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Afghanistan Praxis, Grundsätze und Perspektiven unserer Arbeit

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Page 1: Praxis, Grundsätze und Perspektiven unserer Arbeit · Lepra- und Tuberkulosepatienten behandelt. In einem mit Hilfe von Caritas international gebau-ten neuen Krankenhaus in Schahristan

AfghanistanPraxis, Grundsätze und Perspektiven unserer Arbeit

Page 2: Praxis, Grundsätze und Perspektiven unserer Arbeit · Lepra- und Tuberkulosepatienten behandelt. In einem mit Hilfe von Caritas international gebau-ten neuen Krankenhaus in Schahristan

InhaltVorwort | Neue Wege – bewährte Mittel 3

Einleitung | Das Militär geht, Caritas bleibt 4

Katastrophenvorsorge | Schutz vor Flut und Erosion 6

Infrastruktur | Eine neue Basis schaffen 7

Bildung | Neustart ins zivile Leben 8

Psychosoziale Hilfe | Eine Aussicht auf Frieden 9

Aussichten | Wandel in kleinen Schritten 10

Herausgeber: Deutscher Caritasverband e. V. Caritas international, Referat Öffentlichkeitsarbeit Postfach 420, D-79004 Freiburg Tel: 0761| 200-288, Fax: 0761| 200-730E-Mail: [email protected]: www.caritas-international.deRedaktion: Michael Brücker (verantwortlich), Stephan GüntherFotografen: Martin Gerner (S. 3); Caritasmitarbeiter (S. 6, 8); Pieter Jan de Pue (Titel, S. 4, 7, 8, 9, 10, 11)Grafik: stepmap.deGestaltung: text & partner GbR, FreiburgDruck: Poppen & Ortmann, Freiburg. Gedruckt auf 100% Recyclingpapier

Spendenkonto 202Bank für Sozialwirtschaft KarlsruheBLZ 660 205 00oder www.caritas-international.de

Impressum

Pakistan

Indien

Turkmenistan

Usbekistan

Tadschikistan

Iran

Afghanistan

Herat

Kandahar

Hasaradschat

Kabul

Inhalt

Page 3: Praxis, Grundsätze und Perspektiven unserer Arbeit · Lepra- und Tuberkulosepatienten behandelt. In einem mit Hilfe von Caritas international gebau-ten neuen Krankenhaus in Schahristan

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Neue Wege –bewährte MittelZehn Jahre nach den Anschlägen des 11. Sep-tember 2001, nach dem Sturz des Taliban-Re-gimes und nach der ersten internationalenAfghanistan-Konferenz in Bonn zieht Caritas in-ternational mit dieser Broschüre eine Zwischen-bilanz über die seit 1984 andauernde Arbeit desHilfswerks der deutschen Caritas in Afghanistan.

Der Krieg macht es schwer, Prognosen über dieweitere Entwicklung des Landes aufzustellen.Die Erfahrungen aus der langjährigen Arbeit vonCaritas international zeigen aber, wo anzusetzenist, um Perspektiven für und mit den Menschenweiter zu entwickeln. Eine wichtige Grundlage istdabei das Partner-Prinzip. Alle Projekte werdenin Kooperation mit lokalen Organisationen undunter enger Einbeziehung der Bevölkerungdurchgeführt. Ein weiteres entscheidendes Prin-zip ist das der Hilfe zur Selbsthilfe, das gerade inLändern wie Afghanistan nicht selbstverständlichist. Beim Bau von Straßen oder Brunnen etwasteuert Caritas Know-how und Material bei. DieBewohnerinnen und Bewohner selbst und lokale

Unternehmen aber planen mit und führen die Arbeiten aus. Schließlich ist auch der Grundsatzder Neutralität ein Garant für den Erfolg der Ar -beit in Afghanistan. Caritas international war undist in der Hilfe unabhängig von militärischen undpolitischen Parteien. Nur so können Vertrauenund damit auch Sicherheit wachsen.

