psychiatriezentrum rheinau neubau forensische … · die klinik für forensische psychiatrie...
TRANSCRIPT
Psychiatriezentrum RheinauNeubau Forensische SicherheitsstationenBauwerksdokumentation
5
Modernes forensisches Kompetenzzentrum als 6wichtiger Beitrag zur öffentlichen Sicherheit Markus Kägi, Baudirektor
Behandlung von straffälligen Patientinnen und Patienten 8Dr. Thomas Heiniger, Gesundheitsdirektor
Forensische Psychiatrie Rheinau – eine bewährte 10Partnerorganisation erweitert ihr Leistungsangebot Dr. Markus Notter, Vorsteher der Direktion der Justiz und des Innern
Bauen im Spannungsfeld zwischen Kriminalität und Schizophrenie 12Stefan Bitterli, Kantonsbaumeister
Bedeutung des Neubaus für das Psychiatriezentrum Rheinau 16Jürg Schaefer, Direktor Psychiatriezentrum Rheinau
Ein Sicherheitsbau im Park 18Derendinger Jaillard Architekten
Pläne 20
Am Bau Beteiligte / Baudaten 25
Chronologie 26
Inhalt
Impressum
Projektleitung:Felix LandoltBaudirektion Kanton Zürich, Hochbauamt
Redaktionsleitung:Kaspar HaffnerBaudirektion Kanton Zürich, Generalsekretariat, Kommunikation Baudirektion
Fotografi e:Dominique Marc WehrliWehrli Müller Fotografen, Zürich
Gestaltung, Layout, Druck:Alinéa AG, Wetzikon
Aufl age:850 Exemplare
Herausgeberin:© Baudirektion Kanton Zürich, Juli 2007
Situation 1:3000
OW
S
N
6 7
Wie es der Name «Sicherheitsstationen» bereits impliziert, stand beim Neubau dieses Projektes im Psychiatriezentrum Rheinau die Sicherheit im Mittelpunkt – Sicherheit nicht nur für Patienten und Personal, sondern insbesondere auch für die Öffentlichkeit. Ein Neubau hatte sich deshalb auf-gedrängt, weil das jetzige Sicherheitsgebäude erhebliche sicherheitstechnische Mängel aufweist und sich in einem schlechten baulichen Zustand befi ndet. Darüber hinaus ist das zur Verfügung stehende Raumangebot für die Betreuung der Patientinnen und Patienten unzureichend, was den Betriebsablauf stark erschwert.
Diese unbefriedigende Situation führte schliesslich dazu, dass die Gesundheitsdirektion das Hochbauamt der Baudirektion damit beauftragte, ein Projekt für drei Sicherheitsstationen mit total 27 Patienten-betten zu entwickeln. In der Folge wurde ein Projekt-wettbewerb durchgeführt, aus dem das nun realisierte Projekt «Obstgarten» als Sieger hervorging.
Die Aufgabe, die sich den Planern stellte, war äusserst anspruchsvoll. Es galt nämlich, einen mit der geschlos-senen Abteilung der Strafanstalt Pöschwies vergleich-baren Sicherheitsstandard zu gewährleisten; gleich-zeitig sollte das Gebäude in die Gesamtanlage passen und sowohl den Patienten als auch dem Personal eine angemessene Lebensqualität bieten. Heute darf mit Genugtuung festgestellt werden, dass diese Aufgabe hervorragend gelöst wurde. Das Konzept «Obstgarten» überzeugt auch in der Umsetzung. Entstanden ist ein introvertiertes Gebäude, das sich harmonisch in die Landschaft einfügt und dessen geschützte Innenhöfe die Qualität von Klostergärten haben, wobei der Mauer eine Zaunfunktion zukommt.
