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Race Across Amerika 2012 Entlang des härtesten Radrennens der Welt quer durch die USA. Von Oceanside an der Westküste über 4.831 Kilometer bis nach Annapolis an der Ostküste in 46 Tagen. Ein Kampf gegen die Wüsten, Rocky Mountains, Appalachen, und extremen Temperaturen etc. Anschließend weiter über Philadelphia und New Britain nach Rockaway (nahe New York). Insgesamt 5.264km

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Race Across Amerika 2012Entlang des härtesten Radrennens der Welt quer durch die USA.

Von Oceanside an der Westküste über 4.831 Kilometer bis nach Annapolis ander Ostküste in 46 Tagen. Ein Kampf gegen die Wüsten, Rocky Mountains,

Appalachen, und extremen Temperaturen etc.

Anschließend weiter über Philadelphia und New Britain nach Rockaway (naheNew York). Insgesamt 5.264km

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3.Mai 2012 Anreise - Los Angeles

Punkt 6:00 Uhr Abfahrt von zu Hause mit Kurt. Nach einem guten Frühstück bei Manuund Klaus in Wien, geht’s zum Flughafen. Der Abflug wird wegen einer technischen Pan-ne am Flugzeug von 10:35 auf 12:25 verschoben. Anscheinend hat der Pilot mächtig Gasgegeben, denn wir landen nach nur 8:00 Std. Flugzeit pünktlich in Toronto. Somit sindeineinhalb Stunden Verspätung aufgeholt. In Toronto warte ich mehr als 2 Stunden aufmein Fahrrad. Erst als sich ein Mitarbeiter für Großgepäck um mein Fahrrad kümmert,wird es gefunden. Der Flug nach Los Angeles macht mir Probleme, da die Klimaanlage zukalt eingestellt ist. Trotzdem, dass ich alle Luftdüsen geschlossen und eine Jacke angezo-gen habe, ist es unangenehm. Beim Landeanflug bekomme ich durch den Druckausgleichextreme Ohrenschmerzen. Wien-Toronto Flugzeit 8:30 Std. mit AUA Entfernung 6956km. Toronto-Los Angeles, Flugzeit 5:00 Std. mit Air Canada Entfernung lt. Flugplan 3500km. Vom Flughafen geht es mit dem Taxi zum Hotel, wo ich noch mein Fahrrad zusam-menbaue.

4.Mai 2012 Los Angeles – Oceanside 27,5km

6:30 Uhr nach einem kläglichen Frühstück starte ich ins 20 km entfernte Centrum vonLos Angeles, wo sich der Bahnhof für den Amtrak (Zug) nach Oceanside befindet. Bei ei-nem Sturz auf einer Kreuzung verletze ich mir das rechte Bein und die rechte Hand leicht.Ich nehme mir wenig Zeit für die Stadt. Mich interessiert hauptsächlich die RAAM Stre-cke, deshalb fahre ich mit dem Zug nach Oceanside, wo sich der Start für das Race Ac-ross befindet. Pünktlich um 14:30 komme ich in Oceanside an. Als erstes fülle ich ein klei-nes Fläschchen mitWasser aus dem pazi-fischen Ozean, diesesmöchte ich nach mei-ner Durchquerungder USA in Annapolisin den Atlantik schüt-ten. Da es erst 15:00Uhr ist, beschließeich noch bis Bonsallzu fahren. Leider ha-be ich die Routenbe-schreibung nicht gutgenug gelesen undbiege erst nach einer Brücke, anstatt vor dieser nach rechts ab. Spät bemerke ich denFehler, ich muss zurück bis Oceanside. Am Ende dieser Irrfahrt habe ich 25 gebirgige Kilo-meter hinter mir. Für diesen Tag ist mir die Lust vergangen, ich nehme mir in Oceansideein Zimmer.

5.Mai 2012 Oceanside - Lake Henshaw 64km

Ich starte um 7 Uhr nach einem ausgiebigen mexikanischen Frühstück. Eigentlich wollteich heute bis Rincon fahren, aber ich finde in dieser Stadt kein freies Zimmer. Es ist ca.

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15:00 Uhr als ich mich nach mehreren Versuchen nochmals bei einem Kaufhaus übereine Übernachtungsmöglichkeit erkundige. Auch zwei Motorradfahrer sind da und fragenmich, woher ich komme und wohin ich fahre. Durch meine Fahnen werden viele auf michaufmerksam. Es sind mehrere Personen da und beraten, wo ich ein Zimmer bekommenkönnte. Ein junger Mann erzählt mir, dass es auf dem Berg, wo das Hubble Teleskop(Großes Auge) steht, einen Campingplatz gibt. Auch er schläft da oben und für mich wür-de es 20 Dollar kosten. Als ich ihm um den Weg frage, sagt er, dass es nur einen steilenSchotterweg zu diesen Camp gibt, aber für 40 Dollar würde er mich dahin mitnehmen.Ich lehne sein Angebot ab und er macht mir ein neues um 15 Dollar. Ich zögerte und ersagt, dass er mir auch das Hubble Teleskop zeigt. Ich kannte dieses angeblich größte Te-leskop der Welt vom Fernsehen. Es wurde wegen der geringen Lichtverschmutzung aufdiesen Bergen um 1940 errichtet. Viel könnte ich über dieses Teleskop schreiben. Ichglaube, dass ich so eine Gelegenheit nicht mehr bekomme und nehme sein Angebot an.Er hat ein Pickup, wir laden das Fahrrad auf die Ladefläche und fahren den Berg hoch. Ererzählt mir, dass er aus Portorico komme und immer in seinem Auto schlafe, da er sichkeine Wohnung leisten kann. Am Campingplatz angekommen, sagt er ich soll im Autobleiben, denn er macht das schon. Er spricht mit zwei Herrn, die vor einem alten Gebäu-de sitzen und ihm mit„hello my friend“ be-grüßen. Nach einemlangen Gespräch,kommt er zurück undsagt, dass es hier keineMöglichkeit zum Über-nachten gibt. Aber esgibt in der Nähe nochein zweites Camp. Wirfahren weiter bis zumnächsten Camping-platz. Anscheinendkennt er auch hier alleBeschäftigten. ZwanzigDollar muss ich für dasCampen bezahlen.Auch er fährt mit seinem Auto auf den Campingplatz. Zwanzig US Dollar für eine absolutverwahrloste Toilettanlage und einen schrägen Zeltplatz ist zu viel, aber ich habe keineandere Wahl. Ich stelle mein Zelt auf, dusche und esse im angrenzenden Restaurant. Erstals ich im Restaurant bin, merke ich, dass ich auf dem Campingplatz von Lake Henshawbin. Das Teleskop habe ich nicht gesehen und die Nacht beginnt unangenehm, da mehre-re Jugendgruppen anwesend sind. Nach einiger Zeit wird es mir kalt, ich schließe denZelteingang, den ich nur durch ein Moskitonetz verschlossen hatte, mit der Zeltplane.Das Zelt beginnt innen zu schwitzen und wegen der Schräge des Zeltplatzes rutsche ichimmer wieder von der Matratze. Um Mitternacht ist mein Schlaf vorbei und ich kämpfebis in den Morgen mit Kälte und Feuchtigkeit.

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6.Mai 2012 Lake Henshaw - Borrego Springs 50 km

Als ich um 5:30 beschließe, aufzustehen, ist es draußen nebelig, kalt und nass. Ich bin

froh, dass diese Nacht vorbei ist. Frühstück im Restaurant und ab nach Borrego Springs.

Die ersten km fahre ich mit Licht, da dichter Nebel herrscht. Als sich der Nebel lichtet,

kann ich von weitem das Hubble Teleskop sehen. In Ranchita gibt es einen kleinen Laden,

wo ich Pause mache. Nach ca. 20 Meilen bin ich auf dem höchsten Punkt (1300m Seehö-

he) für diesen Tag angekommen. Ich habe eine spektakuläre Aussicht über die Colorado

Wüste (Colorado Desert). Die Bedingungen ändern sich rasch, es wird trockener und hei-

ßer. Die Flora ändert sich von Bäumen auf Kaktus. Als ich nach 16 km Talfahrt in Borrego

Springs ankomme, hat es 36°Cellsius im Schatten. Ich habe großen Respekt vor dieser

Wüste und beschließe, morgen sehr früh zu starten, damit ich nicht in der glühenden

Nachmittagshitze fahren muss. Das erste Hotel, wo ich mich um den Preis erkundige kos-

tet 115.- Dollar. Ich suche weiter und sehe eine österreichische Fahne auf einem Mast,

darunter ein Schild mit der Aufschrift "Liesel's ART STUDIO" und einen Pfeil nach rechts.

Ich besuche dieses Geschäft und stelle fest, dass die Frau, Künstlerin ist und aus Salzburg

stammt. Seit 20 Jahren lebt sie hier und erzeugt Hinterglasmalerei. In ihrem Atelje hat sie

viele wirklich schöne Kunstwerke ausgestellt. Am Ende unseres Gesprächs empfiehlt sie

mir, ein Hotel gleich gegenüber der Straße, mit dem ich sehr zufrieden bin. Nach einem

mexikanischen Essen, das mir diesmal nicht schmeckt, gehe ich zeitig ins Bett, damit ich

morgen früh fit bin.

7.Mai 2012 Borrego Springs- Brawley 92,2 km

Abfahrt 4:00 Uhr. Heute geht es durch die Colorado Wüste entlang des Highway 78. Ich

komme gut voran, leichtes Gefälle und Wind von hinten sind mir behilflich. Es ist noch

stockfinster, als ich plötzlich im Scheinwerferlicht eine weiß- schwarz gestreifte Schlange

auf der Straße sehe. Ich bleibe stehen und fotografiere sie. Es ist eine kalifornische Ket-

tennatter und erreicht eine Körperlänge von 150 bis 205 Zentimeter. Für den Menschen

ist sie völlig harmlos. Es ist für mich etwas Besonderes, wenn ich jetzt nach fast 2 Jahren,

an den Orten vorbeikomme, wo ich bei meinem 1. Versuch die USA zu durchqueren, vor

verschlossenen Türen stand. Jetzt sind alle Orte bewohnt, da ich um zwei Monate früher

unterwegs bin. Dieses Mal brauche ich von diesen Orten keine Unterstützung und mache

meine erste Pause nach 75 km in Westmorland. Ich esse bei einem Mexikaner und fahre

locker weiter bis Brawley, wo ich um 10 Uhr bei 32° ankomme. Schnell bekomme ich im

selben Hotel, wo ich auch vor zwei Jahren nächtigte, ein Zimmer.

8.Mai 2012 Brawley - Blythe 144,3 km

1:45 Uhr Tagwache. Weil ich eine Internetverbindung habe, telefoniere ich über Skype

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mit meiner Familie und Freunden, danach Frühstück im nahegelegenen Kaffee. Um 3 Uhr

starte ich, es geht weiter auf dem Highway 78 durch die Sonoran Wüste über die Choco-

late Mts. zum Tal des Colorado Rivers. Die ersten 40 Meilen habe ich fast durchgehend

Bergfahrt, jedoch nur durchschnittlich 1%. Ich schaffe diese Strecke mit leichtem Gegen-

wind in ca. 4 Std. Ich freue mich auf die Abfahrt in Richtung Palo Verde. Leider wird der

Wind immer stärker, zeitweise stürmt es direkt von vorne. Trotz Gefälle muss ich kräftig

in die Pedale steigen und fahre zeitweise unter 10 km/h. Es gibt absolut keine Möglich-

keit in dieser Gegend auszuruhen,

da es keine schattigen Stellen gibt.

An ausruhen ist sowieso nicht zu

denken, da es immer heißer wird.

Die Strecke bis Palo Verde von ins-

gesamt 108 km muss ich schaffen,

sonst bin ich ein zweites Mal in die-

ser Wüste gescheitert. Gegen 12:00

Uhr komme ich bei der Tankstelle in

Palo Verde bei ca. 33° an. Ich glaube aber noch genügend Reserven für 1 bis 2 Stunden

gehabt zu haben. Nach ca. 3 Std. Abkühlung in der klimatisierten Tankstelle und nach-

dem sich der Wind beruhigt hat, setze ich meine Tour nach Blythe fort und komme um

17 Uhr nach insgesamt 144 km gut gelaunt in Blythe an.

9.Mai 2012 Blythe (Kalifornien) nach Parker (Arizona) 83 km

Beim Frühstück in einer Tankstelle spreche ich mit einem jungen Amerikaner. Als er er-

fährt, dass ich aus Österreich komme, erzählt er mir, dass er ein altes Puch Moped als

Oldtimer hat. Nach unserer Verabschiedung kommt er noch einmal zurück und gibt mir

eine Dose Fisch. Er behauptet, dass dies die Besten sind, die es in Amerika gibt. Um 5 Uhr

starte ich und habe zwei Möglichkeiten nach Parker zu kommen. Einmal über den State

Highway Nr1 auf Arizona Seite im Grünland, oder über die SR 95 N auf Kalifornier Seite,

im Wüstengebiet. Ich entscheide mich für die Kalifornische Seite, da dies auch die offi-

zielle RAAM Strecke ist. Leider habe ich wieder Gegenwind. Ich habe heute nur 83 km vor

zu fahren und lasse mir daher viel Zeit. Ich folge dem Colorado River Richtung Norden.