Voraussetzung für den Frieden

Die Menschen in Afghanistan benötigen beruf-liche und persönliche Perspektiven jenseits vonKrieg, Terror und Drogenökonomie. WeitereInvestitionen in die Infrastruktur, in Bildung, inGesundheit und in das Sozialsystem sind not-wendig. Wir sind überzeugt davon, dass mit derVerbesserung der Lebensgrundlagen auch einefriedliche Zukunft möglich ist.

Diese Broschüre vermittelt einen Eindruck davon,was möglich war und ist, trotz des Krieges inAfghanistan. Und sie deutet damit auch an, wasmöglich sein wird in hoffentlich bald einkehren-den Friedenszeiten.

Straßen und Brückenbauen. Mehr als sonstwohat dies in Afghanistanauch eine sprichwörtlicheBedeutung: Die Men-schen brauchen neueVerbindungen zueinander.

Vorwort

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Kabul und auch viele andere Teile Afghanistanssind als Orte des Krieges und des Terrors inunserem Bewusstsein. Auch wenn die dunklenSeiten dieses Landes nicht verschwiegen wer-den dürfen, so sind in der Hauptstadt und inrelativ friedlichen Regionen des Landes dochauch zählbare Fortschritte zu beobachten.

Die Stadt war kaum wiederzuerkennen. Überallstanden neue Häuser, gab es Märkte, waren

Straßen gebaut und Geschäfte eröffnet worden.“Als Julia Gietmann im Sommer 2011 in Kabul an-kommt, glaubt die Afghanistan-Expertin von Cari-tas international ihren Augen nicht zu trauen.Innerhalb von Monaten hatte sich seit ihrem letztenBesuch das Stadtbild – wieder einmal – grund-legend verändert. „Natürlich gibt es auch das, wasjeder und jede Fernsehzuschauerin zur Genügekennt: bewaffnete Sicherheitskräfte, zerstörte Ge-bäude und ein Klima der Angst. Aber man siehteben auch ein ziviles Afghanistan, junge Leute, dieihrer Sehnsucht nach Freiheit Ausdruck geben,

indem sie Musik machen, in die Politik gehen oderein Studium beginnen.“

Julia Gietmann kennt das Land, sie hat zehnJahre in Afghanistan gelebt. Und das Hilfswerkder deutschen Caritas, für das sie arbeitet, isthier seit 1984 aktiv – in der Not- und Katastro-phenhilfe wie im langfristigen Wiederaufbau. Bisin die Anfangszeit der Taliban-Herrschaft liefendie Projekte, förderte man beispielsweise die Bil-dung von Mädchen. Erst mit der Eskalation desKonflikts musste auch Caritas das Land verlas-sen. Man konzentrierte sich vorübergehend aufdie Flüchtlingshilfe. Unmittelbar nach dem Sturzdes Regimes konnte die Arbeit in Afghanistanfortgesetzt werden.

Nicht Krieg, nicht Frieden

Zwar herrscht auch zehn Jahre danach weiterKrieg in Afghanistan. Besser gesagt: in manchenTeilen des Landes. In anderen Regionen aber,etwa im zentralen Hochland, haben die Men-

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Das Militär geht, Caritas bleibt

Einleitung

Page 5: Praxis, Grundsätze und Perspektiven unserer Arbeit · Lepra- und Tuberkulosepatienten behandelt. In einem mit Hilfe von Caritas international gebau-ten neuen Krankenhaus in Schahristan

schen mit denselben Alltagsproblemen zu kämp-fen wie in anderen Gegenden Zentralasiens. DieBergregion Hasaradschat in den Ausläufern desHindukusch ist eine der ärmsten Regionen desLandes. Hier leben vor allem Hasara, eine schii-tische Minderheit. Die Kargheit des Landes, dieschlechte Infrastruktur und klimatische Verände-rungen haben dazu geführt, dass immer mehrMenschen in die Städte abwandern. Caritas in-ternational unterstützt in den Dörfern den Bauvon Straßen, Brunnen und Krankenhäusern, ar-beitet an neuen Konzepten für die Landwirtschaftund verbessert gemeinsam mit lokalen Partnerndie Katastrophenvorsorge.

