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XX. Onkologische
Fachtagung,
Berlin 2.Juni
2017
„Die schwierige Patientin?!“
Anna-H. Seidlein, M.Sc.Interdisziplinär – operative Intensivstation / Institut für Ethik & Geschichte der Medizin
Statt einer Agenda....
http://www.sichtwechsel.com/files/theme/img/aktuelles/2014/037-pfadtool/thumb-sichtwechsel-pfadtool.jpg
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Hintergrund
- Prävalenz & Inzidenz von Krebserkrankungen weltweit -
• Krebs gehört schon heute zu den führenden Ursachen für Morbidität und
Mortalität weltweit (WHO, 2017)
• Häufigkeit von Krebserkrankungen wird weiter zunehmen (WHO, 2017)
• Zweithäufigste Todesursache weltweit (WHO, 2017)
Hintergrund
- Prävalenz & Inzidenz von Krebserkrankungen in Dtld.-
• Neuerkrankungen in Deutschland:
- In Dtld. wird jährlich bei rund 229.920 Frauen & 252.550 Männern
erstmalig eine Krebserkrankung diagnostiziert (RKI, 2016)
- Prognose für 2020: 244.100 Frauen & 274.900 Männer
• Erkrankungsfälle:
Sterbefälle:
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Hintergrund
- Prävalenz & Inzidenz von Krebserkrankungen in Dtld.-
RKI 2015
Prävalenz onkologischer Nebendiagnosen:
– Z85- Bösartige Neubildung in der Eigenanamnese
ca. 575.000 Patientenfälle
– C78- Sekundäre bösartige Neubildung der Atmungs u. Verdauungsorgane
ca. 446.000 Patientenfälle
(statist. Bundesamt 2015)
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Krebs – (k)eine chronische Krankheit?
• Patienten trotz bzw. mit ihrer Tumorerkrankung leben deutlich länger
• Mehr Genesung aber auch längeres Überleben trotz fortgeschrittenem
Stadium/Metastasierung
• langfristige medikamentöse erinnern immer wieder daran „Krebs zu
haben“ und vermitteln nicht das Gefühl „Krebs gehabt zu haben“
• „magische Fünfjahresmarke“
• "Krebs wird sich mehr und mehr zu einer chronischen Erkrankung entwickeln, mit der
sehr viel mehr Patienten deutlich länger und besser leben können als bisher" (Pathologe der
Berliner Charité Prof. M. Dietel: Ärzte Zeitung, 15.02.2016)
Krebs – (k)eine chronische Krankheit?
„Der Erhalt der psychischen und sozialen Lebensqualitat spielt eine
wichtige Rolle für Menschen, die mit einer Krebserkrankung leben. Da sich
das Uberleben bei vielen Krebsdiagnosen zunehmend verlangert und die
Krankheit damit einen chronischen Verlauf nimmt, ist von einem künftig
steigenden psychoonkologischen Versorgungsbedarf auszugehen. Hinzu
kommt, dass auch die Zahl der an Krebs erkrankten Menschen aufgrund
des demographischen Wandels in Deutschland zunehmen wird.
Psychoonkologische Maßnahmen konnen Betroffene bei der Bewaltigung
der Erkrankung unterstützen und psychische oder psychosomatische
Symptome lindern. Inwieweit hierdurch Auswirkungen auf den
Heilungsprozess und auf die Uberlebenszeit erzielt werden konnen, ist
jedoch umstritten. (RKI 2016, S.261)
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Focus online Schlagzeile:
„Krebs bald "nur" noch eine chronische Krankheit?“
- Fokus ändert sich / sollte sich verändern
- Patienten betreten immer wieder mit verschiedenen
Gesundheitsproblemen das System
- Erleben akuter vs. chronischer Krankheit -> empirisch basierte Theorien
zum Erleben chronischer Krankheit
Trajektmodell / Krankheitsverlaufskurvenkonzept
Grötken & Hokenbecker-Belke in Anlehnung an die Darstellung von Hülswitt, A. und Loch, M. (2005).
Pflege- und Krankheitsverlaufskurve beim Trajekt-Modell.
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Trajekt-Modell / Krankheitsverlaufskurvenkonzept
• Stärken:
- Fokus “Handlungsgefüge, das von unterschiedlichen
Akteuren mit unterschiedlichen Perspektiven, Positionen,
Aufgaben, Situationseinschätzungen, Plänen und
Erwartungen durch ihr Zusammenwirken konstituiert und
über einen langen Zeitraum aufrechterhalten wird“ (Corbin, Hildenbrand
& Schaeffer 2009)
- KH verläuft nicht gleichförmig -> Trajektphasen verlaufen
nicht linear!!
