ratio und Überlieferung
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Ratio and UberliefrungTRANSCRIPT
Ratio und Überlieferung in der Erkenntnislehre
al-As'ari's und al-Mäturidi's
Von Ulrich Rudolph, Göttingen
I.
AS'ari und Mäturidi sind als jene islamischen Theologen bekaimt
geworden, die den sunnitischen Kaläm, wenn nicht begründet, so doch
in wesentlichen Zügen geprägt haben. Deswegen werden sie geme mit
einer übereinstimmenden Formel charakterisiert, in der die Gmndele-
mente der sunnitischen Theologie musterhaft hervorgehoben sind.
Beide, so heißt es nämlich, hätten einerseits mit den Traditionalisten
gemeinsam, daß sie neben dem Koran auch die prophetische Überliefe¬
mng ohne Einschränkung anerkannten, und beiden soll es andererseits
gelungen sein, das daraus abgeleitete Credo — wie die Mu'tazila — mit
den Mitteln der rationalen Argumentation zu verteidigen.'
Mit dieser Beschreibung indessen, so bündig und gleichsam definito¬
risch sie auch sein mag, wird jedoch zunächst nur ihr historischer
Standort näher bezeichnet und von der Haltung anderer theologischer
Richtungen abgegrenzt. Ihr besonderer methodischer Ansatz hingegen,
der eine solche Stellung ja erst ermöglicht hat, ist damit noch nicht
erklärt. Denn wie hat man sich eigentlich das Verhältnis von Überliefe¬
mng und rationaler Spekulation genau vorzustellen, wenn der Verstand
in der Lage sein soll, die geoffenbarten Wahrheiten zu begründen und
zu verteidigen? Ist damit vielleicht gemeint, die Überliefemng selbst sei
so rational, daß sie durch Verstandesargumente durchleuchtet, ja
ersetzt werden könne? Oder zeigt uns die Spekulation nur ihre eigenen
' Diese Charakterisierung ist seit langem selbstverständlich und wurde schon
in den einschlägigen Artikeln der EI' vorausgesetzt (K. V. Zetterstäen:al-Ash'ari; D. B. MacDonald: Mäturidi). Klassisch formuliert wird sie bei Gar-det-Anawati: Introduction, S. 54 u. 60.
Zum grundsätzhchen Problem des Konfliktes zwischen Überlieferung und
rationaler Spekulation und seiner allgemeinen Situierung in der Geschichte derislamischen Theologie vgl. ebenfalls Gardet-Anawati: Introdu.ction, S. 349ff.u. 374 IT. und van Ess: Erkenntnislehre, S. 12 ff.
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Grenzen und macht damit den Weg zu der Einsicht frei, wie sehr wir auf
die unerforschliche Überlieferung angewiesen sind?
Die Fragen ließen sich ohne weiteres vermehren, und sie demonstrie¬
ren hinlänglich, wie prekär die vermittelnde Position gewesen sein muß,
die nicht nur von den beiden genannten, sondem von allen sunnitischen
mutakallimün eingenommen worden ist. Und in der Tat trafen sie ja auf
Anfeindungen genug, sowohl von Seiten der Traditionalisten, für die
das überlieferte Wissen nicht erklämngsbedürftig war, als auch von
Seiten der Mu'tazila, die darin eine Beeinträchtigung der rationalen
Spekulation gesehen hat. hides: Die Theologen der Sunna sind solchen
Herausfordemngen nicht ausgewichen, sondern haben gedankliche
Modelle entwiekelt, mit deren Hilfe eine präzise Bestimmung des Ver¬
hältnisses von Ratio und Überlieferung möglich geworden ist. Zwei die¬
ser Modelle, nämlich die Überlegungen Aä'ari's und Mäturidi's, sollen
im folgenden stellvertretend zusammengefaßt und nebeneinander
gestellt werden. Dabei bringt es der unterschiedliche Stand unserer
Kenntnisse mit sich, daß die Darstellung nicht völlig symmetrisch auf¬
gebaut sein kann. Zu Aä'ari liegen inzwischen einige Spezialuntersu¬
chungen vor, so daß es in seinem Fall genügt, die Quintessenz seines
Standpunktes zu resümieren. Mäturidi's Theologie dagegen liegt weit¬
gehend im Dunkeln und wird deshalb vergleichsweise ausführlich zur
Sprache kommen müssen.
n.
Aä'ari's Vorstellungen sind uns vor allem durch zwei Textstellen
bekannt, in denen die methodischen Gmndlagen seiner Theologie
genauer dargelegt werden. Die erste entstammt seinem „Schreiben an
die Bewohner der Grenze" (Risälat ilä ahi at-tagr) , einer kurzen Zusam¬
menfassung der Prinzipien der Religion, die uns in einem Istanbuler
Dmck schon seit langem zugänglich ist^ ; die zweite verdanken wir dem
erst kürzlich edierten Mubarrad maqälät al-AS'ari des Ibn Fürak, dem
Werk eines Enkelschülers, durch das sich unsere Kenntnis der Lehren
^ Edition des Textes in: Ilähiyat Fakültesi Mecmuasi (Istanbul) 8 (1928) 80-108; die Neuedition von Muhammad as-Saiyid al-Öulainid, Kairo 1987
(u.d.T.: Ui^ül ahi as-sunna wa-l-^amä'a al-musammät bi-risälat aht at-tagr) war
mir leider nicht zugänglich. Zur Authentizität der Risäla vgl. Allard: Attributs,S. 53-58 und Gimaret: Bibliographie, S. 270-276. Sie ist vermuthch eines derersten Werke, die AS'ari nach seiner Konversion verfaßt hat: vgl. Frank: Al-Ash'ari's al-Ifathth, S. 124 Anm. 5.
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des Meisters beträchtlich erweitert und verfeinert hat*. Beide Passagen
sind, wie sich zeigen wird, nicht immer übereinstimmend, sondem wei¬
sen Differenzen auf, die gerade im Hinblick auf unsere Fragestellung
nicht ohne Bedeutung sind.
In seinem „Schreiben an die Bewohner der Grenze" war AS'ari von
der religiösen Unterweisung ausgegangen, die der Prophet selbst am
Anfang seiner Sendung den Menschen gegeben hatte. Mohammed, so
fiihrt er aus, habe sich einer Vielzahl von Sekten und Religionen gegen¬
über gesehen, deren Zerstrittenheit er dadurch überwand, daß er sie
alle mit der einen Wahrheit konfrontierte. Dies geschah durch die Ver¬
kündung der neuen Botschaft, die sich in vier aufeinander folgenden
Schritten vollzogt. Als erstes lemten die Menschen erkennen, daß die
Welt und all ihre Bewohner nicht von Ewigkeit her existierten, sondem
in der Zeit geschaffen seien; im zweiten Schritt dann, daß dies alles nur
das Werk eines einzigen Schöpfers sein könne; drittens, daß Moham¬
med wahrhaftig dessen Gesandter sei; und schließlich, daß sie nun alles
befolgen müßten, was der Gesandte Gottes ihnen über den Glauben und
über ihre religiösen Pflichten mitzuteilen hatte^.
Die prophetische Botschaft war somit logisch aufgebaut und konnte
auch zeitlich nur in der von AS'ari beschriebenen Sequenz erfolgen.
Aber sie war deswegen noch nicht in ihrer methodischen Gmndlage uni¬
form. Denn was der Prophet den Menschen vortmg, begründete er je
nach dem sachlichen Zusammenhang auf unterschiedliche Weise. Die
beiden ersten Wahrheiten — daß alles geschaffen sei und nur von einem
Sehöpfer stamme — erklärte Mohammed, indem er sich ausschließlich
auf rationale Argumente berief. Ab dem dritten Sehritt hingegen war es
' Edition durch Gimaret, Beirut 1987. Gimaret hatte schon 1985 in Ara¬
bica auf die grundlegende Bedeutung dieses Textes aufmerksam gemacht (Undocument majeur). Inzwischen ist aus seiner Hand eine umfassende Studie derLehren al-AS'ari's erschienen (Doetrine. Paris 1990), die sich ganz wesentlich
auf den Mugarrad stützt. Dort fuhrt er auch den Nachweis (S. 17 fr.), daß Ihn
Fürak Aä'ari's Vorstellungen zuverlässig \\ ic^dcrgegcben hat.
* Risäla Sl, 1511'. Der methodische Ansatz der Risäla ist bereits von Frank:
Al-AS'ari's conception, untersucht worden, dessen eingehender Analyse ich michim folgenden anschließe. Vgl. daneben Ghoraba: Al-Ash'ari's Method, der sich
jedoch auf eine Darstellung der bekannten Äiiärn-Verteidigung in der RisälatIstihsän al-haud fi 'ilm al-kaläm (jetzt neu ediert von Frank u.d.T. : Kitäb al-IJall 'alä l-baht) beschränkt.
^ Risäla 81, 20-82, 1; vgl. 87, 17-20 u. 88, 12-89, 11.
" Schon das Vokabular, mit dem Aä'ari die ersten Teile der prophetischen
Unterweisung charakterisiert, weist eindeutig auf deren rationale Begründunghin, wie Frank: Al-AS'ari's conception, S. 138 gezeigt hat. Die Argumente des
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ein Kennzeichen seiner Botschaft, von der Ratio unabhängig zu sein.
Denn daß Mohammed wahrhaftig Prophet sei, erfuhr man dureh die
ihn bestätigenden Zeichen und Wunder, und daß man schließlich seinen
Anweisungen und Verboten in der Religion zu folgen hatte, ergab sich
schlicht und einfach aus seiner Autorität' . Jetzt nämlich, bei dieser letz¬
ten Stufe der Belehrung angekommen, hatten die Menschen ja bereits
eingesehen, daß Mohammed als Gottesgesandter zu ihnen geschickt
worden war. Also war es nicht mehr nötig, Fragen der Ethik und des
religiösen Gesetzes mit dem Verstand zu überdenken. Man folgte dem,
was der Prophet verkündete, denn es war richtig, weil es aus dem
Munde des Propheten kam.
Aus dieser ursprünglichen Unterweisung Mohammeds, die Aä'ari als
Modell fiir jede spätere Theologie verstanden haben will, ergibt sich
demnach, daß der Verstand nur sehr beschränkt in der Religion dienlich
sein kann. Fragen der Ethik und des Gesetzes, ja der religiösen Praxis
überhaupt, sind von ihm gar nicht zu beantworten, weil hier allein zählt,
was der Gesandte Gottes den Menschen mitgeteilt hat. Nur im engeren
Bereich der Theologie begegnen wir noeh der Spekulation, also stets
dann, wenn Grundsatzprobleme wie die Existenz Gottes und die
Geschaffenheit der Welt zu erörtem sind. Denn bei diesen Fragen, die
in den beiden ersten Abschnitten seiner Botschaft behandelt werden,
hatte ja auch der Prophet ausschließlich rational argumentiert, so daß
der Mensch aufgefordert ist, seine Argumente aufzugreifen und selb¬
ständig denkend naehzuvollziehen*.
Dennoch bleibt hier ebenfalls ein Vorbehalt bestehen, der von prinzi¬
pieller Wichtigkeit ist und den Aä'ari in der gesamten Risäla nicht auf¬
hebt: Auch die rationalen Argiunente für die Zeitlichkeit der Welt und
die Einzigkeit des Schöpfers haben die Menschen keineswegs selbst
ersonnen, sondem nur aus dem Munde ihres Propheten gehört. Ohne
diese überlieferte Offenbamng wüßten sie folglich nichts von ihnen, und
das fiihrt zu der eindeutigen Konsequenz, daß der Mensch allein mit
Propheten ließen laut AS'ari keinen Zweifel zu (Risäla 88, 3f ), schlössen jedes
Gegenargument aus (86, 15-17) und bedurften keiner Ergänzung (86, 17 f u.88, 5).
' Für die bestätigenden Wunder vgl. 81 ult. ; 86,2 ff. ; 89, 6-8, für die Autorität
des Prophetenwortes 89, 8-11.
* Daraus ergibt sich für Aä'ari nicht nur die Ablehnung des taqlid (z. B. Risäla88, 11 f und al-ffatt 2. 332), sondern auch die Verpflichtung jedes einzelnen zu
einem Mindestmaß an Spekulation (Gimaret: Doetrine, S. 215 ff.).
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dem Verstand und ohne die Überheferung seinen Gott und seine eigene
Geschöpflichkeit nicht erkennen kann*.
Dieses Bild wird indessen deutlich nuanciert, wenn man zum Ver¬
gleich die Aussagen heranzieht, die uns Ibn Fürak in seinem Mubarrad
überliefert hat. Was Ibn Fürak seinem Lehrer in den Mund legt, stellt
zwar das bisher Gesagte nicht grundsätzlich in Frage, aber es gibt uns
doch die Möglichkeit, die Konstanten in AS'ari's Denken von den weni¬
ger fest stehenden Vorstellungen zu unterscheiden.
Unumstößlich, so erweist sich, war für ihn die Tatsache, daß der Ver¬
stand in der Ethik und in den praktischen Fragen des Glaubens keine
begründende Rolle spielen kann. Sie ergibt sich nicht nur aus der ge¬
schilderten prophetischen Unterweisung, sondem aus einer Maxime,
die Aä'ari seiner gesamten Lehre zugmnde gelegt hat. Nach seiner
Überzeugung nämlich kann der Mensch gar nicht die moralische Bewer¬
tung einer Handlung vornehmen, weil die Handlungen aus sich heraus
nicht moralisch qualifizierbar sind. Sie werden nur gut, weil sie Gott
befiehlt, und werden nur schlecht, weil Gott sie verbietet. Mithin steht
per Definition fest, daß bei solchen Entscheidungen nur die Über¬
liefemng unsere Quelle sein kann'".
Anders verhält es sich dagegen mit dem zentralen Bereich der Theolo¬
gie, also mit den Überlegungen, die mit der Existenz Gottes und dem
Status der Welt befaßt sind. Denn hier konfrontiert uns der Mubarrad
mit der unerwarteten Tatsache, daß Aä'ari sehr wohl rein rationale Got¬
tesbeweise übemommen und fiir schlüssig befunden hat". Das steht im
offenen Widerspmch zu den Aussagen der Risäla und bedarf deshalb
einer methodischen Erklämng, die gmndsätzlich anders lauten muß als
jene, die unser Tlieologe noch in der Risäla vertreten hatte.
" Risäla, 92, Uff.; 87, Uff. und vieheicht am deutlichsten 89, 8ff., wo das
Wissen um Gott durch die Überiieferung gegen den rein rationalen Gottesbe¬weis (mittels der Akzidentien) ausgespielt wird.
'" Vgl. z.B. Mu§arradZ2, 3ff. u. 94, 20ff.; Risälam, ult.-99, 2; Lwma' § 171
und dazu Gimaret: Doetrine, S. 444 ff. Bei Fragen, die nicht speziell die Ethik,sondem Einzelheiten des Glaubens betreffen, zeigt der Verstand laut AS'ari
immer nur, daß die religiösen Bestimmungen möglich (d. h. nicht logisch absurd)
sind, während die Überlieferung ihre tatsächliche Existenz und Gültigkeit
beweist: vgl. z. B. Gimaret: Doetrine, S. 501 (für den Bereich der Eschatologie)u. 548 (für das Imämat).
" Gimaret: Doetrine, S. 219ff. Die beiden ersten Gottesbeweise, die teil¬
weise im Mubarrad und vollständig dureh al-Füraki bezeugt sind, kommen ganzohne Überheferung aus. Der dritte, mit dem das K. al-Luma' eröffnet (§ 3-6), ist
insofem mit der Überlieferung verknüpft, als er von der Entwicklung des Men¬schen ausgeht, wie sie im Koran (Sure 22, 5 u. 23, 13-14) beschrieben wird.
Ratio und Überlieferung in der Erkenntnislehre 77
Sie findet sich denn auch in der Einleitung zum Mu^arradund besagt,
in wenigen Worten zusammengefaßt, das Folgende: Die rationale Spe¬
kulation muß ihren Ausgang nicht unbedingt von überliefertem Wissen
nehmen, sondem kann auch auf den Gewißheiten aufbauen, die uns die
Sinneswahmehmung verschafft. Sie liefert uns nämlich ebenfalls einen
Gmndbestand an axiomatischem Wissen, und, von ihm ausgehend, ist
es genauso möglich, bis zur Erkenntnis Gottes zu gelangen'^. Abgesi¬
chert wird dieses modifizierte Konzept, indem Aä'ari prinzipielle Über¬
legungen Über das menschliche Wissen anstellt, die diesmal in vielerlei
Hinsicht den mu'tazilitischen Vorstellungen verpflichtet sind'*. Denn
jetzt unterscheidet er in guter Äa/äm-Tradition zwisehen notwendigem
(darün) Wissen, das jeder Mensch qua Mensch besitzt, und erworbenem
(muktasab) Wissen, das man sich aktiv aneignen muß. Ersteres besteht
unter anderem aus den Erkenntnissen der Sinne und aus gesicherter
Überliefemng, das andere erwirbt man durch die eigene, rationale Spe¬
kulation'^. Somit besitzt die Verstandestätigkeit nicht nur eine, sondem
zwei mögliche Gmndlagen, weil sie sowohl von den gesicherten Daten
der Sinneswahmehmung wie auch von den Aussagen der Überliefemng
ausgehen kann.
Allerdings will Aä'ari die Ratio auch im Bereich der Gotteserkenntnis
nicht gänzlich von der Offenbamng lösen, sondem fügt sofort wieder
zwei Einschränkungen hinzu: Zum einen kann der Verstand auf diesem
Wege lediglich feststellen, daß Gott existiert, nicht jedoch, wie Gott zu
beschreiben ist. Denn sämtliche Namen, die wir ihm geben, müssen laut
Aä'ari wieder in der Überliefemng bezeugt sein'®. Zum anderen aber,
und das wiegt noch schwerer, ist die Überliefemng doch immer schon
als Motor der Spekulation präsent. Denn daß wir überhaupt über Gott
nachdenken, ist ja nicht selbstverständlich, sondern liegt daran, daß
Gott uns zu solcher Reflexion verpflichtet hat. Von dieser Verpflichtung
aber muß man erfahren, und das kann, so Aä'ari, weder durch die Sinne
'^ Z.B. Mubarrad 15, 3-4: man denkt nach über die Zeichen (äyät), die Gott
uns zukommen heß (= Überlieferungsbeweis), und zieht aus seinen Taten (in derSchöpfung) Schlüsse (= Beweis via Sinneswahrnehmung).
" Mu^arradlO, lOff.; zur Entwicklung des Konzeptes vgl. van Ess: ^rfcerjwi-nislehre, S. 114 ff., zu seiner vielfachen Anwendung im Kaläm Gardet-Ana¬wati: Introduction, S. 374ff.
'^ Mubarrad 12, Iff. u. 17, 7fl'; Gimaret: Doctrine, S. 160flf.
" Mubarrad 49, 17-23; Gimaret: Doetrine, S. 359 ff.; Gimaret weist aller¬
dings darauf hin, daß der Begriff der Überlieferung weit gefaßt ist und, wie
häufig bei islamischen Theologen, den i^mä' mit einschließt (z. B. Mubarrad 42,1-3).
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noch durch den Verstand geschehen. Diese Verpflichtung, die im
Grunde am Anfang jeder theologischen Spekulation steht, ist uns nur
bekannt, weil Gott sie uns durch den Propheten geoffenbart hat'*.
Somit sind auch in Aä'ari's zweitem Konzept, das der Mubarrad
bewahrt hat, dem Verstand klare Grenzen gesetzt. Sie sind gewiß weni¬
ger eng gezogen, als dies in der Risäla der Fall war, und man wird nicht
an der Tatsache vorbeikommen, daß die Position des Mubarrad in man¬
cher Hinsicht sogar derjenigen der ÄisöZa widerspricht". Aber auch hier
bleibt letztendlich der Eindruck bestehen, daß Aä'ari sehr sorgfältig
darauf geachtet hat, die rationale Spekulation in einen von der Überlie¬
ferung vorgegebenen Rahmen einzubinden.
m.
Wenn man nach Aä'ari's Position nunmehr die Überlegungen Mäturi¬
di's betrachtet, so fallt zunächst auf, daß wir in seinem Falle sehr viel
präzisere und eindeutige Angaben zu unserer Fragestellung besitzen.
Beide Hauptwerke des Theologen aus Samarkand, das Kitäb at-Tau¬
hid^* und sein Kommentar zum Koran'*, eröffnen mit einer ausführli¬
chen Erörterung der jeweils angewandten Methode, so daß wir sowohl
über sein Verständnis von Kaläm als auch über die Prinzipien seiner
Koranexegese^" denkbar gut aus erster Hand unterrichtet sind. Das
'" Gimaret: Doetrine 213 ff.
" Am deutlichsten wird der Widerspruch beim Gottesbeweis mittels der
Akzidentien, der im Mubarrad ausfuhrlich bezeugt ist (Gimaret: Doetrine,S. 219-227), während Aä'ari in der Risäla betont, dieser Beweis sei häretisch
und würde von Philosophen und Qadariten gebraucht {Risäla 89, 11 ff.; 90 ult.-92. 2). Gimaret erltlärt diesen Umstand damit, daß die Ri-iöla — wic die Umna —
eines der bewußt pro-hanbalitischen Werke Aä ari's gewesen sei, die sein Den¬
ken nicht vollständig repräsentieren (Doetrine, S. 15 u. 220 f).
Edition von Kholeif, Beirut 1970 (Nachdruck 1986). Wichtige Ergänzun¬
gen zur Lesung des Textes, der nur in einer sehr fehlerhaften Handschrift erhal¬ten ist, geben Daiber in: Der Islam 52 (1975), 299-313 und van Ess in: Oriens27-28 (1981), 556-565.
" Die Ta'wUät aAl as-sunna liegen bislang nur in zwei unvoUständigen Editio¬nen vor, die jeweils über Band I nicht hinausgehen: edd. I. u. S. 'AwApAiN,Kairo 1971 (Kommentar zu Sure 1-2/141) und ed. M. M. Rahman, Dacca 1982
(zu Sure 1-2/161). Rahmans Edition entstand im Rahmen einer Londoner
Ph. D. Dissertation, deren Einleitung ebenfalls veröffentlich worden ist (AnIntroduction).
Vgl. dazu Götz: Mäturidi und Galli: Some Aspects.
Ratio und Überlieferung in der Erkenntnislehre 79
heißt nun nicht, daß Mäturidi den Fragen der Methode grundsätzlich
mehr Aufmerksamkeit geschenkt hätte. Gerade das Beispiel des Mubar¬
rad zeigt ja, daß AS'ari sehr wohl eine ausgefeilte Erkenntnislehre besaß
und daß sie uns nur durch die mangelhafte Überlieferung seines Werkes
bislang in ihren Einzelheiten verborgen geblieben ist^'. Aber wie dem
auch sei — wir sind bei Mäturidi jedenfalls in der glücklichen Lage, seine
Begründung der Theologie von Anfang an verfolgen zu können, und
dürfen uns dabei auf die systematischen Überlegungen berufen, die er
selbst in der Einleitung zu seinem Kitäb at-Tauhid angestellt hat^^.
Wie aus ihnen hervorgeht, sah Mäturidi das Problem als heikel und
als sehr vielschichtig an. Dreimal hat er sich ihm von neuem genähert
und dabei drei Überlegungen aufeinander folgen lassen, die sich wie
konzentrische Kreise um die ursprüngliche Frage legen. Die erste und
mit Abstand kürzeste Reihe von Argumenten beschränkt sich auf eine
scharfe Kritik am taqlid, die uns in mancher Hinsicht an AS'ari's Über¬
legungen in der Risäla erinnert. Mäturidi beklagt, daß die Menschen in
religiösen Fragen heillos zerstritten seien, weil sich einjeder auf irgend¬
welche Autoritäten berufe, denen sie blindlings und ohne eine weitere
Begründung folgten^*. Druchbrechen könne man diesen Teufelskreis
nur, wenn eine der zitierten Autoritäten unwiderlegbare Beweise (bur¬
hän) und Verstandesargumente (hu^^at 'aql) vorbringe, aus denen her¬
vorgehe, daß er allein glaubwürdig sei (?idq) und den Menschen die
Wahrheit (haqq) verkünde^*. Ihn müßten dann schließlich alle anerken¬
nen, weil kein anderer mit seiner Überzeugungskraft konkurrierenkönne^^.
Dieser einleitende, noch sehr allgemein gehaltene Gedankengang legt
also zunächst nur zweierlei fest: Von den zahlreich aufgetretenen Reli-
^' Zur schlechten Überiieferungslage hinsichtlich der Werke Aä'ari's vgl.Gimaret: Bibliographie und ders.: Un document majeur, S. 185-194.
Tauhid 3, 6-11, 4. Hilfreich bei der Analyse dieses Textabschnittes ist
die französische Paraphrase von Vajda: Autour d^ la theorie, S. 174-179. Nicht
einsehen konnte ich dagegen die unveröffentlichte Doktorarbeit von A. M. A.el-Galli: The Place of Reason in the Theology of al-Mäturidi and al-Ash'ari, Ph.D. 1976 (Edinburgh). Gallis oben erwähnter Aufsatz (Anm. 20) gehtauf unsereProblematik nicht ein.
Tauhid^, 7-11. Die Kritik am io^Ztdfindet sich allenthalben im K. at-Tau¬hid: 59, 13; 95, 6; 111, 14; 123, 8; 168, 8 u. 15; 197, 2; 223, 5; 363, 19. Spätere
Mäturiditen waren gegenüber dem Autoritätsglauben konzilianter, wie van
Ess: Erkenntnislehre, S. 27 u. 47 flf. gezeigt hat. Mäturidi selbst jedoch blieb indieser Frage unnachgiebig.
^* 3, 11-13.
3 ult.-4, 4.
80 Ulrich Rudolph
gionsstiftem und Sektengründem kann nur einer die Wahrheit besit¬
zen, und diese Wahrheit muß gegenüber den Behauptungen der anderen
deuthch unterscheidbar sein. Über den Inhalt der richtigen Lehre und
die Form ihrer Begründung erfahren wir dagegen noch nichts. Aber
auch deren Konturen werden schnell deutlicher, wenn Mäturidi nun zu
seiner zweiten Überlegung überleitet, die auf den gerade erarbeiteten
Prämissen aufgebaut ist.
Wenn nämlich, so lautet sein nächster Schritt, die Menschen nur eine
gemeinsame Relgion (din) haben dürfen und wenn diese Religion allein
einleuchtend sein soll, so kann sie nur dureh die beiden Prinzipien der
Überlieferung und des Verstandes abgesichert sein^". Denn diese Prin¬
zipien seien im menschlichen Leben vielfach bewährt und hätten ihre
Verläßlichkeit und Gültigkeit auf eine jedem einsichtige Weise bewie¬
sen. Was dabei die Bedeutung der Überlieferung betrifft, so genügt es
unserem Theologen, sie durch einen kurzen Vergleich mit dem profanen
Alltag zu belegen. In allen Bereichen des Lebens, sei es die Politik oder
sei es der Beruf, würden die Menschen wie selbstverständlich von der
Überlieferung, das heißt der Weitergabe des ererbten Wissens,
Gebrauch machen^'. Warum also, lautet die einfache Folgerung, sollte
man gerade in der Frage der Religion eine Ausnahme machen wollen
und auf die Hilfe der Überlieferung verzichten^*? Was hingegen den Ver¬
stand angeht, greift Mäturidi's Begründung schon deutlich weiter aus.
Hier entwickelt er eine ganze Reihe von Argumenten, die uns bereits
schrittweise an die Grundpositionen seiner eigenen Theologie heranfüh¬
ren.
Zunächst heißt es ganz nüchtern, daß der Verstand nun einmal unab¬
weisbar existiere und daß es bekanntlich sein Wesen sei, den Gesetzen
der Weisheit zu folgen. Wenn damit aber die Rationalität bereits in klei¬
nen Teilen der Welt nachgewiesen werden könne, müsse aueh die Welt
insgesamt den Regeln der Weisheit unterworfen sein. Und das führt zu
der grundlegenden Einsicht, daß die Welt geschaffen sei, um fortzube-
2» 4, 6-8.
" 4, 9-13.
Die Tendenz, „Überlieferung" im allgemeinen Sinne als Weitergabe (auch
profanen) ererbten Wissens zu verstehen und sich somit in der Diskussion nichtauf den speziellen Fall der religiösen Überlieferung zu beschränken, kann mannicht nur bei Mäturidi, sondern auch sonst im Kaläm beobachten (vgl. van Ess:Erkenntnislehre., S. 411 f ). Bei Mäturidi hat sie dazu gefuhrt, daß er als Überliefe¬
rungsbeweise Koranverse ebensogut wie allgemein menschliche Erfahrungenzitieren kann: vgl. z.B. 11, 7-13 oder 19, 9fr.
Ratio und Überlieferung in der Erkenntnislehre 81
stehen, und nieht entstanden sein könne aufgrund eines Zufalls oder
aus bloßer Spielerei^*.
Des weiteren macht uns der Verstand darauf aufmerksam, daß die
Menschen immer genügend Nahrungsmittel besitzen, um zu überleben,
und daß die Welt trotz der ihr innewohnenden gegensätzlichen Naturen
und Kräfte stets harmonisch geordnet bleibt''". Es muß also ein Prinzip
geben, das uns lenkt und versorgt*', und es muß einen Weg geben, auf
dem dieses Prinzip sich uns mitteilt. Das aber, so der Schluß, kann nur
durch einen Vermittler geschehen, dessen Glaubwürdigkeit unantast¬
bar ist. Ihn erkennen die Menschen daran, daß Gott ihn als ihren Führer
kenntlich gemacht hat und daß er bei all ihren Bedürfnissen und Unzu¬
länglichkeiten den rechten Rat weiß*^. Wer hingegen meint, ohne diese
Lenkung auskommen zu können und allein dureh Intuition** oder Inspi¬
ration*'* Gott und die Zusammenhänge der Welt verstehen zu können,
der verläßt den Weg der überprüfbaren Erkenntnisse und fallt zurück in
4, 14-5, 1.
*" Zum Begriff der Naturen (tabä'i'J bei Mäturidi vgl. Frank: Notes andRemarks.
" 5, 2-11.
5,12-6,3. Der Prophet bringt also nicht nur die religiöse Offenbarung, son¬
dern weist die Menschen auch in den Umgang mit den weltlichen Dingen (Acker¬
bau, Manzenkunde usw.) ein. Dieses Konzept des Propheten als Kulturstifters,das Mäturidi später noch ausführlich darlegt (179,1 ff.), hat er vermutlich von
Ibn ar-Rewandi übernommen (vgl. 193, 15f).
Gemeint ist nicht der philosophische Begriff der Intuition (in Absetzungvon der diskursiven Reflexion), sondern die Fähigkeit des Herzens (qalb),
unmittelbar zwischen gut und schlecht zu unterscheiden (6, 4-6). Gegen wensich diese Polemik Mäturidi's richtet, wird allerdings nicht ganz deutlich. Mankönnte an die mu'tazilitische Position denken, daß gewisse moralische Wertedem Menschen unmittelbar (d. h. ohne die Überlieferung) einsichtig sind (vanEss: Erkenntnislehre, S. 165f u. 328f ; Gimaret: Doetrine, S. 444), aber gerade
diese Position wird von Mäturidi geteilt (s. u. Anm. 48 u. 55). Möglich ist eben¬
falls, daß Mäturidi gegen die Vorstellung polemisiert, jeder Mensch besitze in¬tuitiv, d. h. apriorisch, einen Begriff von Gott. Sie wurde im 9. Jhd. vor allem von
den sogenannt<'n a^häb al-ma'ärif vertaten, in etwas anderer Nuancierung auchvon Abü 1-Hudail (van Ess: Erkenntnislehre, S. 132ff., 159f u. 329). Doch dage¬
gen s|n-iüht wiederum, daß an dieser Stelle nicht von Gotteserkenntnis die Redeist, sondem ausdrücklich von der Möglichkeit, zwischen gut und schlecht zuunterscheiden.
** 6, 6f Mäturidi's Ärgernis ist hier eindeutig der ilhäm, die Erkenntnis, die
sich auf Inspiration und nicht auf Nachdenken gründet. Die Möglichkeit des
ilhäm spielte vor allem in der Si'a und bei den Mystikern eine große Rolle, wurdeaber auch im frühen Kaläm häufig diskutiert (van Ess: Erkenntnislehre,S. 120ff.).
6 ZDMG 142/1
82 Ulrich Rudolph
den Zustand der Zerstrittenheit und der Rechthaberei, weil er an die
Stelle der Gewißheit wieder den irrationalen Zufallsglauben gesetzthat*^
Damit hat sich der Kreis ein weiteres Mal geschlossen, und wir sind
wieder bei der Erkenntnis angekomme/i, daß die wahre Religion von
einem allseits anerkannten Propheten gestiftet sein muß. Nur ist die
Begründung inzwischen sehr viel präziser geworden und hat uns auf die¬
sem Wege mehrere Einsichten in das methodische Konzept Mäturidi's
ermöglicht. Uberlieferung, sei sie profan oder religiös, ist für ihn etwas
Selbstverständliches, zum menschlichen Leben Gehöriges, das uns
Auskunft über sonst unzugängliche Wahrheiten und Erfahrungen gibt.
Der Verstand hingegen scheint in seinen Augen eine Auszeichnung des
Menschen zu sein, ein vernünftiges Prinzip, das in jedem einzelnen von
uns die Rationalität des gesamten Kosmos spiegelt**. An ihm zeigt sich,
daß die Welt der Weisheit entspricht, und er demonstriert, daß sie
einem alles lenkenden und alles versorgenden Schöpfer untersteht.
Zusätzlich dazu macht er uns auch deutlich, daß wir der religiösen
Überlieferung bedürfen, weil Gott sich nur so allen Menschen in seiner
ganzen Klarheit mitteilen kann. Mithin sind für Mäturidi beide Quellen
der Erkenntnis unabdingbar, weil sich erst beide zu einem vollständi¬
gen Bild ergänzen.
Ist man jedoch bei dieser Einsicht angelangt, bleibt nur noch die
Frage, wann denn nun welcher der beiden Erkenntniswege in der Praxis
Vorrang besitzen soll. Auch sie ist von Mäturidi nicht stillschweigend
übergangen worden, sondern wird nun in seiner dritten Überlegung aus¬
führlich beleuchtet. In diesem Kapitel, das seine methodische Einlei¬
tung abschließt, gibt er umfassend Rechenschaft über die Erkenntnis¬
möglichkeiten, die der Mensch besitzt, wobei auch er sich jetzt an dem
bekannten Dreierschema von Sinneswahrnehmung, Überlieferung undVerstand orientiert*'.
6, 8-ult.
Deutlich wird dies vor allem daran, daß Mäturidi — ohne jede Kritik — die
Vorstellung „der Philosophen" zitiert, daß der Mensch ein Mikrokosmos sei(5, 4; dazu Vajda: Autour de la eonnaissance, 8. 175 Anm. 2). Er kommt aller¬
dings im gesamten K. at-Tauhid nicht mehr auf dieses Konzept zurück.
7. 1-11, 4. Diese Dreiteilung der Erkenntniswege fmdet sich allenthalben
im Kaläm (Gardet-Anawati: Introduetion, S. 374ff.) und wird gewöhnlich mit
der zweifachen Klassifizierung des Wissens als „notwendig" oder „erworben"(s. o. Anm. 13 u. 14) verbunden. Erstere unterscheidet die Mittel, mit denen man
Erkenntnis gewinnen kann (und mag, wie Gimaret: Doetrine, S. 165 vermutet,die ältere Einteilung sein), zweitere beschreiht den Charakter der Erkenntnis.
Bei Aä'ari steht eindeutig die Alternative dorfin/niukiatiah im Vordergrund
Ratio und Überlieferung in der Erkenntnislebre 83
Zur Überlieferung erfahren wir dabei noch einmal, daß sie als Weiter¬
gabe bekannten Wissens in allen Bereichen des Lebens akzeptiert wird.
Der Mensch als sprachbegabtes Wesen teilt sich anderen Menschen in
gesprochenen Nachrichten mit, und diese Mitteilungen werden alsdannübermittelt und von Generation zu Generation tradiert**. Gilt dieses
Prinzip aber schon im alltäglichen Bereich, so muß es um so mehr auf
die Religion zutreffen, weil hier ja die Mitteilungen auf den glaubwürdig¬
sten Menschen überhaupt, den Propheten, zurückgehen**. Was er uns
gesagt hat, war aus sich heraus wahr, und man muß nur darauf achten,
daß nicht durch spätere Überlieferer einzelne Traditionen verfälscht
worden sind. Um solche Verfälschungen auszuschließen, wendet Mätu¬
ridi ein Unterscheidungsprinzip an, das sich bei AS'ari ebenfalls fmdet
und das wir auch sonst aus der islamischen Diskussion kennen: Nur die
mehrfach und lückenlos bezeugten Traditionen dürfen unmittelbare
Autorität beanspruchen*", während die schwachen Hadite einer sachli¬
chen Prüfung unterzogen werden müssen*'.
(Mubarrad 12, Iff. u. passim), während das Dreierschema Sinneswahrneh¬
mung/Überlieferung/Verstand erst spät in die Diskussion eingeführt wird(Mubarrad 17, 7f ). Bei Mäturidi dagegen verhält es sich umgekehrt. Die Zwei¬
teilung notwendig/erworben wird überhaupt nicht erwähnt, obwohl man
gewisse Analogien zu ihr feststellen kann (Frank: Notes and Remarics, S. 142Anm. 26; interessant auch Tauliid 80, löf, wo es heißt, die Sinneserkenntnis
könne nicht durch Einflüsterungen getrübt werden [d. h. sie ist notwendig], wäh¬rend die Verstandeserkenntnisse solchen Einflüssen unterliegen könnten [d. h.
sie sind erworben]). Seine Darstellung baut vielmehr ganz auf dem Dreier¬
schema auf (vgl. neben Tauliidl, 1 ff. vor allem 26, 17-27, 17). - Dies wiederumist offenkundig nicht ohne Eindruck auf seine Nachfolger geblieben: Das Glau¬bensbekenntnis ('Aqida), das uns unter Mäturidi's Namen überliefert wird, das
aber wohl aus der späteren Mäturidiya stammt (dazu van Ess in: Oriens 27-28(1981), 557 Anm. 2), eröffnet ebenfalls mit einer Erläuterung der Erkenntnis¬
wege, die exakt dem Schema Sinneswahrnehmung/Verstand/Überlieferungfolgt (MS Gotha 100, fol. lb 2ff. u. ed. Yörükan, S. 9 u. Nr. 1).
*« Tauhid, 7, 14ff.
*" 8, 14-18.
8, 20-9, 8. Kennzeichen des starken Ifadites ist auch fiir Mäturidi der tawä-
tur (9, 2), der ja von den islamischen Theologen stets als Bedingung für dieAkzeptanz der Überlieferung genannt worden ist: vgl. Gardet-Anawati: In¬troduction, S. 376-380 u. 400-403; für Aä'ari vgl. z. B. Mubarrad 17, 8 u. 23, 14ff.und dazu Gimaret, Doetrine, S. 530 ff. Ahbär mutawätira wurden auch von der
Mu'tazila nicht abgelehnt (vgl. van Ess: Ericenntnislehre, S. 41 Iff.), sieht maneinmal von extremen Positionen wie derjenigen Na??äm's ab (ders.: Ein unbe¬
kanntes Fragment).
♦' Tauhid 9, 9-15.
6*
84 Ulrich Rudolph
Bei dieser Prüfung aber tritt emeut der Verstand auf den Plan. Seine
Funktionen werden nun ebenfalls zusammengefaßt, wobei die Reihe der
Aufgaben, die Mäturidi ihm überträgt, durchaus eindmcksvoll ist: Der
Verstand nämlieh ist es, der im Falle zweifelhafter Überliefemngen und
trügerischer Sinneswahmehmungen das Wahre vom Falschen schei¬
det*^; er trennt Propheten von anmaßenden Zauberern**, und er nimmt
die Weisheit Gottes in der Schöpfung wahr**; er setzt uns in den Stand,
andere Kreaturen zu fuhren**, und hilft uns auch weiter, wenn Zweifel
oder Unglück in unser Leben eingetreten sind** ; und schließlich steht es
ihm anheim, unsere eigene, voller Spannung befindliche Natur zu len¬
ken*' und uns sogar mitzuteilen, welche Handlungen gut und welche
Handlungen häßlich sind**.
IV.
Diese Aufzählung der Verstandestätigkeiten ist gewiß eloquent und
in ihrer Fülle erstaunlich, aber sie sollte uns dennoch nicht zu der
Annahme verfuhren, Mäturidi hätte den Intellekt letztendlich über die
religiöse Überliefemng gestellt. Beide Erkenntniswege bleiben viel¬
mehr gleichrangig nebeneinander bestehen, denn sie sind voneinander
unabhängig und jeweils notwendig, um uns vollständigen Aufschluß
über die Fragen des Glaubens und des rechten Handelns zu geben. Das
wird noch einmal deutlich, wenn man Mäturidi's theologische Argumen¬
tation im einzelnen betrachtet, das heißt überprüft, wie er denn im Ver¬
laufe seines Kitäb at-Tauhid die hier theoretisch dargelegte Methode
angewendet hat. Dabei bestätigt sieh nämlich eindrücklich, was uns
zunächst nur als Programm angekündigt worden ist.
Wann immer es unserem Theologen möglich war, hat er sich bemüht,
seine Positionen durch Argumente aus mehreren Erkenntnisquellen
abzusichern. In Einzelfällen dient ihm sogar die Sinneswahmehmung
als dritter, zusätzlicher Beleg**, weitaus die meisten Thesen aber wer-
*^ 9, 16-18.
*•' 9, 18-10, 6.
** 10, 8-10; vgl. z.B. 110, 13-111, 12.
*" 10, 10-13.
*« 10, 13-16.
*' 10, 20-11, 4.
** 10, 17-20.
** So etwa in dem Kapitel über die Zeitlichkeit der Körper (11, 5 ff.) oder inPolemiken gegen die Dahriya (145, 1 ff.) und gegen die Manichäer (162, 1 ff. u.20ff.).
Ratio und Überlieferung in der Erkenntnislebre 85
den begründet, indem Argumente der Überlieferung und solche des Ver¬
standes einträchtig nebeneinander stehen*". Das besagt nicht, Mäturidi
hätte pedantisch darauf geachtet, in allen Fällen beide Erkenntnisfor-
men quasi paritätisch zu berücksichtigen. Manchmal erhält die eine
oder die andere deutlich das Übergeweicht*', manchmal auch sagt er
ausdrücklich, daß man bestimmte Probleme nur mit dem Verstand oder
nur anhand der Überlieferung lösen kann*^. Und schließlich gibt es auch
noch jene wenigen Beispiele, in denen doch eine einzelne Erkenntnis¬
form der anderen sichtbar übergeordnet wird; so etwa geschieht es bei
der Frage nach Gottes Thron, zu der laut Mäturidi äußerst unterschied¬
liche Aussagen der Überlieferung vorliegen, so daß der Vorstand not¬
wendigerweise als Schiedsrichter aufgerufen ist**.
Dies alles jedoch ändert nichts am zugrundeliegenden Prinzip und
belegt nur, wie unbekümmert Mäturidi gelegentlich argumentieren
kann. Die Überlieferung und der Verstand bleiben für ihn komplemen¬
täre Quellen des Wissens, und sie sind jedem Menschen geschenkt wor¬
den, auf daß er mit beider Hilfe seinen Schöpfer und die Wahrheiten
seiner Religion erkenne**.
Das gilt für nahezu alle Abschnitte des Werkes, wobei Mäturidi manchmalauch ausdrückhch festhält, daß uns derselbe Tatbestand sowohl durch den Ver¬
stand als auch durch die Überlieferung bekannt sei (z.B. 101, 14-16).
" Der Verstand trägt die Beweislast bei Grundsatzfragen wie der Existenzdes einen Schöpfers (17, 5ff.) und dessen vollkommener Freiheit (60, 1 ff.) oderder Möglichkeit des Schlusses vom Sichtbaren auf das Unsichtbare (27, 18flf.);
die Überlieferung dagegen regelt vorwiegend Einzelfragen wie die Stellung des
Sünders (337, 1 ff.), die Fürsprache des Propheten (365, ISff.) oder die Beschaf¬fenheit des Glaubens (386, -3 flf.).
*^ Die Zeitlichkeit der Körper etwa kann man laut Mäturidi nur durch denVerstand und nicht durch die Überlieferung erkennen (213, 2-5). Dagegen sind
uns die Einzelheiten der göttlichen Gebote (183, 19-184, 2; vgl. 179, 1 flf. u. 217,13 ff.) bzw. die Richtlinien, nach denen Gott belohnt oder straft (383, -1 f ), aus¬
schheßlich durch die Überlieferung bekarmt.Wichtig ist bei alledem, daß man — je nach dem besonderen Problem — das
richtige Erkenntnismittel wählt. Tut man dies nicht und vertauscht etwa den
Verstand gegen die Sinneswahrnehmung, so kommt man zu falschen Ergebnis¬sen (III, 19flf. u. 168, 19).
'* 67, 11 flf.
°* 179, 9ff. wird ausführhch die Ansicht wideriegt, daß der Verstand allein
genüge, um die Fragen der Religion zu klären. Andererseits betont Mäturidi,daß der Mensch nur zu dem verpflichtet werden könne, was seini'in'individuel-len Verständnis faßbar sei (137, 3 ff.).
86 Ulrich Rudolph
V.
Diese Grundhaltung wird man daher auch bedenken müssen, wenn
man abschließend versucht, die Position Mäturidi's mit derjenigen
AS'ari's zu vergleichen. Ein solcher Vergleich ist gewiß heikel und kann
auch deswegen nur von begrenzter Bedeutung sein, weil sich unsere
Überlegungen ja nur auf einen kleinen Ausschnitt aus dem Denken bei¬
der Theologen stützen. Dennoch sind bereits dort signifikante Unter¬
schiede zu konstatieren, die es denn auch verdienen, mit einigen weni¬
gen Worten festgehalten zu werden.
Eindeutig ist zunächst, daß Mäturidi dem Verstand wesentlich mehr
Freiraum zugestanden hat, als dies Aä'ari zulassen konnte oder wollte.
Das zeigt sich nicht so sehr an der Vielfalt der Aufgaben, die er ihm
übertragen hat, als vor allem daran, daß die Spekulation diese Auf¬
gaben autonom bewältigen kann. Ethische Bewertungen etwa, die
Aä'ari ganz der Überlieferung anheimstellen will, überträgt Mäturidi
ohne Bedenken der Ratio*''. Doch nicht nur da, sondem auch im Bereich
der Gotteslehre ist das Vertrauen, das er in sie gesetzt hat, ungebroche¬
ner als bei seinem Zeitgenossen aus dem Irak. Für Mäturidi besteht, wie
wir sahen, kein Zweifel daran, daß Gott auch ohne die Überlieferang
erkannt werden kann. Bei Aä'ari hingegen ist dieser Punkt zumindest
unklar und schwankt je nach Quelle, die man befragt. Doch unabhängig
davon, zu welcher Nuance er sich im Mubarrad oder in der Risäla ent¬
scheidet — er hat jedenfalls die Überliefemng so stark in seinen Gottes¬
beweis eingebunden, daß spätere Theologen einmütig davon ausgegan¬
gen sind, Gott sei nach seiner Ansicht ohne die Offenbarung nichterkennbar**.
''^ Der Verstand kann laut Mäturidi grundsätzlich entscheiden, was gut und
was schlecht ist (100, 15f u. 178, 16-ult.), weil manche Dinge aus sich herausschlecht (oder gut) sind wie etwa die Lüge, das Unrecht oder die Torheit (218,14 u. 20fr.). Die meisten Handlungen sind jedoch morahsch ambivalent (217,
13 ff ), so daß wir in vielen Einzelfällen erst durch die Überlieferung wissen, wasGott befohlen und was er verboten hat (vgl. Anm. 52).
*" Diese Einschätzung findet sich durchweg in jenem späten Literaturgenre,in dem die Ansichten der Aä'ariya mit denen der Mäturidiya verglichen werden.
Man denke etwa an die bekannte Liste der 13 Differenzpunkte zwischen beiden
Schulen, die Täg ad-Din as-Subki (gest. 771/1370) in seiner Nüniya aufgestehthat (Tabaqät aS-Säfi'iya al-kubrä, II 261fr.; zu Aä'ari's Lehre, duß Gott nur
durch die Offenbarung erkannt werde, speziell 267, löff.). Das Gedicht wurde
von Subki's Schüler Nür ad-Din Muhammad b. Abi t-Tai.yih aä-fiiräzi Uoinmen-
ticrt, und dessen Kommentar wiederum Jahrhunderte später von Ahü 'L'dba(schrieb um 1125/1713) in seiner ar-Eauda al-bahiyaJimä bain al-ASä'ira wa-l-
Ratio und Überlieferung in der Erkenntnislehre 87
Trotz dieser Einschränkungen jedoch, die AS'ari dem Intellekt auf¬
erlegt hat, wird man als zweites Ergebnis festhalten können, daß seine
Lösung des Konfliktes zwischen Ratio und Überlieferung die subtilere
und intellektuell anspruchsvollere ist. Denn er hat es verstanden, die
ursprünglich divergierenden Elemente zu einer gedanklichen Synthese
zu verbinden. In der Risäla entsteht dabei ein geschlossenes System,
das durch die allgegenwärtige Prämisse von der Priorität der Überliefe¬
rung getragen wird*'. Im Mubarrad hingegen bleiben gewisse Alter¬
nativen bestehen, und die Relation zwischen beiden Erkenntnisquellen
hat etwas von ihrer Eindeutigkeit und Konsequenz eingebüßt. Beide
Positionen aber sind deutlich mehr auf eine Synthese hin angelegt als
Mäturidi's Argumentation, die offener und wohl auch pragmatischer
wirkt, weil er von Fall zu Fall und je nach Erfordernis über die Wahl des
Erkenntnismittels entscheidet.
Das führt uns schließlich zu einer letzten Beobachtung, die sich eben¬
falls aus den bisherigen Überlegungen ableiten läßt. AS'aris Beweisfüh¬
rung ist nicht nur in sich geschlossener, sondem zugleich vorsichtiger
und sehr viel defensiver konzipiert. Allenthalben ist bei ihm der Ver¬
such zu spüren, die rationale Spekulation gegen jeden nur denkbaren
Einwand abzusichern. Ja, es entsteht fast der Eindmek, als seien seine
Überlegungen eine einzige Rechtfertigung der Ratio angesichts des tra¬
ditionalistischen Axioms, daß alles Wissen über die Religion ohnehin
schon in der Überliefemng enthalten sei**. Diese Maxime teilt Mäturidi
nicht, und so kann er auch seine Argumente sichtbar gelassener und
selbstsicherer entfalten. Dabei weiß natürlich aueh er um die Vorwürfe,
die gegen den Kaläm erhoben worden sind, und sieht sich daher ver¬
anlaßt, seine Anwendung rationaler Schlüsse gegen derartige Ein¬
wände zu verteidigen**. Aber er scheint sich doch seinen Gegnem letzt-
Mäturidiya ausgeschrieben (zu allem Madelung: The Spread of Maturidism,S. 166 f ). Die Liste der 13 Differenzpunkte ist wiederholt in der Sekundärlitera¬
tur wiedergegeben worden, ausführlich etwa von Walter C. Klein in der Ein¬leitung zu seiner englischen Übersetzung von AS'ari's Ibäna, S. 37 f
Frank: Al-AS'ari's conception, S. 147 betont, daß die Abhängigkeit von
Überlieferung und Verstand in der Risäla reziprok sei: Der Verstand erfährt die
besten rationalen Argumente erst aus der Überlieferung; aber die Überlieferungkann ihrerseits nur dadurch Autorität gewinnen, daß ihre Argumente dem Ver¬stand einleuchten.
Dieses Prinzip liegt sowohl der Risäla zugrunde als auch der Ibäna 'an usülad-diyäna, Aä'ari's bekanntem Versuch, die Hanbaliten für seine Theologie zu
gewinnen (vgl. z.B. Ibäna, S. 10, 2ff.; Übers. Klein: S. 44, -2ff.).
Eine ausführliche Verteidigung der Spekulation fmdet sich Tauhid 135,
5 ff. ; vgl . auch 109, 1 -2, wo Mäturidi argumentiert, daß es immer dann zu Feind-
88 Ulrich Rudolph
endlich überlegen gefiihlt zu haben und seiner Ratio sehr sicher gewe¬
sen zu sein. Denn nur so kann man sich schließlich die Ironie erklären,
die seinen Opponenten entgegenschlug, als Mäturidi folgenden maliziö¬sen Schluß formulierte: Mit dem Verstand verhalte es sich wie mit den
übrigen Teilen des menschlichen Körpers; man könne ihren Nutzen fiir
den Besitzer eben auch dadurch nicht aus der Welt schaffen, daß man
sich weigere, diese Organe zu gebrauchen"".
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Wine, Love and Praise for the Fatimid Imäms,
The Enlightened of God.
By Pieter Smoor, Amsterdam
During the last 25 years a number of editions have appeared of the
Diwäns of the Fätimid poets which have substantially increased our
knowledge of their work. Before this time a critic such as Muhammad
Kämil Husayn could express the belief (1950) that the Diwän of Zäfir
al-Haddäd, a blacksmith and self-taught poet from Alexandria, was
lost.' But since 1969 we possess this formerly-lost Diwän in a critical
edition by Husayn Na§§är.^ And even before then, in 1957, a critical
edition of Tamim ibn al-Mu'izz's Diwän had already made its appear¬
ance in print.*
Thanks to this modem tradition of critical editions, we now possess
two complete Diwäns of two poets whose lives were spent in Fätimid
Egypt, namely Tamim, a contemporary ofthe Caliphs al-Mu'izz and al-
'Aziz, and roughly 150 years later, ^äfir al-Haddäd, contemporary of al-Ämir and al-Häfiz.
Other poets now in print, who did not always live in Egypt, are Ibn
Häni' al-Andalusi,* who lived during the beginning of the Fätimid
dynasty, and Ibn Qaläqis* and 'Umära al-Yamani later*.
' Muhammad Kämil Husayn, Fi adab Mi^r al-Fdtimiyya, Cairo 1950,p. 138: "Wa-'ayna Diwänu . . . wa-Diwänu Zäfir al-Ifaddäd . .
^ Diwän Zäfir al-Haddäd ibn al-Iskandariyya, tähqiq Husayn Nassär, Cairo1969, Zäfir died 529 H.
' Diwän Tamim ibn al-Mu'izz li-Din Allah al-Fätimi, ed. Muhammad Basan
AL-A'?AMi, Cairo 1957, 2nd printing Beirut 1970. Tamim died 375 H.
* The best though incomplete edition is Tabyin al-ma'äni fi sharh diwän IbnHäni' al-Andalusi al-Maghribi, ed. Zähid "Al!, Cairo 1352 H. Another edition isDiwän Ibn Häni' al-Andalusi, Där Sädir, Beirut 1964. Ibn Häni' died ca. 362/973.
^ Diwän Ibn Qaläqis, ed. KhalIl Muträn, Cairo 1323/1905. There seems to
be an edition Kuwayt which however was not available to me. Ibn Qaläqis died567/1172.
" For text and translation of 'Umära's prose and poetry see HartwigDerenbourg, 'Oumära du Yemen sa vie et son oeuvre, 2 vols in Pablicatians de