Modernes forensisches Kompetenzzentrum als wichtiger Beitrag zur öffentlichen Sicherheit
Die fi nanziellen Mittel sind beim Neubau der Sicher-heitsstationen effi zient eingesetzt worden. Durch verschiedene Optimierungsmassnahmen konnten wesentlich Kosten eingespart werden. Belief sich die erste Kostenschätzung noch auf 28 Millionen Franken, so schliesst die Abrechnung mit den bewilligten 23,5 Millionen ab. Erfreulich ist, dass es trotz dieser Einsparungen gelungen ist, den Minergiestandard zu erfüllen. Damit konnte wiederum ein wichtiger Beitrag geleistet werden, um die Energie- und Klima-ziele im Gebäudebereich zu erreichen.
Markus KägiBaudirektor
8
Behandlung von straffälligen Patientinnen und Patienten
Die Behandlung von psychisch schwer kranken Straf-fälligen stellt eine besondere Herausforderung dar. Die oft erhöhte Gefährlichkeit dieser Patientinnen und Patienten verlangt eine besonders sichere Unterbrin-gung, die weder die psychiatrischen Kliniken noch die Gefängnisse gewährleisten können. Die stationäre Versorgung dieser schwer kranken Straftäter wird im Kanton Zürich deshalb durch die spezialisierte Klinik für Forensische Psychiatrie am Psychiatriezentrum Rheinau sichergestellt. Die forensische Psychiatrie befasst sich mit der Beurteilung und der Behandlung von Straftätern, die wegen einer psychischen Erkran-kung eine Straftat begangen haben oder während der Haft psychisch erkrankt sind. Zudem beurteilt die forensische Psychiatrie Personen in Untersuchungs-haft auf die von ihnen ausgehende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, auf ihre Zurechnungsfähigkeit sowie ihre Eignung zur Durchführung einer thera-peutischen Massnahme und erstellt entsprechende Gerichtsgutachten.
Die Klinik für Forensische Psychiatrie verfügte bisher im Sicherheitsbereich über neun Behandlungsplätze. Hier wird bei den schwer kranken Straftätern im gesicherten Bereich eine psychiatrische Akutbehand-lung durchgeführt mit dem Ziel einer Rückverlegung ins Gefängnis. Im Sicherheitsbereich werden auch Personen aufgenommen, bei denen das Gericht
eine stationäre psychiatrische Behandlung anstelle einer Strafe angeordnet hat. Diese Patientinnen und Patienten werden so lange im Sicherheitsbereich behandelt, bis sie kein Sicherheitsrisiko mehr dar-stellen. Diese neun gesicherten Behandlungsplätze waren in den letzten Jahren stets belegt, mit teilweise sehr langen Wartelisten für die frei werdenden Plätze.
Mit der Eröffnung des Neubaus wird die Kapazität für die Forensik auf 27 Behandlungsplätze verdrei-facht. Damit können die erforderlichen Abklärungen und Behandlungen in einem Rahmen durchgeführt werden, der sowohl medizinisch als auch sicherheits-technisch den gegebenen Anforderungen entspricht. Für das Gelingen dieses komplexen Vorhabens, vom Entwurf der Anforderungen über die Konzeption und Detailplanung bis hin zur baulichen Realisierung, waren der Einsatz und die Zusammenarbeit vieler Fachleute erforderlich. Für das gelungene Ergebnis gebührt ihnen allen Anerkennung und ein herzlicher Dank.
Dr. Thomas HeinigerGesundheitsdirektor
10 11
Die Strafjustiz ist auf eine enge Zusammenarbeit mit psychiatrischen Einrichtungen angewiesen: Im Straf-verfahren und Justizvollzug sind oft psychiatrische Begutachtungen und Kriseninterventionen wegen psychischer Erkrankungen erforderlich. Befi nden sich die Betroffenen in Haft, müssen solche Massnahmen stationär durchgeführt werden. Auch die im Straf-gesetzbuch vorgesehenen therapeutischen Massnah-men werden heute teilweise in psychiatrischen Kliniken vollzogen. Für all dies ist mehr als nur ein freier Klinikplatz erforderlich: Sollen Untersuchungs-gefangene oder inhaftierte Verurteilte zur Unter-suchung oder Behandlung in einer psychiatrischen Klinik untergebracht werden, muss diese auch den entsprechenden Sicherheitsanforderungen genügen. Dies gilt insbesondere, wenn es um besonders gefährliche Personen geht.
