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18 Pfandrecht, Sicherungsübereignung, Sicherungsabtretung 18.1 Pfandrecht und pfandrechtsähnliche Rechte – allgemein Pfandrecht, Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung gehören wie die Grund- pfandrechte zu den dinglichen Sicherungsrechten, die der Darlehensnehmer selber stellen kann, die aber auch von einem Dritten als Sicherungsgeber beigebracht werden können. Von diesen Rechten, die wie Pfandrecht und Sicherungseigentum an beweglichen Sa- chen und wie Pfandrecht und Sicherungsabtretung. an Forderungen uns sonstigen Rechten bestellt werden können, ist nur das Pfandrecht gesetzlich geregelt (§§ 1204 ff. BGB). Si- cherungsübereignung uns Sicherungsabtretung sind (ähnlich wie die Mithaftung bei den Personalsicherheiten) aus der Praxis heraus entwickelt worden. Sie sind dem im Gesetz geregelten vertraglichen Pfandrecht nachgebildet, verzichten aber auf ein wesentliches Merkmal von ihm, auf seine Publizität. Darauf werden wir noch zu sprechen kommen. Wegen der Ähnlichkeit der drei Sicherungsrechte rechtfertigt es sich, sie zusammen zu besprechen. Das vertraglich vereinbarte Pfandrecht ist wie Bürgschaft und Hypothek akzessorisch, also in seiner Entstehung, im Fortbestand und seiner Übertragung von der gesicherten Forderung abhängig (§ 1252 BGB). Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung ge- hören dagegen zu den fiduziarischen Sicherheiten, da sie im Außenverhältnis mehr Rechte gewähren, als im Innenverhältnis, der Beziehung von Sicherungsgeber zu Sicherungsneh- mer, gewollt ist. Insoweit stehen sie als nicht akzessorische Sicherheiten der Mithaftung und der Grundschuld gleich. Wie bei diesen ist die Sicherungsvereinbarung von entscheiden- der Bedeutung, die Absprache von Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer, wofür und in welchem Umfang das Sicherungsrecht haftet. H. Staab, P. Staab, Kreditvertrags- und Kreditsicherungsrecht, 311 DOI 10.1007/978-3-658-02065-1_18, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014

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18Pfandrecht, Sicherungsübereignung,Sicherungsabtretung

18.1 Pfandrecht und pfandrechtsähnliche Rechte – allgemein

Pfandrecht, Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung gehören wie die Grund-pfandrechte zu den dinglichen Sicherungsrechten, die der Darlehensnehmer selber stellenkann, die aber auch von einem Dritten als Sicherungsgeber beigebracht werden können.Von diesen Rechten, die wie Pfandrecht und Sicherungseigentum an beweglichen Sa-chen und wie Pfandrecht und Sicherungsabtretung. an Forderungen uns sonstigen Rechtenbestellt werden können, ist nur das Pfandrecht gesetzlich geregelt (§§ 1204 ff. BGB). Si-cherungsübereignung uns Sicherungsabtretung sind (ähnlich wie die Mithaftung bei denPersonalsicherheiten) aus der Praxis heraus entwickelt worden. Sie sind dem im Gesetzgeregelten vertraglichen Pfandrecht nachgebildet, verzichten aber auf ein wesentlichesMerkmal von ihm, auf seine Publizität. Darauf werden wir noch zu sprechen kommen.Wegen der Ähnlichkeit der drei Sicherungsrechte rechtfertigt es sich, sie zusammen zubesprechen.

Das vertraglich vereinbarte Pfandrecht ist wie Bürgschaft und Hypothek akzessorisch,also in seiner Entstehung, im Fortbestand und seiner Übertragung von der gesichertenForderung abhängig (§ 1252 BGB). Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung ge-hören dagegen zu den fiduziarischen Sicherheiten, da sie im Außenverhältnis mehr Rechtegewähren, als im Innenverhältnis, der Beziehung von Sicherungsgeber zu Sicherungsneh-mer, gewollt ist. Insoweit stehen sie als nicht akzessorische Sicherheiten der Mithaftung undder Grundschuld gleich. Wie bei diesen ist die Sicherungsvereinbarung von entscheiden-der Bedeutung, die Absprache von Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer, wofür und inwelchem Umfang das Sicherungsrecht haftet.

H. Staab, P. Staab, Kreditvertrags- und Kreditsicherungsrecht, 311DOI 10.1007/978-3-658-02065-1_18, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014

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312 18 Pfandrecht, Sicherungsübereignung, Sicherungsabtretung

18.2 Pfandrecht des BGB

Das Pfandrecht ist ausführlich im Gesetz geregelt (§§ 1204 ff. BGB). Es kann an Sachen(§§ 1204 ff. BGB) und an Rechten (§§ 1273 ff. BGB) bestellt werden.

Als Kreditsicherung hat das Pfandrecht keine Bedeutung erlangt, ist es doch zur Verpfän-dung einer Sache notwendig, die Sache dem Sicherungsnehmer zu übergeben (§ 1205 BGB),zur Verpfändung eines Rechts, sie dem Schuldner des verpfändeten Rechts anzuzeigen(§ 1280 BGB).

Beides ist in der Praxis nicht gewollt, will doch der Sicherungsgeber mit der Sacheregelmäßig arbeiten, etwa den finanzierten Pkw nutzen. Ebenso wenig schätzt er, dass dieVerpfändung eines Rechts, etwa eines GmbH-Anteils, durch die Anzeige bekannt wird,bedeutet dies doch regelmäßig, dass er sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet.Zudem ist das Verfahren kompliziert und viel zu schwerfällig, insbesondere wenn es dieVerpfändung von Sach- oder Forderungsgesamtheiten mit wechselndem Bestand geht.

Beispiel

Der Kunde K verpfändet der Sparkasse S zur Sicherheit für einen Kredit sein Konto beider Volksbank V.

Die Verpfändung wird erst wirksam mit ihrer Anzeige an V. Da das Pfandrecht überhaupterst mit der Anzeige entsteht (§ 1280 BGB), ist es wichtig, dass diese in nachweisbarerForm geschieht. Die Verpfändung hätte aber Konsequenzen, die von den Beteiligten nichtunbedingt gewollt sind. Bis zur Fälligkeit des Pfandrechts (§§ 1273, 1228 II BGB) könnte Vnur noch an K und S gemeinsam Zahlungen aus dem verpfändeten Konto tätigen (§ 1281BGB). Damit ist das Konto, mit dem K doch arbeiten will, praktisch lahmgelegt. NachFälligkeit wäre V verpflichtet, ein eventuelles Guthaben an S auszukehren (§ 1282 BGB).

18.3 AGB-Pfandrecht der Kreditinstitute

Regelmäßig wird aber eine Bank als Drittschuldnerin im Sicherungsfall des Kunden eigeneAnsprüche haben, die zu befriedigen sind.

Ergänzung Die Volksbank V hat ihrerseits eine Kreditforderung fällig gestellt, die dasGuthaben von K auf dem Girokonto übersteigt. Muss sie dennoch an S zahlen?

Banken und Sparkassen haben in ihren Geschäftsbedingungen ein eigenes Pfandrechtenthalten1, das der Sicherung aller bestehenden und künftigen Ansprüche der Bank gegenden Kunden dient. Es umfasst alle Wertgegenstände des Kunden, die sich im Besitz der

1Sog. Pfandklausel, Nr. 21 AGB-Sparkassen, Nr. 14 AGB-Banken.

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18.4 Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung – allgemein 313

Bank befinden oder während der Bankgeschäftsbeziehung in deren Besitz gelangen. Daskönnen als Forderungen die Guthaben des Kunden auf den Konten sein, als Sachen Wertpa-piere, die die Bank für den Kunden im Depot verwahrt. Das AGB-Pfandrecht gilt ergänzendzu anderen gewährten Sicherheiten. Es entsteht mit der Begründung des Bankrechts-verhältnisses durch Abschluss eines Giro- oder Kreditvertrags, in dem die AllgemeinenGeschäftsbedingungen der Bank zum Gegenstand des Vertragsverhältnisses gemacht wer-den. Das Pfandrecht bedarf zu seiner Begründung keiner gesonderten Inbesitznahme vonSachen, da es ohnehin nur an solchen besteht, die sich bereits im Besitz der Bank befinden(§ 1205 I 2 BGB). Ebenso bedarf es bei Rechten keiner Abtretungsanzeige, da es sich umeine Verpfändung von Forderungen geht, die sich gegen sie selber richten.

Damit liegen die wesentlichen Nachteile des AGB-Pfandrechts nicht vor, derentwegeneine Verpfändung von Sachen und Rechten als Kreditsicherung üblicherweise nicht erfolgt,insbesondere eine für den Geschäftsverkehr nachteilige Publizität.

Zurück zum obigen Fall: Bei mehrfachen Verpfändungen gilt das Prioritätsprinzip.Es gelangt das zeitlich frühere Recht zur Entstehung. Das ist aber das AGB-Pfandrechtder Volksbank, das bereits bei Beginn des Bankrechtsverhältnisses und Eröffnung desGirokontos entstanden ist. Die Volksbank kann in dem Beispielsfall zunächst selber Befrie-digung suchen. Die Sparkasse käme nur dann zum Zuge, wenn danach noch ein Guthabenverbleibt.

Das Beispiel zeigt, wie problematisch die Verpfändung von Sachen und Rechten ist, diesich im Besitz Dritter befinden. Indem die Bank über die nach ihren Geschäftsbedingungenverpfändeten Sachen und Rechte bereits verfügt, hat sie im Sicherungsfall einen schnellenZugriff auf sie.

Die freie Verfügungsbefugnis des Bankkunden über Guthaben und Depotinhalt bleibt imÜbrigen unberührt, ist sie doch gerade Voraussetzung der Geschäftsbeziehung zwischenKunden und Bank. Das schränkt auch den Wert des AGB-Pfandrechts der Bank wesentlichein, kann sie doch nicht verhindern, dass der Kunde bereits vor dem Sicherungsfall Kon-tostände und Depots leer räumt. Ein Kreditinstitut wird zudem gewissenhaft überprüfenmüssen, ob die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Sicherung tatsächlich ge-geben sind. Sperrt es dem Kunden das Konto, bedeutet das regelmäßig das wirtschaftlicheAus für ihn.

