einkommen und armut in tirol 2008

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2 2 0 0 1 1 0 0 Einkommen und Armut in Tirol Ergebnisse aus EU-SILC 2008 Europäisches Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung

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Page 1: Einkommen und Armut in Tirol 2008

22001100

Einkommen und Armut in Tirol Ergebnisse aus EU-SILC 2008

Europäisches Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung

Page 2: Einkommen und Armut in Tirol 2008

Herausgeber: Amt der Tiroler Landesregierung Raumordnung - Statistik Bearbeitung: MMag. Mario Stadler Redaktion: Mag. Manfred Kaiser Adresse: Landhaus 2 Heiliggeiststraße 7-9 6020 Innsbruck Telefon: 508 / 3622 Telefax: 508 / 3605 e-mail: [email protected] http://www.tirol.gv.at/statistik Nachdruck - auch auszugsweise - ist nur mit Quellenangabe gestattet Umschlagfoto: Europäische Union

Page 3: Einkommen und Armut in Tirol 2008

INHALTSVERZEICHNIS Seite Vorwort 1 1 – Einkommen und Lebensstandard 3 1.1 Erläuterungen zu den EU-SILC Erhebungen 3 1.2 Entstehung, Entwicklung und Verteilung des Haushaltseinkommens

in Tirol und Österreich 3 1.3 Verfügbares Einkommen vs. Äquivalenzeinkommen 8 1.4 Bestimmung des Lebensstandards durch das Äquivalenzeinkommen 9 1.5 Verteilung des äquivalisierten Haushaltseinkommens 9 1.6 Mittleres Haushaltseinkommen pro Jahr in Tirol: 17.767 Euro 13 1.7 Verteilung des Äquivalenzeinkommens von Tiroler Haushalten mit

und ohne Kindern 14 1.8 Äquivalisiertes Personeneinkommen nach Haushaltstypen 14 2 Armutsgefährdung und Deprivation 16 2.1 Die einkommensbezogene Armut 16 2.2 Armutsgefährdung nach soziodemographischen Merkmalen 20 2.3 Working Poor 21 2.4 Finanzielle Deprivation und benachteiligte Lebensführung 22 3 Subjektive Wahrnehmung der Lebenssituation in Tirol 27 4 Armutsgefährdung und Armutslagen bei Kindern und

Jugendlichen in Tirol 29

4.1 Kinder und Jugendliche 29 4.2 Der Anteil der armutsgefährdeten Kinder in Tirol entspricht dem Österreichschnitt 29 4.3 Finanzielle Deprivation und manifeste Armut bei Kindern und Jugendlichen 30

Page 4: Einkommen und Armut in Tirol 2008

5 Verschuldung, Überschuldung und finanzielle Ausgrenzung in Tirol 32 5.1 Verschuldung 32 5.2 Finanzielle Schwierigkeiten 35 5.3 Überschuldung 37 5.4 Finanzielle Exklusion 39

Literatur 41 Anhang 1 42 Anhang 2 44

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Vorwort

Die Europäische Kommission hat das Jahr 2010 zum Europäischen Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung erklärt. Unter dem Motto „Armut darf nicht sein!“ soll in der gesamten EU die Eindämmung der Armut, von der jeder sechste Europäer betroffen ist, in den Mittelpunkt gerückt werden.

Der Kommissionspräsident Josè Manuel Barroso erklärte in diesem Zusammenhang, „Die Bekämpfung der Armut und der sozialen Ausgrenzung ist ein wichtiger Teil der Krisenbewältigung. Zu oft werden die Schwächsten der Gesellschaft am Härtesten von einer Rezession getroffen. Deshalb sollte das Europäische Jahr 2010 als Katalysator für die Sensibilisierung und für die Schaffung einer Dynamik dienen, die zum Aufbau einer integrativeren Gesellschaft beiträgt.“

Vladimìr Spidla, EU- Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Chancengleichheit, ergänzte: „ Für jeden sechsten Europäer ist es ein täglicher Kampf, finanziell über die Runden zu kommen, und Armut kann jeden von uns treffen, ebenso wie unsere Gesellschaften im Ganzen. Zwar setzen die meisten Maßnahmen zur Armutsbekämpfung auf nationaler Ebene an, doch drei Viertel der Europäer erwarten sich auch Hilfe von der EU. Durch das Europäische Jahr rückt das Thema Armut auf der Tagesordnung ganz nach oben, so dass die Länder Europas den Kampf gegen Armut und soziale Ausgrenzung gemeinsam und mit vereinten Kräften führen können.“

Derzeit leben in Europa etwa 79 Millionen Menschen unterhalb der Armutsgrenze (einer Schwelle, die bei 60% des Medianeinkommens des Landes in dem sie leben, angesetzt wird) und gelten daher als armutsgefährdet. Dies sind 16% der europäischen Bevölkerung. Einer von zehn Europäern lebt heute in einem Haushalt, in dem niemand arbeitet und für 8% der Europäer genügt eine Arbeitsstelle nicht, um der Armut zu entkommen. Kinder sind in den meisten Mitgliedsstaaten besonders stark von Armut betroffen. Die Armutsgefährdungsrate von Kindern im Alter von 9 bis 17 Jahren liegt in Europa bei 19%, also etwa 19 Millionen Kindern. Das größte Armutsrisiko betrifft AlleinerzieherInnen- Haushalte und Haushalte mit abhängigen Kindern. Die Armutsrate für AlleinerzieherInnenhaushalte mit einem Kind liegt im europäischen Schnitt bei 33%. Auch junge Erwachsene im Alter von 18 bis 24 Jahren (18%) und jene, die älter als 65 Jahre sind (19%) sind überdurchschnittlich von Armut bedroht. Ältere Frauen sind mit 21% deutlich stärker betroffen als Männer mit 16% ( vgl. Die Armutskonferenz, European Anti Poverty Network 2008).

Diese alarmierenden Zahlen schlagen sich auch deutlich in der öffentlichen Meinung nieder. In einer Eurobarameter- Umfrage zum Thema Armut sehen 73% der Europäer Armut als verbreitetes Problem in ihrem Land, 89% fordern, dass ihre Regierung rasch etwas dagegen unternimmt und 74% erwarten, dass auch die EU hier eine maßgebliche Rolle spielen soll.

