public private partnership (ppp) und mittelstand in baden ... · um ppp-projekte erfolgreich unter...
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Public Private Partnership (PPP)und Mittelstand
in Baden-Württemberg
Leitfaden
Public Private Partnership (PPP)und Mittelstand
in Baden-Württemberg
Leitfaden
NHALTSVERZEICHNIS
Kongress des
Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg
am 18. 01. 2006 im Haus der Wirtschaft, Stuttgart
HERAUSGEBER :
Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg
Theodor-Heuss-Straße 4
70174 Stuttgart
AUTOREN :
Dr. Frank Meininger
Dr. Beatrice Fabry
Menold Bezler Rechtsanwälte
Rheinstahlstr. 3
70649 Stuttgart
INFORMATIONEN/HINWEISE:
Architektenkammer Baden-Württemberg
Baden-Württembergischer Handwerkstag
Baden-Württembergischer Industrie- und Handelskammertag
Badischer Genossenschaftsverband
Bankenverband Baden-Württemberg
Baumann Straßenbau GmbH & Co.
Drees & Sommer GmbH
Finanzministerium Baden-Württemberg
Gemeindetag Baden-Württemberg
Handwerkskammer Freiburg
Heidemann & Schmidt GmbH
Innenministerium Baden-Württemberg
Ingenieurkammer Baden-Württemberg
Landesverband der Baden-Württembergischen Industrie
Landesvereinigung Bauwirtschaft Baden-Württemberg
Landkreistag Baden-Württemberg
Rechnungshof Baden-Württemberg
Sparkassenverband Baden-Württemberg
Städtetag Baden-Württemberg
Württembergischer Genossenschaftsverband
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Vorwort 7
I. Einführung 8
II. Grundlagen und Grundstrukturen eines PPP-Projekts im Hochbau 11
1. Der ganzheitliche Ansatz 11
2. Grundzüge der Vertragsmodelle 11
a) PPP-Inhabermodell 12
b) PPP-Erwerbermodell 12
c) PPP-FM-Leasing, PPP-Vermietungsmodell 12
d) PPP-Konzessionsmodell 12
3. Ergebnisorientierte Leistungsbeschreibung, Leistungskontrolle und Vergütung 13
4. Finanzierungsmodelle 13
a) Forfaitierungsmodell mit Einredeverzicht 14
b) Forfaitierungsmodell mit stufenweisem Einredeverzicht 14
c) Projektfinanzierung 14
5. Vergaberechtliche Aspekte 15
a) Grundlagen 15
b) Bau- oder Dienstleistungsauftrag 15
c) Verfahrensarten von PPP-Ausschreibungen 16
aa) Offenes Verfahren (öffentliche Ausschreibung) 16
bb) Nicht offenes Verfahren (beschränkte Ausschreibung) 16
cc) Verhandlungsverfahren (freihändige Vergabe) 16
dd) Wettbewerblicher Dialog 17
d) Durchführung des Verhandlungsverfahrens 17
6. Steuerrechtliche Aspekte 18
a) Umsatzsteuer 18
b) Grundsteuer und Grunderwerbsteuer 18
7. Förderungsrechtliche Aspekte 19
III. Der mittelstandsfreundliche PPP-Beschaffungs-prozess aus Sicht der öffentlichen Hand 20
1. Die Phasen eines PPP-Beschaffungsprozesses 21
a) Phase 1: Machbarkeit: Bedarfsfeststellung und Maßnahmenidentifizierung einschließlich Eignungstest und Wirtschaftlichkeitsprognose 22
aa) PPP-Eignungstest 22
bb) Wirtschaftlichkeitsprognose 23
b) Phase 2: Ausschreibung und Vergabe einschließlich Wirtschaftlichkeitsnachweis 24
aa) Stufe 1: Europaweite Bekanntmachung undTeilnahmewettbewerb 24
bb) Stufe 2: Angebotsphase und Verhandlungen 24
cc) Stufe 3: Abschluss des Wirtschaftlichkeits-vergleichs, Zuschlag 25
c) Phase 3: Bau- und Betriebsphase 26
2. Mittelstandsfreundliche Ausgestaltung des PPP-Beschaffungsprozesses 27
a) Erstellung eines Mittelstandskonzeptes 27
b) Festlegung des Projektvolumens und Unterteilung in „Objekt-Lose“ bei mehrerenProjekten 27
c) PPP-gerechte Leistungsbeschreibung und marktübliche Risikostruktur 28
d) Mittelstandsgerechte Finanzierungsstruktur und Sicherungsverlangen 29
aa) Finanzierungsstruktur 29
bb) Absicherung der Vertragserfüllung 29
e) Ausreichend veröffentlichtes, strukturiertesund transparentes Ausschreibungsverfahren 30
aa) Vorinformationsverfahren 30
bb) Vergabebekanntmachung und
Teilnahmewettbewerb 30
cc) Ausgestaltung der Ausschreibungsunterlagenmit Mittelstandsklausel 31
dd) Angebots- und Verhandlungsverfahren 31
ee) Kriterien zur Bewertung der Angebote 31
ff) Erstattung der Angebotskosten 32
f) Standardisierung 32
5
INHALTSVERZEICHNIS
IV. Das PPP-Verfahren aus Sicht der Unternehmen 33
1. Strategische Überlegungen/Ausrichtung 33
2. Kenntnis von Ausschreibungen 34
3. Bildung eines Bewerber-/Bieterkonsortiums 34
a) Planungspartner 35
b) Baupartner 35
c) Betriebspartner 35
d) Finanzierungspartner 36
4. Der Teilnahmewettbewerb 36
a) Formale Nachweise 36
b) Referenzen 36
c) Kompetenz 37
d) Veränderung in der Zusammensatzung des Konsortiums 37
5. Das Angebotsverfahren 37
a) Arbeitsgruppe Planung 37
b) Arbeitsgruppe Kalkulation 37
c) Arbeitsgruppe Finanzierung 37
d) Arbeitsgruppe (vertrags-)rechtliche Themen 38
6. Verhandlungen 38
V. PPP-Praxisbeispiel: Verwaltungsneubau des Landkreises Bodenseekreis in Friedrichshafen 40
1. Ausgangssituation 40
2. Warum PPP? 40
3. Projektorganisation und Einbindung eines externen Beraterteams 41
4. Ausgestaltung des PPP-Projekts 41
5. Ablauf des PPP-Ausschreibungsverfahrens 41
VI. Zusammenfassung 48
6
VORWORT
Ernst Pfister, MdLWirtschaftsminister des Landes Baden-Württemberg
Ziel des Landes ist, die Chancen des Mittelstands bei
PPP-Projekten weiter zu erhöhen. Dieser Leitfaden rich-
tet sich deshalb sowohl an die öffentlichen Auftrag-
geber als auch an die mittelständischen Betriebe. Mit
dem Leitfaden sollen zum einen den öffentlichen Auf-
traggebern Empfehlungen für eine möglichst breite
Einbindung mittelständischer Unternehmen in PPP-
Projekte gegeben werden. Zum anderen will der Leit-
faden den mittelständischen Unternehmen im Land die
betrieblichen Anpassungen erleichtern.
PPP ist ein innovatives Konzept, das die Investition in
eine Infrastruktureinrichtung und deren langfristiger
Betrieb durch ein Privatunternehmen umfasst. PPP
bietet Chancen für die Wirtschaft, den Mittelstand und
die öffentliche Hand. Zum einen kann mit PPP die
Infrastruktur kosten- und zeitsparend modernisiert wer-
den. Eine gute Infrastruktur, die vom Bildungsbereich
bis zum Verkehrssektor reicht, ist einer der zentralen
Standortfaktoren für unsere Unternehmen und damit
für das Wachstum und die Beschäftigung in Baden-
Württemberg. PPP kann zum anderen unmittelbar
zusätzliche Aufträge für die Wirtschaft generieren.
Allein bei den derzeit über 30 geplanten kommunalen
PPP-Projekten im Land beläuft sich das Auftragsvolu-
men auf mehr als eine Milliarde Euro. Ich setze mich
dafür ein, dass gerade die mittelständischen Betriebe im
Land stark von PPP profitieren. Dass PPP eine reelle
Chance für die mittelständischen Unternehmen ist,
zeigen die ersten laufenden kommunalen PPP-Projekte
im Land. Dort erhielten jeweils Mittelständler den
Zuschlag.
Ich hoffe, dass dieser Leitfaden für die mittelständi-
schen Betriebe und die öffentlichen Auftraggeber eine
gute Orientierungshilfe ist.
Ernst Pfister, MdL
Wirtschaftsminister des Landes Baden-Württemberg
7
Sowohl für den Neubau als auch für Sanierung, Betrieb
und Unterhalt von Verwaltungsgebäuden, Schulen,
Sporthallen, Krankenhäusern, Straßen etc. trägt die
öffentliche Hand die Verantwortung. Unbestritten be-
steht ein erheblicher Investitions- und Sanierungsstau
im Hinblick auf öffentliche Immobilien und Einrichtun-
gen, dessen Bewältigung für die öffentliche Hand aus
eigener Kraft angesichts der angespannten öffentlichen
Haushalte eine große Aufgabe darstellt. Das Deutsche
Institut für Urbanistik schätzt den Investitionsstau allein
für die Kommunen in Deutschland insbesondere auf-
grund des aufgelaufenen Investitionsdefizits auf rd.
665 Mrd. 4 im Zeitraum 2000 bis 2009. Dieser Betrag
werde derzeit nicht einmal zur Hälfte realisiert. Die
Landesbank Baden-Württemberg schätzt den kommu-
nalen Investitionsbedarf in Baden-Württemberg in die-
sem Zeitraum auf rd. 77 Mrd. 3.
Public-Private-Partnership (PPP) soll dazu beitragen,
den Investitions- und Sanierungsstau zügig und effizient
abzubauen.
PPP-Modelle erschöpfen sich nicht in der privaten Vor-
finanzierung. Vielmehr zielen PPP-Modelle auf eine
langfristige und Erfolg versprechende Zusammenarbeit
zwischen der öffentlichen Hand und der Privatwirt-
schaft ab, die den gesamten Lebenszyklus eines Projekts
umfasst, angefangen von Planung und Bau über den
Betrieb bis hin zur Nachfolgenutzung bzw. Verwertung.
Aufgrund dieses ganzheitlichen Ansatzes sollen Effi-
zienzvorteile realisiert werden. Allerdings bedeutet die
Realisierung eines PPP-Projekts nicht „Bauen ohne
Geld“. Denn auch mit einem PPP-Projekt werden – wie
bei einer mittels eines Kommunalkredits finanzierten
herkömmlichen Eigenrealisierung – langfristige Finan-
zierungslasten eingegangen. PPP-Modelle müssen, da sie
als kreditähnliches Rechtsgeschäft angesehen werden,
deshalb in jedem Einzelfall einem Wirtschaftlichkeits-
vergleich standhalten, der zu dem Ergebnis kommen
muss, dass der Einsatz eines PPP-Modells wirtschaftlich
günstiger ist als das herkömmliche Beschaffungsverfah-
ren in Form der Eigenrealisierung.
8
I. Einführung
Der Anwendungsbereich für PPP-Projekte ist weit:
Auch aus haushaltsrechtlicher Sicht ist eine Betrachtung
des gesamten Lebenszyklus bei der Realisierung eines
Projektes geboten. So bestimmt z. B. § 10 Abs. 2 der ba-
den-württembergischen Gemeindehaushaltsverordnung,
dass „vor der Beschlussfassung über Investitionen von
erheblicher Bedeutung, unter mehreren in Betracht
kommenden Möglichkeiten durch Vergleich der An-
schaffungs- oder Herstellungskosten und der Folgekos-
ten die für die Gemeinde wirtschaftlichste Lösung
ermittelt werden soll“. Von daher ist, da ähnliche Rege-
lungen auch auf Ebene des Bundes- und der Länder be-
stehen, seitens der öffentlichen Hand bereits aus haus-
haltsrechtlicher Sicht grundsätzlich zu prüfen, ob eine
Realisierung als PPP-Modell wirtschaftlicher sein könn-
te als eine herkömmliche Realisierung.
Mittelständische Unternehmen, d.h. kleine und mittlere
Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft und der frei-
en Berufe im Sinne des Gesetzes zur Mittelstandsförde-
rung in Baden-Württemberg, sollten die realistische
Chance erhalten, das Geschäftsfeld PPP für sich zu
erschließen. Das Gesetz zur Mittelstandsförderung defi-
niert die Unternehmen der mittelständischen Wirt-
schaft als Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftig-
te und einem Jahresumsatz von höchstens 40 Mio. 3
oder einer Jahresbilanzsumme von höchstens 27 Mio. 3.
Zum einen können mittelständische Unternehmen und
das Handwerk Arbeitsgemeinschaften oder auftrags-
bezogenen Kooperationen bilden, die sich in der Eigen-
schaft eines Hauptunternehmers um den PPP-Auftrag
bewerben. Zum anderen können mittelständischen
Unternehmen und das Handwerk als Nachunternehmer
auftreten. Die Rolle der mittelständischen Unterneh-
men und des Handwerks sollte sich bei PPP-Projekten
aber nicht nur auf den Nachunternehmerstatus
beschränken. Auch für freiberuflich tätige Architekten
und beratende Ingenieure eröffnen PPP-Modelle neue
Betätigungsfelder. Diese können beispielsweise in der
Durchführung von PPP-Machbarkeitsstudien bzw. der
Erstellung der PPP-Leistungsverzeichnisse, in der Bera-
tung von am PPP-Vergabeverfahren teilnehmenden
Unternehmen und in der konkreten Umsetzung von
PPP-Projekten liegen.
Um PPP-Projekte erfolgreich unter Beteiligung mittel-
ständischer Unternehmen realisieren zu können, ist es
unumgänglich, dass einerseits die öffentliche Hand dem
PPP-Verfahren ein tragfähiges Mittelstandskonzept zu
Grunde legt und anderseits bei den mittelständischen
Unternehmen die Bereitschaft besteht, sich mit den
neuen Anforderungen eines PPP-Projekts vertraut zu
machen. Vor diesem Hintergrund sollten sich alle Betei-
ligten von den nachfolgenden Grundsätzen der Zusam-
menarbeit leiten lassen.
ERSTER GRUNDSATZ
Die Vergabe von PPP-Projekten erfolgt im Rahmen
eines transparenten und diskriminierungsfreien wettbe-
werblichen Vergabeverfahrens, das in der Regel in Form
eines Verhandlungsverfahrens mit vorangehendem euro-
paweiten Teilnahmewettbewerb durchgeführt wird.
Hierbei ist bereits bei der Ausgestaltung des Teilnahme-
wettbewerbs darauf zu achten, dass auch mittelständi-
sche Unternehmen den Anforderungen des Teilnahme-
wettbewerbs gerecht werden können. Aus diesem
Grunde sind überzogene Anforderungen seitens der
ausschreibenden Stelle zu vermeiden.
Um den Unternehmen die Gelegenheit zu eröffnen, ihr
Know-how und Innovationspotential im Rahmen ihres
PPP-Angebots einzubringen, ist es erforderlich, die den
Ausschreibungsunterlagen zugrunde liegende Leistungs-
beschreibung funktional und ergebnisorientiert auszu-
gestalten, damit das Zusammenspiel von Planung, Bau
und Betrieb bereits in der Planungsphase zum Tragen
kommen kann. Ziel des Vergabeverfahrens ist es, das
wirtschaftlichste Angebot zu ermitteln und zu bezu-
schlagen. Hierbei sollten als Wertungskriterien jedoch
nicht nur monetäre (der Preis), sondern in hohem
Maße auch qualitative Kriterien wie z. B. Architektur
und Ästhetik eines Gebäudes, Funktionalität und Qua-
lität herangezogen werden.
ZWEITER GRUNDSATZ
Im Rahmen von PPP-Projekten gilt der Grundsatz der
ökonomischen Risikoverteilung, d. h. derjenige Vertrags-
partner soll das jeweilige Projekt-Risiko tragen, der es
am besten beeinflussen kann. Überzogene Risikover-
lagerungen zu Lasten der privaten Partner führen dazu,
dass insbesondere die Teilnahme mittelständischer
Unternehmen am Vergabewettbewerb verhindert wird.
Auch erfordert die sachgerechte Verteilung von Projekt-
risiken eine entsprechend leistungsorientierte und risi-
kobezogene Vergütung. Eine interessensgerechte und
faire Vertragsgestaltung ist daher ein wesentlicher
Erfolgsfaktor für das Gelingen eines PPP-Projekts.mmm
9
DRITTER GRUNDSATZ
Die Grundstruktur von PPP-Projekten bedingt, dass die
öffentliche Hand auf der privaten Seite nur noch einen
Vertragspartner hat, der sämtliche PPP-Leistungen, d. h.
Planung, Bau (Sanierung oder Neuerrichtung), Betrieb
und Finanzierung sowie ggf. die Verwertung der Immo-
bilie erbringt. Das kann beispielsweise eine Bieter-
gemeinschaft sein, deren Mitglieder die PPP-Leistungen
selbst erbringen, oder eine Projektgesellschaft, die von
der Bietergemeinschaft gegründet wird. Darüber hinaus
kann dies auch ein Unternehmen als Generalüberneh-
mer bzw. Generalunternehmer sein, das zum Teil eigene
Leistungen erbringt und die weiteren Leistungen an
Architekten, Bauunternehmen oder Fachingenieure
sowie Facility-Management-Dienstleister als Unterauf-
tragnehmer vergibt und die entsprechenden Finanzie-
rungsverträge mit Banken abschließt. Vor diesem Hin-
tergrund stellen PPP-Projekte an den Mittelstand fol-
gende Anforderungen :
– Bereitschaft zur Kooperation mit anderen Unterneh-
men und
– Bereitschaft zu langfristiger Bindung.