So gesehen hat auch das Pfandrecht der Banken und Sparkassen in ihren AllgemeinenGeschäftsbedingungen nur einen begrenzten Wert. Es kann eine solide Kreditsicherungnicht ersetzen.

18.4 Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung – allgemein

An die Stelle des Pfandrechts als Sicherungsmittel für Bankkredite sind Sicherungseigentumund Sicherungsabtretung getreten.

Die Sicherungsübereignung, etwa des bankfinanzierten Pkws, setzt nicht dessen Über-gabe voraus. Statt ihrer kann zwischen Bank und Kunden ein Besitzkonstitut vereinbart

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314 18 Pfandrecht, Sicherungsübereignung, Sicherungsabtretung

werden, zumeist ein Verwahrungsvertrag, sodass die zur Sicherheit übereignete Sachebeim Kunden verbleibt. Er kann das Fahrzeug wie beabsichtigt nutzen. Niemand siehtdem Fahrzeug an, dass es auf Pump erworben wurde.

Die Sicherungsabtretung von Forderungen und Rechten erfolgt in der Form einer stillenZession. Die Bank ist erst im Sicherungsfall berechtigt, dem Schuldner die Abtretunganzuzeigen. So nimmt die Kreditwürdigkeit des Kunden durch zur Sicherung erfolgterÜbereignung und Abtretung keinen Schaden, indem sie nach außen nicht publik wird.

Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung gehören zu den fiduziarischen Si-cherungen. Die Bank erhält nach außen hin mehr Rechte, nämlich Eigentum undForderungsinhaberschaft, als ihr nach der Sicherungsabrede im Innenverhältnis zustehen.Übereignung und Abtretung erfolgt nur zur Sicherung des Darlehensrückerstattungsan-spruchs der Bank und mit der Maßgabe, von dem Verwertungsrecht nur Gebrauch zumachen, wenn bei dessen Fälligkeit keine Zahlung erfolgt. Nur im Sicherungsfall darfdas Sicherungsgut in Anspruch genommen werden. Wird der Kredit ordnungsgemäß zu-rückgezahlt, ist die Bank verpflichtet, Eigentum und Recht zurück zu übertragen. Darausfolgt zugleich, dass Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung nicht akzessorischeSicherungsrechte sind.

Bei ihnen ist daher die Sicherungszweckvereinbarung von besonderer Bedeutung, legtsie doch fest, wofür das Sicherungsgut haftet. Sie ist wie bei der Grundschuld formlosgültig, erfolgt im Kreditgeschäft aber regelmäßig schriftlich, schon des besseren Nachwei-ses wegen. Sind bei Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung Kreditnehmer undSicherungsgeber identisch, bestehen auch keine Bedenken gegen die Vereinbarung einesweiten Sicherungszwecks, wonach das Sicherungsgut alle, auch künftigen Ansprüche aus dergeschäftsmäßigen Bankverbindung sichert. Zu Einzelheiten kann auf die Ausführungenzur Grundschuld als weiterer nichtakzessorischer Sicherheit verwiesen werden.

18.5 Globalsicherheiten

Von ihnen spricht man, wenn eine Vielzahl von Sachen oder Forderungen zur Sicherungübertragen werden.

Beispiele

• Ein Fuhrunternehmer übereignet der Bank seinen gesamten Fuhrpark.• Ein Fabrikant übereignet ihr seinen Maschinenpark.• Ein Händler übereignet sein gesamtes Warenlager zur Sicherung eines Kontokor-

rentkredits.

Die Tatsache, dass das Sicherungsgut dem mit dem Kreditnehmer regelmäßig iden-tischen Sicherungsgeber verbleibt und ihm gestattet ist, mit ihm zu arbeiten, bedingteinige vertragliche Besonderheiten.

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18.5 Globalsicherheiten 315

Weiterverkauf Handelt es sich um Handelswaren, ist dem Sicherungsgeber gestattet,über sie zu verfügen, solange gewährleistet ist, dass dies im ordnungsgemäßen Geschäfts-gang geschieht und der erzielte Kaufpreis auf ein bei der Bank geführtes Konto eingezahltwird. Vom normalen Geschäftsgang gedeckt ist auch der Abverkauf von Saisonware zuermäßigten Preisen, nicht aber ein Ausverkauf zu Schleuderpreisen.

Im Rahmen der guten Sitten (§ 138 BGB) sind die Vertragsparteien in der Gestaltungihres Sicherungsvertrages frei. Dabei sollten die Entnahmeklauseln, also die Regelungen,die zum Weiterverkauf der sichernden Ware berechtigen, mit besonderer Sorgfalt gefasstwerden.

Oft erfolgt der Verkauf erst nach einer Umarbeitung.

Beispiel

Ein Kürschner verarbeitet die ihm gelieferten und auf Lager gehaltenen Pelze zuMänteln.

Hier ist zu beachten, dass das Sicherungseigentum nicht nach § 950 BGB untergeht, indemeine neue Sache geschaffen wird. Das geschieht durch Verarbeitungsklauseln, vertraglicheRegelungen, die gewährleisten, dass sich das Sicherungseigentum an der neu geschaffenenSache fortsetzt2.

Austausch von Anlagegütern Besonderheiten können sich auch bei zur Sicherung über-eigneten Anlagegütern ergeben. Bei ihren wird häufig vereinbart, dass der Sicherungsgeberberechtigt ist, veraltete oder unbrauchbar gewordene Maschinen oder Geräte durch neuezu ersetzen und sich das Sicherungseigentum an ihnen fortsetzt (sog. Austauschklauseln).

Informationspflichten Die beiderseitige Interessenlage bedingt, dass der Kunde die Bankzu informieren hat, wenn deren Recht gefährdet wird, etwa indem die zur Sicherung über-eignete Sache durch einen Dritten gepfändet wird. Kommt es zu einer Versteigerung, istder Pfändungsgläubiger auf Kosten der Bank um den Erlös ungerechtfertigt bereichertund hat ihn herauszugeben. Hinzu kommen weitere Auskunfts- und Rechenschafts-pflichten des Sicherungsgebers. Er hat auf Anfordern dem Sicherungsnehmer Einsichtin die Geschäftsbücher zu gewähren und ihm Gelegenheit zu geben, das Sicherungsgut zubesichtigen.

Sicherungszweckerklärung Die Beispiele zeigen, dass gerade bei der sicherungswei-sen Übereignung von Sachen oder Sachgesamtheiten (Warenlager) bzw. Abtretung vonAußenständen der Abfassung der Sicherungszweckerklärung und der je nach Sachlagegebotenen wechselseitigen Pflichten besondere Sorgfalt zu widmen ist. Kommt es zu

2Eine Produkthaftung der Bank bei einem späteren Verkauf ist ausgeschlossen, da sie alsSicherungsnehmerin keine Sachherrschaft erlangt und die Sache auch nicht in den Verkehr bringt.

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schwerwiegenden Verletzungen der Rechte der Bank, macht sich der Sicherungsgeberschadenersatzpflichtig. Es kommt auch die außerordentliche Kündigung des gesichertenKredits oder der Geschäftsverbindung insgesamt in Betracht3.

Bestimmtheit bei übereigneten Sachen besonderem Maße ist darauf zu achten, dass sichdas Sicherungsgut von nicht zur Sicherung übertragenen Gegenständen abgrenzen lässt.Hier werden oft Fehler gemacht, eine Nachlässigkeit, die regelmäßig dazu führt, dass derSicherungsvertrag insgesamt unwirksam ist.

a. Zur Sicherungsübereignung ist die Bestimmtheit des Sicherungsgutes notwendig. Dazumuss nicht jeder Gegenstand gesondert aufgeführt werden. Es reichen Sammelbe-zeichnungen aus, wenn sie keinen Zweifel lassen, was übereignet wurde und wasnicht.

Beispiele

• Übereignet werden alle Maschinen, die sich in der Fertigungshalle befinden.• Übereignet werden alle Waren, die sich in der Lagerhalle D befinden oder künftig

eingebracht werden.

b. Sind Sachen übereignet, die sich in einem bestimmten Raum oder auf einer bestimm-ten Fläche befinden (sog. Raumsicherung), ist erforderlich, dass Raum oder Fläche,in der sich das Sicherungsgut befindet, exakt bezeichnet und festgelegt ist, etwa durcheine Skizze, die dem Sicherungsvertrag beigefügt ist. Gibt es mehrere Fertigungshallenund ist die Lagerhalle nicht wie im Sicherungsvertrag gekennzeichnet, ist das Gebotder Bestimmtheit des Sicherungsgutes nicht gewahrt. Es reicht bei der Sicherungs-übereignung nicht aus, dass sich die betroffenen Gegenstände erst durch außerhalb desSicherungsvertrages liegende Umstände ermitteln lassen, etwa durch die Hinzuziehungvon Lagerbüchern, Schriftwechsel oder Rechnungen

Ausreichend ist dagegen, wenn die Gegenstände gattungsmäßig genau bezeichnet werden.

Beispiele

• Übereignet werden sämtliche Vorräte an noch nicht verarbeiteten Stahlblechen.• Übereignet werden alle Container der Größe X.

Dabei ist insbesondere bei revolvierenden Sicherheiten – also solchen, die sich immer wiederauf neue Gegenstände erstrecken – darauf zu achten, dass auch erst künftig auf das Firmen-

3Vgl. Nr. 19 III AGB-Banken, Nr. 26 II AGB-Sparkassen.

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18.5 Globalsicherheiten 317

gelände gelangende Gegenstände mit umfasst sind. Bei Gegenständen mit „All-Klauseln“ist man regelmäßig auf der sicheren Seite. Das ist gegeben, wenn das gesamte Warenlager,alle Kraftfahrzeuge oder alle Waren der Größe X übereignet werden, wobei auf eine exakteUnterscheidungsmöglichkeit zu achten ist. Unklarheiten lassen ein Sicherungseigentumnicht entstehen.

Bestimmbarkeit bei abgetretenen Forderungen Für die Wirksamkeit einer Sicherungs-abtretung reicht dagegen die Bestimmbarkeit der abgetretenen Forderungen aus, wobei –anders als bei der Sicherungsübereignung – auch außervertragliche Umstände wie Kun-denlisten, Rechnungsdurchschriften und Lagerbücher zur Klärung hinzugezogen werdenkönnen.

Beispiel

Zur Sicherheit abgetreten werden alle Forderungen aus Verkäufen an die Kunden mitden Anfangsbuchstaben A bis K.

