qualität und vielfalt als credo...das tango-quintett „fracanapa“ gastiert am freitag (3. mai)...

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Coburg — Wer heute vom Cobur- ger „Verein“ spricht, denkt zu- erst an anspruchsvolle Konzerte mit einem breiten stilistischen Spektrum von gediegener Kammermusik bis zum unter- haltsamen Potpourri. Die künst- lerische Vielfalt, die heute das Veranstaltungsprofil prägt, spie- gelt auch das Programm zum Ju- biläumswochenende wider, mit dem der „Verein“ sein 140-jäh- riges Bestehen feiert. Der Bogen spannt sich von der Tango- Kunst eines Astor Piazzolla bis zum A-cappella-Gesang mit Werken von Mendelssohn, Bruckner und anderen. Mit diesem Jubiläumspro- gramm will der „Verein“ an- knüpfen an viele erfolgreiche Konzerte, die in den knapp ein- einhalb Jahrhunderten seit der Gründung zahlreiche interna- tional renommierte Künstler nach Coburg geführt hat. Von Kempff bis Arrau Beim Blick in die Festschrift tau- chen viele bekannte Namen auf – von den Pianisten Wilhelm Backhaus, Wilhelm Kempff und Claudio Arrau bis zum Meister- cellisten Enrico Mainardi. Auch gefeierte Opernstars vergange- ner Tage wie Franz Völker oder Emmi Leisner finden sich in der Chronik. Dabei ließe sich die Reihe der illustren Gäste mühelos bis in die Gegenwart fortsetzen. Wichtige Akzente setzte beispielsweise in den 80 Jahren der damalige Mu- sikvorstand Knut Franke. Der international tätige Musikwis- senschaftler, bestens vernetzt in der weltweiten Pianistenszene, bescherte dem Coburger Publi- kum spektakuläre Beethoven- und Schubert-Zyklen mit ge- feierten Solisten. Abwechslungsreiche Mischung Uwe Friedrich, seit 1994 Musik- vorstand und seit 2010 in Perso- nalunion auch Vorsitzender, hat längst seine eigene Handschrift als Programmplaner sichtbar werden lassen. Friedrich setzt auch eine abwechslungsreiche Mischung aus klassischer Kam- mermusik und Crossover-Aben- den, gezielte Ausflüge in den Be- reich der vermeintlichen U-Mu- sik inklusive. Das Publikum dankt ihm diese Vielfalt mit zahlreichem Besuch, wie die Entwicklung gerade in den letz- ten Jahren beweist. Und nicht zuletzt hat sich der „Verein“ immer wieder auch als Podium für junge Talente profi- liert, wie zum Beispiel vor gut einem Jahr, als der inzwischen in Frankfurt studierende Pianist Leonhard Dering das Publikum bei seinem Debüt im „Verein“ mit einem anspruchsvollen klas- sisch-romantischen Programm beeindruckte. J.B. Coburg — Wer in den Annalen blättert, wird rasch feststellen, dass sich der Coburger „Verein“ keineswegs von Anfang an vor- nehmlich als Konzertveranstal- ter verstand. Denn bei seiner Gründung 1873 stellte der „Verein“ Gesel- ligkeit und Vergnügen in den Mittelpunkt. Das zeigt schon der Umstand, dass der „Verein“ nach mehrjähriger Vorberei- tungs- und Finanzierungsphase noch vor seiner offiziellen Grün- dung 1873 mit dem Bau eines ei- genen Gesellschaftshauses be- gann. Dieses Gesellschaftshaus am Ernstplatz spiegelt in seiner wechselvollen Geschichte bis zu seiner Zerstörung kurz vor Kriegsende rund sieben Jahr- zehnte Coburger Stadtgeschich- te wider. Besonders in den Wintermo- naten entwickelte der „Verein“ hier ein abwechslungsreiches Programm. „In dichter Folge – manchmal in jeder Woche – gab es Konzerte mit anschließendem Tänzchen, Teebälle, Masken- ball, Gesangsabende, Konzerte der Militärkapelle, Festessen mit Tanz“, heißt es dazu in der reich bebilderten Festschrift. Schon wenige Jahre nach der Eröffnung wurde das Gesell- schaftshaus durch einen Brand in Teilen zerstört, allerdings be- reits fünf Monate später nach dem raschen Wiederaufbau er- neut eingeweiht. Fünfeinhalb Jahrzehnte spä- ter war es dann aber unwider- ruflich vorbei mit dem regen Vereinsleben im Gesellschafts- haus. Das Gebäude musste im Jahr 1934 für damals 60 000 Reichsmark an die Adolf-Hitler- Haus-Genossenschaft verkauft werden. Diese Funktion und die Nazi- Symbole am Gebäude ließen das Haus zum Objekt für Bomben- angriffe werden. Kurz vor Kriegsende wurde das Haus durch einen Fliegerangriff am 8. April 1945 zerstört. ct Freitag, 3. Mai, 20 Uhr „Fra- canapa New Tango Quintet“ – HUK-Foyer Bertelsdorfer Höhe (Werke von Astor Piazzolla, Leopoldo Federico, Matias Gonzalez) Sonntag, 5. Mai, 10.30 Uhr Jubiläumsfestakt – Streich- quartett „Streichzart“ aus Würzburg (Werke von Richard Wagner, Giuseppe Verdi, Ger- hard Deutschmann und Hart- mut Hein). – Nür für Ehrengäs- te, Mitglieder und Freunde des „Vereins“. Sonntag, 5. Mai, 17 Uhr Mendelssohn Vocalensemble, Leitung: Karl Zepnik (Werke von Felix Mendelssohn, Anton Bruckner, Arnold Schönberg und anderen). Festschrift mit zahlreichen Abbildungen, 68 Seiten, bro- schiert,ab 2. Mai bei der Buch- handlung Riemann und bei Roßteutscher erhältlich (Preis: fünf Euro). Sie informiert über die historische Entwicklung von der Gründung 1873 bis in die Gegenwart. Coburger „Verein“ lockt mit Jubiläums-Wochenende u u uuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuu u u uuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuu Das Tango-Quintett „Fracanapa“ gastiert am Freitag (3. Mai) beim Coburger „Verein“. Foto: PR So präsentierte sich das Gesellschaftshaus am Ernstplatz um 1910. Foto: Archiv Historische Gesellschaft Coburg/Verein TREFFPUNKT Wie der Coburger „Verein“ zum Podium international renommierter Künstler wurde. Qualität und Vielfalt als Credo Tänzchen, Teebälle und Musik