Aktuelle Situation von chronisch Kranken im derzeitigen
Versorgungssystem
• nicht ausreichend versorgt da unser Gesundheitssystem nicht adäquat
auf die Bedürfnisse chronisch kranker Menschen eingestellt ist
– Behandlung akuter Gesundheitsprobleme steht im Vordergrund
De Geest 2011 nach Bengoa (WHO)
– Kontinuierliche, koordinierte Begleitung von Patienten mit komplexen
Krankheitsverläufen (die durch ein Auf und Ab des Gesundheitszustandes
gekennzeichnet sind) fehlt
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Folgeprobleme einer Krebserkrankung und -therapie
• komplexe, Monate – Jahre dauernde Behandlungen bleiben häufig nicht
ohne körperliche, psychosoziale und ökonomische Folgeprobleme
• auch bei kurativen Therapien kann ein „ungutes Gefühl“ bei den
Überlebenden zurückbleiben!
– Angst nicht geheilt zu sein; Furcht vor Metastasen &
Wiederauftreten der Erkrankung
• „Omnipräsenz von Krebs“ (Shaha, 2003)
Lauern noch irgendwo im Körper bisher unentdeckte Krebszellen, die nur darauf warten, das Signal zur Vermehrung zu erhalten?
Kann es sein dass ich mich gesund fühle, aber eigentlich noch krank bin?
Bin ich wirklich gesund?
Entwickeln sich in meinem Körper unbemerkt Metastasen des Primärtumors?
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„(...) dürften demnach in Deutschland derzeit etwa 4 Millionen Menschen
leben, die jemals in ihrem Leben an Krebs erkrankt sind
(Lebenszeitprävalenz).“ (RKI, 2016 S.25)
Posttraumatische Belastungsstörungen
(engl.: PTSD, dt.: PTBS)
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F.43.1
„eine verzogerte oder protrahierte Reaktion auf ein
belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder
längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder
katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine
tiefe Verzweiflung hervorrufen würde“
Was ist eine PTSD?
- WHO/ICD-10 -
1 (A)
Trauma-Ereignis, z. B. Lebensbedrohung durch Erkrankung,
Krieg oder körperlicher Versehrtheit durch Vergewaltigung
2(B)
Intrusion Wiedererleben des traumatischen Ereignisses
(Alpträume, Flashbacks)
3(C)
Vermeidung Versuch, Situationen zu meiden, die Erinnerungen an
das traumatische Ereignis auslösen Teilnahmslosigkeit,
Gefühl der Entfremdung
4(D)
Hyperarrousal Dauerhaftes Gefühl der Angespanntheit bzw. übersteigerte
Gereiztheit, z. B. Schlafstörungen, Wutausbrüche,
Konzentrationsschwierigkeiten, Schreckhaftigkeit
5(E)
Auftreten der Symptome innerhalb von sechs Monaten nach dem
auslösenden Ereignis
Leitsymptome/Merkmale einer Posttraumatischen
Belastungsstörung nach ICD10-Kriterien
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„Ein Trauma ist ein vitales Diskrepanzerlebnis zwischen bedrohlichen
Situationsfaktoren und den individuellen Bewältigungsmöglichkeiten, das
mit Gefühlen von Hilflosigkeit und schutzloser Preisgabe einhergeht und so
eine dauerhafte Erschütterung von Selbst‐ und Weltverständnis bewirkt“ (Fischer & Riedesser, 2009, S. 84).
• Verschiedene Trauma-Typen:
Typ-I-Trauma (einmalig, kurzfristig)
Typ-II-Trauma (mehrmalig, langfristig)
(medizinisch bedingte Traumata)
Exkurs:
Traumadefinition
Was ist eine PTSD?
- American Psychiatric Association / DSM V -
PTSD im DSM V
• 2013: überarbeitete PTSD Diagnosekriterien im (DSM-5)
• Kategorie: „Trauma- and Stressor-Related Disorders“
-> alle Diagnosen in dieser Gruppe erfordern als
Diagnosekriterium die Exposition von traumatischen/
stressbehafteten Ereignissen
• A - H – Kriterien
• Ende 2014 deutsche Übersetzung erschienen
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Was ist eine PTSD?
- American Psychiatric Association / DSM V -
Criterion A (one required) +
Criterion B
Criterion C
Criterion D
Criterion E
+
Criterion F (required):
Symptome dauern über 1
Monat an
Criterion G (required):
Symptome verursachen
Distress oder funktionelle
Einschräknungen (z.B. in Beruf
oder Sozialleben).