Hier sind All-Klauseln geboten, wobei die Art der abgetretenen Rechte exakt zu beschreibenist.

Beispiel

Zur Sicherung abgetreten werden sämtliche, auch künftige Ansprüche aus dem Verkaufvon Herrenoberkleidung.

Nicht ausreichend ist eine Abtretung von Kundenforderungen „in jeweiliger Kredithöhe“,da nicht erkennbar ist, aus welchen Einzelforderungen sich der abgetretene Gesamtbetragzusammensetzt

Erweiterte Sicherungsübereignung Handelt es sich bei dem Sicherungsgut um Han-delsware, werden Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung als Sicherungsmittelkombiniert. Der Unternehmer ist berechtigt, die zur Sicherung übereignete Ware im nor-malen Geschäftsbetrieb zu verkaufen, tritt aber der Bank im Vorhinein die aus dem Verkaufentstehenden Forderungen zur weiteren Sicherung ab.

Der Unternehmer bleibt berechtigt, die Forderungen einzuziehen, solange die Zahlun-gen auf ein bei der Kreditgeberin für ihn eingerichtetes Konto erfolgt. Er ist auch berechtigt,über den Erlös im normalen Geschäftsgang zu verfügen, etwa durch Ankauf neuer Ware.Dabei ist zu gewährleisten, dass neu angeschaffte Ware und aus ihrem Verkauf entste-hende Forderungen von der Sicherung mit umfasst werden. Solange der Kunde seinenVerpflichtungen der Bank gegenüber ordnungsgemäß nachkommt, ist er durch die um dieAbtretung der Forderungen aus dem Verkauf erweiterte Sicherungsübereignung in seinenGeschäften nicht behindert.

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318 18 Pfandrecht, Sicherungsübereignung, Sicherungsabtretung

18.6 Knebelung

Die Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung können zu einer umfassenden In-anspruchnahme des vorhandenen und künftigen Sicherungsguts eines Firmenkundenführen.

Beispiel

Die Sparkasse S hat sich zur Absicherung eines höheren Kontokorrentkredits von ihremKunden K übereignen bzw. abtreten lassen:

• das gesamte Anlagevermögen,• das gesamte Warenlager einschließlich künftig gelieferter Waren und• alle Außenstände einschließlich künftig entstehender Kundenforderungen.

K, aus den Sicherheiten in Anspruch genommen, wendet ein, die umfassende Absiche-rung sei wegen Verstoßes gegen die guten Sitten (§ 138 BGB, Knebelung) nichtig. DerLieferant L wendet ein, S habe den bei Lieferung der Waren vereinbarten verlängertenEigentumsvorbehalt nicht beachtet.

Globalsicherungsverträge, die die gesamten gelieferten und noch zu liefernden Waren, diegesamten, auch künftigen Außenstände umfassen, haben den Vorteil, ihrer Eindeutigkeit.Das Problem der Identifizierung des Sicherungsgutes und seiner Separierung stellt sichdann nicht, wenn wie vorliegend das gesamte Inventar, das vollständige Warenlager undalle aus dem Weiterverkauf anfallende Forderungen abgetreten werden.

Solange eine solche alle geschäftlichen Aktivitäten umfassende Sicherung den Kundennicht in seiner Handlungsfreiheit einengt, die Bank ihm also die Freiheit lässt, seine Ge-schäfte weiter zu betreiben, verstößt sie nicht gegen die guten Sitten (§ 138 BGB).und istungefährlich.

Der BGH stellt dazu fest4: „Von einer sittenwidrigen Knebelung des Sicherungsgebersdurch den Sicherungsnehmer kann dann nicht gesprochen werden, wenn der Sicherungs-geber durch den Vertrag nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Das ist dannder Fall, wenn der Sicherungsgeber über seine Produktion, die durch das Lager läuft,im ordnungsgemäßen Geschäftsgang jederzeit frei verfügen kann und dies auch tut. Nurwenn die Grenzen nicht eingehalten werden, die geschäftlicher Anstand und gute Sitte derBefriedigung eines an sich berechtigten Sicherungsbedürfnisses des Kreditgebers ziehen,kann eine solche Sicherung gemäß § 138 BGB rechtlich missbilligt werden.“

Bedenklich wird es, wenn die Bank in einer krisenhaften Situation auf die Geschäftstä-tigkeit Einfluss nimmt, etwa indem sie wirtschaftliche Entscheidungen des Kunden vonihrer Zustimmung abhängig macht.

4BGH WM 1965, 1248 ff.

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18.7 Übersicherung 319

Beispiel

Der Kunde K ist zahlungsunfähig. Die Sparkasse S ist bereit, einen weiteren Kredit zugewähren, wenn K künftig alle wirtschaftlichen Entscheidungen nur gemeinsam miteinem ihm von S zur Seite gestellten Unternehmensberater trifft.

Lässt sie sich ein solches Recht zur Einflussnahme vertraglich einräumen, läuft sie Gefahr,dass der Sicherungsvertrag wegen sittenwidriger Knebelung nichtig ist (§ 138 BGB).

Lässt sie sich ein solches Recht nachträglich geben, um ihre Eigeninteressen besser wah-ren zu können, läuft sie Gefahr, in eine Quasigesellschafterstellung zu geraten mit der Folge,dass gegebene Darlehen in der Unternehmenskrise nicht mehr zurückgefordert werdenkönnen (§§ 30a ff. GmbHG).

18.7 Übersicherung

Wenn es um die Absicherung von Kreditforderungen geht, laufen die Interessen von Bankund Kredit sicherndem Kunden konträr. Die Bank will eine möglichst umfassende Sicher-heit, der Kunde will nicht mehr als notwendig einbringen, um sein Vermögen nicht unnötigzu belasten und sich Spielraum für weitere Kreditsicherungen zu bewahren. Das hat zu denvon der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen der Nichtigkeit wegen Übersicherung(§ 138 BGB) geführt.

Ursprünglich ging die Rechtsprechung von festen Wertgrenzen aus. Wurden sie über-schritten, hatte dies die Nichtigkeit des Sicherungsvertrages insgesamt zur Folge (§ 138BGB).

Dabei stellten sich Probleme bei revolvierenden Sicherheiten, also solchen, bei de-nen sich das Sicherungsgut durch Zu- und Abverkauf immer wieder erneuert. Hier sindSchwankungen im Wertverhältnis Sicherungsgut – gesicherte Forderungen unvermeidlich,sodass eine nachträgliche Übersicherung und damit die Nichtigkeit des Sicherungsge-schäfts fast unvermeidlich waren, insbesondere wenn ein Kontokorrent mit wechselndemForderungsbestand abgesichert wurde. Aber auch bei einem Annuitätendarlehen ändertsich das Verhältnis Sicherungsgut – gesicherte Forderung nachträglich, indem der Kreditnach und nach zurückgeführt wird, sich also ermäßigt, während die Sicherheit der Höhenach bestehen bleibt. So kann eine ursprünglich wirksame Sicherung nachträglich nichtigwerden.

In der Kreditpraxis führte das zu großer Verunsicherung. Um der schwierigen Rechts-lage gerecht zu werden, wurden die Verträge immer umfangreicher und komplizierter bishin zur Unverständlichkeit.

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320 18 Pfandrecht, Sicherungsübereignung, Sicherungsabtretung

Dem hat der Große Senat des BGH5 mit nachfolgender Entscheidung im Jahre 1997 einEnde gesetzt. Die von ihm entwickelten Grundsätze gelten noch heute uneingeschränkt.

▼ Leitsatz Der Sicherungsgeber hat bei formularmäßig bestellten, revolvieren-den Globalsicherungen im Falle nachträglicher Übersicherung einen ermes-sensunabhängigen Freigabeanspruch auch dann, wenn der Sicherungsvertragkeine oder eine ermessensabhängig ausgestaltete Freigabeklausel enthält. Beiformularmäßig bestellten, revolvierenden Globalsicherungen sind weder eineausdrückliche Freigaberegelung noch eine zahlenmäßig bestimmte Deckungs-grenze noch eine Klausel für die Bewertung der SicherungsgegenständeWirksamkeitsvoraussetzung. Enthält die formularmäßige Bestellung revolvie-render Globalsicherungen keine ausdrückliche oder eine unangemesseneDeckungsgrenze, so beträgt diese Grenze (unter Berücksichtigung der Kostenfür Verwaltung und Verwertung der Sicherheit), bezogen auf den realisier-baren Wert der Sicherungsgegenstände, 110% der gesicherten Forderungen.Allgemeingültige Maßstäbe für die Bewertung der Sicherungsgegenstände beiEintritt des Sicherungsfalles lassen sich im Voraus weder bei der Sicherungs-übereignung noch bei einer Globalabtretung festlegen. Die Grenze für dasEntstehen eines Freigabeanspruchs für das Sicherungsgut liegt regelmäßig bei150% des Schätzwerts (BGB § 237 S. 1).

Erläuterungen Schätzung des Wertes des SicherungsgutesWird ein Warenlager mit wechselndem Bestand übereignet, werden also revolvierende

Außenstände abgetreten, muss zunächst eine Bewertung des aktuellen Sicherungsgutserfolgen. Zum Schätzwert ist ein Aufschlag von zehn Prozent für die Kosten der Verwaltungund der Verwertung des Sicherungsguts zu machen.

Die Praxis lehrt, dass bei der Verwertung des Sicherungsguts – dem Verkauf der über-eigneten Sachen, der Beitreibung der abgetretenen Kundenforderungen – mit erheblichenVerlusten zu rechnen ist. Dies rechtfertigt einen weiteren Zuschlag von bis zu 50 Pro-zent. Der Zuschlag richtet sich aber stets nach den Gegebenheiten des Einzelfalles undkann in Ausnahmefällen – bei einem mit besonderen Verwertungsrisiken versehenenSicherungsgut – auch darüber liegen.

Folge der Fehlschätzung Weist der abgeschlossene Sicherungsvertrag bereits von vorn-herein eine größere Wertedifferenz zwischen Sicherungsgut und gesicherten Forderungenauf, ist er wegen anfänglicher Übersicherung nichtig (§ 138 BGB).

Dazu hat der BGH nochmals Stellung genommen6:

5BGH, Großer Senat für Zivilsachen, GSZ 1/97, 2/97, NJW 1998, 671 ff.6NJW 1998, 2047f.

