pazifikÜberquerung april/mai 2012 tagebuch von bernhard … · 2012. 6. 25. · 1...
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PAZIFIKÜBERQUERUNG APRIL/MAI 2012 – Tagebuch von Bernhard
und Annemarie
A=Annemarie; B=Bernhard
Samstag, 21.4.2012 – Abreisetag
A: Als ob die Tiere von ISABELA, Galapagos, es merkten, dass wir kurz vor der Abreise
stehen - sie merken es und deshalb geben sich ein Pelikan und ein Pinguin ein
Stelldichein direkt neben unserem Boot. Ist das Frühgymnastik, was die da betreiben?
Der Pinguin schwimmt immer ganz nah vor des Pelikans Schnabel. Dieser schnappt
dann nach dem Pinguin, oder tut einfach so, als ob. Jedenfalls ist der Pinguin immer
der Schnellere. Eine willkommene Aufheiterung in unserer Anspannung. 2‘900
Seemeilen sind zu bewältigen, wollen wir in Hiva Oa, franz. Polynesien ankommen.
D.h. 4-5 Wochen non-stopp. Und der Pazifik ist gross – riesig – enorm !
Unsere befreundeten Schiffsnachbarn kommen uns verabschieden. Auch sie wollen
eine Woche später in dieselbe Richtung. Wir wollten ursprünglich zusammen reisen,
doch manchmal kommt was dazwischen und schon stimmen die Pläne nicht mehr
überein. Schade. Auf beiden Seiten wird gegen das Aufkommen von Emotionen
gekämpft.
Jetzt aber Anker auf, sonst bleiben wir noch hängen. 2 Schiffe sind 3 Stunden vor uns
Richtung Marquesas abgefahren. Schon sehr bald sehen wir keines mehr. Nach einem
Tag segeln verschwindet auch schon ISABELA, so als würde diese Insel gar nicht
existieren. Nur noch Wasser rund um uns. Sonst nix!
Bernhard schneidet sich Schnauz und rasiert sein Gesicht, damit der traditionelle Bart
auf Langstrecken, der schon bald spriessen wird, auch einen gepflegten Untergrund
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bekommt. Bis zum Ziel rasiert sich Bernhard nicht mehr. Gewöhnungsbedürftig.
Zumindest für mich, A.
Welch ein Glück, wir haben Wind und kommen gut voran. Vor 2 Wochen starteten
die meisten Boote in dieselbe Richtung. 1 Woche später eine zweite Staffel. Wir
geraten schon leicht unter Gruppendruck, wollten wir uns ja noch ISABELA
anschauen und deshalb noch nicht reisen. Doch diese ersten Boote hatten die ganze
erste Woche mit keinem Wind oder Schwachwind zu kämpfen und mussten schon
vom kostbaren Diesel verbrauchen. Wir aber haben wirklich Glück. Die geblähten
Segel auf raumen Kurs eingestellt, relativ niedrige Wellen. Das ist doch
Wohnkomfort. Die Sonne lacht. Was will man mehr?
B: Einmal mehr ist es wieder ein Tag des Abschieds, wo wir uns wehmütig von
liebgewonnenen Freunden trennen müssen .Hie und da ist ein Tränchen nicht zu
vermeiden. Zudem haben wir Kribbeln im Bauch und etwas Kopfschmerzen. Es
behagt mir nicht besonders, mehr als einen Monat ganz auf sich allein gestellt zu
sein. Wir starten am Mittag und nehmen zusammen mit dem Hauptsegel die
Maschine zu Hilfe, damit wir hart am Wind besser Distanz zum Land bekommen.
Nach etwa zwei Std. fängt es an aus dem Motorraum zu rauchen und so stellen wir
die Maschine ab. Was stimmt hier nicht? Wir entscheiden, nicht umzukehren, weil
wir auf Galapagos schlechte Voraussetzungen für Reparaturen haben würden. Zudem
haben wir ja Segel!
So., 22.4.
A: 3 Segler überholen uns nachts. Ein Katamaran, der 3 Stunden nach uns gestartet ist.