Criterion H (required):
Symptome stehen nicht mit
Medikamenten,
Subtanzmissbrauch oder
anderer Krankheit in
Verbindung
Einige wichtige Änderungen im DSM V
- potenziell auslösende traumatische Ereignisse wurden eingeengt
- Kriterium des (subjektiven) Erlebens von Entsetzen, Furcht und
Hilflosigkeit entfällt
- Ereignis muss direkt, indirekt oder als Zeuge erlebt worden sein
- separate Kriterien für Kinder im Alter von 6 Jahren oder jünger
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Häufigkeit
• PTSD durch lebensbedrohliche Krankheit:
1-Jahrespravalenz 23,4% (Maercker et al., 2008)
• PTSD bei/durch Krebserkrankung:
2,6% (Mehnert et al. 2013) - 25% (Flatten et al. 2003)
Bsp. Brustkrebs:
Studien basierend auf psychiatrischen Interviews und Fragebogen:
Pravalenzraten von 2,4 % (Mehnert et al. 2007) – 3,6% (Voigt et al.2017)
Mögliche Ursachen/Auslöser einer PTSD im
Zusammenhang mit Krebstherapie
• Wiederholte invasive Diagnostik & Therapie
• schmerzhafte Prozeduren & Schmerzen
• Erlebte Lebensbedrohung
• Erfahrener Kontrollverlust
• Sepsis
• Aufenthalt auf einer Intensivstation (ITS)
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Risikofaktoren
• Weit fortgeschrittene Krebserkrankung
• Kürzlich abgeschlossene Therapie
• Kurze Zeit seit Erstdiagnose
• Jüngeres Lebensalter der Patienten
• Weibliches Geschlecht
• traumatogene Ereignisse in der Vorgeschichte
• geringe soziale Unterstützung
(Mehnert 2004, Abbey et al. 2015, Cordova et al. 2017)
Herausforderungen bei Diagnosestellung & Forschung
• Retraumatisierung
• Reaktivierung
• verzögerter Beginn
• erschwerte Ursachenzuschreibung durch Vielzahl
unterschiedlicher Ereignisse und Situationen
• Abgrenzung zur Anpassungsstorung
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Folgen einer PTSD
PTSD beeinträchtigt u.a.
Lebensqualität
Behandlungsoutcomes
(Selbst-)vertrauen
soziale Beziehungen
PTSD kann u.a.
Angst vor erneutem Auftreten der Krankheit und Tod verstärken
Persönlichkeit dauerhaft verändern
Auslöser somatischer Erkrankungen sein (Griesbeck 2016)
http://www.ruhr-tourismus.de/fileadmin/user_upload/rtg2.0/Bilder/ZZ_Presse/Pressefotos/Tiger_Turtle_Duisburg.jpg
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„Die schwierige Patientin?!“ – ein Werkstattbericht
• Brainstorming akutpflegerelevanter Themen und „Falle“
• Konsensbildung auf Grund geteilter Erfahrungen
• Systematische Literaturrecherche und –analyse
„Die schwierige Patientin?!“ – ein Werkstattbericht
Methodische Überlegungen
• Klassische Präsentation
• Multimediale Präsentation
• Auswahlkriterien:
– Konkurrenzanalyse
– Machbarkeit & Kosten
– Urheberrechte
– Datensicherheit des Endprodukts
– Expertenkonsultationen
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Arbeitsprozess
• Thema sehr vielschichtig Fallvignetten als Arbeitsgrundlage für Hauptmerkmale
ausgewählt Grundlage für Storyboard
• Ziel des Videos:
– Aufmerksamkeit ++++
– Fakten vermitteln +
• Diskussion Erstellungsmodus (fremd vs. Eigenproduktion); Vertonung (professionell vs.
Eigenaufnahme)
• Lizenzfragen & Erlernbarkeit versch. Programme
• Nachvollziehbarkeit der Videoinhalte soll auch ohne Ton möglich sein
• Tutorium durch IT Experten
• Pre- Test
Videopräsentation
https://www.youtube.com/watch?v=uC1AzIBffSw
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Ausblick: Evaluation
Take-Home Message
• Was ist „krank“ und was „gesund“? (Unschärfen, fließende Übergange)
vs. Was bedeutet “chronisch krank sein” für den Betroffenen und seine
soziales Umfeld?
• Kommunikation bestimmt maßgeblich das Befinden des Patienten - und
der Begleiter
• Paradigmashift in der Patientenversorgung hin zum „Chronic Care
Modell“
• Auftrag der Pflege annehmen (Grypdonk 1999, Schaeffer & Moers 2008)
• „Schwierige Patienten“ haben Gründe für ihr Verhalten
„Inside of every problem lies an opportunity“ (Robert T. Kiyosaki)
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Das vollständige Literaturverzeichnis ist bei der Referentin erhältlich: