optionen der linsenchirurgischen presbyopie-korrektur · 18 | kongressausgabe ophthalmologische...

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OPHTHALMOLOGISCHE NACHRICHTEN | 06.2012 18 | KONGRESSAUSGABE Optionen der linsenchirurgischen Presbyopie-Korrektur Multifokallinsen: Refraktiv, diffraktiv, apodisiert, ferngewichtet oder trifokal – Wo liegt das Optimum? Großes theoretisches Wissen, wenig Praxis-Erfahrung POTSDAM Die Implanta- tion von Multifokallinsen ist derzeit die effektivste und etablierteste Methode der chirurgischen Presbyopie- Korrektur. Dennoch sind die intraokularen Multifokal- linsen sehr sensible und anfällige Systeme mit Proble- men und Nebenwirkungen, die auftreten können und den Patienten beeinträchtigen. D ie Linsen-Hersteller haben sich in den letzten Jahren durch unterschiedliche Technologien darum bemüht, die optischen Probleme der Multifokallinsen zu minimieren. Welche Probleme können mit Multi- fokallinsen auftreten? 1. Der Patient benötigt trotz Multifo- kallinsen-Implantation eine Brille. 2. Der Patient beklagt optische Neben- wirkungen, wie Halos, Blendempfind- lichkeit, Geisterbilder oder reduziertes Kontrastsehen. Was sind die Ursachen für diese möglichen Probleme? Grundsätzlich kann zwischen zwei Ursachen unter- schieden werden: 1. systemimmanente Nebenwirkungen, die durch das optische Prinzip der Mul- tifokallinse hervorgerufen werden. 2. Chirurgie-abhängige Probleme oder Verstärkung von Nebenwirkungen. Dazu gehören nicht nur die intraoperativen Bedingun- gen, sondern auch alle prä- und postoperativen, ange- fangen bei den spezifischen Voruntersuchungen wie Keratometrie, Pupillometrie und Hornhaut-Topographie bis hin zu einer großzügigen Indikation für eine YAG- Kapsulotomie. Die wesentliche Bedin- gung allerdings, die der Operateur für eine Multifokallinse schaffen muss, ist das postoperative Refraktionsergebnis ohne Astigmatis- mus (< 0,5 dpt). Die Möglichkeiten, dies zu erreichen, sind verschieden, eine sehr gut vorhersehbare und zuverläs- sige Methode sind die torischen Multi- fokallinsen, die inzwischen von mehre- ren Herstellern angeboten werden. Die systemimmanenten optischen Nachteile von Multifokallinsen (im Vergleich zu Monofokallinsen) versu- chen die Hersteller durch unterschied- liche technologische Ansätze zu mini- mieren. Die bisherigen wesentlichen Probleme der sogenannten refraktiven Multifokallinsen mit Ringstruktur, über die mehrere Brennpunkte durch Brechung erzeugt werden, sind vor allem optische Nebenwirkungen wie Halo-Effekte, Streulicht, erhöhte Blen- dung und damit einhergehende Nacht- fahruntauglichkeit. Ein neuartiger Ansatz einer refraktiven Multifokallin- se ist eine sektorförmig angelegte Linse mit zwei Brennpunkten (MPlus, Fa. Oculentis), also eine Bifokallinse, wie man sie bisher eher als diffraktive Modelle kannte. Die optischen Neben- wirkungen dieses Modells sind deutlich reduziert, außerdem ist es eine Linse, die weniger nahbetont, sondern eher fernbetont und mit einem Nahzusatz von 3,0 dpt auch im Intermediärbe- reich sehr gut nutzbar ist. Die technologische Umsetzung, auch für diffraktive Linsen, die bisher ausschließlich als Bifokallinsen auf dem Markt waren, einen Intermediär- bereich zu erzeugen, scheint mit den jüngsten trifokalen diffraktiven Linsen gelöst (z.B. AT LISA tri, Fa. Carl Zeiss Meditec). Ob sich dadurch jedoch die optischen Nebenwirkungen verstärken, bleibt abzuwarten. Durch verschiedene Modifizierungen der Oberflächen- gestaltung sind die diffraktiven Linsen der jüngeren Generation deutlich nebenwirkungsärmer geworden als die der ersten Generation. Dies wird erreicht zum Beispiel durch asphä- rische Oberflächen, durch Beschrän- kung der diffraktiven Optik auf den zentralen Linsenteil, durch Abrundung oder kontinuierliche Höhenabstufung der diffraktiven Struktur. Die Kunst des behandelnden und operierenden Augenarztes ist es, aus der Fülle der verschiedenen Multifokal- linsen-Modelle das individuell für den Patienten sinnvollste auszuwählen und alle perioperativen Voraussetzungen zu schaffen, die das refraktive Ergebnis optimieren. Dann wird die Multifokal- linse zum Optimum in der refraktiven Presbyopie-Chirurgie. W Sa., 16.06. 15.05-15.20 h H 9.7 Saal Tokio ( Autorin: PD. Dr. med. Anja Liekfeld, FEBO Augenklinik Klinikum Ernst von Bergmann gGmbH Charlottenstr. 72 14467 Potsdam Tel.: 0331-241-5101, Fax: 0331-241-5110 E-Mail: [email protected] Tab.: Optische Prinzipien der unterschiedlichen Multifokallinsen-Typen. Abb.: Einstückige asphärische Acryl- Multifokallinse (AT Lisa, Fa. Carl Zeiss Meditec) mit diffraktiver Optik, hier als bifokal torische IOL, seit neuestem auch als trifokale IOL erhältlich, wodurch der Intermediärbereich besser genutzt werden kann. Liekfeld (3) Anja Liekfeld