Er soll fast 1 Woche vor uns in den Marquesas ankommen! Ja, bei diesen Gefährten
und dann noch ausgerüstet mit dem modernen Parasailor (ein Spinnacker ähnliches
Segel) „geht die Post ab“. Die fahren dann manchmal fast doppelt so schnell wie wir.
Die fliegen. Wahnsinn. Morgendämmerung: der Schreck! Ganz in unserer Nähe
erblicken wir ein kleines Fischerboot, das im Wellental völlig verschwindet. Nicht
allzu viel fehlte für eine Kollision. Uff. Glück gehabt!
B: Ein Test mit dem Motor verläuft positiv. Vermutlich hat die Schräglage wegen dem
hart am Wind segeln mit mitlaufendem Motor der Maschine nicht gefallen. Ich
erinnere mich, dass der Auspuff wo auch das Kühlwasser vom Seewasserkreislauf
raus kommt, ständig unter Wasser war.
Mo., 23.4.
A: Mein Blick richtet sich auf eine Hand Bananen, die unter einem Solar Panel baumelt.
Natürlich alle Früchte gleichzeitig gereift. So entschliesse ich mich, einen Kuchen zu
backen. Eine willkommene Abwechslung im Menü und Tagesablauf.
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B: Squalls (Gewitter) zwingen uns zum Reffen. Danach Flaute. Motor läuft wieder
problemlos. Dann 9kn Wind. Wir gleiten still und ohne Motor mit 5kn Fahrt über die
fast wellenlose See dahin.
Di., 24.4.
B: Sehr ruppige See. Wir kommen schnell voran. Habe etwas Kopfschmerzen und
Nackenverspannung. Ich bin noch nicht an die raue See gewöhnt. Nachtwache halten
wir abwechselnd etwa drei Stunden. Der pechschwarze Himmel enthüllt eine noch
nie erlebte Sternenvielfalt. Am Zenit schimmert die Milchstrasse in unendlicher
Weite. Die helle Venus lässt die Wasseroberfläche nur erahnen, deshalb liebe ich
mondlose Nächte nicht.
Mi., 25.4.
A: Manchmal stockt mir fast der Atem, wenn mir bewusst wird, dass wir auf so einem
riesigen Meer segeln. Mit Wassertiefen bis zu 5000 Metern. Kein Schiff in Sichtweite.
Da ist kein Gegenverkehr. Niemand der an dir vorbei zieht. In einem Notfall bist du
ziemlich allein!
B: Schon drei Tage kein anderes Schiff gesehen. Eine Taktik hat sich etabliert: Wenn der
Wind stärker wird, fallen wir vom Raumschotkurs, soweit es geht bis fast
„Vor dem Wind“ ab: Dadurch bringen wir mehr Laufruhe ins Schiff. Wenn der Wind
schwach wird, luven wir mehr an, fahren dadurch schneller, weil der scheinbare*
Wind stärker wird. (*=Summe vom wahren- + Fahrtwind). Dass wir beim Anluven
mehr Süd und beim Abfallen mehr West machen, spielt so weit vom Ziel entfernt,
eine weniger grosse Rolle. Hauptsache, wir haben immer gleichmässig gute Fahrt.
Do., 26.4.
A: Heute scheint unser Glückstag zu sein mit einem Traumetmal von 159 Seemeilen!
(zurückgelegte Strecke innerhalb 24 Stunden). Das schlechteste im Vergleich über
den Atlantik: 26 sm.
Und jetzt gegen den frühen Abend – Petri Heil. Bernhard im Anglerglück! Er zieht eine
wunderschöne Goldmakrele an Bord. Fast schade, sie zu essen. Aber unsere
Frischfleisch-Vorräte sind schon aufgebraucht. Extrem, wie schnell die goldene Haut
während des Verwesungsprozesses ins Grau übergeht.
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B: Die emotionelle Teilnahme von den Daheimgebliebenen hält sich in Grenzen. Wir
konnten wegen dem Internetzusammenbruch unseren Start nicht bekannt geben.