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18.8 Kollision mehrerer Globalsicherungen 321

Orientierungssatz Eine ursprüngliche Übersicherung liegt vor, wenn bereits beiVertragsschluss gewiss ist, dass im noch ungewissen Verwertungsfall ein auffälligesMissverhältnis zwischen dem realisierbaren Wert der Sicherheit und der gesicherten Forde-rung bestehen wird. Entscheidend für die Feststellung anfänglicher Übersicherung ist derrealisierbare Wert nach den ungewissen Marktverhältnissen im Falle einer Insolvenz desSchuldners. Dieser Wert lässt sich nur anhand der Besonderheiten des Einzelfalls in tatrich-terlicher Verantwortung, ggf. mit sachverständiger Hilfe, ermitteln. Bewertungsrisikenund -unschärfen ist dabei angemessen Rechnung zu tragen.

Und weiter Die ursprüngliche Übersicherung lässt das Geschäft als sittenwidrig erschei-nen, wenn es im Zeitpunkt seines Abschlusses nach seinem aus der Zusammenfassung vonInhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sittennicht vereinbar ist. Die Übersicherung muss insbes. auf einer verwerflichen Gesinnungdes Sicherungsnehmers beruhen. Davon kann ausgegangen werden, wenn der Sicherungs-nehmer aus eigensüchtigen Gründen eine Rücksichtslosigkeit gegenüber den berechtigtenBelangen des Sicherungsgebers an den Tag legt, die nach sittlichen Maßstäben unerträglichist.

Voraussetzung für eine ursprüngliche Nichtigkeit des Sicherungsvertrags ist also, dass derSicherungsnehmer aus verwerflicher Gesinnung handelt, was man selten nachweisen kön-nen wird. Insbesondere reicht es nicht aus, wenn er sich über den Wert des Sicherungsgutsin einem Irrtum befand. Der Sicherungsgeber hat aber einen Anspruch auf Freigabe desTeils, der unangemessen ist.

Folge einer nachträglichen Änderung des Werteverhältnisses Ändert sich das Werte-verhältnis im Laufe der Vertragszeit zugunsten des Sicherungsnehmers, macht dies dasSicherungsgeschäft nicht nichtig. Der Kunde hat gegenüber der Bank auch hier einenAnspruch auf Freigabe der nicht mehr angemessenen Sicherheiten.

Mit diesen neuen Regeln ist die Gefahr einer Nichtigkeit des Vertrags wegenÜbersicherung (§ 138 BGB) weitgehend gebannt.

18.8 Kollision mehrerer Globalsicherungen

Der wesentliche Nachteil von Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung ist ihremangelnde Publizität. Insoweit bieten sie Risiken, die der Verpfändung von Sachen undRechten nicht eigen sind, da zu ihrer Bestellung die (unpraktikable) Übergabe der verpfän-deten Sache, bzw. die (ebenso unerwünschte) Anzeige der Abtretung der verpfändetenForderung an den Schuldner erforderlich ist.

Eine Konsequenz der mangelnden Publizität ist, dass die Sicherungsübereignung keinenSchutz bietet, wenn der Sicherungsgeber sich unredlich verhält und über das Sicherungsgutanderweitig verfügt. Verkauft er die zur Sicherung übereignete Sache an einen Dritten,

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322 18 Pfandrecht, Sicherungsübereignung, Sicherungsabtretung

geht das Sicherungseigentum unter, wenn der Erwerber von ihm keine Kenntnis hatund seine Unkenntnis auch nicht auf grober Fahrlässigkeit beruht. Die Bank verliert ihrSicherungseigentum infolge gutgläubigen Erwerbs durch einen Dritten (§ 932 BGB).

Ähnliche Probleme ergeben sich, wenn der Sicherungsgeber das Sicherungsgut nach-einander an mehrere Sicherungsnehmer überträgt. Hier ist zwischen Sicherungsabtretungund Sicherungsübereignung zu unterscheiden:

Sicherungsabtretung

Beispiel

Der Kunde K nimmt bei der Sparkasse S einen Kredit auf und tritt dieser zur Sicher-heit einen (noch nicht fälligen) Anspruch aus einer Lebensversicherung ab. Späternimmt er bei der Volksbank V einen weiteren Kredit auf und überträgt auch diesersicherungshalber die Lebensversicherung.

Welche Abtretung ist wirksam?Bei Forderungsabtretungen gilt grundsätzlich das Prioritätsprinzip. Nur die erste Abtre-

tung kommt zum Tragen. Dies gilt sowohl für bestehende als auch (bei Vorausabtretungen)für künftig entstehende Forderungen. Bei Mehrfachabtretung derselben Forderungengehen daher weitere Abtretungen ins Leere. Der Schuldner macht sich späteren Abtre-tungsgläubigern gegenüber, die leer ausgehen, schadenersatzpflichtig, wenn er eine bereitserfolgte Abtretung verschweigt7.

Anders als bei der Sicherungsabtretung ist bei der Sicherungsübereignung von Sachenfür den Rechtserwerb und Rechtserhalt der Wille des Schuldners maßgebend.

Beispiel

Der Kunde K nimmt bei der Sparkasse S einen Kredit auf und übereignet ihr zurSicherung eine Maschine. Später nimmt er bei der Volksbank V einen weiteren Kreditauf und übereignet ihr die gleiche Maschine.

Sicherungsübereignung Die Sicherungsabtretung von Forderungen erschöpft sich ineinem einzigen Akt, der Abtretungsvereinbarung. Erfolgt sie als Abtretung künftigerForderungen, gehen die Forderungen mit ihrem Entstehen sogleich auf den Abtretungs-empfänger über.

Die Sicherungsübereignung einer Sache oder Sachgesamtheit (Warenlager) setzt dage-gen zwei Rechtsakte zur ihrer Wirksamkeit voraus:

• die Einigung über den (sicherungshalber erfolgenden) Eigentumsübergang und• die Vereinbarung eines sog. Besitzkonstituts (Verwahrung oder Leihe), will doch der

Kunde die Sache (Maschine) weiter nutzen oder (Ware) veräußern.

7Oft sind ihm formularmäßig erfolgte Abtretungen nicht einmal bewusst.

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18.8 Kollision mehrerer Globalsicherungen 323

Der Kunde muss daher den Willen haben, sie für den Sicherungsnehmer zu besitzen.Der Wille von K, die Maschine für S zu besitzen, erlischt aber, wenn er eine weitere

Sicherungsübereignung für V vornimmt. Mit dem treuwidrigen Abschluss der zweitenÜbereignung hat K nun den Willen, das Sicherungseigentum für V entstehen zu lassen mitder Folge, dass nun V Sicherungseigentümer wird. Das Recht von S erlischt.

Problem: Identifikation des Sicherungsgutes Die Beziehungen zwischen Sicherungsge-ber und Sicherungsnehmern bei Mehrfachsicherungen sind kompliziert und sollten daheran einem Fall erläutert werden. Dabei zeigt sich auch, wie schwierig es sein kann, imNachhinein das Sicherungsgut zu identfizieren

Beispiel

Der Grabsteingroßhändler K hat 2008 von der Sparkasse S einen größeren Krediterhalten und hat ihr

• seinen gesamten, auch künftigen Bestand an Steinen übereignet und zugleich• alle, auch künftig entstehenden Forderungen aus Weiterverkäufen abgetreten.

Der Lagerbestand wurde in einer Liste wie folgt aufgenommen:

• 100 Steine Granit• 100 Steine Schiefer• 100 Steine Marmor

2009 erhält K weitere

• 50 Steine Granit• 50 Steine Schiefer• 50 Steine Marmor

Am 02.01.2010 erhält K von der Volksbank V einen weiteren Kredit und überträgtauch ihr als Sicherheit das gesamte Warenlager an Grabsteinen und alle auch künftigenForderungen aus Abverkäufen.

Er bezieht 2010 weitere

• 50 Steine Granit,• 50 Steine Schiefer,• 50 Steine Marmor, die er ungetrennt von anderen auf sein Lager nimmt.

Weder die Sparkasse noch die Volksbank wussten von der Mehrfachsicherung.Am 02.01.2011 wird über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet. DerInsolvenzverwalter verkauft das gesamte Steinlager. S und V streiten über den Erlös.

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324 18 Pfandrecht, Sicherungsübereignung, Sicherungsabtretung

Zur Klärung der Eigentumsverhältnisse an dem Steinlager muss man in zeitlichen Schrittenvorgehen.

a. Rechtslage am 01.01.2010Die Sparkasse ist Sicherungseigentümerin aller Steine, wegen der antizipierten Übereig-nung auch der 150 Steine, die nach Vertragsschluss im Jahre 2009 geliefert wurden. Allebis zum 01. 01. 2010 eingehenden Zahlungen gebühren aufgrund der Vorausabtretungihr.

b. Rechtslage am 02.01.2010:Durch den Abschluss eines weiteren Sicherungsvertrages zugunsten der Volksbankhat sich zunächst nichts geändert. Insbesondere hat V nicht gutgläubig Eigentum amLagerbestand erworben, da es dazu die Steine in ihren unmittelbaren Eigenbesitz hättenehmen müssen (§§ 932, 933 BGB), wozu es infolge der Insolvenz nicht mehr kam.Außerdem stellt sich die Frage, ob eine Unkenntnis der Rechte der Sparkasse bei Vnicht auf grober Fahrlässigkeit beruhte (§ 932 BGB), da sie damit rechnen musste, dassdie Ware in fremdem Eigentum (Lieferanten, andere Sicherungsnehmer) stand.

c. Rechtslage am 01.01.2011:Zur Begründung des Sicherungseigentums bedarf es

• der Einigung über den Eigentumsübergang und• der Begründung eines Besitzkonstituts, etwa eines Verwahrungsvertrages, um dem

Sicherungsgeber den Besitz der Sache zu belassen.