Die Zürcher Gerichte und die Strafverfolgungs- und Vollzugsbehörden verfügen für solche Fälle mit der Klinik für Forensische Psychiatrie des Psychiatrie-zentrums Rheinau seit langem über eine kompetente und erfahrene Partnerin. Lediglich ein Problem belastete in den letzten Jahren die Zusammenarbeit: Für erheblich fl ucht- und drittgefährliche Gefangene standen in der Sicherheitsabteilung der Klinik für Forensische Psychiatrie nur neun Plätze zur Verfügung. Oft musste eine Neuaufnahme davon abhängig gemacht werden, dass ein anderer Gefangener ins Gefängnis oder in die Strafanstalt zurückverlegt werden konnte. Dies konnte zu Wartefristen führen,
Forensische Psychiatrie Rheinau – eine bewährte Partnerorganisation erweitert ihr Leistungsangebot
die sich auch ungünstig auf die Dauer des Strafver-fahrens auswirken konnten. Auch kam es vor, dass ambulante Behandlungen in Vollzugseinrichtungen erfolgen mussten, obwohl eine Klinikeinweisung im Einzelfall wirksamer gewesen wäre. Und manch-mal blieb eine aufwendige Unterbringung in einer ausserkantonalen Klinik der einzige Ausweg.
Der neue Sicherheitstrakt schafft hier Abhilfe: Mit seinen 27 Plätzen und dem Sicherheitsstandard eines modernen Gefängnisses besteht ein neues Angebot, das den geschilderten Bedürfnissen entgegenkommt. Dabei sind weder die Aufgliederung in drei Abtei-lungen noch das umfassende Raumangebot unnötiger Luxus: Die Aufteilung ist nicht nur ein zusätzlicher Sicherheitsfaktor, sondern erlaubt eine gewisse Spezialisierung und damit ein besseres Eingehen auf die Umstände des Einzelfalles. Und wenn auch die längerfristige Unterbringung eines Gefangenen im Sicherheitstrakt die Ausnahme bleiben soll, so ist sie nun dank dem einer modernen Vollzugseinrichtung entsprechenden Raumangebot möglich, ohne dass dies mit heute kaum mehr vertretbaren Einschrän-kungen bei Beschäftigung, Freizeit und Aussenkon-takten verbunden ist.
Dr. Markus NotterVorsteher der Direktion der Justiz und des Innern
12 13
Als 2001 anlässlich einer an das Architekturbüro Dürig & Rämi, Zürich, in Auftrag gegebenen Rahmen-planung, die als Grundlage für das anschliessende Wettbewerbsverfahren dienen sollte, im verantwort-lichen Projektteam die Frage diskutiert wurde, wie ein forensischer Sicherheitstrakt für die psychiatrische Klinik in Rheinau zu konzipieren sei, herrschte zunächst eine gewisse Ratlosigkeit. Man erlangte rasch die Erkenntnis, dass für ein derartiges Vorhaben – nämlich ein Hybride zwischen Strafvollzug, Klinik und Thera-pie – keine vergleichbaren Referenzobjekte bekannt sind und demzufolge unabdingbar Neuland zu betre-ten ist. Diese ziemlich vage, dafür grosse Planungs-freiheit einräumende Ausgangslage liess daher für den 2002 durchgeführten Projektwettbewerb eine entsprechende Vielfalt an innovativen Lösungsansätzen erwarten.