In Baden-Württemberg haben die ersten Praxiserfah-
rungen mit PPP-Projekten gezeigt, dass mittelständische
Unternehmen gute Chancen haben, den Vergabewett-
bewerb für sich zu entscheiden. Vor diesem Hinter-
grund soll der vorliegende Leitfaden zum einen den
öffentlichen Auftraggebern aufzeigen, welche Verfah-
rens- und Verhaltensregeln sowie mittelstandsgerechte
Anforderungen zu beachten sind, damit auch mittel-
ständische Unternehmen an PPP-Vergabeverfahren
erfolgreich teilnehmen können. Zum anderen soll er
den mittelständischen Unternehmen verdeutlichen, wie
PPP-Projekte ablaufen und welche Anforderungen an
die teilnehmenden Unternehmen bei PPP-Projekten
gestellt werden.
10
Freibad Leimen vorherPPP-Modell Gesundheits- und Bäderpark in Leimen,realisiert durch den privaten Partner s.a.b. gmbh &co. kg.
Freibad Leimen nachher
1. DER GANZHEITLICHE ANSATZ
Der PPP-Ansatz basiert auf dem Umstand, dass sich die
Betriebskosten eines Gebäudes über die gesamte
Lebensdauer betrachtet bis zum sieben- bis zehnfachen
der Investitionskosten summieren können. In der
Gesamtschau eines „Immobilienlebens“ sind es daher in
der Regel nicht die Investitionskosten, sondern die
Betriebskosten, die im Wesentlichen für die Lebens-
zykluskosten einer Immobilie ausschlaggebend sind.
Der PPP-Lebenszyklusansatz versucht daher, wirt-
schaftliche Potenziale dadurch zu generieren, dass die
an Bau und Betrieb beteiligten Unternehmen bereits in
der Planungsphase Einfluss nehmen und dadurch ein
gesamtwirtschaftlich optimiertes Gebäude erstellen.
Hintergrund dafür ist, dass in der Planungs- und Ent-
wurfsphase einer Immobilie in der Regel 50 % bis 80 %
ihrer späteren Betriebskosten festgelegt werden. Aller-
dings ist das Verhältnis von Betriebskosten und Investi-
tionskosten abhängig vom jeweiligen Gebäudetyp. In
der Regel sind Immobilien der Infrastruktur von beson-
ders hohen Betriebskosten in Bezug auf die Investiti-
onskosten gekennzeichnet. Insbesondere bei Schulen
können die jährlichen Betriebskosten bis zu 30 % der
gesamten Investitionskosten betragen. Ähnlich ist dies
bei Krankenhäusern, Hallenbädern und Kindergärten.
Aber auch bei Verwaltungsgebäuden übersteigen die
Betriebskosten nach wenigen Jahren die Gesamtinvesti-
tionskosten.
2. GRUNDZÜGE
2. DER VERTRAGSMODELLE
Hinsichtlich der Ausgestaltung von PPP-Projekten gibt
es in der Praxis derzeit fünf verschiedene Vertragsmo-
delle, die sich insbesondere hinsichtlich der Frage, bei
wem das Eigentum an der Immobilie bei Beginn bzw.
nach Ablauf der Vertragsdauer angesiedelt sein soll und
welche Vertragspartei insoweit das Verwertungsrisiko
trägt, unterscheiden.
11
II. Grundlagen und Grundstrukturen eines PPP-Projekts im Hochbau
(Quelle: Zentralverband Deutsches Baugewerbe)
a) PPP-INHABERMODELL
Für dieses Modell ist kennzeichnend, dass sich das zu
errichtende bzw. zu sanierende Gebäude im Eigentum
der öffentlichen Hand befindet. Der private Partner
errichtet bzw. saniert und betreibt somit ein Gebäude
auf einem im Eigentum der öffentlichen Hand stehen-
den Grundstück. Dabei erhält der private Partner von
der öffentlichen Hand nur ein grundstücksbezogenes
Nutzungsrecht, das in der Regel ein Pachtverhältnis dar-
stellt. Auf der Grundlage eines Nutzungsvertrags stellt
der private Partner die von ihm betriebene Immobilie
der öffentlichen Hand zur Verfügung. Am Ende der Ver-
tragslaufzeit enden Pacht- und Nutzungsvertrag und die
Immobilie fällt in die ausschließliche Berechtigung der
öffentlichen Hand.
b) PPP-ERWERBERMODELL
Hier wird das Eigentum an der Immobilie spätestens
bei Vertragsende von der öffentlichen Hand zu vorher
festgelegten Bedingungen vom privaten Partner erwor-
ben. Dieses Modell entspricht im Wesentlichen dem im
Leasingbereich praktizierten Mietkaufmodell. Das zivil-
rechtliche Eigentum liegt beim privaten Partner, wobei
der Eigentumsübergang nach Ablauf der Vertragsdauer
zeitlich und preislich vorbestimmt ist.
c) PPP-FM-LEASING, PPP-VERMIETUNGSMODELL
Kennzeichnend für dieses Modell ist, dass die öffent-
liche Hand die im Eigentum des privaten Partners ste-
hende Immobile nur mietweise nutzt, jedoch bei Ver-
tragsende eine Kaufoption zugunsten der öffentlichen
Hand zu einem vorher festgelegten Kaufpreis bzw. auf-
grund eines vorher festgelegten Bewertungsmodus
besteht. Im reinen Vermietungsmodell wird die Kauf-
option nur in seltenen Ausnahmefällen aufgenommen.
Im Ergebnis behält der private Partner somit bei diesen
Modellen grundsätzlich die Verwertungsfunktion. Im
Vermietungsmodell, das im Prinzip einem klassischen
Investorenmodell – nur ergänzt um den Betrieb der
Immobilie – entspricht, tragen der Projektentwickler
und der Investor die Chancen und Risiken. Die öffent-
liche Hand hat nach Vertragsende die Möglichkeit, das
Objekt entweder weiter zu mieten, auszuziehen oder
gegebenenfalls das Objekt zu erwerben.
d) PPP-KONZESSIONSMODELL
Im Unterschied zu den vorgenannten PPP-Vertrags-
modellen erhält der Auftragnehmer beim PPP-Konzes-
sionsmodell vom öffentlichen Auftraggeber grundsätz-
lich kein festes Entgelt, das die Investitionskosten,
Betreiber- und sonstige Betriebskosten sowie etwaige
Risikozuschläge und Gewinn des Konzessionärs (Auf-
tragnehmer) abdecken soll. Stattdessen räumt der Auf-
traggeber dem Auftragnehmer das Recht ein, seine
Kosten durch die Erhebung von Nutzungsentgelten
(Entgelte oder Gebühren) zu decken, die Dritte für die
Benutzung der Infrastruktur zu entrichten haben. Der
Auftraggeber kann sich gegebenenfalls im Rahmen
einer Anschubfinanzierung an den Kosten des Auftra-
gnehmers beteiligen oder gewisse Zuschüsse zum lau-
fenden Betrieb zusichern. Dieses Modell wird z. B. bei
mautfinanzierten Straßen oder Flughäfen angewandt.
Im Rahmen der bereits in Baden-Württemberg realisier-
ten PPP-Projekte ist bislang das sog. Inhabermodell, bei
dem die öffentliche Hand Eigentümer des zur Verfü-
gung gestellten Grundstücks und somit der aufstehen-
den Immobilie ist, zur Anwendung gekommen. Die
insoweit maßgebliche vertragsrechtliche Grundstruktur
lässt sich wie folgt skizzieren :
12
3. ERGEBNISORIENTIERTE LEIS-
3. TUNGSBESCHREIBUNG, LEISTUNGS-
3. KONTROLLE UND VERGÜTUNG
Im Rahmen eines PPP-Projekts erfolgt grundsätzlich
eine weitestgehend output-orientierte, also funktionale
und ergebnisorientierte Beschreibung der vom privaten
Partner zu erbringenden Leistung. Dies bedeutet, dass –
anders als bei herkömmlichen Vergaben in Form der
Eigenrealisierung – bei PPP-Ausschreibungen keine de-
taillierten Leistungsverzeichnisse zugrunde gelegt wer-
den. Der zu erstellende Leistungsgegenstand, z. B. eine
Schule oder ein Verwaltungsbau, wird funktional in sei-
nen Mindestanforderungen beschrieben. Dies gilt auch
hinsichtlich der Betriebsleistungen, die ebenfalls aus-
schließlich ergebnisorientierte Anforderungen enthal-
ten. Diese Art der Leistungsbeschreibung eröffnet Frei-
räume bereits in der Planungsphase, so dass Erfahrun-
gen der privaten Partner aus Bau und Betrieb bereits in
diesem Stadium berücksichtigt und austariert werden
können. So werden in einer output-orientierten Lei-
stungsbeschreibung die Qualitätsmerkmale beispiels-
weise des Raumklimas (Luftfeuchte sowie Mindest- und
Maximaltemperatur in den Räumen) vorgegeben, nicht
aber wie bei einer herkömmlichen input-orientierten
Leistungsbeschreibung die Art der Heizungs- und Kli-
maanlage (z. B. Heizkessel: Referenzprodukt Firma A,
Typ 001 oder vergleichbar). Diese Art der Leistungsbe-
schreibung gibt dem anbietenden Unternehmen die in-
novative Möglichkeit, unter einer Vielzahl von Alterna-
tiven das Wärme-/Kühlungskonzept auszuwählen, das –
bei Erfüllung der in der Leistungsbeschreibung gestell-
ten Anforderungen – die geringsten Betriebskosten ver-
ursacht.
Um bewerten zu können, ob die Leistung vom privaten
Partner entsprechend den vertraglichen Vorgaben
erbracht wird, werden Leistungskontrollsysteme vertrag-
lich vereinbart. Diese sehen häufig umfassende Informa-
tionspflichten des privaten Partners sowie umfassende
Kontrollrechte der öffentlichen Hand vor. In der Praxis
werden zudem vielfach Gremien zur Leistungsbewer-
tung des privaten Partners eingesetzt, wobei bereits im
Vertrag definiert wird, wer diesem Gremium angehören
soll und nach welchen Maßstäben das Gremium die
Leistungsbewertung durchzuführen hat. Quantität und
Qualität der vom privaten Partner erbrachten Leistung
müssen dabei durch das Leistungsbewertungssystem
objektiv überwacht werden können, da die Vergütungs-
regelung grundsätzlich mit der Leitungsbewertung kor-
reliert. Die Vergütungsregelung sollte im Rahmen eines
Anreizsystems so ausgestaltet sein, dass neben einer
Festvergütung ein Bonus-Malus-System zur Anwendung
kommt. Werden die Vorgaben und Erwartungen durch
den privaten Partner übertroffen, wird ein Bonus ausge-
kehrt. Wird demgegenüber die Leistung durch den pri-
vaten Partner schlechter als vertraglich zugesichert
erbracht, kommt die Malus-Regelung zur Anwendung
mit der Folge, dass ein Teil der Festvergütung vom Auf-
traggeber einbehalten wird.
4. FINANZIERUNGSMODELLE
PPP-Projekte sind kreditähnliche Rechtsgeschäfte i.S.v.
§ 87 Abs. 5 GO BW, so dass eine Genehmigung durch
die Aufsichtsbehörde erforderlich ist. Die Kommune
hat daher gegenüber der Kommunalaufsicht im Rah-
men eines Wirtschaftlichkeitsvergleichs dazulegen, dass
die Realisierung als PPP-Projekt für sie wirtschaftlich
günstiger ist als die „Eigenrealisierung“. Von Bedeutung
bei einem PPP-Projekt sind zunächst die Finanzierungs-
kosten. Insoweit ist festzustellen, dass sich der private
Partner in der Regel teurer refinanzieren wird als die
Kommune, die günstige Kommunalkreditkonditionen
erhält. In Anbetracht dieser Ausgangssituation gilt es im
Rahmen von PPP-Projekten, Finanzierungskonzepte zu
finden, die den vorstehenden Finanzierungsnachteil des
privaten Partners gänzlich oder zumindest teilweise auf-
fangen.
Ein Standardkonzept für die Finanzierung von PPP-Pro-
jekten existiert bislang nicht. Die Wahl der geeigneten
Finanzierungsalternative (z. B. Projektfinanzierung oder
13
Forfaitierung mit Einredeverzicht) sowie deren konkrete
Strukturierung (Anteil des Eigen- bzw. Fremdkapitals,
ggf. Einbindung öffentlicher Förderung, Kreditlaufzei-
ten, Rückzahlungsmodalitäten) erfolgt auf Basis des
dem jeweiligen Projekt zugrunde liegenden Geschäfts-
modells, insbesondere der seitens des Vorhabenträgers
gewollten Aufgaben- und Risikoverteilung sowie unter
Berücksichtigung der gewählten (vertrags-)rechtlichen
Rahmenbedingungen.
In der PPP-Praxis sind derzeit die Finanzierungsmodelle
– Forfaitierung mit Einredeverzicht und
– Projektfinanzierung
am häufigsten vorzufinden.
Beiden Modellen ist gemeinsam, dass der private Part-
ner als Auftragnehmer die Baufinanzierung zu tragen
hat. Im Rahmen der Mietzinszahlungen wird diese re-
finanziert.
a) FORFAITIERUNGSMODELL MIT EINREDEVERZICHT
Bei diesem Finanzierungsmodell erklärt der Auftrag-
geber gegenüber der den privaten Auftragnehmer zwi-
schenfinanzierenden Bank nach Abnahme des fertig
gestellten Bauwerks den Einredeverzicht auf die Forde-
rung des privaten Auftragnehmers aus der erbrachten
Bauleistung. Aufgrund der Erklärung des Einredever-
zichts durch den Auftraggeber kann die Baufinanzie-
rung auf eine langfristige Finanzierung mit kommunal-
kreditähnlichen Konditionen umgestellt werden. Zu-
dem kauft die Bank üblicherweise die Forderung des
Auftragnehmers, die er gegenüber der auftraggebenden
Kommune hat, und übernimmt damit das Finanzie-
rungsausfallrisiko, falls die Kommune ihren Zahlungs-
verpflichtungen nicht nachkommt. Voraussetzung für
den Ankauf durch die Bank ist jedoch der Verzicht der
öffentlichen Hand auf die Erhebung von Einreden
gegen die Forderung und auf die Aufrechnung mit
anderen Forderungen gegen die Bank.
Durch die Forfaitierung erfolgt ein Bonitätstransfer vom
privaten Auftragnehmer auf die öffentliche Hand, wo-
durch dem Privaten günstige kommunalkreditähnliche
Kreditkonditionen eingeräumt werden. Da insoweit das
Eigenkapitalaufkommen des privaten Partners reduziert
wird, kann dieses Modell insbesondere auch mittelstän-
dischen Unternehmen entgegenkommen.
b) FORFAITIERUNGSMODELL MIT
b) STUFENWEISEM EINREDEVERZICHT
Bei diesem Finanzierungsmodell – auch Mogendorfer-
Modell genannt – erklärt der öffentliche Auftraggeber
stufenweise einen Einredeverzicht im Anschluss an Teil-
abnahmen (sog. „Bautestate“) während der Bauphase.
Der private Auftragnehmer kann aufgrund der
Erklärung des Einredeverzichts durch die öffentliche
Hand für die bereits einredefreigestellten Leistungen
kommunalkreditähnliche Finanzierungskonditionen er-
halten. Auch dieses Modell kann als mittelstandsfreund-
lich angesehen werden. Für den öffentlichen Auftrag-
geber bringt dieses Finanzierungsmodell den Vorteil,
dass er während der Bauphase die ordnungsgemäße
Erbringung der geforderten Leistungen permanent kon-
trollieren und zudem einfordern kann.
c) PROJEKTFINANZIERUNG
Im Rahmen einer Projektfinanzierung finden Eigenkapi-
tal des privaten Auftragnehmers und Fremdkapital Ein-
gang. Der Fremdfinanzierungsanteil liegt typischerweise
zwischen 80 % und 90 % der Investitionskosten.
Für die Ausgestaltung einer PPP-Maßnahme als projekt-
finanzierte Maßnahme spricht, dass die finanzierende
Bank zum einen das PPP-Projekt selbst und zum ande-
ren die Bietergemeinschaft einer eingehenden Prüfung
hinsichtlich etwaiger Risiken unterzieht.
Die derzeit bei PPP-Projekten in Baden-Württemberg
am häufigsten zu Grunde gelegten Finanzierungsmodel-
le sind die unter a) und b) beschriebenen Forfaitie-
rungsmodelle mit Einredeverzichtserklärung zugunsten
der finanzierenden Bank.