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Das Europäische Jahr 2010 soll das Bewusstsein für die Ursachen und Folgen der Armut in Europa schärfen, und zwar sowohl bei den Schlüsselakteuren wie Regierungen und Sozialpartnern als auch in der breiten Öffentlichkeit.

Die Europäische Union hat in ihrer Strategie EUROPA 2020 die Leitinitiative „Europäische Plattform zur Bekämpfung der Armut“ verankert. Ziel dieser Initiative ist die Gewährleistung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts. Aufbauend auf dem derzeitigen Europäischen Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung sollen das Bewusstsein um die Grundrechte der Menschen, die unter Armut und Ausgrenzung leiden, geschärft und ihre Anerkennung gefördert werden, damit sie in Würde leben und aktiv an der Gesellschaft teilhaben können. Auf EU- Ebene übernimmt die Kommission folgende Aufgaben (siehe European Komission 2010, S. 23):

• die offene Koordinierung im Bereich der gesellschaftlichen Integration und des sozialen Schutzes zu einer Plattform für Kooperation, gegenseitige Kontrolle und den Austausch bewährter Verfahren sowie zu einem Instrument zur Förderung des Engagements öffentlicher wie privater Träger im Kampf gegen gesellschaftliche Ausgrenzung zu machen und konkrete Maßnahmen zu ergreifen, wozu auch eine gezielte Unterstützung durch Strukturfonds, insbesondere den ESF (Europäischer Sozial Fond), zählt.

• Programme zu konzipieren und durchzuführen, mit denen soziale Innovationen für die Schwächsten der Gesellschaft gefördert werden sollen, u. a. durch eine innovative allgemeine und berufliche Bildung und Beschäftigungsmöglichkeiten für benachteiligte Gruppen, gegen Diskriminierung (z.B. Behinderter) vorzugehen und eine neue Agenda für die Integration von Migranten zu erarbeiten, damit diese ihr Potential voll nutzen können.

• Angemessenheit und Nachhaltigkeit der Systeme der sozialen Sicherung und der Altersvorsorge zu prüfen und Möglichkeiten eines besseren Zugangs zur Gesundheitsversorgung zu erkunden.

Die Mitgliedsstaaten wiederum sind aufgefordert,

• die kollektive und individuelle Verantwortung Aller im Kampf gegen Armut und soziale Ausgrenzung zu fördern.

• Maßnahmen zu konzipieren und durchzuführen, die den besonderen Umständen bestimmter, besonders gefährdeter gesellschaftlicher Gruppen (wie Alleinerziehende, ältere Frauen, Minderheiten, Roma, Behinderte, Obdachlose) gerecht zu werden.

• ihre Systeme der sozialen Sicherung und der Altersvorsorge so auszubauen, dass eine angemessene Einkommensstützung und der Zugang zur Gesundheitsversorgung gewährleistet sind.

Es bleibt zu Hoffen, dass all diese Bemühungen und Initiativen im Kampf gegen Armut und soziale Ausgrenzung in naher Zukunft Früchte tragen werden, denn jede Volkswirtschaft wird unter anderem auch am Umgang mit ihern Armen und sozial schwachen Mitgliedern gemessen.

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Einkommen und Armut in Tirol

Ergebnisse einer Analyse der EU-SILC Erhebungen 20081

1 Einkommen und Lebensstandard

1.1 Erläuterungen zu den EU-SILC Erhebungen

EU-SILC (Statistics on Income and Living Conditions) bezeichnet eine Statistik über Einkommen und Lebensbedingungen von Privathaushalten in Europa. Sie bildet eine wichtige Grundlage für die Europäische Sozialstatistik.

In Österreich wurde EU-SILC erstmals 2003 als einmalige Querschnittserhebung von STATISTIK AUSTRIA durchgeführt. Mit 2004 begann eine integrierte Längs- und Querschnittserhebung – das heißt, jeweils rund drei Viertel der Haushalte werden auch im Folgejahr wieder befragt, ein Viertel der Stichprobe kommt jährlich neu dazu. Grundlage für die Stichprobe ist eine reine Zufallsauswahl aus dem zentralen Melderegister. Alle Personen eines Haushalts ab 16 Jahren werden persönlich befragt. Zusätzlich werden grundlegende Informationen zu Kindern erhoben, womit sich auf Bundesebene ein umfassendes Bild der Einkommens- und Lebenssituation von Menschen in österreichischen Haushalten zeichnen lässt.

Stichprobengröße nach Haushalten und Personen

Personen Personenunter 16 16 Jahre und InsgesamtJahren älter

Österreich 2008 5.711 2.676 10.955 13.631Tirol 2008 448 217 848 1.065

Personen

Haushalte befragt

Tabelle 1

1.2 Entstehung, Entwicklung und Verteilung des verfügbaren Haushaltseinkommen in Tirol und Österreich

Auf Grundlage der Daten aus der EU-SILC–Erhebung 2008 kann auf das verfügbare Einkommen der Tiroler Haushalte hochgerechnet werden. Als Einkommenszeitraum gilt jeweils das Vorjahr, in der Erhebung EU-SILC 2008 also das Jahr 2007.

Die Berechnung des verfügbaren Haushaltseinkommens wird in folgender Weise durchgeführt:

1 Quelle: Statistik Austria, EU-SILC 2008

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Erwerbseinkommen aus unselbständiger und selbständiger Erwerbstätigkeit + Kapitalerträge ( Zinsen und Dividenden) = Markteinkommen brutto + Pensionen (Eigen- und Hinterbliebenenpensionen) = Primäreinkommen brutto + Sozialtransfers ( Arbeitslosengeld, Familienleistungen, Wohnbeihilfen ...) = Brutto-Einkommen - Steuern und Sozialabgaben = Netto-Einkommen +/- regelmäßige Privattransfers ( Alimente, Unterhaltszahlungen, ...) = verfügbare Haushaltseinkommen