Beides hatte K bereits bei Abschluss des ersten Sicherungsvertrages (zugunsten der Spar-kasse) auch für den künftigen Erwerb von Steinen getätigt. Indem er aber am 02.01.2010eine weitere Sicherungsübereignung zugunsten eines Dritten vornahm, hat er zu erken-nen gegeben, künftig gelieferte Ware für V erwerben zu wollen. Damit sind die 2010erworbenen Steine in das Eigentum der Volksbank übergegangen.

d. Rechtslage 02.01.2011:Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens hatte der Insolvenzverwalter das Recht, diegelagerte Ware in Besitz zu nehmen und ungeachtet des Sicherungseigentums von Sund V zu verwerten, war aber verpflichtet, den Erlös an die Sicherungsnehmer aus-zukehren. Voraussetzung ist, dass diese ihre Rechte nachweisen können. Dazu müsstegeklärt werden, welche der lagernden Steine der Sparkasse und welche der Volksbankgehörten. Das war aber für keinen der Steine mehr feststellbar, wenn die 2010 und 2011gelieferten Steine nicht gesondert gelagert wurden.

Ähnliche Probleme dürften sich bezüglich der weiteren Einnahmen aus den Verkäu-fen ergeben, wenn nicht mehr festgestellt werden kann, aus welchen Lieferungen dieabverkauften Steine stammten.

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18.8 Kollision mehrerer Globalsicherungen 325

Ergebnis:Weder S noch V können abgesonderte Befriedigung verlangen. Sie müssen ihre

Kreditansprüche als normale Insolvenzforderungen geltend machen und sich mit derInsolvenzquote zufrieden geben.Wir dürfen festhalten:

Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung bieten als Kreditsicherheit für dieBank Risiken,

• bei der Begründung, wenn nicht sauber zwischen Sicherungsgut und sonstigem Bestandgetrennt wird,

• beim Fortbestand, wen sich der Kunde unredlich verhält und über das Gut anderweitigverfügt,

• nicht zuletzt auch bei der Verwertung des Sicherungsgutes, die oft kein befriedigendesErgebnis bringt.

Sicherungsabtretung und Insolvenz Die Anfechtung von benachteiligenden Rechts-handlungen spielt im Rechtsleben eine bedeutsame Rolle. Sie tritt in zwei Formenauf:

• als Insolvenzanfechtung nach §§ 129 ff. Insolvenzordnung (InsO) und• außerhalb des Insolvenzverfahrens als Gläubigeranfechtung nach dem Anfechtungsge-

setz (AnfG).

Sie wirkt der Absicht eines Schuldners entgegen, zum Nachteil seiner Gläubiger Ver-mögen zu verschieben. Für den Insolvenzverwalter ist sie oft das einzige Mittel, die zurDurchführung des Verfahrens notwendige Masse zu erlangen.

Streitig war, wie sich die Rechte aus einer Sicherungsabtretung in der Insolvenzbehaupten.

59. Fall – die streitigen Erlöse (frei nach BGH, Urteil vom29.11.2007, IX ZR 30/078)

Die Kundin K-GmbH, ein Handelsunternehmen, hatte bei der Sparkasse S ein Konto,das debitorisch geführt wurde. Im Juli 2004 vereinbarte S mit dem GeschäftsführerK eine Kreditlinie von 2,5 Millionen Euro. Zur Sicherung aller Forderungen aus derbankmäßigen Geschäftsverbindung ließ sich S sämtliche bestehenden und künftigenForderungen von K gegen Dritte aus Warenlieferung und Leistungen zur Sicherungabtreten, soweit sie nicht einem verlängerten Eigentumsvorbehalt unterlagen. ImNovember 2004 erfuhr S, dass die K-GmbH überschuldet ist. Sie kündigte den Kre-dit, der sich auf 2.562.500 Euro belief, fristlos und beantragte im Dezember, über dasVermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren zu eröffnen. Sie zog aufgrund der

8 BGHZ 174, 314 ff. = NJW 2008, 430 ff. = ZIP 2008, 183 ff. = WM 2008, 204 ff. = BGHReport2008, 345 ff.

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326 18 Pfandrecht, Sicherungsübereignung, Sicherungsabtretung

Globalabtretung in der Zeit vom November bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrensim Januar insgesamt 951.732 Euro ein und verrechnete sie mit der Darlehensver-bindlichkeit. Sie ließ zugleich Verfügungen von K in Höhe von 19.010 Euro zu. DerInsolvenzverwalter verlangt von S die Differenz (932.722 Euro) mit der Klage heraus.

Ist die Globalabtretung wirksam? Eine stille Globalzession ist regelmäßig unbedenklich,auch wenn sie wie vorliegend umfassend ist. Sie darf erst in der Krise offengelegt wer-den und lässt dem Kunden die nötige wirtschaftliche Freiheit, seine Geschäfte bis dahinungehindert fortzusetzen. Eine offene Globalzession, also eine solche, die den Geschäfts-partnern offenbart wird, dürfte dagegen wegen Knebelung des Schuldners regelmäßignichtig sein (§§ 138, 242 BGB), beherrscht doch der Sicherungsnehmer bei ihr den ge-samten Geschäftsablauf. Bei der vereinbarten Sicherungsabtretung handelt es sich um einestille Zession.

Globalzessionen konkurrieren mit dem verlängerten Eigentumsvorbehalt des Lieferan-ten. Der Lieferant als Vorbehaltseigentümer genießt den Vorrang9. Neuere Sicherungsver-träge von Kreditinstituten beachten dies. Bei dem von S eingezogenen Betrag handelt essich um das, was von den Zahlungen bei Wahrung des Vorrangs der Lieferanten verblieb.

Ist die Globalzession anfechtbar? Zu unterscheiden ist im Anfechtungsrecht zwischenkongruenter und inkongruenter Sicherung.

Ein kongruentes Sicherungsgeschäft liegt vor, wenn der Sicherungsnehmer auf die Si-cherung einen Anspruch hat. Das ist der Fall, wenn Kredit und Sicherung gleichzeitigvereinbart werden, der Kredit mithin ohne Bestellung der Sicherheit nicht gewährt würde.Ein inkongruentes Sicherungsgeschäft liegt vor, wenn eine Sicherung gegeben wird, aufdie der Sicherungsnehmer keinen Anspruch hat. Das ist regelmäßig der Fall, wenn dieSicherung nachträglich erfolgt.

Aus dem Darlehensvertrag ergibt sich die Verpflichtung, die Sicherheit beizubringen.Es liegt also eine kongruente Deckung vor.

Zwei Vorschriften des Insolvenzrechts geben dem Insolvenzverwalter ein Anfechtungs-recht:

• Nach § 130 InsO sind alle Rechtsgeschäfte, also auch kongruente Deckungen anfechtbar,wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Eröffnungsantrag erfolgen. Der Insol-venzverwalter kann in diesem Zeitraum gewährten Sicherheiten zurückfordern, ebensodas, was zu deren Erfüllung geleistet wurde.

• Nach § 131 InsO sind inkongruente Deckungen ohne zeitliche Begrenzung anfechtbar.

In unserem Beispielfall liegt das Sicherungsgeschäft, die Vereinbarung der globalen Ab-tretung, länger als drei Monate zurück, nicht aber ihr Inkrafttreten bei den einzelnen

9Siehe nachstehend unter 18.9 Konkurrenz zu anderen Sicherungsrechten.

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18.9 Konkurrenzen zu anderen Sicherungsrechten 327

Forderungen. Auf welchen Zeitpunkt ist abzustellen, auf den des Abschlusses des Glo-balsicherungsvertrages oder auf den der Entstehung der vorab abgetretenen einzelnenForderung?

Die Frage war bis zur Entscheidung vom 29.11.2007 äußerst umstritten. Die überwie-gende Meinung in der Literatur war der Auffassung, dass in den letzten drei Monaten vorStellung des Insolvenzantrages entstandene Forderungen grundsätzlich anfechtbar sind,da es zuvor an einer Konkretisierung des Sicherungsguts fehle. Das hatte auch der BGHbeim Pfandrecht in Nr. 14 I AGB-Banken so gesehen10 und ebenso bei dem in einemPoolvertrag vereinbarten Pfandrecht11. Aus diesen Entscheidungen wurde geschlossen,dass auch bei der Globalabtretung künftiger Forderungen die notwendige Konkretisierungnoch nicht vorliegt, ist doch bei Begründung der Sicherheit noch gar nicht klar, ob undwelche Forderungen überhaupt entstehen und aufgrund der Abtretung übergehen. Es liegtim freien Willen des Schuldners, ob er überhaupt Forderungen entstehen lässt, die derVorausabtretung unterliegen.

Der BGH ist dem in obiger Entscheidung nicht gefolgt und hat damit Globalzessionen alsSicherungsmittel für Banken gestärkt. Begründet hat er dies damit, dass bei der Globalab-tretung schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft und dingliches Erfüllungsgeschäft bereitsbei Abschluss des Sicherungsvertrages für alle, auch künftig entstehenden Forderungen dieÜbertragung abgeschlossen sind und sie so ohne weiteres Zutun auf die Bank übergehen.

Letztlich waren für den 9. Zivilsenat des BGH wohl rechtspolitische Erwägungen ent-scheidend. Globalsicherungen – Übereignung von Warenlagern mit wechselndem Bestandund Abtretung von auch künftig entstehenden Kundenforderungen – haben als Kredit-sicherungsmittel in der Praxis eine wichtige Bedeutung erlangt. Sie würden weitgehendihren Wert verlieren, wenn sie für den entscheidenden Zeitraum von drei Monaten vorder Insolvenz anfechtbar wären.

Die Zahlungsklage des Insolvenzverwalters wurde daher abgewiesen.

18.9 Konkurrenzen zu anderen Sicherungsrechten

Konkurrenz Sicherungsübereignung – Eigentumsvorbehalt Der Lieferant von Anlage-gütern, etwa einem von Kunden gekauften Lkw, behält sich regelmäßig das Eigentumam Liefergut bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises vor. Ist eine Ratenzahlungvereinbart, besteht der Eigentumsvorbehalt über längere Zeit fort.

Ähnlich ist die Lage bei der Lieferung von Waren, mit denen gehandelt wird. Auchhier muss sich der Kunde den zu zahlenden Kaufpreis oft erst durch den Weiterverkauf

10BGH NJW 2002, 1722 ff. Der BGH bleibt für das Pfandrecht nach Nr. 14 I AGB-Banken auchbei dieser Auffassung. Die später aus dem Pfandrecht in Anspruch genommene Forderung sei beiseiner Begründung, also bei Aufnahme der Geschäftsverbindung und Anerkennung der AGB nochin keiner Weise konkretisiert.11BGH NJW-RR 2005, 1636 ff.