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OphthalmOlOgische NachrichteN | 06.201218 | kongressausgabe

Optionen der linsenchirurgischen Presbyopie-KorrekturMultifokallinsen: Refraktiv, diffraktiv, apodisiert, ferngewichtet oder trifokal – Wo liegt das optimum?

Großes theoretisches Wissen, wenig Praxis-ErfahrungFünf Jahre kurzzeitdozentur in Moshi/Tansania – Ein Erlebnisbericht

POtSDaM Die Implanta-tion von Multifokallinsen ist derzeit die effektivste und etablierteste Methode der chirurgischen Presbyopie-Korrektur. Dennoch sind die intraokularen Multifokal-linsen sehr sensible und anfällige Systeme mit Proble-men und Nebenwirkungen, die auftreten können und den Patienten beeinträchtigen.

Die Linsen-Hersteller haben sich in den letzten Jahren durch unterschiedliche Technologien

darum bemüht, die optischen Probleme der Multifokallinsen zu minimieren.

Welche Probleme können mit Multi-fokallinsen auftreten?1. Der Patient benötigt trotz Multifo-kallinsen-Implantation eine Brille.2. Der Patient beklagt optische Neben-wirkungen, wie Halos, Blendempfind-lichkeit, Geisterbilder oder reduziertes Kontrastsehen.

Was sind die Ursachen für diese möglichen Probleme? Grundsätzlich kann zwischen zwei Ursachen unter-schieden werden:1. systemimmanente Nebenwirkungen, die durch das optische Prinzip der Mul-tifokallinse hervorgerufen werden.2. Chirurgie-abhängige Probleme oder Verstärkung von Nebenwirkungen.

Dazu gehören nicht nur die intraoperativen Bedingun-gen, sondern auch alle prä- und postoperativen, ange-fangen bei den spezifischen Voruntersuchungen wie Keratometrie, Pupillometrie und Hornhaut-Topographie bis hin zu einer großzügigen Indikation für eine YAG-Kapsulotomie.

Die wesentliche Bedin-gung allerdings, die der

Operateur für eine Multifokallinse schaffen muss, ist das postoperative Refraktionsergebnis ohne Astigmatis-mus (< 0,5 dpt). Die Möglichkeiten, dies zu erreichen, sind verschieden, eine sehr gut vorhersehbare und zuverläs-sige Methode sind die torischen Multi-fokallinsen, die inzwischen von mehre-ren Herstellern angeboten werden.

Die systemimmanenten optischen Nachteile von Multifokallinsen (im Vergleich zu Monofokallinsen) versu-chen die Hersteller durch unterschied-liche technologische Ansätze zu mini-mieren. Die bisherigen wesentlichen Probleme der sogenannten refraktiven Multifokallinsen mit Ringstruktur, über die mehrere Brennpunkte durch Brechung erzeugt werden, sind vor allem optische Nebenwirkungen wie Halo-Effekte, Streulicht, erhöhte Blen-dung und damit einhergehende Nacht-

fahruntauglichkeit. Ein neuartiger Ansatz einer refraktiven Multifokallin-se ist eine sektorförmig angelegte Linse mit zwei Brennpunkten (MPlus, Fa. Oculentis), also eine Bifokallinse, wie man sie bisher eher als diffraktive Modelle kannte. Die optischen Neben-wirkungen dieses Modells sind deutlich reduziert, außerdem ist es eine Linse, die weniger nahbetont, sondern eher fernbetont und mit einem Nahzusatz von 3,0 dpt auch im Intermediärbe-reich sehr gut nutzbar ist.

Die technologische Umsetzung, auch für diffraktive Linsen, die bisher ausschließlich als Bifokallinsen auf dem Markt waren, einen Intermediär-

bereich zu erzeugen, scheint mit den jüngsten trifokalen diffraktiven Linsen gelöst (z.B. AT LISA tri, Fa. Carl Zeiss Meditec). Ob sich dadurch jedoch die optischen Nebenwirkungen verstärken, bleibt abzuwarten. Durch verschiedene Modifizierungen der Oberflächen-gestaltung sind die diffraktiven Linsen der jüngeren Generation deutlich nebenwirkungsärmer geworden als die der ersten Generation. Dies wird erreicht zum Beispiel durch asphä-rische Oberflächen, durch Beschrän-kung der diffraktiven Optik auf den zentralen Linsenteil, durch Abrundung oder kontinuierliche Höhenabstufung der diffraktiven Struktur.