In den urbanen Zentren ist Caritas internationalvor allem im sozialen Sektor aktiv. Die Städte,allen voran Kabul, wachsen in enormer Ge-schwindigkeit. Viele Menschen stranden auf ihrerSuche nach Arbeit und Ausbildung in den Voror-ten, die ihnen weder das eine noch das anderebieten. Hier geht es darum, soziale Angebote zuschaffen und junge Frauen und Männer auszu-bilden. Wie überall gilt dabei der Grundsatz „Wirstärken die Schwächsten“. Denn zuerst benöti-gen diejenigen Hilfe und Unterstützung, die an-

gesichts vieler Jahre des Krieges und der Gewaltnicht mehr weiter wissen: z. B. Kriegstraumati-sierte und Drogenabhängige. Programme zurpsychosozialen Hilfe für Traumatisierte und zurUnterstützung von Abhängigen beziehen dabeiimmer auch die Familien der Betroffenen ein.Denn nur der Aufbau eines funktionierenden so-zialen Umfelds macht eine Reintegration möglich.

Neutralität und Unabhängigkeit

Caritas international bleibt bei all dieser Arbeiteiner Linie treu: Die Bedürftigsten stehen imFokus der Hilfe, unabhängig von Geschlecht, vonethnischer und religiöser Zugehörigkeit und fernvon militärischen Interessen aller Kriegsparteien.So konnte über die Jahre ein Vertrauensverhält-nis aufgebaut werden zu den Partnern, zu Lokal-verwaltungen und vor allem zu den Menschen,mit denen Caritas arbeitet. Neutralität und Kon-tinuität der Arbeit zahlen sich aus. Nicht zuletztbieten sie den besten Schutz für die Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter.

Die internationalen Truppen werden voraussicht-lich schon bald aus Afghanistan abziehen, Cari-tas international aber wird bleiben.

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Ein einsamer Grenz-schützer in den BergenAfghanistans. Die entle-genen Regionen geltenoft nur als strategischwichtig. Caritas aber siehtzuerst den Menschen.

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Als im Jahr 2010 schwere Überschwemmun-gen in der Provinz Daikundi im zentralen Hoch-land Afghanistans Straßen und Gebäude,Felder und Bewässerungssysteme zerstörten,nahm kaum jemand Notiz von dieser Katastro-phe. Steht doch der Krieg im Zentrum der Be-richterstattung. Dabei sind die ohnehin schonsehr armen Menschen in den Hochgebirgendes Landes besonders betroffen von Dürren,Überschwemmungen und harten Wintern.

Seit vielen Jahren ist Caritas internationalin der Winternothilfe in Afghanistan aktiv.

Gesundheitsstationen in der Provinz Daikundisichern die medizinische Grundversorgung, injeder Station arbeiten ein Arzt, ein Krankenpflegerund eine Hebamme. Ohne diese Ambulanzenmüssten Kranke kilometerweit durch hüfthohenSchnee oder über Hochgebirgspässe transpor-tiert werden. Der Erfolg ist messbar: Die Versor-gung von Schwangeren und jungen Müttern

führte in den letzten Jahren zu einer stetigen Ab-nahme der Frauen- und Kindersterblichkeit.