14
5. VERGABERECHTLICHE ASPEKTE
Grundsätzlich finden bei PPP-Projekten die vergabe-
rechtlichen Vorschriften Anwendung. Allerdings sind
im Gegensatz zu herkömmlichen Vergabeverfahren bei
der Ausgestaltung von PPP-Ausschreibungen einige
Besonderheiten zu beachten :
a) GRUNDLAGEN
Je nachdem, ob der geschätzte Auftragswert eines PPP-
Projekts ober- oder unterhalb der sog. europarechtlich
vorgegebenen Schwellenwerte liegt, gelten unterschied-
liche vergaberechtliche Bestimmungen. Während sich
oberhalb der Schwellenwerte auf der Grundlage der
§§ 97 ff. GWB eine gesetzliche Verpflichtung zur An-
wendung des EU-Vergaberechts – mit den daraus resul-
tierenden Rechtsschutzmöglichkeiten zugunsten der
Unternehmen – ergibt, gelten unterhalb der Schwellen-
werte die haushaltsrechtlichen Vorgaben des Landes
und der Kommunen. Daneben gelten die ersten
Abschnitte der VOB/A bzw. VOL/A. Maßgeblich dafür,
ob ein europaweites Vergabeverfahren durchzuführen
ist, sind die ab 1. November 2006 geltenden nachfolgen-
den Schwellenwerte:
– Bauaufträge F 5.278.000,— netto
– Warenlieferaufträge F 5.211.000,— netto
– Dienstleistungsaufträge F 5.211.000,— netto
Werden die vorgenannten Schwellenwerte erreicht, sind
europaweite Vergabeverfahren nach den Vorschriften
der VOF oder des zweiten bis vierten Abschnitts der
VOB/A bzw. der VOL/A durchzuführen, welche die
Regelungen für die Durchführung europaweiter Verga-
beverfahren beinhalten.
Mit Blick darauf, dass der Auftragswert bei PPP-Projek-
ten nicht nur nach den voraussichtlichen Investitions-
kosten berechnet wird, sondern auch die voraussichtlich
über die gesamte Laufzeit anfallenden Betriebskosten –
die die Investitionskosten um ein Vielfaches überstei-
gen können – zu berücksichtigen sind, dürften auch bei
kleinen PPP-Projekten regelmäßig die vorgenanten
Schwellenwerte überschritten sein.
§ 6 Abs. 2 Nr. 3 der Vergabeverordnung (VgV) stellt
klar, dass der private Auftragnehmer nicht durch den
öffentlichen Auftraggeber verpflichtet werden darf, Bau-
leistungen, die er an Nachunternehmer vergeben will,
nach den Vorschriften der VOB/A auszuschreiben. Dies
gilt auch, wenn öffentliche Fördermittel gewährt wer-
den, sofern diese unter 50 % der Investitionskosten lie-
gen. Der PPP-Auftragnehmer hat jedoch bei der Weiter-
vergabe von Bauleistungen die vertraglichen Regelun-
gen der VOB/B zugrunde zu legen.
Eine mittelstandsfreundliche Vergabe von Nachunter-
nehmeraufträgen ist gleichwohl im Rahmen eines Mit-
telstandskonzepts anzustreben (vgl. III.2.).
b) BAU- ODER DIENSTLEISTUNGSAUFTRAG
PPP-Modelle nach dem Lebenszyklus-Ansatz beinhalten
typischerweise Elemente verschiedenartiger Leistungen
(etwa Planungs-, Bau-, Betriebs- und Finanzierungsleis-
tungen). Bei diesen PPP-Modellen übernimmt der Auf-
tragnehmer z. B. die Errichtung oder Sanierung (Bau-
leistung nach VOB/A) sowie die Planung, den Betrieb
und die Finanzierung (Dienstleistung nach VOL/A bzw.
VOF) eines Bauvorhabens. Vor Erstellung der Vergabe-
unterlagen muss der öffentliche Auftraggeber angesichts
der Unterschiede der Verdingungsordnungen daher zu-
nächst ermitteln, ob der konkrete (Gesamt-)Auftrag zur
Durchführung eines PPP-Projekts im öffentlichen
Hochbau nach den Regeln der VOB/A oder denen der
VOL/A auszuschreiben ist. Enthalten gemischte Aufträ-
ge neben Dienstleistungen auch Bauleistungen, so gilt
der Auftrag nur dann als Dienstleistungsauftrag, wenn
die Bauleistungen im Verhältnis zum Hauptgegenstand
des Auftrags lediglich Nebenarbeiten sind. In der Regel
werden daher PPP-Projekte im Hochbau als Bauaufträ-
ge nach den Vorgaben der VOB/A ausgeschrieben.
Ein vergabepflichtiger Bauauftrag kann allerdings auch
dann vorliegen, wenn ein Grundstück, auf dem eine
Immobilie (z. B. ein Verwaltungsgebäude) steht, von der
15
Bildunterschrift
öffentlichen Hand angemietet bzw. über eine „Grund-
stückspacht“ gepachtet wird. Zwar ist gemäß § 100
Abs. 2 Buchst. h) GWB der Erwerb, die Miete bzw.
Pacht von Grundstücken oder vorhandenen Gebäuden
grundsätzlich kein vergabepflichtiger Vorgang. Aller-
dings findet das Vergaberecht Anwendung, wenn die
Immobilie nach den Vorgaben der öffentlichen Hand
errichtet oder umgebaut wurde und anschließend von
der öffentlichen Hand angemietet bzw. im Wege einer
Pacht genutzt werden soll.
c) VERFAHRENSARTEN VON PPP-AUSSCHREIBUNGEN
Die Vergabe von PPP-Aufträgen kann oberhalb der
maßgeblichen Schwellenwerte, die im Rahmen von
PPP-Ausschreibungen in der Regel erreicht werden,
grundsätzlich nach vier verschiedenen Verfahrensarten
erfolgen: im offenen Verfahren, im nicht offenen Verfah-
ren, im Verhandlungsverfahren sowie neuerdings im
wettbewerblichen Dialog. Letzterer wurde durch das
ÖPP-Beschleunigungsgesetz vom September 2005 als
eigenständige Verfahrensart für europaweite Vergaben
neu eingeführt, wobei diese Verfahrensart unterhalb der
Schwellenwerte keine Anwendung findet.
aa) OFFENES VERFAHREN (ÖFFENTLICHE AUSSCHREIBUNG)
Diese Verfahrensart ist dadurch gekennzeichnet, dass
grundsätzlich jeder interessierte Unternehmer daran
teilnehmen kann. Eine Beschränkung der Teilnehmer-
zahl ist nicht vorgesehen. Der Auftraggeber ist verpflich-
tet, den zu vergebenden Auftrag nach strengen Form-
und Fristvorschriften öffentlich bekannt zu machen.
bb) NICHT OFFENES VERFAHREN
bb) (BESCHRÄNKTE AUSSCHREIBUNG)
Während die Zahl der Bewerber im offenen Verfahren
grundsätzlich nicht beschränkt ist, trifft der öffentliche
Auftraggeber im nicht offenen Verfahren eine Auswah-
lentscheidung. Nicht alle interessierten Unternehmer
dürfen ein Angebot abgeben, sondern nur diejenigen,
die der Auftraggeber hierzu auffordert. Der Auswahl-
entscheidung des öffentlichen Auftraggebers ist zu die-
sem Zweck ein so genannter „öffentlicher Teilnahme-
wettbewerb“ vorgeschaltet, d. h. der Auftrag wird öffent-
lich bekannt gemacht und interessierte Unternehmer
erhalten die Gelegenheit, einen Antrag auf Teilnahme
am Verfahren zu stellen.
Beim offenen und beim nicht offenen Verfahren darf
nach Öffnung der Angebote bis zur Zuschlagserteilung
mit den Bietern über ihre Angebote nur sehr begrenzt
verhandelt werden, nämlich nur „um Zweifel über die
Angebote oder die Bieter zu beheben“ bzw. „um sich
über seine Eignung, insbesondere seine technische
und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu unterrichten“.
Andere Verhandlungen, insbesondere über Änderungen
der Angebote oder Preise, sind unstatthaft.
cc) VERHANDLUNGSVERFAHREN (FREIHÄNDIGE VERGABE)
Beim Verhandlungsverfahren wendet sich der öffent-
liche Auftraggeber nach dem grundsätzlich durchzu-
führenden Teilnahmewettbewerb an die ausgewählten
Unternehmen, um mit einem oder mehreren von ihnen
über sämtliche Auftragsbedingungen, insbesondere die
Leistungsinhalte und die Preise, zu verhandeln. Zwar
gilt ober- wie unterhalb der Schwellenwerte im Ver-
gaberecht grundsätzlich der Vorrang der förmlichen Ver-
fahrensarten des offenen und nicht offenen Verfahrens,
jedoch liegen für die Vergabe von PPP-Projekten häufig
die Voraussetzungen für die Anwendung des weniger
förmlichen Verhandlungsverfahrens vor.
Das Verhandlungsverbot im offenen und nicht offenen
Verfahren wird der besonderen Komplexität von PPP-
Lebenszyklusprojekten grundsätzlich nicht gerecht.
Typisch für PPP-Projekte ist die Kombination und Inte-
gration verschiedener Leistungen und Leistungsphasen,
die langfristige Zusammenarbeit von Auftraggeber und
Auftragnehmer, ein gewisser Umfang sowie eine gewis-
se Komplexität des Gesamtprojekts. Aufgrund dieser
Besonderheiten lässt sich die gewünschte Gesamtleis-
tung (konkrete inhaltliche und wirtschaftliche Ausge-
staltung des zu errichtenden Hochbaus sowie die Finan-
16
Verwaltungsneubau des Bodenseekreises in Fried-richshafen, realisiert durch Fränkel AG
zierung des Betriebs) regelmäßig nicht abschließend
beschreiben, sondern kann erst durch Verhandlungen
zwischen Auftraggeber und Bietern konkretisiert wer-
den. Dies gilt insbesondere auch für architektonische,
städtebauliche sowie technische Details. Die Gründe
für die Wahl des Verhandlungsverfahrens und damit
auch die Gründe für die Abweichung vom offenen oder
nicht offenen Verfahren sind im Vergabevermerk akten-
kundig zu machen.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch bei kleinen
PPP-Hochbauprojekten, deren Auftragswert unterhalb
des für Bauvergaben maßgeblichen EU-Schwellenwerts
liegt, die Wahl des Verhandlungsverfahrens – unterhalb
der Schwellenwerte als sog. „freihändige Vergabe“
bezeichnet – gemäß § 3 Zif. 4 lit. b) VOB/A erfolgen
kann.
dd) WETTBEWERBLICHER DIALOG
Der wettbewerbliche Dialog wurde durch das ÖPP-
Beschleunigungsgesetz als eigenständige Verfahrensart
eingeführt und ist zur Vergabe besonders komplexer
Aufträge vorgesehen, wobei er eng an das Verhand-
lungsverfahren angelehnt ist. Auch ihm geht ein Teil-
nahmewettbewerb voraus, an den sich eine Dialogphase
anschließt, in der Verhandlungen mit ausgewählten
Unternehmen über alle Einzelheiten des Auftrags
geführt werden. Unter Anwendung der Vergaberegeln
des wettbewerblichen Dialogs sind bislang noch keine
PPP-Projekte abgeschlossen worden. Deshalb wird erst
die künftige Anwendung zeigen, ob dieses neue Verga-
beverfahren von der Praxis angenommen wird oder sich
das in den PPP-Projekten bisher bewährte Verhand-
lungsverfahren auch weiterhin durchsetzt.
d) DURCHFÜHRUNG DES VERHANDLUNGSVERFAHRENS
Der Ablauf des Verhandlungsverfahrens ist weder durch
das europäische noch durch das deutsche Vergaberecht
zwingend vorgegeben. Es ist insoweit dem öffentlichen
Auftraggeber überlassen, wie er im Rahmen des abstrak-
ten Prozesses des Verhandelns einen fairen, nicht diskri-
minierenden und transparenten Wettbewerb zwischen
den beteiligten Bietern gewährleistet, der zudem prakti-
kabel ist. Das Oberlandesgericht Celle hat den Begriff
des Verhandelns in einem Beschluss vom 16. Januar
2002 (OLG Celle, VergabeR 2002, 299) wie folgt defi-
niert: „… dass Auftraggeber und potentieller Auftrag-
nehmer den Auftragsinhalt und die Auftragsbedingun-
gen so lange besprechen, bis klar ist, wie die Leistung
ganz konkret beschaffen sein soll, zu welchen Konditio-
nen der Auftragnehmer diese liefert und grundsätzlich
insbesondere auch, zu welchem Preis geliefert wird. Ein
Vertrag wird am Ende des Verhandlungsprozesses mit
dem Unternehmen geschlossen, das zum Schluss übrig
geblieben ist.“
In der Praxis zur Vergabe von PPP-Modellen haben sich
gestufte Verhandlungsverfahren etabliert. In diesen wer-
den die im Teilnahmewettbewerb aufgrund der vorge-
legten Eignungsnachweise ausgewählten Bieter(-ge-
meinschaften) zunächst auf der Grundlage der Aus-
schreibungsunterlagen zur Abgabe von gelegentlich als
„indikativ“ oder auch „unverbindlich“ bezeichneten
Angeboten aufgefordert. Die fristgemäß eingegangenen
Angebote werden dann nach formellen und inhalt-
lichen Kriterien geprüft, wobei unter den verbliebenen
Angeboten regelmäßig eine an den in den Ausschrei-
bungsunterlagen bekannt gemachten Vergabekriterien
orientierte Rangfolge gebildet wird. Die Vergabestelle
ist im Verhandlungsverfahren nicht verpflichtet, mit
allen Bietern bis zur Auftragserteilung zu verhandeln
und ein unterschriftsreifes Vertragswerk im Detail aus-
zuhandeln. Gestufte Verhandlungsverfahren verlaufen
deshalb vielmehr in Stadien, in denen am Ende Unter-
nehmen ausscheiden, beispielsweise, weil sie die ge-
wünschte Leistung technisch nicht erbringen können
oder wollen, ihre Entwürfe den geforderten architekto-
nischen oder städtebaulichen Anforderungen nicht
genügen oder preislich abgeschlagen sind. Abgesehen
von der generellen Möglichkeit, Bieter stufenweise aus-
zusondern, bestehen zwei grundsätzlich unterschied-
17
Geplantes PPP-Schulprojekt in Eppelheim
liche Varianten, die Verhandlungen bis zur endgültigen
Vergabeentscheidung zu gestalten:
Der öffentliche Auftraggeber kann zu einem mehr oder
weniger frühzeitigen Zeitpunkt die Verhandlungen auf
einen bevorzugten Bieter (so genannter prefered bid-
der) beschränken (lineare Strategie) oder aber bis zur
Vergabeentscheidung die Verhandlungen mit mehreren
Bietern aufrecht erhalten (parallele Strategie). Nach der
linearen Strategie wird der Bieter, der das wirtschaft-
lichste Angebot eingereicht hat, bevorzugter Bieter.
Allein mit dem bevorzugten Bieter werden dann Ver-
tragsverhandlungen mit dem Ziel des Abschlusses eines
Vertrags geführt. Sofern diese Verhandlungen nicht zum
Ziel führen, werden die Verhandlungen mit dem nächst
platzierten Bieter der festgestellten Rangfolge aufge-
nommen. Durch diese Möglichkeit bleibt zumindest
potentieller Wettbewerbsdruck auf den bevorzugten
Bieter erhalten. Demgegenüber verhandelt der Auftrag-
geber bei der parallelen Strategie mit mehreren Bietern
bis zum Abschluss eines Vertrags parallel. Dadurch
bleibt ein unmittelbarer Wettbewerb zwischen den Bie-
tern bis zur Zuschlagsentscheidung erhalten.
Grundsätzlich lässt sich zwar feststellen, dass die lineare
Strategie das effizientere Verfahren darstellt. Da intensi-
ve Verhandlungen nur mit einem Bieter stattfinden, ist
der zeitliche, personelle und finanzielle Aufwand für
beide Seiten begrenzbar. Ist beispielsweise ein PPP-Pro-
jekt zu verhandeln, bei dem zahlreiche technische und
wirtschaftliche Fragen noch zu klären sind, kann es aus
Kostengesichtspunkten geboten sein, jedenfalls die
Schlussverhandlungen auf einen Bieter zu beschränken.
Demgegenüber hat die parallele Strategie den Vorteil
der Aufrechterhaltung eines aktiven Wettbewerbs zwi-
schen den Bietern bis zur endgültigen Zuschlagsent-
scheidung. Dies ist jedoch mit aufwendigen, für alle
Beteiligten zeit- und kostenintensiven Verhandlungen
verknüpft.
Die Entscheidung für eine lineare oder eine parallele
Strategie wird sich daher unter anderem nach der Art
des zu vergebenden Auftrags und der zur Verfügung ste-
henden Zeit und Mittel richten. Festzuhalten bleibt,
dass sowohl die lineare als auch die parallele Strategie
vergaberechtlich zulässig sind, der Ausleseprozesse je-
doch stets unter Beachtung der wesentlichen Grundsät-
ze des Vergaberechts verlaufen muss.