Umso grösser ist verständlicherweise die Anteilnahme von Mitseglern auf dem
Funknetz. Ca. 10 sind auf der Strecke und wir geben täglich unsere Position und
unser Wohlergehen bekannt. Wir treffen auf einen Frachter der still steht. Über
Funk erfahren wir, dass sie Maschinenschaden haben und auf Hilfe ihrer Kompanie
warten. Sie haben wenig zu Essen und zu Trinken, fragen uns aber nicht nach
Vorräten. Ueber das Woher und Wohin erhalten wir nur unklare Antworten. Wir
segeln weiter und überlegen, ob wir ihnen vielleicht doch etwas von unseren
Vorräten hätten abgeben sollen?
Fr., 27.4.
A: Beide empfinden wir, dass uns die Schaukelei nichts mehr ausmacht und wir uns nun
gut an das Bordleben gewöhnt haben. Die sogenannten Seebeine sind gewachsen!
B: 1/3 des Weges ist geschafft. Annemarie öffnet eine Bilge zwischen Motor und Küche
weil Vorräte darin rumpeln. Da sieht und riecht sie Diesel! Woher mag der nur
kommen? Nach der Wachablösung um Mitternacht fange ich an, die Umgebung
abzusuchen. Die Leitungen sind trocken. Ein Rinnsal läuft weiter. Ich vermute, dass
beim letzten Filterwechsel Diesel in die Schallisolierung des Motorenraumes gelangte
und es von dort kommt und sicher bald aufhört!
Sa., 28.4.
B: Diesel rinnt weiter in die Küche. Ich säge die Verbauung unter dem Kühlschrank weg
um mehr zu sehen. Die dahinter liegende Bilge ist ziemlich voll dieses agressiv
riechenden Saftes. Später entdecke ich zwischen den beidenachterlichen Backskisten
Diesel hin und her schwappen. Wir räumen sie aus, entdecken drei Dieselkanister,
deren Entlüftungsschrauben lecken. Reinigen alles und räumen wieder ein. Wir
sind erleichtert, im Glauben, das Problem gelöst zu haben. 2 Stunden später
schwappt wieder Diesel zwischen den Backskisten. So viel kann doch nicht von lecken
Kanistern kommen?
So., 29.4.
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B: Ich ahne Schlimmes. Es muss vom Haupttank kommen. Was ist, wenn ein Leck an
einem unzugänglichen Ort besteht? Dann müssten wir jeden Tag die Bilgen ins Meer
entleeren, weil wir keine Behälter dafür haben. Das wäre dann aber nicht sehr
umweltgerecht.
Mo.,30.4.
B: Wir räumen die steuerbord Backskiste, so gross wie eine Kabine, aus um an den
Dieseltank zu kommen. Trepp ab und durchs ganze Schiff zügeln wir das viele
Material eine Stunde lang in die Vorkabine. Ich finde das Leck. Es ist der Anschluss
vom Überlauf, der halb abgebrochen ist und bei den Rollbewegungen des Schiffes
Diesel heraus schwappen lässt.
Ich dichte es mit selbstver-
schweissendem Band
provisorisch ab und reinige die
Umgebung. Auch die beiden
achterlichen Backskisten
müssen nochmals ganz
ausgeräumt und gereinigt
werden. Das sind mehrere
Stunden Arbeit im Dieseldampf
tief unten in diesen Kisten,
während das Schiff mit 7kn
durch 2m Wellen torkelt! Ich glaube jetzt bin ich wirklich seefest.
Di., 01.5.
B: Gegen Morgen wache ich durch wunderbare Düfte von frischem Brot und Kuchen
auf. Annemarie hat während ihrer letzten Wache gebacken. Welch herrliche
Überraschung. Wir haben viel Wind und hohe Wellen. Auf dem Funknetz hören wir,
dass andere Segler Flaute haben, vor allem südlich. Auf dem Wetter-Grib werden
schwachwindige Tage vorausgesagt. Heute feiern wir Bergfest (Streckenhälfte) mit
einem fantastischen Kuchen .
A: Entzückt verfolgen wir während dem Frühstück die abrupt aus dem Wasser
schnellende Silberwolke, die sich schwebend über Wellenkämme und –Täler
verschiebt. Ein Schwarm fliegender Fische ist wohl wieder auf der Flucht vor dem
Feind.