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Page 1: Qualität und Vielfalt als Credo...Das Tango-Quintett „Fracanapa“ gastiert am Freitag (3. Mai) beim Coburger „Verein“. Foto: PR So präsentierte sich das Gesellschaftshaus

Coburg — Wer heute vom Cobur-ger „Verein“ spricht, denkt zu-erst an anspruchsvolle Konzertemit einem breiten stilistischenSpektrum – von gediegenerKammermusik bis zum unter-haltsamen Potpourri. Die künst-lerische Vielfalt, die heute dasVeranstaltungsprofil prägt, spie-gelt auch das Programm zum Ju-biläumswochenende wider, mitdem der „Verein“ sein 140-jäh-riges Bestehen feiert. Der Bogenspannt sich von der Tango-Kunst eines Astor Piazzolla biszum A-cappella-Gesang mitWerken von Mendelssohn,Bruckner und anderen.

Mit diesem Jubiläumspro-gramm will der „Verein“ an-knüpfen an viele erfolgreicheKonzerte, die in den knapp ein-einhalb Jahrhunderten seit derGründung zahlreiche interna-tional renommierte Künstlernach Coburg geführt hat.

Von Kempff bis Arrau

Beim Blick in die Festschrift tau-chen viele bekannte Namen auf– von den Pianisten WilhelmBackhaus, Wilhelm Kempff undClaudio Arrau bis zum Meister-cellisten Enrico Mainardi. Auchgefeierte Opernstars vergange-ner Tage wie Franz Völker oderEmmi Leisner finden sich in derChronik.

Dabei ließe sich die Reihe derillustren Gäste mühelos bis in die

Gegenwart fortsetzen. WichtigeAkzente setzte beispielsweise inden 80 Jahren der damalige Mu-sikvorstand Knut Franke. Derinternational tätige Musikwis-senschaftler, bestens vernetzt inder weltweiten Pianistenszene,bescherte dem Coburger Publi-kum spektakuläre Beethoven-und Schubert-Zyklen mit ge-feierten Solisten.