Die aus dem Wettbewerbsverfahren gewonnenen Erkenntnisse waren denn auch recht verblüffend und erfüllten, ja übertrafen sogar die im Vorfeld gehegten Hoffnungen in verschiedener Hinsicht. Einerseits löste die unerwartet breite Palette von ein- bis vier-geschossigen Konzepten eine äusserst fruchtbare und klärende Grundsatzdebatte aus, andererseits haben sich bei genauer Überprüfung die eingeschossigen Lösungen wider Erwarten betreffend Kosten, Land-verbrauch, städtebauliche Integration, Ambiente und Betrieb als die nachhaltigeren erwiesen. Und zu guter Letzt hat fast ausschliesslich die junge Genera-tion der Architektinnen und Architekten – obschon arm an Erfahrung hinsichtlich Bauten für den Straf-vollzug und das Gesundheitswesen, dafür umso unbeschwerter und reicher an Innovationskraft – mit ihren unkonventionellen und zukunftsweisenden Lösungsansätzen die Chance ganz im Sinne von Frank Zappas Zitat «Ohne Abweichung von der Norm ist Fortschritt nicht möglich» genutzt und die Preise unter sich ausgemacht.
Das Projekt «Obstgarten» der Derendinger Jaillard Architekten, Zürich, hat sich nach der Überarbeitung nicht nur als die nachhaltigste, sondern auch inno-vativste Konzeption ausgezeichnet: Indem die drei
Bauen im Spannungsfeld zwischen Kriminalität und Schizophrenie
Sicherheitsstationen atriumartig um je einen differen-ziert begrünten, klosterartigen Innenhof gruppiert werden, können gleichzeitig ökologisch wertvolle Kompensationsfl ächen für den ehemaligen Obstgarten wie auch ein stimmungsvolles Umfeld für die volieren-ähnlichen Spazierhöfe von noch nie da gewesener Qualität geschaffen werden. Dank dieser Novität ver-mögen Architektur und Landschaftsgestaltung auch im therapeutischen Sinne ihre Unterstützung zu erbringen. Ferner erlaubt die lediglich eingeschossige Anlage den Verzicht auf beträchtliche und kostspielige Verkehrsfl ächen für eine seitens Betreiber – weil sicherheitstechnisch nicht unkritische – äusserst unbe-liebte Vertikalerschliessung. Und schliesslich ermöglicht das introvertiert konzipierte Bauwerk eine Integration des Sicherheitszaunes in die Aussenwand, wodurch dieses gebäudetypologisch nicht im klassischen Sinne als Gebäude für den Strafvollzug in Erscheinung tritt und sich dadurch stimmungsmässig städtebau-lich wesentlich harmonischer in sein Umfeld ein-beziehen lässt.
Ein derartiges Pilotprojekt, das bereits im Fokus aus-ländischer Fachleute steht, stellte aussergewöhnliche Anforderungen an die Zusammenarbeit aller Beteilig-ten. Nur dank einer gleichermassen von vorurteils-freier Offenheit und gegenseitigem Respekt wie auch Vertrauen in neuartige Denkweisen getragenen Kooperation konnten die teilweise konträren Ziel-setzungen allesamt erreicht werden. Hiermit sei allen, die mit ihrem grossen Engagement sowie stand-haften Pioniergeist zum guten Gelingen dieses ausser-gewöhnlichen Bauwerkes beigetragen haben, von Herzen gedankt. Es darf mit Zuversicht davon aus-gegangen werden, dass der Sicherheitstrakt Forensik in Wahrnehmung einer sozialpolitisch äusserst sensiblen Aufgabe unseres Staates einen bedeutenden Beitrag für unsere Gesellschaft zu leisten in der Lage sein wird.