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Mi., 02.5.
A: Wie so an manchen Morgen sammeln wir alle übernachteten toten Gäste auf Deck
ein. Der Verwesungsprozess hat längst eingesetzt und dieser Geruch erzeugt bei uns
Übelkeit. So veranstalten wir ein Seebegräbnis. Es handelt sich um mindestens ein
Dutzend fliegender Fische und mehrere Sepias, die den nächtlichen Räubern in
falscher Richtung entflohen.
B: Ein bekanntes Funknetz ist das Günternetz um 03:00 Uhr UTC auf 14135kHz. Es gibt
uns das Gefühl von Sicherheit, wenn jemand an Land und viele Segler unsere Reise
verfolgen.
Do.,03.5.
B: Günter betreibt das Funknetz seit 30 Jahren ehrenamtlich. Er ist begeisterter
Amateurfunker und hilft auch mit Ratschlägen bei der Installation der Seefunkstation.
Wir haben dieses 81 jährige Original und seine Frau in Contadora, Las Perlas besucht.
Ich finde, er macht das sehr gut, damit er auf dieser kleinen Insel nicht vereinsamt.
Fr.,04.05.
B: Ich ändere die Segeltaktik und probiere es mit ausgebaumter Fock backbords und
ausgebaumter Genua steuerbords. Wir fahren direkt aufs Ziel und das klappt gut.
Dies ist die Typische Passatbesegelung. (Und sieht aus wie ein Schmetterling)
Der Fotograf getraut sich das erste Mal während
Sa.,05.05. der Fahrt in den Mast.
A: Vollmondnacht – Silberpracht! Meine Nachtschicht geht zu Ende. Ergriffen und
gebannt verfolge ich ein spektakuläres Wunder der Natur. Im Morgengrauen bettet
sich der orange-leuchtende Vollmond im Westen in eine flauschig-weiche, hellgraue
Wolke und legt sich behaglich schlafen. Währenddessen versucht die goldene runde
Sonnenkugel im Osten, dem Mond die Show zu stehlen und verzaubert innert
Minuten die Wolken und das Meer in eine entflammte Landschaft.
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B: Es stinkt immer noch nach Diesel aber es bleibt trocken. Wenig Wind, eklige Kreuzsee
bei wunderschönem Sonnenschein.
So.,06.05.
B: Die ganze Nacht begleitet uns der helle Vollmond. Wir segeln ohne Toplicht um
Strom zu sparen. Wir sehen alles auf der seidenglänzenden Meeresoberfläche. Wir
segeln unter blassweissen Passatwolken vor pastellblauem Himmel.
Mo.,07.05.
B: Während Annemaries Wache höre ich im Schlaf das Rattern der Winsch. Das
bedeutet, Annemarie ist am Reffen. Ich stehe vorsorglich auf. Sie sagt sie sei mit
fantastischen 10kn wie auf Schienen davon gebraust. Mutig, mutig. MARIPOSA kann
theoretisch 8kn nicht überschreiten; Maximale Rumpfgeschwindigkeit bei
Verdrängern = Quadratwurzel der Länge unseres Bootes = 3,55m x 2,43= 8.6kn. Beim
Vorwindkurs merkt man die Geschwindigkeit nicht so recht, weil der Fahrtwind genau
von vorne kommt und damit den wahren Wind reduziert. Zudem kommen in der
Regel die Wellen genau von hinten was zur Laufruhe beiträgt.
Di.,08.05.
B: Wir hören am Funk laut und deutlich die SY ASPASIA2, die mehr als eine Woche vor
uns gestartet ist, auf dem Funk. Sie segelt ganz in unserer Nähe. Ihnen ist das Genua
gerissen aber jetzt wieder genäht. Wir hätten sie gerne getroffen, aber dazu müssten
wir stark in den Norden segeln, weil sie langsamer sind als wir. Die SY MISS
GOODNIGHT, die mit uns gestartet ist, ist in Hiva Oa bereits angekommen. Es ist
eben ein Katamaran und erst noch mit Parasailor ausgerüstet, einer
Weiterentwicklung vom Spinnaker.