Abwechslungsreiche Mischung

Uwe Friedrich, seit 1994 Musik-vorstand und seit 2010 in Perso-nalunion auch Vorsitzender, hatlängst seine eigene Handschriftals Programmplaner sichtbarwerden lassen. Friedrich setztauch eine abwechslungsreicheMischung aus klassischer Kam-mermusik und Crossover-Aben-den, gezielte Ausflüge in den Be-reich der vermeintlichen U-Mu-sik inklusive. Das Publikumdankt ihm diese Vielfalt mitzahlreichem Besuch, wie dieEntwicklung gerade in den letz-ten Jahren beweist.

Und nicht zuletzt hat sich der„Verein“ immer wieder auch alsPodium für junge Talente profi-liert, wie zum Beispiel vor guteinem Jahr, als der inzwischen inFrankfurt studierende PianistLeonhard Dering das Publikumbei seinem Debüt im „Verein“mit einem anspruchsvollen klas-sisch-romantischen Programmbeeindruckte. J.B.

Coburg — Wer in den Annalenblättert, wird rasch feststellen,dass sich der Coburger „Verein“keineswegs von Anfang an vor-nehmlich als Konzertveranstal-ter verstand.

Denn bei seiner Gründung1873 stellte der „Verein“ Gesel-ligkeit und Vergnügen in denMittelpunkt. Das zeigt schonder Umstand, dass der „Verein“nach mehrjähriger Vorberei-tungs- und Finanzierungsphasenoch vor seiner offiziellen Grün-dung 1873 mit dem Bau eines ei-genen Gesellschaftshauses be-gann. Dieses Gesellschaftshausam Ernstplatz spiegelt in seinerwechselvollen Geschichte bis zu

seiner Zerstörung kurz vorKriegsende rund sieben Jahr-zehnte Coburger Stadtgeschich-te wider.

Besonders in den Wintermo-naten entwickelte der „Verein“hier ein abwechslungsreichesProgramm. „In dichter Folge –manchmal in jeder Woche – gabes Konzerte mit anschließendemTänzchen, Teebälle, Masken-ball, Gesangsabende, Konzerteder Militärkapelle, Festessen mitTanz“, heißt es dazu in der reichbebilderten Festschrift.

Schon wenige Jahre nach derEröffnung wurde das Gesell-schaftshaus durch einen Brandin Teilen zerstört, allerdings be-

reits fünf Monate später nachdem raschen Wiederaufbau er-neut eingeweiht.

Fünfeinhalb Jahrzehnte spä-ter war es dann aber unwider-ruflich vorbei mit dem regenVereinsleben im Gesellschafts-haus. Das Gebäude musste imJahr 1934 für damals 60 000Reichsmark an die Adolf-Hitler-Haus-Genossenschaft verkauftwerden.

Diese Funktion und die Nazi-Symbole am Gebäude ließen dasHaus zum Objekt für Bomben-angriffe werden. Kurz vorKriegsende wurde das Hausdurch einen Fliegerangriff am 8.April 1945 zerstört. ct

Freitag, 3. Mai, 20 Uhr „Fra-canapa New Tango Quintet“ –HUK-Foyer Bertelsdorfer Höhe(Werke von Astor Piazzolla,Leopoldo Federico, MatiasGonzalez)

Sonntag, 5. Mai, 10.30 UhrJubiläumsfestakt – Streich-quartett „Streichzart“ ausWürzburg (Werke von RichardWagner, Giuseppe Verdi, Ger-hard Deutschmann und Hart-mut Hein). – Nür für Ehrengäs-te, Mitglieder und Freunde des„Vereins“.

Sonntag, 5. Mai, 17 UhrMendelssohn Vocalensemble,Leitung: Karl Zepnik (Werkevon Felix Mendelssohn, AntonBruckner, Arnold Schönbergund anderen).

Festschrift mit zahlreichenAbbildungen, 68 Seiten, bro-schiert,ab 2. Mai bei der Buch-handlung Riemann und beiRoßteutscher erhältlich (Preis:fünf Euro). Sie informiert überdie historische Entwicklungvon der Gründung 1873 bis indie Gegenwart.

Coburger „Verein“ lockt mit Jubiläums-Wochenende

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Das Tango-Quintett „Fracanapa“ gastiert am Freitag (3. Mai) beim Coburger „Verein“. Foto: PR

So präsentierte sich das Gesellschaftshaus am Ernstplatz um 1910. Foto: Archiv Historische Gesellschaft Coburg/Verein

TREFFPUNKT Wie der Coburger „Verein“ zumPodium international renommierter Künstlerwurde.

Qualitätund Vielfaltals Credo

Tänzchen, Teebälle und Musik