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Platzhalter Grafik(Bild/Foto)
Renaturierungen –
Was ist für die biologischen Qualitätskomponenten wichtig?
Urdenbacher Altrhein
LANUV – FB 55Dipl.- Biol. Jochen Lacombe
Foto: J. Lacombe
Phytoplankton, Chlorophyll a
Fische
Makrozoobenthos
Makrophyten
Phytobenthos
Was sind die biologischen Qualitätskomponenten?
Zielarten = Tier- oder Pflanzenarten, deren Vorhandensein zu einer guten Bewertung führt
Grundsätzliche Ansprüche von Gewässerbewohnern (und anderen)
Lebensraum(z.B. Naturraum, Gewässertyp, Habitatstrukturen, Abflussverhältnisse)
Lebensgrundlagen(z.B. Wasser, Temperatur, Sauerstoff, Nährstoffe/ Nahrung)
Abwesenheit von Stress(z.B. hydraulischer Stress, Gifte, Konkurrenz, sonstige Störfaktoren)
„Haus, Zimmer und Umgebung“
„Luft, Wasser, gefüllter Kühlschrank“
Grundsätzliche Ansprüche (von Gewässerbewohnern)
Lebensraum(z.B. Naturraum, Gewässertyp, Habitatstrukturen, Abflussverhältnisse)
Lebensgrundlagen(z.B. Wasser, Temperatur, Sauerstoff, Nährstoffe/ Nahrung)
Abwesenheit von Stress(z.B. Gifte, Konkurrenz, sonstige Störfaktoren)
Jede Tier- oder Pflanzenart hat sich mehr oder weniger eng an bestimmte Rahmenbedingungen angepasst und kann außerhalb dieses Rahmens nicht überleben.
Die Ansprüche der Arten können in unterschiedlichen Lebensstadien verschieden sein.
Warum gibt es am Amazonas keine Eisbären?
Tiere und Pflanzen sind an die Ökofaktoren ihres Standortes durch die Evolution angepasst und bewohnen nur ganz bestimmte (Teil-)Lebensräume!
Foto: J. Lacombe
Fotomontage: J. Foerster
Zielarten stellen sich vor: Der Steinbeißer
(Cobitis taenia)
Langsam fließende Bäche, Flüsse und stehende Gewässer mit klarem sauerstoffreichem Wasser. An flachen und sandigen Stellen. Graben sich in den Grund ein, nur noch Kopf und Schwanz ragen heraus. Sand wird auf der Suche nach Kleintieren und organischem Material durchgekaut. Für das Überleben der Fische ist es wichtig, dass sich der Untergrund regelmäßig umlagert.
aus: Wikipedia, gekürzt
Ansprüche (Auswahl):
Strömung Substrat Tiefe Temperatur Lückensystem Uferbewuchs
Ei(-ablage) gering sandig flach kühlSandlücken-system - -
Larve gering sandig flach kühlSandlücken-system - -
Adult gering sandig flachkühl bis sommerwarm
Sandlücken-system - -
Steinbeißer
Zielarten stellen sich vor: Das Bachneunauge
(Lampetra planeri)
Kleinere Bäche und Flüsse der Forellen-und Äschenregion im Berg- und Tiefland.Rasch fließende Bereich werden gemieden.Eiablage und –entwicklung in kiesigen Abschnitten, Larvalentwicklung in Feinsedimenten mit hohem organischen Anteil.Lebt 3-4 Jahre als Larve, adultes Tier nimmt keine Nahrung mehr auf.
aus: Wikipedia, gekürzt
Ansprüche (Auswahl):
Strömung Substrat Tiefe Temperatur Lückensystem
Steinbeißer
Ei - Adult gering sandig-kiesig flachkühl bis sommerwarm
Sandlücken-system
Ei(-Ablage) mittel kiesig flach kühlKieslücken-system
Larve gering schlammig flach kühl - -
Adult rasch-mittel kiesig-steinig flach kühlKieslücken-system
Bachneun-
auge
©Petr Mückstein
Zielarten stellen sich vor: Die Blauflügel-Prachtlibelle
(Calopteryx virgo)
Kleine bis mittelgroße, sommerkühle Bäche mit mäßiger bis schneller Strömung.Weitgehende Beschattung und naturnah bewachsene Ufer.Larven überwiegend an Unterwasser-vegetation.