Mi.,09.05.
B: Vereinzelte Wellen sind drei Meter hoch und wenn sie gerade hinter uns brechen
besuchen sie uns im Cockpit.
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Do.,10.05.
B: Während der Wassermacher läuft, geht immer wieder die Kippschalter-Sicherung bei
der Schalttafel raus. Ich beobachte, dass sich die Pumpe zuerst verlangsamt, auf der
Ampereanzeige 20 statt 4 Amps angezeigt werden. Wenn ich die Pumpe ausschalte
bleiben die 20amps bis die Sicherung “rausfliegt“. Was kann das wohl bedeuten? Ich
habe leider von der Elektrik wenig Ahnung. Das ist mir ein Rätsel.
Fr.,11.05.
B: Wir verzichten auf weitere Tests mit dem Wassermacher weil wir so weit draussen
keinen Schwelbrand, der schwer zu löschen wäre, riskieren wollen. Wir haben schon
das Gefühl etwas zu riechen.
A: Frischwarenbestand nach 19 Tagen auf See:
1 gr. Stück Ingwer, 2 Zwiebeln, Knoblauch, 1 Apfel, 1 kl. Stück Butter, 1 kl. Stück Käse,
2 Limonen
Sa.,12.05.
B: Sollen wir eher nach Futu Hiva oder Hiva Oa? Es sei sehr schön in Futu Hiva, aber es
ist kein Einklarierungs-Ort. Wir hören auf dem Funk, es seien schon Yachten
weggeschickt und gebüsst worden.
So.,13.05.
B: SY MARIPOSA rollt wie verrückt. Nicht um sonst hat sie den Übernahmen
„Gampiross“ erhalten. Kreuzsee mit bis zu 3m hohen Wellen. Ich sehne mich nach
meinem standfesten Bett zu Hause.
Mo.,14.05.
B: Der bewölkte Himmel ist pechschwarz. Der Mond kommt erst um 2 Uhr morgens.
Plötzlich bricht die Sollbruchstelle bei einer Umlenkrolle der Transmission des
Windpilots. Wieder ein Beispiel mehr, warum Wache halten von Vorteil ist. In so
einem Fall verliert jedes Schiff den Kurs und legt sich quer zu den Wellen. Man muss
das Steuer sofort selbst übernehmen.
Di.,15.05.
B: Wir verlangsamen die Fahrt, damit wir nicht nachts ankommen. Wir sind noch nie
irgendwo nachts angekommen. Eine zerklüftete Berglandschaft taucht aus dem
Morgennebel. Wir haben Hiva Oa nach nur 24 Tagen erreicht. Es wurden mit dem
teilweisen Raumschotkreuzen 3078sm. (Für den Atlantik brauchten wir 33 Tage
obwohl die Strecke wesentlich kürzer war).
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Mi.,16.05.
B: Die Leute denken vielleicht, ich würde die Flaggenparade als Feier unserer Ankunft
setzen. Aber so ist es nicht. Annemarie kann ihren Geburtstag mit Boden unter den
Füssen begehen. Das Gehen macht uns allerdings Mühe. Ich schwanke und mir wird
übel. Sagt man dem jetzt immer noch Seekrankheit oder bin ich landkrank?
Paul Gaugin liebte die Farbenpracht dieser Insel. Das Bild entstand auf dem Weg zu seinem Grab
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Do.,17.05.
B: Wir müssen uns hier wie überall zuerst bei den Behörden einklarieren. Die
Vorahnung bestätigt sich. Wir Schweizer müssen einen Bond, eine Kaution von
umgerechnet ca. 2500 SFr. pro Person zahlen, weil franz. Polynesien das Schengen
Abkommen nicht umsetzt. Das wäre ja noch nicht das Schlimmste, weil wir das Geld
vor Verlassen des Landes ja wieder zurückfordern können, sofern man vorher kein
Sozialfall wird. Denn dann wird es für das Rückflugticket verwendet. Die Bank
verlangt leider eine Gebühr für das Abheben und eine für das Wechseln in Euro. Beim
Verlassen des Landes, wird es jedoch in polynesischer Währung zurückgegeben. Es
fallen wieder Wechselgebühren an. Seit Jahren reklamieren natürlich viele Touristen.
