleimhautimBereichderSchnei-dezähne

Foramenincisivum

0,1–0,2ml

N.palatinusmajor

GaumenschleimhautbiszurEckzahnregionderbetreffendenSeite

Foramenpalatinummajus

0,3–0,5ml

Nn.alveolaresmaxillaresposteriores

Alveolarfortsatz,vestibuläreSchleimhautundZähneimMolaren-bereich

Tubermaxillae

1–1,8ml

Unterkiefer

N.alveolarisinferior

Alveolarfortsatz,lingu-aleSchleimhautundZähnederentsprechen-denUnterkieferhälfte,vestibuläreSchleimhautimFrontzahngebiet

Foramenmandibulae

1,5–2ml

N.buccalis vestibuläreSchleimhautimMolarenbereich

Vorderkantedesaufstei-gendenUn-terkieferastes

0,5ml

N.mentalis vestibuläreSchleimhautimFrontzahngebiet

Foramenmentale

0,5–1ml

A AnatomischeGrundlagenundTechnikderLokalanästhesieFür die Lokalanästhesie bei zahnärztlichen Behandlungen sind detail-lierteKenntnissedertopografischenAnatomiederKopf-undHalsregionessenziell.BesondereBedeutunghatindiesemZusammenhangderVer-laufdesN.trigeminus.Erversorgtalsgrößterundüberwiegendsensori-scherHirnnervu.a.diezahntragendenTeiledesOber-undUnterkiefers(Alveolarknochen,ZähneundZahnfleisch).Danebensindv.a.topografi-scheKenntnissederknöchernenLeitstrukturenunerlässlich,dasie ins-besonderefürdieOrientierungeinewesentlichgrößereRollespielenalsdieWeichteile. ImRahmender zahnärztlichen Lokalanästhesiewerdenv.a.dieInfiltrations- und die Leitungsanästhesieeingesetzt(s.u.).DieLokal-anästhesielösungenenthaltenzusätzlicheinenVasokonstriktor(z.B.Ad-renalin),derdieWirkdauerdesLokalanästhetikumsverlängert,toxischePlasmaspiegelverhindertunddielokaleBlutungsneigungreduziert.UmeineakzidentelleintravasaleInjektionauszuschließen,mussbeije-der Infiltrations- und Leitungsanästhesie aspiriertwerden. Schwerwie-gendsteNebenwirkungenbeiderversehentlichenPunktioneinesGefä-ßessindv.a.kardiovaskuläreundanaphylaktischeReaktionen.

B PrinzipeinerInfiltrationsanästhesiea InjektionstechnikamPatienten;b schematischeDarstellungmitSen-sibilitätsausfall.DieamhäufigstenverwendeteAnästhesie inderZahnheilkundeistdieInfiltrationsanästhesie(zumpraktischenVorgehen,s.C).Sieeignetsichv.a. für Behandlungen im Oberkiefer, da die überwiegend spongiöseKnochenstrukturderMaxillamit ihrer äußerst dünnenKompakta eineDiffusiondesWirkstoffsdurchdenKnochenzumApexderZähneermög-licht.BeiderInfiltrationsanästhesiewerdendieterminalenNervenendi-gungen,diedaszubehandelndeArealsensibelversorgen,mitLokalanäs-thesielösungumspültundsomitblockiert.DieApplikationerfolgtinderRegelsupraperiostalimapikalenBereichdeszubehandelndenZahnes.Beachte: Aufgrund der deutlich dichteren kortikalen KnochenstrukturamUnterkiefer ist dieDiffusion v.a. imMolarengebiet stark herabge-setzt.AusdiesemGrundwirdinsbesonderebeiBehandlungenderUn-terkieferzähnedieLeitungsanästhesieeingesetzt(s.Du.E).

C PraktischesVorgehenbeieinerInfiltrationsanästhesie (nachDaubländerinvanAkenu.Wulf)

D HäufigeingesetzteLeitungsanästhesieninderZahn-,Mund- undKieferheilkunde(VersorgungsgebieteeinzelnerNerven undDarstellungderzugehörigenInjektionsorte)

(AusDaubländerM.LokalanästhesieinderZahn-,Mund-undKieferheil-kunde.InvanAkenH,WulfH.Lokalanästhesie,Regionalanästhesie,Re-gionaleSchmerztherapie.3.Aufl.Stuttgart:Thieme;2010)Ziel der Leitungsanästhesie ist die reversibleAusschaltungeines kom-plettensensiblenperipherenNervs.EntscheidendhierbeiistdieexaktePlatzierungeinesausreichendenVolumensinFormeinesDepotsinen-ger topografischer Beziehung zu dem entsprechenden Nerv, z.B. vordessenEintrittinbzw.nachseinemAustrittausdemKnochenkanal.