Kurz vor einer Brücke, wo ich den Fluss überqueren muss, mache ich bei einem Camping-

platz, Pause. Ich möchte mich abkühlen, etwas Essen und mein Tagebuch schreiben. Zum

Tagebuch schreiben komme ich nicht, denn alle wollen wissen, woher ich komme und

wohin ich fahre. Die Wirtin sagte es allen, daher habe ich keine Ruhe. Nach dem Essen

fahre ich weiter und überquere den Colorado River. Dieser Fluss ist die Grenze zwischen

Kalifornien und Arizona. Um ca. 13 Uhr komme ich in Parker an. Es war höchste Zeit, den

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es hat bereits 36 Grad im Schatten. Im gut temperierten Hotelzimmer und naheliegenden

Restaurant mache ich mir einen gemütlichen Nachmittag und bereite den nächsten Tag für

die Fahrt nach Salome 88 km vor. Um 18 Uhr gehe ich ins Bett, damit ich um 2 Uhr morgens

wieder fit bin.

9. Mai 2012 Parker Sandsturm

Um 21 Uhr werde ich aus dem Schlaf gerissen. Die Zimmertür, die direkt ins Freie führt wa-

ckelt und scheppert. Von draußen ist ein lautes Pfeifen zu hören und bereits im Zimmer

kann ich den Staub in der Nase spüren. Ich gehe hinaus und sehe den ersten Sandsturm

meines Lebens. Jetzt kenne ich auch ein zweites Gesicht der Wüste, nachdem ich die Hitze

bereits des Öfteren kennengelernt habe. Ich mache ein kurzes Video und einige Fotos. Den-

noch wird man sich diese Gewalt nicht vorstellen können. Man muss es schon selbst erlebt

haben, damit man diese Gewalt begreift. Gerne würde ich in das nur 50m entfernte Re-

staurant gehen, um die Eindrücke der Leute zu sehen. Es fliegt Vieles durch die Luft und es

ist niemand weit und breit zu sehen. Ich schalte im TV den Wetterkanal ein und erfahre,

dass das Centrum des Sturms über Phoenix, das ca. 200 km entfernt ist, liegt. Laut Wetter-

karte haben uns in Parker nur noch die kleineren Ausläufer des Sturms erreicht. Um 22 Uhr

war das Spektakel wieder vorbei. Es war, als wenn nichts gewesen wäre, die große USA

Flagge die vor unserem Hotel hängt, bewegt sich nicht mehr, denn es ist windstill.

10.Mai 2012 Parker – Salome 90,1 km

Abfahrt 4 Uhr. Weiter geht’s durch die Sonoran Wüste auf den Highways 95, 72 und 60.

Den ganzen Tag habe ich Gegenwind und die

Straße ist extrem rau und holprig. Heute habe

ich extreme Schmerzen beim Sitzen durch die

schlechte Straße. Im Nachhinein betrachtet, hät-

te ich den Umweg über Parker nicht machen

sollen, da mein vorrangiges Ziel die Durchque-

rung der USA ist. Die RAAM Strecke, wird oft

über Umwege geführt, damit mindestens 3.000

Meilen durch die USA erreicht werden.

11.Mai 2012 Salome - Yarnell 97,2 km

Start um 4:30 Uhr, auf dem Highway 60 sind es bis Aguila 47 km, es ist windstill und ich

komme um 8 Uhr in diesem kleinen Ort an. Ich frühstücke in einem kleinen Restaurant. Als

ich für die Weiterfahrt noch Proviant einkaufe, treffe ich 4 Radfahrer. Zuerst ein Ehepaar

mit einem Tandemrad plus Anhänger, sie machen eine Runde von San Diego über Phoenix

und durch den Süden wieder zurück nach San Diego. Kaum waren diese beiden weg, waren

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wieder zwei junge Männer gleich ausgerüstet wie ich da. Sie fahren von San Diego nach

Florida. Also auch durch den ganzen Kontinent. Sie fahren die Tour ganz im Süden. Laut

ihren Aussagen soll es unten in der Nähe des Meeres nicht so heiß, wie im Landesinneren

sein. Nachdem auch wir ein gemeinsames Foto gemacht haben, fahre ich weiter auf dem

Highway 71 nach Congress, wo ich um 1 Uhr ankomme. Jetzt wäre ich genug müde, um ein

Hotel zu nehmen, denn von Salome nach Congress steigt die Straße permanent an. In die-

ser Stadt gibt es aber nur ein Motel und dies ist heute ausgebucht. Die Chefin bietet mir

für die Nacht einen alten Wohnwagen an. (Ohne Klimaanlage) Ich nehme dieses Angebot

nicht an, denn für mich ist eine gute Schlafgelegenheit das Wichtigste. Die Frau ist sehr

freundlich und sucht per Telefon für mich ein Zimmer in der nächsten Stadt Yarnell. Ich

esse zuerst im Restaurant ein Hotdog und lasse ein Drittel übrig, da die Portion zu groß ist.

Dann fülle ich mein Getränkefach auf und nehme zur Kühlung genug Eis mit. Ich habe 8

Meilen mit 600 Höhenmetern zu bewältigen. Um ca. 14:30 beginne ich bei 34° Celsius die

Bergfahrt. Langsam, ohne zu übertreiben und mit vielen Trinkpausen kämpfe ich mich den

Berg hinauf. Mit dem geschmolzenen Eiswasser in meinem Kühlfach, kühle ich mich öfters

ab. Um 17 Uhr treffe ich in Yarnell ein. Die Getränke habe ich bis auf eine Dose Sprite leer-

getrunken. Als ich oben in Yarnell ankomme, hat es nur noch 28 Grad. Ich war ganz schön

geschafft, aber hätte noch Reserven für einige Meilen gehabt.

12.Mai 2012 Yarnell – Prescott 78km

Tagwache 6 Uhr. Bei der Überprüfung meines Fahrrades stelle ich fest, dass einige Spei-

chen am Hinterrad locker sind. Sofort werden sie nachgezogen, denn das könnte böse Fol-

gen haben. Dann geht's zum Frühstück ins Nachbarrestaurant. Um 8 Uhr geht’s dann wei-

ter auf dem Highway 89. Bei der Abzweigung nach Kirkland mache ich im Schatten eines

Baumes, der neben einem Haus steht, Rast. Ein jüngerer Mann ca. dreißig Jahre kommt um

die Ecke, er hat einen Colt umgehängt. Gerade so, wie man es aus den Wildwest Filmen

kennt. Er grüßt freundlich und geht ins Haus. Auf dieser Kreuzung gibt es nur 4 Gebäude die

aber unbewohnt sein dürften. Jetzt beginnt für mich ein 32km langer Anstieg. Nach ca. 8

km habe ich eine letzte Möglichkeit einzukaufen. Während ich das Kühlfach auffülle, kom-

men 5 Sportradfahrer. Nach einem längeren Gespräch fahre ich als erster los und verab-

schiede mich mit den Worten "We'll see you in the mountains" das heißt, wir sehen uns in

den Bergen. Es ist mir klar, dass sie mich bald einholen werden, denn sie haben kein Ge-

päck mitzuschleppen. Während ich nach einigen Meilen eine Pause mache, kommen die

ersten drei vorbei. Die beiden anderen kommen gerade, als ich meine Pause beende. Sie

sind natürlich um einiges schneller als ich. Als ich aber nach mehreren Meilen auf eine

Bergkuppe komme, treffe ich nochmals die zwei, als sie gerade Pause machen. Ich fahre

aber um 10 Meter weiter, denn da gibt es einen Baum, der Schatten macht. Ich frage,

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warum sie nicht in den Schatten kommen. Da erzählt der Ältere von den Beiden, dass er

vor Schlangen Angst habe. Ich schaue hinauf und kann keine Schlange sehen, daher bleibe

ich im Schatten des Baumes. Nach 3,5 Stunden Fahrzeit und 803 Höhenmetern komme ich

gut gelaunt in Prescott an. Es ist zwar eine schöne Strecke mit maximal 6% Steigung, aber

bei Sonnenschein hat es neben den Felsen durchgehend um die 40°. Mit voll bepackten

Rad, muss man sich die Kraft mit der man in die Pedale tritt, schon ordentlich einteilen.

Gleich neben meinem Hotel in Prescott sehe ich ein Fahrradgeschäft. Weil ich neugierig

bin, was es bei den Amis so gibt, frage ich um Öl für meine Kette. Schnell sagen die drei

anwesenden Männer, dass ich mein Rad reinholen solle und sind beim Schmieren behilf-

lich. Sie essen gerade im Stehen, gebratenes Hühnerfleisch und laden mich ein, mitzues-

sen. Schnell lasse ich mich überreden und greife zu. Wir reden lange über meine Tour.

13. Mai 2012 Prescott – Cottonwood 66,9 km

4:30 Uhr Tagwache. Gleich in der Früh bei der Ausfahrt von Prescott verfahre ich mich

zweimal hintereinander, insgesamt bin ich ca. 24 Meilen Umweg gefahren. Als ich dann auf

dem Highway 89A auf den richtigen Weg bin, sollte es laut meinen Karten noch ein Kauf-

haus und auch ein Restaurant geben. Leider gibt es diese Gelegenheit für mich jetzt nicht,

da diese beiden Häuser geschlossen sind. Ich habe 1 Fanta, 3 Red Bull und 3 Bananen im

Kühlfach. Es ist nicht viel, ich hätte noch unbedingt Wasser und Eis gebraucht, denn ich

habe einen 10 Meilen langen Anstieg zwischen 3 bis 6% zu bewältigen. Also alle 3 km ein

Red Bull. Als ich wieder einmal im Schatten eines Baumes Rast mache, bleibt eine Frau mit

ihrem Auto stehen und fragt, ob bei mir alles ok ist und bietet mir Wasser an. Gerne nehme

ich das Angebot an, sie gibt mir eine gut temperierte Flasche Wasser aus ihrer Kühltasche

und als ich nach einer kurzen Unterhaltung zahlen wollte, lehnte sie ab und wünschte mir

eine gute Fahrt. Jetzt hatte ich Weihnachten und Ostern zugleich. Auf 7033 Fuß machte ich

dann stolz einige Fotos und trinke mein letztes Red Bull. Bei der Abfahrt ins Tal, dann die

Belohnung. Der steilabfallende und kurvenreiche Highway 89A führt direkt durch die alte

Bergbaustadt Jerome. In ihrer Blütezeit 1929 besaß Jerome eine Bevölkerung von 15.000

Einwohnern, ein Krankenhaus, eine Schu-

le, eine High-School, ein Clubhaus, über

12 Bordelle und fast 100 Saloons. Nach

der Schließung der Gold und Kupferminen

hat die Stadt heutzutage noch ca. 350

Einwohner. Die gigantische Aussicht über

ein riesiges Tal mit unterschiedlichen

Felsformationen kann man diesem histo-

rischen Ort aber nicht nehmen.