Aber dann heisst es einfach, man müsse das ja nicht machen. Heisst das, das Land
nicht besuchen oder was? Trotzdem - Franz. Polynesien ist wirklich eine Reise wert.
Leider ist alles unverschämt teuer. Nicht etwa wegen den Transportkosten, sondern
weil hohe Steuern auch auf Inlandprodukten verrechnet werden. Wie uns
verschiedene Polynesier erklärten, wollen sie trotzdem nicht von Frankreich
unabhängig sein. Sie befürchten, dass der Fiskus dann noch mehr will. Wir hätten
weniger Mühe an allen Orten, wo wir momentan leben, die vielen Steuern,
Gebühren, Taxen und Zölle zu zahlen, wenn wir nicht auch noch in der Schweiz die
Steuer bezahlen müssten.
Fr.,18.05.
B: Wir werden auf unseren Entdeckungs-Ausflügen mehr als entschädigt. Durch die
Dörfer schlendernd gehen wir einkaufen und werden überall freundlich begrüsst.
Diese liebenswürdigen Menschen sind auch meist nicht auf Geld aus. Segler werden
oft mit Früchten aus ihren üppigen Gärten beschenkt.
Sa.,19.05.
B: Die eindrückliche Landschaft mit seinen bizarren Basaltspitzen im ständig
wechselnden Licht ist atemberaubend. Das feucht-heisse Klima sorgt für eine üppige
Flora. Es ist schon erstaunlich. Das Land ist extrem fruchtbar, jedoch dünn besiedelt.
Währenddessen leben wir dicht besiedelt in Europa , wo doch im Winterhalbjahr
nichts wächst und wir Schweizer können uns nicht mal ganz vom eigenen Grund und
Boden ernähren. Unsere Bauern müssen für den Winter horten. Und wir horten für
das ganze Leben, während die Polynesier darin keinen Lebenssinn sehen. Sie
möchten lieber ein gemütliches Leben, in froher Gesellschaft geniessen. Recht haben
sie. (Bevor die Europäer hier ankamen, war die Bevölkerungszahl wesentlich höher)
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So.,20.05.
B: Die Tagestemperaturen bewegen sich um die 30 Grad im Schatten. Zum Glück sind
die Nächte recht kühl (23 Grad), was für einen guten Schlaf sorgt. Wenn wir nicht
unterwegs sind, gehen wir um etwa 20 oder 21 Uhr ins Bett, weil es um 19 Uhr stock
dunkel wird. Dafür stehen wir voll ausgeschlafen um 06 Uhr auf. Ein Grund mehr für
unsere neuen Schlafgewohnheiten ist der Bord-Strom, den wir sparen müssen.
Mo.,21.05.
B: Wir haben wegen der hohen
Luftfeuchtigkeit überall im Schiff, vor
allem in Holz, Leder oder Kunst-
stoffabdeckungen Pilzbefall. Bis jetzt
haben wir etliche Putzmittel, Javelle und
Essig ohne Erfolg ausprobiert.
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B: Nach 13 Tagen Hiva Oa übersegeln wir in einem Nachtschlag nach Oa Pou. Als es
schon dunkel ist, wollen wir das Grosssegel hissen. Da jedoch etwas klemmt, ziehe
ich es wieder herunter, indem ich beim Vorliek von Hand nachhelfe und dabei in
ein Westpennest greife, das sich dort in den Falten eingenistet hatte. Zum Glück
erhielt ich nur einen einzigen Stich von den aufgescheuchten Viechern.
Wir werden auf jeder Insel von meist herzlichen Einheimischen empfangen, die noch viel Zeit
zum Schwatzen haben. Privateigentum wird hier noch nicht abgeschlossen. Hier wird so gut
wie nichts gestohlen. Fast in jeder Bucht treffen wir wieder befreundete Segler. Es ist
wirklich ein grossartiger Fleck auf der Erde, von dem wir lange geträumt haben. Mehr davon
in unserem nächsten Bericht.