Eiablage in die Stängel von Unterwasserpflanzen.
aus: Wikipedia, gekürzt
Ansprüche (Auswahl):
Foto: © B. Eiseler
Strömung Substrat Tiefe Temperatur Lückensystem Uferbewuchs
Ei(-ablage) mittelWasser-pflanzen mittel sommerkühl - - - -
Larve mittelWasserpflan-zen, Detritus mittel sommerkühl - - - -
Adult - - - - - - - - - -
Stauden, Sträucher,
Bäume
Blauflügel-
Prachtli-
belle
Foto: © Neil Phillips
Zielarten stellen sich vor: Die Dänische Eintagsfliege
(Ephemera danica)
In sauberen Bächen und Flüssen ohne zu große Turbulenzen.Larven grabend in Sand oder Schlamm, fressen organisches Material.Subimago hält sich in Ufervegetation auf, nach erneuter Häutung Hochzeitsflug über Landvegetation und Eiablage im Wasser. aus: Wikipedia, gekürzt
Ansprüche (Auswahl):
Foto: © B. Eiseler
Foto: J. Lacombe
Foto: © B. Eiseler
Strömung Substrat Tiefe Temperatur Lückensystem Uferbewuchs
Blauflügel-
Prachtli-
belle Ei - Adult mittelWasserpflan-zen, Detritus mittel sommerkühl - -
Stauden, Sträucher,
Bäume
Ei(-Ablage) mittelsandig-schlammig - -
kühl bis sommerwarm - - - -
Larve mittelsandig-schlammig - -
kühl bis sommerwarm - - - -
Subimago/ Adult - - - - - - - - - -
Stauden, Sträucher,
Bäume
Dänische
Eintags-
fliege
Zusammenfassung Zielarten
Wenn Sie nur diese 4 Zielarten in einem Wasserkörper erhalten möchten, sind schon folgende
Ansprüche zu erfüllen:
Strömung Substrat Tiefe Temperatur Lückensystem Uferbewuchs
gering bis rasch
schlammig, sandig, kiesig, steinig, Wasserpflan-zen flach bis mittel
kühl bis sommerwarm
Sandlücken-system, Kieslückensystem
Stauden, Sträucher,
Bäume
Strömungsdiversität, Substrat- und Tiefenvarianz, Beschattung, Uferbewuchs einschl. Gehölzen
Zusammenfassung Zielarten
Wenn Sie nur diese 4 Zielarten in einem Wasserkörper erhalten möchten, sind schon folgende
Ansprüche zu erfüllen:
Strömung Substrat Tiefe Temperatur Lückensystem Uferbewuchs
gering bis rasch
schlammig, sandig, kiesig, steinig, Wasserpflan-zen flach bis mittel
kühl bis sommerwarm
Sandlücken-system, Kieslückensystem
Stauden, Sträucher,
Bäume
Strömungsdiversität, Substrat- und Tiefenvarianz,
Beschattung, Uferbewuchs einschl. Gehölzen
Aber:
Mit nur 4 Zielarten ist der gute Zustand/ das gute Potenzial noch lange nicht erreicht.
Weitere Zielarten haben z.T. zusätzliche Ansprüche.
Wollen Sie z.B. die Bachmuschel (Unio crassus) fördern, brauchen Sie zusätzlich noch
bestimmte Fischarten (z.B. Elritzen), in deren Kiemen die Muschellarven parasitisch leben.
Wie sieht die richtige Renaturierung aus?
Ziel einer Renaturierung sollte nicht das Nachbauen
von natürlichen Strukturen sein,
sondern das Anstoßen von natürlichen Prozessen,
die dann selbsttätig für Strukturvielfalt sorgen.
Wie sieht die richtige Renaturierung aus?
Beispiel Kiesbank:
Eine künstlich aufgeschüttete Kiesbankentspricht zunächst der natürlichen Struktur und wird meist gut besiedelt.
Wenn sie aber nicht durch natürliche Kräfte regelmäßig umgelagert und durchspült wird, setzt sie sich rasch mit Feinsedimenten zu und verliert ihre Funktion als Lebensraum, da Kiesbankbewohner auf das Kieslückensystem angewiesen sind.
Ziel einer Renaturierung sollte nicht das Nachbauen
von natürlichen Strukturen sein,
sondern das Anstoßen von natürlichen Prozessen,
die dann selbsttätig für Strukturvielfalt sorgen.
Wie sieht die richtige Renaturierung aus?
Beispiel Kiesbank:
Eine künstlich aufgeschüttete Kiesbankentspricht zunächst der natürlichen Struktur und wird meist gut besiedelt.