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14. Mai 2012 Cottonwood – Flagstaff 85 ,8 km

5 Uhr Tagwache und Frühstück im Hotel. Laut RAAM Rennbeschreibung wird dieser Tag

einer der schwierigsten meiner Tour. Außerdem habe ich diese Nacht sehr schlecht ge-

schlafen. Die Fahrt bis Sedona wo sich die Einfahrt zum Oak Creek Canyon befindet ist

bereits sehr hügelig und anstrengend. Der Wind kommt leicht von vorne aber ich bin gut

drauf, den diese einzigartige Landschaft, auch "Land der roten Felsen" (Red Rock Country)

bekannt gibt mir zusätzlich Kraft. Sedona wurde zum schönsten Ort Amerikas gewählt! Zu-

dem liegt dieser beeindruckende Ort genau an der Mündung des wunderschönen Oak

Creek Canyon, einer atemberaubenden Felsschlucht, die durch ihre wilde Schönheit bezau-

bert. Immer wieder steige ich vom Rad, um zu fotografieren. Am Ende des Canyon muss ich

einen gewaltigen Aufstieg bewältigen, um auf die Hochebene wo sich die Stadt Flagstaff

(2.135 Meter ü.d.M.) befindet zu ge-

langen. Den Aufstieg auf die Hoch-

ebene schaffe ich eigentlich besser,

als ich dachte. Flagstaff liegt im welt-

weit größten Gelbkiefer-Wald. Die

letzen 20 Meilen bis Flagstaff habe ich

starken Gegenwind und hügelige

Landschaft, gut kann man den unver-

wechselbaren Geruch des Kiefernhol-

zes riechen. Immer wieder fliegen mir

große Bienen oder Hummeln ins Ge-

sicht. Man muss aufpassen, dass man

sie nicht in den Mund bekommt, denn das könnte gefährlich werden. In Flagstaff angekom-

men, fahre ich noch ein Stück entlang der legendären Route 66, wo ich ziemlich geschafft

ein günstiges Motel finde.

15. Mai 2012 Flagstaff - Tuba City 116 km

6:30 Tagwache. Ich habe die zweite Nacht in Folge schlecht geschlafen. Außerdem habe ich

momentan keinen Biss nach Tuba City zu fahren. Ich finde ein Computer Geschäft und lasse

mir die bisher gemachten Fotos auf eine CD brennen. Dies dauert ca. 1 Stunde und als ich

meine SD Karten zurück bekomme, muss ich feststellen, dass meine Fotos auf den SD Kar-

ten nicht mehr funktionieren. Ich bitte die Verkäuferin, dass sie mir die Fotos auf der neu

erstellten CD anschauen lässt. Leider kann ich auch diese nicht anschauen, da sie sich nicht

öffnen lassen. Die Verkäuferin behauptet, dass die Fotos ein zu großes Format haben und

daher für ihren PC zu groß sind. Da versteht man die Welt nicht mehr, man ist in einen rie-

sigen Computer Geschäft und die Angestellte behauptet, dass ihr PC zu alt ist, um diese

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großformatigen Fotos zu öffnen. 8,50 Dollar habe ich bezahlt und kann nur hoffen, dass ich

sie zuhause öffnen oder wieder herstellen kann. Per Post schicke ich die CD nach Hause. Bis

ich alles erledigt habe ist es Mittag. Der Wind bläst sehr heftig, genau in meine Fahrtrich-

tung, daher beschließe ich doch

zumindest bis Cameron zu fahren.

Ich fahre los und der Wind wird im-

mer stärker, außerdem habe ich fast

durchgehend Gefälle. Für die 80 km

nach Cameron brauche ich mich

nicht anzustrengen. Die Landschaft

ändert sich laufend. Wegen der ein-

zigartigen Felsformationen bleibe

ich immer wieder stehen, um zu

fotografieren. Bei einem Indianer-

shop, der primitiv aus Holz und Pla-

nen zusammengezimmert ist, kaufe ich eine Halskette für meine Frau. Der Navajo Schmuck

wird zum Teil an Ort und Stelle von Indianerfrauen produziert. Nach einer kleinen Jause in

Cameron beschließe ich, noch bis Tuba City zu fahren, wo ich um 19 Uhr ankomme.

16. Mai 2012 Tuba City – Kayenta 120,1 km

Nach einem Kaffee und einem kläglichen Frühstück starte ich um 6:30 Uhr. Ich bin im Land

der Navajos und Hopi Völker. Das Navajo Nation Reservat ist das größte Indianerreservat in

den Vereinigten Staaten und erreicht die Größe des Bundeslandes Bayern. Nach 20 Meilen

während einer Pause auf einer Ausweichstelle kommen zwei Radfahrer (Marijke, Peter)

ebenfalls voll bepackt wie ich. Sie sind aus den Niederlanden. Bis Kayenta haben wir diesel-

be Strecke, deshalb fahren wir die nächsten 55 Meilen gemeinsam. Oft bleiben wir stehen,

um Fotos von der sich immer wieder ändernden Sandsteinwüste zu machen. Die ganze

Strecke haben wir starken seitlichen Rückenwind. In Kayenta kostet das günstigere Hotel

149 US Dollar. Noch während wir im Office Bereich sind, kommen zwei Motorradfahrer und

fragen um eine Unterkunft, aber für sie gibt es kein freies Zimmer mehr. Das Zimmer ist Ok

und das gemeinsame Abendessen mit den Holländern, bei einem naheliegenden Chinesen

war besonders gut.

Indianer Amerikas Ureinwohner lebten vor dem Kontakt mit dem Europäern von der Jagt,

dem Fischfang und der Landwirtschaft. Anfängliche Freundschaft zu den Eroberern und

Siedlern aus Europa wich bald der Feindschaft. Eine geradezu systematische Ausrottung

hörte erst auf, als die meisten überlebenden Indianer in abgelegene Reservate verdrängt

worden waren.

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17. Mai 2012 Kayenta (Arizona) – Bluff (Utah) 115 km

Frühstück gemeinsam mit den beiden Niederländern. Sie haben schon viele lange Radtou-

ren hinter sich. Die längste Tour von Peter war von Arnheim NL nach San Diege

(Jakobsweg) Spanien und wieder zurück (5500 km) insgesamt. Ich habe heute noch einen

langen Weg vor mir und starte um 7:30 nach dem Austausch unserer Adressen. Nach 36

Meilen entlang des Highway 163 verlasse ich den Bundesstaat Arizona und komme ins Ute

Land. Ich überquere meine erste Zeitzone und muss die Uhr um eine Stunde nach vor stel-

len. Ich bin in mitten von Monument Valley. Immer wieder bleibe ich stehen, um zu foto-

grafieren. Kurz vor Mexican Hat treffe ich eine Radfahrergruppe, die von einem Bus mit

Anhänger begleitet wird. Sie fragen mich, ob ich einen kalten Trink haben möchte. Ich leh-

ne dankend ab und sage, dass ich selbst genug dabeihabe. Als sie mich dann aber nochmals

fragen, nehme ich ihr Angebot an und nimm ein Cola aus ihrem riesigen Eiscontainer. Ich

kann es aber nicht lassen und zeige ihnen meinen Eisvorrat in den beiden Kühlboxen. Als

wir über mein Vorhaben reden sind sie begeistert, besonders Andi der aus Ophir Colorado

kommt. Ihm musste ich vieles erklären und die Karten meiner Tour zeigen. Weiter geht’s

den Highway 163 wo ich um 14 Uhr in Mexican Hat ankomme. Mexican Hat ist eine Sied-

lung im San Juan County des Bundesstaates Uta. Zwischen der Volkszählung von 1990 und

2000 ist die Einwohnerzahl von 259 auf 88 Einwohner gesunken. Die karge Wüste, welche

von Canyons unterbrochen wird hat anscheinend zu wenig zu bieten um sich hier niederzu-

lassen. Bei der Zimmersuche bin ich dann doch

überrascht. Beim ersten Hotel kostet eine Über-

nachtung 240.- US Dollar plus Taxe erklärt mir

ein älterer Herr im Office Bereich. Ein weiteres

ist geschlossen und beim dritten Hotel ist es so

unsauber, das ich es vorziehe bis zur nächsten

Ortschaft nach Bluff zu fahren. Wenige hundert

Meter hinter der Ortschaft Mexican Hat befin-

det sich ein Sandsteingebilde, das an einen me-

xikanischen Sombrero erinnert und den Ort den

Namen Mexican Hat beschert. In Bluff ein Ort mit ca. 280 Einwohnern komme ich um 19:30

an und bekomme ein Zimmer um 70 Dollar.

18. Mai 2012 Bluff (Utah) – Cortez (Colorado) 110 km

Abfahrt in Bluff um 7:30 Uhr. Ich folge den San Juan River bis Aneth ca. 36 km, danach bie-

ge ich links auf die Indn Route 5068 ab und habe bis zur Grenze der Bundesstaaten Utah /

Colorado noch 20 km. Fast die gesamte Strecke gibt es starken Sandsturm. Der Wind

kommt von seitlich hinten, so dass er für mich eher ein Vorteil ist.

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An manchen Stellen muss ich mein Rad schieben, da der Sturm so heftig von der Seite

kommt, das fahren nicht möglich ist. Gegen Mittag überholt mich in langsamer Fahrt ein

Kleinbus mit einer Warntafel auf der

Rückseite. In meinem Rückspiegel sehe

ich einen Radrennfahrer. Als dieser auf

gleicher Höhe mit mir fährt, fragt er

mich, woher ich komme und wohin ich

fahre. Ich erzähle ihm, dass ich aus

Oceanside komme, sofort winkt er

dem vorne fahrenden Begleitfahrzeug.

Dieser bleibt bei einer Ausweichstelle

stehen und auch wir, halten an. Als

erstes bieten sie mir etwas zu Trinken

an. Dann erzählte Lens, dass auch er die Race Across Strecke fährt und die meisten Fahrer

kennt. Der Österreicher Gulewicz der im Jahr 2011 bei der Tour an 3. Stelle liegend kurz vor

dem Ziel aufgeben musste, sei sein Freund. Er ist begeistert von meinem Vorhaben, weil ich

kein Begleitfahrzeug habe und alles selbst erledigen und mitschleppen muss. Wir machten

einige Fotos und tauschten unsere Adressen aus. In Cortez angekommen, ist es bei den

vielen Hotels nicht schwer eine gute Bleibe zu finden.

19. Mai 2012 Cortez - Pagosa Springs 171,12 km

Abfahrt 7:30 ich habe vor bis Durango zu fahren. Ich befinde mich im Zentrum der Colorado

Rockys. Ich habe heute den ersten von vier Pässen zu überwinden. 2565 Meter ist die

höchste Stelle. Um 14 Uhr komme ich in Durango an. Hotels gibt es viele, aber es ist mir zu

früh aufzuhören. Als ich bei einer Kreuzung nachdenkend meine Karte studierte, hält eine

junge Frau mit einem Auto an. Sie hat auf dem Autodach ein Fahrrad und aus dem hinteren

Autofenster, das offen ist, streckt ein großer Hund seinen Kopf. Nach einem längeren Ge-

spräch, frage ich sie, ob es in der nächsten Ortschaft Bayfield, ca. 20 Meilen entfernt, Mo-

tels gibt. Sie antwortete mit yes no Problem. Auch ich habe in meiner Karte 3 Unterkünfte

eingezeichnet. Also fahre ich noch bis Bayfield, wo ich kurz vor 17 Uhr ankomme, aber es

gibt kein einziges Motel oder Zimmer in dieser Ortschaft. Einzige Möglichkeit ist ein Cam-

pingplatz. Für diesen sollte ich 25 Dollar bezahlen und als ich die Frau frage, wie kalt es am

Abend werden wird, meinte sie, ca. 35° Fahrenheit, in Celsius sind das 1,7°. Ich denke zu-

rück an die Nacht in Lacke Henshaw und es ist klar, dass ich nicht auf diesem Campingplatz

übernachte. Um 17:30 Uhr beschließe ich in die nächste Ortschaft Pagosa Springs, die 40

Meilen entfernt ist zu fahren. Die letzten 10 Meilen muss ich mit Licht fahren und komme

um 21:30 Uhr nach 171 km und 1945 Höhenmetern in Pagosa Springs an. Motels gibt es in

dieser Stadt genug und vom Radfahren habe ich heute auch genug.

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20. Mai 2012 Pagosa Springs - South Fork 75,93 km

Um 8:00 Uhr frühstücke ich im Hotel und überlege was ich machen soll. Bis zum nächsten

Ort South Fork sind es 48 Meilen und dazwischen liegt der 3.309 Meter hohe Wolfs Creek

Pass. Das schöne Wetter und der Wind von hinten lassen nicht zu, heute einen Pause Tag

einzulegen. Nachdem ich genügend Proviant gekauft habe, fahre ich los. Die ersten 20 Mei-

len bis zum Aufstieg aufs Wolfs Creek sind leicht steigend, ich fahre mit warmer Kleidung,

da es auf 2200 Metern doch sehr frisch ist. Vor der Auffahrt ziehe ich die warme Kleidung

aus. Jetzt habe ich 8 Meilen mit durchgehend 5 bis 9 % zu bewältigen. Die Strapazen der

letzten Tage und besonders die von gestern sind jetzt zu spüren. Die dünne Luft in dieser

Höhe und das Gewicht, welches ich mitschleppen muss, setzen mir zusätzlich zu. Jetzt heißt

es die Kraft genau ein-

zuteilen. Keine unnöti-

gen Anstrengungen,

viele Pausen und ruhig

bleiben ist jetzt wich-

tig. Ich schwitze und

trotzdem ist’s wegen

des eisigen Windes

kalt. Um 14 Uhr kom-

me ich am Wolf Creek

Pass an und bin ziem-

lich geschafft. Wäh-

rend ich trockene, war-

me Kleidung anziehe,

kommen wieder vier

Amerikaner, denen ich meine Reise schildern musste. Die anschließende 20 Meilen lange

Talfahrt genieße ich und komme um 17 Uhr wieder etwas erholt in South Fork an, wo ich

gleich ein Zimmer finde.