Nachhaltige Katastrophenvorsorge

Klimatische Veränderungen haben zu immerhäufigeren Dürren und Überschwemmungen ge-führt. Nach der schweren Flutkatastrophe imFrühjahr 2010 verband das Hilfswerk derdeutschen Caritas die Nothilfe mit nachhaltigerKatastrophenvorsorge. In „Cash-for-work“-Pro-grammen bauen und sichern Betroffene Straßenund Bewässerungssysteme, die durch baulicheMaßnahmen vor Erosion geschützt werden. Mitdem dabei verdienten Geld können sie die Zeitbis zur nächsten Ernte überbrücken. Den Bauvon Drahtgitterkörben zum Erosionsschutzhaben dabei die Frauen übernommen, dieStraßen- und Befestigungsarbeiten führen dieMänner durch. Ein Projekt also, das Armutsbe-kämpfung und Katastrophenvorsorge gleicher-maßen berücksichtigt.

Schutz vor Flut und ErosionIn kleinen Werkstättender Caritas flechtenFrauen Drahtkörbe (r.),die wie Steinmauern (l.)Straßen und Bewäs-serungskanäle vorErosion schützen.

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Hilfe in ZahlenCaritas international ist seit 1984 in Afghanistan

aktiv. Über die Jahre hat das Hilfswerk hier so viele

Projekte umgesetzt wie kaum anderswo auf der

Welt. Sie reichen von psychosozialer Unterstützung

über Wiederaufbaumaßnahmen bis hin zur Nothilfe:

In den vergangenen 10Jahren hat Caritas in-ternational Hilfe für mehr

als 25,3 MillionenEuro geleistet.

Allein die Winterhilfe

erreicht 126.000Menschen in denentlegenen Regionen

des Hochlands.

Katastrophenvorsorge

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Hasaradschat, die gebirgige Zentralregionwestlich der Hauptstadt Kabul, ist einer derärmsten Landstriche Afghanistans. Hier hilftCaritas international beim Bau von Kranken-häusern, sozialen Einrichtungen, Schulen,Straßen und Wasserleitungen.

Der fehlende Zugang zu sauberem Trinkwas-ser ist eines der Hauptprobleme des länd-

lichen Hasaradschat. Nur wenige Menschenhaben Zugang zu Brunnen oder sauberen Quel-len. Die meisten Bewohner der unzugänglichenRegion holen ihr Wasser aus verschmutztenFlüssen oder Kanälen. Die mangelhafte Hygieneist Ursache vieler Krankheiten. Daher ist die Was-serversorgung ein zentraler Arbeitsbereich vonCaritas international in der Region.

Wasser, Wege, Wohlfahrt

Ein anderer ist die medizinische Hilfe. Bereits seit1984 unterstützt Caritas international die Part-

nerorganisation LEPCO (Leprosy and TB controlprogram), die in zehn Kliniken im HasaradschatLepra- und Tuberkulosepatienten behandelt. Ineinem mit Hilfe von Caritas international gebau-ten neuen Krankenhaus in Schahristan werdenLepra- und Tuberkulosekranke behandelt, Basis-gesundheitsschulungen angeboten und Kran-kenpflegerinnen ausgebildet.

Langfristig wirksam ist auch der Aufbau weitererInfrastruktur, die Caritas international unterstützt.So werden gemeinsam mit afghanischen Part-nerorganisationen schon seit 2003 entlang be-stehender Eselspfade befestigte Bergstraßen inden Fels gehauen. Die Straßen und Brückenbahnen den Weg für den Transport von Hilfsgü-tern und Baumaterialien und verschaffen denMenschen Zugang zu Brunnen, Schulen und Ge-sundheitsstationen. Für die Bewohnerinnen undBewohner vieler Bergdörfer ist dies Grundvor-aussetzung für einen Weg aus der Armut.

Eine neue Basis schaffenHier werden die Problemevon Grund auf angegan-gen: mit oft einfachenMitteln beim Straßenbau,mit dem Bau von Brun-nen, mit medizinischerBasisversorgung.

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Seit 1984 ist Caritasim Hasaradschat aktiv

und behandelt in 10Kliniken Lebra- undTuberkulose kranke.

Von 2004 bis 2009 hat

Caritas international ins-

gesamt gut 1.000Brunnen gebohrtund Quellen eingefasst.