Wenn sie aber nicht durch natürliche Kräfte regelmäßig umgelagert und durchspült wird, setzt sie sich rasch mit Feinsedimenten zu und verliert ihre Funktion als Lebensraum. Kiesbankbewohner sind auf das Kieslücken-system angewiesen.
Ziel einer Renaturierung sollte nicht das Nachbauen
von natürlichen Strukturen sein,
sondern das Anstoßen von natürlichen Prozessen,
die dann selbsttätig für Strukturvielfalt sorgen.
Beispiele
Beispiele
*: Zielarten = Tier- oder Pflanzenarten, deren Vorhandensein zu einer gutenBewertung führt
Die Zielarten der WRRL brauchen keine Inseln.
Die meisten Zielarten können eine Insel überhaupt nicht als solche erkennen.
?
Beispiele
Die Zielarten der WRRL brauchen keine Inseln.
Die meisten Zielarten können eine Insel überhaupt nicht als solche erkennen.
Was sie brauchen, sind die Kräfte, die eine Insel entstehen lassen bzw. die Gewässerdynamik, die eine Insel hervorruft.
Inseln wirken wie eine Art Störstein, indem sie die Strömungsverhältnisse verändern und die Strömungsdiversität, Tiefen- und Substratvarianz erhöhen.
?
Beispiele
Beispiele Nur sehr wenige Makrozoobenthosarten sind auf Totholz als Substrat angewiesen. Die meisten nehmen Totholz als Ersatz für andere Hartsubstrate (Steine).
In organischen Bächen und in Sandbächen ist Totholz oft das einzige Hartsubstrat. Fehlt es, veröden die Gewässer biologisch.
Größere Totholzstücke wirken wie ein Störstein, indem sie die Strömungsverhältnisse verändern und die Strömungsdiversität, Tiefen- und Substratvarianz
erhöhen.
Auch feinere Totholzstücke und Astwerk sind als Strukturgeber und Rückzugsraum z.B. für Jungfische wichtig.
Dafür müssen sie aber auch im Wasser liegen.
Am besten ist ein sich selbst regenerierender Totholzbestand. Ansonsten muss alle paar Jahre neues Totholz eingebracht werden.
Foto aus: Blaue Richtlinie (MUNLV 2010)
Beispiele Dafür müssen sie aber auch im Wasser liegen.
Am besten ist ein sich selbst regenerierender Totholzbestand (umgefallene Bäume liegen lassen!).
Ansonsten muss alle paar Jahre neues Totholz eingebracht werden.
Foto: J. Lacombe
Foto: J. Lacombe
Beispiele
„Weil der Fluss um so schneller wird und den Damm und den Grund umso mehr vernagt und zerstört, je gerader er ist, deshalb ist es nötig, solche Flüsse entweder stark zu verbreitern oder sie durch viele Windungen zu schicken oder sie in viele Zweige zu teilen.“ Leonardo da Vinci (1452-1519)
Beispiele
„Weil der Fluss um so schneller wird und den Damm und den Grund umso mehr vernagt und zerstört, je gerader er ist, deshalb ist es nötig, solche Flüsse entweder stark zu verbreitern oder sie durch viele Windungen zu schicken oder sie in viele Zweige zu teilen.“
Leonardo da Vinci (1452-1519)
BeispieleEine naturnahe Laufkrümmung allein reicht nicht aus, um die Kleinlebensräume entstehen zu lassen, die die verschiedenen Tier- und Pflanzenarten für ihr Überleben brauchen.
Kleinlebensräume entstehen nur, wenn Krümmungserosion, Längs- und Querbänke und besondere Laufstrukturen vorhanden sind.
Dann entstehen automatisch auch Tiefen- und Breitenvarianz sowie Substratdiversität.
Beispiele
Niers
„Der Wechsel der Strömungsverhältnisse, die Verlagerung von Sedimenten, das Abbrechen von Ufern, das Anlanden von Kiesbänken und die Überformung der Auen sind Grundlagen für die Habitatvielfalt.“
Bild aus: LANUV Arbeitsblatt 18
Foto: J. Lacombe
Beispiele
Niers
„Der Wechsel der Strömungsverhältnisse, die Verlagerung von Sedimenten, das Abbrechen von Ufern, das Anlanden von Kiesbänken und die Überformung der Auen sind Grundlagen für die Habitatvielfalt.“
fiktives Beispiel
Foto: J. Lacombe
Beispiele
Unsere kleinen bis mittelgroßen Gewässer waren von Natur aus überwiegend Waldbäche (Ausnahme: Moor-und Sumpfbäche).
Ökologische Funktionen der Ufergehölze (u.a.):
• Beschattung• Eintrag von Falllaub• Ansitz und Schutzraum für geflügelte Stadien der
Wasserinsekten• Stabilisierung der Ufer (im lebenden Zustand)• lokale Destabilisierung und Wirkung als Störstein
(als Totholz)
Bilder aus: LANUV Arbeitsblatt 18
Beispiele Pflanzung von Ufergehölz
• Beschattung• Eintrag von Falllaub• Ansitz und Schutzraum für geflügelte Stadien der
Wasserinsekten• Stabilisierung der Ufer (im lebenden Zustand)• lokale Destabilisierung und Wirkung als Störstein (als
Totholz)nach ½ Jahr
Beispiele Pflanzung von Ufergehölz
• Beschattung• Eintrag von Falllaub• Ansitz und Schutzraum für geflügelte Stadien der
Wasserinsekten• Stabilisierung der Ufer (im lebenden Zustand)• lokale Destabilisierung und Wirkung als Störstein (als
Totholz)nach ½ Jahr
nach 10 Jahren
• Beschattung• Eintrag von Falllaub• Ansitz und Schutzraum für geflügelte Stadien der
Wasserinsekten• Stabilisierung der Ufer (im lebenden Zustand)• lokale Destabilisierung und Wirkung als Störstein (als
Totholz)
Beispiele Pflanzung von Ufergehölz
• Beschattung• Eintrag von Falllaub• Ansitz und Schutzraum für geflügelte Stadien der
Wasserinsekten• Stabilisierung der Ufer (im lebenden Zustand)• lokale Destabilisierung und Wirkung als Störstein (als
Totholz)nach ½ Jahr
nach 10 Jahren
• Beschattung• Eintrag von Falllaub• Ansitz und Schutzraum für geflügelte Stadien der
Wasserinsekten• Stabilisierung der Ufer (im lebenden Zustand)• lokale Destabilisierung und Wirkung als Störstein (als
Totholz)
nach 30 Jahren
• Beschattung• Eintrag von Falllaub• Ansitz und Schutzraum für geflügelte Stadien der
Wasserinsekten• Stabilisierung der Ufer (im lebenden Zustand)• lokale Destabilisierung und Wirkung als Störstein (als
Totholz)
Erfolg einer Renaturierung und Wiederbesiedlungspotenzial
Vorher Nachher
Eine erfolgreiche Renaturierung ?
Fotos: J. Lacombe
Erfolg einer Renaturierung und Wiederbesiedlungspotenzial
Vorher Nachher
Eine erfolgreiche Renaturierung ?
Wenn das Wiederbesiedlungs-potenzial im Umkreis schlecht ist, bleibt der messbare Erfolg der Renaturierungs-maßnahme zunächst aus.
Renaturierung ist wie eine Oase mitten in der Wüste.
Die Zielarten müssen sie erst mal erreichen!
?
Erfolg einer Renaturierung und Wiederbesiedlungspotenzial
Prinzip der Strahlwirkung: Strahlursprünge, Trittsteine, Strahlwege
Der Erfolg von Renaturierungen stellt sich u.U. erst ein, wenn weitere Maßnahmen im näheren Umfeld realisiert wurden, die das Wiederbesiedlungspotenzial erhöhen und die Wanderwege verkürzen.
!Wiederbesiedlungspotenzial =
• Vorhandensein intakter Biozönosen in erreichbarer Nähe
• Wanderungskorridore, Biotopvernetzung
Zusammenfassung
� Alle Lebewesen stellen bestimmte Ansprüche an ihren Lebensraum, die sich von Art zu Art unterscheiden.
� Vielfalt (Varianz, Diversität) der Strukturen ist Voraussetzung für Artenreichtum.
� Fließgewässer schaffen sich ihre Strukturen selbst und erhalten sie funktionsfähig (wenn man sie lässt).
� Renaturierungen bringen nur nachhaltigen Erfolg, wenn sie die Dynamik des fließenden Wassers nutzen und fördern. Der Bau statischer Strukturen hilft den Gewässerorganismen meist wenig.
� Zeit und Geduld sind bei der Zielerreichung notwendig; Erfolge sind u.U. erst nach Jahrzehnten und nach der Realisierung weiterer Renaturierungen zu erwarten.
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Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit !
Schwalm bei Lüttelforst
LANUV – FB 55Dipl.- Biol. Jochen Lacombe
Foto: LANUV