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Grundkurs I Einführung in die Politikwissenschaft
8. Vorlesung – 08. Dezember 2009
Politische Kommunikation 1:
Medien
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Grundkurs I Einführung in die Politikwissenschaft
8. Vorlesung – 08. Dezember 2009
Politikwissenschaft und Medien
Im Rahmen einer Interpretation des politischen Prozesses der
Interessenartikulation, Interessenaggregation, Meinungsbildung
und Entscheidungsfindung richtet die Politikwissenschaft ihr Augenmerk auf Funktionen, Bedeutung und politische
Wirkungen der Massenmedien 3
Grundkurs I Einführung in die Politikwissenschaft
8. Vorlesung – 08. Dezember 2009Politische Öffentlichkeit
Politische Öffentlichkeit vermittelt zwischen den Interessen der Bürger
und der Politik,integriert Erwartungen der Bürger
in das politische System undvertritt politische Entscheidungen
gegenüber der Gesellschaft4
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Öffentliche Meinung Sammelbezeichnung für
1) die empirisch erhobene Meinung oder Einstellung der Öffentlichkeit (Bevölkerung) und
2) die in der Presse und anderen Medien publizierte Sichtweise der Einstellung etc. in der Gesellschaft
(auch veröffentlichte Meinung, da sie durch die professionell geschulte Journalistik gefiltert ist)
Schubert, Klaus/Klein, Martina: Das Politiklexikon. 2., aktualisierte Auflage 2001, S. 208 5
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Massenmedien
Traditionellerweise werden Presse, Hörfunk und Fernsehen als Massenmedien bezeichnet.
Ihr gemeinsames Merkmal ist, dass sie sich vorwiegend mit aktuellen Inhalten indirekt über
ein technisches Mittel einseitig an ein unbegrenztes anonymes Publikum wenden.
Massenmedien stellenMassenkommunikation her. 6
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Nachrichtenwert-Theorie
Theorie der Nachrichtenauswahl
Nachrichtenfaktoren / Ereignismerkmale
Ereignismerkmale, die bedingen, dass Journalisten Ereignisse für besonders
berichtenswert halten8
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8. Vorlesung – 08. Dezember 2009Nachrichtenfaktoren (Galtung/Ruge)
8 kulturunabhängige Faktoren1. Frequenz2. Schwellenfaktor3. Eindeutigkeit4. Bedeutsamkeit5. Konsonanz6. Überraschung7. Kontinuität8. Variation
Galtung, Johan/Ruge, Mari Holmboe: The Structure of Foreign News. The Presentation of the Congo, Cuba and Cyprus Crisis in Four Norwegian
Newspapers. In: Journal of Peace Research 2 (1965), S. 64-91
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Nachrichtenfaktoren (Galtung/Ruge)
4 kulturabhängige Faktoren
1. Frequenz2. Schwellenfaktor3. Eindeutigkeit4. Bedeutsamkeit
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Art. 5 GG
(1) „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“
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Aufgaben / Funktionen von Massenmedien
• Informationsfunktion
• Artikulationsfunktion
• Kritikfunktion
• Bildungsfunktion
• Unterhaltungsfunktion 12
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Informationsfunktion
Ermöglichung der Kommunikation zwischen Wählern, Gruppen und Politikern, zwischen
Regierenden und Regierten
Übermittlung von Nachrichten über Probleme und Ereignisse sowie deren
Bewertung 13
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Informationsfunktion
Massenmedien sollen sachlich richtig, umfassend und vollständig sowie
verständlich informieren
ObjektivitätVollständigkeit
Verständlichkeit 14
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Artikulationsfunktion
Im Prozess der Interessenartikulation stellen Massenmedien das Sprachrohr
von Verbänden, Parteien und einzelnen Bürgern dar, mit
denen diese ihre Forderungen an diepolitischen Entscheidungsträger richten