6. STEUERRECHTLICHE ASPEKTE
Die Steuern, die bei einem PPP-Projekt anfallen, beein-
flussen maßgeblich den Angebotspreis des Bieters bzw.
die Gesamtwirtschaftlichkeit einer PPP-Maßnahme. Von
besonderer Bedeutung können bei einem PPP-Vorha-
ben folgende steuerlichen Aspekte sein:
a) UMSATZSTEUER
Körperschaften des öffentlichen Rechts wie Bund, Län-
der und Gemeinden sind, mit Ausnahme ihrer Betriebe
gewerblicher Art, keine Unternehmer im Sinne des
Umsatzsteuerrechts. Deshalb haben sie die Umsatzsteu-
er, die im Rahmen eines PPP-Projekts anfällt und vom
Auftragnehmer in Rechnung gestellt wird, im Regelfall
als Endverbraucher zu tragen.
b) GRUNDSTEUER UND GRUNDERWERBSTEUER
Für die Grundsteuer gilt folgender Grundsatz: Sofern
der Grundbesitz – d. h. Grundstück nebst den aufste-
henden Immobilien – der öffentlichen Hand zuzurech-
nen ist, ist er von der Grundsteuer befreit. Ist demge-
genüber der Private wirtschaftlicher Eigentümer des
Grundbesitzes, fällt Grundsteuer an. Durch das ÖPP-
18
Bildunterschrift
Beschleunigungsgesetz, das seit September 2005 in
Kraft ist, ist die Grundsteuerbefreiung nach § 3 GerStG
zu Gunsten der Privaten erweitert worden, wenn der
Grundbesitz im Rahmen eines PPP einer juristischen
Person des öffentlichen Rechts für einen öffentlichen
Dienst oder Gebrauch überlassen wird und die Über-
tragung auf den Nutzer am Ende des Vertragszeitraums
vereinbart ist.
Insbesondere beim PPP-Inhabermodell, bei dem die
öffentliche Hand Eigentümer des Grundstücks nebst
aufstehender Immobilie bleibt und zudem argumen-
tiert werden kann, dass der Grundbesitz des mit dem
PPP-Projekt verbundenen Objekts für einen „öffentli-
chen Dienst oder Gebrauch“ genutzt wird, fällt in der
Regel keine Grundsteuer an.
Zwar fällt bei einer Grundstückstransaktion zwischen
der öffentlichen Hand und einem Privaten grundsätz-
lich Grunderwerbsteuer an. Allerdings ist durch das
ÖPP-Beschleunigungsgesetz auch insoweit ein Aus-
nahmetatbestand geschaffen worden, der eine Freistel-
lung von der Besteuerung vorsieht, wenn der Erwerb
eines Grundstücks von der öffentlichen Hand an einen
Privaten bzw. der Rückerwerb durch die öffentliche
Hand erfolgt, sofern die Grundstückstransaktion im
Rahmen einer PPP-Maßnahme durchgeführt wird.
7. FÖRDERUNGSRECHTLICHE
7. ASPEKTE
Die kommunalen Förderprogramme in Baden-Würt-
temberg sind für PPP-Verfahren geöffnet. Dies gilt bei-
spielsweise für die Schulbauförderung, die Sportstätten-
förderung oder die Feuerwehrförderung. Voraussetzung
ist, dass der kommunale Projektträger Eigentümer des
PPP-Projekts von Anfang an ist oder am Ende der Lauf-
zeit eines PPP-Vertrags wird und das Projekt von der
Kommunalaufsicht genehmigt wird. Zudem schreiben
die Förderbestimmungen typischerweise vor, dass Zu-
wendungen zu Projektförderungen nur für Vorhaben
bewilligt werden dürfen, die noch nicht begonnen wor-
den sind. Vorhabensbeginn ist nicht der Beginn des
Vergabeverfahrens, sondern der Abschluss des Bau-
bzw. Liefervertrags.
19
Vielfach leiden PPP-Beschaffungsverfahren darunter,
dass sie keine mittelstandsgerechte Ausgestaltung auf-
weisen. So werden teilweise bereits im Rahmen des
Teilnahmewettbewerbs überhöhte Anforderungen (z. B.
Anzahl der Referenzen, verbindliche Finanzierungszu-
sagen) gestellt, die von mittelständischen Unternehmen
nicht erbracht werden können, so dass bereits aus die-
sem Grund mittelständische Unternehmen nicht an
PPP-Vergabeverfahren teilnehmen können. Auch wer-
den nicht mittelstandsgerechte PPP-Projektstrukturen
definiert, beispielsweise indem Finanzierungsstrukturen
vorgegeben werden, die von mittelständischen Unter-
III. Der mittelstandsfreundliche PPP-Beschaffungsprozess aus Sicht der öffentlichen Hand
Die einzelnen Verfahrensschritte der Phasen 1 bis 3:
20
21
nehmen kaum zu erbringen sind, oder mit dem PPP-
Projekt nicht marktgerechte Risikoübertragungen ein-
hergehen sollen. Zudem werden häufig die Fristen zur
Abgabe eines Teilnahmeantrags zu knapp bemessen.
Wird – wie oftmals zu beobachten – nur der vergabe-
rechtlich geforderte Mindestzeitraum von 37 Kalender-
tagen gewählt, besteht die Gefahr, dass dieser Zeitraum
für mittelständische Unternehmen nicht ausreicht, um
mittelständische Bewerbergemeinschaften zu bilden
und gemeinsam einen Teilnahmeantrag zu erstellen und
sich fristgerecht bewerben zu können.
Nachfolgend sollen daher Anregungen gegeben werden,
wie eine mittelstandsfreundliche Ausgestaltung im Rah-
men eines PPP-Beschaffungsprozesses erfolgen kann.
Hierfür wird zunächst der PPP-Beschaffungsprozess
schematisch dargestellt und anschließend aufgezeigt,
welche Rahmenbedingungen für eine mittelstandsge-
rechte PPP-Beschaffung zu beachten sind.
1. DIE PHASEN EINES
1. PPP-BESCHAFFUNGSPROZESSES
Der PPP-Beschaffungsprozess lässt sich grundsätzlich
in drei Phasen unterteilen, wobei jede Stufe wiederum
in einzelne Verfahrensschritte gegliedert werden
kann:
• PHASE 1: Machbarkeit: Bedarfsfeststellung und Maß-
nahmenidentifizierung einschließlich Eignungstest
und Wirtschaftlichkeitsprognose
• PHASE 2: Ausschreibung und Vergabe einschließlich
Wirtschaftlichkeitsnachweis
• PHASE 3: Bau- und Betriebsphase
Im Rahmen der einzelnen Phasen sind folgende Schrit-
te notwendig:
a) PHASE 1: MACHBARKEIT: BEDARFSFESTSTELLUNG UND
MASSNAHMENIDENTIFIZIERUNG EINSCHLIESSLICH EIGNUNGS-
TEST UND WIRTSCHAFTLICHKEITSPROGNOSE
Im Rahmen der Phase 1 erfolgt die grundsätzliche Fest-
stellung des Handlungs- bzw. Investitionsbedarfs, der
Nachweis der Maßnahmenwirtschaftlichkeit und der
finanziellen Realisierbarkeit sowie die Definition der
Zielsetzungen, die mit der Projektrealisierung verfolgt
werden sollen. Die Machbarkeitsstudie sollte auch ein
Mittelstandskonzept beinhalten (vgl. III.2.a). Darauf auf-
bauend werden potenzielle Konzepte zur Realisierung
des Vorhabens ermittelt (z. B. Neubau oder Sanierung
bzw. Modernisierung, konventionelle oder PPP-Realisie-
rung) und auf Basis grober technischer, wirtschaftlicher
und rechtlicher Auswahlkriterien vorselektiert. Erscheint
aufgrund dieser überschlägigen Überlegungen eine
PPP-Realisierung als grundsätzlich denkbar, ist im Rah-
men eines PPP-Eignungstests zu überprüfen, ob das
beabsichtigte Vorhaben unter Berücksichtigung be-
stimmter sog. projektunabhängiger sowie projektabhän-
giger Kriterien grundsätzlich als PPP-Projekt geeignet
ist. Folgende Kriterien können beispielsweise zur Fest-
stellung der grundsätzlichen PPP-Eignung herangezogen
werden:
geeignete Maßnahmen noch hergestellt werden kann.
Nach erfolgreicher Durchführung des PPP-Eignungs-
tests ist im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprognose
weiter zu untersuchen, ob eine nachvollziehbare und
transparente Aussage zur Vorteilhaftigkeit der Maßnah-
menrealisierung in Form eines PPP-Verfahrens getroffen
werden kann. Im Rahmen der Wirtschaftlichkeitspro-
Sollte sich die geplante Maßnahme grundsätzlich nicht
für eine PPP-Realisierung eignen, ist sie im Rahmen an-
derer Beschaffungswege umzusetzen. Hat der Eignungs-
test jedoch das Ergebnis, dass sämtliche Kriterien erfüllt
sind, kann von einer grundsätzlichen Eignung als PPP-Pro-
jekt ausgegangen werden. Sofern einige Kriterien nicht
erfüllt sind, ist zu prüfen, ob die PPP-Eignung durch
22
aa) PPP-EIGNUNGSTEST
23
gnose ist daher zu prüfen, ob sich die Realisierung als
PPP-Modell aus wirtschaftlicher Sicht voraussichtlich
vorteilhafter als die Eigenrealisierung darstellt.
bb) WIRTSCHAFTLICHKEITSPROGNOSE
Vor Ausschreibungsbeginn wird eine sog. Wirtschaft-
lichkeitsprognose erstellt. Dabei hat die öffentliche
Hand grundsätzlich im Einzelfall durch eine umfassen-
de, bis zur vollständigen Tilgung der Herstellungskosten
reichende Vergleichsrechnung darzulegen, dass das
angestrebte PPP-Modell im Vergleich zur herkömm-
lichen Eigenrealisierung in der Gesamtschau wirtschaft-
lich günstiger ist. Im Rahmen der Wirtschaftlichkeits-
prognose ist ein Variantenvergleich durchzuführen. Die
auf Seiten des PPP-Auftragnehmers anfallenden höhe-
ren Kosten aufgrund von bestehenden – wenn auch bei
Forfaitierungsmodellen nur geringfügigen – Finanzie-
rungsnachteilen oder ggf. Steuereffekten sowie die auf
öffentlicher Seite entstehenden zusätzlichen Aufwen-
dungen (Transaktionskosten) sollen dabei durch Aus-
schöpfung entsprechender Effizienzpotenziale auf priva-
ter Seite und einer optimalen Verteilung von Risiken
ausgeglichen werden. Dies ist im Rahmen des Wirt-
schaftlichkeitsvergleichs zu belegen. Um einen belastba-
ren Wirtschaftlichkeitsvergleich zu erhalten, müssen
dabei realistische Kennziffern ermittelt werden. Für die
Wirtschaftlichkeitsprognose sind daher durch die
öffentliche Hand bzw. von deren Beratern folgende
Themen aufzuarbeiten:
– Bestimmung der Aufgabenverteilung zwischen öf-
fentlicher Hand und privatem Partner im Fall von
PPP,
– Ermittlung der Kostendaten für die Eigenrealisie-
rung,
– Ermittlung der Kostendaten für das PPP-Modell,
– Bestimmung der Strukturierung der Risikoverteilung
beim PPP-Modell zwischen öffentlicher Hand und
privatem Partner und
– Bewertung der Risiken.
Liegen die vorgenannten Daten vor, können die eigent-
lichen Berechnungen zur Wirtschaftlichkeit durchge-
führt werden.
Vereinfacht dargestellt, erfolgt die Wirtschaftlichkeitsprognose wie folgt:
Die Wirtschaftlichkeitsprognose endet damit, dass zum
einen für die PPP-Variante und zum anderen für die
Variante der Eigenrealisierung
– die monatlichen Effekte im Haushalt ermittelt und
– die möglichen Kosteneinsparungen über die gesamte
Laufzeit aufgezeigt werden.
Die Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsprognose dienen
als Grundlage für die Entscheidung, ob eine Realisie-
rung als PPP-Projekt vorteilhaft erscheint oder nicht. Ist
die Vorteilhaftigkeit gegeben, erfolgt der Eintritt in
Phase 2, dem eigentlichen Ausschreibungs- und Verga-
beprozess.
Nach der Vergabeverordnung (§§ 4 Abs. 5 und 6 Abs. 3)
muss der Auftraggeber bei der Teilnahme von Projek-
tanten am Vergabeverfahren, also von Personen, die ihn
im Vorfeld des Vergabeverfahrens z. B. bei der Erstel-
lung der Wirtschaftlichkeitsprognose beraten haben,
sicherstelllen, dass der Wettbewerb mit den übrigen
Bewerbern nicht verfälscht wird. Ein Ausschluss eines
Projektanten als Bewerber im Rahmen eines Vergabe-
verfahrens kommt allerdings nur dann in Betracht,
wenn keine geeigneten Maßnahmen zur Verhinderung
von Wettbewerbsverfälschungen möglich sind.
b) PHASE 2: AUSSCHREIBUNG UND VERGABE EINSCHLIESSLICH
WIRTSCHAFTLICHKEITSNACHWEIS
Herzstück des PPP-Vergabeverfahrens ist das eigentliche
Ausschreibungsverfahren. Dieses dauert in der Regel
ungefähr acht Monate.
PPP-Infrastruktur-Projekte sind, da sie in aller Regel die
für europaweite Vergaben maßgeblichen Schwellen-
werte überschreiten, europaweit als Bauleistungen nach
den Regeln der VOB/A oder in Sonderfällen als Dienst-
leistungsaufträge nach den Regeln der VOL/A auszu-
schreiben. Allerdings kann bei PPP-Vergaben – im
Gegensatz zu klassischen Bauvergaben nach Einzelge-
werken im Rahmen der Eigenrealisierungsvariante – in
aller Regel ein strukturiertes Verhandlungsverfahren mit
vorangehendem europaweitem Teilnahmewettbewerb
gewählt werden. Vor diesem Hintergrund läuft das
eigentliche Ausschreibungsverfahren eines PPP-Projekts
typischerweise in drei Stufen ab, die nachfolgend zu-
sammenfassend dargestellt sind:
aa) STUFE 1: EUROPAWEITE BEKANNTMACHUNG
UND TEILNAHMEWETTBEWERB
Durch die europaweite Vergabebekanntmachung wird
das Vergabeverfahren zur Suche des privaten Partners
mit dem Teilnahmewettbewerb begonnen. Dieser dient
dazu, die Unternehmen bzw. Bewerbergemeinschaften
auszuwählen, die als geeignet angesehen werden, das
PPP-Vorhaben realisieren zu können. Im Rahmen des
Teilnahmewettbewerbs wird somit beurteilt, ob das
einen Teilnahmeantrag abgebende Unternehmen bzw.
die Bewerbergemeinschaft fachlich und wirtschaftlich
leistungsfähig sowie zuverlässig ist, den ausgeschriebe-
nen PPP-Auftrag auszuführen. Die für die Bewertung
der Eignung maßgeblichen Kriterien sind in der
Bekanntmachung aufzuführen.
Für die interessierten Untenehmen bedeutet dies,
bereits vor Abgabe des Teilnahmeantrags strategische
Entscheidungen zu treffen und sich zu überlegen, ob
bzw. mit welchen Partnern ein gemeinsamer Teilnahme-
antrag abgegeben werden soll. Von besonderer Bedeu-
tung ist ferner die Frist zur Einreichung des Teilnahme-
antrags, die mindestens 37 Tage betragen muss. Wird
diese versäumt, wird der Teilnahmeantrag nicht berück-
sichtigt. Der Teilnahmeantrag ist von besonderer
Bedeutung für das Vergabeverfahren, da in der Regel
nur drei bis acht Unternehmen zur eigentlichen Teil-
nahme am Verhandlungsverfahren aufgefordert werden.
bb) STUFE 2: ANGEBOTSPHASE UND VERHANDLUNGEN
Nach Abschluss des Teilnahmewettbewerbs werden die
im Teilnahmewettbewerb ausgewählten Unternehmen
24
25
zur Teilnahme am strukturierten Verhandlungsverfahren
aufgefordert.
Im Rahmen des Verhandlungsverfahrens werden die
Unternehmen aufgefordert, auf der Grundlage der über-
sandten Verdingungsunterlagen, denen in der Regel
Vertragsentwürfe beiliegen, ein erstes Angebot abzuge-
ben. Neben der Angabe von Preisen wird dabei häufig
gefordert, erste Entwurfsplanungen für die Immobilie
einzureichen. Die Bewertung der Angebote erfolgt auf
der Grundlage der Wertungskriterien, die in den Ver-
dingungsunterlagen angegeben sind. Üblicherweise
folgt auf die Bewertung der Angebote der Beginn der
Verhandlungen. Allerdings ist die Vergabestelle nicht
verpflichtet, mit allen Bietern Verhandlungen zu führen.
Zeigt sich nach der Wertung der Angebote, dass ein
oder mehrere Angebote sehr weit vorn platziert sind, ist
es zulässig, dass ausschließlich diese Angebote verhan-
delt und die schlecht platzierten Angebote nicht weiter
berücksichtigt werden. Die Verhandlungen enden,
wenn das nach den Wertungskriterien beste Angebot
ausverhandelt ist.
cc) STUFE 3: ABSCHLUSS DES
WIRTSCHAFTLICHKEITSVERGLEICHS, ZUSCHLAG
Die Notwendigkeit des abschließenden Wirtschaftlich-
keitsvergleichs ergibt sich aus den Haushaltsvorschriften
für das Land bzw. die Kommunen. Der im Rahmen
eines PPP-Projekts zu erstellende abschließende Wirt-
schaftlichkeitsnachweis soll die Gesamtkosten eines in
Eigenregie durchgeführten Projekts den Gesamtkosten
eines PPP-Projekts gegenüberstellen. Diejenige Beschaf-
fungsvariante, die – bei gleichem Leistungsstandard – die
geringeren Gesamtkosten aufweist, ist die vorteilhaftere
und effizientere. Im Rahmen des abschließenden, auf der
Grundlage des besten Angebots durchzuführenden
Wirtschaftlichkeitsvergleichs wird dabei auch die Über-
tragung einzelner Risiken (Planungs-, Fertigstellungs-
und Erhaltungsrisiko, Finanzierungsrisiko, Betriebs-
risiko) auf den privaten Partner bei einer PPP-Realisie-
rung berücksichtigt. In der PPP-Praxis in Baden-Würt-
temberg wird der abschließende Wirtschaftlichkeitsver-
gleich durch einen externen Berater durchgeführt.