Die Projekte im Hazara-

jat werden von der

Europ. Commission for

Humanit. Aid (ECHO),vom Bundesministerium

für wirtsch. Zusammen-

arbeit und Entwicklung

(BMZ) sowie demAuswärtigen Amtgefördert.

4 Kliniken bauten Caritas international und

ihre Partner seit 2006 in

Bander-Sangtakht, Kijran

und Aschterlai.

Infrastruktur

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Etwa 70 Prozent, in ländlichen Regionen oft 90Prozent der afghanischen Bevölkerung könnennicht lesen und schreiben. Auch die beruftlicheAusbildung ist schlecht. Mit Bildungs- undAusbildungsprojekten investiert Caritas inter-national in die Zukunft.

Bildung ist der Schlüssel zu Gesundheit, Ar-beit und zur Gleichstellung der Geschlech-

ter – mehr als irgendwo sonst gilt dies fürAfghanistan. Und innerhalb des Landes nochmehr für die ländlichen Regionen, mehr für Mäd-chen und Frauen, mehr für Menschen, die alsDrogenabhängige oder sozial Benachteiligte amRande der Gesellschaft leben.

Die insgesamt sieben Mädchen-Schulen, die Ca-ritas international seit 2002 im Hasaradschat imDistrikt Schahristan und im Bezirk Aschterlai ge-baut hat, setzen genau hier an. Sie bieten Mäd-chen und jungen Frauen Perspektiven jenseits

von Armut und Abhängigkeit. Zum Teil sind die Schulen inzwischen an die lokalen Gemeindensowie an das afghanische Bildungsministeriumübergeben worden. Damit ist zumindest einTabu aus den Zeiten der Taliban-Herrschaftüberwunden: Mädchen und Frauen haben einRecht auf Bildung.

Bildung als Rehabilitation

Die erfolgreiche Arbeit der Caritas beim Drogen-entzug und der Therapie wird langfristig fort-gesetzt. Ehemalige Drogenkranke und ihre Fami-lienangehörige erhalten eine berufliche Ausbil-dung, in Autowerkstätten, einem Betrieb, derFußbälle herstellt, in einer Stickerei und einer Nä-herei. So wird Rehabilitation mit Bildung undAusbildung verknüpft. Denn eine dauerhafteReintegration in Familie und Gesellschaft ist nurmöglich, wenn sich berufliche und ökonomischePerspektiven bieten. Und nicht zuletzt entstehtso auch ein soziales Netzwerk.

Neustart ins zivile LebenBildung auch fürFlüchtlinge: Notdürftigin Zelten, notwendig,um Perspektiven zuschaffen (li.). Prakti-sches Lernen für Nähe-rinnen und Bauarbeiter.

Hilfe in ZahlenPerspektiven schaffen für Kinder und Jugendliche,

für Opfer von Gewalt, für Drogenabhängige – Cari-

tas international setzt mit der Hilfe an der Basis an:

mit Therapien, mit Bildung und Ausbildung. Das

Prinzip: Wir stärken die Schwächsten.

Nur 61 Prozent der Kinder zwischen

5 und 15 Jahren gehen

laut einer Caritas-Studie

zur Schule.

In knapp 10 Jahrenhat Caritas international

im Hasaradschat

7 Schulen fürMädchen gebaut.

Bildung

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Für viele Afghanen und Afghaninnen gehörtGewalt zum Alltag: Krieg und Terror im Land,ständige Kriminalität auf den Straßen, dazu einhohes Maß an häuslicher Gewalt. Physischeund psychische Folgen sind immens. Mit demProjekt „Traumaarbeit und seelische Gesund-heit“ will Caritas die Spirale durchbrechen.

Allein 1.500 Beratungen finden Monat fürMonat in den mittlerweile sieben Zentren in

Kabul statt, die Caritas international als Anlauf-stelle für all jene errichtet hat, die die Grenzenihrer seelischen Leidensfähigkeit erreicht oderüberschritten haben. Die Frauen und Männerkommen mit Depressionen und Ängsten, leidenunter Zwängen und häuslichen Konflikten, anden Folgen von Drogenmissbrauch, an Schizo-phrenie oder chronischen Schmerzen.

