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Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

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6 Konsulenten zum zukünftigen Stadtteil Graz-Reininghaus

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Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

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Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

6 Konsulenten zum zukünftigen Stadtteil Graz-Reininghaus

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Inhalt

Die Reininghaus-Methode 10Das Areal Graz-Reininghaus 22Perspektive Nutzungsvielfalt 30Die Konsulenten 34Aspekte der Nutzungsvielfalt 42Aspekte – Kurzfassung 73Projektbeteiligte 76

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Was nützt es, wenn … diese entwaffnend pragmatische Frage ist letztlich der Prüfstein für jedes theoretische Konzept. Auch in der Stadt. So könnte man zu einem vollständig entwickelten Graz-Reininghaus in der Zukunft einmal fragen: Was nützt ein schöner Boule-vard, wenn man keine Lust hat, auf ihm zu flanieren? Das bedeutet: Die Idee, einen Bou-levard zu schaffen, ist wunderbar. Wenn aber Atmosphäre, das Angebot der Geschäfte und der Stadtteil rundum nicht zum Stadterlebnis einladen, ist der Nutzen für alle Betroffenen enden wollend. Genau das Gegenteil – der maximale Nutzen für alle – ist jedoch für Graz-Reining-haus das Ziel. Um es zu erreichen, wäre es falsch, das Konzept einfach dem Bedarf unterzuordnen. Das ist zum einen nicht unser Anspruch, zum anderen ist es erwiesenerma-ßen der falsche Zugang. So hat man etwa im Zeitalter der Moderne Anfang des 20. Jhdts. eine klare Nutzungstrennung für die Stadt als ideal erkannt. Wohnen, Leben und Arbeiten in jeweils eigenen Stadtteilen, dafür gab es damals durchaus gute Gründe. Allein die Dich-te der Bevölkerung und des Straßenverkehrs haben aber dazu geführt, dass sich dieses Konzept, ehemals für die Stadt der Zukunft gedacht, inzwischen gegen die Stadt richtet und sie zerstört.

Wie aus der gebauten Stadt die erlebte Stadt wird

Nutzungsvielfalt als Konsequenz und Voraussetzung für zeitgemäße Urbanität

Nutzungstrennung ‚nützt’ also heute nichts mehr. Sie hat nichts Positives mehr, nichts, das in die Zukunft weist, Graz-Reininghaus einzigartig und Graz wertvoller macht. Und die bloße Ausrichtung der Stadtentwicklung am kurzfristigen Bedarf hat sich auch als Irrweg herausgestellt. Daher unsere intensive Beschäftigung mit Konzepten, mit allem, was heute über die Stadt gewusst wird. Mit der Nutzungsvielfalt verfügen wir über einen für Graz-Reininghaus Ziel führenden Ansatz: Die richtige Mischung der Nutzungen in einem Stadtteil ist angesichts der Kollateralschäden der Moderne über das schwärmerische Grätzl-Denken weit hinaus. Nach allen Erkenntnissen ist Nutzungsvielfalt heute Konsequenz und Voraussetzung für zeitgemäße Urbanität. Nutzungsvielfalt ist jedoch nicht planbar, weil es kein unverrückbares Ender-gebnis gibt wie etwa bei einem Gebäude. Das Ergebnis der Nutzungsvielfalt ist vielmehr ein kontinuierlicher Prozess, der in seiner Wir-kungsweise genau das abbildet, was die Stadt zur Stadt macht: Eine paradoxe, polythemati-sche und polyatmosphärische Verdichtung von Situationen – bei gleichzeitiger Bereitstellung von Freiräumen für Anonymität, Sozialisierung und für noch nicht definierte Nutzungen.

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Diese für Graz-Reininghaus als richtig erkann-te, zukünftige Wirklichkeit ist auch der Aus-gangspunkt des Nutzungsvielfalt-Konzepts. Hier werden die Fäden aufgenommen und zu den entsprechenden Voraussetzungen und Rahmenbedingungen zurückverfolgt. Diese sind gut untersucht und mit ausreichend Evidenz versehen, so dass sie bei richtiger und konsequenter Gestaltung entscheidend zur Nutzungsvielfalt beitragen. Unter der bewähr-ten Stadtteil-Intendanz von kleboth lindinger partners brachte dieser jetzt abgeschlossene Entwicklungsschritt wieder wertvolle Erkennt-nisse, Antworten und Wegweiser für ein glückendes Graz-Reininghaus: Vom Zusam-menleben der Einwohner über das Nebenein-ander und einander Verstärken der Nutzungen bis hin zu möglichen Formen der Umsetzung und Begleitung. Brennpunkt der Beschäftigung mit der Nutzungsvielfalt in Graz-Reininghaus war ein Symposion im Mai 2008, an dem mit Wolf-gang Amann, Christoph Chorherr und Raimund Gutmann drei Experten mit möglichst divergie-renden Erfahrungshorizonten teilnahmen. Jutta Kleedorfer, Michael Klees und Christian Krainer erweiterten das Forum mit ihrem Anwen-dungswissen. Moderiert wurde die spannende und leidenschaftliche Diskussion vom Fach-journalisten Wojciech Czaja, Der Standard.

Die Auswahl in der Gleichzeitigkeit von Situationen und Angeboten – das ist es, was die Stadt zur Stadt macht. ‚Sowohl als auch’ an einem Ort statt ‚Entweder – oder’ an allen Orten. Denn wir sind der festen Überzeugung, dass die Planung eines Stadtteils heute – und noch mehr in Zukunft – in unterschiedlichen und vielfältigen Szenarien denken und handeln muss. Auf dem Weg, Graz-Reininghaus von der Konzeption in die Wirklichkeit überzu-führen, war die Auseinandersetzung mit der Nutzungsvielfalt – intensiver als sonst üblich – ein wichtiger Schritt. Zusammen mit den noch laufenden Prozessen werden die Ergebnisse weiter zu einem fassbaren Stadtmodell und zu einem urbanen Versprechen für Graz-Reining-haus verdichtet werden.

Roland KoppensteinerCEO der Asset One AG

Vorwort

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Die Asset One Immobilien Entwicklungs AG nimmt sich für die Entwicklung von Graz- Reininghaus vor allem Zeit. Zeit für eine detaillierte Suche nach den Qualitäten, die den zukünftigen Stadtteil charakterisieren und unverwechselbar machen werden.

Dieser Prozess dauert mehrere Jahre. Zum einen, um die Eigenschaften behutsam und genau entwickeln zu können. Zum ande-ren, um bekannte und allgegenwärtige Fehler zu vermeiden. Es gilt, möglichst viele Blickwin-kel einzunehmen und Optionen abzuwägen, bevor man die gesammelten Erkenntnisse Schritt für Schritt in tragfähige wirtschaftliche Konzepte, in Architektur und insgesamt in einen zukunftsweisenden Stadtteil übersetzt.

Die Reininghaus-Methode

02 / 2006

Das Buch

Rodelle

Struktur der Eigenschaften

Reininghaus-Gesellschaft

sTennisMasters 07

Smart Cities

La Strada

steirischer herbst

MIPIM 2007

01 / 2007

FH-Kooperation

Wissenslandkarte

Der Wurm in der Bildung

Die Kultur des Scheiterns

Woher kommt das Neue?

werkstadt017

Die Konzeption des Wünschenswerten

Standpunkte

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11Die Reininghaus-Methode

Wesentlich dabei erscheinen noch zwei Faktoren: Kontinuität und Transparenz.Kontinuität, was die Bearbeitung der Themen und die Verlässlichkeit der Aussagen angeht. Das schafft Vertrauen und ist eine wesentliche Voraussetzung für ein erfolgreiches Mitein-ander der beteiligten Akteure.

Transparenz signalisiert den Grazer Bürgern ebenso wie der Politik und möglichen zukünftigen Investoren: Hier wird mit großem Engagement versucht, einen neuen, lebenswerten Stadtteil entstehen zu lassen. Man kann zusehen, wie die Gedanken, Ideen und Entwürfe – und später die Häuser und der Stadtteil wachsen.

sTennisMasters 08Pioniernutzungen

Kooperationen

01 / 2008 01 / 201001 / 2009 01 / 2011

Workshop Smart Cities

Stadtmodelle

Städtebaulicher Rahmenplan

Bauen und Leben

Mobilität

Wohnen

Stadtszenarien

Frei- und Grünraum

Nutzungsvielfalt

Bildung / Wissenschaft

Impulse Urbanism

Sozialraum-analyse

Urbane Zukunftsszenarien

Future of Cities, Copenhagen

Exkursion Oberösterreich

Denksalon Bildung

Was baut Wien?

Exkursion nach Barcelona

7 grüne Ideen für GrazKickoff

Symposium

Symposium

Nutzer

Charta Graz-Reininghaus

Stadtgestalt

Rechtsform

Finanzierung

Vermarktung

Nachhaltigkeit

Infrastruktur

Verkehr

Rechtliche Grundlagen

Genehmigungsplanung

Realisierungsplanung

Verdichtung

Symposium Next City

Wohnen für Graz-Reininghaus

Stadtsoziologie / Kulturwissenschaften

Energie

Good GovernancePerspektiven

Mobilität für Graz-Reininghaus

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Konzeptionen des Wünschenswerten – Was Städte über die Zukunft wissen sollten. Erschienen im Czernin Verlag und bei SpringerWienNewYork.www.graz-reininghaus.com

Perspektivenwechsel

Nicht Städteplaner und Architekten, sondern 32 Grazerinnen und Grazer unterschiedlicher beruflicher Herkunft und deren Gesprächspart-ner aus den verschiedensten Lebensbereichen im In- und Ausland begaben sich 2006 auf die Suche nach wünschenswerten Konzeptionen für zukünftiges urbanes Leben, Arbeiten und Lernen. Das Ergebnis waren demnach auch keine Pläne und Zeichnungen, sondern ein Buch. Und ein Netzwerk von Eigenschaften.

Der Entwicklungsprozess von Graz-Reining-haus hatte damit seine ersten grundlegenden inhaltlichen Orientierungslinien, die in der Fol-ge in fünf zentralen Standpunkten von Asset One manifestiert wurden. Demnach soll Graz-Reininghaus ein vollwertiges und gemischt genutztes Stadtzentrum werden, das unter der inhaltlichen Führung von Asset One schon aufgrund des einzigartigen Entwicklungspro-zesses als eigenständige Marke eindeutig zu erkennen sein wird. Um dieses ambitionierte Ziel zu erreichen, hat kleboth lindinger partners eine Prozessarchitektur entworfen, in deren Rah-men der Weg vom Denkbaren zum Möglichen konsequent und transparent beschritten wird. Das komplexe Thema Stadtentwicklung wird dabei von Experten aus verschiedenen Diszi -plinen vertieft und Perspektiven zu den The men Grün- und Freiraum, Stadtszenarien, Nutzungs-vielfalt, Mobilität, Energie und Wohnen werden entwickelt. Zudem werden zentrale Aspekte des Lebens in einer Stadt der Zukunft aus der soziokulturellen Perspektive heraus formuliert und bearbeitet. All dies sind Themen, innerhalb derer Graz-Reininghaus konsequent weitergedacht wird und aus denen ein erstes, noch stark abstraktes Stadtmodell des zukünf-tigen Stadtteils von Graz entstehen wird.

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13Die Reininghaus-Methode

Ein Stadtzentrum im Grazer Westen

1Vielfalt durch Urbanität

2Der Prozess als Qualität

4Asset One als Impulsgeber

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Graz-Reininghaus als Marke

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Perspektiven der Entwicklung von Graz-Reininghaus

NutzungsvielfaltStadtszenarienGrün- und FreiraumMobilität EnergieNext City

Perspektive Stadtszenarien

Joan Busquets, Andres Duany, Erick van Eger-aat, Vittorio Magnago Lampugnani, Dietmar Leyk, Philipp Oswalt, Kazunari Sakamoto und Dirk Baecker im Gespräch mit Andreas Kleboth und Max Rieder auf der Spur von städtebau-lichen Möglichkeiten für Graz-Reininghaus … im Rahmen von Interviews an den Bürostand-orten der genannten Konsulenten in Berlin, Zürich, Rotterdam, Tokyo, Miami, Barcelona und Friedrichshafen und bei einem zweitägigen Symposium in Graz wurden vielfältige Themen aus dem Bereich des Städtebaus aufgezeigt, erörtert und nebeneinandergestellt. Durch intensives Betrachten einzelner Themen wie Startpunkt, Wachstum und Plan-barkeit von Stadtteilen, Herstellen von Wertbe-ständigkeit und Kommunizierbarkeit städtischer Optionen entstand ein umfassendes Bild für entscheidende Fragen einer Stadtentwicklung des 21. Jahrhunderts. Ganz bewusst ging es dabei vorrangig darum, Potenziale aufzuzeigen, ohne bestimmte Themen festzuschreiben.Eine ausführliche Publikation zum Thema

„Stadtszenarien für Graz-Reininghaus“ liegt vor.

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15Die Reininghaus-Methode

Perspektive Grün- und Freiraum

Bilder des Frei- und Grünraums als erste kon-kretisierte Bilder eines Stadtteils, das war die Idee. Also wurden sieben europäische Land-schaftsarchitekturbüros aus Graz, Wien, Meran, Karlsruhe, Paris und Amsterdam eingeladen, Vorschläge für den Freiraum in Graz-Reining-haus zu machen. Ganz bewusst nicht als Wett-bewerb gedacht, sondern als Sammlung von Ideen und Anregungen.

Die eingebrachten Vorschläge waren vielfältig und reizvoll: Sie reichten von kleinen Interven-tionen wie einem Giraffengehege im beste-henden Malzsilo über eine Sichtbarmachung der bestehenden Quellen durch Fontänen und Trinkhäuser bis hin zu gesamthaften Lösungen wie etwa einem Central Park in der Mitte von Graz-Reininghaus. In einem zweitägigen Symposium waren alle sieben Landschaftsarchitekten am 24./25. Juni 2008 in Graz-Reininghaus und diskutierten dabei gemeinsam mit Vertretern der Stadt Graz grundlegend und intensiv wesentliche Fragen der Freiraumplanung. In einer Abendveranstaltung wurden die Ent-würfe auch öffentlich diskutiert. Eine aus-führliche Publikation zum Thema „Grün- und Freiraum für Graz-Reininghaus“ liegt vor.

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Perspektive Mobilität

Mobilität ist eines der Kernthemen für eine langfristige Standortentwicklung. Einerseits sind einfache Erreichbarkeit und optimale Anbindung an überregionale Wegenetze un-abdingbare Bedingungen jedes erfolgreichen Immobilienprojekts. Andererseits stellt die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum einen wesentlichen weichen Standortfaktor dar. Zudem greift das Thema Mobilität in einem Stadtteil elementar in den Alltag von Bewoh-nern und Passanten ein. Ein derart großes Betrachtungsgebiet wie Graz-Reininghaus bietet besondere Chancen, das Mobilitätsver-halten der Menschen grundlegend zu ändern. Hierfür zwei Beispiele: 1. Wenn ein einzelnes „autofreies“ Wohnhaus errichtet wird, bleiben für die Bewohner durch den Transitverkehr trotz allem noch die üblichen Belastungen des motori-sierten Verkehrs. Denkt man aber das Modell innerhalb eines ganzen Stadtteils durch, so summieren sich die Vorteile: Kein Autolärm, maximale Verkehrssicherheit für Fußgänger auf den Straßen und die Gestaltung des Straßen-querschnitts folgt verstärkt den Anforderungen der Aufenthaltsqualität. 2. Steht das Auto nicht direkt unter den jeweiligen Wohnhäusern, sondern in zen-tralen Sammelgaragen, können sich vielfältige Perspektiven ergeben: Die scheinbar zwangs-weise Koppelung von Wohnung und Parkplatz wird aufgehoben, dadurch wird Wohnraum billiger. Öffentliche Verkehrsmittel sind gleich gut oder besser erreichbar als die privaten Autos, dadurch erhöht sich die Akzeptanz des öffentlichen Personennahverkehrs.

Und schließlich führt die vermehrte Benutzung des öffentlichen Raums zu mehr Sozialkontakten und zur Aktivierung der Sockelzonen, wo Geschäfte in fußläufiger Umgebung entstehen können. Die Perspektive ‚Mobilität’ wird im Zeit-raum April bis Dezember 2008 bearbeitet. Die Ergebnisse werden anschließend in der vor lie-genden Dokumentationsreihe zusammengefasst.

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17Die Reininghaus-Methode

Perspektive Energie

Es ist das hochgesteckte Ziel zukunftsorien-tierter Stadtentwicklungen, „energieneutral“ zu sein. Das heißt, der Betrieb des Stadtteils erfolgt ohne externe Energie (Elektrizität, Gas, Öl usw.), vielmehr wird die benötigte Energie in bzw. an den Häusern selbst erzeugt, meist durch Solaranlagen, Solarzellen, Erdwärme, Grundwasser etc. Zusätzlich wird auch jene Energie, die in die Herstellung und Entsorgung der Bauwerke investiert wurde (graue Energie), innerhalb des Lebenszyklus erwirtschaftet. Wie eine derartige saubere Vision für Graz-Reininghaus Wirklichkeit werden kann, wird in dieser Perspektive geklärt. Dabei geht es einerseits um die technisch sinnvolle Mach-barkeit solcher Vorhaben und andererseits um das Aufzeigen von Verwertungschancen der Immobilien. Besonders spannend erscheint dabei, welche Synergien sich durch die ganzheitliche Betrachtung der Energiebilanz eines ganzen Stadtteils ergeben. Denn gerade unterschied-liche Funktionen und Nutzungszeiten bergen überraschende Möglichkeiten, wenn die Ab-wärme des einen Gebäudes zum Heizen des nächsten dient, wenn Büros blendfrei nach Norden und Wohnungen zur Sonne orientiert sind und wenn darüber hinaus Wege des täg-lichen Bedarfs fußläufig in Graz-Reininghaus stattfinden.

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Perspektive Next City

Wie man „Stadt“ im Rahmen der absehbaren Veränderungen unserer Gesellschaft denken kann, ist Gegenstand der stadtsoziologischen Perspektive, die im Projekt Graz-Reininghaus unter der Überschrift „Next City“ bearbeitet wird. Durch Forschungskooperationen u. a. mit der Zeppelin University Friedrichshafen und unter Einbindung internationaler Experten werden all die relevanten gesellschaftlichen Fragestellungen aufgegriffen, die sich mit dem Übergang der modernen Gesellschaft in eine post-moderne Weltgesellschaft für die Ent-wicklung urbaner Räume ergeben. Dabei steht insbesondere die Neubewertung der Frage nach Heimat und Verortung des Menschen in Zeiten globaler, zunehmend virtueller Lebens-zusammenhänge im Mittelpunkt. Die Ergeb-nisse dieses Arbeitsprozesses werden in Form eines „stadtsoziologischen Pflichtenhefts“ zusammengefasst, in dem Überlegungen und Anforderungen an eine „Nächste Stadt“ am konkreten Beispiel von Graz-Reininghaus durchdekliniert und festgehalten werden. Ein dreitägiges Symposium zum Thema fand vom 13. bis 15. November 2008 in Graz- Reininghaus statt.

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19Die Reininghaus-Methode

Ausblick: Stadtmodell Reininghaus

In diesem kommenden Prozessschritt werden die bisher gesammelten Inspirationen, Ideen und Perspektiven erstmals gebündelt und materialisiert. Dies wird in Form von sogenann-ten „Stadtmodellen“ geschehen, die man als abstrahierte Verräumlichungen interdisziplinär gedachter Stadtideen verstehen kann. Sie sind die umfassende Materialisierung der vielfälti-gen Überlegungen für Graz-Reininghaus, die Übersetzung wünschenswerter Eigenschaften aus unterschiedlichen Disziplinen in ein auch grafisch dargestelltes Stadtmodell. Die Konzeption der Stadtmodelle wird stark geprägt sein von Wissen, Erfahrung und von Erkenntnissen aus dem bisherigen Pro-zess. Darauf aufbauend werden sich wiederum durch die subjektive Wahrnehmung geprägte, kreativ-individualistische Lösungsvorschläge ergeben. Die Varianten dieser „Stadtmodelle“ werden ein Spektrum an prinzipiellen Möglich-keiten für Graz-Reininghaus liefern und so Rich-tungsentscheidungen für die weitere Entwick-lung erleichtern. Ihnen folgen intensive Diskus-sionen, Evaluierungen durch externe Experten, Kommentare und Kritik – danach wird aus den vorgelegten Varianten eine ausgewählt. Diese wird dann zum „Stadtmodell Reininghaus“.

Das „Stadtmodell Reininghaus“ wird zum Haltegriff, Schrittmacher und Gradmesser für alle weiteren Umsetzungsmaßnahmen von Graz-Reininghaus. Erst danach werden die herkömmlichen Entwicklungs- und Planungs-schritte, wie Bebauungsplanung, Projekt-planung usw., zum Einsatz kommen – auf dem höchst ambitionierten Weg zu einem

„normal funktionierenden Stadtteil des 21. Jahrhunderts”.

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Das Areal Graz-Reininghaus >>

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Graz-Reininghaus

Im Westen von Graz liegt, nur 1.800 Meter vom historischen Stadtzentrum entfernt, das 545.786 Quadratmeter große Areal der ehe-maligen Brauerei Reininghaus. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um eine große, durch charakteristische Pappelhaine strukturierte Grünfläche mit einigen Industriegebäuden als Altbestand. De facto ist Graz-Reininghaus zurzeit ein weißer Fleck auf dem Stadtplan.

In der Ruhe liegt heute die Kraft Die erste bekannte Nutzung des Gebiets war der Weinbau, von den nach Südosten ausge-richteten Lagen des Plabutsch bis weit in die Ebene hinein. Unter den Römern kam zur be-stehenden, in Nord-Süd-Richtung führenden Straße eine West-Ost-Achse hinzu. An der Kreuzung dieser beiden Verkehrswege wurzelt Graz-Reininghaus: 1361 erweiterte Graz sein Stadtgebiet nach Westen über die Mur bis zur alten Poststraße, um von dem an Graz vorbei fließenden Alpen-Adria-Verkehr Maut einheben zu können. Dem Mauthaus folgte eine Gast-wirtschaft und 1669 erhielt ihr Besitzer vom Fürsten zu Eggenberg die Erlaubnis für die Er-richtung einer Brauerei. 1853 erwarben Johann Peter und Therese Reininghaus das Mauthaus samt Brauerei und 45 Hektar Land. Ein idealer Zeitpunkt: Die Brachen und ehemaligen Militärflächen vor den inzwischen geschleiften Befestigungen der Stadt waren leicht verfügbar. Die Monarchie wurde von der Industrialisierung erfasst, im Brauwesen ermöglichten innovative Verfahren neue Dimen sionen der Bier-Produktion und die auf-kommende Eisenbahn bot ungeahnte logisti-sche Vorteile.

Das Areal Graz-Reininghaus

Der Boom der Gründerzeit hat Folgen: Graz wächst 1850-1910 von 56.220 auf 151.781 Einwohner. Zur industriellen Nutzung kommt im Grazer Westen die Bebauung mit Häusern, Wohnungen und Kleingärten. Die Marktge-meinde Eggenberg wird zum Villen viertel und zur Arbeitervorstadt. Reininghaus investiert – durchaus auch im Eigeninteresse – in kommu-nale Infrastruktur, so verbinden bereits 1901 zwei Straßenbahnlinien die Grazer Altstadt mit dem Reininghaus’schen Landbesitz in den westlichen Bezirken. Auch die Stadt erkennt das neue Zeit-alter. Der 1892 vom Grazer Gemeinderat verabschiedete Generalbebauungsplan antizi-piert einen Zeitraum von 50 bis 100 Jahren und definiert schon damals Grünraum als Kennzeichen von Graz. Dieser Masterplan bezog bereits Randgemeinden wie Eggenberg mit ein, die 1938 – wenn auch unter voll-kommen anderen Vorzeichen – in Groß-Graz integriert wurden. Nach 1945 wird es ruhig in Reining-haus. Die im Krieg unterbrochene Bierproduk-tion wird nach Puntigam verlagert, Ländereien und Gebäude werden verpachtet und die freien Flächen bis heute landwirtschaftlich genutzt. Eine Ruhe, die – noch – andauert. Erste Anzeichen für eine Belebung in Graz-Reininghaus sind aber schon spürbar. So gibt es bereits einige innovative Unterneh-men und auch zarte Pflänzchen einer Nutzungsmischung: Kinderhort und Kinder-garten befinden sich hier, weiters Forschungs-betriebe wie SFG-Graz West, Roche Diagnostics und das Internet Startup-Center Graz, aber auch produzierende Betriebe wie die Stamag und die Druckerei DMS haben sich hier angesiedelt.

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23Das Areal Graz-Reininghaus

Helmut-List-Halle

FH Joanneum

Baumarkt Hellweg

AVL

+DiTEST

Siemens

Graz-Köflacher Bahnhof

Kormann Baustoffe

Marienhütte

Roche Diagnostics

Don Bosco

Hauptbahnhof

Größere Unternehmen, Einrichtungen und Institutionen in unmit-telbarer und mittelbarer Nachbarschaft:

Richtung Nordenund Nordosten:· Fachhochschule Joanneum· AVL List Skills Center & Academy· DiTEST· Siemens Transportation Österreich· Graz-Köflacher Bahnhof· Graz Hauptbahnhof· Helmut-List-Halle· Baumarkt Hellweg

Richtung Ostenund Südosten:· Roche Diagnostics Austria· Marienhütte Stahl- und Walzwerk· Kormann Baustoffe· Nahverkehrsknoten Don Bosco

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Historische Entwicklung des Gebiets

14. Jahrhundert

Die Stadt Graz errichtet ein Mauthaus im Grazer Steinfeld am Kreuzungspunkt der Ost-West- und Nord-Süd-Routen, die bereits in der Römerzeit bekannt waren.

16. Jahrhundert

Ein neues Mauthaus entsteht an der Stelle, wo sich heute das Restaurant Reininghaus befindet.

1853

Der aus Westfalen stammende Johann Peter Reininghaus und seine Frau Therese Mautner Markhof kaufen das Mauthaus und das dazuge-hörige Areal.

1855

Johann Peter und sein Bruder Julius Reining-haus gründen die Firma „Brüder Reininghaus“. Sie bauen die erste mit Dampf betriebene Brauerei der Steiermark und melden mehrere Patente für Brauereigeräte an. In den kommen-den Jahrzehnten werden Eisteiche angelegt, ein Kanal zur Mur gegraben und ein Sportplatz angelegt, der heute noch existiert.

1882

Anschluss des Geländes an die Südbahn.

1892

Die Brauerei zählt 700 Mitarbeiter und ist damit die fünftgrößte der Monarchie. Die Brü-der Reininghaus beteiligen sich an der Grün-dung der Grazer Tramwaygesellschaft, am Elektrizitätswerk in Lebring und am Bau der Schlossbergbahn.

Im Grazer Gemeinderat wird der „General-bebauungsplan 1892 der Stadt Graz mit allen Teilen als Rahmenentwurf für die bauliche Ent-wicklung der Stadt in den nächsten 50 – 100 Jahren“ beschlossen. Der bürgerliche Hausbau und die Betonung von Grünräumen als Teil der städtischen Wohlfahrt sind zwei markante Kennzeichen dieses Beschlusses. Die Marktgemeinde und Arbeiter-vorstadt Eggenberg hat ein eigenes Rathaus, ein Bauamt, ein Volksbad und 68 Gemischt-warenhandlungen.

1900 und 1901

werden zwei Straßenbahnlinien in den Grazer Westen eröffnet. Der Landbesitz der Brüder Reininghaus reicht bis zum heutigen Weblinger Gürtel.

Nach 1918

Die Förderung des Kleinwohnungsbaus führt in den Stadtrandgebieten von Graz zum Bau zahlreicher Einzelhäuser mit Gartenanteil. Karl Hoffmann ortet in dieser Tendenz 1928 eine fehlende „notwendige Zusammenfassung zur städtebaulich befriedigenden Einheit“ und schlägt eine nutzungsbezogene Gebiets-aufteilung vor, die in ihrer Funktionsaufteilung bereits die Richtung späterer Flächenwid-mungspläne einschlägt und auch auf die Nachbargemeinden von Graz Bedacht nimmt.

1938

Eggenberg, Wetzelsdorf und weitere Gemein-den westlich der Südbahn werden eingemein-det. Graz erreicht damit seine noch heute gültige Ausdehnung.

1939

Emigration der Familie Reininghaus.

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Page 27: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

25Das Areal Graz-Reininghaus 25Das Areal Graz-Reininghaus

Das Arealund seine Umgebung1) Jüdischer Friedhof2) Gründerzentrum3) WIKI Kindergarten4) Stamag Mälzereiturm 5) Einfamilienhaussiedlung6) Graz-Köflacher Bahn

3

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Die Brauerei Reininghaus im Jahr 1908

Reininghaus war einer der Pioniere der Industrialisie-rung im Brauwesen

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27Das Areal Graz-Reininghaus

1941

NS-Pläne sehen vor, Graz zum „Bollwerk gegen Südosten“ mit Platz für 300.000 bis 400.000 Einwohner samt überdimensionalen Stadtachsen und Aufmarschplätzen auszu-bauen. Von diesen NS-Plänen werden lediglich einige Wohnbauten in der Nähe des Zentral-friedhofs realisiert.

1944 /1945

Die Brauerei Reininghaus wird mit der Brauerei Puntigam zwangsfusioniert. Auf dem Reining-haus-Gelände wird unterirdisch Kriegsgerät produziert. Die Brauerei wird mehrmals Opfer von Bombenangriffen und ist bei Kriegsende stark beschädigt.

1946 /47

Die Familie Reininghaus kehrt aus dem Exil zurück. Die Bierproduktion wird nach Puntigam verlegt.

1948

Städtebauliche Planung für Graz durch Bleich-Ehrenberger-Gallowitsch, die sich an den Prinzipien der Moderne und an Le Corbusiers

„offener Stadt“ orientiert. Entwurf eines auf die Topographie abgestimmten Planes für die Festlegung von hochhausfreien Zonen.

1960er-Jahre

Der Generalverkehrsplan widmet sich der Erschließung der ganzen Stadt für den Auto-verkehr. Der Plan, die Nord-Süd-Verkehrsachse des Fernverkehrs durch Eggenberg zu leiten und mehrere Anbindungen ins Zentrum zu schaffen, wird von Bürgerinitiativen verhindert. Die Umfahrung von Graz durch den Plabutsch-tunnel gilt als Alternativvariante.

1975, 1982, 1992

Die Flächennutzungs- bzw. Flächenwidmungs-planung der Stadt Graz nimmt immer stärker die Position der örtlichen Raumordnung ein. Schwerpunkte sind die Begrenzung des Bau-landverbrauchs, das Abblocken von aus dem Rahmen fallenden Vorhaben sowie bewahren-de Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesse-rung der Lebensqualität.

1995 – 1999

Im Rahmen des EU-Programms URBAN I erfolgt 1997 die Ansiedlung der FH Joanneum an der Kreuzung Eggenberger Allee/Alte Poststraße als Impuls für die Aufwertung des Grazer Westens.

1997

Übernahme der Steirerbrau AG durch die Brau Union.

2001 – 2005

Im Rahmen von URBAN II werden u. a. der Bau der Helmut-List-Halle beschlossen und der Ausbau des FH-Campus Graz-West. Unterstützt werden der Bau der Unterführung Graz-Köflacher Bahn in der Alten Poststraße, die Einrichtung des Start-up-Centers im „Busi-nesspark Reininghaus“ sowie weitere Projekte zur städtebaulichen Entwicklung von Graz- West.

2003

Heineken erwirbt die Aktien der Brau Union.

2005

Asset One erwirbt das Gelände von Graz-Reininghaus.

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Page 31: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

Perspektive Nutzungsvielfalt >>

Page 32: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

Wenn man weiters davon ausgeht, dass funk-tionierende Nutzungsvielfalt auch aus Gründen der Risikominimierung in der Verwertung häufig gesucht aber nur ganz selten gefunden wird, dann ist es sinnvoll, eingehend darüber nachzudenken, welche Voraussetzungen in rechtlicher, wirtschaftlicher und gesellschaftli-cher Hinsicht dafür zu schaffen sind – und wie auch das Marketing für den Standort allenfalls neu und anders zu denken ist. Vielleicht ste-hen die Weichen in unserer Gesellschaft zur Zeit nicht auf ‚selbstverständliche Nutzungs-vielfalt’ – dann besteht in Graz-Reininghaus die Chance, sie neu zu stellen. In der Folge lassen sich aus den Ergebnissen dieses Nachdenkprozesses neue Qualitäten für Bewohner und Benutzer ablei-ten. Übergeordnetes Ziel für Graz-Reininghaus ist jedenfalls ein ‚Sowohl-als-auch’ anstelle eines ‚Entweder-Oder’: Sowohl arbeiten als auch die Frühlingssonne genießen, sowohl Kinder als auch Karriere und sowohl Beruf als auch Familie.

Ziel

Im Rahmen des Projekts Graz-Reininghaus dient die fachliche Auseinandersetzung mit der Nutzungsvielfalt im städtischen Raum dazu, ein breites Spektrum an Möglichkeiten aufzu-zeigen. Statt einer Einzellösung werden die herausragenden Modelle der urbanen Durch-mischung dargestellt, zusammen mit ihren jeweiligen Vorteilen und mit der entsprechenden Plan- bzw. Umsetzbarkeit. Durch diese Ausar-beitung soll in Graz-Reininghaus städtische Viel-falt von Anfang an gewähr leistet werden können.

30

Ansatz

Im Sinne eines vielfältigen, bunten Stadtteils Graz-Reininghaus erscheint eine funktionale und soziale Durchmischung unumgänglich. Die klassische urbane Nutzungsmi-schung – Geschäfte im Erdgeschoß, darüber Büros und Wohnungen – wird nicht mehr allen Anforderungen künftiger Nutzer gerecht wer-den. In Graz-Reininghaus sollen die vielfältigen Facetten des Alltags – Wohnen und Arbeiten, Einkaufen und Freizeit, Kinder genau so wie Altenbetreuung, aber auch Bildung, Ruhen und Kommunikation – zunächst umfassend neu gedacht und anschließend unter besonderer Berücksichtigung der räumlichen Konzentrati-on neu komponiert werden. Der Wunsch nach einem neuen Miteinander erfordert für Graz-Reininghaus eine noch intensivere Auseinan-dersetzung mit den Anforderungen an die Nutzungsmischung als es bisher üblich war.

Perspektive Nutzungsvielfalt

Rechte Seite Die Diskussionsrunde

Ausblick in die Stadt

Page 33: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

31Perspektive Nutzungsvielfalt

Methode

Um ein möglichst vollständiges Bild von den Modellen der Nutzungsvielfalt zu erhalten,wurden Konsulenten aus unterschied lichen Wissensbereichen, mit vielfältiger Erfahrung und aus einem breit gefächerten räum lichen Umfeld in diesen Prozess ein gebunden. Sie sollten in Folge die Nutzungs mischung hin sichtlich der folgenden drei Aspekte be-trach ten:

1) Bau und Recht2) Funktion3) Gesellschaft/Sozialwissenschaft

Bei der Auswahl der ebenfalls beigezogenen Diskussionsgäste war es hingegen wichtig, dass diese mit der Stadt Graz bzw. mit den Bezirken im Westen der Stadt vertraut sind. Zudem sollten sie die Notwendigkeit mittragen können, dass bei der Entwicklung eines leben-digen Stadtteils Graz-Reininghaus eine inno-vative Herangehensweise erforderlich ist. Die Konsulenten Wolfgang Amann, Christoph Chorherr und Raimund Gutmann referierten zunächst über ihre Arbeitsgebiete und Erfahrungen. Anschließend trugen sie jeweils ihre Thesen zur Nutzungsvielfalt vor.An der nachfolgenden Diskussion, moderiert von Wojciech Czaja, Der Standard, nahmen dann auch die eingeladenen Gäste Jutta Kleedorfer, Michael Klees und Christian Krainer teil, weiters Vertreter von Asset One und von kleboth lindinger partners. In dieser Runde wurden Möglichkeiten und Varianten, aber auch Bedingungen und Planbarkeit von Nutzungs- vielfalt in aller Tiefe erörtert.

Page 34: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus
Page 35: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

Die Konsulenten >>

Page 36: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

Wolfgang Amann arbeitet in seinem Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen auch als Bauträger in der Projektent-wicklung. Als Koordinator der Arbeitsgruppe „Legal aspects of building, land and planning“ des European Network for Housing Research (ENHR) und als Mitglied des UNO-Beratungs-gremiums “Real Estate Market Advisory Group” liegt sein Forschungsschwerpunkt im interdisziplinären Zugang zu ökonomischen, rechtlichen, politischen und ökologischen Aspekten des Wohnungs-, Bau- und Immobilienwesens.Im Hinblick auf die Nutzungs-vielfalt weist er einerseits auf ihre vielfältigen Aspekte hin (ökonomisch, sozial, politisch u.a.m.) aber auch auf die notwendige Zusam-menarbeit von Privaten und öffentlicher Hand.

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„Nutzungsvielfalt als Selbstzweck allein ist zu wenig. Wichtig ist die strategi-sche Entwicklung im Prozess. Im End-effekt funktioniert Nutzungsvielfalt als ökonomisches Prinzip nur dann, wenn sie auch tatsächlich ökonomisch renta-bel ist.“

„Nutzungsvielfalt muss mehrere Aspekte gleichermaßen berücksichtigen: ökono mische, ökologische, soziale und politische.“

„Der öffentliche Raum ist offen, das ist der Ort, wo sich Menschen treffen. Öffentliche Räume müssen daher bespielt werden. Es gibt viele Arten der Öffentlichkeit – die eigene Öffentlichkeit kann man sich in jedem Falle aus-suchen. Die Aneignung von Flächen ist jedoch allgegenwärtig.“

„Die Organisation unserer Städte hat sich verändert. Es gibt heute weitaus mehr Verkehr und die Komplexität der Verkehrswege wird auch weiterhin zunehmen. Aber auch die Organisati-onseinheiten haben sich vergrößert: Früher war die Stadt von Einzelhandels-betrieben geprägt, heute dominieren multinationale Konzerne.“

„Wenn eine Marke nach einiger Zeit im plodiert, beispielsweise weil die PR-Arbeit nachgelassen hat, dann kann sie im Endeffekt mehr zerstören als sie am Anfang womöglich genutzt hat.“

Dr. Wolfgang Amann 1989 – 1991 Journalismus und Publizistik in Städtebau, Immobilien, Recht, Kultur

1991 – 1994 Synthesis Forschungsgesellschaft

1994 Gründung von Büro Amann – forschungsorien-tierte Dienstleistungen im Immobilienbereich

1997 – 2005 Geschäftsführer der FGW – Forschungsge-sellschaft für Wohnen, Bau-en und Planen

2005 Erwerb der IIBW GmbH – Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen (www.iibw.at).

Dr. Wolfgang Amann

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Mag. Christoph Chorherr

Obwohl die meisten seiner Projekte den städtischen Wohnbau betreffen, können die Herangehensweisen durchaus auch auf die Gestaltung durchmischter Stadtquartiere umgelegt werden (z.B. Abänderung der Bauordnung, um Kin-derspielplätze als notwendig festzulegen – statt, wie üb-lich, die Autoabstellplätze).

Christoph Chorherr vertritt weiters die Ansicht, dass intensivere Nutzungsvielfalt vor allem durch neue For-men von Eigentumsverhält-nissen, durch die Schaffung neuer Rechtsverhältnisse und Regulative und durch bessere Erdgeschoßnutzung gefördert werden kann. Er sieht hinter allen Bemühun-gen der heutigen Planer den unverändert großen Wunsch nach einer modernen Re- Definition der „alten mittel-europäischen Stadt“.

Mag. Christoph ChorherrStudium der Volkswirt-schafts lehre an der Wirt-schafts universität Wien (WU)

Seit 1987 Lektor an der WU, Lehraufträge an der Universität Wien und der Technischen Universität Wien

1991 – 1997 Geschäftsführer von Chorherr & ReiterÖkologische Bauprojekte

Gründer des Ithuba Skills College in Südafrika(www.ithuba.org)

Christoph Chorherr ist Bauträger und (Mit-)Initiator von Wohnprojekten wie bike city und swim&bike. Deren Schwerpunkte sind ökologische Nachhaltigkeit, flexible Wohneinheiten für neue Familienstrukturen und Themenwohnen (Haus-gemeinschaften von Frauen, Radfahrern oder von ganz jungen Menschen).

„Es gibt einen riesigen Trend zu verzeichnen. Die Freizeit der Menschen nimmt kontinuierlich zu. Es gibt nicht mehr nur Arbeit und nur Wohnen, sondern auch Freizeit – und im Bildungs-bürgertum ist das vor allem der Sport. Sporteln ist in Reininghaus möglich, da zu ist das Areal groß genug.“

„Bildung boomt wie wild. Hier muss man ein großes Programm anbieten können. Das reicht von einer Volkshochschule bis hin zu WIFI und zu Yoga-Kursen. Die Bildungseinrichtungen, die sich hier in zehn Jahren einmieten werden wollen, kennen wir heute noch nicht. Vielleicht gibt es die heute noch gar nicht!“

„Wie werden wir in Zukunft Arbeiten und Wohnen kombinieren? Tatsache ist: Viele Leute haben heute kein Büro mehr. Wir brauchen mehr Third Places. In San Francisco funktionieren diese Third Places, die über Wohnung und Arbeits-stätte hinausgehen, perfekt. Das Einzige, was Sie dazu benötigen, ist Wireless LAN.“

„Wir wissen nicht, was in zehn Jahren sein wird. Wir können daher nur flexibel reagieren und vorsorgen. Man muss zum gegebenen Zeitpunkt so weit sein, dass man den Leuten Flächen, die für sie passend sind, prompt zur Verfügung stellen kann.“

„Es ist wichtig, möglichst lange nichts zu zeichnen, sondern nur zu diskutieren, wie man die Vorteile der europäischen Stadt retten und was man sich davon ab schauen kann.“

Die Konsulenten 35

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Als Sozialwissenschaftler begleitet Raimund Gutmann Bauprojekte (Stadtentwick-lungsprojekte, Wohnbaupro-jekte u.a.m) und vermittelt zwischen Stadt, Bauträgern und Sozialen Diensten, um das Zusammenspiel von sozialer Durchmischung und funktionierendem Ge-meinwesen zu verbessern.Er ist davon überzeugt, dass gemischte Stadtquartiere, in denen Arbeiten und Wohnen ideal verbunden sind, vor allem durch kleinteilige sozialplanerische Inszenie-rungen, durch die Förde-rung wohnungsnaher Ser-viceangebote sowie durch begleitende Prozesssteue-rung (Quartiersmanage-ment) entstehen können.

Dr. Raimund GutmannSozialwissenschaftler, Ei-gentümer und Institutsleiter von wohnbund:consult - Büro für Stadt.Raum.Ent-wicklung (www.wohnbund.at).

Studium der Politikwissen-schaft und Publizistik an der Universität Salzburg mit dem Schwerpunkt Bürger-beteiligung in der Stadtent-wicklung, Mitbegründer und langjähriger Leiter des Ins-tituts für Alltagskultur in Salzburg, 1990 Gründung wohnbund:consult, seit 1993 Leiter des Österreichischen Wohnbunds.

Durchführung zahlreicher Studien und Forschungspro-jekte im Auftrag von Bund, Ländern, Kommunen und Wohnbauträgern, Mitglied im Management Committee des EU-Forschungspro-gramms COST-C20 „Urban Knowledge Arena“.

„Oft kommt ein neues Stadtviertel ohne Quartiersmanagement nicht mehr aus. Das ist ein spezifisches Aufgabenfeld, um die Bewohner anzusprechen. Die Be treuungsarten reichen hier von Quar-tiers-Coaching über Gebietsbetreuung bis hin zu Sozialarbeit und Bewohner-service.“

„Verkauft werden immer seltener Produkte sondern immer öfter Wunscherfüllungen von Kunden.“

„Die Berücksichtigung zukünftiger Wohn-trends und neues Service rund ums Wohnen leisten einen wichtigen Beitrag zur feinkörnigen Nutzungsvielfalt.“

„Das schwierige Ziel der Balanced Community kann nur durch bewusste soziale Inszenierung erreicht werden.“

„Die Kindheit wird immer kürzer, die Jugend- und Ausbildungsphase wird dagegen immer länger. Viele Menschen machen in der Mitte ihres Lebens eine Rush Hour durch – der Ruhestand ist dann zumeist ein Un-Ruhestand, denn die Leute sind in ihrer Pension viel aktiver und agiler als früher.“

Dr. Raimund Gutmann

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Diskussionsgäste

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Von links nach rechts: Andreas Kleboth, Katharina Karoshi, Christoph Chorherr, Wolfgang Amann, Roland Koppensteiner, Raimund Gutmann

Michael Sammer, Wojciech Czaja

Cyrus Asreahan, Christian Krainer, Andreas Kleboth,Helmut Koch

Die Konsulenten

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DI Jutta Kleedorfer, Stadt Wien

Dipl.-Ing. Jutta Kleedorfer ist Projektkoordina-torin der ‚Einfach-Mehrfach’-Initiative der Stadt Wien. Ihr Aufgabenbereich beinhaltet die Ent -wicklung von Prinzipien zur Erweiterung von

„Spielräumen“ in der Stadt. Mittels Mehr fach-nutzungen (überwiegend stadteigene Areale) oder durch Zwischennutzungen (oft auch private Grundeigentümer) werden Lösungen für lokale oder temporäre Engpässe in der freizeitorien-tierten Infrastrukturversorgung erarbeitet. Das strategische ‚Einfach-Mehrfach’-Projekt agiert weder mit großen Fördertöpfen noch mit Weisungsrechten, sondern alleine mit partizipativen Ansätzen und anwaltlicher Ver-netz ungskompetenz.

„Im Angebot von Freizeit und Sport ist es wichtig, Indoor- und Outdoor-Aktivitäten miteinander zu kombinieren. Ein Innen -raum kann alles Mögliche sein, er kann sehr provisorisch sein, aber irgendeine Art von Innenraum muss es geben.“

Diskussionsgäste

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DI Dr. Michael Klees M.A.L.D, Rektor der FH Joanneum

Michael Klees arbeitet seit 1. Juli 2007 als Rektor der FH JOANNEUM in unmittelbarer Nach barschaft von Graz-Reininghaus. Der ge-bürtige Saarbrückener verbrachte 17 Jahre im außereuropäischen Ausland und blickt auf eine internationale wissenschaftliche Karriere zu-rück. Nach Abschluss seines Studiums der Agrarökonomie an der Universität Bonn absol-vierte er an der Fletcher School of Law and Diplomacy der Tufts University in Boston (USA) das Studium der Internationalen Beziehungen (M.A.L.D.). Seit 2005 ist er auch Vizedekan der FH Kufstein.

„Urbanes Umfeld bedeutet nicht unbe-dingt Masse. Auf den ehemaligen Reininghaus-Gründen sehe ich Raum für junge Leute, die sich hier entfalten können. Es gibt alle Voraussetzungen für einen Universitäts- oder FH-Cam-pus. Denn meistens fehlen in universi-tären Einrichtungen Flächen zum Aus-toben. Hier wäre das möglich.“

Mag. Christian Krainer,Geschäftsführer der ÖWGES

Christian Krainer ist gemeinsam mit Gerhard Königsberger Geschäftsführer der 1974 gegründeten ÖWGES – Gemeinnützige Wohn-baugesellschaft mbH. Er übt diese Funktion in Personalunion mit der Geschäftsführung der 1950 gegründeten ÖWG – Österreichische Wohnbaugenossenschaft gemeinnützige registrierte Genossenschaft mbH aus. ÖWG und ÖWGES haben in den vergangenen fünf Jahrzehnten mehr als 27.000 Wohnungen errichtet. Die beiden Gesellschaften sind dabei in über 180 steirischen Gemeinden tätig geworden und haben darüber hinaus Kinder-gärten, Schulen, Studentenheime, Universi-tätsinstitute und Seniorenwohnhäuser gebaut.

„Wenn es den Kindern hier gefällt, dann kommt alles andere von allein. Kinder machen Stimmung, sie sind der wich-tigste Faktor, wenn es um Wohlfühlen und Zufriedenheit geht.“

Die Teilnehmer von links nach rechts: Helmut Koch, Jutta Kleedorfer, Bernhard Krusche, Roland Koppensteiner

Roland Koppensteiner,Michael Klees

Christian Krainer, Andreas Kleboth, Helmut Koch

39Die Konsulenten

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Aspekte der Nutzungsvielfalt >>

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Nutzungsvielfalt im urbanen Raum

Text: Wojciech Czaja, DER STANDARD

Immer wieder scheiterten große Vordenker an ihren städtebaulichen Visionen. Das öffent-liche Leben, so scheint es, lässt sich nicht in einen Rahmen pressen, der in wenigen Monaten geplant und in wenigen Jahren

gebaut wird. Diese Erfah-rung machte der französi-sche Revolutionsarchitekt Claude Nicolas Ledoux in der Salinenstadt Chaux genau so wie Le Corbusier in Chandigarrh, Oscar Niemeyer und Lucio Costa in Brasilia und Meinhard von Gerkan in Lingang bei Shanghai. Geplante Muster-städte wie diese reiht Wolf-gang Amann, Leiter des Instituts für Immobilien, Bauen und Wohnen, unter die so genannten zwangs-monotonen Städte. Sobald hier die Direktive nachlässt,

werden diese Städte vom Chaos und vom ganz normalen Alltag überwuchert. Dass das indische Chandigarrh und die brasilianische Hauptstadt bis heute überlebt haben, sei genau diesem Um stand zu verdanken. Noch viel fataler sind aber die Folgen des struktur-monotonen Städtebaus, wie er in den letzten Jahrzehnten auf der ganzen Welt mit zahl-losen Schlaf- und Wohnstädten praktiziert wird. Um diesem Schicksal zu entgehen, rollt der Immobilienentwickler Asset One die

Stadtplanung für die Reininghaus-Gründe in Graz von einer ganz anderen Seite auf: Anstatt einen Masterplaner zu bemühen, initiiert Asset One einen Denkprozess, bei dem nicht das Was, sondern das Wie und das Warum im Vordergrund stehen. Einhelliger Konsens aller Diskutanten eines Symposions zur Nutzungs-vielfalt in Graz-Reininghaus: Belebung kann man weder planen noch erzwingen – man kann nur rechtzeitig die nötige Infrastruktur schaffen, um möglichst spontan und flexibel auf die Bedürfnisse der Menschen reagieren zu können. „Wichtig ist die Widmung in Zeitab-schnitten. Die Vorsorge für spätere Nischen-produkte und Interessenten muss allerdings schon jetzt getroffen werden“, erklärt Amann. Dem Beispiel der Hafen-City Hamburg folgend, liegt das größte Potenzial für Graz-Reininghaus in der Erdgeschoßzone. Im Falle der Hafen-City verpflichteten sich die Investoren dazu, sämtliche Baukörper über einem fünf Meter hohen Erdgeschoß aufzubauen. Diese Maß -nahme ermöglicht höchste Flexibilität für alle Zeiten. Genau das sei der wunde Punkt in Österreich, stellt der Grün-Abgeordnete Chris-toph Chorherr fest. „Wohnbauträger mögen das Erdgeschoß nicht, denn sie können sich keinen guten, innovativen Umgang damit vor stellen. So wie bisher praktiziert, geht es jeden falls nicht. Denn 2,20 Meter hohe Erdge-schoße sind eher good places to run through denn good places to stay there.“ Chorherrs Forderung lautet daher: „Die ebenerdigen Zonen müssen höher, voll nutzbar und flexibler werden. Man muss die Bauträger dazu ver -pflichten, Erdgeschoße zu bauen, die unter allen Aspekten funktionstüchtig sind.“ Ein Anreiz dafür könnte sein, ihnen als Gegen leis-tung Bonuskubaturen anzubieten. Eine Möglichkeit, zur Erdgeschoß-nutzung anzuregen, bestünde darin, hier Ge schäfts lokale so billig wie möglich zur

Was eine Stadt in erster Linie benötigt, um zur Stadt zu werden, das ist Zeit.

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Verfügung zu stellen. Vor allem in der Start-phase eines Projekts sei dies die einzige Möglichkeit, Benutzung und Bespielung zu erreichen. Chorherr: „Und wenn es ein Nagel-studio ist, das da einzieht! Das Wichtigste ist, die Fläche zu nutzen. Wenn das Erdgeschoß funktioniert, ist ein Drittel des Projekts schon geglückt.“ Unterstützen ließe sich die Bele-bung dieser Zonen mittels Förderungen. Aller-ding müssten diese zeitlich beschränkt sein.