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328 18 Pfandrecht, Sicherungsübereignung, Sicherungsabtretung

beschaffen, wobei der Lieferant im Interesse des Geschäfts ihm ein entsprechendes Zah-lungsziel einräumt. Er behält sich daher nicht nur das Eigentum an der Ware vor, er lässtsich vom Kunden auch die aus dem Weiterverkauf resultierenden Kaufpreisforderungenzur Sicherung abtreten (sogenannter verlängerter Eigentumsvorbehalt).

Das der Bank eingeräumte Sicherungseigentum an Ware oder Anlagegütern kann mitdem Eigentumsvorbehalt des Lieferanten der Gegenstände konkurrieren.

Beispiel

Der Lieferant L vereinbart zur Sicherung seiner Kaufpreisforderungen mit dem KundenK die Sicherungsübereignung der gelieferten Waren und die Abtretung der Kunden-forderungen aus deren Verkauf (verlängerter Eigentumsvorbehalt). Die Sparkasse Slässt sich von K zur Sicherung ihrer Kredite alle Waren zur Sicherung übereignenund lässt sich zugleich die Forderungen aus dem Weiterverkauf abtreten (erweiterteSicherungsübereignung).

Dies ist näher zu betrachten:

Eigentum am Sicherungsgut Behält sich der Lieferant bei Anlieferung sein Eigentum vor,könnte die Bank allenfalls durch gutgläubigen Erwerb Eigentum erwerben (§ 932 BGB).Dazu müsste sie den unmittelbaren Besitz an dem Liefergut erlangen. Sie erwirbt aberaufgrund des vereinbarten Besitzkonstituts nur mittelbaren Besitz. Unmittelbarer Besitzerist nur der Kunde. Auch fehlt es am guten Glauben der Bank. Sie muss damit rechnen, dassWaren nur unter Eigentumsvorbehalt geliefert werden.

Ergebnis L bleibt Eigentümer der Ware.

Vorausabtretung der Kaufpreisforderung Eine bereits abgetretene Forderung kannnicht noch einmal abgetreten werden. Es gibt keinen gutgläubigen Erwerb von Forde-rungen. Bei Forderungsabtretung gilt daher der Grundsatz „Wer zuerst kommt, mahltzuerst“ uneingeschränkt.

Konsequenz: Lag die Sicherungsübereinung eines Warenlagers mit wechselndem Be-stand zeitlich vor dem Erwerb der Ware, würde der verlängerte Eigentumsvorbehalt desLieferanten ins Leere gehen. Dieses Ergebnis wäre aber für den Lieferanten unzumutbar.

Der BGH hat entschieden, dass eine Globalabtretung an die Bank in der Regel gegen dieguten Sitten verstößt und damit nichtig ist (§§ 138, 307 BGB), wenn sie nach dem Willender Parteien auch Forderungen umfassen soll, die der Schuldner auf Grund verlängertenEigentumsvorbehalts künftig abtreten muss oder abtritt.

Das wird damit begründet, dass ein Lieferant branchenüblich nur unter verlängertemEigentumsvorbehalt liefert, also unter der Voraussetzung, dass ihm die aus der Verwer-tung seiner Ware entstehenden Forderungen zur Sicherung abgetreten werden. Durcheine umfassende Globalabtretung wird der Kreditnehmer mithin zur Täuschung und zum

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18.9 Konkurrenzen zu anderen Sicherungsrechten 329

Vertragsbruch gegenüber seinen Lieferanten verleitet, was nicht die Billigung durch dieRechtsordnung finden kann. Der Kunde würde unter diesen Umständen niemanden mehrfinden, der ihn noch beliefert.

Nach ständiger Rechtsprechung ist daher ein Sicherungsübereignungsvertrag ohne Frei-gabeklausel für unter verlängertem Eigentumsvorbehalt gelieferter Ware nichtig. Daherenthalten alle Banksicherungsverträge heute eine Ausnahme für Vorbehaltsware.

Konkurrenz Sicherungseigentum – Vermieterpfandrecht Der Vermieter hat ein gesetz-liches Pfandrecht an allen in die gemieteten Räume eingebrachten Sachen des Mieters undkann sie verwerten, wenn der Mieter den Mietzins schuldig bleibt (§§ 562 ff. BGB).

Ein Vermieterpfandrecht erfasst mithin nur Sachen, die bei ihrer Verbringung in diegemieteten Räume im Eigentum des Mieters stehen. Waren sie bereits zuvor der Bank zurSicherung übereignet, geht das Vermieterpfandrecht ins Leere.

Entsprechend geht das Vermieterpfandrecht dem Sicherungseigentum der Bank vor,wenn dieses erst nach Verbringung der Sachen in die Mieträume begründet wurde.

Zum Verhältnis Sicherungseigentum – Vermieterpfandrecht folgender Fall.

60. Fall – die umstrittene Bowlingbahn (frei nach BGH,Urteil vom 26.09.2006, XI ZR 156/0512)

K hat von V eine Gaststätte angemietet, in die er eine von ihm gekaufte Bowlingbahneinbaute. Der Kaufpreis für die Bahn in Höhe von 150.000 Euro wurde von der Sparkas-se S finanziert, die sich die Bahn zur Sicherung übereignen ließ. K wurde insolvent. EineForderung ist ihm gegenüber nicht mehr durchzusetzen. V hat die Gaststätte mit derBowlingbahn für 10.000 Euro weitervermietet und verrechnet die Mieteinnahmen mitMietzinsrückständen von K. Die Sparkasse verlangt vom Vermieter den für die Vergan-genheit kassierten Anteil am Mietzins für die Bowlingbahn mit insgesamt 72.000 Euroheraus und nimmt ihn zugleich auf Auskehrung der künftig für die Bahn zu kassierendeMietzinsbeträge in Anspruch. Sie stützt ihre Forderung auf ihr Sicherungseigentum.

Ist die Sicherungsübereignung der Bowlingbahn wirksam? Die Bowlingbahn ist mitdem Einbau in das Gebäude nicht dessen wesentlicher Bestandteil geworden (§ 94 BGB),da sie lediglich aufgrund eines Mietverhältnisses und damit vorübergehend eingebautwurde (§ 95 BGB). Das Sicherungseigentum der Sparkasse ist durch den Einbau nichtuntergegangen.

Ist ein Mietzins für die Bowlingbahn angefallen? Die Bowlingbahn ist Zubehör derGaststätte und daher im Zweifel bei der Weitervermietung der Gaststätte mitvermietet(§ 97 BGB)13. Damit entfällt ein – der Höhe nach notfalls durch Sachverständigengutachten

12 NJW 2007, 216f. = ZIP 2006, 2307 ff. = WM 2006, 2351 ff.13Für einen Verkauf ist das in § 926 I 2 BGB geregelt. Die Rechtsprechung entnimmt dieserBestimmung einen allgemeinen Rechtsgedanken, den sie auch auf die Vermietung anwendet.

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330 18 Pfandrecht, Sicherungsübereignung, Sicherungsabtretung

zu klärender – Teil des von V bei der Weitervermietung erzielten Mietzinses auf dieBowlingbahn. Diesen Teil nimmt S für sich in Anspruch.

Ist V auf Kosten von S um diesen Mietzinsanteil ungerechtfertigt bereichert? Das hängtdavon ab, was unter Sicherungseigentum zu verstehen ist.

Sicherungseigentum ist kein Volleigentum. Es gibt lediglich die Befugnis, die zur Si-cherung übereignete Sache im Sicherungsfall zu verwerten14. Hier geht es aber nicht umdie Verwertung der Bowlingbahn, sondern darum, wem die Früchte ihrer Fremdnutzung(Mietzins) zustehen. Das Recht, aus dem Sicherungsgut Früchte zu ziehen, also im Falleeiner Weitervermietung der Bowlingbahn den Mietzins zu beanspruchen, ergibt sich nichtaus einem lediglich zur Forderungssicherung übertragenen Eigentums. Es verbleibt demSicherungsgeber, der es selber nutzen, aber auch entgeltlich zur Nutzung einem Drittenüberlassen kann. Wollte man dem Sicherungsnehmer die Nutzungsfrüchte zukommenlassen, hätte man dies gesondert vereinbaren müssen.

Soweit der Vermieter den Mietzinsanteil für die nicht unter sein Vermieterpfandrechtfallende Bowlingbahn kassierte, ist er um sie ungerechtfertigt bereichert (§ 812 BGB). Erist es aber nicht auf Kosten von S.

An wen ist der Betrag auszukehren? Er steht dem Sicherungsgeber zu. Das ist K oder,wenn das Insolvenzverfahren eröffnet ist, der Insolvenzverwalter.

▼ Leitsatz Ein Sicherungseigentümer, dem nach der Sicherungsabrede mit demSicherungsgeber kein Nutzungsrecht zusteht, kann von einem Dritten diedurch Vermietung gezogenen Nutzungen nicht gemäß § 812 I 1 Alt. 2 BGB(Eingriffskondiktion) herausverlangen.

Konkurrenz Sicherungsabtretung – Pfändungspfandrecht Die sicherungshalber vorge-nommene Abtretung von Lohnansprüchen ist für die Kredit gebende Bank wichtig, um sichdie Rangstelle zu erhalten. Sonst läuft sie Gefahr, dass ihr ein anderer Gläubiger mit einerPfändung zuvorkommt, stellt doch das Einkommen oft die einzige Sicherheit dar, die einKreditschuldner zu bieten hat.

Andererseits kann die Offenlegung der Abtretung für den Schuldner unangenehmeFolgen haben bis zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

Beispiel

Der Kunde K hat der Bank B zur Sicherung eines Kredits sein pfändbares Arbeitsein-kommen abgetreten. Im Sicherungsvertrag heißt es:

• Die Bank ist berechtigt, dem Drittschuldner die Abtretung anzuzeigen.

14Vgl. BGH WM 1979, 1326f.

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18.9 Konkurrenzen zu anderen Sicherungsrechten 331

Die Sparkasse S erwirkt gegen K einen Pfändungsbeschluss und lässt sich den pfändbarenTeil des Arbeitseinkommens überweisen.

An wen hat der Arbeitgeber zu zahlen? Grundsätzlich gilt das Prioritätsprinzip („Werzuerst kommt, mahlt zuerst“). Danach käme B zum Zuge und der Arbeitgeber hätte an siezu zahlen.

Wirksamkeit der Abtretung. Voraussetzung ist, dass die (zeitlich frühere) Abtretungwirksam ist.

Das hat der BGH verneint15. Die Bank hatte sich ein jederzeitiges Offenlegungsrechteinräumen lassen. Ein uneingeschränktes Offenlegungsrecht ist aber nichtig. Die Offenle-gung einer Abtretung von Arbeitseinkommen kann für den Arbeitnehmer einschneidendeFolgen haben. Sie signalisiert, dass sich der Betroffene in wirtschaftlichen Schwierigkeitenbefindet, was bei einem Arbeitsverhältnis als personenbezogenen Dauerschuldverhältnisbis zur Kündigung führen kann, steht doch der Arbeitnehmer leicht als unsolide und damitals nicht mehr vertrauenswürdig dar.

Die Offenlegung der Lohnabtretung bedarf einer besonderen Rechtfertigung. Sie istim Sicherungsfall zulässig, wenn also der Kunde seinen Darlehensrückzahlungsverpflich-tungen nicht mehr nachkommt und auch dann regelmäßig erst, wenn die Bank ihm eineangemessene Nachfrist gesetzt hat. Ein uneingeschränktes Offenlegungsrecht benachteiligtden Schuldner unangemessen.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Kunde regelmäßig auch auf den pfändbarenTeil des Arbeitseinkommens angewiesen ist, etwa um Miete, Energiekosten und sonsti-ge Aufwendungen des laufenden Lebensunterhalts zu zahlen. Ist er dazu auf Grund deroffengelegten Abtretung und Abführung des pfändbaren Teils seines Einkommens nichtmehr in der Lage, wird seine wirtschaftliche Existenz gefährdet. Solches lässt sich nurdann rechtfertigen, wenn er sich der Kreditgeberin gegenüber nicht mehr vertragsgerechtverhält. Eine Vertragsklausel, die den Empfänger berechtigt, die Abtretung ohne Vor-ankündigung offenzulegen, verstößt daher gegen § 307 BGB (§ 9 AGBG a. F.) und istnichtig.

Die Unwirksamkeit der beanstandeten Bestimmung hat die Unwirksamkeit derAbtretung insgesamt zur Folge (§ 139 BGB).

Die Pfändung von S kommt zum Zuge.

1. Variante Der Arbeitnehmer hat nach dem Prioritätsprinzip auch nach der Pfändungweiter an B gezahlt. Welche Rechte stehen wem zu?

Es handelt sich um einen Fall der Bereicherung im Dreiecksverhältnis16. Der Arbeitgeberkonnte ab Zustellung der Pfändung nicht mehr mit befreiender Wirkung an B zahlen.B ist um die Beträge auf Kosten des Arbeitgebers ungerechtfertigt bereichert (§ 812 BGB),

15BGH NJW-RR 2005, 1408f.16Siehe unter 10.5 Bereicherung – Dreiecksverhältnis.

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332 18 Pfandrecht, Sicherungsübereignung, Sicherungsabtretung

sodass dieser die Beträge zurückfordern kann. S kann von ihm Zahlung an sich fordern.Der Arbeitgeber muss sehen, dass er die bereits an B entrichteten Beträge von dieserzurückerhält.

2. Variante Der Arbeitgeber ist inzwischen insolvent.Anspruch gegen S? In dem der Entscheidung des BGH zugrunde liegenden Fall hat S

unmittelbar B verklagt. Der BGH hat der Klage stattgegeben17 und S sogar gegen B einenAuskunftsanspruch über die Höhe der kassierten Betrage gegeben, obwohl zwischen Sund B keine vertraglichen Beziehungen bestehen. Der BGH stützt den Auskunftsanspruchauf § 242 BGB. Danach besteht eine Auskunftsverpflichtung, wenn ein Berechtigter inentschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissenist, sich die zur Geltendmachung seines Zahlungsanspruchs notwendigen Auskünfte nichtselbst verschaffen kann und der Verpflichtete sie unschwer zu erteilen vermag.

18.10 Verwertung des Sicherungsgutes

Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung geben dem Gläubiger ein Verwertungs-recht. Kommt es zum Sicherungsfall, weil

• der Schuldner seiner Zahlungsverpflichtung trotz Mahnung und angemessener Frist-setzung nicht mehr nachkommt oder

• er in anderer Weise seine Zahlungsunfähigkeit (fruchtlose Pfändung, Offenbarungs-eid, Insolvenzeröffnung) offenbart und die Bank nach Mahnung und Fristsetzung denKredit fällig stellt,

kann sie

• die zur Sicherung übereigneten Sachen in Besitz nehmen und verwerten bzw.• die zur Sicherung abgetretenen Forderungen realisieren, indem sie die Abtretung den

Drittschuldnern gegenüber offenlegt und diese zu Zahlung auffordert.

Mit der Offenlegung der Abtretung können Drittschuldner nicht mehr mit befreienderWirkung an den Schuldner zahlen.

Sind mehrere gesicherte Forderungen vorhanden und reicht das Erlangte nicht aus, siealle zu befriedigen, stellt sich auch hier die Frage, wie der Erlös zu verrechnen ist.

17Das Ergebnis ist praxisbezogen, erscheint aber aus systematischen Gründen bedenklich, siehe 10.5Bereicherung – Dreiecksverhältnis. B hätte an die Insolvenzmasse zu zahlen, S hätte nur eine normaleInsolvenzforderung.

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18.10 Verwertung des Sicherungsgutes 333

a. Für freiwillig erbrachte Leistungen des Schuldners trifft das Gesetz eine verbindlicheRegelung:Hat er beim Gläubiger mehrere Geldverbindlichkeiten, kann er bestimmen, auf wel-che der Verbindlichkeiten eine Zahlung zu verrechnen ist (Tilgungsbestimmungsrechtdes Schuldners). Es erlischt dann die Schuld, die der Schuldner bei seiner Leistungangegeben hat (§ 366 I BGB).

b. Trifft er keine Bestimmung, regelt das Gesetz in § 366 II BGB, welche der mehrerenVerbindlichkeiten getilgt wird. Es wird

• zunächst die fällige Schuld• unter mehreren fälligen Schulden diejenige, die dem Gläubiger geringere Sicherheit

bietet,• unter mehreren gleich sicheren die lästigere• und unter mehreren gleich lästigen die ältere Schuld getilgt.

Gibt es keine Präferenz, werden alle Verbindlichkeiten anteilig getilgt.

c. Die Frage, ob die Regelung auch in der Zwangsvollstreckung zur Anwendung kommt,hat uns bereits beschäftigt18. Wird der Betrag im Wege der Vollstreckung beigetrieben,hat der Schuldner kein Recht zu bestimmen, auf welche von mehreren Forderungender Erlös zu verrechnen ist. Wie in allen anderen Fällen hat auch der Gläubiger keinBestimmungsrecht. Die Verrechnung erfolgt nach der zwingenden Regel des § 366 IIBGB.

d. Wie aber verhält es sich bei der Verwertung von Sicherheiten?

61. Fall – die abgetretene Lebensversicherung (frei nach BGHUrteil vom 03.06.2008, XI ZR 353/0719)

K nahm am 07.11.1995 zusammen mit seiner Frau bei der Sparkasse S einen Kreditüber 600.000 DM auf, um andere gemeinsame Kredite abzulösen. K trat zugleich „zurSicherung aller Ansprüche aus der Geschäftsverbindung“ an die Sparkasse eine Lebens-versicherung ab. K hatte bei S weitere Kredite in Höhe von insgesamt ebenfalls 600.000DM, für die er allein haftete. S kündigte die Kredite 1997 fristlos. K wies daraufhin dieLebensversicherung an, den Betrag von 600.000 DM „auf den Kredit vom 07.11.1995“zu zahlen. S stellte nach Eingang der Zahlung das Kreditkonto der Eheleute K auf null,verrechnete die Leistung aus der Lebensversicherung aber später auf die ebenfalls fälliggestellten, älteren Kredite von K. Sie nimmt Frau K aus dem Kredit vom 07.11.1995 inAnspruch. Frau K macht geltend, dass der gemeinsam aufgenommene Kredit durch dieZahlung der Lebensversicherung erloschen sei.

18Vgl. 46. Fall – die Anrechnung von Verwertungserlösen.19 NJW 2008, 2842 ff. = ZIP 2008, 1624 ff. = WM 2008, 1298 ff.

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334 18 Pfandrecht, Sicherungsübereignung, Sicherungsabtretung

K hat die Lebensversicherung angewiesen, die Zahlung auf den Kredit vom 07.11.1995zu erbringen, obwohl diese Schuld jünger ist und S größere Sicherheit bietet, weil Frau Kfür ihn mithaftet. Die entscheidende Frage ist also, ob K ein Tilgungsbestimmungsrechtgemäß § 366 I BGB hatte und noch ausüben konnte. § 366 I BGB setzt eine Leistung desSchuldners voraus, also eine freiwillige Zahlung. So hat der BGH bereits entschieden, dassder Schuldner in der Zwangsvollstreckung kein Tilgungsbestimmungsrecht hat20.

Bisher noch nicht entschieden war, was bei der Verwertung von Kreditsicherheiten gilt.Im konkreten Fall hat der BGH ein Tilgungsbestimmungsrecht des Schuldners verneint.Mit der sicherungshalber vorgenommenen Abtretung der Lebensversicherung hat derSchuldner das Recht verloren, über die Versicherungsleistung zu verfügen. Er konnte dieVersicherung weder kündigen noch die Ablaufleistung in Anspruch nehmen. Dann seies nur folgerichtig, ihm auch das Tilgungsbestimmungsrecht zu nehmen. Zudem war derSicherungsfall bereits eingetreten, sodass die Bank auch ein eigenes Verwertungsrecht hatte.

Die streitige Frage, ob die Bank im Sicherungsfall ein eigenes Tilgungsbestimmungs-recht hat, ob sie also frei darüber verfügen kann, welche der Verbindlichkeiten getilgtwerden sollte, oder ob die Regelung in § 366 II BGB entsprechende Anwendung findet,hat der BGH nicht zu entscheiden brauchen, da die Kreditgeberin bei der vorgenomme-nen Verrechnung die Grundsätze des § 366 II BGB gewahrt hatte. Sie hatte letztlich dieeingezogene Ablaufleistung der Lebensversicherung auf die Altschulden des K verrechnet,die ihr geringere Sicherheit boten, da Frau K für sie nicht mithaftete.