In diesem Zusammenhang wird auf den Leitfaden
„Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP-Projekten“
PPP-Vergabeprozess in der Phase 2:
Der PPP-Vertrag bedarf als kreditähnliches Rechtsge-
schäft der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde.
Wird der Wirtschaftlichkeitsnachweis erbracht und liegt
die Genehmigung vor, kann der Zuschlag erteilt werden,
anderenfalls wird das Vergabeverfahren abgebrochen.
14 Tage vor der beabsichtigten Zuschlagserteilung wer-
den die Bieter, deren Angebote nicht bezuschlagt wer-
den sollen, durch die Vergabestelle gemäß § 13 der Ver-
gabeverodnung (VgV) darüber informiert, wer den
Zuschlag erhalten soll und aus welchen Gründen ihr
Angebot nicht berücksichtigt werden soll. Nach Ablauf
dieser Frist kann der Zuschlag auf das wirtschaftlichste
Angebot erteilt werden. Mit Zuschlagserteilung kommt
– sofern der Vertrag nicht der notariellen Beurkundung
bedarf – der Vertrag zivilrechtlich wirksam zustande.
Sofern die Vergabe aufgrund eines niedrigen Auftrags-
werts nicht als europaweites Verfahren ausgestaltet ist,
besteht keine Verpflichtung des öffentlichen Auftragge-
bers, die nicht berücksichtigten Unternehmen vor der
Vergabeentscheidung gemäß § 13 VgV über die beab-
sichtigte Zuschlagserteilung zu informieren. Nur im
Nachgang zur Zuschlagserteilung können die nichtbe-
rücksichtigten Unternehmen gemäß § 27 VOB/A Infor-
mationen über die erfolgte Auftragsvergabe einfordern.
c) PHASE 3: BAU- UND BETRIEBSPHASE
Im Rahmen der Phase 3 erfolgt die Projektrealisation,
d. h. die Erbringung der vertraglich vereinbarten Pla-
nungs-, Bau- und Betriebsleistungen durch den privaten
26
vom September 2006 hingewiesen. Dieser Leitfaden
versteht sich als Empfehlung für einen bundesweiten
Standard bei der Durchführung von Wirtschaftlichkeits-
vergleichen zwischen den beiden Varianten PPP und
öffentliche Eigenrealisierung. Der Leitfaden wird durch
ein Tool mit empirischen Daten über Kosten für den
Bau und den Betrieb öffentlicher Infrastruktureinrich-
tungen ergänzt. Der Leitfaden „Wirtschaftlichkeitsunter-
suchungen bei PPP-Projekten“ ist online beim
Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg unter
www.wm.baden-wuerttemberg.de abzurufen.
PPP-Beschaffungsprozess:
27
Projektpartner für die gesamte Vertragslaufzeit. Seitens
der öffentlichen Hand sind hier ein effektives Ver-
tragsmanagement/Controlling zu etablieren und laufen-
de Beobachtungen und begleitende Erfolgskontrollen
vorzunehmen.
Für den Ablauf eines PPP-Verfahrens, der mit der Mach-
barkeitsphase beginnt und in der Zuschlagserteilung
nach erfolgter Genehmigung durch die Aufsichtsbehör-
de seinen Abschluss findet, ist ein Zeitbedarf von rund
zwölf Monaten anzusetzen.
2. MITTELSTANDSFREUNDLICHE
AUSGESTALTUNG DES
PPP-BESCHAFFUNGSPROZESSES
a) ERSTELLUNG EINES MITTELSTANDSKONZEPTES
Um den PPP-Beschaffungsprozess mittelstandsfreund-
lich zu gestalten, wird empfohlen, für diesen Prozess
den „Grundsatz des doppelten Mittelstandskonzeptes“
zu verwirklichen. Zum einen sollte der öffentliche Auf-
traggeber schon von Beginn des PPP-Verfahrens die Mit-
telstandsthematik bei seinem Vorgehen berücksichtigen.
Zum anderen sollte der öffentliche Auftraggeber die
Bieter verpflichten, bei der Vergabe von Unteraufträgen
kleine und mittlere Unternehmen angemessen zu betei-
ligen oder sich zu bemühen, Unteraufträge an kleine
und mittlere Unternehmen in dem Umfang zu erteilen,
wie es der Bieter mit der vertragsgemäßen Ausführung
der Leistung vereinbaren kann. Zudem kann die Ver-
pflichtung der Bieter aufgenommen werden, nur solche
Unternehmen als Nachunternehmer einzusetzen, die
ihrerseits mindestens 70% des ihnen übertragenen Leis-
tungsumfangs mit Stammarbeitskräften erbringen und
die sich zudem dazu verpflichten, die von ihnen zu
erbringenden Leistungen nicht weiterzugeben. Die vor-
genannten Vorgaben können durch eine Vertragsstrafen-
regelung im PPP-Vertrag sanktioniert werden.
Bereits im Rahmen der Prüfung der grundsätzlichen
Machbarkeit eines PPP-Projekts ist die Erstellung eines
Mittelstandskonzeptes durch den öffentlichen Auftrag-
geber (AG-Mittelstandskonzept) zu empfehlen. Dieses
Konzept sollte eine Markterkundung beim örtlichen
und regionalen Mittelstand beinhalten. Dabei sollten
die mittelständischen Betriebe mit Blick auf die mögli-
che Bildung einer Bewerbergemeinschaft möglichst
frühzeitig z. B. durch ein Vorinformationsverfahren nach
§ 17 a Nr. 1 Abs. 1 VOB/A auf das Projekt aufmerksam
gemacht werden. Zudem sollte im Konzept auf die Mit-
telstandsaspekte, die im Rahmen eines PPP-Projekts zu
beachten sind, eingegangen werden. Diese Mittelstands-
aspekte betreffen im Wesentlichen die nachfolgend
behandelten Punkte, also das Projektvolumen, die Aus-
schreibung der Maßnahme, die Finanzierung und die
Vertragsgestaltung.
b) FESTLEGUNG DES PROJEKTVOLUMENS UND UNTERTEILUNG
IN „OBJEKT-LOSE“ BEI MEHREREN PROJEKTEN
Bei den in Baden-Württemberg bislang realisierten PPP-
Projekten betrugen die Investitionskosten etwa 3 10
Mio. Der Zuschlag wurde an mittelständische Unter-
nehmen bzw. Bietergemeinschaften erteilt. Zu erkennen
ist die Tendenz, auch kleinere PPP-Projekte, die Investi-
tionskosten von weniger als S 10 Mio. und auch weniger
als S 5 Mio. aufweisen, zu realisieren. Erste Ausschrei-
bungen mit kleinen Projektgrößen sind in Vorbereitung.
Diese werden zeigen, ob hier Chancen für den Mittel-
stand liegen.
Um mittelständischen Unternehmen die Teilnahme an
PPP-Projekten zu erleichtern, soll nach Möglichkeit
eine Unterteilung in „Objekt-Lose“ vorgenommen wer-
den, wenn eine Kommune mehrere Investitionsobjekte
im Rahmen eines PPP-Vergabeverfahrens gebündelt aus-
schreibt. Die Aufteilung in mittelstandsgerechte
Objekt-Losgrößen bei gleichzeitigem Vorbehalt einer
Gesamtvergabe gewährleistet, dass die ausschreibende
Stelle der wirtschaftlichsten Lösung den Zuschlag ertei-
len kann. Ist dabei die Vergabe in einzelnen Objektlo-
sen wirtschaftlicher als die Vergabe des Gesamtauftrags,
d. h. aller oder mehrerer Objekt-Lose an ein Unterneh-
men, erfolgt die objektbezogene Einzelvergabe.
c) PPP-GERECHTE LEISTUNGSBESCHREIBUNG
UND MARKTÜBLICHE RISIKOSTRUKTUR
Die Übertragung von Aufgaben in den Phasen Planung,
Bau, Finanzierung, Bauunterhalt und Betrieb eines Bau-
werks auf den privaten Partner soll gewährleisten, dass
bereits bei der Planung und Errichtung bzw. Sanierung
des Bauwerks, also in den frühen Phasen des Lebens-
zyklus, an eine langfristig kostengünstige Instandhaltung
und einen möglichst wirtschaftlichen Betrieb gedacht
wird.
Deshalb ist dem Ausschreibungsverfahren eine funktio-
nale und damit ergebnisorientierte, d. h. „outputspezifi-
zierte“, Leistungsbeschreibung zugrunde zu legen. Auf-
grund der Vergabe im Wettbewerb kann das im Mittel-
stand vorhandene betriebswirtschaftliche und techni-
sche Know-how im Rahmen dieser Ausschreibungsaus-
gestaltung größtmöglich eingebracht werden, so dass
durch PPP-Projekte Innovationsfähigkeit und unterneh-
merische Kreativität gefördert werden.
Während bei einer konventionellen Realisierung in
aller Regel sämtliche Projektrisiken bei der öffentlichen
Hand verbleiben, findet im Rahmen des PPP-Projekts
eine Verteilung der mit dem Projekt einhergehenden
Risiken statt. Die Ermittlung der Risiken sollte mit
besonderer Sorgfalt erfolgen. Je sorgfältiger eine solche
Ermittlung erfolgt, desto geringer ist die Gefahr,
Projektrisiken zu übersehen.
Bei der Risikoverteilung ist darauf zu achten, dass dem
Auftragnehmer keine ungewöhnlichen Wagnisse aufge-
bürdet werden (vgl. § 9 Nr. 2 VOB/A). Ist beispielswei-
se der Baugrund nicht untersucht und soll dennoch
dem Auftragnehmer – ohne dass dieser selbst Bau-
grunduntersuchungen vornehmen darf – das gesamte
Baugrundrisiko einschließlich dem Kontaminationsrisi-
ko auferlegt werden, so stellt dies ein ungewöhnliches
Wagnis dar. Von einer Übertragung sämtlicher Risiken
auf den privaten Partner, d. h. auch solcher Risiken, die
er nicht seriös abschätzen kann, ist daher abzuraten. Ein
übermäßiger Risikotransfer kann letztlich dazu führen,
dass eine Finanzierung des Projekts durch die Banken
nicht erfolgen kann. Bei einer unangemessenen Risiko-
struktur werden sich insbesondere mittelständische
Unternehmen schwer tun, eine das Projekt finanzieren-
de Bank zu finden. Deshalb empfiehlt sich im Grund-
satz folgende Risikoverteilung :
28
Typische Risikostruktur
Öffentlicher Auftraggeber Privater Partner
� Verzögerungen bei Erteilung von Bau- und sonstigen Genehmigungen
� Altlasten / Gebäudekontamination� Baugrund� Nachträgliche Änderungen (Nachträge)
� Bauplanung� Baukosten� Zeitplan / Fertigstellungstermin� Insolvenz des Bauunternehmers� Funktionsfähigkeit der Einrichtung
Planungund Bau
� qualitative Änderungen der Nutzung� spezifische Gesetzesänderungen� höhere Gewalt *)
� Betriebskosten und Instandhaltung� Instandsetzung, Ersatzinvestition� Schlechtleistung oder Ausfall von
Subunternehmen� allgemeine Gesetzesänderungen
LaufenderBetrieb
� Bedarf für zurückfallende Einrichtung(qualitativ, quantitativ), künftige Nutzung
� Neuausschreibung der Dienstleistungen,v.a. bei vorzeitiger Vertragsbeendigung
� Zustand der Einrichtung beiVertragsende
� ggf. Verwertungsrisiko, wenn Einrich-tung nicht an Auftraggeber zurückfällt
Vertags-beendigung/Heimfall
*) gesondert zu regeln
29
Die Ausgestaltung der leistungsorientierten Vergütungs-
struktur eines PPP-Projekts lässt sich im Grundsatz wie
folgt beschreiben: Der Auftragnehmer ist vertraglich
verpflichtet, die vereinbarten Leistungen über die
gesamte Vertragslaufzeit einschließlich der Betriebs-
phase sicherzustellen, andernfalls muss er mit Abzügen
von der vereinbarten leistungsbezogenen Vergütung
rechnen. Die vertragliche Entgeltstruktur sollte bei Auf-
treten von Leistungsmängeln vorsehen, dass zunächst
Mängelbehebungsmechanismen und -zeiträume Anwen-
dung finden.
Von besonderer Bedeutung ist, dass den Bietern bereits
im Ausschreibungsverfahren die im Rahmen des PPP-
Projekts abzuschließenden Vertragsentwürfe als Teil der
Ausschreibungsunterlagen übersandt werden. Auf die
Gestaltung der Verträge ist besonderes Augenmerk zu
richten, da sie den Rahmen des Projekts bilden und die
Regeln der langfristigen Zusammenarbeit festlegen.
Eine interessensgerechte und faire Vertragsgestaltung ist
damit ein wesentlicher Erfolgsfaktor für das Gelingen
eines PPP-Projekts.
d) MITTELSTANDSGERECHTE FINANZIERUNGSSTRUKTUR
UND SICHERUNGSVERLANGEN
aa) FINANZIERUNGSSTRUKTUR
Von wesentlicher Bedeutung für die Beteiligungsmög-
lichkeiten mittelständischer Unternehmen an PPP-Ver-
fahren sind die Ausgestaltung der Finanzierungsmodelle
sowie die Anforderungen an die Gestellung von Sicher-
heiten.
Im Rahmen eines PPP-Projekts erfolgt die (Vor-)Finan-
zierung der zu erbringenden Bauleistungen durch den
privaten Partner bzw. dessen finanzierende Bank. Als
mittelstandsgerechte Ausgestaltung hat sich dabei das
Forfaitierungsmodell mit Einredeverzicht herausgebil-
det. In Baden-Württemberg wurden bereits PPP-Projek-
te auf der Grundlage des Forfaitierungsmodells mit Ein-
redeverzicht von den Aufsichtsbehörden genehmigt
und realisiert. Bei diesem Finanzierungsmodell, bei dem
hinsichtlich der sog. Kaltmiete, d. h. hinsichtlich der
investiven Kosten, durch die öffentliche Hand ein Ein-
redeverzicht zugunsten der finanzierenden Bank erklärt
wird, kann der private Partner kommunalkreditähnliche
Konditionen für die langfristige Finanzierung erlangen.
Diese günstigen Finanzierungskonditionen kommen
wiederum der öffentlichen Hand als Auftraggeber zu-
gute. Schadensersatz- und Gewährleistungsansprüche be-
stehen gegenüber dem privaten Vertragspartner trotz des
Einredeverzichts, der gegenüber der finanzierenden Bank
erklärt wurde. Für das Forfaitierungsmodell mit Einrede-
verzicht sprechen grundsätzlich folgende Argumente:
– Der private Partner geht mit der Investition in Vor-
lage, die Einredefreiheit wird ausschließlich für die
einwandfrei erbrachte(n) Bau-Gesamtleistung oder
Bau-Teilleistungen erklärt.
– Erfolgt die Realisierung des PPP-Projekts in Form
des sog. Inhabermodells, ist die öffentliche Hand
weiterhin bzw. von Beginn an Eigentümerin der
Immobilie.
– Im Falle der Insolvenz des privaten Partners verbleibt
das Eigentum an der Immobilie bei der öffentlichen
Hand.
bb) ABSICHERUNG DER VERTRAGSERFÜLLUNG
Die Absicherung der Vertragserfüllung soll einerseits
den öffentlichen Auftraggebern hinreichende Sicherhei-
ten geben, andererseits jedoch den Mittelstand nicht
überfordern. In der bisherigen PPP-Praxis hat sich in
Baden-Württemberg ein Sicherungskonzept herausge-
bildet, das nach den Phasen des Baus und des Betriebs
unterscheidet:
Das in der Bauphase bestehende Insolvenzrisiko kann
über eine bankgarantierte Vertragserfüllungsbürgschaft,
die bis maximal 5 % der Investitionssumme betragen
kann, abgesichert werden. Insoweit können gegebenen-
falls zusätzlich entstehende Kosten, die aus einer erfor-
derlich werdenden Neuvergabe offener Auftragsbe-
standteile infolge der Insolvenz des bisherigen Auftrag-
nehmers entstehen, abgesichert werden.
Auch das in der Betriebsphase bestehende Insolvenz-
risiko des privaten Partners kann über eine bankgaran-
tierte Vertragserfüllungsbürgschaft abgesichert werden.
Diese ist mit dem Beginn der Betriebsphase vom Auf-
tragnehmer zu erbringen und kann in der Regel eine
Jahresmiete betragen. Die Vertragserfüllungsbürgschaft
dient auch hier zur Absicherung der gegebenenfalls
zusätzlich anfallenden Kosten, die bei einer Neuvergabe
der Betriebsleistungen an ein anderes Unternehmen
entstehen können.
Zur Absicherung der Vertragserfüllung sind ferner auch
Versicherungslösungen möglich.
e) AUSREICHEND VERÖFFENTLICHTES, STRUKTURIERTES UND
TRANSPARENTES AUSSCHREIBUNGSVERFAHREN
Kernstück jedes PPP-Projekts ist die Durchführung des
Ausschreibungsverfahrens. Da der Vergabe des PPP-
Auftrags in der Regel ein Verhandlungsverfahren mit
vorangehendem europaweitem Teilnahmewettbewerb
nach § 3a Nr. 4 lit. c VOB/A vorangeht, beschränken
sich die nachfolgenden Ausführungen auf dieses Verfah-
ren.