„Man muss zukunftsfähige Rechtsverhältnisse konstruieren, damit spätere Änderungen ohne große Probleme möglich sind – auch wenn das den derzeitigen Vorstellungen des Mieter-schutzes zuwiderläuft.“ Denkbar sei, zu diesem Zweck eigene Gesellschaften zu gründen, die sich einzig und allein um die Sockelzone kümmern. „An deren Spitze muss jedenfalls eine Person stehen, die Know-how hat und die kompetent ist. Ich denke da bei spiels-weise an eine Art Erdgeschoß-Inten danten.“ Doch nicht nur im Erdgeschoß, son dern auch innerhalb der gesamten horizon-talen und vertikalen Flächenbebauung müsse für Durchmischung gesorgt werden. „Graz- Reininghaus kann unmöglich ein reines Wohn-gebiet werden“, erklärt Wolfgang Amann, „es müssen gewerbliche Nutzungen zugeführt werden. Ich kann mir durchaus auch ein Tech-nologiezentrum in Koppelung mit der FH vor stellen.“ Michael Klees, Rektor der FH Joanneum, kann dem nur beipflichten: „Auf den ehemaligen Reininghaus-Gründen sehe ich Raum für junge Leute, die sich hier ent -falten können. Es gibt alle Voraussetzungen für einen Universitäts- oder FH-Campus. Denn meistens fehlen in universitären Einrichtungen Flächen zum Austoben. Hier wäre das mög lich.“ Zu berücksichtigen ist auch, dass die Grenzen zwischen Wohnen und Arbeiten zunehmend verschwimmen. Viele Menschen arbeiten heute bereits ohne fixes Büro – sie halten sich vorzugsweise an so genannten Third Places (nach Ray Oldenburg) auf, also an

Orten außerhalb ihres Wohn- und Arbeits-bereichs. „Man hatte gedacht, dass das ver -netzte Arbeiten die Leute unabhängig macht und dass sie von jedem Ort der Welt aus ihre Arbeit erledigen können. Doch gerade diese internetaffine Branche braucht die persönli-chen Kontakte, um überhaupt Aufträge zu lukrieren.“ Das Einzige, das man für dieseForm der Arbeit benö-tige, sei Wireless LAN, erklärt Chorherr und gibt zu bedenken: „Alle wol len die New Economy, but the New Economy wants old buildings. Das liegt da-ran, dass die alten Häu - ser flexibler und nutzungs- neutraler sind.“ Die sen positiven Um stand müsse man auch in die Planung von Graz-Reininghaus ein-fließen lassen. Ein großes Augenmerk gilt der Freizeit, hier vernehmlich der Weiterbildung und dem Sport. „Bildung boomt wie wild. Hier muss man ein großes Programm anbieten können.“ Die Vorschläge reichen von Volkshochschule über WIFI bis hin zu Fort bild ungs kursen im Nischenseg-ment. „Die Bildungsein richtungen, die sich hier in zehn Jahren einmieten werden wollen, kennen wir heute noch nicht“, so Chor herr,

„vielleicht muss diese Form der Bildung erst entwickelt werden!“

„Seit es dieNew Economy gibt, lässt sich diese geballt in der Stadt nieder“, erklärt Chorherr.

Page 46: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

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Die junge Generation zeichnet sich nach Beobachtung von Fachleuten vor allem durch die Ausübung von Sport aus. Mit einem breiten Angebot an Sportmöglichkeiten könnte sich Graz-Reininghaus also nachhaltig profilieren. „Es gibt einen riesigen Trend – die Freizeit der Menschen nimmt kontinuierlich zu. Im Bildungsbürgertum wird Freizeit vor allem in Form von Sport gelebt. In Reining-haus ist dies möglich, denn dazu ist das Areal groß genug.“ Jutta Kleedorfer von der Projektstelle für Mehrfachnutzung der Stadt Wien greift auf ihre Erfahrungen zurück:

„Im Angebot von Freizeit und Sport ist es wichtig, Indoor- und Outdoor-Aktivitäten zu

kombinieren.“ Unabhängig davon, um welche Art der Sportausübung es sich handelt oder wie die Outdoor-Präferenzen sonst gelagert sind – bis ins letzte Detail darf auch dieser Bereich nicht geplant werden.

Kleedorfer: „Ich stehe zum Unvorhergese-henen und zum Chaos. Man darf nicht das gesamte Areal vorausplanen und alles zu Ende bringen, man muss unbedingt Brachen übriglassen. Brachflächen sind interessant. Die Leute sollen eingeladen werden, diese Brachflächen zu nutzen.“ Einstimmig plädiert man für ein Beibehalten der sprichwörtlichen Gstättn. „Die Aneignung von Flächen ist allge-genwärtig“, ergänzt Amann. Nicht zuletzt dienen Brachflächen einem etwaigen späteren Ausbau. Der Stadtteil darf zu keinem Zeitpunkt einen baulichen Stopp erfahren, Wachstumsmöglichkeiten und Nachverdich-tung müssen sichergestellt werden.

Wie lässt sich die hohe Qualität im laufenden Betrieb des neuen Stadtviertels nachhaltig sichern? Und wie animiert man die Bevölke-rung dazu, dem öffentlichen Raum Sinn zu geben und den Verantwortungsbereich aus den eigenen vier Wänden nach außen zu tragen und zu vergrößern? Christoph Chor-herrs Antwort fällt unmissverständlich aus:

„Wir müssen es schaffen, Menschen zu er reichen, die mehr wollen als nur die Fliesen für ihr Badezimmer auszusuchen. Wir müssen für die Besiedelung dieses Areals interessante und interessierte Menschen ansprechen.“ Mit Wille allein kommt man jedoch nicht weit. Zum Zwecke der nachhaltigen Qualitätssicherung könne in Zukunft auf bestimmte Druckmittel, die letzten Endes finanziell verankert sind, nicht verzichtet werden. „Wir brauchen exekutierbare Dinge, gewisse Druckmittel muss es einfach geben. Eine Möglichkeit wäre, die Wohnbauförderung dafür einzusetzen. Man könnte die Förderung beispielsweise erst ein halbes Jahr nach der Besiedelung auszahlen. Und wer sich nicht an die Vorgaben gehalten hat, der erhält keine finanziellen Mittel.“ Auf diese Weise könne erreicht werden, dass die städtebaulichen Konzeptionen auf Seiten der Architekten und Bauträger wirklich Fuß fassen und nicht gleich von Anfang an – Stichwort Mietergarten, Zaun und Thujenhecke – ignoriert werden. Raimund Gutmann, freiberuflicher Sozialwissenschafter und Leiter des Instituts wohnbund:consult, spricht sich für mehr „Konzepttreue“ aus: „Zu oft wird von Investoren ohne weitere Ausein-andersetzung auf oberflächliche Trends und Wünsche von Kunden reagiert, was zu oft banale Ergebnisse zeitigt.“

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Der öffentliche Raum ist offen und muss von der Bevölkerung bespielt werden.

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Von noch lang anhaltenderer Wirkung ist die Betreuung der Bewohner über möglichst viele Jahre hinweg, zumindest aber zu Beginn sowie in Krisenzeiten. „Oft kommt ein neues Stadtviertel ohne Quartiersmanagement nicht mehr aus“, weiß Gutmann aus Erfahrung,

„das ist ein spezifisches Aufgabenfeld, um sozialräumliche Qualitäten zu entwickeln und die künftigen Bewohner anzusprechen. Die Betreuungsarten reichen hier von Quartiers-Coaching über Gebietsbetreuung bis hin zu Sozialarbeit und Bewohnerservice.“ Ohne diese Maßnahmen könnte eine Durchmi-schung schwierig werden, denn die Gesell-schaft wird immer differenzierter und auch immer anspruchsvoller. „Die tradierten Formen der Zugehörigkeit lösen sich allmäh-lich auf. Wir werden in zunehmendem Maße eine Multioptions-Gesellschaft. Auf diese neuen Milieus und Lebensstile muss reagiert werden.“ Wie geht es in den nächsten Monaten in Graz-Reininghaus weiter? „Leicht wird es nicht werden“, warnt Christian Krainer, Geschäftsführer der Wohnbaugenossenschaft ÖWGES, „bis heute ist Graz nämlich nicht besonders offen für innovative Projekte.“ Graz zeichne sich vor allem durch die soziale Zwei-teilung in eine Studenten- und in eine Pensio-nistenstadt aus. Man brauche schon einen langen Atem, um allen Bedürfnissen in Bezug auf Wohnen und Lebensraum gleichermaßen gerecht zu werden. Auch wenn einige Disku-tanten der Meinung sind, dass es wichtig sei,

„möglichst lange nichts zu zeichnen, sondern nur zu diskutieren, wie man die Vorteile der europäischen Stadt retten und welche Aspekte man als Vorbild heranziehen kann“, müsse allmählich gehandelt werden. Krainer:

„Es wird nötig sein, endlich erste Schritte zu setzen. Noch länger dürfen Sie nicht warten.

Die Leute werden ungeduldig.“ Dafür sei es aber zunächst ausreichend, einen ersten bau lichen Impuls zu setzen. In den kommenden Wochen werden die Diskussionen geschärft. Erst wenn Asset One die stadtplanerische Aufgabe im sozialen und urbanen Zusammenhang gelöst haben wird, kann die städtebauliche Planung in Angriff genommen werden. In diesem konkreten Stadium werde die Zeit reif sein, um öffent-lich-private Partnerschaften einzugehen. Wolfgang Amann: „Ein möglicher Ansatz wäre es, dass Asset One mit der Stadt Graz eine Gesellschaft gründet. Eine Verflechtung von privat und öffentlich ist unverzichtbar. Es führt kein Weg an Public Private Partnerships vorbei.“ Die Stadt allzu früh einzubeziehen, wäre jedoch eine vertane Chance. Schluss-wort von Christoph Chorherr: „In Graz-Reining-haus müssen Dinge passieren, die noch nie so gemacht worden sind. Selbstverständlich ist das mit einem gewissen Risiko verbunden. Können wir dieses Risiko ausschließen? Nein, das können wir nicht. Gehen wir es trotzdem ein? Ich sehe, dass das in diesem Projekt möglich und gewünscht ist.“

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Page 48: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

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Was versteht man unter Nutzungsvielfalt?

Entwicklung der Nutzungsvielfalt

Nutzungsmischung ist heute durch das Bemühen um eine nachhaltige Stadt­entwicklung, um eine kompakte Stadt und um eine Stadt der kurzen Wege wieder eine erstrebenswerte städte­bauliche Eigenschaft. Während vieler J ahrzehnte des 20. Jahrhunderts war dies gänzlich anders – obwohl die Stadt in der Geschich te immer durch das unmittelbare Nebeneinander von Funk­tionen, Kulturen, Ethnien und Gesell­schaftsschichten ausgezeichnet war.

Zunächst befanden sich alle Nutzungen innerhalb der Stadtmauern (oben links), später wurden Gewerbe- und Industrie-betriebe gemeinsam mit den Arbeiterunterkünften am Stadtrand angesiedelt (oben rechts). Heute geht die städtische Siedlungs-struktur mit unterschiedli-chen Dichten und Funkti-onen oft nahtlos in die der Nachbargemeinden über (unten)

500 m 500 m 500 m

Page 49: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

47Aspekte der Nutzungsvielfalt

– schlechte hygienische Bedingungen, wenig Licht und Freiraum, Gefahr der Ausbreitung von Feuer und Seuchen – mittels Funktions-trennung zu überwinden. Aus dieser Idealvor-stellung von Licht, Luft, Sonne und Aussicht für alle entstanden die Leitlinien der Moderne („Charta von Athen“). Sie prägten vor allem die Wiederaufbauphase nach dem zweiten Weltkrieg und bestimmen noch heute das Bild der Städte.

Verschiedene Angebote gleichzeitig

Unter Nutzungsvielfalt wird zunächst das Nebeneinander verschiedener Nutzungen verstanden – wie öffentliche Nutzungen, Freizeitangebote, Dienstleistungen, Geschäfte und Wohnen. Diese Angebote sind zu unterschiedli-chen Zeiten des Tages verfügbar: Verwaltung und Lebensmittelhandel starten teilweise früh in den Tag, manche Restaurants öffnen erst zu Mittag oder abends – andere Branchen sind am Vormittag und dann erst wieder am späteren Nachmittag für ihre Kunden da. Im Hinblick auf die Nutzungsvielfalt heißt das: Sie vermeidet unbelebte Zonen, insbesondere außer halb der zur Zeit noch gängigen Ladenschlusszeiten. Umgekehrt bedeutet es für die an-sässigen Betriebe, dass sie kontinuierliche Nachfrage aus der Nachbarschaft generieren, aus dem privaten Bedarf genau so wie aus dem der anderen Unternehmen. Bei genauer Betrachtung ist die Nutzungsvielfalt also nur die konsequent zu Ende gedachte arbeitsteilige Wirtschaft: Zum Frühstück wird frisches Brot vom Bäcker geholt, am Weg ins Büro die Schuhe zum Schuhmacher gebracht, den Espresso für die Besprechung im Büro liefert der Coffee Shop im Parterre, entspanntes Einkaufen mit der Familie folgt nach Büroschluss …

In der europäischen Stadt hat sich Nutzungs-mischung häufig aus der Kombination von wirtschaftlichen Einzelinteressen, kollektivem Sicherheitsbedürfnis und notwendigen Versor-gungseinrichtungen entwickelt. Die Flächen wurden mit unterschiedlichen Nutzungen belegt und bespielt, in Folge entstand daraus – meist auf engstem Raum innerhalb der Stadt-mauer – die dicht bebaute, gemischt genutzte Stadt. Die „Aneignung des öffentlichen Raums“ (Wolfgang Amann) hat somit zur Nutzungsvielfalt geführt. Geprägt war der urbane Raum von der typischen Strukturein-heit der familiären Handwerks- und Handelsbe-triebe. Wohnen, Arbeiten und Kommunikation fanden zumeist im gleichen Gebäude statt. Zu der heute starken Funktionstrennung in den

Städten kam es erst im Zuge der Industrialisie-rung im 19. Jhdt. Hier gab es erhöhten Platz-bedarf durch die Vergrößerung der Produk-tions- und Nutzungseinheiten und durch die Trennung von Kapital und Arbeitskraft. Ver-stärkt wurde diese Tendenz im 20. Jahrhun-dert durch die Versuche der Moderne, die tris-ten Lebensverhältnisse in den Städten

Charta von Athen

Die Charta von Athen wurde auf dem IV. Kongress der CIAM (Congrès Interna-tionaux d‘Architecture Moderne) 1933 in Athen verabschiedet. Unter Feder-führung von Le Corbusier entwickelt, stand sie für die Entflechtung der städti-schen Funktionsbereiche Wohnen, Arbeiten, Erholen und Bewegen und für die Schaffung von lebenswer-ten Wohnverhältnissen und Arbeitsbedingungen in der Zukunft. Die Charta von Athen gewann in der Nachkriegszeit große Bedeutung und beeinflusste den Städtebau nachdrück-lich. Insbesondere die städtebaulichen Leitbilder der 1950er („Die gegliederte und aufgelockerte Stadt“) und der 1960er Jahre („Die autogerechte Stadt“, Flä-chensanierungen) wurden zu großen Teilen aus der Charta von Athen entwi-ckelt. Erst Mitte der 1980er Jahre begann, angesichts der negativen Folgen der Funktionstrennung, eine Abkehr von den Idealen der Charta. Insbesondere die Agenda von Rio 1992, die in die lokalen Agenden vieler Städte übergeführt wurde, sah es für eine nachhaltige Stadtentwicklung als Vor-aussetzung an, die Städte wieder zu durchmischen und zu verdichten. Begriffe wie die ‚Stadt der kurzen Wege’, ‚Stadtrecycling’,

‚Nachverdichtung’ und ‚kom-pakte Stadt’ wurden kreiert.

Le Corbusier: „Plan Voisin“ von Paris, 1922

Page 50: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

48Das Thema Umnutzung wird auch im Kapitel„Nutzungsvielfalt und Umnutzung“ behandelt.

Hinzu kommen die spontanen Entscheidungen des Laufpublikums: Nach der Arbeit schnell einkaufen und in die Yogastunde gehen, ein kleiner Café unterwegs, dann wird der Sohn vom Ballett abgeholt oder der neue Meldezet-tel beim Magistrat abgegeben. Die Verführung zu mehr Frequenz, das Prinzip erfolgreicher Einkaufszentren, gilt bei richtiger Anwendung auch für Gewerbe- und Dienstleistungsbetrie-be eines Stadtteils: Sie müssen nur ein attrakti-ves Angebot und eine – durch individuelle und gesamthafte Atmosphäre geschaffene – Auf-enthaltsqualität sicherstellen. Durch die kontinuierliche Nachfrage aus der Nachbarschaft werden die Betriebe auch ihre Öffnungszeiten den Bedürfnissen ihrer Stammkunden anpassen – vom Einkaufen am Abend bis zum rund um die Uhr geöffneten Internet-Café. Das bedeutet wiederum Attrak-tivität in der Außenwirkung und zusätzliche Chancen, wenn in diesem Stadtteil die Ge-schäfte länger offen haben und sie damit ihr Einzugsgebiet auf jene Quartiere ausdehnen, in denen um 18:00 allgemeine Sperrstunde ist.

Verflechtungen der Nutzungen

Nutzungsvielfalt schließt aber auch die funktio-nale Verflechtung verschiedener Nutzungen an ein und derselben Stelle mit ein – wie etwa die Kombination von Wohnen und Arbeiten als neu entdeckte Lebensform, die in Folge gesellschaft-licher Umbrüche und technischer Entwicklun-gen entstanden ist. Als klassisches Beispiel wäre hier das Loft zu nennen, das sich ab den 1940er Jahren in New York und London durch die Umnutzung leerstehender Hallen zu Woh-nungen entwickelt hat. Lofts wurden schnell zu den begehrten Wohnungen für Freiberufler und Künstler, die damit Wohn- und Arbeitsraum integrierten und so oft zu günstigen Bedingun-gen eine Bleibe fanden.

Vermischung unterschiedlicher Gesellschaftsgruppen

Nutzungsvielfalt meint aber auch die Vermi-schung unterschiedlicher Gesellschaftsgruppen, wie Jung und Alt, Reich und Arm oder jene von Menschen verschiedener Herkunft. Denn in der Stadt ist jeder frei, sich seinen Mittelpunkt zu wählen. Gleichzeitig führt dieser Umstand dazu, dass sich die Kreise der Einzelnen gegenseitig beeinflussen, was prinzipiell und tendenziell zu einer Stärkung und Qualitätssteigerung des Ganzen führt. Ein Beispiel dafür ist die generell höhere Qualität des Angebots in Städten, wo der Konkurrenzdruck die Anbieter zu Innovationen zwingt und dadurch die Grundlage für die stän-dige Verbesserung des Angebots schafft.In Graz-Reininghaus ergibt sich durch den sel-tenen Glücksfall, dass die Liegenschaft im Ei-gentum eines Entwicklers liegt, die Möglich-keit, unterschiedliche Zonen mit individuellen Qualitäten und dadurch mit variierenden Nut-zungen anzubieten – so etwa die Zone entlang

>> Was versteht man unter Nutzungsvielfalt?1Merkmale dergemischt genutztenAltstädte in Europa:

•Straßen- und Wegenetze•Plätze und öffentliche Räume•Historische Bauten älterer Stadtentwicklungsphasen•Hohe Nutzungs- und Funktionsdichte•Gut ausgebaute Infrastruktur•Wirtschaftliche Dominanz des Stadtkerns•Relativ starke Steuerung der Sied lungsentwicklung durch Politik und Planung•Starker Individualverkehr und hoher Anteil des öffentlichen Verkehrs

Die Prinzipien vonNutzungsvielfalt und Nutzungstrennung

oben„Sowohl als auch“ an einem Ort

unten„Entweder – oder“ an allen Orten

Page 51: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

Aspekte der Nutzungsvielfalt

der Eisenbahn, jene im Bereich des Altbestands oder eine Zone rund um den Brunnen (siehe auch die Publikation zum Grün- und Freiraum in Graz-Reininghaus). So können in Graz-Reininghaus unter-schiedliche Lebensstile möglich werden, die sich zwar gegenseitig beeinflussen, aber doch gut voneinander getrennt sind. Wie das Bei-spiel von der perfekt funktionierenden Vogel-Gesellschaft in einem Baum zeigt: „Von außen betrachtet hat man den Eindruck, dass die Spatzen, Amseln und Eichelhäher rauf und runter fliegen. Der Biologe aber weiß, dass jede Vogelart ihren eigenen Bereich auf einer bestimmten Höhe des Baumes hat – und alle Vogelarten halten sich erstaun licherweise dar-an. Der Habitus des Baumes bietet ein Öko-System, in dem die Nischen präzise über- und nebeneinander angeordnet sind.“ so Dirk Baecker im Interview zu den Stadtszenarien. Genauso funktionieren auch lebendige Städte. Gleichzeitig ist Nutzungsvielfalt auch ein Netz von nachbarschaftlichen Beziehungen, in dem die einzelnen Teilnehmer je nach in-dividuellen Wünschen und Möglichkeiten mit-einander kommunizieren und interagieren.

Stadt als Mikrokosmos

Nutzungsmischung meint, die Stadt als Mikro-kosmos zu denken, in dem eine Vielzahl an Tätigkeiten in enger zeitlicher und räumlicher Abfolge stattfindet. Man ordnet also Stadttei-len nicht einzelne Tätigkeitsbereiche zu, wie Wohnen, Einkaufen, Arbeiten, Freizeit u.a.m. – vielmehr finden diese Tätigkeiten innerhalb desselben Stadtraums statt. Für Graz-Reining-haus bedeutet das etwa, bestehende Betriebe nicht zu vertreiben, sondern sie in eine zukünf-tige Nutzung symbiotisch mit einzubeziehen. Nur im Nebeneinander verschiedenster Nut-zungsarten und gesellschaftlicher Nutzergruppen lässt sich eine optimale Symbiose er reichen – und damit der größtmögliche Erfolg für alle Nutzungsbereiche und Nutzer.

Nutzungsmischung konkret – Beispiel 1Ein Tag mit unmittelbarer Nähe zu Arbeits-platz, Kinderbetreuung und EinkaufenVater verlässt um 12.15 Uhr seinen Arbeits-platz – holt seine Tochter vom Kindergarten ab – geht mir ihr gemeinsam einkaufen – an-schließend bereitet er in der Büroküche für beide ein Mittagessen – am Nachmittag spielt die Tochter am Kinderspielplatz mit den Kindern, die über Vaters Büro wohnen.

Nutzungsmischung konkret – Beispiel 2Ein Tag am öffentlichen Platz In der Früh ist der Platz autofrei – ohne Gefähr-dung durch den Straßenverkehr gehen die Kinder zur Schule – am Vormittag ist der Platz zwei Stunden für den Anlieferverkehr offen – zu Mittag essen hier die Berufstätigen in der Sonne ungestört ihr Mittagessen – am Nachmittag spielen Kinder – am Abend sorgen die Gastgärten für Leben am Platz – am Wochenende herrscht buntes Treiben auf einem Floh markt.

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Das Stadtquartier alsMikrokosmos mitvielfältigem Angebot

Page 52: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

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Welche Chancen entstehen durch Nutzungsvielfalt?

Der verstärkte Austausch von Waren, Dienstleistungen und Informationen an einem Ort oder in einem überschauba­ren Stadtteil ist kein Nullsummenspiel: Nutzungsvielfalt hat sowohl für Bevöl­kerung und Kommune als auch für den Investor große Vorteile.

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Page 53: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

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Bevölkerung

In einer Stadt mit ausgewogener Nutzungsmi-schung liegen die für den Nutzer wichtigen Ziele des Tagesablaufes in fußläufiger Entfernung von seinem Wohnort – Versor-gungseinrichtungen für den täglichen Bedarf, der Arbeitsplatz, aber auch kulturelle Einrichtungen, soziale Treffpunkte und vieles mehr. Die Notwendigkeit, für die Erreichung dieser Orte lange Strecken mit dem Auto zurück legen zu müssen, fällt weg. Das spart nicht nur Zeit sondern auch Fahrtkosten und bringt zudem ökologische Vorteile. Für die Bewohner von Graz-Reining-haus bedeutet das, dass ein breites und bedarfsgerechtes Angebot in unmittelbarer Nachbarschaft vorhanden ist. Die Bewohner können viele ihrer Bedarfsdeckungen und Bedürfnisbefriedigungen auslagern, ohne bei der privaten Lebensqualität und bei der Professionalität im Beruf Abstriche machen zu müssen. Nach dem Prinzip ‚Nutzen statt besitzen’ kann sich jeder individuell vernetzen und zum Beispiel über Car Sharing Anbieter gezielt dann ein Auto ausleihen, wenn es ge-braucht wird. Vorstellbar – und in bestimmten Bran-chen absehbar bzw. bereits Praxis – ist auch, dass die Grenze zwischen Wohnen und Arbei-ten verschwimmt und man dadurch nicht mehr an einen Arbeitsort abseits des Wohnorts ge-bunden ist. Ergänzend dazu sollte es in Graz- Reininghaus „third places“*) geben. Dabei han-delt es sich um einen speziellen Typus des öffentlichen Raums: Third places sind soziale Räume, in denen Kommunikation und Inter-aktion im Vordergrund stehen.

Beispiele sind das Wiener Caféhaus, das irische Pub und das amerikanische Diner. Diese

„dritten Orte“ werden als ebenso wichtig wie das Zuhause (“erste Orte”) und der Arbeits-platz (“zweite Orte”) angesehen: Jeder ist will kom men, man trifft sich oder lernt sich kennen, es wird Zusammenhalt gestiftet und man findet Ausgleich zum Alltag. „Gerade die New Economy lässt sich geballt in der Stadt nieder“, erklärt Christoph Chorherr. „Man hatte gedacht, dass das vernetzte Arbeiten die Leute unabhängig macht und dass sie von jedem Ort der Welt ihre Arbeit erledigen können. Doch gerade diese internetaffine Branche braucht die persönlichen Kontakte, um überhaupt Aufträge zu lukrieren. Das Einzige, das man für diese Form der Arbeit benötigt, ist Wireless LAN“.

*) Ray Oldenburg prägte diesen Begriff 1989in seiner Studie „The Great Good Place“.

Das Thema Services wird auchim Kapitel „Katalysatoren“ behandelt.

Belebter Straßenraumin Korea

Linke Seite:Las Ramblas in Barcelona

Page 54: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

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>> Welche Chancen entstehen durch Nutzungsvielfalt?2Kommune

Aus dem Blickwinkel der Stadt bedeutet Nut-zungsvielfalt zunächst deutlich höhere Flexibili-tät: Anpassungsfähige Stadtteile haben weni-ger Probleme, auslaufende Nutzungen durch neue zu ersetzen. Das verringert Leerstände, vermeidet entsprechende Folgewirkungen und sorgt so übergeordnet für Kontinuität als Grundlage ei ner nachhaltigen Stadtentwick-lung. So leistet Nutzungsvielfalt einen unmit-telbaren Beitrag zur Stadt als einem Prozess der ständigen Veränderung – und damit zum Wesen der Stadt ganz grundsätzlich. Die Fähigkeit zur Flexibilität auf Basis der zugrunde liegenden Nutzungsmischung bedeutet für die Stadt aber auch, dass sie sich beim Implementieren neuer Nutzungen ein weitreichendes Anpassen der Stadtstruktur einschließlich der dafür entstehenden Folge-kosten erspart. Durch die Nähe der verschiedenen Nutzungen zueinander muss etwa die Kommu-ne für Graz-Reininghaus weniger finanzielle Mittel für Herstellung und Instandhaltung von Infrastruktur aufwenden. Denn bei weit aus-einander liegenden Nutzungen ist rund um diese Nutzungen jeweils eine vollständige Infrastruktur erforderlich – vom Parkplatz bis zum Anschluss an das öffentliche Verkehrs-netz. Das entfällt in der gemischten Nutzung, da z.B. ein Parkplatz während des Tages von verschiedenen Nutzern verwendet wird. Gleiches gilt auch für den öffentlichen Verkehr, der bei gemischten Nutzungen insgesamt deutlich gleichmäßiger und besser ausgelastet ist: In der Früh mit Schulkindern, dann mit Menschen, die ins Büro fahren, es folgen jene, die zum Einkaufen unterwegs sind etc.

Die Grazer Herrengasse mit Stadtpfarrkirche, um 1900 und aus heutiger Sicht

Page 55: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

53Aspekte der Nutzungsvielfalt

Straßenmarktin London und in Mexico City

Investoren

Für den Investor bedeutet das unmittelbare Nebeneinander von Nutzungen die Streuung des Risikos, da seine Rendite nicht nur von einer Nutzung abhängig ist (z.B. Büroflächen).

„Nutzungsvielfalt ist von geringem Interesse, wenn es um kurzfristige Ziele wie maximale Rendite geht“, so Wolfgang Amann. „Sie ist hingegen von vorrangiger Bedeutung, wenn es um die nachhaltige Schaffung von Werten und von langfristig lebensfähigen Stadträu-men geht.“ Für Graz-Reininghaus wäre eine prozentuale Widmung nach Nutzungen statt nach Nutzungseinheiten denkbar. Bei einer flexiblen Gebäudestruktur könnte ein Investor dann Flächen entsprechend der Nachfrage vermieten, etwa bisherige Büroflächen als Wohnungen oder bestehende Wohnungen für neue Dienstleistungsangebote. Dabei sorgt die prozentuale Widmung dafür, dass sich die ver schie denen Nutzungen die Waage halten. Das Nebeneinander von verschiedensten Nut-zungen führt auch zur Belebung der Stadt – nahe zu rund um die Uhr: Am Morgen wird ein Platz etwa durch spielende Kindergruppen

be lebt, nachmittags kommen Kunden der an-liegenden Geschäfte und Cafés hinzu und am Abend wird der öffentliche Raum durch Spa-ziergänger, Restaurantbesucher etc. frequen-tiert. Die Nutzergruppen wechseln sich ab, eine Eigenschaft, die einzelne Stadtviertel weit über die Grenzen ihrer Städte hinaus bekannt und attraktiv machen, sei es Notting Hill in London oder der VII. Bezirk in Wien. Graz-Reininghaus kann sich so zu einem attraktiven Stadtteil entwickeln, in dem insgesamt weniger Flächen leer stehen und der öffentliche Raum intensiver genutzt wird. Jenseits von Nachfragezyklen sind beide Aspekte wichtige Elemente der Stabilität und der Vorsorge gegen einen Dominoeffekt, bei dem am Anfang ein leerstehendes Geschäfts-lokal steht, dann eine uninteressante Einkaufs-straße und am Schluss ein unattraktiver Stadtteil. Auf diese Weise kann Nutzungsvielfalt zur Wertsicherung und zur Wertsteigerung der Immobilie führen. Gleichzeitig sind das positi-ve Image und der hohe Wiedererkennungs-wert eines Stadtteils unverzichtbare Grundlagen für eine deutlich bessere Vermarktbarkeit.

Das Thema der Investoren wird auch im Kapitel „Was sind die Bedingungen für Nutzungsvielfalt“ behandelt.

Page 56: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

3

Was sind die Bedingungen für Nutzungsvielfalt?

Der öffentliche Raum als Schauplatzvon Nutzungsvielfalt

Der öffentliche Raum als Medium zwischen den einzelnen Nutzern ist Schauplatz und Schmelztiegel der Nutzungsvielfalt. Er bildet Gliederungs­punkte, Switching­Points, an denen der Nutzer aus einem Milieu heraus­ und in ein anderes hineinkommen kann, so Dirk Baecker. Mit ihm führten Andreas Kleboth und Max Rieder im Zuge des Prozesses „Stadtszenarien für Graz­ Reininghaus“ ein Interview in Friedrichs­

Der öffentliche Raum wird auch in der Publikationzum Thema „Stadtszenarien“ näher behandelt.

hafen. Der öffentliche Raum, so Baecker weiter, ist nichts anderes als die Mög­lichkeit, verschiedene private Häuser aufzusuchen. Er muss Verlinkungs­ und Vergemeinschaftungsqualität haben –er muss so beschaffen sein, dass er als Kristallisationspunkt für die Gesellschaft dienen kann und gleichermaßen Indivi­dualisierung wie Sozialisierung ermöglicht. Gesucht sind Räume der Gleich zeitigkeit: Einerseits Ruhe und Gelassenheit und andererseits die Möglichkeit, sich jeder­zeit vernetzen zu können.

oben:Plätze in Barcelona

rechts:Ceausescu Palast in Bukarest

Page 57: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

55Aspekte der Nutzungsvielfalt

Lebendigkeit entsteht nur dort, wo sich Men-schen begegnen und wo diese Begegnung gefördert wird. Dieser soziale und gedankliche Austausch zwischen Menschen ist auch die Grundlage für gesellschaftliche, wirtschaftliche, technologische und künstlerische Entwicklung. Das heißt, die Nutzung des urbanen Raums ist immer auch vom Aufbau und von der Funktion der Gesellschaft abhängig. So sind Plätze in Ländern mit totalitären Regimes allein durch ihre Größe und Leere Ausdruck der Macht der Machthaber, in den Ländern Südeuropas sind sie hingegen Treffpunkt für alle. Nicht zuletzt hat sich mit gesellschaftlichen Veränderungen immer auch das urbane Leben weiterent wickelt.

Ausgangspunkt der Planungen

Obwohl der öffentliche Raum bestimmendes Element in der Stadt ist, beginnt der normale städtebauliche Entwurfsprozess in der Regel mit dem Festlegen der Gebäudekubaturen. Der öffentliche Raum wird häufig zuletzt betrachtet. Um Lebendigkeit, Öffentlichkeit und Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus zu er-zielen, sollte allerdings großes Augenmerk auf

Form und Gestaltung des öffentlichen Raums gelegt werden. Tatsächlich sollte der Entwurfs-prozess umgedreht werden: die Überlegungen zum Stadtteil beginnen so mit dem Raum der gesellschaftlichen Interaktion, dieser ist als Ge rüst der Stadt so gut zu durchdenken und zu gestalten, dass er in Folge permanent ist. Zu diesem Gerüst der Stadt gehören nicht nur Lage und Größe der Plätze, sondern auch die diese Plätze begrenzenden und damit definie-renden Ränder. Auf diese Weise könnten auch in Graz-Reininghaus Gestaltungsparameter für öffentliche Räume festgelegt werden, mit detaillierten Angaben und Spielregeln zur Fassadengestaltung und zum Umgang mit halböffentlichen Räumen. Diese Rahmenbe-dingungen der Gestaltung können durch den Bebauungsplan oder – bei einer Zonierung – in den Bebauungsrichtlinien festgelegt werden. Für Räume mit geringerer Frequenz könnten beispielsweise Gestaltungsmöglichkeiten gesucht werden, die eingeschränkte Öffent-lichkeit vermitteln. Wohnstraßen mit Mieter-gärten schaffen eine Atmosphäre von Intimität, wodurch hier auf Zäune und Zugangskontrollen ohne weiteres verzichtet werden kann.

Chancen auf funktion ieren-den öffentlichen Raum sind in dicht verbautem Gefüge (links) leichter erzielbar als in städtischen Randzonen (rechts)

öffentlicher Raum bebauter Raum

Page 58: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

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>> Was sind die Bedingungen für Nutzungsvielfalt?3Frequentierung des öffentlichen Raums

Für einen funktionierenden öffentlichen Raum spielt darüber hinaus seine Benutzung eine wichtige Rolle. Sie ist wesentlich bestimmt von der Menge des angebotenen Raums, aber auch von seiner Erreichbarkeit und Nutzungs-belegung. Lebendiger öffentlicher Raum mit einer hohen Nutzungsfrequenz kann nur in wenigen Bereichen einer Stadt entstehen. In sofern ist es für die Belebung von Graz- Reininghaus empfehlenswert, hoch frequen-tierten und stark belebten öffentlichen Raum auf zentrale Bereiche zu konzentrieren. So können die hier gelegenen öffentlichen Nut-zungen, Geschäfte und sonstigen Angebote durch Dichte und Frequenz stärker belebt werden. Darüber hinaus kann das Ausmaß des zur Verfügung stehenden öffentlichen Raums auch entsprechend den Nutzungszeiten gesteuert werden. So besteht die Möglichkeit, ihn zu begrenzen oder zu erweitern, etwa, indem ein Park nachts geschlossen wird oder eine Straße zu bestimmten Zeiten exklusiv den Fußgängern zur Verfügung steht. Damit Graz-Reininghaus im Sinne des öffentlichen Raums funktioniert und somit eine entsprechend hohe Frequentierung sicher gestellt ist, ist die Erschließung mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Straßenbahn) unverzichtbar. Auf diese Weise können die Ange bote in Graz-Reininghaus auch für Nutzer aus anderen Ge-bieten von Graz zugänglich gemacht werden, gleichzeitig wird Nutzungsvielfalt so auch im Kontext der gesamten Stadt realisierbar.

Das Thema öffentlicher Raum wird auch in der Publikation „Stadtszenarien für Graz-Reininghaus“ behandelt.

Festival für Straßen- und Figurentheater La Stradain Graz

Page 59: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

Aspekte der Nutzungsvielfalt

Nutzungsbelegung

Ein weiterer wichtiger Faktor für Nutzungsviel-falt ist die Belegung des öffentlichen Raums mit positiven Nutzungen bzw. seine Ausrich-tung auf wichtige städtebauliche Merkmale. Eine positive Nutzungsbelegung entsteht dann, wenn Menschen einen Ort wegen seines Grundnutzens aufsuchen (z.B. Kaffee trinken), sie aber dort zusätzlich einen additiven Nutzen erleben (z.B. Aufenthaltsqualität) und diesen dann mit dem Ort verbinden. Als Folge steht der angrenzende öffentliche Raum unter begrenzter sozialer Kontrolle. Er wird als sicher empfunden. Eine solche geschützte Öffentlichkeit muss mit den dafür geeigneten Mitteln geschaffen werden – etwa mit der positiven Besetzung von Räumen. Besondere Eignung dafür haben u.a. Gastronomiebetriebe von herausragendem Format. „Ich denke an das Chocolate Café am Franziskaner Platz in Bratis-lava, an das Café Blaustern am Nußdorfer Gürtel in Wien oder an das Hotel Daniel am Grazer Bahnhofsplatz.“, so Wolfgang Amann. Durch geeignete Bespielung oder mit Kunstinterventionen lassen sich öffentliche Räume ebenfalls positiv prägen. Als Kultur-hauptstadt lieferte Graz diesbezüglich hervor-ragende Beispiele: das gesamte rechte Murufer zwischen Südtirolerplatz und Lendplatz (Kunst-haus, Mariahilferstraße) wurde durch gezielte Interventionen attraktiviert. Es verfügt heute über eine lebendige Beisl- und Shopszene, teil weise ergeben sich durch weiter reichende Innovationen und durch Kreativität sogar inter-essante Alternativen zum Geschäftsangebot östlich der Mur.

Die Nutzung von Gebäuden

Auch Gebäudestrukturen liefern wichtige Voraussetzungen für Nutzungsvielfalt, das zeigen etwa die gründerzeitlichen Altbauquar-tiere. Durch Grundrissform und Raumhöhen ist dieser Gebäudebestand für eine Vielzahl unterschiedlichster Nutzungen einsetzbar. Vor allem in der Sockelzone lassen sich oft verschiedene Nutzungen finden, die auch auf den öffentlichen Außenraum ausgerichtet sind. Die Kleinteiligkeit in der städtebaulichen Struktur unterstützt den Abwechslungsreich-tum in den Nutzungen. Diese Eigenschaften gilt es aufzunehmen und auf Graz-Reininghaus zu übertragen.

57

Page 60: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

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>> Was sind Bedingungen für Nutzungsvielfalt3Sockelzonen

Die Sockelzone nimmt durch ihre Ausrichtung auf den öffentlichen Raum und durch ihre gute Erreichbarkeit (kein bis geringer Niveau-Unterschied zum Außenraum) eine wichtige Rolle für die Nutzungsvielfalt und für die Bele-bung des Gebietes ein. Um eine gemischte Nutzungsstruktur in Graz-Reininghaus zu erreichen, muss man der Sockelzone besonderes Gewicht verleihen. Dies kann etwa durch die vertikale Widmung der Gebäude erreicht werden. Dabei werden den Sockelzonen alle Nutzungen außer Wohnen und Büros vorbehalten, diese dürften erst in den darüber liegenden Geschoßen zugelassen werden. Darüber hinaus spielt die Raumhöhe im Sockelbereich eine zentrale Rolle. Denn die gängigen 2,50 m führen nur dazu, dass diese wichtigen Zonen „good places to run through statt good places to stay there“ sind (Christoph Chorherr). Die Erdgeschoße müssen höher gebaut, für jede Nutzung ein setzbar und in der Raumaufteilung flexibler werden. Gleichzeitig müssen jedoch Geschoßhöhen von drei bis vier Metern auch ökonomisch dar stellbar sein. Weiters muss die Sockelzone die Voraussetzungen dafür liefern, dass kleinteilige Nutzungen untergebracht werden können. Dies erfordert zunächst die entsprechend flexi ble bauliche Struktur. Zusätzlich könnten in Graz-Reininghaus die Sockelzonen gemeinsam vermarktet werden, um so – ähnlich wie bei Einkaufszentren – im Marketing der Angebote effizient und wirksam auftreten zu können. Nicht zuletzt werden so auch weniger attraktive Ge schäftsflächen vermarktbar und einer höher wertigen Nutzung zugänglich, wodurch in Summe wieder ein klarer Standortvorteil für Graz-Reininghaus entsteht. Gleichzeitig kann sich damit das Angebot vor Ort stärker ausdiffe-renzieren, er gänzen und gegenseitig beleben.

Sockelzone in Berlin (oben) und Barcelona (rechte Seite)

Mit dem Thema der Durchlässigkeit eines Stadtteils beschäftigt sich auch die Publikation „Stadtszenarien für Graz-Reininghaus“.

Page 61: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

59Aspekte der Nutzungsvielfalt

Über die gemeinsame Vermarktung könnte für Investoren auch der Anreiz geschaffen werden, die Erdgeschoße zu Beginn der Entwicklung von Graz-Reining haus günstiger zur Verfügung zu stellen. Verbunden mit einer Aufsplittung der Miete in Basis miete und Umsatzbetei ligung (ebenfalls gängige Praxis in Einkaufs zentren), könnten so von Anfang an Nutzer ge wonnen und dadurch die Erdge-schoße belebt werden. Christoph Chorherr ist überzeugt, dass es am Anfang unerheblich ist, welche Nutzung ins Erdgeschoß einzieht. Wichtig ist nur, dass die Fläche überhaupt genutzt wird, denn „wenn das Erdgeschoß funktioniert, ist ein Drittel des Projekts schon geglückt“. Mit zunehmender Nach frage können sich dann hochwertigere Nutzungen ansiedeln. Neben der Nutzung der Sockel zone spielt auch ihre Durchlässigkeit eine große Rolle, denn sie ist wiederum für die Zugäng-lich keit und fußläufige Erreichbarkeit des Stadt-teils wesentlich verantwortlich. Dabei ist Durch -lässigkeit nicht zwangsläufig eine Frage der baulichen Struktur. Um sie zu gewährleisten, eignen sich auch privatrechtliche Regelungen wie Servitute. Mit ihnen werden (halb)öffent-liche Durchgangsrechte im Grundbuch fest-gelegt, etwa das Gehen oder Befahren eines fremden Grundstücks.

Das Thema der Sockelzonen und ihrer Durchlässigkeit wird auch im Kapitel „Welche Chancen bringt Nutzungsvielfalt“ behandelt.

Nutzungsflexibilität

Die Nutzungsflexibilität eines Gebäudes wird über höhere Räume und große, zusammen-hängende Flächen erreicht. Die Voraussetzun-gen hierfür können über den Bebauungsplan geregelt werden. Ein ebenso innovativer wie wirkungs-voller Ansatz für Graz-Reininghaus wäre es, die Gebäudehöhe über die Festlegung der Geschoßzahl und Geschoßhöhen zu regeln – und nicht, wie zur Zeit üblich, mittels Fest-legung der Trauflinie. Ein Investor wäre dann nicht gezwungen, möglichst viel Nutzfläche in einer bestimmten Gebäudehöhe unterzubrin-gen, vielmehr könnte er die gleichen Flächen mit einer größeren Raumhöhe anbieten. Ähnli-che Regelungen haben schon in den gründer-zeitlichen Städten zu einer Bebauung mit über-wiegend hohen Geschoßen geführt. Einen ver-gleich baren Effekt könnte man im Zuge einer Dichtefestlegung erreichen, mit der maximalen Bruttogeschoßfläche als Regelgröße – anstatt, wie bisher, ausschließlich Fluchtlinien und Bauhöhen zu definieren. Nutzungsflexibilität kann aber auch durch nutzungsfreie Grundrisse gewährleistet werden, so dass rasch und ohne allzu aufwän-dige Verfahren auf Änderungen in der Nutzung reagiert werden kann. Ein Anreiz dazu könnte über Widmungen geschaffen werden, die bestimmte Nutzungen nicht auf einzelne Be-reiche festlegen, sondern sie als prozentuellen Anteil am gesamten Gebiet ausweisen.

Sockelzonen

Wirtschaftlich betrachtet, sind Sockelzonen wider-sprüchlich: In bestehenden, hochfrequenten Lagen er-zielen Geschäftsflächen in den Sockelzonen mit Ab-stand die höchsten Mieter-träge. In Neubauten hinge-gen sind sie häufig kaum zu verwerten, denn niemand möchte in ihnen wohnen, arbeiten oder ein Geschäft betreiben. Der Mietertrag ist entsprechend gering. Daher scheuen sich Investoren bei Neubauprojekten häufig, Geschäftsflächen in den Sockelzonen zu errichten, sie werden vielmehr von Beginn an ausschließlich als Wohnungen geplant und verwertet. Bei einer späteren Nachfrage nach Flächen für Handel und Gewerbe können sie dadurch nicht mehr umgenutzt werden.

Page 62: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

4

Das Gegenteil von Nut-zungsvielfalt: Zwangs- und Strukturmonotonie

Zwangsmonotone Städte sind antike Tempelstädte wie Babylon, Verwaltungs-städte wie Brasilia oder Vergnügungsstädte wie Las Vegas. Sie sind geprägt von einer übermächtigen Leit-idee sowie von einer zen-tralistischen Verwaltung, von der Beschränkung des Privatlebens auf eine enge Sphäre und von der starken Limitierung des Austauschs im Inneren wie nach außen. Bei Nachlassen des Zentra-lismus werden sie schon nach wenigen Generationen vom Leben überwuchert und dem vitalen Lebens kreis-lauf einer Stadt zugeführt.

Die Dimensionen und bauli-chen Strukturen von moder-nen Schlaf- und Bürostand-orten lassen wiederum keine anderen als die ursprüng-lich geplanten Nutzungen zu (Strukturmonotonie). Die wenigen Inseln der Nut-zungsvielfalt wie Einkaufs-zentren, Jugendzentren oder Kindergärten verkümmern, sobald die Steuerung nach-lässt.

Wie wirkt sich Nutzungsvielfalt aus?

Die Interaktion zwischen den Funktions­einheiten des täglichen Lebens ist heute ohne Auto nicht mehr zu bewältigen, sie führt zu immer größerem Verkehrsauf­kommen. So bleibt zwar die Nutzungs­vielfalt der Stadt insgesamt erhalten, sie wird aber auf ein Maß gedehnt, so dass sie nur unter Einsatz von technischen Trans portmitteln erlebbar wird. Mit der Folgewirkung, dass die Stadt unter Ver­weis auf den Verkehr einen neuerlichen Schub der Entmischung erfährt. Ein un­verändert aktueller Trend, der aber dem, was die Stadt auszeichnet, diametral entgegenläuft. Denn Urbanität lebt von der unmittelbaren Gleichzeitigkeit der Aktionen, Geschehnisse und Situationen.

Strukturmonotonie in Brasilia, geplant von Oskar Niemeyer 1957-1964

Page 63: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

Modal split

Unter modal split versteht man die anteilige Zusam-mensetzung des Verkehrs-aufkommens aus den Verkehrsträgern.

Angesichts der enormen Haltbarkeit von bau-lichen Strukturen hat auch die Nachhaltigkeit – die langfristige strukturelle Entwicklung – im Städtebau einen besonderen Rang. Nutzungs-vielfalt erleichtert hier die fortwährende Selbst -erneuerung der Stadt, da entsprechend ge plante Gebäude kontinuierlich an geänderte funktiona-le Anforderungen angepasst werden können.* Nutzungsvielfalt ist damit das klare Gegenteil einer städtischen Zwangs- und Strukturmono-tonie und positioniert sich somit als wichtiges Prinzip nachhaltiger Stadtentwicklung.

Verkehr und Erreichbarkeit

Das dichte Nebeneinander verschiedener Nutzungen und Angebote des täglichen Be-darfs wirkt sich auch positiv auf die Mobilität aus. Das betrifft die Mobilität jedes Einzelnen ebenso wie das Gesamtsystem Verkehr und den modal split. Die Nutzungsvielfalt mit ihrem dichten Gefüge an Funktionen trägt wesentlich zur Reduzierung des fahrenden Autoverkehrs bei. Das senkt die Abgas- und Lärmbelastung, bremst den weiter steigenden Bedarf an hoch-rangigen Straßenbauten und begrenzt den entsprechend wachsendem Finanzbedarf der öffentlichen Hand für Errichtung und Erhaltung dieser Verkehrswege.

Wenn außerdem zu Fuß gehen oder mit der U-Bahn fahren dafür sorgt, dass die Strecke zwischen zwei Nutzungen einfacher, billiger und schneller zurückzulegen ist als mit dem Auto, entspricht das nicht nur dem ökonomi-schen Prinzip, sondern es ist auch im Sinne einer „Stadt der kurzen Wege“. Damit trägt der Ausbau von öffentlichen Verkehrssyste-men wesentlich zur Etablierung von Nutzungs-vielfalt bei. Für Graz-Reininghaus ist dies besonders wichtig, da das unmittelbare Umfeld des Areals bereits stark durch den Individualverkehr belastet ist.

* Siehe dazu auch Kapitel 5 „Welche Katalysatoren gibt es für die Nutzungsvielfalt“.

Das Thema Verkehr wird auch in der Publikation „Mobilität für Graz-Reininghaus“ behandelt. 61

Weganteile in %

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

1982 1988 1991 1998 2004

31,0

8,3

33,8

8,8

18,1

25,3

11,7

37,2

8,2

17,6

23,6

12,5

37,3

8,7

17,9

21,3

14,2

37,5

8,7

18,2

19,3

14,1

38,2

9,1

19,3

mit Bus oder Tram mit dem Auto als Mitfahrer mit dem Auto als Fahrer mit dem Fahrrad zu Fuß

Modal split in Graz:Immer weniger zu Fuß, immer mehr mit dem Auto – ein Trend, dem Nutzungs-vielfalt entgegen arbeitet

Aspekte der Nutzungsvielfalt

Page 64: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

62

>> Wie wirkt sich Nutzungsvielfalt aus?4Flächenverbrauch

Auch im Bereich des ruhenden Verkehrs kön-nen mit Nutzungsvielfalt signifikante Reduzie-rungen erreicht werden. Erkennbar wird dies am Beispiel Parkplatz: Während der Nacht braucht man einen Parkplatz bei der Wohnung, tagsüber einen beim Büro, zwischendurch einen weiteren beim Einkaufen und abends noch einen beim Fitnesscenter oder Kino. Wenn diese Nutzungen hingegen nahe beiein-ander liegen oder sich intelligent in einem Gebäude ergänzen wie z.B. Verwaltung (tags-über) und Freizeit (Oper, Kino – abends und am Wochenende), dann kann ein und derselbe Parkplatz im Laufe des Tages den Benutzern unterschiedlicher Angebote zur Verfügung stehen. Nutzungsvielfalt führt damit zu redu-ziertem Flächenbedarf bei Parkplätzen und Straßenräumen und zu weniger Versiegelung der Ober fläche. Gleichzeitig wird durch einen flexiblen, vielfach nutzbaren Stadtteil das kontinuierliche, quantitative und qualitative Wachsen der Stadt unterstützt. Das bedeutet zum einen, dass in dieser prozesshaft verstandenen Stadt ein fort-währendes Optimieren vorhandener Nutzung möglich ist. Dazu gehört zum anderen die Reduktion von Leerständen in Gebäuden und die aufgrund des begrenzten Angebots an bebaubaren Flächen für die Stadt so wichtige Nachverdichtung: Aufwerten von Standorten, Nutzen von Brachen, Anpassen des Bestands an heutige Lebensformen und Lebensstile.

Stadtentwicklungsgebiet Stadtentwicklungsgebiet Stadtentwicklungsgebietmit hoher Dichte mit mittlerer Dichte mit geringer Dichteim Jahr 2000 im Jahr 2000 im Jahr 2000

Die Stadt der kurzen Wege lebt von der Dichte und von der Frequenz

Page 65: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

Aspekte der Nutzungsvielfalt5

Auf dem Weg vom Konzept zur Realisie­rung der Nutzungsvielfalt gibt es immer wieder Wegmarken, an denen man mit gezielten operativen Maßnahmen die Gesamtentwicklung in ihrer Richtung festigen und im Ablauf beschleunigen kann. Einige dieser Katalysatoren werden hier beschrieben.

Welche Katalysatoren gibt es für die Nutzungsvielfalt?

Page 66: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

>> Welche Katalysatoren gibt es für die Nutzungsvielfalt?5Quartiersmanagement

Quartiersmanagement ist eine Möglichkeit, Nutzungsvielfalt im Stadtteil zu unterstützen. Unter Quartiersmanagement versteht man Interventionen im Sozialraum. Dazu gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Methoden und Konzepte. Sie reichen vom Quartierscoaching über die Stadtteil- und Sozialarbeit bis zu Bewohnerservice, Gemeindeentwicklung und Services wie Conciergedienste und Mobilitäts-management. Der Sozialraum, in dem das Quartiersmanagement stationär vor Ort stattfindet, ist die Siedlung, die Wohnanlage oder das Quartier. Die Leistung bezieht sich auf sozialraumbezogene Lösungen und Fragen des sozialen Zusammenlebens. Sie kann aber auch Entwicklungs- und Erneuerungsmaßnahmen begleiten, die Nachbarschaft und das bürger-schaftliche Engagement aktivieren sowie vermitteln und vernetz en. Quartiersmanagement lässt sich durch-aus auch mit dem Management von Einkaufs-

zentren vergleichen. In einem Urban Entertain-ment Center – und beim Zusammenschluss mehrerer: einem Urban Entertainment District – wird über die zentrale Vermarktung und das zentrale Flächenmanagement die perfekte Zusammensetzung und Verteilung der Nutzun-gen erreicht. An den Enden der Mall werden jeweils Ankernutzungen als destination attrac-tion untergebracht, die die Kundenströme im Center zwischen sich aufspannen. Dazwischen gruppieren sich kleinere Geschäfte, die mit einem möglichst breiten Angebot alle Kunden-bedürfnisse abdecken. Abgerundet wird das Angebot durch eingestreute, gestaltete Aufent-halts inseln (Cafés o.ä.) als ambient attraction, um die Kundenströme zu verlangsamen und um die entsprechende Atmosphäre für Spontan-besuche in den angrenzenden Geschäften auf-zubereiten. Mit event attraction, regelmäßig stattfindenden Aktionen oder Veranstaltungen, können zusätzlich Kunden angelockt, der Um-satz gesteigert und Lagerbestände abgebaut werden. Einsatzgebiete für Quartiersmanagement

Quartiersmanagement kann als Partizipations- und Kommunikationselement im Planungspro-zess wirken. Es dient zur frühzeitigen Einbin-dung der Anrainer, aber auch zur frühen Identi-tätsbildung und zur Qualitätssicherung. Im Bereich von Infrastruktur und City Services dient Quartiersmanagement als Infor-mationsdrehscheibe für Themen wie Gesund-heit, Bildung und Soziale Dienste, aber auch als Organisationsservice für die Nutzung der Sockelzonen, für die Mehrfachnutzung von Flächen oder für die Unterstützung von Selbst-or ganisationen. Quartiersmanagement wird auch in der Landschaft und im öffentlichen Raum eingesetzt – wie bei der Zwischennutzung von

64

Bürgerliche MitteSinus B2, 19%

Sozi

ale

Lage

A Traditionelle Werte

B Modernisierung

C Neuorientierung

1

Ober- schicht

2

Mittel- schicht

3

Unter- schicht

EtablierteSinus B1, 10%

PostmaterielleSinus B12, 9%

ModernePerformerSinus C12

9%

Experimentalisten Sinus C2 5%

HedonistenSinus BC3, 12%

Konsumierende BasisSinus B3, 10%

TraditionelleSinus A23, 13%

LändlicheSinus A23

7%

KonservativeSinus A12, 6%

Grundorientierung

Vielfalt in der Stadt – nicht nur für Nutzungen, sondern auch für Nutzer: Nutzungsvielfalt führt zur gesellschaftlichen Durchmischung

Page 67: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

65Aspekte der Nutzungsvielfalt

Brachflächen, bei der Bereitstellung von woh-nungs nahen Sportmöglichkeiten oder anderen Freizeitangeboten, die für Graz-Reininghaus als Standortfaktor Bedeutung haben. Ein anderes Einsatzgebiet besteht im Bereich der Wohnungs- und Sozialplanung. Dabei steht vor allem die Partizipation im Vordergrund, die Beratung von Wohn- und Baugruppen, der Aufbau von Gemeinwesen und Nachbarschaften sowie die Betreuung von Sonder wohn formen. Im Bereich der Beschäftigung und des small business wird versucht, die Verbindung von Wohnen und Arbeiten zu fördern. Die Stadtteilökonomie soll dabei bewusst gefördert werden, beispielsweise durch die Unterstützung von start-ups oder durch den Aufbau von sozial -ökonomischen Betrieben. Mit Quartiersmanagement kann auch die Soziokultur und die Identifikation mit Graz-Reininghaus gesteigert werden – indem Ange-bote für Kinder und Jugendliche bereitgestellt werden, Kulturprojekte organisiert und koordi-niert werden und auch dadurch, dass die Aneignung von Raum unterstützt wird. Ein weiteres Betätigungsfeld für Quar-tiersmanagement ist Nachhaltigkeit und Ökolo-gie. Das kann die bauökologische Beratung, aber auch den Aufbau eines Mobilitätsmanage-ments beinhalten. Über Quartiersmanagement könnte die Nutzung von Graz-Reininghaus sowohl in der Bauphase als auch später, als fertig gestelltes Gebiet, auf vielfältige Weise aktiv geplant, gesteuert und unterstützt werden. Die Maß-nahmen zielen darauf ab, das bürgerschaftliche Engagement der Bewohner zu fördern. Sie haben daher ein aktives Gemeinwesen, das Neben -einander verschiedenster Nutzungen und die Tolerierung dieser Nutzungen im Fokus. Quar-tiersmanagement kann somit einen wertvollen Beitrag für die Entstehung und den Erhalt der Nutzungsmischung in Graz-Reininghaus leisten.

Dienstleistungs- und Serviceangebote

Raimund Gutmann sieht mit dem gesellschaft-lichen Wandel hin zur flexiblen Wissensgesell-schaft eine steigende Nachfrage nach innovati-ven Services und Dienstleistungen. Neu hier-bei sei, dass auf Grund der zunehmenden Indi-vidualisierung weniger klassische Serienpro -dukte denn auf den Einzelnen zugeschnittene Wunscherfüllungen benötigt würden. Damit sind diese Business-to-me-/B2me-Angebote prädestiniert, bis in private Lebensbereiche vorzudringen (Freizeit, Lebensqualität, Familie u.a.m.), um hier etwa Rundum-sorglos-Servi-ces und persönliche Dienste anzubieten. Nach der Untersuchung „KUKO 2015“, eine Online-Befragung von 320 ausgewählten Zukunftsexperten zur Kundenkommunikation im Wohnbau, gibt es hier für den Dienst-leistungssektor vier Hauptentwicklungs stränge:· Bedeutungsgewinn der persönlichen

Kundenbetreuung· Vermehrter Bedarf an Sozial- und

Konfliktmanagement· Entstehen bzw. weiteres Wachsen neuer

Dienstleistungs- und Serviceangebote nach dem Prinzip „B2me“

· Tendenz zum vermehrten Einsatz neuer Medien.

Für neue Dienstleistungs- und Serviceangebote zeigt die Evaluierung, dass Familien- und Kom-munikations-Services für besonders wichtig gehalten werden. Bei den Services rund ums Wohnen, die von Wohnungsunternehmen angeboten werden, wird das Geschäftsfeld

„Betreutes Wohnen im Alter“, gefolgt von „Wohnumfeldverbesserungen“ für wichtig gehalten. Für die Nutzungsvielfalt in Graz-Rei-ninghaus könnten sich derartige Tendenzen weitreichend nutzen lassen, so Raimund Gut-mann. Als Beispiele seien hier die Nutzung der Erdgeschoß- oder Sockelzone genannt, die

Page 68: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

66

>> Welche Katalysatoren gibt es für die Nutzungsvielfalt?5

Gemischte Eigentümer- oder Finanzierungsstruktur

Im Wohnhochhaus am Höchstädtplatz in Wien wur-den die unteren 10 Geschoße als soziale Mietwohnungen, die oberen 15 Geschoße hingegen als frei finanzierte Eigentumswohnungen in einem Gebäude realisiert. Sehr häufig gibt es in Wien auch unterschiedliche För-derungsmaßnahmen in ei-nem einzigen Gebäude eines Eigentümers (ein Beispiel hierfür ist der Arwag Tower bei der Reichsbrücke): In den unteren Stockwerken geförderte Miete, darüber gefördertes Eigentum und die obersten Geschoße wer-den wieder frei finanziert.

Bauträger, Bauvereinigungenund Baugruppen

Im Kapitel über die räumlichen Bedingungen für Nutzungsvielfalt* wurde es bereits ange-sprochen: Durch die Überwindung gängiger Schemata können auch bei den rechtlichen Festschreibungen substanzielle Fortschritte erzielt werden, ohne dass dabei das gesamte System in Frage gestellt wird. So hat sich etwa die Wohnbauförderung in vielfältiger Weise als Innovator im Wohnbau erwiesen. Im Hinblick auf die Nutzungsvielfalt sind die folgenden Ansätze auch für Graz-Reininghaus Erfolg ver sprechend.

Bei Bauträgerwettbewerben mit Themen-schwer punkten (Familien, Wohnen und Arbei-ten etc.) ist die gleichzeitige Einbeziehung von gemeinnützigen und gewerblichen Bau trägern empfehlenswert, da sie jeweils unter schiedliche Zielgruppen haben und so verschiedene soziale Gruppen in einem Stadtteil integriert werden können. Die Zulässigkeit von Projekten mit gemischter Eigentümer- und Finanzierungsstruktur ist wünschenswert: So könnten einerseits die Sockelzonen von gewerblichen Bauträgern, andererseits die unteren Geschoße – auch liegenschaftsübergreifend – für mittlere und untere Einkommensschichten als geförderte

Mietwohnungen realisiert werden, während die oberen Geschoße – durchaus von anderen Bauträgern – frei finanziert realisiert werden. Derartige Modelle wurden beispielsweise in Wien angewandt.

Gemeinnützige Bauvereinigungen eignen sich als Partner auch für Nicht-Wohnbauten, insbe-sondere für soziale Infrastruktur oder etwa für öffentliche Einrichtungen. Die rechtlichen Grundlagen machen solche Aktivitäten von gemeinnützigen Bauvereinigungen bereits heute

sich als Raum für „B2me“ Anbieter und per-sönliche Dienste besonders eignet. Vom Ein-kaufs-Service über Beratung und Umsetzung individueller Büro- und Wohnungseinrichtung bis zur Altenbetreuung ist hier Vieles denkbar. Dazu gehört auch der Concierge Service, den es wieder zu ent decken und unter den Bedin-gungen der Nutzungsvielfalt neu zu definieren gilt. Damit kann die Sockelzone belebt und zu einem Treffpunkt gemacht werden.

Wohnhochhaus am Höchstädtplatz in Wien

* Siehe Kapitel 3 „Was sind die Bedingungen für Nutzungsvielfalt“.

Page 69: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

67

Der Arwag Tower in Wien

„Tröpferlbad“ der Einfach-mehrfach-Initiative in Wien

Baugruppe

Eine Baugruppe ist eine Zweckgemeinschaft von privaten Bauherren, die im Gegensatz zu einem Bau-träger andere Organisations-ziele als die finanzielle Ge-winnerzielung hat. Zu diesen Alternativ-Zielen gehören u.a. die individuelle und kos-tengünstige Realisierung von Wohneigentum und von besonderen Wohnformen (Alt und Jung, Familien, Arbeiten und Wohnen etc.), weiters Nutzungs-mischungen (z.B. Wohnen und Kindertagesstätte) und umwelt freund liches Bauen.

Das Bauen in der Gruppe bietet folgende Vorteile:•gemeinsameFinanzierung

und Durchführung•aktiveNachbarschaftshilfe

schon während der Planungs- und Bauphase•PlanungvonGemein­

schaftsbereichen•ArbeitsteilungbeimUnter-

halt des Baus (Pflege, In standhaltung)

Aspekte der Nutzungsvielfalt

möglich. Hinzu kommt, dass sie im Allgemei-nen großes Vertrauen seitens der öffentlichen Hand genießen, wodurch die Akquisition öffent-licher Mittel zur Ko-Finanzierung erleichtert wird.

Bei wohnbaugeförderten Bauten lassen sich – entsprechende Rahmenbedingungen voraus-gesetzt – Erdgeschoßräume dem kurzfristigen Verwertungsdruck entziehen, indem sie etwa als Nebenräume kalkuliert werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass derartige Modelle aufgrund des Kostendeckungsprinzips letztlich von den Bewohnern finanziert werden. Diese Form der Vorhalteflächen leistet einen wichti-gen Beitrag für langsam wachsende Nutzungs-vielfalt, da manche gewerbliche Nutzungen erst nach Vollbesiedlung umsetzbar sind.

Nicht-gewerbliche Nutzungen, etwa Kunst-projekte, aber auch Flächen für soziale Räume wie „Bewohnertreffs“, Fahrräder, Foyers etc. benötigen Räume mit geringem ökonomi-schem Druck. Diese können über Bonuskuba-turen angeboten werden, wie es beispielswei-se beim Kabelwerk in Wien und beim Stadt-werk Lehen in Salzburg gescheh en ist. Die Nutzflächen, die einer Verwertung durch Woh-nungen oder Büros zugeführt wurden, sind nach oben hin limitiert worden. Die gemein-samen Flächen im Erdgeschoß wurden nicht in diese Dichteberechnung einbezogen.

Neue Rechts- und Gesellschaftsformen für die Errichtungs- und Bauherren-Unternehmen sind ebenfalls förderlich für die Nutzungsvielfalt. Christoph Chorherr: „In Deutsch land boomen die Baugruppen. Wir müssen es schaffen, auch hierzulande Menschen zu erreichen, die mehr wollen als nur die Fliesen in ihrem Bade-zimmer auszusuchen. Wir müssen interessan-te und interessierte Menschen ansprechen.“ Dieser Standpunkt wird auch von Wohn-gruppen-Berater Gutmann vertreten.

Page 70: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

68

>> Welche Katalysatoren gibt es für die Nutzungsvielfalt?5

In Ergänzung zu den Baugruppen können Ei-gentümer auch bei der Konzeption von Town-houses die Gestaltung individuell und eigen-ständig bestimmen. Mit Townhouses, die auf der Idee des mehrgeschossigen Bürgerhauses basieren, lässt sich in innenstadtnahen Gebie-ten Belebung und eine hohe Baudichte er zielen.

Zwischennutzung

Der Entwicklungsansatz der Zwischennutzung zielt nicht auf die bauliche Struktur eines Geländes ab, sie soll vielmehr die Kontinuität eines Geländes und die Bindung seiner Nutzer sicherstellen.

Temporäre Nutzungen in Bestandsgebieten Temporäre Nutzungen können im Bestand ein-gesetzt werden, um infrastrukturelle Unter ver-sorgungen auszugleichen. Ein Beispiel hierfür ist die ‚Einfach-mehrfach’-Initiative in Wien: Sie organisiert im Auftrag des Magistrats die temporäre oder mehrfache Nutzung von Flächen, um so das Freizeitangebot in der Stadt zu erhöhen. Derartige Flächen können sein: Parkplätze, Brachen oder Restflächen.

Temporäre Nutzungen im Vorfeldeiner städtebaulichen EntwicklungZwischennutzungen können auch im Vorfeld bei der Entwicklung des Stadtteils eingesetzt werden und so zur Imageprägung eines Gebietes beitragen. Philipp Oswalt, er nahm als Konsulent beim Prozess „Stadtszenarienfür Graz-Reininghaus“ teil, hält fest, dass Zwischennutzungen selten ursächlich für die Aufwertung eines Gebiets verantwortlich sind, wohl aber für die Profilbildung. Er spricht in diesem Zusammenhang von „Stadtentwick-lung ohne Kapital“. Ein Beispiel ist das Projekt Kabelwerk in Wien. Das dezentral gelegene Areal des Kabel werks wurde nach Abwanderung der ursprünglichen industriellen Nutzung kulturell zwischengenutzt. Dadurch sollte das Image positiv geprägt werden. Darüber hinaus wur-den auch soziale Ziele verfolgt, da die ehemali-gen Betriebsangehörigen in der umliegenden Nachbarschaft wohnen. Mit der Entwicklung des Gebiets fielen die temporären Nutzungen wieder weg. Ein anderer Ansatz bezieht sich auf die Vorwegnahme einer Entwicklung durch Zwi-schennutzungen. Auf dem ehemaligen Werft-gelände NDSM in Amsterdam Nord wurde das Gebiet ins Bewusstsein der Stadt gerückt, indem ein Wettbewerb für eine Zwischen nutz-ung mit einer Mindestdauer von 10 Jahren durchgeführt wurde. Das Projekt sollte als Identifikationsanker für den geplanten Stadtteil dienen. Eine dauerhafte Nutzung über den vor-gegebenen Zeitraum hinaus wird dabei als möglich angesehen. Zwischennutzungen und Zwischen nutzer können so permanente Aufga-ben bekommen und Teil eines kontinuierlichen Prozesses werden.

Eisenbahnwaggons der Einfach-mehrfach-Initia tive in Wien

Das Thema Zwischennutzung wird auch in der Publika-tion „Stadtszenarien für Graz-Reininghaus“ behandelt.

Philipp Oswalt

war zwischen 1988 und 1994 Redakteur der ZeitschriftArch+. Nach seiner Tätigkeit für OMA/Rem Koolhaas undMVRDV gründete er 1998 ein eigenes Büro in Berlin.Zwischen 2001 und 2003 leitete er das Forschungs-projekt „Urban Catalyst“, zwischen 2002 und 2008 das Projekt „Schrumpfende Städte“. Seit 2006 ist er Professor für Architektur-theorie und Entwerfen an der Universität Kassel.

Page 71: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

69Aspekte6

Nutzungsvielfalt und Umnutzungen

Gebäude

Umnutzungen funktionieren unabhängig vom Alter eines Gebäudes. Ausschlag­gebend sind vielmehr die Lage des Gebäudes in Zusammenhang mit der neuen Nutzung, die Verwendbarkeit für die neue Nutzung und die Flächen­effizienz. Wichtig sind weiters Bau­ und Haustechnik (Bestand, erforderliche Adaptionen, Instandhaltungs­ und Energiekosten etc.) und unter physiolo­gischen und psychologischen Gesichts­punkten der Faktor Mensch als Benützer.

Aspekte der Nutzungsvielfalt

Page 72: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

70

>> Nutzungsvielfalt und Umnutzungen6

Umnutzung desGasometers in Wien

Bei der Planung neuer Gebäude in Graz-Rei-ninghaus sollten diese Faktoren berücksichtigt werden, um schon im Vorfeld spätere Um-nutzungen zu berücksichtigen. Vittorio Magnano Lampugnani etwa meint im Rahmen des Interviews zu den Stadtszenarien in diesem Zusammenhang: „Die guten Stadtteile haben sich stark gewandelt. Sehr viele Stadtteile werden ganz anders genutzt als sie in der Bauphase angedacht wurden.“ Diese Erkenntnis lässt sich natürlich auch auf einzelne Gebäude über-tragen. Ein Hauptaugenmerk sollte daher von

Anfang an auf die Qualität und auf die Flexibili-tät eines Gebäudes gelegt werden. Nutzungsneutralität bedeutet unwei-gerlich größere Raumhöhen und ein größeres Flächenangebot. Die dadurch entstehenden Mehrkosten in der Errichtung rechnen sich un-ter Umständen erst nach 20 bis 30 Jahren und schaffen somit nur einen Anreiz bei langfris-tiger Investition. Das Problem dabei ist, dass es nicht viele Investoren gibt, die in diesen Zeitkategorien denken wollen und können. So ist es heute gängige Praxis, dass Wohnungen mit Räumen von nur 10 m² errichtet werden. Diese ‚Zimmer’ (früher sagte man dazu noch ‚Kabinett’ oder ‚Kammer’) sind bereits für die Umnutzung innerhalb der Wohnung nicht ver-wendbar, weil das kleine Kinderzimmer nicht als Elternschlafzimmer tauglich ist. Gebäude mit derartig kleinteiligen Grundrissstrukturen lassen sich daher in keiner Weise für andere Nutzungen – wie z. B. für Büros oder Gewerbe – adaptieren. Eine flexible Raumstruktur schlägt sich also positiv auf die Adaptionskosten nieder, da auch bei gleichbleibender Nutzung (z.B. Schule) die Ansprüche an Raum und Gebäude veränderlich sind. Bei umgenutzten Gebäuden ist es für Nutzer und Besucher ausschlaggebend, dass sie die Qualität der Architektur als Mehrwert erleben und sich mit ihr identifizieren können. So bieten Räume, die für industrielle oder ge werbliche Nutzungen gebaut wurden, durch ihre hohen Räume eine einzigartige Qualität – die zudem aus Gründen der effizienten Raumnutzung und der Kosten in Neubauten nicht realisiert werden würde. Der Reiz der Umnutzung besteht hier im Nicht-Rationalen, im Ungewohnten und im Nicht-Angepasstsein.Aus diesem Blickwinkel bietet sich in Graz-Reininghaus die Möglichkeit, die ehemaligen Brauereigebäude mit überaus kreativer (Aus-)Nutzung des vorhandenen Raums neu zu

Page 73: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

71Aspekte der Nutzungsvielfalt

bespielen: Neue/Zusätzliche Nutzungen, Funktionen und großzügige Raumerlebnisse werden realisierbar, die auf heutigen Grund-rissen nur schwer möglich sind – ein Mehr an Lebensqualität bis hin zum luxuriösen Unikat. Diese Qualitäten alter, vielfach in du strieller Gebäude ziehen eine Vielzahl unterschiedlicher, oft auch gewinnbringender Nutzungen an. „Alle wollen die New Economy, but the New Economy wants old buildings. Denn die alten Häuser sind flexibler und nutzungsneutraler.” so Christoph Chorherr.

Städtebau

Mit der Tertiärisierung und dem damit verbun-denem Wegfall innerstädtischer oder innen-stadtnaher industrieller Nutzungen ist in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl spannender Umnutzungsprojekte entstanden. Historische Gebäude bringen verschie-dene Vorteile mit sich. So überragt ihr Geschichts- und Imagewert den eines Neu-baus bei Atmosphäre und Landmark-Charakter oftmals deutlich. Alte Gebäudesubstanz bietet einen hohen Wiedererkennungswert und prägt damit den Gebietscharakter. Durch die Um-nutzung alter Gebäudestrukturen können An-kerpunkte für die Bevölkerung und damit Kon-tinuität in der Stadtteilstruktur erreicht werden. Außerdem kommt es bei der Änderung einer Nutzung vor Ort zu weniger Brüchen und die neue Nutzung ist leichter in das alte Umfeld zu integrieren. Berechtigung bekommt die Umnut-zung durch die Tatsache, dass sich die Art der Nutzung des öffentlichen Raums in den letzten 50 Jahren komplett verändert hat. Deswegen sollten, so meint Joan Busquets aus Barcelona

Umnutzung der„Sargfabrik“ in Wien

Page 74: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

Gewerbehöfe

Bei Gewerbehöfen handelt es sich um kleinräumliche Gewerbestandorte in inner-städtischen bzw. innenstadt-nahen Zentren. Entstanden sind sie im 19. Jahrhundert, als durch die Industrialisie-rung neue Fabrikationsanla-gen gebraucht werden. Auf-grund des Mangels an ver-fügbarer Gewerbefläche sie-deln sich nach dem Zweiten Weltkrieg in den Gewerbe-höfen kleinteilige Nachnut-zungen an. Damit etablieren sich Kleinbetriebe in diesen Stadtvierteln.

Gewerbehof in Hamburg mit neuer Nutzung

Umbau und Integration des „Siebengebirges“ in die Rheinauhalbinsel in Köln

im Interview* mit Andreas Kleboth und Max Rieder, auch Veränderungen im Design berück-sichtigt werden. „Der öffentliche Raum ist immer dazu designt, sich zu verändern.“ Am Beispiel der innerstädtischen Gewerbehöfe in Hamburg lässt sich gut ab-lesen, was die Umnutzung alter Gebäudestruk-turen für die Entwicklung eines Gebietes und für die Vielfalt an Nutzungen leisten kann. Seit den 70er Jahren spielen die mehrgeschoßigen Gewerbehöfe im Rahmen der Strategien zur Stadterneuerung eine wichtige Rolle. Hauptziele im gewerblichen Bereich sind die Schaffung eines attraktiven Gewerbe-flächenangebots zu günstigen Mietkonditionen und der Erhalt der Versorgung der Stadtteile mit Handwerks- und Dienstleistungsbetrieben. In den 80er Jahren und besonders mit den Stadtentwicklungsprogrammen der 90er Jahre verstärkte sich im Rahmen der integrierten Stadtteilentwicklung der Einsatz von Maßnah-men zur Unterstützung der lokalen Ökonomie. Heute reicht die Bandbreite der ansässigen Betriebe vom traditionellen Hand-werk über Alternativbetriebe bis hin zur „New Economy“. Dadurch weisen diese Betriebe oftmals eine gemeinschaftliche bzw. partner-schaftliche Struktur auf. Beide Betriebsformen suchen ihre Arbeits kräfte häufig über Netz-

werke und über Nachbarschaften, nicht selten in Abhängigkeit von informellen Arrangements und kulturellen Normen. Durch die Integration der Arbeitskräfte und die Verbindungen ins Quartier bilden diese Betriebe einen wesent-lichen Bestandteil des Viertels, durch woh-nungsnahe Arbeits- und Ausbildungsplätze tragen sie zur sozialen Integration und Sozia-lisation bei. Die Erfahrungen mit den Hamburger Gewerbehöfen zeigen aber auch, dass die Nutzungsmischung eine wesentliche Grund-lage für die lokale Ökonomie ist – zusammen mit der Bevölkerungsdichte, der Attraktivität des Viertels und der damit verbundenen Einbindung in überlokale Zusammenhänge. Insgesamt stehen die Hamburger Ge werbehöfe und ihr alter Gebäudebestand für Konstanz in ihrer städteräumlichen Ein-bindung und in ihrer Bau- und Gebäudestruktur. Zudem sind sie vielfach stadtgestalterische und architektonische Dokumente vormaliger industrieller Produktionsweisen. Gleichzeitig sind sie in ihren kontinuierlichen Anpassungs-prozessen aber auch Ausdruck des Wandels, der von unterschiedlicher Ausprägung und strategischer Schwerpunktsetzung ihrer Träger und Betreiber gekennzeichnet ist.

72* Joan Busquets nahm als Konsulent am Prozess „Stadtszenarien für Graz-Reininghaus“ teil.

>> Nutzungsvielfalt und Umnutzungen6

Page 75: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

73

Aspekte – Kurzfassung

Page 76: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

Was istNutzungsvielfalt?

Dynamisches Wechselspiel zwischen

Nutzungen und Nutzern

Hohe Ereignisdichte und Ruhe, je nach

Tageszeit

Veränderung des Charakters im Laufe des

Tages, bedingt durch zeitlich unterschied-

liche Nutzung einzelner Gruppen (am

Vormittag spielen Kinder, Berufstätige

essen zu Mittag, abends gehen Bewoh-

ner zum Shopping, …)

Durch öffentliche Nutzung auch Heraus-

bildung von Orten verschiedener Zugäng-

lichkeit (öffentlich – halböffentlich

– privat)

Anpassung an neue Nutzer und neue

Nutzungsbedingungen leichter möglich

Mehrere Nutzungen im gleichen Gebäude

möglich (zeitgleich parallel und zeitlich

gestaffelt)

Ausrichtung der Stadt auf fußläufige

Erreichbarkeit der Angebote, dadurch

Belebung der Stadt

Abwechslung statt Strukturmonotonie

Soziale und ökonomische Stabilität für

das Quartier

Welche Chancenentstehen durchNutzungsvielfalt?

Für die BevölkerungFußläufige Erreichbarkeit von Versorgern

des täglichen Bedarfs

Fußgänger-verträgliche Geschwindigkei-

ten und Raumgestaltung

Belebung der Stadt rund um die Uhr

Integrationscharakter für Nutzer unter-

schiedlicher Bevölkerungsgruppen

Für die KommuneGeringerer Flächenverbrauch durch dicht

beieinander liegende Nutzungen, nachhal-

tige Stadtentwicklung wird gefördert

Dichte bedingt geringere Herstellungs-

und Unterhaltskosten für Infrastruktur

Durch Nutzungsflexibilität ist ein Anpas-

sen der Stadtstruktur an geänderte Nut-

zungsbedingungen ohne große Kosten

möglich

Verbessertes Sicherheitsgefühl durch 24h

Belebung des Raumes

Langfristige Erträge

Integration von Minderheiten und

Mischung der Bevölkerungsschichten

Strukturen sind in der Zukunft robuster

und anpassungsfähiger

Soziale Robustheit

Für InvestorenMehrfachnutzung von Gebäuden – auch

in zeitlicher Abfolge – möglich

Streuung des Risikos durch verschiedene

Nutzungen

Bei prozentualer Widmung können

Flächen entsprechend der Nachfrage

vermietet werden

Welche Bedin­gungen gibt es für Nutzungsvielfalt?

Strukturelle VoraussetzungenFußgänger- und radfahrerfreundlicher

öffentlicher Raum mit entsprechenden

Straßenquerschnitten

Planungen beginnen mit dem öffentlichen

Raum

Fußläufige Erreichbarkeit der verschiede-

nen Angebote

Hohe Frequenz und gute Erreichbarkeit

der Angebote

Positive Nutzungsbelegung (Cafés, Kunst-

projekte, …)

Flexible und qualitativ hochwertige Ge-

bäudestrukturen als Voraussetzung für

Nutzungsflexibilität

Für unterschiedliche Nutzungen geeigne-

te Sockelzonen

Unterbringung kleinteiliger Nutzungen

Mögliche RechtsinstrumenteWidmung nach Geschoßen oder prozen-

tuale Widmung

Widmung nach Zeit

Bonuskubatur: gemeinschaftlich genutzte

Räume werden nicht in die Dichteberech-

nung einbezogen

Festlegungen der Gebäudehöhen mittels

Geschoßhöhen, Geschoßanzahl oder BGF

Privatrechtliche Regelungen über

Zugangsrechte

Gemeinsame Vermarktung der

Sockelzone

74

Page 77: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

Wie wirkt sichNutzungsvielfalt auf den Raum aus?

Für Verkehr und ErreichbarkeitReduktion des MIV

Höhere Akzeptanz des ÖPNV und

dadurch Ausbau des öffentlichen

Verkehrssystems

Stadt der kurzen Wege

Reduktion der Parkplätze, da sie im

Tagesverlauf mehrfach belegt werden

können

Lebendiger öffentlicher Raum

Fußläufige Erreichbarkeit vieler

Destinationen

Nähe von Quelle und Ziel

FlächenverbrauchMehrfachnutzung von Flächen

Durch kurze Wege weniger Flächen für

Erschließung erforderlich

Hohe Dichte

Welche Katalysatorengibt es fürNutzungsvielfalt?

QuartiersmanagementSozialraumbezogene Lösungen,

Bearbeitung von Fragen des sozialen

Zusammenlebens

Interventionen im Vorfeld der Entwick-

lung, während des Bauprozesses und

im bestehenden Gebiet

Förderung des bürgerschaftlichen

Engagements der Bewohner

Services während des Bestehens„b2me“-Märkte bieten verschiede-

ne Dienstleistungen und Services,

vom Einkaufen über Beratung und

Umsetzung individueller Büro- und

Wohnungseinrichtung bis zur

Altenbetreuung.

Untergebracht in der Sockelzone, kön-

nen sie diese beleben

Bauträger, Bauvereinigungenund BaugruppenGemischte Eigentümer- und

Finanzierungsstruktur

Baugruppen als neue Rechts-

und Gesellschaftsformen

Bauträgerwettbewerbe mit

Themenschwerpunkten

Gemeinnützige Bauvereinigungen als

Partner auch für Nicht-Wohnbauten,

soziale Infrastruktur und öffentliche

Einrichtungen

ZwischennutzungKann infrastrukturelle Unterversorgung

temporär ausgleichen

Kann als Imageprägung bei der

Entwicklung des Gebietes eingesetzt

werden

Flexibilität ist Voraussetzung

für temporäre Entwicklungen und

Zwischennutzungen

Welche Vorteileergeben sich fürNutzungsvielfaltbei Umnutzung?

GebäudeLage in Zusammenhang mit der neuen

Nutzung

Verwendbarkeit für die neue Nutzung

und Flächeneffizienz

Bau- und Haustechnik (Bestand, erfor-

derliche Adaptionen, Instandhaltungs-

und Energiekosten etc.)

Kreative (Aus-)Nutzung des vorhande-

nen Raums, dadurch neue/zusätzliche

Nutzungen und oftmals großzügige

Raumerlebnisse realisierbar, die in neu-

en Gebäuden nur schwer möglich sind

StädtebauHistorische Gebäude überragen durch

ihren Geschichts- und Imagewert den

Wert eines Neubaus bei Atmosphäre

und Attraktion deutlich

Kontinuität in der Struktur des Stadt-

teils und weniger Brüche vor Ort

Neue Nutzungen sind leichter in den

Stadtteil zu integrieren

Durch Nutzungsflexibilität können Ge-

bäudebestände wichtige Nutzungen im

Stadtteil attraktiv unterbringen

75Aspekte – Kurzfassung

Page 78: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

76

Auftraggeber

Die Asset One Immobilienentwicklungs AG wurde 2005 von österreichischen Investoren gegründet, um die Flächen aus dem ehe- maligen Besitz der Brau Union in Österreich zu entwickeln. Insgesamt werden Liegen-schaften im Ausmaß von 1,2 Millionen Quad-ratmetern gehalten. Über 900.000 m2 davon sind gewidmetes Bauland in Salzburg, Linz, Schwechat und Graz. Die zentrale Strategie von Asset One ist es, für Bauland in städti-scher Lage die optimale Nutzung zu finden und den Qualitäten und Besonderheiten jedes Standortes bestmöglich gerecht zu werden.

kleboth lindinger partners

Die städtebauliche Intendanz von Graz- Reininghaus wurde von der Asset One AG an kleboth lindinger partners (KLP) übertragen.Auf der strategischen Ebene gehören dazu die Beratung des Auftraggebers in städtebaulichen Fragen und laufende Gespräche mit Experten der Stadt Graz. Auf der operativen Ebene ent-wickelte KLP die Methode für die Koordinationder einzelnen Fachbereiche („städtebaulichePerspektiven“). Hier war KLP sowohl für Kon-zept und Programm als auch für die Realisie-rung verantwortlich, von der Erarbeitung der Themenfelder bis zur Organisation der Sympo-sien. KLP sind Stadtplaner und Archi tekten mit Standorten in Linz, Graz, Salzburg und Innsbruck.

Projektbeteiligte

Page 79: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

77Projektbeteiligte

Page 80: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

78

November 2008

HerausgeberAsset One AGwww.asset-one.atwww.graz-reininghaus.com

Städtebauliche IntendanzGesamtkonzeption kleboth lindinger partnerswww.kleboth-lindinger.com

Leitung des Symposiums Katharina Karoshi,kleboth lindinger partners

Moderation Wojciech Czaja, Der Standard

KonsulentenWolfgang AmannChristoph ChorherrRaimund GutmannJutta KleedorferMichael KleesChristian Krainer

Redaktion kleboth lindinger partnersmit Unterstützung von Cyrus Asreahan, Barbara Gigler und Michael Sammer

AutorenWolfgang AmannWojciech CzajaIna GranzowChristian HansenKatharina KaroshiAndreas Kleboth

Grafische GestaltungGabi Peters, Art Directionfilleins, Layout

TextbearbeitungChristian Hansen

Page 81: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

79

AbbildungsnachweisBenevolo, Leonardo, Die Ge-schichte der Stadt, 1983 (60); Freytag - Berndt (25 oben); cities, architecture and society, 10. Mostra internazionale di Architettura, Vol. 1 (53);eikongraphia.com (70); flickr.com, Uldo (66); Festival La Strada (56); Lisi Gradnitzer (U1, 6-9, 14-18, 20-21, 25 Abb. 3, 28-29, 32-33, 40-41); Lib.utexas.edu (46 rechts); kleboth lindinger partners (25 Abb. 5, 48-50, 52, 54, 55, 58, 59, 62); Magistratsabteilung 18 der Stadt Wien (67 unten, 68); Paul Kranzler (25 Abb. 1, 2, 4, 6); Gabi Peters (10-13, 23 unten, 61); picasaweb.com (72 unten, 51); RathConsulting (31, 34-38); Dr. Hans Ludwig Rosegger, Die Geschichte der Brüder Reining-haus (26); Colin Rowe und Fred Koetter „Collage City“ (47);

Sinus Sociovision und Microm (Hg.): Mosaic Milieus in Öster-reich, www.sinus-sociovision.de (64); Stadt Graz (23 oben, 46 unten); Stadt Wien (46 links); sargfabrik.at (71); schanze8.de (72 oben); slavonia.com (67 oben); Sokratis, Dimitriou, „Stadterweite-rung von Graz: Gründerzeit“ (52); Vitra Design Stiftung gGmbH

„Leben unter dem Halbmond Die Wohnkulturen der arabischen Welt“ (30); Wikipedia.de (69);wohnbund:consult (63)

Impressum

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Page 84: Nutzungsvielfalt für Graz-Reininghaus

www.graz-reininghaus.com