Rund 240.200 Haushalte erwirtschaften in Tirol ein Markteinkommen von zirka 9,4 Mrd. Euro. Das Bruttoeinkommen der 285.000 Haushalte beläuft sich auf etwa 13,4 Mrd. Euro, nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge und der Einkommenssteuer ergibt sich ein Nettoeinkommen von 9,62 Mrd. Euro der Tiroler Haushalte. Nach Einrechnung des Saldos aus den Privattransfers ergibt sich ein durchschnittliches verfügbares Einkommen der Tiroler Haushalte von 9,59 Mrd. Euro, etwa um 189 Mio. Euro höher als das Markteinkommen. In etwa 1,7 Mrd. Euro wenden die Tiroler Haushalte für Wohnen auf, was das verfügbare Haushaltseinkommen nach Abzug dieser Kosten auf 7,9 Mrd. Euro reduziert. Dividiert man die Wohnkosten durch die Zahl der Haushalte errechnet sich ein durchschnittlicher Aufwand fürs Wohnen der Tiroler Haushalte von 6.261 Euro jährlich. In der folgenden Übersicht sind die Einkommen dargestellt, sowie die jeweiligen Medianwerte für die Haushalte berechnet.

Einkommen der Tiroler HaushalteAnzahl der

Haushalte in 1.000

Median - 50% haben weniger

als ...

arithmetisches Mittel

Summe ( in Mrd. Euro)

Markteinkommen brutto 240 32.886 39.134 9,401Primäreinkommen brutto 278 36.345 44.678 12,429Brutto Einkommen 285 38.735 47.070 13,400Netto Einkommen 285 28.749 33.813 9,626verfügbares Einkommen 285 28.724 33.687 9,590Verfügbares Einkommen nach Wohnkosten 268 23.867 29.472 7,912 Tabelle 2

In Österreich erreichen etwa 3 Mio. Haushalte ein Bruttomarkteinkommen von 116,4 Mrd. Euro. Berücksichtigt man die Pensionszahlungen und die Sozialtransfers ergibt sich für die knapp 3,6 Mio. Haushalte ein Bruttoeinkommen von 164,7 Mrd. Euro. Nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben verbleibt ein Nettoeinkommen von 120,9 Mrd. Euro. Das verfügbare Haushaltseinkommen beträgt in Österreich rund 120,7 Mrd. Euro. Der Wohnaufwand beläuft sich in Österreich auf zirka 21,4 Mrd. Euro, was in etwa 6.298 Euro jährlichen Wohnkosten pro Haushalt entspricht. Das verfügbare Einkommen der rund 3,4 Mio. Haushalte nach Abzug dieser Kosten beträgt in etwa 99,3 Mrd. Euro.

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Amt der Tiroler Landesregierung 20.05.2010 Raumordnung - Statistik

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Einkommen der Österreichischen HaushalteAnzahl der

Haushalte in 1.000

Median - 50% haben weniger

als ...

arithmetisches Mittel

Summe ( in Mrd. Euro)

Markteinkommen brutto 2.998 31.625 38.825 116,4Primäreinkommen brutto 3.457 35.308 44.066 152,3Brutto Einkommen 3.563 37.689 46.242 164,7Netto Einkommen 3.563 28.660 33.928 120,9verfügbares Einkommen 3.566 28.592 33.838 120,7Verfügbares Einkommen nach Wohnkosten 3.398 23.937 29.234 99,3 Tabelle 3

Der Median des Markteinkommens der Tiroler Haushalte liegt laut EU-SILC 2008 für das Erhebungsjahr 2007 bei 32.886 Euro, österreichweit bei 31.625 Euro. Das verfügbare Einkommen der Haushalte ist im Median in Tirol und Österreich mit 28.724 Euro bzw. 28.592 Euro ähnlich hoch.

Die Entwicklung der Einkommen in den letzten Jahren zeigt, dass das Markteinkommen in Tirol einen leicht steigenden Trend aufweist, während der Österreichschnitt relativ konstant verläuft. Der Median des verfügbaren Haushaltseinkommens zeigt ebenfalls über die Jahre einen leichten Aufwärtstrend, in Tirol ist er verglichen mit der EU-SILC 2007 Erhebung jedoch leicht gesunken. Der Grund dafür liegt nicht in den Umverteilungsprozessen durch Steuern und Sozialtransfers, sondern ist in der allgemeinen Einkommensverteilung zu finden, wie im folgenden Abschnitt genauer erläutert wird. Abbildung 1 zeigt die Entwicklung der Markteinkommen und der verfügbaren Haushaltseinkommen für Tirol und Österreich, in Tabelle 4 sind die Ergebnisse tabellarisch dargestellt.

Entwicklung von Markteinkommen und verfügbaren Einkommen in Tirol und Österreich

25.000

26.000

27.000

28.000

29.000

30.000

31.000

32.000

33.000

34.000

2005 2006 2007 2008

Euro

Markteinkommen Tirol verfügbares Einkommen Tirol

Markteinkommen Österreich verfügbares Einkommen ÖsterreichTirStat

Abbildung 1

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Markteinkommen verfügbares Einkommen Markteinkommen verfügbares

Einkommen2005 30.563 26.141 31.791 27.9152006 29.966 28.038 31.637 27.3712007 31.047 29.012 31.285 27.9712008 32.886 28.724 31.625 28.592

Jahr Tirol ÖsterreichMedian - 50% haben weniger als ...

Tabelle 4

Ein weiterer interessanter Aspekt der Haushaltseinkommen ist deren Verteilung. Ein Maß zur Messung der Konzentration der Einkommen ist der sogenannte GINI- Koeffizient. Bei Gleichverteilung, das heißt, jeder Haushalt würde das gleiche Einkommen erzielen, beträgt dieser Koeffizent 0 %, bei maximaler Konzentration, das heißt ein Haushalt würde über das gesamte Tiroler Einkommen verfügen beträgt der Gini-Koeffizient 100%.

Für das Markteinkommen errechnet sich in Tirol ein Gini-Koeffizient von 50,2%, nach Hinzurechnung der Pensionen reduziert er sich auf 39,1%. Bei Berücksichtigung der Sozialtransfers sowie der Steuern und Sozialabgaben ergibt sich ein Koeffizient von 34,3% für das Nettoeinkommen, was im Vergleich zum Primäreinkommen einer gleicheren Verteilung entspricht. Der Abzug der Wohnkosten lässt die Ungleichverteilung wieder ansteigen, diese haben somit einen negativen Umverteilungseffekt.

Gini-Koeffizienten für die Verteilung der Haushaltseinkommen in Tirol

38,134,034,3

38,139,1

50,2

0

10

20

30

40

50

60

Mar

ktei

nkom

men

brut

to

Prim

ärei

nkom

men

brut

to Bru

ttoEi

nkom

men

Net

to E

inko

mm

en

verf

ügba

res

Eink

omm

en

Verf

ügba

res

Eink

omm

en n

ach

Woh

nkos

ten

Gin

i Koe

ffizi

ent i

n %

TirStat

Abbildung 2

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Die Gini- Koeffizienten der Einkommen in Österreich weisen eine etwas schwächere Konzentration auf als in Tirol, was bedeutet, dass die Einkommen österreichweit geringfügig gleichmäßiger auf die Haushalte verteilt sind als in Tirol.

Gini-Koeffizienten für die Verteilung der Haushaltseinkommen in Österreich

48,3

38,4 36,933,6 33,4

37,3

0

10

20

30

40

50

60

Mar

ktei

nkom

men

brut

to

Prim

ärei

nkom

men

brut

to Bru

ttoEi

nkom

men

Net

to E

inko

mm

en

verf

ügba

res

Eink

omm

en

Verf

ügba

res

Eink

omm

en n

ach

Woh

nkos

ten

Gin

i Koe

ffizi

ent i

n %

TirStat

Abbildung 3

Die Abbildung 4 zeigt die Entwicklung des verfügbaren Einkommens und die Veränderung der Verteilung des verfügbaren Einkommens auf die Haushalte in Tirol. Der in der Abbildung hellgrau dargestellte Bereich repräsentiert das aufgrund der Hochrechnung von der Stichprobe resultierende 95%ige Konfidenzintervall. Von der EU-SILC Erhebung 2005 zur Erhebung 2008 kann eine permanente Steigerung der Konzentration des Einkommens festgestellt werden. Das bedeutet, dass sich die Summe aller verfügbaren Einkommen in Tirol immer ungleichmäßiger auf die einzelnen Haushalte verteilt. Diese Tatsache impliziert den leichten Rückgang des verfügbaren Medianeinkommens der Tiroler Haushalte.

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Abbildung 4

1.3 Verfügbares Einkommen vs. Äquivalenzeinkommen

Wie unter Punkt 1.2 bereits erörtert, versteht man unter dem verfügbaren Haushaltseinkommen die Summe aller Primäreinkommen, das sind Einkommen aus unselbständiger und selbständiger Erwerbstätigkeit sowie Einnahmen aus Kapitalbesitz der im Haushalt lebenden Personen, zuzüglich aller empfangenen Transferleistungen (z.B. Arbeitslosengeld, Kindergeld, Karenzgeld, Renten infolge Krankheit/Unfall/Invalidität,...), abzüglich Steuern und Sozialleistungen.

Das Äquivalenzeinkommen (oder auch äquivalisiertes Haushaltseinkommen) geht zwar vom verfügbaren Einkommen aus, setzt dieses Einkommen aber mit festgelegten Gewichtungs-faktoren in Relation zur Anzahl und Alter der im Haushalt lebenden Personen. Nähere Hinweise dazu liefert Kapitel 1.4.

Da sich dieser Bericht mit den Einkommensverhältnissen von Haushalten beschäftigt, beziehen sich die folgenden Ausführungen ausschließlich auf das Äquivalenzeinkommen.

Entw icklung des verfügbaren Haushaltse inkom m en sow ie dessen Verte ilung in Tirol

24.000

25.000

26.000

27.000

28.000

29.000

30.000

31.000

32.000

2005 2006 2007 2008

Euro

30,0

30,5

31,0

31,5

32,0

32,5

33,0

33,5

34,0

34,5

GIN

I - K

oeff

izie

nt in

%

TirStat

verfügbares Einkommen

Konfidenzintervall 95%

Einkommensverteilung

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1.4 Bestimmung des Lebensstandards durch das Äquivalenzeinkommen

EU-SILC gewährt vor allem Einblicke in die Einkommenssituation der befragten Haushalte und Personen. Doch erst eine Gegenüberstellung des jeweiligen Bedarfs eines Haushaltes und dessen verfügbaren Ressourcen geben näherungsweise Auskunft über den Lebensstandard der Haushaltsmitglieder. Es gibt verschiedene statistische Methoden, den bedarfsgewichteten Ressourcenzugang bzw. das äquivalisierte Haushaltseinkommen zu bestimmen. Die üblichen Analysen gehen dabei von der Annahme aus, dass alle Personen, die in einem gemeinsamen Haushalt leben, in selber Weise am gesamten verfügbaren Einkommen partizipieren und dieses Einkommen somit den individuellen Ressourcenzugang definiert.

Der tatsächliche Ressourcenbedarf ist empirisch schwer feststellbar. Konsumausgaben hängen sehr stark von persönlichen Präferenzen ab und gehen meist über den Mindestbedarf hinaus. In Publikationen und Studien zu diesem Thema wird der Ressourcenbedarf fast immer über konventionell festgelegte Bedarfsgewichte (Äquivalenzskalen) festgelegt. Dabei wird davon ausgegangen, dass größere Haushalte weniger Einkommen benötigen als mehrere Einpersonenhaushalte. Die Gewichtungsfaktoren unterscheiden sich teilweise, abhängig vom angenommenen Einsparungspotential (Elastizität). In dieser Arbeit wird die so genannte EU-Skala angewendet, die im Folgenden kurz erläutert wird.

Eine allein lebende, erwachsene Person erhält den Wert 1, der als Referenzpunkt (Konsum-äquivalente) gilt. Dieser setzt sich zusammen aus dem Fixbedarf für den Haushalt (Gewicht: 0,5) und dem Fixbedarf für die erste Person (Gewicht: 0,5). Der unterstellte Ressourcenbedarf steigt mit jedem weiteren Erwachsenen um eine halbe Konsumäquivalente und jedes weitere Kind unter 14 Jahren wird mit 0,3 Konsumäquivalenten gewichtet. Zur Verdeutlichung der Berechnung des Einkommensbedarfes sind in Tabelle 2 einige Berechnungsbeispiele dargestellt. Das Äquivalenzeinkommen ergibt sich somit durch Division des verfügbaren Haushaltseinkommens durch die jeweilige Konsumäquivalente des Haushaltes.

F ixb ed arf d es B ed arf fü r B ed arf fü r H au sh altes Erwach sen e K in d er Gesamtb ed arf

Einpersonenhaushalt 0,5 0,5 0,0 1,0AlleinerzieherIn mit 2 Kindern 0,5 0,5 0,6 1,6F amilie mit 1 Kind 0,5 1,0 0,3 1,8

B eisp iele zu r B erech n u n g d es Ein ko mmen sb ed arfs ( in K o n su mäq u ivalen ten )

Tabelle 5

1.5 Verteilung des äquivalisierten Haushaltseinkommens

Die Lorenzkurve in Abbildung 5 zeigt die Verteilung des äquivalisierten Haushaltseinkommens in Tirol im Vergleich zu Österreich. Die Diagonale repräsentiert eine hypothetische Situation, in der das Einkommen vollkommen gleichmäßig auf die Haushalte verteilt ist (beispielsweise würden 50% der Haushalte genau 50% des gesamten Einkommens erzielen). Je weiter die Kurve von dieser Diagonale entfernt ist, desto stärker ist das

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Einkommen konzentriert. Wie bereits in Kapitel 1.2 für die anderen Einkunftsarten, zeigen die in den Diagrammen angegebenen Gini-Koeffizienten das Ausmaß der Konzentration als statistische Größe. Je näher deren Werte bei 100 % liegt, desto ungleicher ist das Einkommen verteilt. Ein weiterer Indikator der Aufschluss über die Verteilung des äquivalisierten Einkommens gibt und häufig für internationale Vergleiche herangezogen wird, ist die so genannte S80/S20 Quote. Diese Quote setzt das obere Quintil der Verteilung mit dem unteren Quintil in Relation und gibt Auskunft darüber, um wieviel mal höher das durchschnittliche Einkommen jener 20% der Bevölkerung mit den höchsten Einkommen, gegenüber jenen 20% mit dem gerinsten Einkommen ist.

Lorenzkurve des äqivalisierten Personeneinkommens in Tirol

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100% der Bevölkerung

% d

es E

inko

mm

ens

Gini - Coeff.24,5%

TirStat

S80/S203,60

Lorenzkurve des äquivalisierten Personeneinkommen in Österreich

0102030405060708090

100

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100% der Bevölkerung

% d

es E

inko

mm

ens

Gini - Coeff.25,7%

S80/S203,70

Abbildung 5

Die Verteilung des äquivalisierten Haushaltseinkommens in Tirol entspricht weitgehend jener Gesamtösterreichs. Graphisch dargestellt bedeutet dies, dass die Kurve für Österreich nahezu deckungsgleich mit der Tiroler Kurve verläuft. Rechnerisch lässt sich diese Aussage durch die ähnlichen Gini-Koeffizienten belegen. Das bedeutet, das äquivalisierte Einkommen ist in Tirol – im Unterschied zum verfügbaren Einkommen - sogar etwas „gerechter“ (im Sinne von „weniger Haushalte besitzen einen größeren Anteil am Gesamteinkommen“) auf die Haushalte verteilt als in Österreich. Dies ist auf die leicht unterschiedliche Haushaltsstruktur in Tirol im Vergleich zum Österreichschnitt zurückzuführen. Während in Haushalten, die ein Einkommen über dem Medianwert aufweisen, in Tirol durchschnittlich mehr Personen leben als im österreichischen Durchschnitt, ist die durchschnittliche Haushaltsgröße in Haushalten, die weniger als das Medianeinkommen zur Verfügung haben, kleiner als im Österreichschnitt. Durch die Äquivalisierung resultiert daraus eine gleichmäßigere Verteilung des Personeneinkommens der in Tirol lebenden Haushaltsmitglieder.

Das Einkommen von den 20% der Bevölkerung mit dem höchsten Einkommen ist in Tirol etwa 3,6 Mal höher als jenes der 20% mit dem geringsten Einkommen. Österreichweit ist dieses Verhältnis rund 3,7.

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Im europäischen Vergleich ist das äquivalisierte Haushaltseinkommen der TirolerInnen deutlich gleicher verteilt, als der Durchschnitt der BürgerInnen der 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Die Gleichheit der Einkommensverteilung betreffend, liegt Tirol im europäischem Spitzenfeld, wie beide Verteilungsindikatoren zeigen. Betrachtet man den GINI- Koeffizienten weisen lediglich Slowenien, die Slowakei und Schweden eine gleichere Verteilung auf, Norwegen, Ungarn, Dänemark und die Tschechische Republik verzeichnen die selben GINI- Koeffizienten wie Tirol, wobei Norwegen eine etwas höhere S80/S20 Qoute aufweist und die Tschechsche Republik eine geringfügig niedrigere.

Abbildung 6 zeigt die Verteilungsindikatoren auf europäischer Ebene.

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Internationale Einkommensverteilung EU-SILC 2008

0 5 10 15 20 25 30 35 40

LettlandBulgarien

PortugalRumänien

LitauenVereinigtes Königreich

GriechenlandPolen

Europäische Union (27 Länder)EstlandSpanien

ItalienDeutschland (einschließlich ex-DDR seit 1991)

IrlandBelgien

FrankreichZypern

Luxemburg (Grand-Duché)Niederlande

MaltaIsland

ÖsterreichFinnland

Tschechische RepublikDänemark

UngarnNorwegen

TIROLSlowakei

SchwedenSlowenien

Gini- Koeffizient in %

0,0 1,0 2,0 3,0 4,0 5,0 6,0 7,0 8,0

S80/S20 - Quote

Gini- Koeffizient S80/S20- Quote TirStat

Abbildung 6

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In Abbildung 7 ist ein Vergleich der Verteilungsindikatoren mit früheren EU-SILC Erhebungen dargestell. Es wird darauf hingewiesen, dass sich aufgrund der kleinen Stichproben für Tirol größere statistische Schwankungsbreiten ergeben als auf Österreichebene. Ein längerfristiger leichter Aufwärtstrend der Konzentration der Einkommen wird allerdings in mehreren wissenschaftlichen Unersuchungen festgestellt. Der positive Umverteilungseffekt durch direkte Steuern und Transfers des Sozialstaates hat jedoch zur Folge, dass sich die Ungleichheit des äquivalisierten Nettohaushaltseinkommens nur geringfügig ausweitet ( vgl. Guger/Marterbauer 2004, S. 38)