Die aus PPP-Vergabeverfahren gewonnenen Erkennt-
nisse haben gezeigt, dass die Beachtung der nachfolgen-
den Hinweise einer mittelstandsgerechten Ausgestal-
tung des PPP-Ausschreibungsverfahrens dient:
aa) VORINFORMATIONSVERFAHREN
Die Vorinformation nach § 17 a Nr. 1 VOB/A ist eine –
in der Regel freiwillige – Bekanntmachung, die dem
eigentlichen Vergabeverfahren vorgeschaltet ist. Sie ist
eine Bekanntmachung, in der die Auftraggeber die
wesentlichen Merkmale der Bauaufträge mitteilen, die
sie zu vergeben beabsichtigen. Die Angaben über beab-
sichtigte Beschaffungen sind jedoch nicht verbindlich,
so dass der Auftraggeber an die in der Vorinformation
bekundete Vergabeabsicht ebenso wenig gebunden ist,
wie an die darin gemachten Angaben. Auch kann der
Auftraggeber von einer zunächst in der Vorinformation
angezeigten Vergabe Abstand nehmen oder die in der
Vorinformation enthaltenen Angaben nachträglich
ändern. Die Vorinformation kann jedoch behilflich sein,
um bereits im Vorfeld die Unternehmen darüber zu
informieren, dass ein bestimmtes Projekt in Planung ist
bzw. alsbald ein Ausschreibungsverfahren beginnt.
bb) VERGABEBEKANNTMACHUNG UND TEILNAHMEWETTBEWERB
Der Teilnahmewettbewerb ist die erste Stufe des Ver-
gabewettbewerbs und zudem entscheidend dafür, ob
Unternehmen überhaupt zur Angebotsabgabe aufgefor-
dert werden. Der Teilnahmewettbewerb als erste ent-
scheidende Hürde ist deshalb maßgeblich dafür, von
welchen Unternehmen im eigentlichen Verhandlungs-
verfahren Angebote eingereicht werden können. Für
eine mittelstandsgerechte Konzeption des Teilnahme-
wettbewerbs sind daher mehrere Anforderungen zu
berücksichtigen:
– Der Teilnahmewettbewerb wird durch die Vergabe-
bekanntmachung begonnen. Allerdings sollten neben
der Veröffentlichung der Vergabebekanntmachung
im EU-Amtsblatt zusätzliche Veröffentlichungen der
europaweiten Vergabebekanntmachung in möglichst
vielen regionalen Publikationen erfolgen, um Unter-
nehmen der Region auf die Ausschreibung hinzuwei-
sen. Zudem kann der Ausschreibungstext den regio-
nal zuständigen Handwerkskammern, den Industrie-
und Handelskammern sowie den jeweiligen Berufs-
verbänden übersandt werden.
– Die Mindestkriterien, die an die Eignung (Fachkun-
de, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit) der
Bewerber gestellt werden, dürfen nicht zu hoch
angesetzt sein. Die Forderung, dass als Nachweis der
Eignung mindestens drei PPP-Referenzprojekte anzu-
geben sind, wird die Teilnahme vieler mittelstän-
discher Unternehmen am PPP-Vergabeverfahren ver-
hindern. Es genügt daher zum Nachweis der fach-
lichen Eignung und Leistungsfähigkeit, von den
Unternehmen bzw. den Bewerbergemeinschaften ab-
zufordern, dass sie aktuelle (innerhalb der letzten
drei Jahre) Erfahrungen bei der Planung, dem Bau
bzw. der Sanierung sowie bei der Erbringung von Be-
triebsleistungen in der Art und Größe vergleichbarer
(privater) Immobilien nachweisen. Zudem sollten
bereits in der Vergabebekanntmachung die Wer-
tungskriterien sowie deren Gewichtung bekannt
gegeben werden, nach denen die Bewerber(-gemein-
schaften) im Teilnahmewettbewerb bewertet werden.
– Über das Projekt bzw. dessen Ausgestaltung sollten
bereits im Teilnahmewettbewerb genügend Informa-
tionen gegeben werden, damit sich die Unternehmen
ein genaues Bild über die zu erbringende Leistung
verschaffen können. Dies ist insbesondere für kleine-
re Unternehmen von besonderer Bedeutung, damit
30
31
diese sich geeignete Partner für die Bildung von
Bewerbergemeinschaften suchen können. Insoweit
bietet sich die Erstellung eines Bewerbermemoran-
dums an, das die wesentlichen Informationen über
das zur Vergabe kommende PPP-Projekt enthält (z. B.
kurze Beschreibung der voraussichtlichen architekto-
nischen und technischen Anforderungen, vertragli-
che Grundstruktur) und das von den interessierten
Unternehmen bei der Vergabestelle angefordert wer-
den kann.
– Gemäß § 18a Nr. 2 Abs. 2 VOB/A beträgt die Frist
für den Eingang der Teilnahmeanträge (sog. Bewer-
bungsfrist) mindestens 37 Kalendertage. Bei vielen
PPP-Verfahren wird die 37-Tages-Frist zugrunde
gelegt. Hierbei wird seitens der Vergabestellen je-
doch nicht berücksichtigt, dass häufig mehrere Tage
vergehen, bis die Vergabebekanntmachung im EU-
Amtsblatt veröffentlicht wird. In der Praxis bleiben
den Unternehmen daher nur wenige Tage Zeit, sich
zu Bewerbergemeinschaften zusammenzufinden und
den Teilnahmeantrag zu erstellen. Um die Chancen
einer Teilnahme kleiner Unternehmen, die sich erst
mit anderen Unternehmen zu Bewerbergemeinschaf-
ten bündeln müssen, zu erhöhen, sollte zum einen
ein Vorinformationsverfahren durchgeführt werden
und zum anderen ist eine Bewerbungsfrist empfeh-
lenswert, die anstelle der vergaberechtlich geforder-
ten Mindestfrist von 37 Kalendertagen eine Frist zwi-
schen 50 und 100 Kalendertagen beträgt.
cc) AUSGESTALTUNG DER AUSSCHREIBUNGSUNTERLAGEN MIT
MITTELSTANDSKLAUSEL
In die Ausschreibungsunterlagen sind neben dem funk-
tionalen („output-orientierten“) Leistungsverzeichnis
und der umfassenden Dokumentation des Baugrunds
sowie etwaiger bestehender Gebäude auch die Vertrags-
entwürfe zu integrieren. Dies ist erforderlich, damit den
Bietern für die eigentliche Angebotserstellung auch die
PPP-projektspezifische Risikoverteilung bekannt ist. In
der Regel umfassen bei sog. PPP-Inhabermodellen die
Vertragsentwürfe als integraler Bestandteil der Aus-
schreibungsunterlagen folgende Regelungen: Projekt-
bzw. Nutzungsvertrag, Pachtvertrag, Dienstleistungsver-
träge (z. B. Reinigungsverträge). Hinzu kommen Verein-
barungen zur Leistungsbewertung, Vorgaben zu Ver-
tragserfüllungsbürgschaften etc.
Nach dem Mittelstandsförderungsgesetz des Landes
Baden-Württemberg sowie den Mittelstandsrichtlinien
ist grundsätzlich eine losweise Vergabe anzustreben. Da
eine losweise, d. h. nach Einzelgewerken aufgeteilte Ver-
gabe eines PPP-Projektes nicht in Betracht kommt, ist
mittelständischen Interessen jedoch entsprechend der
gesetzlichen Verpflichtung nach § 97 Abs. 3 GWB in
anderer Weise gerecht zu werden, wie z. B. durch die
Verpflichtung des PPP-Auftragnehmers, im Falle der
Weitergabe von Leistungen an Nachunternehmen einen
weitestgehenden Stammarbeitereinsatz in diesem Be-
reich sicherzustellen. Diese Vorgabe sollte in die Aus-
schreibungsunterlagen aufgenommen werden. Ferner
muss der öffentliche Auftraggeber u. a. zur Verfolgung
der Mittelstandsförderung in den Ausschreibungsunter-
lagen eine wertungsrelevante Erklärung des Bieters über
den beabsichtigten Nachunternehmereinsatz verlangen
und so bereits ersehen, in welchem Umfang Nachunter-
nehmer eingesetzt werden sollen.
Darüber hinaus sieht der mit dem ÖPP-Beschleuni-
gungsgesetz zum Schutz mittelständischer Nachunter-
nehmer neu eingefügte § 6 Abs. 2 Nr. 3 VgV vor, dass
bei der Weitergabe von Bauleistungen Teil B der VOB
zu Grunde zu legen ist. Auch diese Vorgabe ist in die
Ausschreibungsunterlagen aufzunehmen.
dd) ANGEBOTS- UND VERHANDLUNGSVERFAHREN
Für die Angebotserstellung ist den Bietern ein ausrei-
chender Zeitraum zu gewähren. Dieser sollte im Regel-
fall ca. drei Monate betragen. Dies ist erforderlich,
damit das Angebot, das aus Planungs-, Bau-, Betriebs-
und Finanzierungsleistungen besteht, sorgfältig von den
Bietern erarbeitet werden kann.
Den Bietern sollte im Rahmen der Angebotsaufforde-
rung mitgeteilt werden, wie das weitere Verhandlungs-
verfahren ablaufen soll. Insbesondere sollten die Bieter
über den Zeitplan informiert werden, der für den weite-
ren Verfahrensablauf maßgeblich ist.
Den Bietern sollte ferner, sofern im Rahmen von Ver-
handlungen Überarbeitungen an ihrem Angebot erfor-
derlich werden, genügend Zeit eingeräumt werden, um
diese vornehmen zu können.
ee) KRITERIEN ZUR BEWERTUNG DER ANGEBOTE
Der Auftraggeber darf die Auswahl des wirtschaftlich-
sten Angebots lediglich anhand der bereits in der Verga-
bebekanntmachung bzw. der Angebotsaufforderung ge-
nannten Kriterien durchführen. Es ist vergaberechtlich
ausgeschlossen, dass der Auftraggeber nachträglich von
den bekannt gegebenen Zuschlagskriterien abweicht.
Der Zuschlag ist gemäß § 25 Nr. 3 Abs. 2 VOB/A auf
das Angebot zu erteilen, das unter Berücksichtigung
aller Gesichtspunkte als das wirtschaftlichste erscheint.
In PPP-Projekten werden neben den technischen und
wirtschaftlichen Kriterien (z. B. Angebotspreis, Unter-
haltungs- und Betriebskosten) auch die Kriterien städ-
tebauliche und architektonische Qualität berücksich-
tigt. So wurde beispielsweise im PPP-Pilotprojekt „Ver-
waltungsneubau des Landkreises Bodenseekreis in
Friedrichshafen“ (vgl. V.) das beste Angebot auf der
Grundlage folgender Zuschlagskriterien ermittelt:mmm
– Preis 50 %
– Städtebauliche, gestalterische, architekto-
nische Qualität des Gebäudes 30 %
– Qualitätsstandard des Gebäudes 15 %
– Umsetzung des Raumprogramms und der
funktionalen Anforderungen, Flexibilität
bei Nutzungsänderungen 5 %
Mit dem Ziel des Erreichens einer guten Baukultur
wurde durch den Bauherren Landkreis Bodenseekreis
der städtebaulichen und architektonischen Qualität des
Verwaltungsneubaus ein hoher Stellenwert eingeräumt.
Derzeit werden erste PPP-Ausschreibungen konzipiert,
bei denen die Vorgabe einer guten Baukultur im Wege
eines zweistufigen Angebotsverfahrens erreicht werden
soll. Insoweit findet zunächst eine Bewertung der PPP-
Angebote allein aus städtebaulicher und architektoni-
scher Sicht durch ein sachverständiges Bewertungsgre-
mium statt. Nur bei Erreichen einer bestimmten Min-
destpunktzahl oder Platzierung erfolgt die wirtschaftli-
che Bewertung der Angebote und somit der Verbleib
im Vergabeverfahren. Wird demgegenüber die Mindest-
punktzahl oder eine bestimmte Platzierung nicht er-
reicht, wird das Angebot nicht weiter im Vergabever-
fahren berücksichtigt.
ff) ERSTATTUNG DER ANGEBOTSKOSTEN
Die Teilnahme an einem PPP-Ausschreibungsverfahren
ist für die teilnehmenden Unternehmen insbesondere
im Rahmen der Angebots- und Verhandlungsphase mit
teilweise hohen Aufwendungen verbunden. So entste-
hen für die Unternehmen unter Berücksichtigung der
Kosten des Planens, der Kalkulation des Baupreises,
der Kalkulation der Betriebskosten sowie ggf. anfallen-
der Rechts- und Finanzierungsberatung leicht Kosten
in Höhe von deutlich fünfstelligen Beträgen, in sehr
komplexen Verfahren wie z. B. PPP-Verfahren im Be-
reich der Bundesautobahnen, sogar im sechsstelligen
Bereich.
Grundsätzlich sieht § 20 Nr. 2 Abs. 1 Satz 1 VOB/A
vor, dass dem Bieter für die Bearbeitung des Angebots
keine Entschädigung zu zahlen ist. Wird als Vergabever-
fahren der wettbewerbliche Dialog gewählt, sind die
öffentlichen Auftraggeber gemäß § 6a Abs. 7 VgV je-
doch verpflichtet, eine angemessene Kostenerstattung
zu gewähren, wenn vorgesehen ist, dass Unterlagen aus-
gearbeitet werden müssen (z. B. Entwürfe, Pläne,
Zeichnungen) und die Unterlagen rechtzeitig vorgele-
gen haben.
Bei der Wahl des Verhandlungsverfahrens besteht der-
zeit keine entsprechende Vorgabe. Aus der Regelung in
§ 20 Nr. 2 Abs. 1 Satz 2 VOB/A lässt sich jedoch ent-
nehmen, dass beim Abverlangen von Entwürfen, Plä-
nen, Mengenberechnungen etc. im Rahmen von Aus-
schreibungen mit funktionalem Leistungsverzeichnis
eine Entschädigung festzusetzen ist. Vor diesem Hinter-
grund und zur Vermeidung von möglichen Rechtstrei-
tigkeiten ist es daher geboten, durch eine sog. Bieter-
entschädigung, die letztlich ein pauschales Honorar in
Form einer teilweisen Entschädigung für die Bieter dar-
stellt, die nach ordnungsgemäßer Angebotsabgabe den
Zuschlag nicht erhalten und dabei erheblichen Auf-
wand bei der Angebotserstellung hatten, einen Anreiz
– auch für kleinere Unternehmen – zur Angebotsab-
gabe zu schaffen und damit auch den Markt zu erwei-
tern sowie den Wettbewerb zu verstärken.
f) STANDARDISIERUNG
Die voranschreitende Standardisierung der PPP-Verfah-
ren wird die Chancen des Mittelstands weiter erhöhen,
da der mit der Teilnahme an einem PPP-Ausschrei-
bungsverfahren einhergehende Aufwand der Unterneh-
men reduziert wird.
32
33
Mittelständische Unternehmen sehen sich hinsichtlich
der Teilnahme an PPP-Vergabeverfahren mit verschiede-
nen Fragestellungen konfrontiert. Zum einen sind dies
strategische Fragen, etwa nach der Zusammensetzung
des Bewerber-/Bieterkonsortiums, zum anderen Fragen
mit verfahrensrechtlichem Bezug. Vor diesem Hinter-
grund sollen die nachfolgenden Ausführungen den mit-
telständischen Unternehmen Hilfestellung bieten :mmm
1. STRATEGISCHE UBERLEGUNGEN/
1. AUSRICHTUNG
In der Bau- oder Facility-Dienstleistungsbranche tätige
mittelständische Unternehmen sowie Handwerksbetrie-
be haben sich zunächst mit der Frage auseinander zu
setzen, ob PPP-Projekte überhaupt ein Betätigungsfeld
für sie sein können. Die Unternehmen sollten bei der
Beantwortung dieser Frage nicht außer Betracht lassen,
dass der von den öffentlichen Auftraggebern, aber auch
in der Privatwirtschaft zunehmend bei Immobilien ver-
folgte Lebenszyklusansatz dazu führt, dass sich der vor-
mals reine Preiswettbewerb der Bieter zu einem Kom-
petenzwettbewerb fortentwickelt.
Noch gilt die Feststellung, dass mittelständische Unter-
nehmen, die im eigenen Haus über das bei PPP-Projek-
ten erforderliche vollständige Know-how im Bereich
von Planung, Bau, Betrieb und Finanzierung verfügen,
selten sind. Demgegenüber gibt es viele mittelständi-
IV. Das PPP-Verfahrenaus Sicht der Unternehmen
PPP-Verfahren in Form des sog. Inhabermodells weisen in der Regel folgende vertragliche Struktur auf:
sche Unternehmen, die über ausgezeichnete Kenntnisse
in einem bzw. mehreren der vorgenannten Teilbereiche
eines PPP-Projekts verfügen. Hier gilt es seitens der
Unternehmen, entweder im eigenen Haus die entspre-
chenden Ressourcen für sämtliche Bereiche eines PPP-
Projekts aufzubauen oder strategische Partnerschaften
mit anderen Unternehmen – insbesondere auch mit ört-
lichen Handwerksbetrieben – einzugehen.
Da zunehmend Infrastrukturmaßnahmen in Form von
PPP-Verfahren vergeben werden, bietet sich für die mit-
telständischen Unternehmen die Chance, anstelle eines
kurzfristigen Einzelauftrags einen langfristigen Dauer-
auftrag mit einer Laufzeit zwischen 10 und 30 Jahren zu
erhalten. Zudem haben die bislang in Baden-Württem-
berg realisierten PPP-Projekte, bei denen der Zuschlag
an mittelständische Unternehmen bzw. Bietergemein-
schaften erteilt wurde, gezeigt, dass mittelständische
Unternehmen gute Chancen haben, PPP-Aufträge zu
gewinnen.
2. KENNTNIS VON AUSSCHREIBUNGEN
PPP-Vergabeverfahren werden, soweit der maßgebliche
Schwellenwert überschritten ist und eine europaweite
Ausschreibung erfolgt, im Supplement zum Amtsblatt
der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht. Dieses
ist online unter www.ted.europa.eu abzurufen.
Zudem werden die PPP-Ausschreibungen in den amtli-
chen Mitteilungsblättern sowie in der Regel in beson-
deren Ausschreibungsblättern, wie z. B. der bw Woche
(früher Staatsanzeiger Baden-Württemberg) über die
ausschreibungs-abc-GmbH (www.ausschreibungs-abc.de)
veröffentlicht.
3. BILDUNG EINES BEWERBER-/
3. BIETERKONSORTIUMS
Da bei einem PPP-Projekt von dem Auftragnehmer
neben den Bauleistungen zumindest auch die Planungs-
und Betriebsleistungen zu erbringen sind, ist in der
Regel ein einzelnes Unternehmen nicht in der Lage,
sämtliche vorgenannten Leistungen selbst, d. h. im eige-
nen Haus, zu erbringen. Von daher stellt sich zunächst
die Frage, in welcher Art und Weise sich Unternehmen
zusammenfinden, um die nachgefragten PPP-Leistungen
erbringen zu können. In der Praxis kommen überwie-
gend zwei Modelle zum Einsatz:
– BIETERGEMEINSCHAFT
Bietergemeinschaften sind Zusammenschlüsse meh-
rerer Unternehmen zur gemeinschaftlichen Abgabe
eines Angebots mit dem Ziel, den ausgeschriebenen
Auftrag gemeinschaftlich zu erhalten und auszu-
führen. Bietergemeinschaften stellen grundsätzlich
Gesellschaften bürgerlichen Rechts (§ 705 ff BGB)
dar, können jedoch auch in anderen Rechtsformen,
z. B. als Projekt-GmbH, am Vergabeverfahren teilneh-
men.
– HAUPTUNTERNEHMER MIT NACHUNTERNEHMERN
Die Vergabe eines PPP-Auftrags kann auch an ein
einzelnes Unternehmen erfolgen. Dieses muss je-
doch bereits im Teilnahmewettbewerb nachweisen,
dass es alle ausgeschriebenen PPP-Leistungen entwe-
der selbst oder mit Hilfe von Nachunternehmern
erbringen kann. Am Vergabeverfahren nimmt zwar
allein der Hauptunternehmer teil, da die Nach-
unternehmer nicht unmittelbar in Vertragsbeziehun-
gen zum öffentlichen Auftraggeber eintreten, son-
dern lediglich vom Hauptauftragnehmer beauftragt
werden. Unabhängig davon ist es für den Hauptun-
ternehmer bereits im Teilnahmewettbewerb erforder-
lich, seine Nachunternehmer zu benennen, wenn
diese wesentliche PPP-Teilleistungen, wie z. B. die
Planungsleistung oder die Betriebsleistung erbringen
sollen. Denn nur so kann ein Hauptunternehmer,
34
der beispielsweise selbst ausschließlich Bauleistun-
gen erbringt, seine gesamthafte Eignung für einen
aus Planung, Bau- und Betrieb sowie Finanzierung
bestehenden PPP-Auftrag nachweisen.
Wird nachfolgend von einem Bewerber-/Bieterkonsor-
tium gesprochen, sind hierunter beide der vorgenann-
ten Konstellationen zu verstehen.
Die Zusammensetzung des Konsortiums, unabhängig
davon, ob es sich um eine klassische Bewerber-/Bieter-
gemeinschaft oder einen Hauptunternehmer mit seinen
Nachunternehmern handelt, ist der maßgebliche Faktor
für den Erfolg eines Projekts. Die Qualifikation und
Leistungsfähigkeit des Konsortiums ist ausschlaggebend
dafür, ob der Teilnahmewettbewerb erfolgreich abge-
schlossen und das Konsortium überhaupt zur Ange-
botsabgabe aufgefordert wird. Entsprechendes gilt,
wenn das Bewerberkonsortium durch die Aufforderung
zur Angebotsabgabe zum Bieter bzw. Bieterkonsortium
wird. Die Erfahrungen aus PPP-Projekten haben gezeigt,
dass weder ein guter Teilnahmeantrag noch ein gutes
Angebot für ein PPP-Projekt sich nebenbei erstellen las-
sen. Daher sind für die Zusammensetzung des Konsor-
tiums neben der Leistungsfähigkeit auch das Engage-
ment und die Verfügbarkeit entscheidend.
Die Zusammensetzung eines Bewerber-/Bieterkonsorti-
ums, das aus einem Planungs-, Bau-, Betriebs- und
Finanzierungspartner besteht, ist in der Regel von fol-
genden Faktoren bestimmt:
a) PLANUNGSPARTNER
Grundsätzlich ist die Auswahl des Planungspartners vor
dem Hintergrund der spezifischen Aufgabe und des
Angebotsschwerpunkts zu sehen. Maßgeblich für die
Auswahl des Planungspartners sollten dabei die Kriteri-
en Erfahrung/Referenzen im relevanten Bereich, Büro-
größe, ggf. Erfahrungen aus der bisherigen Zusammen-
arbeit und Darstellungsvermögen sein. Zudem wird
vom architektonischen einerseits und dem technischen
Pla-nungsingenieur gleichermaßen im Rahmen einer
PPP-Realisierung verlangt, dass eine attraktive Architek-
tur und städtebauliche Gestaltung mit einem wirtschaft-
lichen Betrieb der zu erstellenden oder sanierenden
Immobilie kombiniert werden.
b) BAUPARTNER
Der Baupartner ist der Verantwortliche für die Bestim-
mung und Einhaltung der kalkulierten Baukosten. In
der PPP-Praxis hat sich auf Seiten der Bieter bewährt,
für die Projektbearbeitung eine Minimierung der Schnitt-
stellen herbeizuführen, was sich durch die Bildung eines
Bauteams, bestehend aus Planungspartner und Baupart-
ner, gewährleisten lässt. Um dem Baupartner Kalkulati-
onssicherheit zu geben, ist seitens des architektonischen
wie auch technischen Planungspartners eine ausreichen-
de Planungstiefe zu erarbeiten. Neben dem Baupartner
ist der Betriebspartner ebenfalls in die Planungsphase
mit einzubeziehen, um so gemeinsam nach Möglichkei-
ten der Optimierung der Lebenszykluskosten zu
suchen. Für die Auswahl des Baupartners sollte daher
gelten, dass er über Erfahrung mit der Steuerung von
Planungspartnern verfügt und ausreichend Ressourcen
für das jeweilige Projekt bereitstellen kann.
c) BETRIEBSPARTNER
Im Rahmen des Bewerber-/Bieterkonsortiums hat der
Betriebspartner das Know-how für den späteren
Betrieb des zu errichtenden oder zu sanierenden Bau-
werks bereit zu stellen. Zudem soll er, dem PPP-
Lebenszyklus folgend, bereits in der Planungsphase bei
der Optimierung der Lebenszykluskosten mitwirken.
Deshalb muss er neben Kenntnissen über erforderliche
Bauunterhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen auch
Know-how im Bereich des Energiemanagements und
der Bewirtschaftung aufweisen.
35
d) FINANZIERUNGSPARTNER
Unabhängig von der Wahl des Finanzierungsinstru-
ments, welches durch die PPP-Ausschreibung vorgege-
ben wird, benötigt das Bewerber-/Bieterkonsortium
einen Finanzierungspartner. Je nach Ausschreibungs-
gestaltung ist dieser bereits im Teilnahmewettbewerb,
spätestens jedoch bei der Angebotsabgabe zu benen-
nen. Sofern Planungs-, Bau- und Betriebspartner nicht
von einer Finanzierung des Projekts ausschließlich
durch Eigenmittel ausgehen, wird die Finanzierung in
der Regel durch eine Bank erfolgen. Deren Schwer-
punkt sollte sich mit den im PPP-Ausschreibungsverfah-
ren geforderten Finanzierungsvorgaben decken. Neben
der Möglichkeit, dem Bewerber-/Bieterkonsortium eine
günstige Finanzierung anbieten zu können, ist von
Belang, dass der Finanzierungspartner in der Lage ist,
die für die Angebotsabgabe notwendigen Erklärungen
rechtzeitig beschaffen und die benötigte Finanzierung
sicherstellen zu können. Von besonderem Interesse ist
für die angesprochene Bank daher die Information, wel-
che Finanzierungsstruktur der PPP-Ausschreibung zu
Grunde liegt, z. B. ob seitens der Vergabestelle eine For-
faitierung mit Einredeverzicht in Aussicht gestellt wird.
Dem sich um den PPP-Auftrag bewerbenden Konsor-
tium fallen im Laufe des PPP-Vergabeverfahrens unter-
schiedliche Aufgaben zu. Deshalb hat es sich bewährt,
das Verhältnis untereinander sowie die Aufgaben,
Pflichten und Haftung auf der jeweiligen Projektebene
durch eine Vereinbarung zu fixieren. Dies sorgt zum
einen für Klarheit und reduziert zum anderen die Dis-
kussionen über Aufgabenverteilungen während der
Angebotsbearbeitung.
Zur Förderung von Kooperationen mittelständischer
Unternehmen hat das Land Baden-Württemberg das
Landesprogramm zur Förderung von innovativen
Dienstleistungen und –netzwerken aufgelegt. Mittel-
ständische Unternehmen werden bei der Bildung und
beim Management von Kooperationen zur Etablierung
innovativer Dienstleistungen mittels Unterstützung
durch freiberufliche Kooperationsmanager/-berater ge-
fördert (www.dienstleistungsoffensive.de).
4. DER TEILNAHMEWETTBEWERB
Der Teilnahmewettbewerb stellt die erste Hürde eines
PPP-Ausschreibungsverfahrens dar. Der Teilnahmewett-
bewerb dient dem öffentlichen Auftraggeber zur Aus-
wahl derjenigen Unternehmen, die zur Erstellung eines
PPP-Angebots aufgefordert werden sollen. Zielrichtung
des Teilnahmewettbewerbs ist, dass lediglich leistungs-
fähige Unternehmen ein Angebot abgeben dürfen. Ins-
besondere sollten die Bewerber schon im Teilnahme-
wettbewerb aufgefordert werden, ein Mittelstandskon-
zept vorzulegen. Um die Eignung der Unternehmen im
Teilnahmewettbewerb festzustellen, verlangt der Auf-
traggeber bestimmte Nachweise, die von den am Teil-
nahmewettbewerb teilnehmenden Unternehmen zu
erbringen sind:
a) FORMALE NACHWEISE
Für den Nachweis der Eignung kann der Auftraggeber
von jedem Bieter die Nachweise verlangen, die durch
den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt sind. Die
geforderten Eignungsnachweise müssen in der Vergabe-
bekanntmachung angegeben werden. Zu den formalen
Nachweisen gehören z. B. der Auszug aus dem Handels-
register, der Versicherungsnachweis und die Erklärung
über die Zahlung von Abgaben, Steuern und Gebühren.
b) REFERENZEN
Beim Nachweis von Referenzen ist bei PPP-Projekten
darauf zu achten, dass Referenzen für alle Teilbereiche
des PPP, d. h. insbesondere Planung, Bau und Betrieb
und – sofern im Teilnahmewettbewerb bereits verlangt
– auch Referenzen des Finanzierungsinstituts, vorgelegt
werden. Der Nachweis der Referenzen kann durch
Referenzlisten in tabellarischer Form oder auch durch
die Beilegung von Projektblättern erfolgen. Häufig wird
in den Vergabebekanntmachungen angegeben, dass Re-
ferenzen von Projekten aus jüngerer Vergangenheit vor-
zulegen sind.
36
c) KOMPETENZ
Von besonderer Bedeutung in PPP-Projekten ist, dass
die Bewerbergemeinschaft, gleich ob sie aus einer klas-
sischen „Bietergemeinschaft“ oder einem Hauptunter-
nehmer mit seinen Nachunternehmern besteht, bereits
im Teilnahmewettbewerb erkennen lässt, dass sie über
Projektstrukturen verfügt, die keine bzw. nur wenige
Reibungsverluste erwarten lassen. Bewerbergemein-
schaften sollten diesem Punkt in ihrem Teilnahmean-
trag deshalb besondere Aufmerksamkeit widmen.m
mm
d) VERÄNDERUNG IN DER ZUSAMMENSETZUNG
DES KONSORTIUMS
Im Zusammenhang mit der Bildung von Konsortien
wird häufig die Frage gestellt, ob ein Austausch eines
Mitglieds der Bewerbergemeinschaft bzw. eines Nach-
unternehmers nach Beendigung des Teilnahmewettbe-
werbs (d. h. im eigentlichen Angebotsverfahren) noch
erfolgen kann. Die überwiegende vergaberechtliche
Rechtsprechung lässt einen späteren Austausch
grundsätzlich zu, wenn sichergestellt ist, dass das Kon-
sortium weiterhin die gleiche Eignung aufweist.
Die in der Vergabebekanntmachung angegebene Frist
zur Einreichung des Teilnahmeantrags ist von der
Bewerbergemeinschaft unbedingt einzuhalten. Verspä-
tet eingegangene Teilnahmeanträge bleiben grundsätz-
lich unberücksichtigt. Auch führt das Fehlen von in der
Vergabebekanntmachung angegebenen Nachweisen
zum Ausschluss des Teilnahmeantrags. Entsprechendes
gilt, wenn Nachweise beigefügt werden, obwohl sie ver-
altet sind. Auf die Erstellung des Teilnahmeantrags ist
daher große Sorgfalt zu verwenden.
5. DAS ANGEBOTSVERFAHREN
Die im Teilnahmewettbewerb ausgewählten Bewerber-
gemeinschaften werden mit der Übersendung der Aus-
schreibungsunterlagen aufgefordert, innerhalb einer
bestimmten Frist ein Angebot abzugeben. Nach Auffor-
derung zur Angebotsabgabe wird begrifflich aus dem
Bewerber ein Bieter bzw. aus der der Bewerbergemein-
schaft eine Bietergemeinschaft. Diese hat nach Über-
sendung der Ausschreibungsunterlagen in der Regel
zwei bis vier Monate Zeit, ein erstes Angebot zu erstel-
len. In der Praxis hat sich bewährt, dass Arbeitsgrup-
pen gebildet werden, die einzelne Teilbereiche des
Angebots erarbeiten, deren Ergebnisse später zusam-
mengeführt werden. Hierauf aufbauend wird dann das
eigentliche Angebot erstellt. Für die Angebotserstellung
im Rahmen eines PPP-Vergabeverfahrens bietet es sich
an, zumindest folgende vier Arbeitsgruppen zu bilden:
Arbeitsgruppe Planung, Arbeitsgruppe Kalkulation,
Arbeitsgruppe Finanzierung und Arbeitsgruppe Recht.
a) ARBEITSGRUPPE PLANUNG
Die Arbeitsgruppe Planung sollte sich aus Mitarbeitern
des beteiligten Architekturbüros bzw. Ingenieurbüros,
des beteiligten Bauunternehmens und des beteiligten
Betreiberunternehmens zusammensetzen. Bei der Bear-
beitung der Planung ist es unerlässlich, den jeweiligen
Planungsstand mit dem vorab definierten Zielpreis für
die Baukosten abzugleichen und die weiteren Planungs-
aktivitäten entsprechend zu führen. Gleiches gilt für die
Einbindung des Betriebspartners. Dieser ist frühzeitig
einzubinden, um Betriebskosten bewerten zu können
und Verbesserungsvorschläge aus betrieblicher Sicht im
Planungsprozess einzubringen.
b) ARBEITSGRUPPE KALKULATION
In der Arbeitsgruppe Kalkulation werden auf Basis der
sich immer weiterentwickelnden Planungen die Bau-
kosten und Betriebskosten kalkuliert und in das Ange-
bot überführt.
c) ARBEITSGRUPPE FINANZIERUNG
Die Arbeitsgruppe Finanzierung, der Mitglieder der
Bietergemeinschaft sowie Vertreter der finanzierenden
37
Bank angehören, erstellt gemeinsam das Finanzmodell,
auf dessen Grundlage sich der Angebotspreis errechnet.
d) ARBEITSGRUPPE (VERTRAGS-)RECHTLICHE THEMEN
Aufgabe der Arbeitsgruppe Recht ist es, sich mit den
Ausschreibungsunterlagen, d. h. insbesondere den Ver-
tragstexten, auseinanderzusetzen. Die Arbeitsgruppe
soll Formulierungsvorschläge für notwendige Anpassun-
gen der Vertragstexte für die Diskussion mit dem Auf-
traggeber in den Verhandlungsrunden entwerfen. Be-
sonderes Augenmerk der Arbeitsgruppe Recht muss
darauf liegen, dass der Angebotsentwurf sämtlichen
Anforderungen, die sich aus den Ausschreibungsunter-
lagen ergeben, entspricht. Vertreter der Arbeitsgruppe
Recht sollten zudem in die Verhandlungen mit dem
Auftraggeber eingebunden werden, die nach der Abga-
be des Angebots erfolgen.
Das zu erstellende Angebot muss sich, um eine Chance
auf den Vertragsschluss gewährleisten zu können, strikt
an den vom Auftraggeber in den Ausschreibungsunter-
lagen benannten Anforderungen und dem ebenfalls
bekannt gemachten Bewertungskatalog orientieren. Für
die Unternehmen ist es daher von besonderer Bedeu-
tung, die Zuschlags(Wertungs-)kriterien samt deren
Gewichtung zu analysieren und ihr Angebot hierauf
abzustimmen. Zudem ist zu beachten, dass bereits das
erste Angebot ein in allen Bereichen optimales Angebot
darstellen muss. Wie im Zusammenhang mit dem
Ablauf des Verhandlungsverfahrens ausgeführt, erfolgt
nach der ersten Angebotsabgabe durch den öffentlichen
Auftraggeber eine erste Bewertung. Da der öffentliche
Auftraggeber nicht verpflichtet ist, mit sämtlichen Bie-
tern, die ein Angebot abgegeben haben, in Verhandlun-
gen einzutreten, findet in aller Regel eine Selektion der
eingegangenen Angebote statt. Nur diejenigen Angebo-
te, die auf der Grundlage der Wertungskriterien eine
gute Platzierung erreicht haben, werden in der Regel
weiterverfolgt, was bedeutet, dass einige Bieter bereits
sehr frühzeitig ausscheiden. Deshalb ist bereits das erste
Angebot von besonderer Bedeutung für den weiteren
Fortgang des Verfahrens.
Bereits mit Abgabe des Angebots können, sofern dies
zugelassen ist, Nebenangebote unterbreitet werden,
wenn diese im Verhältnis zum Hauptangebot vorteil-
haft erscheinen.
6. VERHANDLUNGEN
In der Regel werden nach Einreichung des ersten Ange-
bots und dessen Auswertung diejenigen Bieter aufgefor-
dert, ihr Angebot vor dem Auftraggeber zu präsentie-
ren, deren Angebote nach einer ersten Auswertung auf
Grundlage der Bewertungskriterien eine gute Platzie-
rung erreicht haben. Im Rahmen dieser ersten Präsen-
tation macht es durchaus Sinn, die für die Realisierung
des Projekts verantwortlichen Personen des Bieters ins-
gesamt vorzustellen. Anlässlich der Angebotspräsenta-
tion werden in der Regel vom öffentlichen Auftraggeber
Fragen an die Bietergemeinschaft gestellt, die oftmals
sämtliche Bereiche, d. h. die Bereiche Planen, Bau,
Betrieb und Finanzierung, betreffen. Am Ende oder im
Nachgang zur Angebotspräsentation werden vom
öffentlichen Auftraggeber in der Regel schriftliche
Anmerkungen zum Angebot bzw. zur Angebotspräsen-
tation an die Bietergemeinschaft versandt. Dem Bieter-
konsortium wird dann Gelegenheit gegeben, sein Ange-
bot auf Grundlage der Anregungen des öffentlichen
38
Auftraggebers zu überarbeiten. Dieser Verhandlungs-
prozess kann in mehreren Stufen hintereinander erfol-
gen. In der Praxis wird häufig der Weg eingeschlagen,
dass zunächst die Themenbereiche Architektur, städte-
bauliche Gestaltung, Funktionalität und Qualität priori-
siert werden. Erst wenn hier die Verhandlungen einen
sehr hohen Reifegrad erreicht haben, erfolgt das Aus-
verhandeln der vertragstechnischen und wirtschaft-
lichen Inhalte.
Nach Abschluss der Verhandlungen wird auf der
Grundlage des Verhandlungsergebnisses der Wirtschaft-
lichkeitsvergleich erstellt, der die Eigenrealisierungs-
variante mit dem besten PPP-Angebot vergleicht. Dieser
Wirtschaftlichkeitsvergleich wird dann der Aufsichts-
behörde zur Genehmigung vorgelegt. Erteilt diese die
erforderliche Genehmigung, kann der Zuschlag erfol-
gen, wobei vorab diejenigen Bieter benachrichtigt wer-
den, deren Angebot nicht den Zuschlag erhalten soll.
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40
Der Landkreis Bodenseekreis hat mit seinem Verwal-
tungsneubau in Friedrichshafen das erste PPP-Projekt in
Baden-Württemberg verwirklicht. Im Ergebnis wurden
die Erwartungen des Landkreises Bodenseekreis, die
mit der Realisierung des Verwaltungsneubaus in Form
eines PPP-Modells verknüpft waren, erfüllt. Das PPP-
Projekt wurde an eine mittelständische Arbeitsgemein-
schaft vergeben, die wiederum regionale Handwerker
mit Einzelgewerken beauftragt hat.
1. AUSGANGSSITUATION
Bedingt durch die Verwaltungsreform sowie den
Umstand, dass der Landkreis Bodenseekreis als sog.
„Hartz IV-Optionslandkreis“ künftig neue Aufgaben
übernimmt, sollten mehr als 150 neu hinzugekommene
Mitarbeiter am Standort Friedrichshafen in einem
neuen, kurzfristig zu erstellenden Gebäude unterge-
bracht werden. Der Landkreis Bodenseekreis ist Eigen-
tümer eines an das bisherige Landratsamt angrenzenden
Grundstücks, auf dem der Verwaltungsneubau realisiert
werden sollte. Der Verwaltungsneubau sollte ca. 170 Ar-
beitsplätze und eine Hauptnutzfläche von ca. 2.800 m2
aufweisen.
2. WARUM PPP ?
Bei einer ersten umfangreichen Befassung mit dem
Thema PPP erschienen als mögliche Vorteile einer PPP-
Realisierung des Verwaltungsgebäudes:
– zügige Realisierung,
– festgeschriebene Bewirtschaftungs-/Unterhaltskosten,
– entfallendes Nachtragsrisiko,
– Umsetzungsoptimierung durch Vergabe im Verhand-
lungsverfahren und
– erwartete Effizienzvorteile durch gemeinsame Verga-
be von Planung, Bau und Betrieb einschließlich
Finanzierung.
V. PPP-Praxisbeispiel: Verwaltungsneubau des Landkreises Bodenseekreis in Friedrichshafen
Anlässlich der Einweihungsfeier am 10. 11. 2006v.l.n.r.: Finanzdezernent Helmut Reitemann, MinisterErnst Pfister, Landrat Siegfried Tann
3. PROJEKTORGANISATION UND
EINBINDUNG EINES
EXTERNEN BERATERTEAMS
Seitens des Landkreises Bodenseekreis wurde im nächs-
ten Schritt ein aus einem Projektsteuerer und einer
Anwaltskanzlei bestehendes Beraterteam ausgewählt,
das mit der Realisierung von PPP-Projekten Erfahrung
aufweisen konnte. Das Beraterteam war verantwortlich
für die immobilienwirtschaftliche und rechtliche Ausge-
staltung und Durchführung des gesamten PPP-Vergabe-
verfahrens. Auf Seiten des Landkreises Bodenseekreis
wurde eine aus Vertretern der Verwaltung und der Poli-
tik bestehende Arbeitsgruppe gebildet. Diese setzte
sich zum einen aus Vertretern der im Kreistag vertrete-
nen Fraktionen und zum anderen aus Mitarbeitern des
Finanz- und Baudezernats des Landkreises Bodensee-
kreis sowie einem Vertreter der Stadt Friedrichshafen
zusammen. In der Arbeitsgruppe wurden gemeinsam
mit den Beratern die für das PPP-Projekt erforderlichen
Verfahrensschritte erarbeitet und umgesetzt.
4. AUSGESTALTUNG DES PPP-PROJEKTS
Das PPP-Projekt des Landkreises Bodenseekreis wurde
in Form des sog. PPP-Inhabermodells verwirklicht. Der
Landkreis stellt seinem Vertragspartner im Wege eines
Pachtvertrags das landkreiseigene Grundstück zur
Errichtung und zum Betrieb des Verwaltungsgebäudes
zur Verfügung. Nach Erstellung des Gebäudes nutzt der
Landkreis das Gebäude auf der Grundlage eines 20-
jährigen Nutzungsvertrags. Der private Vertragspartner
ist verpflichtet, den Betrieb des Gebäudes einschließ-
lich Bauunterhalt für diesen Zeitraum zu erbringen.
Hierfür erhält der private Vertragspartner ein Nutzungs-
entgelt, das sich aus einer „Kaltmiete“ sowie einer
„Warmmiete“ zusammensetzt.
5. ABLAUF DES
PPP-AUSSCHREIBUNGSVERFAHRENS
Nachdem die Wirtschaftlichkeitsprognose die Vorteil-
haftigkeit einer PPP-Realisierung aufgezeigt hatte, wur-
de mit dem PPP-Ausschreibungsprozess auf der Grund-
lage eines Kreistagsbeschlusses vom 20. Juli 2004 be-
gonnen. Das Vergabeverfahren wurde als Verhandlungs-
verfahren mit vorangehendem europaweitem Teilnah-
mewettbewerb durchgeführt. Ende September 2004
wurde die Vergabebekanntmachung veröffentlicht und
damit der Teilnahmewettbewerb begonnen.
Obwohl dies das erste PPP-Projekt in Baden-Württem-
berg war, hatten sich im Rahmen des Teilnahmewettbe-
werbs 15 Unternehmen/Bewerbergemeinschaften be-
worben. Auf der Grundlage der in der Vergabebekannt-
machung veröffentlichten Wertungskriterien, nach
denen die Bewertung und Auswahl der Teilnahmean-
träge erfolgte, wurden 9 Bewerber(gemeinschaften)
Mitte November 2004 zur Angebotsabgabe aufgefor-
dert. Die Angebote waren bis Mitte Januar 2005 einzu-
reichen. Hieran anschließend wurden Verhandlungen
mit den bestplatzierten Bietern geführt. Die Verhand-
lungsphase wurde Ende Februar 2005 abgeschlossen.
Der Kreistag traf am 15. März 2005 – vorbehaltlich der
Genehmigung des Regierungspräsidiums Tübingen –
die Entscheidung, den PPP-Auftrag an ein mittelständi-
41
sches Unternehmen, das seinerseits mittelständische
Unternehmen und örtliche Handwerksbetriebe in die
Ausführung einbezieht, zu vergeben.
Das Regierungspräsidium Tübingen erteilte im Mai
2005 auf der Grundlage der vom Landkreis Bodensee-
kreis vorgelegten Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, die
von einem externen Beratungsunternehmen durchge-
führt wurde, die Genehmigung zur Realisierung des
Verwaltungsgebäudes in Form eines PPP-Modells. Die
Wirtschaftlichkeitsuntersuchung hatte im Vergleich zu
einer herkömmlichen Realisierung einen Wirtschaft-
lichkeitsvorteil von mehr als 20 % ergeben. Das Gebäu-
de wird seit Oktober 2006 genutzt.
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AUSSCHREIBUNG FRIEDRICHSHAFEN
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PPP kann dem Mittelstand zusätzliche Chancen eröff-
nen. Denn ein mittelständisches Unternehmen mit mit-
telständischen Nachunternehmern oder eine Arbeitsge-
meinschaft aus Mittelständlern kann gemeinsam mit
regionalen Partnern aus dem Handwerk in PPP-Aus-
schreibungen zum Zug kommen. Dies gilt insbesondere
für kleinere PPP-Projekte, an denen Großunternehmen
in der Regel weniger interessiert sind. Beispiele sind die
beiden ersten realisierten kommunalen PPP-Projekte im
Land Baden-Württemberg, also das Verwaltungsgebäude
des Bodenseekreises in Friedrichshafen und das Frei-
zeitbad in Leimen. Dort erhielt jeweils ein mittelständi-
scher Betrieb den Zuschlag. Dies verwundert wenig, da
die großen Vorzüge der mittelständischen Bauindustrie
und des Handwerks in der Flexibilität, der Innovations-
fähigkeit, der Gewährleistung der Qualität über den
PPP-immanenten langen Zeitraum und in der Beherr-
schung kurzer Reaktionszeiten bei Instandhaltungsmaß-
nahmen liegen. Beratende Ingenieure und Architekten
haben wichtige Tätigkeitsfelder, insbesondere in der
Beratung der öffentlichen Hand z. B. bei Machbarkeits-
studien oder im Ausschreibungsverfahren sowie bei der
konkreten Durchführung von PPP-Projekten.
ANFORDERUNGEN AN DIE
MITTELSTÄNDISCHEN UNTERNEHMEN
Die mittelständischen Unternehmen müssen Know-
how im Bereich PPP im eigenen Haus aufbauen. Sie
sollten Partnerschaften mit anderen mittelständischen
Unternehmen im Rahmen von Arbeitsgemeinschaften
zur gemeinsamen Durchführung von PPP-Projekten
eingehen.
MITTELSTANDSBEWUSSTER
BESCHAFFUNGSPROZESS
Der mittelstandsbewusste Beschaffungsprozess sollte
dadurch gekennzeichnet sein, dass der öffentliche Auf-
traggeber bereits bei der Konzeption des PPP-Verfah-
rens darauf achtet, im Rahmen eines Mittelstandskon-
zepts die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass Mit-
telstandsbelange möglichst umfassend berücksichtigt
werden können.
MITTELSTANDSGERECHTE
AUSSCHREIBUNG
Für die öffentliche Hand als ausschreibende Stelle
beginnt eine mittelstandsgerechte Ausschreibung mit
einer breit gestreuten Veröffentlichung der Ausschrei-
bung. Das bedeutet eine Publikation auch in örtlichen
und regionalen Publikationen, um die Unternehmen
der Region auf die Ausschreibung hinzuweisen. Wichtig
sind ausreichend lange Bewerbungsfristen, damit mittel-
ständische Unternehmen Bewerbergemeinschaften bil-
den und sich gemeinsam an der Ausschreibung beteili-
gen können. Vergaberechtlich ist ohne Vorinformation
ein Mindestzeitraum von 37 Tagen vorgeschrieben, der
für die Bildung von Arbeitsgemeinschaften eventuell zu
kurz ist. Bei PPP-Projekten sollte deshalb generell ein
Vorinformationsverfahren dem Vergabeverfahren vorge-
schaltet und auf die mögliche Terminverkürzung im
Teilnahmewettbewerb verzichtet werden. Die Frist soll-
te deshalb auch bei einer Vorinformation deutlich mehr
als die im Regelfall vorgegebenen 37 Tage betragen. Es
sollten zudem keine zu hohen Anforderungen an Refe-
renzprojekte im Rahmen der Ausschreibung gestellt
werden, da mittelständische Betriebe derzeit noch über
relativ wenige Referenzen verfügen können. Auch sollte
eine angemessen hohe Aufwandsentschädigung für die
Bieter gewährt werden, die nach Angebotsabgabe nicht
den Zuschlag erhalten haben, da eine Angebotserstel-
VI. Zusammenfassung
lung im Rahmen einer Ausschreibung äußerst kostenin-
tensiv ist. Bei Großprojekten mit mehreren PPP-Objek-
ten ist zu prüfen, ob die Ausschreibung in mehrere
Objekt-Lose unterteilt und zudem als Vergleichsmaß-
stab der Gesamtauftrag ausgeschrieben werden kann.
Die wirtschaftlichste Lösung erhält dann den Zuschlag.
Zudem sollte in den PPP-Verträgen grundsätzlich eine
Mittelstandsklausel vereinbart werden, nach der bei
Unterauftragsvergaben die mittelständischen Betriebe
im Rahmen des Wettbewerbsrechts besonders berück-
sichtigt werden.
MITTELSTANDSGERECHTE
FINANZIERUNG
Die Finanzierungsform der Forfaitierung mit Einrede-
verzicht kann eine mittelstandsgerechte Finanzierungs-
form sein, da in diesem Fall der Umfang des Eigenkapi-
tals des Privatunternehmens nicht im Vordergrund
steht. Wichtig ist auch bei der Forderung nach Sicher-
heiten durch die Vergabestelle deren mittelstandsge-
rechte Ausgestaltung. Für die Bauphase ist in der Regel
eine Bankbürgschaft in Höhe von höchstens 5 % der
Investitionskosten ausreichend, für die Betriebsphase in
Höhe von höchstens einer gesamten Jahresmiete.
MITTELSTANDSGERECHTE
VERTRAGSGESTALTUNG
Die Risikoverteilung zwischen der öffentlichen Hand
und den mittelständischen Vertragspartnern muss fair
und wirtschaftlich sein. Die jeweiligen Risiken müssen
demjenigen Partner zugeordnet werden, der diese am
besten und damit am kostengünstigsten handhaben
kann. So wäre eine Zuordnung z. B. des Altlastenrisikos
oder des Risikos von Gesetzesänderungen an den mit-
telständischen Vertragspartner nicht sachgerecht.
STANDARDISIERUNGEN
Bundesweite Standards für den Wirtschaftlichkeitsver-
gleich, das Vergabeverfahren und die Vertragsgestaltung
führen dazu, dass die Vorbereitungskosten für PPP-Pro-
jekte deutlich abgesenkt werden. Dies kommt dem Mit-
telstand zugute.
PPP-TASKFORCE IM WIRTSCHAFTS-
MINISTERIUM BADEN-WÜRTTEMBERG
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Leitung Staatssekretär Richard Drautz
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Januar 2007
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