Die Kunst des behandelnden und operierenden Augenarztes ist es, aus

der Fülle der verschiedenen Multifokal-linsen-Modelle das individuell für den Patienten sinnvollste auszuwählen und alle perioperativen Voraussetzungen zu schaffen, die das refraktive Ergebnis optimieren. Dann wird die Multifokal-linse zum Optimum in der refraktiven Presbyopie-Chirurgie. W

Sa., 16.06. 15.05-15.20 h

H 9.7 Saal Tokio

( autorin: PD. Dr. med. Anja Liekfeld, FEBO Augenklinik Klinikum Ernst von Bergmann gGmbH Charlottenstr. 72 14467 Potsdam Tel.: 0331-241-5101, Fax: 0331-241-5110 E-Mail: [email protected]

ECKERNFÖRDE/MOSHi Die DOG ver-gibt Kurzzeitdozenturen (KZD), um Kolle-gen/innen aus Klinik und Praxis die Mög-lichkeit zu geben, in Ländern der „Dritten Welt“ Augenheilkunde zu unterrichten.

S eit 2003 fahre ich jedes Jahr nach Afrika, um dort in mei-nem Urlaub an Augenkliniken

zu arbeiten. Was mit einer Arzt-vertretung und dem Aufbau einer Klinik begann, hat sich schnell zu einer Lehrtätigkeit entwickelt.

An der Lusaka-Eye-Clinic habe ich 2003 alle anfallenden konservativen wie auch operativen Arbeiten selber durchgeführt und geleitet. 2004/05 begann die Arbeit an der neu errichte-ten Augenklinik in Kibosho/Tansania, die noch keinen eigenen Augenarzt hatte und auch noch nicht richtig organisiert war. Während dieser Zeit habe ich die Kontakte zum KCMC/Moshi aufgebaut und festgestellt, dass ein großer Bedarf an OP-Unterricht besteht.

Seit 2006 fahre ich jedes Jahr ins KCMC und kann im Rahmen einer Kurzzeitdozentur meine Erfahrungen vor allem an die jüngeren Kollegen weitergeben. Schwerpunkte meiner Arbeit sind Vorlesungen, OPD-Teaching und OP-Unterricht.

Meine afrikanischen Kollegen sind in der Regel theoretisch gut ausge-bildet und sehr belesen. Was fehlt, sind selbstständiges Arbeiten, Ent-

scheiden in der OPD und operative Erfahrungen. Es ist eine große Freude, in der Ambulanz mit den jungen Kol-legen DD-Überlegungen anzustellen und ein Krankheitsbild einzugrenzen. Viele Krankheitsbilder sind jedoch ganz anders als in Deutschland und häufig durch HIV überlagert, sodass man sehr sorgfältig abwägen muss. Schwerste perforierende Verletzungen, Frontscheiben-Verletzungen infolge Nichtanschnallens, Verbrennungen und auch Tumore bei Kindern (Retino-blastom) sind dort Routine, bei uns in Europa beziehungsweise Deutschland jedoch nur noch selten anzutreffen.

Die im KCMC am häufigsten durch-geführte OP ist die ECCE (SIC) mit Tunnelschnitt und Kernexpression. Insofern ist es gut und wichtig, in die-ser OP-Technik Erfahrungen zu haben, die man weitergeben kann. Beim OP-Training muss man auch in der Lage sein, in jedem Schritt die OP zu übernehmen und sicher zu Ende führen zu können.

Natürlich ist auch das Interesse der erfahrenen Kollegen am Erlernen der Phako-Technik sehr groß. Maschinen sind meistens vorhanden, doch auch hier fehlen die Erfahrung und das Komplikations-management. Umso erfreulicher ist es, nach

recht kurzer Zeit die Fortschritte mit-verfolgen zu können. Die Kollegen/innen, die aus dem gesamten südli-chen Afrika zur Ausbildung nach Moshi kommen sind dankbar, moti-viert und freuen sich, wenn sich jemand Zeit nimmt und Einzel-OP-Unterricht geben kann.

Wenn ich wieder nach Deutschland zurückkehre, können die Kollegen das Erlernte umsetzen und das ganze Jahr weiter OP-Erfahrungen sammeln, auf die man im folgenden Jahr aufbauen kann. W

Sa., 16.06. 15.30-17.30 h

VAR 10 Saal Hongkong

( autor: Dr. Hans Joachim Miertsch Osterrade 41 24340 Eckernförde E-Mail: [email protected]

Tab.: Optische Prinzipien der unterschiedlichen Multifokallinsen-Typen.

Abb.: Einstückige asphärische Acryl-Multifokallinse (AT Lisa, Fa. Carl Zeiss Meditec) mit diffraktiver Optik, hier als bifokal torische IOL, seit neuestem auch als trifokale IOL erhältlich, wodurch der Intermediärbereich besser genutzt werden kann.

Liek

feld

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Anja Liekfeld

Mie

rtsc

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Hans Joachim Miertsch überwacht ein Augen-OP-Training.

Untersuchung an der Spaltlampe.Praxisnaher OP-Unterricht während eines Eingriffes.