21. Mai 2012 South Fork – Alamosa 84,5 km

Abfahrt um ca. 8 Uhr, am Ortsende sehe ich eine Waschanlage. Ich wasche meine total

verschmutzte Gangschaltung mit einem Hochdruckreiniger. Nach der Reinigung ist sie zwar

sauber, aber funktioniert dennoch nicht einwandfrei. Der Highway 160, den ich heute bis

Alamosa folge, führt durch das Tal des Rio Grande und hat fast durchgehend leichtes Gefäl-

le. Zum ersten Mal seit 5 Tagen habe ich leichten Gegenwind. Nach lockerer Fahrt komme

ich um 14:00 Uhr in Alamosa an. Wäsche wird gewaschen und das Fahrrad gewartet. Da-

nach finde ich noch ein gutes chinesisches Restaurant zum Essen.

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22. Mai 2012 Alamosa –Walsenburg 125 km

Abfahrt um 7 Uhr. Es geht über den La Veta Pass in den Colorado Rockys. Von Alamosa bis

zur Passhöhe sind es 45 Meilen. Bis Fort Garland habe ich starken Seitenwind und um 12:30

Uhr bin ich auf der 2872 Meter hohen Passhöhe. Bei der Abzweigung nach La Veta verlasse

ich die RAAM Strecke, da diese wieder einen Umweg über den Cuchara Pass nach Trinidad

macht. Ich erspare mir einen weiteren Pass und einige Kilometer. Kurz nach Dodge City

werde ich wieder auf die RAAM Stecke zurückkommen. Für mich sind also die Rockys

Mountains vorbei. Ich bin in den letzten 18 Tagen 1790 km mit 14.730 Höhenmetern gefah-

ren. Jetzt freue ich mich auf eine lange leicht fallende Strecke.

23. Mai 2012 Walsenburg -La Junta 121 km

Abfahrt 6:30 Uhr. Ich fahre den Highway Nr. 10 Richtung La Junta. Nach 15 Meilen Fahrt bei

starkem Rückenwind werde ich von meiner Frau angerufen. Ein längeres Gespräch, wo ich

auch mit Claudia und Enkel David spreche war die Folge. Ich erzähle auch, dass ich gut

drauf bin und wenn der Rückenwind anhält, möchte ich einmal über 200km fahren. Als ich

nach dem Telefonat weiterfahre stelle ich fest, dass sich der Wind gedreht hat. Er kommt

von seitlich Vorne. Ich habe noch 50 Meilen zu fahren und glaube, dass sich der Wind

schon wieder drehen oder beruhigen wird. Leider wurde nichts daraus. Es wurde nur noch

schlechter, den der Wind wird stärker und kommt genau von vorne. Der Highway Nr. 10

von Walsenburg bis La Junta ändert seine Richtung nicht. Auf den gesamten 73 Meilen gibt

es keine einzige Tankstelle oder Rasthaus. Außerdem ist die Straße von 19 Uhr bis 5 Uhr

früh für den gesamten Verkehr gesperrt. Auch am Tag fahren wenige Autos. Auf halber

Strecke kommt mir ein Radtremper entgegen. Kim heißt er und ist in Alamosa zuhause,

heute fährt er noch bis Walsenburg. Eine dreiwöchige Rundreise habe er gemacht und

morgen Abend will er wieder zu Hause sein. Er ist sehr gut ausgerüstet und dürfte ein paar

Jahre älter als ich sein. Er hat Rückenwind und ich kämpfe wie verrückt gegen den stürmen-

den Gegenwind. Am späten Nachmittag bin ich dann ganz schön geschafft und habe keine

Getränke mehr. Einige Meilen vor meinem Ziel entschließe ich, doch bei einer Ranch um

Wasser zu fragen. Sofort bekomme ich meine Trinkflasche aufgefüllt, die Leute sind wie

gewohnt, sehr freundlich. Aber das Wasser riecht wie erwartet, stark nach Chlor. In La Jun-

ta angekommen bin ich ziemlich fertig, finde aber schnell ein passendes Motel.

24. Mai 2012 La Junta – Lamar 102,4 km

Abfahrt 7 Uhr. Die ersten 20 Meilen bis Las Animas sind windstill, es ist sehr frisch bei 15,5°

Celsius. Ich fahre entlang des Santa Fe Trail. Er ist eine historische Handelsroute in den Ver-

einigten Staaten. Die Route verband im 19. Jahrhundert die besiedelten Regionen am Mis-

souri River mit den damals mexikanischen Gebieten im heutigen Südwesten der USA.

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Mit der Ankunft der Eisenbahn in den 1870er Jahren verlor die Straße an Bedeutung. Erst in

den 1930er Jahren wur-

den überregionale High-

ways entlang oder auf

der historischen Route

gebaut. Bei einer Tank-

stelle mit Restaurant

halte ich an, um mich zu

stärken. Eine kleine un-

tersetzte ältere Frau

bedient mich. Während

sie mir eine Omelette

zubereitet, erzählt sie

mir, dass sie aus Mexiko

kommt. Wieder unterwegs kann ich eine Gruppe Cowboys beim zusammentreiben einer

Rinderherde beobachten. In Lamar finde ich schnell ein schönes günstiges Motel.

25. Mai 2012 Lamar (Colorado) –Lakin (Kansas)129,2 km

Um 5 Uhr werde ich durch mein Telefon geweckt. Meine Tochter Manuela möchte, wissen

wie es mir geht. Gleich nach dem Gespräch mache ich mich für die Abfahrt fertig. Nach

dem Frühstück in einer Tankstelle geht s um 6 Uhr, bei 11° Celsius und Windstille los. Aber

bald ist es aus mit lustig, Wind aus Ost kommt auf und er wird immer stärker. Genau wie es

der Wetterbericht vorhersagte. In Granada bei einer Tankstelle mache ich wegen des kal-

ten Windes meine erste Pause. Um 11:15 Uhr komme ich an die Grenze nach Kansas. Ich

überquere meine zweite Zeitzone und muss die Uhr wieder um eine Stunde nach vor stel-

len. In Kansas werden vor allem Rinder gezüchtet und Weizen angebaut. Wegen der mäßi-

gen Niederschlagsmenge wird das Land in der Regel künstlich bewässert. Kansas hat Konti-

nentalklima mit kalten Wintern, heißen Sommern und wenig Niederschlag. Die Temperatu-

ren in Kansas können schnell wechseln. Kansas ist nach Florida und Oklahoma der Staat mit

den meisten Tornados pro Jahr, die immer wieder schwere Schäden anrichten und Tote

fordert. Ich fahre den ganzen Tag auf dem Highway 50 Richtung Ost, dem Fluss Arkansas

entlang und finde in Lakin ein günstiges Motel.

26. Mai 2012 Lakin -Dodge City 130 km

5:30 Uhr Abfahrt. Der Wind (Sturm) kommt schräg von vorne und ich muss oft vom Fahr-

rad, da es mich sonst auf die Fahrbahn schleudern könnte. Am schlimmsten erwischt es

mich bei einer Rinderzucht in der Nähe von Cimarron, die auf der rechten Seite in Fahrt-

richtung liegt. Bereits von Weitem kann ich die Staubwolke die pausenlos über die Straße

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fegt sehen. Der Sturm schleudert alles was die ca. 50.000 Rinder lostreten und aufwirbeln,

über die Straße. Zuerst kommen die Fliegen und anderes Ungeziefer, im Gesicht und am

ganzen Körper beißt und zwickt es. Am schlimmsten ist es im Helm, da kann ich mich nicht

wehren, da ich den Lenker wegen des Sturms mit beiden Händen festhalten muss. Die Rin-

derzucht hat eine Länge von ca. 2 Kilometer. Als ich an die Stelle komme, wo das aufgewir-

belte Material über die Straße fliegt, ist es unvorstellbar. Der Staub, Mist und sämtliches

Material wird gegen mich geschleudert, es tut weh und stinkt enorm. Es ist wirklich gefähr-

lich auf der Straße, da die Sicht besonders schlecht ist. Öfters muss ich vom Rad und bin

froh als ich diesen Abschnitt hinter mir habe. Gegen 16 Uhr komme ich in der kleinen Ort-

schaft Ingalls, ca.6 Meilen vor Cimarron an. Es gibt ein Restaurant, ich werde von drei Mäd-

chen und zwei Jungs zwischen fünfzehn und zwanzig Jahre alt bedient. Es hat den Anschein,

als ob es sich um eine Familie handelt. Alle sind um einen Computer, der auf einen Tisch

neben der Schank steht versammelt. Sofort als ich in das Lokal komme, nimmt ein Mäd-

chen die Speisekarte und bedient mich. Ich bestelle Hühnerfleisch mit Pommes um 6.99.-

Dollar. Durch die Klima Anlage komm ich jetzt so richtig ins Schwitzen und merke, wie ich

stinke. Gesicht und Hände kann ich in der Toilette waschen, das Essen war gut und die Ju-

gendlichen sehr freundlich. Um 17 Uhr komme ich in Cimarron an, aber das einzige Motel

ist leider belegt. Ohne lange nachzudenken trete ich die Fahrt in das 16 Meilen entfernte

Dodge City an. Gegen 19:30 komme ich dort an. Die ersten 4 Beherbergungsbetriebe, wo

ich in um eine Unterkunft frage, sind ebenfalls voll belegt. Alle sagen mir, dass es in dieser

Stadt kein freies Zimmer gibt, dies sei meist von Samstag auf Sonntag der Fall. Ein Hotelier

telefoniert für mich um eine Unterkunft, aber berichtet mir nach einiger Zeit, dass es kei-

nen Sinn macht, in dieser Stadt weiter zu suchen. Es wird bereits dunkel und ich denke,

dass es eine lange Nacht im Zelt werden wird. Trotzdem frage ich weiter und gleich beim

Nachbarhotel bekomme ich sofort ein Zimmer um 104 Dollar. Die Nachbarschaft zwischen

diesen beiden Hotels dürfte auch nicht die Beste sein, denn beim Nachbar hat der Hotelier

nicht angerufen. Ich war froh, aber hatte noch viel Arbeit vor mir, denn ich musste mein

komplettes Gewand inklusive Helm und Handschuhe vom Dreck reinigen.

27. Mai 2012 Dodge City – Greensburg 77,16 km

Eigentlich dachte ich gestern Abend, dass ich wenn der Sturm anhält, einen Pausentag ein-

lege. Aber laut Wetternachrichten wird ab Montag Schlechtwetter für dieses Gebiet vor-

hergesagt. Daher entschließe ich, doch bis Greensburg zu fahren. Kurz nach der Ortschaft

Dodge City komme ich zu einer großen erloschenen Brandstelle, wo viele Hektar Land ver-

brannt sind. Am Straßenrand liegt ein verbranntes Gürteltier und der Geruch vom Feuer

liegt noch in der Luft. Am Nachmittag komme ich in die Ortschaft Mullinville, bei der

Ortseinfahrt wird man von vielen Skulpturen empfangen. Die meisten Objekte der bizarren

Sammlung, tanzen oder drehen sich, wenn sie vom Wind angetrieben werden.

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28. Mai 2012 Greensburg – Kingman 108,4 km

Abfahrt 7:30 Uhr. Nach 31 Meilen in Pratt gibt es ein zweites Frühstück vom Buffet. Es ist

alles da was ich möchte. Gleich drauf geht es weiter auf der US-54E nach Kingham. Wo ich

um 15 Uhr meine Fahrt nach 63 Meilen beende. Anders als im Wetterbericht vorhergesagt,

kommt der Wind den ganzen Tag aus Nord. Die Landschaft ändert sich kaum. Man könnte

die Gegend mit den riesigen Getreidefeldern mit unserem Nachbarland Ungarn, verglei-

chen.

29. Mai 2012 Kingman - El Dorado 132,9 km

Abfahrt 7 Uhr. Die erste ausgiebige Pause mache ich nach 40 Meilen in Wichita und esse im

Lees Chinese Restaurant zu Mittag. Das Essen vom Buffet für 9,39 Dollar ist günstig und

sehr gut. Danach suche ich in der Stadt nach einen neuen Hinterreifen, denn meiner ist

nach 2600 km so abgefahren, dass man bereits das innere Material sehen kann. Auch diese

Aufgabe macht kein Problem, schnell finde ich eine Fahrradwerkstatt und tausche den Rei-

fen. Mehr wollte ich an diesem Tag eigentlich nicht. Da es aber erst 13:30 Uhr ist, beschlie-

ße ich noch die ca. 35 Meilen nach El Dorado zu fahren. Eigentlich müsste ich es schon wis-

sen, am Nachmittag wird der Wind meist stärker und er kommt natürlich direkt von vorne.

In El Dorado angekommen, bin ich wieder ganz schön geschafft.

30. Mai 2012 El Dorado – Eureka 54,4 km

Um 6:15 Uhr werde ich durch denn Telefonanruf meiner Frau geweckt. Während unseres

Gesprächs gehe ich ins Freie und stelle fest, dass ich wieder Gegenwind habe. Außerdem

habe ich auch noch heftige Rückenschmerzen. Ich glaube mich durch das Schwitzen und

der Klimaanlagen verkühlt zu haben. Ich beschließe heute nicht viel zu fahren. Um 13 Uhr

komme ich in der Stadt Eureka an. Man merkt an den vielen leer stehenden Gebäuden,

dass auch diese Kleinstadt mit der Abwanderung Probleme hat. Im Jahr 1990 gab es noch

2900 Einwohner, zehn Jahre später bei der Volkszählung 2000 waren es nur noch 2600, das

ist ein Minus von 10%, dieses Phänomen kann man in vielen Ortschaften an den zahlrei-

chen leer stehenden Häusern erkennen. Das Zimmer bekomme ich für 40 Dollar, der Mann

an der Rezeption ruft für mich bei einen Friseurladen an, um mir einen Termin für 16 Uhr

zu machen. Jetzt ist waschen angesagt, denn die Wäsche hat lange Zeit zum Trocknen. Die

Friseuse macht dann ihre Arbeit gut, für Harre und Bart auf 3 mm schneiden bezahle ich 13

Dollar. In einem Supermarkt kaufe ich ein Nudelgericht, das ich im Motel in der Mikrowelle

selbst zubereite.

31. Mai 2012 Eureka – Iola 91,91 km

6 Uhr Tagwache, wegen meiner Kreuzschmerzen komme ich nur mühsam aus meinem

Bett. Es hat in der Nacht geregnet und der Wind kommt noch immer heftig aus Norden.

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Es hat laut Temperaturanzeige die gegenüber meinem Motel an einem Bankgebäude ange-

bracht ist, 53° Fahrenheit (11° C) und es ist stark bewölkt. Ich lasse mein Fahrrad im Zim-

mer stehen und gehe frühstücken. Danach beschließe ich, doch loszufahren. Nach einigen

Meilen überlege ich, ob ich nicht doch einen Pause Tag einlegen soll, es ist sehr kalt und ich

will es nicht noch schlimmer machen mit meinen Rückenschmerzen. Ich ziehe mein Regen-

gewand noch über meine warme Kleidung, damit kein Wind durch kann. Das war das richti-

ge, jetzt wird mir warm und ich denke nicht mehr daran umzukehren. In diesem Gebiet gibt

es besonders viele Schildkröten, viele wollen über die Straße, werden aber von Autos über-

fahren, die Reste davon liegen am Straßenrand. Wieder sehe ich eine kleinere Schildkröte

mitten in der Fahrspur, ich fahre zurück und trage sie über die Straße. Sofort zieht sie ihren

Kopf und die Füße ein, ich setzte sie am gegenüberliegenden Straßenrand ab, als ich zu

Fahrrad zurück komme liegt es im Graben. Der Windstoß eines vorbeifahrenden Trucks hat

es umgeworfen und meine Halterung für das GPS ist zerbrochen. Nach 20 Meilen merke

ich, dass mein Hinterrad Luft verliert, vor mir auf einer Bergkuppe sehe ich ein großes Ge-

bäude in dem Stroh gestapelt ist. Ich versuch dort hinzukommen, damit ich bei der Repara-

tur etwas vom Wind geschützt bin. Als ich oben auf der Kuppe ankomme, sehe ich, dass es

eine kleine Tankstelle mit einem Laden gibt. Während ich in der Tankstelle einen Kaffee

trinke, kommen noch 3 Radtramper, vollgepackt wie ich an. Sie durchqueren ebenfalls die

USA, aber nicht von West nach Ost, sondern von Nord nach Süd. Sie erzählen mir, dass sie

ca. 60 Tage unterwegs sein werden und dabei ca. 4.000 Meilen zurücklegen wollen. Nach

einem Foto verabschieden wir uns und ich beginne meinen Platen zu reparieren. Luftpum-

pen muss ich selbst, denn auf dieser Tankstelle gibt es nur zwei alte mickrige Zapfsäulen

und sonst nichts. Eigentlich war mein Ziel die Ortschaft Yates Center, aber da ich gerade

gut drauf bin fahre ich noch die 20 Meilen bis Iola. Dieses letzte Stück tat meinem Rücken

gut, denn es wurde wärmer und die Sonne schien mir direkt auf den Rücken.

1. Juni 2012 Iola -Fort Scott 73,53 km

Abfahrt um 7 Uhr. Ich steige auf das Fahrrad und muss feststellen, dass ich wieder beim

Hinterrad einen Platten habe. Zurück ins Hotelzimmer und reparieren ist angesagt. Nach

intensiver Suche finde ich ein Stück Draht im Reifen. Mit Verspätung fahre ich in warmer

Kleidung los. Es hat nur 12° Celsius, der Wind pfeift noch immer aus Nord und geht durch

die Kleidung. Nach kurzer Fahrt bleibe ich stehen, um meinen Regenschutz anzuziehen.

Gleich ist es besser und mir wird wärmer. Meine Rückenschmerzen sind im Vergleich zu

gestern, etwas besser geworden. Um 14 Uhr treffe ich in Fort Scott ein und während ich

durch die Stadt fahre, ist die Luft vom Hinterreifen wieder weg. Ich bin heute absolut nicht

gut drauf und nehme mir ein Motel, das ich auch gleich finde. Zuerst duschen, da ich unter

dem Regengewand ganz schön schwitze. Danach repariere ich wieder meinen Reifen.

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Ich markiere Felge, Mantel und Schlauch, mit meiner Helmlampe suche ich jeden Millime-

ter vom Mantel innen und außen ab. Wieder kann ich mit meinem Nagelzwicker ein Draht-

stück aus den Mantel des Hinterreifens ziehen. Ich bin überzeugt, dass diese Drahtsplitter

von den vielen Reifenteilen, die wegen der Reifenplatzer am Straßenrand herumliegen,

stammen. Am Abend gehe ich noch in die Stadt und kann gute Fotos bei einem Oldtimer

treffen machen.

2. Juni 2012 Fort Scott (Kansas) - El Dorado Springs (Missouri) 65,74 km

Abfahrt um 7:30 Uhr bei blauen Himmel, Windstille und 13° Celsius. Nach 4 Meilen verlasse

ich Kansas. Laut Beschreibung der Race Across Amerika Rennleitung sollte Kansas das leich-

teste Teilstück der gesamten Strecke sein. Auch ich hatte vor, in diesen gut 400 Meilen, wo

es eigentlich täglich in eine tieferliegende Gegend geht und kaum Höhenmeter gemacht

werden, Zeit zu gewinnen. Beim Radfahren sollte man die Rechnung nie, ohne den Wind

machen. Der Staat Missouri wurde nach dem Fluss Missouri und dem gleichnamigen, zur

Sioux-Sprachfamilie gehörenden Indianervolk benannt. Missouri bedeutet „Stadt der gro-

ßen Kanus“. Um 13:30 Uhr treffe ich in El Dorado Springs ein. Gerne wäre ich noch einige

Meilen gefahren, aber die nächste Unterkunft auf meiner Karte gibt es erst in Camdenton,

bis dort sind es noch 76 Meilen und das ist mir zu weit.

3. Juni 2012 El Dorado Springs – Camdenton 124,87 km

Abfahrt 6:30 Uhr, bewölkt und schwül bei 15°C mit Seitenwind. Nach 5 Meilen beginnt es

leicht zu regnen, ich muss für einige Meilen ins Regengewand, dies wiederholt sich den

ganzen Tag. Es wird nicht wärmer als 22° C und ich schwitze unter dem Regengewand.

Nach 40 Meilen mache ich meine erste Pause in Weaubleau. Ich ziehe trockenes Gewand

an, da ich klitschnass bin. Gleich nach der Pause muss ich wieder ins Regengewand. Die

Strecke ist sehr gebirgig und kurz vor Macks Creek habe ich den nächsten Patschen am Hin-

terreifen. Bei einen überdachten Posteingang repariere ich mein Hinterrad. Diesmal kann

ich schnell einen Draht, der meinen Reifen zerstochen hat, finden. Zu Glück habe ich neues

Flickzeug für meine Reifen gekauft. Als ich um 17 Uhr im Hotel in Camdenton ankomme,

habe ich viel zu waschen und zum Trocknen. Ich bin sehr müde, denn ich mache fast täglich

weit über 1000 Höhenmeter.

Waffen

Der Waffenwahn der US– Amerikaner ist für eine Europäer kaum zu verstehen. In einer

nordamerikanischen Großstadt werden in einem Monat mehr Menschen erschossen als in

einem Jahr in einem europäischen Land. Rund 11.000 Menschen kommen jedes Jahr in den

USA durch Schusswaffen ums Leben.

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4. Juni 2012 Camdenton – Hermann 178,73 km

Abfahrt 7 Uhr, schönes aber sehr schwüles Wetter. Ich habe heute vor bis Jefferson City zu

fahren. Ich fahre entlang des Highway 54, dieser ist durchgehend 4 spurig, hat aber stück-

weise keinen Pannenstreifen. Das ist sehr gefährlich, aber ich habe keine andere vernünfti-

ge Möglichkeit. Am Nachmittag hat es 35°C und ich habe leichten Rückenwind. Gegen 14

Uhr treffe ich in Jefferson City ein. Morgen sollte ich laut meinen Karten auf dem „Katy

State Trail“ (Radweg) fahren. Der Katy Trail ist die alte Trasse der Missouri-Kansas-Texas

Eisenbahnlinie. Da ich noch Zeit habe, suche ich den Beginn des Radweges. Um dies festzu-

stellen muss ich den Missouri River überqueren. Als ich am Radweg ankomme, gibt es hefti-

gen Wind aus West und ich müsste nach Ost, also hätte ich Rückenwind. Ich überlege nicht

lange und fahre einfach los, denn bei diesem Rückenwind kann ich locker in 3 Stunden in

der nächsten Stadt Hermann sein, wo es Möglichkeiten zum Übernachten gibt. Es ist nicht

zu glauben, aber anscheinend mag mich der Wind nicht, denn nach einigen Meilen dreht

der Wind und kommt zuerst von der Seite und zum Schluss direkt von vorne. Ich fahre ent-

lang des Radweges, der auf einer aufgelassenen Eisenbahnstrecke errichtet wurde. Es gibt

keinen Asphalt, sondern nur guten Schotter Weg. Der Weg führt meist durch den Wald

oder ist durch Hecken geschützt. Es ist auf jeden Fall besser als auf der Straße, denn der

Wind ist kaum zu spüren. In den Ortschaften Bluffton und Rheinland gäbe es laut meinen

Karten ebenfalls Zimmer zum übernachten, aber in beiden Häusern ist niemand zu Hause.

Um ca. 20 Uhr komme ich in Hermann an und finde gleich ein Motel. Während ich meine

Sachen ins Zimmer schaffe, spreche ich mit meinen Zimmernachbar. Er hat ein Motorrad

vor dem Zimmer und sitzt auf einem Stuhl, er erzählt mir, dass er die USA durchqueren will

und nach Oceanside fährt. Ich erzähle ihm, dass ich aus Oceanside komme und auch die

USA durchqueren will. Naja was jetzt alles besprochen wird, kann man sich ja vorstellen.

5. Juni 2012 Hermann - St. Charles 108,21 km

Abfahrt 8 Uhr. Ich fahre weiter auf den Katy Trail Radweg bis St. Charles. Insgesamt bin ich

am Ende auf diesem durchgehenden Schotterweg 116 Meilen gefahren, dementsprechend

ist auch mein Rad verstaubt. Dennoch ist diese Fahrt, wenn man sie mit einer Fahrt auf den

Highways vergleicht, schöner und angenehmer. Wenn ich nur einen Tag zurück denke, zwi-

schen Camdenton und Jefferson City lagen 5 tote Rehe, jede Menge Schildkröten, Gürtel-

tiere, Schlangen und andere Kleintiere auf der Straße. Man entkommt dem Verwesungsge-

ruch der unzähligen Kadaver nicht. Dies und vor allem den Lärm gibt es auf diesem Radweg

entlang des Missouri Rivers nicht. Mehrere Radfahrer kommen mir entgegen. Solche, die

auf einer längeren Tour sind, erkennt man an ihrem vollgepacktem Rad, meist wird dann

auch angehalten und man spricht miteinander.

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6. Juni 2012 St. Charles (Missouri) – Hamel (Illinois) 90,93 km

Abfahrt 7:15 Uhr. Es geht nochmal auf den Katy Trail für 16 Meilen danach über den Missis-

sippi und den Highway 140 E in Richtung Greenville. Ich habe ziemlich starken Gegenwind,

die Straße hat keinen Seitenstreifen und ist in einem schlechten Zustand. Dazu kommt

noch viel Verkehr und nach 40 Meilen lässt sich die hintere Schaltgruppe nicht mehr schal-

ten. Ich fahre bis zur Ortschaft Hamel. An einer Tankstelle suche ich den Fehler und stelle

fest, dass vorne am Lenker beim Schalthebel das Seil verfranzt ist und daher stecken bleibt.

Laut Auskunft in einer Tankstelle gibt es in dieser Ortschaft keine Möglichkeit ein solches

Seil zu bekommen. Am Ortsende gibt es ein schönes günstiges Motel um 40 Dollar, das ich

nehme. Sofort baue ich das Seil aus und fahre zurück in die Ortschaft. Mehrere Werkstät-

ten und Firmen machen mir klar, dass ich in dieser Ortschaft ein solches Seil nicht bekom-

men werde. Ich suche weiter und direkt auf der Route 66 sehe ich einen Laden mit der Auf-

schrift "Repair and Restoration 230 N. Old Route 66" noch einmal versuche ich es und als

ich in den Laden komme, habe ich ein gutes Gefühl. Als ich einen Mann das Seil zeige,

meint er so etwas hat er nicht. Ich gebe nicht nach und sage, dass mir auch mit einem kür-

zeren Stück wo der Nippel in Ordnung ist, geholfen sei. Es hat geholfen, den er meint ich

soll warten und er verschwindet hinter einer Tür. Eine ältere Frau, die hinter der Kassa sitzt,

gibt mir zu verstehen, dass er gut ist. Es

dürfte seine Mutter sein. Nach einer

Weile kommt er mit einem noch ver-

packten Ersatzteil, das vollkommen

verschmutzt ist zurück. Es ist ein langes

Seil und die Seilstärke passt. An einem

Ende ist ein langes Gewindestück und

am anderen Ende ein Metallring mit

einem Durchmesser von ca. 10 cm be-

festigt. Er meint, er wird das Gewinde-

stück absägen und dann auf die Größe

des Nippels zuschleifen. Er sägt und

schleift bis es passt. Zum Schluss öffnet er eine Gefriertruhe und holt einen Kleber heraus,

womit er das Ende des Seiles verklebt, damit es nicht ausfranzt. Auch zu einem Getränk

werde ich eingeladen. Jetzt habe ich ein perfektes Seil und als ich nach einer halben Stunde

Arbeit bezahlen wollte, nahm er keinen Cent. Im Gegenteil, er gibt mir noch eine Tasche

mit der Aufschrift Route 66, die man auch als Rucksack verwenden kann, sowie eine Rad-

und Landkarte von Illinois. Zum Schluss musste ich noch eine Nadel auf meinen Heimatort

in eine riesige Weltkarte stecken, damit er weiß, von woher seine Gäste kommen. Es war

die erste Nadel für Österreich.

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Im Motel montiere ich dann mein Seil, das wie das Original funktioniert. Die legendäre Rou-

te 66 habe ich nach Flagstaff, heute das zweite Mal überquert und eine schöne Erinnerung

mitgenommen.

7. Juni 2012 Hamel - Effingham 125,35 km

Geweckt werde ich durch meinen Enkel David über das Telefon um 6:00 Uhr. Nach 25 Mei-

len in Greenville während meiner Rast, spreche ich mit einer Frau über mein Vorhaben.

Danach sehe ich wie sie in ihrem Auto telefoniert, gleich darauf kommt sie nochmals zurück

und bittet mich einige Minuten zu warten, denn es wolle jemand mit mir sprechen. Kurz

darauf kommt ein Mann mit einer Kamera. Er ist von einer Zeitung und möchte mich foto-

grafieren, um einen Bericht über mein Vorhaben in der Zeitung von Greenville zu bringen.

Ich beantworte seine Fragen und gebe ihm meine Mailadresse. Vielleicht schickt er mir den

Artikel zu. Um 17 Uhr komme ich müde in Effingham an.

8. Juni 2012 Effingham (Illinois) – Sullivan (Indiana) 128,5 km

Am Vormittag fahre ich knapp 50 Meilen bis Robinson. In jedem größeren Ort versuche ich

einen neuen Reifen zu bekommen, denn der zweite Reifen ist total am Ende. Nach dem

Mittagessen sehe ich, dass die Luft vom Hinterreifen schon wieder weg ist. Mein sechster

Patschen, beim Reparieren sehe ich, dass sich der Fleck von der letzten Reparatur gelöst

hat und leicht zu entfernen ist. Anscheinend hat die Hitze etwas dazu beigetragen. Das

Flickzeug der letzten Repara-

tur habe ich in Amerika ge-

kauft. Einen neuen Schlauch

kaufe ich im naheliegenden

Supermarkt und das Problem

ist gelöst. Am Nachmittag

überquere ich die Grenze

nach Indiana. Wieder über-

quere ich eine Zeitzone und

muss die Uhr um eine Stunde

nach vor stellen. Da mich ein

„Wolf“ begleitet, beende ich

meine Fahrt in Sullivan. Ich

versuche die Schaltung am

Fahrrad besser einzustellen,

denn das Schalten wird bereits zum größeren Problem. Auch den abgefahrenen Hinterrei-

fen tausche ich mit dem Vorderreifen aus. Morgen ist Samstag und sollte ich keinen Reifen

bekommen, könnt ich übers Wochenende ein weiteres Problem bekommen.

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9. Juni 2012 Sullivon – Belmont 117,75 km

Abfahrt 8 Uhr. Das Schalten funktioniert immer schlechter, immer wieder springt die Kette

über die Ritzel. Bloomington ist eine größere Stadt, die ich heute erreichen möchte, denn

da müsste es eine Fahrradwerkstatt geben. Der Wolf von gestern ist über Nacht wieder

verschwunden. Um 14 Uhr habe ich die 60 Meilen geschafft und finde auch eine entspre-

chende Werkstatt. Ich möchte die Ritzel und die Kette wechseln, aber der Mechaniker

meint, es reicht wenn nur die Kette gewechselt wird. Er misst den Abstand der Kettenglie-

der und zeigt mir auf seinem Messgerät, um wieviel sie bereits außerhalb der Toleranz-

grenze ist. Schnell hat er die Kette gewechselt und einen neuen Reifen montiert. Ich zahle

81.- Dollar und bin nach der Probefahrt auch zufrieden. Die ganze Mannschaft von dem

FahrradShop ist von meinem Vorhaben begeistert. Eigentlich wollte ich noch bis nach

Nashville fahren, aber da es auf halben Weg ein gutes Motel gibt, beende ich den Tag in

Belmont.

10. Juni 2012 Belmont - New Point 102,9 km

Bei der Abfahrt um 8 Uhr treffe ich meine Zimmernachbarn. Acht Radfahrer, die eine Rad-

tour im angrenzenden Monroe National Park machen. Sie sind von meiner Tour begeistert

und wünschen weiter eine gute Fahrt. Ich fahre den ganzen Tag auf dem Highway 46 durch

Nashville, Columbus und Greensburg auf schöner Straße. Ab dem Nachmittag habe ich

leichte Schmerzen im linken Kniebereich. In New Point finde ich ein neu eröffnetes günsti-

ges Motel. Beim Abendessen, an der naheliegenden Autobahnraststation fühle ich mich

unter den Fernfahrern und den vielen riesigen Trucks wohl und denke an die Zeit zurück,

als ich noch Fernfahrer war.

11. Juni 2012 New Point (Indiana) – Cincinnati (Ohio) 101,6 km

Abfahrt um 6:30 Uhr bei leichtem Regen, der immer stärker wird. Ich fahre auf dem High-

way 46 der nach 30 Meilen kurz vor Harrison endet und in den 52er mündet. Nach 1 Meile

werde ich für 4 Meilen auf den vierspurigen Highway Nr. 74 geleitet. Es ist sehr gefährlich

bei strömendem Regen auf den vierspurigen Highways zu fahren. Meine Brille muss ich

abnehmen, sie ist innen und außen nass, da mir die riesigen Trucks, die von hinten kom-

men durch, ihre Sogwirkung das Wasser auf die Hinterseite der Brille schleudern. Ich über-

quere die Grenze der Bundesstaaten Indiana nach Ohio und mache in Harrison meine erste

Pause. Hinter einer Tankstelle ziehe ich mich um und als es nach 2 Stunden vom Regnen

aufhört, fahre ich weiter. Bereits nach einer halben Stunde muss ich wieder ins Regenge-

wand. Es regnet in Strömen und ich bin durch und durch nass. Nach weiteren 30 Meilen

gebe ich in Cincinnati / Springdale auf und habe viel Arbeit beim Waschen und Trocknen

meiner Sachen.

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12. Juni 2012 Cincinnati – Chillicothe 150 km

Abfahrt 7 Uhr. Die ersten 15 Meilen fahre ich durch die Randbezirke von Cincinnati, es ist

anstrengend in der hügeligen Stadt. Als ich dann auf die 28 E komme, habe ich Rücken-

wind. Ab Greenfield wird es hügelig und die Anstiege steiler. Um 16 Uhr komme ich nach

90 Meilen in Chillicothe an. Die Hotelsuche ist diesmal etwas schwierig, aber nach langer

Suche bin ich dann mit dem Amerika Best Value Inn um $ 63.- zufrieden.

13. Juni 2012 Chillicothe – Parkersburg 162,35 km

Abfahrt 7 Uhr bei blauem Himmel und Gegenwind. Ich fahre den ganzen Tag auf dem High-

way 50 E der ab Albany vierspurig ist. Der Pannenstreifen ist teilweise sehr schlecht, es liegt

viel Schotter und Abfall herum. Nach 80 Meilen in Coolville komme ich auf dem James A.

Rhodes Appalachian Highway (50). Er führt durch die Appalachen, die ein bewaldetes Mit-

telgebirge im Osten Nordamerikas sind und sich über eine Länge von 2.400 km von Norden

nach Süden erstrecken. Ich werde dieses Gebirge von West nach Ost durchqueren und da-

bei 680 km zurücklegen. Um 17 Uhr komme ich in Parkersburg an. Kurz vor der Stadt über-

quere ich den Ohio River, den Grenzfluss zwischen Ohio und West Virginia. Das Quartier

suchen ist wieder schwierig, gegen 19 Uhr finde ich außerhalb der Stadt das Motel Trave-

lodge mit einem zufriedenstellenden Zimmer.

14. Juni 2012 Parkersburg (Ohio) – Bridgeport (West Virginia) 125,93 km

Abfahrt 7 Uhr, schönes Wetter. Ich fahre auf dem Highway 50 E bis Ellenboro, die Straße

ist geteilt und vierspurig mit Seitenstreifen. Es gibt absolut kein ebenes Straßenstück, es

geht nur rauf und wieder runter. In Ellenboro treffe ich während einer Pause zwei Radfah-

rer. Sie erzählen mir, dass der Radweg "North Bend Rail Trail" bis nach Clarksburg ausge-

baut ist und nur maximal 1% Steigung hat. Ich versuche es, aber muss nach einigen Meilen

aufgeben, denn der Weg ist immer wieder mit losem Split ausgebessert. Mit meinen

schmalen Reifen ist es nicht möglich, diesen Radweg zu benutzen. Ich fahre bei der nächten

Möglichkeit wieder auf den Highway 50 E. In Sherwood mache ich Mittagspause und esse

gemischten Salat mit Putenstreifen. Eigentlich hätte ich gerne eine Nachspeise und einen

Kaffee konsumiert, aber ich muss raus aus dem kalten Raum, mir schmerzen schon die Kno-

chen wegen der zu kalt eingestellten Klimaanlage. Egal wo man hinkommt, überall sind die

Klimaanlagen zu kalt eingestellt. Den Einheimischen macht dies anscheinend nichts aus. Ich

ziehe mir jedes Mal eine Jacke über und würde oft etwas länger rasten und bei einem ge-

mütlichen Kaffee mein Tagebuch schreiben. Um 18 Uhr komme ich dann ziemlich erschöpft

in Bridgeport an. Heute koche ich selbst mit der Mikrowelle und genieße im gut temperier-

ten Zimmer ein Bier.

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15. Juni 2012 Bridgeport – Aurora 81,93 km

Abfahrt 7:30 Uhr. Ab Bridgeport ist der Highway 50 nur noch zweispurig und hat keinen

Seitenstreifen. Der Straßenbelag ist teilweise sehr schlecht, zudem gibt es viel Verkehr und

besonders viele schwere Tracks sind unterwegs, da es in der Nähe von Grafton ein Kies-

werk gibt. Es gibt kein ebenes Stück auf meinem Weg. Auf den steilen Strecken ist es sehr

mühsam, wenn man überholt wird, die Spur zu halten. In Aurora bekomme ich gleich ein

Zimmer, aber erst ab 19 Uhr kann ich es beziehen. Im dazugehörigen Restaurant esse ich

inzwischen eine riesige Portion Sparerips. Bier gibt es in diesem Restaurant nicht. Dies ist

für einen Österreicher kaum zu glauben, aber Tatsache. Jetzt merke ich die Strapazen der

letzten Tage durch das Gebirge. Während ich esse, muss ich wegen Krämpfe in den Beinen

mehrmals aufstehen. Im Zimmer schmiere ich mir die Waden und Oberschenkel mit Hirsch-

talgcreme ein und massiere sie.

16. Juni 2012 Aurora – Romney 94,51 km

Abfahrt 7:30. Nach 5 Meilen komme ich für 10 Meilen in den Bundesstaat Maryland und

durchquere ein kurzes Stück am südlichen Ende dieses Landes. Danach komme ich wieder

nach West Virginia. In Gormania mache ich Pause in einem kleinen Lokal und spreche mit

einem Mann aus der Ortschaft. Im

Raum hängen viele alte Fotos vom Ort,

die mir der alte Mann, mit langem wei-

ßen Bart erklärt. Früher hat es ein

Bergwerk gegeben und es war viel los.

Jetzt stehen die meisten Häuser leer

und verfallen, da die Menschen wegen

der wenigen Arbeitsplätze wegziehen.

Ich befind mich in mitten des Appala-

chen Gebirge. Benannt ist es nach dem

indigenen Stamm der Apalachee, ein

Stamm amerikanischer Ureinwohner.

Wieder geht’s auf den Highway 50. Bis

Burlington sind es ca. 45 Meilen und

die Strecke ist wegen der Gebirge sehr schwierig. Die letzten 10 Meilen bis Romney sind

dann nur leicht hügelig und angenehm zu fahren. Mitten in der Ortschaft Romney, bei der

Zimmersuche treffe ich zwei Italiener, die auch per Rad unterwegs sind. Auch sie sind auf

Zimmersuche. Bald haben wir ein besonders schönes Motel gefunden. Sie kommen aus der

Nähe von Neapel und machen eine kurze Rundfahrt durch Maryland und West Virginia, gut

200 Meilen sollen es sein. Der Ältere sagt, dass er schon öfter in den USA Radtouren ge-

macht hat.

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17. Juni 2012 Romney (West Virginia) –Middleburg (Maryland) 125,78 km

Abfahrt 7 Uhr. Mit einigen kurzen Pausen fahre ich die ersten 40 Meilen bis Winchester

durch. Die beiden Italiener, die ich gestern getroffen habe, überholen mich noch vor der

Stadt. Einige Meilen versuche ich im Windschatten mitzuhalten, aber sie haben nur leichtes

Gepäck und sind für mich zu stark. Zu Mittag esse ich in einem Thai Restaurant. Plötzlich

sind auch die beiden Italiener wieder da. Sie machen für heute Schluss und fahren zu einem

naheliegenden Campingplatz. Ich habe vor, noch einige Meilen in Richtung Washington zu

fahren. Am späten Nachmittag frage ich in Middleburg beim ersten Hotel. 191.- Dollar plus

Taxe ist mir aber zu viel. Ich fahre weiter und versuche es außerhalb der Ortschaft, bei

einer Ranch, die Bed and Breakfast anbietet. Ein älterer Herr zeigt mir das Zimmer, wir ge-

hen dabei durch das ganze Haus. Es ist alles sehr sauber, aber uralt. 145.- Dollar plus Taxe

ist sein erster Preis. Ich sage ihm, dass mir das zu viel ist und will gehen, danach einigten

wir uns auf 95.- Dollar inkl. Taxe. Ich mache einige Fotos von diesen alten historischen Zim-

mer und der kleinen alten Badewanne mit tierischen Füssen, in der ich dann gleich dusche.

Mein Zimmer ist direkt neben dem Wohnzimmer und der Küche. Zwei etwa 18 Jährige

Mädchen arbeiten in der Küche. Sie kommen aus Vilnius in Litauen und machen auf dieser

Ranch ein viermonatiges Praktikum. Sie überlassen mir ihren PC, damit ich einige Mails

nach Hause schreiben kann. Das Haus ist aus Holz und durch das Knarren der Decke kann

man jeden Schritt, der im Obergeschoss gemacht wird, hören. Wenn ich im Bett liege, kann

ich sämtliche Leitungen vom Obergeschoss sehen, denn sie sind einfach frei verlegt. Daher

sind auch alle Fließgeräusche zu hören. Es stört mich aber nicht, da ich wegen meiner Mü-

digkeit gut schlafe.

18. Juni 2012 Middleburg - Washington D.C 78,44 km

Eigentlich wollte ich um 7 Uhr losfahren, aber es regnet in Strömen. Ich nehme mir Zeit und

warte auf das Frühstück. Um kurz vor neun Uhr, wie gestern vom Hausherrn versprochen,

kommt die Haushälterin und macht Frühstück. Sie ist aus Brandenburg in Deutschland und

seit 9 Jahren in den USA. Es gibt eine große Auswahl und vieles wird frisch zubereitet. Da-

nach schlüpfe ich in mein Regengewand und fahre los. Es ist sehr gefährlich, da die Straße

keinen Seitenstreifen hat und viel Verkehr ist. Nach ca. 7 Meilen mache ich bei einem Ein-

kaufzentrum Pause. Es ist mir zu gefährlich und ich bin völlig durchnässt. Ich ziehe mich um

und kaufe eine neue Handy- Wertkarte für 10.- Dollar. Es ist anscheinend sehr kompliziert,

diese zu aktivieren, denn der junge Verkäufer, den ich gebeten habe dies für mich zu erledi-

gen, braucht mindestens eine halbe Stunde dafür. Danach gehe ich in ein vietnamesisches

Restaurant, um Mittag zu Essen. Ich habe es wieder gut erwischt. Die heiße Suppe und das

Hühnerfleisch mit Nudel waren gut. Inzwischen hat es vom Regnen aufgehört und ich fahre

weiter. Es ist extrem schwierig zu fahren, denn stellenweise gibt es keinen Seitenstreifen.

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Mit bis zu sechs Spuren geht es Richtung Centrum von Washington. Besonders gefährlich

wird es bei den Aus- und Einfahrten anderer Straßen. Wenn es einen Radweg gibt, endet er

oft vor einer Brücke oder Ausfahrt. Bei uns in Österreich wäre dies unvorstellbar, aber die

Amerikaner fahren sicher langsamer und rücksichtsvoller als wir. Im Centrum von Washing-

ton ist es dann viel leichter mit dem

Rad zu fahren, es gibt viele markierte

Radwege und auch viele Radfahrer.

Gegen 18 Uhr komme ich zum Wei-

ßen Haus. Ich mache einige Fotos und

fahre weiter zum Kapitol, wo ich

ebenfalls fotografiere. Es wird bereits

finster und ich versuche ein Zimmer

zu finden. Dabei komme ich in ein

Stadtviertel, wo es anscheinend

hauptsächlich Arbeitslose und

Schwarze gibt. Die Türen und Fenster

von Geschäften sind mit starken Ei-

sengittern gesichert. An einer Kreuzung versuchen Jugendliche Waren an Autofahrer zu

verkaufen und als ich um ein Motel frage, merke ich, dass es für mich besser ist, dieses

Viertel schleunigst zu verlassen. Nach einigen Meilen finde ich ein gutes Motel.

19. Juni 2012 Washington – Annapolis 40,89 km

Abfahrt 7:30 Uhr. Bis zu meinem Ziel Annapolis ist es mit dem Straßenverkehr genauso

problematisch wie gestern. Um 11 Uhr komme ich am Ziel, Dockstraße in Annapolis an.

Einige Fotos werden gemacht und das mitgebrachte Wasser aus dem pazifischen Ozean

schütte ich in den atlantischen Ozean. Eine Gruppe von Leuten mit roten Jacken und der

Aufschrift Race Across Amerika spricht mich an und fragt von wo ich komme. Sofort erken-

nen sie, dass ich das RAAM gemacht habe. Ein Mann bittet mich um ein Interview und eine

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Frau filmt während wir uns unterhalten. Von einer naheliegenden Infostelle schreit mich

ein Mann auf Deutsch an, "Hallo Steirer, von wo kommst du", er erkennt mich an meiner

steirischen Fahne, die ich immer auf meinem Rad mitführe. Auch eine Frau ist anwesend

und ich erfahre, dass die Frau Wienerin ist und ihr Mann Amerikaner. Sie leben schon lange

in den USA. Als ich sie nach einen langem Gespräch um eine Fähre über die Bay Bucht fra-

ge, antwortet sie, dass es keine Fähre gibt und ich über die Bay Bridge fahren kann. Ich ge-

he noch in der Stadt spazieren, esse zu Mittag und kaufe einige Souvenirs. Mein eigentli-

ches Ziel, die USA zu durchqueren habe ich geschafft und bin erleichtert. Mehr als 90%

meiner 4.831 km und 32.563 Höhenmeter bin ich in 46 Tagen entlang der RAAM Strecke

gefahren.

19. Juni 2012 Annapolis – Grasonville 18,94 km

Am Nachmittag starte ich in Richtung Philadelphia, kurz vor der Bay Bridge gibt es ein

Schild mit Fahrrad Fahrverbot. Es ist das erste, das ich sehe, seit ich in den USA bin. Nur

zwei Meilen vorher wurde ich auf diesen Highway durch ein Schild "Bike Route" geleitet.

Zuerst versuche ich ein Pickup aufzuhalten, das mich über diese Brücke bringt. Aber es

bleibt niemand stehen. Da es an der Abfahrt eine Polizeistation gibt, fahre ich dort hin, um

einen Ausweg zu finden. Eine Polizistin kommt gerade mit ihrem Polizeiauto aus der Ein-

fahrt und hält an. Ich frage sie, wie ich auf die andere Seite gelangen könnte. Sie verlangt

meinen Pass und telefoniert. Nach einer Weile kommt sie und sagt, wenn ich möchte be-

stellt sie ein Fahrzeug, das mich über die Brücke bringt, es kostet 30.- Dollar. Natürlich bin

ich damit einverstanden. Ich muss aber ungefähr 45 Minuten warten. Sie zeigt mir im Poli-

zeigebäude, wo ich auf das Fahrzeug warten soll. Pünktlich kommt ein Kleinbus und bringt

mich über die Brücke. Ich hätte mit dem Fahrrad auf dieser langen Brücke keine Chance

gehabt, sie zu befahren. Die Fahrspuren sind schmal und es gibt keinen Seitenstreifen. Für

heute habe ich genug und nehme mir ein Motel. Direkt an der Chesapeake Bay finde ich ein

passendes. Da ich heute eigentlich einen Grund zum Feiern habe, genieße ich Budweiser

auf dem Fischerman, s Crab Deck nahe meiner Unterkunft.

20. Juni 2012 Grasonville – Elkton 111,35 km

Abfahrt 8 Uhr. Ich fahre auf dem Highway 18 bis Carville, dort quere ich den Highway 301

und sehe, dass dieser zwar vierspurig ist, aber einen schönen Belag und Seitenstreifen hat.

Weil es über diesen Highway näher ist, entscheide ich mich für ihn. Ich fahre keine 300 Me-

ter, ertönt hinter mir schon die Sirene vom Scheriff. Ich bleibe stehen und sehe, dass eine

Frau am Steuer sitzt. Sie setzt ihren großen Hut auf und kommt zu mir. Sie erklärt mir, dass

ich auf diesem Highway nicht mit dem Rad fahren darf. Sie will mir anscheinend erklären,

wieso ich das nicht darf, aber sie redet sehr viel und ich verstehe überhaupt nichts. Dabei

ist sie aber sehr freundlich. Für mich ist das absolut nicht zu verstehen, aber ohne langes

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hin und her, fahre ich zurück auf die Highway`s 305-313-213 bis Elkton. Es hat um die 35°

und leichten Gegenwind. Als ich am C&D Kanal ankomme, freue ich mich über die große

Brücke, denn ich habe wieder ein schönes Fotomotiv. Als ich aber zur Brücke komme und

den steilen Anstieg hinauffahren will, ist die Freude schon vorbei. Die Fahrspuren sind

schmal und es ist viel Verkehr. Der Seitenstreifen ist um 20 cm erhöht und ca. 80 cm breit,

fahren ist zu gefährlich. Also schiebe ich über diese ca. 1,5 Meilen lange Brücke. Auch das

Schieben ist sehr gefährlich, denn die Trucks fahren mit hohem Tempo knapp an mir vor-

bei. Ausweichmöglichkeit gibt es auf dieser hohen Brücke nicht. Umso höher ich komme,

umso mehr Angst bekomme ich, denn die Schwingungen, die von den schweren Trucks

verursacht werden, sind enorm. Am anderen Ende angekommen, bin ich erleichtert und

fühle mich wieder wohl.

21. Juni 2012 Elkton (Maryland) – (Delaware) - Philadelphia (Pennsylvania) 86,32 km

Abfahrt 7 Uhr. Ich fahre auf dem Highway 40 Richtung Wilmington. In New Castle fährt

plötzlich ein Polizist mit seinem Polizeiauto neben mir her und fragt während der Fahrt

durch die heruntergelassene Seitenscheibe, von wo ich komme. Wir bleiben stehen und

reden einige Zeit miteinander. Er erzählt, dass auch er mit dem Rad, Sport betreibt. Er

wünscht mir gute Fahrt und fährt weiter. Ich bleibe noch und trinke, gleich darauf kommt

der Polizist zurück und sagt, dass ich besser in dieser Gegend nicht stehenbleibe. Ich hatte

dies auch nicht vor und als ich weiterfahre, komme ich immer weiter in dieses verwahrloste

Stadtviertel. Es sind nur Schwarze zu sehen, viele Häuser sind nicht bewohnt und in absolut

verwahrlosten Zustand. Die Straßen sind in einem schlechten Zustand und voller Müll. Ein

Schwarzer singt laut am Straßenrand und grüßt mit der Hand, während ich an ihm vorbei-

fahre. Nach einer halben Stunde Fahrt, bin ich durch diesen Stadtteil. Einfach nicht ste-

henbleiben und man hat seine Ruhe. Es hat um die 35° und die Strecke ist durchgehend

hügelig. Am Abend habe ich 52 Meilen der fünft größten Stadt der USA Philadelphia hinter

mir und bin ziemlich geschafft.

22. Juni 2012 Philadelphia - New Britain 55,85 km

Abfahrt 8 Uhr. Noch 30 Meilen bis New Britain, davon 20 Meilen Stadtgebiet von Philadel-

phia. Ich fahre auf dem Highway 1 Richtung Nord. Gleich nach dem Schuylkill River möchte

ich den Highway verlassen. Es geht einen Hang hinunter und die Ausfahrt ist so schmal,

dass nur ein Fahrzeug Platz hat. Es gibt keinen Seitenstreifen, weil die Fahrbahn mit Beton-

leitwänden begrenzt ist. Als ich nach ca. 200 Metern dieses schmale kurvige Stück verlasse,

sehe ich, dass ich wieder auf einem Highway bin und zwei Fahrspuren überqueren muss. Es

gibt viel Verkehr und ich muss auf einer Sperrfläche warten, bis ich die Fahrbahn überque-

ren kann. Zudem kommt noch, dass es keinen Seitenstreifen gibt und die Fahrbahn eben-

falls durch

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Betonleitwände begrenzt ist. Während ich mir überlege, was ich machen soll, kommt ein

schwarzer Polizist mit eingeschaltetem Rot- Blaulicht und hält. Er schimpft, weil ich mit

dem Rad auf diesem Highway fahre. Nur Sekunden später kommt auch schon der nächste,

schwarze Polizist und hält mit seinem Streifenwagen an. Dieser ist locker drauf, schimpft

nicht und nach kurzer Besprechung fahre ich zwischen den beiden Polizeiautos geschützt

durch Rot- Blaulicht bis zur nächsten Auffahrt. Über Lautsprecher fordern sie mich auf bei

der nächsten Auffahrt, den Highway zu verlassen. Beide fahren weiter. Gegen 15 Uhr kom-

me ich in New Britain an und habe schnell ein zufriedenstellendes Zimmer gefunden.

23. Juni 2012 New Britain 34,34 km

Um 8 Uhr fahre ich in die 1,5 Meilen entfernte Ortschaft "New Britain" wo meine Großel-

tern 1912 also vor 100 Jahren ankamen und bis 1921 lebten. Sie heirateten in diesem Ort

und bekamen zwei Kinder, Rosina und Thekla. 1921 reisten sie zurück nach Österreich und

kauften mit ihrem Ersparten in Blumau eine

Landwirtschaft. Ich nehme mir den ganzen Tag

Zeit. Ich fahre kreuz und quer durch die Klein-

stadt, fotografiere und besuche die Kirche, wo

eventuell meine Großeltern geheiratet haben.

Sie ist aber geschlossen. Die Ortschaft ist nicht

groß und am Vormittag habe ich fast jede Stra-

ße befahren. Bei einem Friseur, lasse ich mir

den Bart und die Haare schneiden, 22.- Dollar

inkl. Kopfmassage ist ein guter Preis. Danach

esse ich im Restaurant "New Britain Inn". Von außen ist es auf keinen Fall einladend, aber

innen ist es schön und sauber. Es hängen insgesamt 14 Fernseher im Lokal, alle sind einge-

schaltet und in jedem läuft ein anderes Programm. Mein Essen ist gut und alles ist OK.

Nach dem Essen fahre ich noch eine Runde und sehe, dass die Kirchentür jetzt offen ist.

Bereits von außen sehe ich, dass in der Kirche, Karate trainiert wird. Um die zehn Männer

sind anwesend. Ich gehe hinein und schaue ihnen zu. Gleich kommt einer aus der Gruppe

zu mir. Ich erkläre ihm, warum ich hier bin. Er ist sehr freundlich und ich kann erfahren,

dass dies die einzige Kirche in New Britain ist. Es gibt etwas außerhalb zwar eine andere

neuere Kirche, aber die hat es damals sicher noch nicht gegeben. Ich mache noch einige

Fotos und wundere mich, wie vielseitig Kirchen hier verwendet werden. Es gibt ein paar

heiligen Figuren an den Wänden, aber keine Bänke sondern nur einen Teppichboden. Di-

rekt neben der Kirche ist der Friedhof. Danach halte ich noch bei einem Antiquitätenhänd-

ler an und suche nach einem Andenken an New Britain. Das Haus ist von oben bis unten

mit Antiquitäten vollgeräumt. Ich finde ein Buch über diese Ortschaft mit vielen Bildern

und Zeichnungen zurück bis ins 17 Jahrhundert, dass ich um 15.- Dollar kaufe.

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24. Juni 2012 New Britain (Pennsylvania) - Budd Lake (New Jersey) 99,34 km

Abfahrt 8 Uhr. Heute habe ich vor, die halbe Strecke nach Rockaway zu fahren. Die Landschaft ist hügelig und

waldig. In Frechtown überquere ich den Delaware River und komme in den letzten Bundesstaat meiner Reise,

nach New Jersey. Auf dem Highway 513 esse ich in Pittstown zu Mittag. In Clinton, gibt es zwei Motels, die mir

aber zu teuer sind. Nach 62 Meilen und 998 Höhenmetern finde ich gegen 18 Uhr in Budd Lake ein Motel um 70.-

Dollar und bin froh, dass ich so weit gefahren bin, denn für morgen wird Regen vorhergesagt.

25. Juni 2012 Budd Lake – Rockaway 27,29 km

Bis 10 Uhr regnet es, danach fahre ich los, ich komme nicht weit und es regnet wieder. Ich stelle mich bei einer

Tankstelle unter. Nach einer halben Stunde ist es vorbei mit Regen und der Himmel wird strahlend blau. Ich fahre

bis Rockaway und schaue mir den Ort an. Während ich mein Rad vor einem chinesischen Lokal abstelle, um dort

Mittag zu essen, klopft mir Michael auf die Schulter. Eigentlich habe ich mit ihm ausgemacht, dass ich am Nach-

mittag bei ihm ankomme, aber wenn der Zufall es so will, kann mir das auch recht sein. Meine Seitentaschen

laden wir ins Auto. Die letzten Hügel bis zu seinem Haus fahre ich ihm nach. Am Nachmittag besorgen wir einen

Karton für mein Fahrrad.

Gesamt km 5.264 Höhenmeter 35.695

26. Juni 2012 Rockaway - New York mit Bus

Um 9 Uhr geht´s ab Rockaway mit dem Bus nach New York, das Ticket kostet hin und zurück 23.- Dollar. Nach

einer Stunde Fahrzeit sind wir mitten von Manhattan. Auch mein Freund Michael ist mitgekommen und zeigt mir

die Stadt. Zuerst geht’s auf das derzeit höchste Gebäude von New York, auf das Empire State Building. Es dauert

bis wir oben sind, denn man muss sich bei Kontrollen und zwei Liften anstellen. Das Gebäude wurde 1931 fertig-

gestellt und ist 381 Meter hoch. Die Aussicht ist natürlich gigantisch. Danach wandern wir durchs Centrum von

Mannhatten und zurück über den Broadway zur Busstation. Um 17:30 Uhr kommen wir wieder in Rockaway an.

27. Juni 2012 Rockaway

Am Vormittag mache ich mit Michael eine ausgiebige Wanderung durch einen Park nahe Rockaway. Auf einer

Anhöhe kommen wir zu einem Aussichtspunkt, wo man die ca. 35 Meilen entfernte Stadt New York wegen der

Wolkenkratzer besonders gut sehen kann. Deutlich kann man dort, wo einst die Zwillingstürme des World Trade

Center standen, den neuen bereits sehr hohen Wolkenkratzer sehen. Michael erzählt, dass von hier viele Wande-

rer, das Geschehen vom 11. Sep. 2001 beobachtet haben. Deshalb wurde auf diesem Platz eine Gedenkstätte

errichtet. Danach kommen wir zu einer Stelle, wo ein Pieber einen Damm gebaut hat. Viele Hektar Wald hat er

dadurch unter Wasser gesetzt und die Bäume sind abgestorben. Die Wasserfläche ist mit vielen grünen Pflanzen,

Algen und anderen bedeckt. Ich habe ein schönes Fotomotiv. Am Nachmittag kaufe ich mir einen amerikanischen

Hut, danach verpacke ich mein Fahrrad in einen Karton und am Abend gibt es im Garten von Michael und Holly ein

Lagerfeuer mit deutschem Bier.

28. Juni 2012 Rockaway - JF Kennedy Airport New York.

Vormittag relax und um 12 Uhr ab zum Flughafen. Durch mehrere Staus auf den Highways beträgt die Fahrzeit

anstatt 1 Stunde mehr als 3 Stunden. Beim Check In am Flughafen eine unangenehme Überraschung. Ich bin um

einen Tag zu früh. Durch den Nachtflug und den Zeitunterschied zwischen Europa und der USA komme ich einen

Tag später in Wien an. Die dünn gedruckte Ankunftszeit habe ich übersehen und schon war es passiert. Der Flug

für diesen Tag ist ausgebucht, daher ist es nicht möglich umzubuchen. Ziemlich verärgert über diese Dummheit

muss ich in Long Eiland ein Hotel nehmen und einen Tag warten. Mein Freund Michael lässt es sich nicht nehmen,

mit mir zum Zeitvertreib nach Free Port zu fahren, um dort in einem guten Restaurant mit mir Abend zu essen.

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