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Kritikfunktion
Kontrolle und Kritik an den Entscheidungen der Regierenden und
politischen Institutionen
Presse, Funk und Fernsehen sollen Missstände aufspüren, darüber
berichten, unterschiedliche Sichtweisen zu aktuellen darstellen
und Fakten kommentieren 16
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Bildungsfunktion
Verbreitung von Wissen und Kenntnissen
Vermittlung des Wissens für die Willensbildung und Ermöglichung der
Teilnahme (Partizipation) der Bürgerinnen und Bürger am politischen
Prozess17
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Die Schweigespirale
Theorie der öffentlichen Meinung, die den Vorgang der individuellen
Meinungsanpassung an die (vermeintlich) populärere, stärkere Meinung beschreibt
und erklärt
Noelle-Neumann, Elisabeth: Öffentliche Meinung. Die Entdeckung der Schweigespirale. Erweiterte Ausgabe Stuttgart und Berlin
1996. 18
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8. Vorlesung – 08. Dezember 2009Zentrale Hypothese der Schweigespirale
Individuelle Perzeption der öffentlichenMehrheitsmeinung zu einem
aktuell strittigen ThemaUnabhängige Variable / Explanans
↓
Bereitschaft von Individuen,sich öffentlich zu diesem Thema zu äußern
Abhängige Variable / Explanandum 19
Die Schweigespirale
Um Isolierung zu vermeiden, beobachten Menschen ständig sehr wachsam ihre
Umgebung. Das Ergebnis der Einschätzung des Meinungsklimas beeinflusst ihr Verhalten in der
Öffentlichkeit.
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Die Schweigespirale
Die Gruppe derjenigen, die glauben, dass ihre eigene Meinung zu einem Thema mit der
perzipierten Mehrheitsmeinung zu diesem Thema übereinstimmt bzw. in Zukunft übereinstimmen wird, erweist sich als kommunikationsbereiter
(„Reden“), als diejenigen, die glauben, dass ihre eigene Meinung zu dem Thema von der
Mehrheitsmeinung abweicht bzw. in Zukunft abweichen wird („Schweigen“)
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Die Schweigespirale
Indem die Vertreter der einen Meinung reden, die Vertreter der anderen hingegen schweigen,
beeinflussen sie wiederum den Umwelteindruck:
Die sich durchsetzende Meinung wirkt stärker, die zurückgedrängte Meinung schwächer, als sie es
tatsächlich sind
„Spiralprozess“, in dem nunmehr weitere Individuen, die die entsprechende Veränderung des Meinungsklimas
wahrnehmen, veranlasst werden, sich im beschriebenen Sinne danach zu richten
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Randbedingungen für dasFunktionieren der Schweigespirale
1 Aktualität
2 Wertbeladenheit
3 Identifizierbarkeit des Standpunktes in den Massenmedien
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Die Rolle der Massenmedien imProzess der Schweigespirale
Starke Wirkung der Massenmedien auf das Meinungsklima einer Gesellschaft
Massenmedien wirken auf den mit der Schweigehypothese angenommen Spiralprozess
ein
Die Medienrealität zeigt dem einzelnen an,zu welchem Standpunkt in einer umstrittenen Frage er sich öffentlich bekennen kann bzw.
muss oder besser schweigt 24
Kritik an der Theorie der Schweigespirale
Kritik am basalen Konzept der Isolationsfurcht des Individuums und der daraus abgeleiteten
Handlungstheorie
Kritik am Postulat machtvoller Medien
Kritik an der Behauptung, dass der Einzelne sich ein zutreffendes Bild über die dominante Meinung
machen kann
Kritik an den politischen Implikationen der Schweigespirale bzw. an ihrer politischen
Instrumentalisierbarkeit 25
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8. Vorlesung – 08. Dezember 2009Kritik an den Massenmedien
Fehlende demokratische Legitimität
Parteilichkeit
Niveauverflachung
Personalisierung
Negativität 32