Entwicklung der Verteilung des äquivalisierten Haushaltseinkommen

23

24

24

25

25

26

26

27

2005 2006 2007 2008

Gin

i- K

oeffi

zien

t in

%

2,80

3,00

3,20

3,40

3,60

3,80

4,00

S80/

S20

Quo

te

Gini- Koeffizient Tirol Gini- Koeffizient ÖsterreichS80/S20 Quote Tirol S80/S20 Quote ÖsterreichTirStat

Abbildung 7

1.6 Mittleres Haushaltseinkommen pro Jahr in Tirol: 18.767 Euro

Im Untersuchungszeitraum liegt der Median des äquivalisierten Einkommens in Tirol bei 18.767 Euro jährlich. D.h. 50 % der Haushalte verdienen mehr, 50 % verdienen weniger als 18.767 Euro. Das mediane Äquivalenzeinkommen in Österreich beträgt € 19.011.

Das durchschnittliche Haushaltseinkommen liegt in Tirol um knapp 1,3 % unter dem Österreichschnitt. Im Jahre 2007 lag dieser Unterschied bei rund 2,0 %, und im Jahre 2006 lag er noch bei rund 7,7%. Das äquivalisierte Haushaltseinkommen stieg in Tirol von 2007 auf 2008 um rund 5% und in Österreich um zirka 4,2%.2

2 Das 95%ige Vertrauensintervall des jährlichen Tiroler Haushaltseinkommen erstreckt sich von 17.836 bis 19.698 Euro. Der Österreichschnitt liegt im Intervall von 18.699 und 19.322 Euro.

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1.7 Verteilung des Äquivalenzeinkommens von Tiroler Haushalten mit und ohne Kindern

In Tabelle 4 ist die Verteilung der Einkommen getrennt nach Haushalten mit und ohne Kinder dargestellt.

Äquivalisiertes Haushaltseinkommen in Tirol der Haushalte ohne Kinder

...haben weniger als ... € Einkommen jährlich 1/12 d. Einkommens Personen10% 11.215 935 37.27725% 14.814 1.235 91.26850% 18.886 1.574 183.63675% 25.626 2.136 272.48990% 30.031 2.503 326.570

Äquivalisiertes Haushaltseinkommen in Tirol der Haushalte mit Kindern

...haben weniger als ... € Einkommen jährlich 1/12 d. Einkommens Personen10% 10.726 894 30.22425% 13.894 1.158 73.20350% 18.749 1.562 178.29975% 23.109 1.926 242.14190% 32.492 2.708 328.345

Äquivalisiertes Haushaltseinkommen in Tirol gesamt

...haben weniger als ... € Einkommen jährlich 1/12 d. Einkommens Personen10% 10.949 909 67.83225% 14.587 1.168 168.63050% 18.767 1.490 337.88175% 24.785 1.928 506.24790% 31.061 2.613 607.905

Verteilung der Einkommen nach Haushalten mit oder ohne Kinder

Tabelle 6

Das jährliche Medianeinkommen von Personen in Haushalten mit Kindern ist gegenüber der EU-SILC Erhebung 2007 um fast € 2.000 gestiegen und ist nahezu gleich hoch wie in Haushalten ohne Kinder.

1.8 Äquivalisiertes Personeneinkommen nach Haushaltstypen – Alleinerzieher sind benachteiligt.

Beim äquivalisiertem Personeneinkommen erreichen Haushalte ohne Kinder mit Abstand das größte Einkommen. Knapp über 7.600 € weniger im Jahr erreichen AlleinerzieherInnen und weisen somit das niedrigste Äquivalenzeinkommen der hier untersuchten Haushaltstypen auf.

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Äquivalenzeinkommen PersonenHaushalte mit 1 Kind 20.324 92.518Haushalte ohne Kinder 19.581 262.457Haushalte mit 2 Kindern 19.577 133.689Haushalte mit Kindern 18.749 311.885Haushalte mit 3 Kindern 16.217 43.368Einpersonenhaushalt 15.483 99.843Alleinerzieher 11.575 30.351

Medianes äquivalisiertes Einkommen nach Haushaltstypen (€ pro Jahr)

Tabelle 7

Äquivalenzeinkommen nach Haushaltstypen in Tirol

0 4.000 8.000 12.000 16.000 20.000 24.000

Haushalte mit 1 Kind

Haushalte ohne Kinder

Haushalte mit 2 Kindern

Haushalte mit Kindern

Haushalte mit 3 Kindern

Einpersonenhaushalt

Alleinerzieher

Einkommen in €/Jahr

TirStat

Abbildung 8

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2 Armutsgefährdung und Deprivation

Armutsgefährdung wird normalerweise über das Einkommen definiert. Internationale Konventionen legen fest, dass Menschen, die weniger als 60% des Median-Äquivalenzeinkommens zur Verfügung haben, als armutsgefährdet gelten. Diese Festlegung der Armutsgefährdungsschwelle ermöglicht vergleichbare Statistiken auf EU-Ebene. Der Anteil jener Personen an der Gesamtzahl der Untersuchungseinheit, deren Einkommen niedriger als dieser Schwellenwert ist, wird als Armutsgefährdungsquote bezeichnet.

Wichtig: Weder die Armutsgefährdungsquote noch die Armutsgefährdungsschwelle sagen etwas über das Ausmaß an Armut aus, dem die betroffenen Personen ausgeliefert sind.

Kritisch ist anzumerken, dass bei Fokussierung auf einen eindimensionalen Parameter bei der Erfassung eines multidimensionalen Phänomens wie Armut verschiedene Lebenslagen und Bedürfnisse, die Möglichkeiten des Einzelnen mit den vorhandenen Ressourcen zu wirtschaften, sowie Vermögen oder Verschuldung nicht berücksichtigt werden. Diese Analyse versucht daher, Armut nicht nur direkt über das Einkommen zu definiert, sondern auch nichtmonetäre Indikatoren zur direkten Erfassung benachteiligter Lebenssituationen, hier als Deprivation bezeichnet, miteinzubeziehen.

2.1 Die einkommensbezogene Armut - Die „Schwelle“ für einen Einpersonenhaushalt liegt bei € 11.407 pro Jahr

Abbildung 9 zeigt die Eckdaten der Armutsgefährdung in Tirol. Im Jahre 2008 lag der Median des Äquivalenzeinkommens bei 18.767 €. Das österreichweite äquivalisierte Medianeinkommen liegt – wie bereits dargestellt - mit € 19.011 jährlich etwas höher als in Tirol. Im Sinne der o.g. 60 %-Schwelle errechnet sich daraus eine Armuts-gefährdungsschwelle für einen Einpersonenhaushalt von € 11.407 pro Jahr (= € 951/Monat)3. Dieser Wert dient in weiterer Folge auch für das Bundesland Tirol als Referenzwert.

Um die unterschiedlichen Haushaltsstrukturen miteinander vergleichen zu können, werden die im Haushalt lebenden Personen nach einer EU-weiten Skala gewichtet. Jede weitere Person ab 14 Jahren erhält ein Gewicht von 0,5, Kinder unter 14 Jahren ein Gewicht von 0,3 Konsumäquivalenten. Um nicht als armutsgefährdet zu gelten, müssen die Haushalte damit die in Tabelle 6 als Armutsgefährdungsschwelle angegebenen Einkommensgrenzen übersteigen. Das tatsächlich aus der Stichprobe hochgerechnete Median-Haushaltseinkommen, das je nach Haushaltstyp erreicht wurde, ist ebenfalls in Tabelle 6 dargestellt.

3 Monatswert entspricht 1/12 des Jahreswertes

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Haushaltstyp pro Jahr pro Monat pro Jahr pro MonatEinpersonenhaushalt 11.407 951 15.483 1.2901 Erwachsener + 1 Kind 14.829 1.236 16.089 1.3412 Erwachsene 17.111 1.426 31.107 2.5922 Erwachsene + 1 Kind 20.533 1.711 36.631 3.0532 Erwachsene + 2 Kinder 23.955 1.996 35.510 2.9592 Erwachsene + 3 Kinder 27.377 2.281 41.484 3.457

Armutsgefährdungsschwelle für unterschiedliche Haushaltsgrößen und das tatsächlich erreichte Haushaltseinkommen

(Basis: 60 % des Medianeinkommens)

errechnetes mittleres HaushaltseinkommenArmutsgefährdungsschwelle

Einkommen (in €)

Tabelle 8

Gemessen am österreichischen Medianeinkommen und im Hinblick auf die gewählte Definition von Armut sind in Tirol ca. 78.238 Personen (11,6 % der Wohnbevölkerung) als armutsgefährdet zu bezeichnen, in Österreich sind es in Summe ca. 1.018.472 Personen, was einem Anteil von 12,4 % der Wohnbevölkerung entspricht.

Das mittlere Einkommen aller armutsgefährdeten Personen in Tirol liegt bei 10.247 €. Je niedriger das Einkommen jener Menschen ist, die unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle liegen, desto größer wird die so genannte Armutsgefährdungslücke. Das ist die Differenz zwischen dem Durchschnittseinkommen der Armutsgefährdeten und der Armutsgefährdungs-schwelle.

Die Armutsgefährdungslücke bietet eine Möglichkeit, das Ausmaß an Armut in Zahlen auszudrücken, denn je größer diese Lücke ist, desto niederer ist das Durchschnittseinkommen aller von Armut betroffenen Personen eines Landes. Die Armutsgefährdungslücke beträgt im Jahr 2008 in Tirol ca. 10,2 %. Mit anderen Worten verfügt die Hälfte der armutsgefährdeten TirolerInnen über ein Äquivalenzeinkommen von weniger als 89,8 % der Armutsgefährdungsschwelle (siehe Abb. 9). Im Jahr 2007 lag die Armutsgefährdungslücke noch bei 13,7% was bedeudet, dass die Hälfte der armutsgefährdeten TirolerInnen weniger als 86,3% der Armutsgefährdungsschwelle an Äquivalenzeinkommen verfügten.

Von 2005 bis 2008 ist die Armutsgefährdungslücke in Tirol permanent gesunken, während österreichweit ein solcher Trend nicht feststellbar ist (siehe Abbildung 10).

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Armutsgefährdung 2008 in Tirol

€ 10.247

€ 19.011

0

2.000

4.000

6.000

8.000

10.000

12.000

14.000

16.000

18.000

20.000

Medianeinkommeninsgesamt

EUR

O

Medianeinkommen Armutsgefährdete

Armutsgefährdungsschwelle 11.407 € (1/12 = 951 €)

60% desMedians

TirStat

Armutsgefährdungs-lücke (10,2%)

Abbildung 9

Entwicklung der Armutsgefährdungslücke in Tirol

10,213,714,014,6 15,317,315,415,3

02468

101214161820

2005 2006 2007 2008

in %

Tirol ÖsterreichTirStat

Abbildung 10

Im Vergleich mit Österreich und anderen EU-Mitgliedsstaaten schneidet Tirol hinsichtlich der Armutsgefährdungslücke sehr gut ab. Kein Mitgliedsstaat der Europäischen Union weist eine so niedrige Armutsgefährdungslücke auf. Am höchsten ist die Lücke beispielsweise in Rumänien mit 32 % und Lettland mit 29%. Am niedrigsten ist sie europaweit in Österreich, Island und den Niederlanden mit rund 15 %. Im Durchschnitt der EU- 27 Länder beträgt die Armutsgefährdungslücke rund 22%.4

Die positiv formulierte Botschaft an dieser Stelle lautet daher: „Auch wenn es Länder gibt, in denen ein geringerer Prozentsatz der Einwohner von Armut betroffen ist, so ist das Ausmaß an Armut nirgends so gering, wie in Österreich bzw. in Tirol.“

4 Quelle: Eurostat, EU-SILC 2008

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Internationale Armutsgefährdung EU-SILC 2008