Soweit die Sparkasse die Zahlung zunächst auf das Konto des Darlehens vom 07.11.1995verbuchte und dieses glattgestellte, ist dies unschädlich. Die Buchung der Bank ist ein reininterner Vorgang. Solange sie dem Schuldner die Verbuchung nicht angezeigt ist, kann dieBank nach Belieben umbuchen. Hinzu kommt, dass bei entsprechender Anwendung des §366 II BGB auch die Bank kein Tilgungsbestimmungsrecht hat, sondern an die gesetzlicheRegelung gebunden ist. Tilgt sie abweichend davon und geht dies zu Lasten des Schuldners,kann dieser es beanstanden. Dann ist es nur folgerichtig, die Bank zu berechtigen, eine ihrungünstige Abweichung von der gesetzlichen Vorgabe zu korrigieren.

Letztlich wird man davon ausgehen müssen, dass eine Bank auch bei der Verwertungvon Sicherheiten an die Rangfolge in § 366 II BGB gebunden ist. Die Interessenlage beieiner Zwangsvollstreckung und einer Verwertung von Sicherheiten ist die Gleiche. Esempfiehlt sich daher nicht, von der gesetzlichen Tilgungsregelung bei der Verwertung vonSicherheiten abzuweichen

▼ Leitsatz In Fällen der Verwertung einer sicherungshalber abgetretenen For-derung steht dem Schuldner ein Tilgungsbestimmungsrecht nach § 366 I BGBnicht zu.

20BGH NJW 1999, 391 ff.

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18.11 Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung – weitere Entscheidungen 335

18.11 Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung – weitereEntscheidungen

▼ Bestimmtheitsgebot bei Sicherungsübereignung BGH, Urteil vom 04.10.1993,II ZR 156/9221

▼ Leitsatz Eine Einigungserklärung, nach der alle Gegenstände einer näherbezeichneten Gattung übereignet werden sollen, genügt dem Bestimmtheits-gebot auch dann, wenn die Gegenstände nicht räumlich zusammengefasstsind.

Es ist nur dann erforderlich, die zur Sicherung übereigneten Sachen von anderen, nichtübereigneten Sachen räumlich zu trennen, wenn die Sachen nicht bereits anderweitigeindeutig unterscheidbar bezeichnet sind. Hier waren es alle Container einer bestimmtenGröße, sodass es einer räumlichen Trennung nicht bedurfte.

▼ BGH, Urteil vom 18.04 1991, IX ZR 149/9022

▼ Leitsatz Eine antizipierte Sicherungsübereignung ist nicht wirksam, wenn nurallgemein vereinbart wird, die neu hinzukommenden Sachen seien zu deklarie-ren und das vom Sicherungsgeber zu führende Verzeichnis solle Waren nachGattung, Gewicht und Order-Nummer bezeichnen.

Es besteht auch die Möglichkeit, das Sicherungsgut von der sonstigen Ware dadurch zutrennen, dass man es im Einzelnen markiert und in ein Verzeichnis aufnimmt, wo esunter Angabe individueller Merkmale exakt beschrieben wird. Diesem Erfordernis wurdeim vom BGH entschiedenen Fall nicht genügt. Es blieb unklar, wie die zur Sicherungübereigneten Gegenstände zu deklarieren seien. Die Beschreibung in der Liste reichteebenfalls nicht aus, sie zu identifizieren. Welches Verfahren auch verwandt wird, dieKennzeichnung der Sicherungsware muss so exakt sein, dass ein Dritter sie ohne weiteresaussondern kann.

▼ BGH; Urteil vom 03.12.1987, IX ZR 288/8623

▼ Leitsatz Eine Einigung, durch die eine Vielzahl aufgelisteter Hausratsgegen-stände, soweit sie nicht unpfändbar sind, übereignet werden sollen, ist mangelsBestimmtheit unwirksam.

21 NJW 1994, 133f . = ZIP 1994, 39f. = WM 1993, 2161f.22 NJW 1991, 2144 ff. = ZIP 1991, 807 ff. = WM 1991, 1273 ff.23 NJW-RR 1988, 255f. = WM 1988, 346 ff.

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336 18 Pfandrecht, Sicherungsübereignung, Sicherungsabtretung

Die Eheleute hatten Gegenstände verpfändet, soweit sie nicht pfändungsfrei sind. Damitsollten ihnen der Hausrat verbleiben, den sie zu einer angemessenen, bescheidenen Le-bensführung benötigen (§ 811. Nr. 1 ZPO). Was unpfändbar ist, ist aber nicht ohneweiteres feststellbar, da dazu Wertungen erforderlich sind. Stets muss das Sicherungsgutklar erkennbar sein. Das ist regelmäßig nicht der Fall, wenn erst auf außerhalb des Si-cherungsvertrages bestehende, zur Kennzeichnung der Sicherungsware nicht gesondertangefertigte Urkunden (Rechnungen, Schriftverkehr) zurückgegriffen werden oder – wievorliegend – man einen Juristen zu Rate ziehen muss.

▼ Gutgläubiger Erwerb des Sicherungseigentums BGH, Urteil vom 04.10.1976,VIII ZR 65/7524

▼ Leitsatz Für den gutgläubigen Eigentumserwerb nach BGB § 933 reicht dieeinseitige Wegnahme der Sache durch den Erwerber ohne Wissen des nichtbe-rechtigten Veräußerers auch dann nicht aus, wenn der Veräußerer bereits beider Veräußerung den Erwerber zur Wegnahme berechtigt hat.

Bei Vereinbarung eines Besitzkonstituts ist ein gutgläubiger Erwerb des Sicherungsei-gentums an schuldnerfremden Sachen nicht möglich, da dazu die Verschaffung desunmittelbaren Besitzes, also die Übergabe erforderlich ist. (§§ 932, 929 BGB). Wird dieSache der Bank jedoch später, etwa zur Verwertung, vom sichernden Kunden übergebenund ist sie dann im Hinblick auf das Eigentum des Sicherungsgebers noch gutgläubig (§932 II BGB), erwirbt sie das Sicherungseigentum auch an schuldnerfremden Sachen (§ 933BGB).

Weil aber die Übergabe Voraussetzung für den späteren gutgläubigen Erwerb ist, reichtes nicht, wenn sie sich eigenmächtig in den Besitz des Sicherungsguts gesetzt hat, undzwar auch dann nicht, wenn sich der Kunde im Sicherungsvertrag mit der Wegnahmeeinverstanden erklärt hat.

Ein gutgläubiger Erwerb an unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Waren kommt regel-mäßig nicht in Betracht, da ein Kreditgeber immer damit rechnen muss, dass ein Lieferantnur unter Vorbehalt seines Eigentums liefert. Insofern scheidet ein gutgläubiger Erwerbdurch die Bank bei im Sicherungseigentum des Lieferanten stehenden Sachen auch dannaus, wenn sie sie vom Sicherungsgeber ausgehändigt erhält.

▼ Übersicherung BGH, Urteil vom 21.11.1995, XI ZR 255/9425

▼ Leitsatz Bei einer Globalabtretung lässt sich bei Anknüpfung an den Nennwertder abgetretenen Forderungen eine Deckungsobergrenze nicht allgemeinver-bindlich festlegen. Der Sicherungsnehmer kann durchaus ein berechtigtesInteresse an einer Deckungsgrenze von 200% haben.

24 BGHZ 67, 207 ff. = NJW 1977, 42f. = WM 1977, 1192f.25 NJW 1996, 388f. = ZIP 1996, 17 ff. = WM 1996, 56 ff.

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18.11 Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung – weitere Entscheidungen 337

Bonität und Zahlungsmoral können je nach Kundenkreis unterschiedlich sein. Im berech-tigten Einzelfall kann daher von der allgemein anerkannten Deckungsgrenze von 150%zugunsten der Bank als Sicherungsnehmerin abgewichen werden.

▼ Bestimmbarkeit abgetretener Forderungen BGH, Urteil vom 24.11.1978, IIIZR 81/ 7326

▼ Leitsatz Für die Zulässigkeit der Vorausabtretung künftiger Lohnansprücheist erforderlich, dass die Forderung spätestens bei ihrer Entstehung nachGegenstand und Umfang bestimmbar ist.

Während bei Sachen das Sicherungsgut bestimmt sein muss, reicht es bei Forderungen aus,dass es bestimmbar ist. Das ist von Bedeutung, wenn nur ein Teil der Forderung abgetretenist. So ist es möglich, den pfändbaren Teil des Arbeitslohnes abzutreten, auch wenn sich imZeitpunkt der Abtretung noch nicht sagen lässt, wie hoch dieser bei Inanspruchnahme ist.

▼ Lohnabtretung BGH, Urteil vom 22.06.1989, III ZR 72/8827

Eine ältere, aber noch gültige Entscheidung ohne speziellen Leitsatz.Die Abtretung künftiger Lohnansprüche kann auch formularmäßig vereinbart wer-

den, wie es in Kreditverträgen oft geschieht. An den Inhalt der Vereinbarung sind aberbesondere Anforderungen zu stellen.

Durch Lohnabtretungen wird besonders nachhaltig in die wirtschaftliche Existenz desSchuldners eingegriffen. Werden sie wie regelmäßig formularmäßig vorgenommen, sindan ihren Inhalt besondere Anforderungen zu stellen. Sie müssen angemessen begrenztwerden, indem die Forderung, zu deren Sicherung sie vorgenommen werden, genau um-schrieben wird und müssen eine Freigabeklausel enthalten. Die Verwendung einer weitenSicherungsklausel verbietet sich. Enthält die Lohnabtretung keine Begrenzung, ist ihreNichtigkeit wegen Übersicherung vorprogrammiert. Eine zeitliche Begrenzung wird oftnicht praktikabel sein. Dagegen sollte die Begrenzung höhenmäßig auf die zu sicherndeKreditforderung erfolgen, wobei für Rechtsverfolgungskosten ein Aufschlag erfolgen kann,der je nach Höhe der Forderung bis zu 20% beträgt. Auf die Notwendigkeit, dem Schuld-ner eine Offenlegung der Lohnabtretung mit angemessener Nachfrist (ca. vier Wochen)anzukündigen, wurde bereits hingewiesen.

26 WM 1976, 151 ff.27 BGHZ 108, 98 ff. = NJW 1989, 2383 ff. = ZIP 1989, 968 ff. = WM 1989, 1086 ff.