Stefan BitterliKantonsbaumeister
16 17
Als der Regierungsrat des Kantons Zürich im Jahre 1999 die Schliessung und Räumung der Inselklinik beschloss, bedeutete dies wohl die markanteste Ver-änderung in der 135-jährigen Geschichte der Psychia-trie Rheinau. Grundlage dieses «geschichtsträchtigen» Entscheides der Regierung war das neue Psychia-triekonzept des Kantons Zürich. Die Überlegung, dass künftig die Patientinnen und Patienten primär in ambulanten oder teilstationären Einrichtungen und erst als letzte Möglichkeit in Kliniken behandelt wer-den sollten, hatte zur Folge, dass viele Klinikbetten aufgegeben werden konnten. Die Redimensionie -r ung der Rheinau auf das Areal der damaligen «Neurheinau» und die Gründung von ipw (Integrierte Psychiatrie Winterthur) erforderten eine Neuausrich-tung des Grundangebotes des Psychiatriezentrums Rheinau.
Von Anfang an war den Verantwortlichen klar, dass das Rückgrat der künftigen Angebotsentwicklung des Psychiatriezentrums in der Forensik lag. Hier hatte die Klinik jahrelange Erfahrung und genoss landes-weit ein hohes Ansehen. Stationär bot die damalige Rheinau bereits das grösste Angebot an forensischen Betten im Sicherheits- und Massnahmenbereich an. Zudem wurde der Ruf nach weiteren, dringend benötigten Betten im Sicherheitsbereich, insbesondere von den Kantonen der deutschen Schweiz, immer lauter. Dass diese Forderung mit den bestehenden neun Sicherheitsbetten nicht erfüllt werden konnte, lag auf der Hand. So entstand die Idee eines Neubaus für die Forensische Klinik im Rahmen des Psychiatrie-zentrums Rheinau. Eine intensive Planungsphase begann in den Jahren 2003/2004. Mit einer Zwei-drittelmehrheit wurde das Projekt vom Kantonsrat genehmigt. Aufgrund des ergriffenen Behörden-
Bedeutung des Neubaus für das Psychiatriezentrum Rheinau
referendums musste der Neubau aber noch die Hürde einer Volksabstimmung nehmen. Dies hatte zwar die Verzögerung des Projekts um etwa ein Jahr zur Folge, doch konnte in der Vorabstimmungszeit der Bevölkerung auf diese Weise die Aufgabe und Tätig-keit einer forensischen Psychiatrie wesentlich näher gebracht werden. Am 27. Februar 2005 fand das Projekt mit einem Ja-Stimmen-Anteil von 60 Prozent die Zustimmung der Zürcher Bevölkerung. Der Sou-verän genehmigte einen Kredit von 23,5 Millionen Franken zur Erstellung eines Sicherheitstraktes mit 27 Betten.
Dieser Entscheid ist ein wichtiger Meilenstein in der Entwicklung der forensischen Psychiatrie der deutsch-sprachigen Schweiz. Gleichzeitig ist er aber auch ein Bekenntnis zum Standortplatz Rheinau und damit zu einem bedeutenden Arbeitgeber im Zürcher Weinland. Mit den heutigen spezialisierten und über-regionalen Angeboten in den Bereichen Psychiatrie, Forensik und Wohnheim ist das Psychiatriezentrum bestens gerüstet, um auch künftig einen wichtigen Beitrag in der psychiatrischen Versorgung zu leisten.
Jürg SchaeferDirektor Psychiatriezentrum Rheinau
18 19
Bei der Besichtigung des Wettbewerbsgeländes im Dezember 2001 waren wir begeistert von der Pavillon-anlage des Psychiatriezentrums Neurheinau mit ihren Backsteinbauten, gelegen in einem Park mit wunder-schönen alten Bäumen inmitten der offenen, gross-zügigen Landschaft des Zürcher Weinlandes. Die im Inventar der Schutzobjekte überkommunaler Bedeu-tung aufgeführte Anlage wurde von Kantonsbau-meister Hermann Fietz konzipiert und zwischen 1901 und 1940 erstellt. Die Wettbewerbsaufgabe sah eine aussergewöhnliche Nutzung ohne Vorbilder oder bekannte Typologien vor: ein Gebäude für den tempo-rären Aufenthalt und die Behandlung psychisch kranker Straftäter.