Der Bedarf an Therapie ist immens. Kaum einMensch, der nicht selbst oder in der Familie Ge-

walterfahrungen hat. Dennoch gibt es landesweitnur eine einzige psychiatrische Klinik. Viele Men-schen nehmen Psychopharmaka, ohne die Ne-benwirkungen zu kennen.

Gewaltfreie Räume schaffen

In den Zentren finden die Betroffenen Gehör, hiergibt es Freiräume, in denen sie für eine Zeitlangreden, malen oder einfach nur sein können. Weildas Projekt personelle und finanzielle Grenzenhat, geht es auch darum, Ideen und An sätze wei-ter zu vermitteln. Daher bieten die Zentren Aus-bildung in psychologischer Beratung an. Und umÄrzte, Pflegepersonal und Lehrerinnen für dieNotwendigkeit psychischer Hilfe zu sensibilisie-ren, gehören zum Programm auch zahlreicheAufklärungsworkshops und Weiterbildungen inKlinken und Schulen. Die Resonanz in afghani-schen Medien hat in den letzten Jahren dasThema öffentlich gemacht – ein wichtiger Schrittzu mehr Akzeptanz.

Eine Aussicht auf FriedenEs gibt sie, die Welt ohneWaffen und Gewalt –wenn auch für viele Kin-der nur auf dem Papier,das sie bemalen. Caritasinternational hilft mit psy-chosozialen Programmen.

In 7 Zentren in Kabul finden pro Monat

im Durchschnitt

1.500 psychosoziale Beratungen statt.

Seit 2008 wurden

10 weitere Bera-tungszentren inHerat, Mazar, Bamyan

und Jalalabad eröffnet.

Knapp 70 Prozentmüssen laut einer

Befragung pro Tag mit

weniger als 2 Dollarauskommen.

56 Prozent der be-fragten Frauen teilen

sich mit ihren Familien,

im Schnitt 6 Personen,

ein einziges Zimmer.

2010 wurden 120freiwillige drogenab-hängige Patientenim „Nejat“-Zentrum be-

handelt.

Psychosoziale Hilfe

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Zehn Jahre nach dem Sturz der Taliban undder Bildung einer afghanischen Übergangs-regierung fallen die Bilanzen nicht sehr vielver-sprechend aus. Von Stillstand des Friedens-prozesses ist die Rede, von gescheitertenEinsätzen und fehlenden Perspektiven.

Wie aber sind die Aussichten für die Men-schen in Afghanistan, für die weitere Ent-

wicklung des Landes, für das Ende des Krieges?Und wie sieht die Arbeit der Caritas und derlokalen Partner aus, wenn die internationalenTruppen das Land verlassen?

Während vor zehn Jahren die Vereinten Nationenzur ersten internationalen Afghanistan-Konferenznach Petersberg bei Bonn einluden, war es 2011die afghanische Regierung, die die am interna-tionalen Einsatz beteiligten Regierungen und an-dere Akteure zusammenrief, um über die Zukunftdes Landes zu beraten und Perspektiven zu ent-wickeln für die Zeit nach dem Abzug der interna-tionalen Truppen. Doch die politische, soziale

und ökonomische Entwicklung bleibt bislanghinter den Erwartungen zurück. Der Krieg istnoch nicht beendet, die Zahl der Terroranschlägeist hoch, die der Schulen niedrig. Zu selten nochprägen Busse, Bauarbeiter und spielende Kinderdas Straßenbild, zu oft noch sind es Panzer, Sol-daten und Sicherheitskräfte.

Die Anfänge der Zivilgesellschaft

Die Afghanistan-Konferenzen 2001 und 2011zeigen aber auch: Das Zivile hat an Bedeutunggewonnen. Nicht in erster Linie die Einbeziehungder „Zivilgesellschaft“ bei der Konferenz am 5. Dezember 2011 lässt diesen Schluss zu, wäh-rend zehn Jahre zuvor militärische und staatlicheAkteure noch unter sich geblieben waren. Essind vielmehr die kleinen Fortschritte in Teilen desLandes, die eine solche Hoffnung begründen.

Abseits der militärischen Fronten haben die Men-schen in Afghanistan damit begonnen, denSchulbetrieb wiederaufzunehmen, soziale Struk-turen aufzubauen, medizinische Projekte anzu-

Wandel in kleinen SchrittenDer Aufbau einer Zivil-gesellschaft fängt mitpersönlichen und ge-sellschaftlichen Per-spektiven an. Insofernist auch der Straßenbaufriedenstiftend.

Aussichten

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stoßen, die eines Tages Basis sein sollen für einGesundheitssystem. Caritas international undandere Nichtregierungsorganisationen habensolche Initiativen unterstützt durch den Bau vonKliniken, Schulen, Brunnen und Straßen oderdurch Schulung, Ausbildung und fachliche Hilfe.

Das Ende des Militäreinsatzes

Gleichwohl sind dies nur einzelne Projekte undInitiativen. Insgesamt steckt die Entwicklung desLandes noch in den Anfängen. Der Prozess deszivilen Wiederaufbaus muss beschleunigt wer-den. Vor allem Jugendliche brauchen Perspek-tiven jenseits von Terror und Gewalt. MehrRessourcen müssen in Bildung, in Gesundheit,in Kultur investiert werden. Nur so kann verhin-dert werden, dass mit dem Abzug der internatio-nalen Truppen ein Wiedererstarken von Terrorund Gewalt einhergehen.

Wenn die US-amerikanischen, europäischen undanderen internationalen Truppen ihren geplantenZeitplan beibehalten sollten, ist die Zeit für diesenWeg sehr knapp. Im Jahr 2014 soll ein Großteilder Truppen das Land verlassen haben. Bis dahinsollen die Bezirke und Provinzen nach und nach

in afghanische Hände übergeben werden. Dazuwurden und werden viele Soldaten und Polizistenausgebildet. Notwendig ist aber auch die Aus-bildung von Verwaltungsbeamten, von pädagogi-schen und medizinischen Fachkräften, von Hand-werkern und Straßenbauern.

Die Zentralregierung in Kabul wurde in den ver-gangenen Jahren umfangreich mit Militär- undPolizeihilfe ausgestattet. Gleichzeitig aber musses darum gehen, der Kluft zwischen Stadt undLand, zwischen Zentrum und Provinzen entge-genzuwirken. Nicht zuletzt waren und sind eslokale und regionale Machthaber, die über Kriegund Frieden in Afghanistan mit entscheiden. DieErfahrungen von Caritas international im zentra-len Hochland und anderen Provinzen machendeutlich, dass eine enge Kooperation mit lokalenBehörden sinnvoll und hilfreich ist.

In enger Zusammenarbeit mit lokalen und inter-nationalen Partnern wird das Hilfswerk der deut-schen Caritas sich auch in den nächstenJahren – dann, wenn die Militärs längst abge -zogen sein werden – am Aufbau eines zivilenAfghanistan beteiligen.

Bauarbeiter suchen voreiner Sprengung beimStraßenbau Schutz in derFelswand. Der Ausbauder Infrastruktur ist einSchwerpunkt der Caritas-Arbeit in Afghanistan.

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Caritas international, das Hilfswerk der

deutschen Caritas, leistet weltweit

Katastrophenhilfe und fördert soziale

Projekte für Kinder, für alte und kranke

sowie für behinderte Menschen. Caritas

international hilft unabhängig von Religion

und Nationalität und arbeitet mit 160

nationalen Caritas-Organisationen

weltweit zusammen.

www.caritas-international.de