• DarstellungdesInjektionsortesdurchAbhaltenundStraffenderWeichteile

• PenetrationderSchleimhautimBereichderUmschlagsfalteinApexnähe

• KanülezumKnochenausrichten• VorschiebenderKanülebiszumKnochenkontakt,parallelzurZahn-

achseineinemWinkelvonetwa30°zurKnochenoberfläche• Aspiration• langsameInjektionderLokalanästhesielösung(1ml/30s)unterKno-

chenkontakt• EntfernenderSpritzeausderMundhöhle• AbwartenderAnflutungunterBeobachtungdesPatienten

58

Kopf und Hals 2. Knochen, Bänder und Gelenke

LokalanästhesiederZähne2.24

Page 10: New 2.20 Zahnhalteapparat (Parodontium) - bücher.de · 2020. 4. 18. · Spongiosa Kompakta gingivales Lamina cribiformis Wurzelkanal Dentin Zement Desmodont Alveolar-knochenkamm

N. palatinusmajor

Foramenpalatinum majus

N. nasopalatinus

Foramenincisivum

N. alveolarisinferior

aufsteigenderUnterkieferast

aus: Schünke u. a., Prometheus: Kopf, Hals und Neuroanatomie (ISBN 9783131395436) © 2012 Georg Thieme Verlag KG

a

b

c

E InjektionsortetypischerLeitungsanästhesienamOber-undUnterkiefer(FotosausDaubländerM.LokalanästhesieinderZahn-,Mund-undKieferheilkunde.InvanAkenH,WulfH.Lokalanästhesie,Regionalanästhesie,RegionaleSchmerztherapie.3.Aufl.Stuttgart:Thieme;2010)

a Foramenpalatinummajus(N.palatinusmajor) Indikation: schmerzhafte Behandlung im Bereich der palatinalen

SchleimhautunddesKnochensimMolaren-undPrämolarenbereicheinerOberkieferhälfte.

Vorgehen:DasLokalanästhetikummussmöglichstnaheamForamenpalatinummajusabgegebenwerden(beiKindernpalatinaldes1.Mo-laren, bei Erwachsenen weiter distal auf Höhe des 2.–3.Molaren).Bei weit geöffnetemMund und rekliniertem Kopf wird die Kanüle–vonderPrämolarenregionderkontralateralenSeitekommend–im45°-Winkel zur Gaumenoberfläche bis zum Knochenkontakt vorge-schoben.

Cave: Erfolgt die Injektion zuweit distal, kommt es zur AnästhesiedesipsilateralenweichenGaumens,wasderPatientalsunangenehm(Schluckbeschwerden!)empfindet.

b Foramenincisivum(N.nasopalatinus) Indikation: schmerzhafteBehandlungimBereichdesvorderenGau-

mendrittels(biszumlinkenundrechtenEckzahn). Vorgehen: Bei weit geöffnetem Mund und rekliniertem Kopf wird

dieKanüle–vonlateralkommend–direktnebenderPapillaincisiva

(SchleimhauterhebungüberdemForamenincisivum)etwa1cmpa-latinaldesGingivarandesderSchneidezähneeingestochenundnachmedial-distalvorgeschoben.

Cave: DerbeSchleimhauterforderthohenApplikationsdruck.c Foramenmandibulare(N.alveolarisinferior) Indikation: schmerzhafte Behandlung im Bereich der Unterkiefer-

zähnesowiederbukkalenSchleimhautmesialdesForamenmentale. Vorgehen: Bei weit geöffnetemMund palpiert der Zeigefinger des

Therapeuten–aufderZahnreiheliegend–dieVorderkantedesauf-steigendenUnterkieferastes.DieKanülewird–vonderPrämolaren-regionderGegenseitekommend–etwas1cmoberhalbderOkklu-sionsebene,lateralderPlicapterygomandibulariseingestochenunderreichtnachetwa2,5cm–kranialderLingulamandibulae–dasFo-ramenmandibulae.

Cave:BeiKindern liegtdasForamenmandibulaeaufHöhederKau-ebene.

59

Kopf und Hals 2. Knochen, Bänder und Gelenke