Das Studium des Raumprogramms führte uns zu einer eingeschossigen Lösung mit betrieblich optimalen, ebenerdigen Verbindungen. Die drei Stationen wurden um je einen eigenen, aus der Masse des Gebauten ausgesparten Gartenhof angelegt. Die Wohnräume wurden auf diese Höfe ausgerichtet, die Arbeits- und Therapieräume öffnen sich zur Aussenwelt. Bei ersten Diskussionen mit Fachleuten während der Überarbeitung des Wettbewerbsprojekts haben sich verschiedene Vorteile dieser Organisation heraus-kristallisiert. Der Schutz vor Einsicht von aussen war einfach zu bewerkstelligen. Die Vergitterung der Ein-zelzimmer konnte durch eine detektierte Verglasung ersetzt werden. Der aus Sicherheitsgründen gefor-derte – aber städtebaulich sehr problematische – sechs Meter hohe und mit einem Abstand vom Gebäude verlaufende Ordnungszaun konnte in die Fassade ein-gebunden werden. Weitere Massnahmen zur Integra-tion des andersartigen Neubaus in die Gesamt anlage waren die Weiterführung des radialen Ordnungs-systems und die an die Erscheinung der historischen Gebäude erinnernde Materialisierung der Aussenhülle aus ockerfarbenem Klinker.
Die Gartenhöfe wurden zum Herzen der Stationen. Die Spazierhöfe – im Gegensatz zu den klassischen geschlossenen in Gefängnissen – konnten als für die Patienten zugänglicher Bereich innerhalb der Gärten organisiert werden. Im Entwicklungsprozess wurden die Spazierhöfe zu transparenten, frei geformten Objekten. Den Anforderungen des Ausbruch- und Ein-
Ein Sicherheitsbau im Park
wurfschutzes wurde mit zweischichtigen, gespannten Stahlnetzen entsprochen. Innerhalb der abgeschlos-senen Lebensbereiche der Stationen bewegen sich die Patienten tagsüber frei. Die Möglichkeit eines Rundgangs schafft eine gewisse Grosszügigkeit. Aus-blicke in den Gartenhof, in den Park und zum Himmel ermöglichen einen direkten Bezug zur Natur. Unter-schiedliche räumliche Situationen, wie die Ausweitung der Erschliessung zum Aufenthaltsraum, die verglas-ten Raucherzimmer, die Öffnung auf die Arbeits-räume und schliesslich die Durchquerung des Gartens, schaffen willkommene Abwechslungen. Es war das Ziel, eine der Therapie förderliche Umgebung zu schaffen.
Die Kunst am Bau von Monika Müller bereichert die Innenräume mit einer wertvollen zusätzlichen Material- und Bedeutungsebene und bietet im alltäglichen Leben von Personal und Patienten eine Horizonterwei-terung. Die feinen, zurückhaltenden Grafi tzeichnungen zu den Themen Insel / Land / Luft auf den langen Wänden der Stationen verändern sich im Vorüber-gehen und lösen beim Betrachter immer wieder neue Assoziationen aus. Ein grosser, silberner Buch-stabe L im Zentrum des Gebäudes refl ektiert das Licht des grossen Fensters, das Ausblick zum Himmel bietet.
In einer intensiven, offenen sowie vorurteilslosen Diskussion und Zusammenarbeit mit den kompetenten Ärzten, Pfl egefachleuten und Betriebsmitarbeitenden des Psychiatriezentrums, den Sicherheitsspezialisten, den Ingenieuren für Statik, Gebäudetechnik, Bau-physik und den Landschaftsarchitekten sowie unter der fachkundigen Begleitung des Hochbauamtes wurde das ursprüngliche Layout des Gebäudes präzi-siert, betrieblich und kostenmässig optimiert und bis zur Baureife weiterentwickelt. Die Fachleute für die Baurealisation haben dafür gesorgt, dass Budget und Termine eingehalten wurden und dass die gefor-derte Qualität des ausserordentlich komplexen Baus erreicht werden konnte. Ihnen allen danken wir herzlich für ihr grosses Engagement!
Derendinger Jaillard Architekten
20 21
Grundriss Dachgeschoss 1:600
Grundriss Erdgeschoss 1:600
Ansicht 1:600
Querschnitt Höfe 1:600
Querschnitt 1:600
Ansicht 1:600
Längsschnitt Höfe 1:600
Längsschnitt 1:600
24 25
Kanton
Baudirektion Kanton Zürich, HochbauamtStefan Bitterli, KantonsbaumeisterFelix Landolt, Projektleiter Erich Imfeld, Fachprojektleiter
GesundheitsdirektionChristoph Franck, Abteilungsleiter Planung und InvestitionenMonika Kloth-Meier, Planung und Investitionen
Psychiatriezentrum RheinauJürg Schaefer, DirektorDr. med. Otto Horber, Chefarzt ForensikRudolf Reif, Leiter Pfl egedienst ForensikDr. Ulf Sternemann, Stv. Chefarzt ForensikHans Sulser, Leiter Pfl ege Sicherheitsstationen
Beratung SicherheitskonzeptHans Ulrich Meier, HUM Consult Kilchberg
Planer und Spezialisten
Architektur Derendinger Jaillard Architekten ETH SIA, Zürich
Kosten / Termine / Bauleitungarchitekturbüro bosshard und partner, ZürichPhase Kostenschätzung in Zusammenarbeit mit ct Bauberatung + Bauökonomie AG, Zürich
StatikEdy Toscano AG, Engineering and Consulting, Zürich
Elektro- und Sicherheitsplanung Ingenieurbüro Janzi AG, Zürich
Heizungs- und LüftungsplanungMüller + Pletscher AG, Winterthur
SanitärplanungIngenieurbüro Bösch AG, Unterengstringen
LandschaftsarchitekturSchweingruber Zulauf Landschaftsarchitekten BSLA SIA, Zürich
Bauphysik / Energie / AkustikBAKUS Bauphysik & Akustik GmbH, Zürich
Sicherheit BauteileSicherheitsberatung Werner Frei, Winterthur
Kunst am BauMonika Müller, Luzern
Am Bau Beteiligte / Baudaten
Baudaten
Gesamtbaukosten (BKP 1–9)Bewilligter Kredit 23 465 000 Franken
Bewilligter Kredit inkl. Teuerung23 865 000 Franken
Gesamtbaukosten23 790 000 Franken
Gebäudevolumen SIA 416GV 18 370 m³
Geschossfl äche SIA 416GF 4765 m²
Kennwerte
Gebäudekosten BKP 1–9/m³ GV1295 Franken
Gebäudekosten BKP 1–9/m² GF4992 Franken
Bauzeit24 Monate
26
31. Januar 2001Auftragsschreiben Gesundheitsdirektion
26. September 2001Regierungsratsbeschluss 1486: Genehmigung Raumprogramm und Projektierungskredit
November 2001Ausschreibung offener Projektwettbewerb
12. Juli 2002Entscheid Projektwettbewerb: Zuschlag an das Projekt Obstgarten
12. März 2003Genehmigung Vorprojekt mit Auftrag zur Kostenoptimierung
30. September 2003Genehmigung Bauprojekt
14. Januar 2004Kreditantrag des Regierungsrates an den Kantonsrat
Chronologie
5. Juli 2004Kantonsratsbeschluss: Kreditgenehmigung mit 105 Ja zu 55 Nein
September 2004Behördenreferendum im Kantonsrat
27. Februar 2005Volksabstimmung: Kreditgenehmigung mit knapp 60 % Ja-Stimmen
4. August 2005Spatenstich
15. September 2006Aufrichte
13. Juli 2007Übergabe und Inbetriebnahme
August 2007Erste Patienten in der Sicherheitsstation 1