0 5 10 15 20 25 30 35

LettlandRumänienBulgarien

SpanienGriechenland

LitauenEstland

ItalienVereinigtes Königreich

PortugalEuropäische Union (27 Länder)

PolenZypern

IrlandMalta

BelgienDeutschland (einschließlich ex-DDR seit 1991)

FinnlandFrankreich

Luxemburg (Grand-Duché)SlowenienSchwedenDänemark

UngarnTIROL

ÖsterreichSlowakei

NorwegenNiederlande

IslandTschechische Republik

Armutsgefährdungsquote

0 5 10 15 20 25 30 35

Armutsgefährdungslücke

ArmutsgefährdungsquoteArmutsgefährdungslücke TirStat

Abbildung 11

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2.2 Armutsgefährdung nach soziodemographischen Merkmalen

In den folgenden Tabellen sind die Armutsgefährdungsquoten und die hochgerechnete Zahl der jeweils betroffenen Bevölkerung nach soziodemographischen Merkmalen für das Bundesland Tirol (Tabelle 9) sowie für Österreich (Tabelle 10) dargestellt.

Individuelle Merkmale Einkommen(€ / Jahr)

Personen < 60% des EK

Armutsgefährdungs-quote (in %)

Geburtsland Österreich 19.577 51.449 11Geburtsland nicht Österreich 16.217 26.789 13*Frauen 18.429 47.435 14Männer 19.150 30.803 10Ledig 19.192 17.136 9*Verheiratet, zusammen lebend 19.576 25.899 9*Verwitwet 14.788 10.845 24**Geschieden 16.800 6.465 17**Erwerbstätige Personen 19.600 16.735 6*Nicht erwerbstätig 16.939 25.932 23*Pensionisten 16.690 25.286 17*Jünger 15 Jahre 17.646 14.323 14*Jünger 20 Jahre 18.027 17.600 12*Älter 14 und jünger 65 Jahre 18.982 46.000 10*Älter 65 Jahre 16.900 17.035 15*Pflichtschulabschluss o. Lehre 15.878 25.954 20*Pflichtschulabschluss m. Lehre 18.373 23.080 12*Haushalt mit Pension(en) 16.212 30.323 13*Haushalt ohne Pension(en) 19.192 47.915 11*Einpersonenhaushalt 15.483 21.439 22*Haushalte ohne Kinder 19.581 17.175 7*Haushalte mit Kindern 18.982 24.697 9**Haushalte mit einem Kind 20.324 4.465 5Haushalte mit zwei Kindern 19.577 15.112 11*Haushalte mit mehr als zwei Kindern 16.217 5.119 9**Alleinerzieher/Innen 11.575 14.927 49*GESAMT 18.767 78.238 12*

Armutsgefährdung in TIROL

Tabelle 9

* Ergebnisse aufgrund ungewichteter Fallzahlen < 50 sind mit einem * gekennzeichnet ** Ergebnisse aufgrund ungewichteter Fallzahlen zwischen 10 und 20 sind mit ** gekennzeichnet

Wichtig: Die Bundeslandtabelle liefert aufgrund der kleinen Stichprobe und der damit verbundenen Schwankungsbreiten nur Richtwerte und ist daher mit Vorsicht zu interpretieren.5

5 Zu den genauen Schwankungsbreiten siehe die 95%-Konfidenzintervalle im Anhang 1

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Individuelle Merkmale Einkommen(€ / Jahr)

Personen < 60% des EK

Armutsgefährdungs-quote (in %)

Geburtsland Österreich 20.416 555.793 10Geburtsland nicht Österreich 16.051 462.679 18Frauen 18.504 567.528 14Männer 19.528 450.944 11Ledig 20.113 242.489 11Verheiratet, zusammen lebend 19.802 358.782 10Verwitwet 17.407 95.437 17Geschieden 17.960 89.167 16Erwerbstätige Personen 21.424 241.226 7Nicht erwerbstätig 16.967 303.424 20Pensionisten 18.652 230.014 13Jünger 15 Jahre 16.613 194.223 15Jünger 20 Jahre 17.117 270.134 15Älter 14 und jünger 65 Jahre 19.880 618.000 11Älter 65 Jahre 17.753 191.788 15Pflichtschulabschluss o. Lehre 15.915 344.477 22Pflichtschulabschluss m. Lehre 19.104 218.942 9Haushalt mit Pension(en) 19.021 295.920 12Haushalt ohne Pension(en) 18.993 722.552 13Einpersonenhaushalt 17.320 247.786 20Haushalte ohne Kinder 21.301 235.052 8Haushalte mit Kindern 18.436 442.200 12Haushalte mit einem Kind 20.351 133.399 9Haushalte mit zwei Kindern 18.363 157.743 10Haushalte mit mehr als zwei Kindern 14.842 151.057 20Alleinerzieher/Innen 14.456 93.434 29GESAMT 19.011 1.018.472 12

* Ergebnisse aufgrund ungewichteter Fallzahlen < 50 sind mit einem * gekennzeichnet** Ergebnisse aufgrund ungewichteter Fallzahlen zwischen 10 und 20 sind mit ** gekennzeichnet

Armutsgefährdung in ÖSTERREICH

Tabelle 10

2.3 Working Poor

Unter working poor versteht man jene Personen, die zwischen 19 und 65 Jahre alt sind, einer Erwerbstätigkeit nachgehen und deren Einkommen dennoch unter der Armutsgefährdungsschwelle liegt. Gründe dafür können sowohl ein niedriges persönliches Einkommen als auch die Haushaltszusammensetzung und die Erwerbsintensität des Haushalts sein. Je nach Definition von Erwerbstätigkeit und Einschränkung auf bestimmte Altersgruppen variiert die Anzahl der Betroffenen (vgl. Statistik Austria 2009, S. 58). Zu früheren Auswertungen der EU-SILC Erhebung hat sich die Definition der Erwerbstätigen etwas geändert. Da zur Berechnung der Armutsgefährdungsquote das Haushaltseinkommen aus dem Referenzjahres (dem der Erhebung vorangegangenem Kalenderjahr) stammt, wurden zur Ermittlung der als „working poor“ geltenden Personen ebenfalls jene Erwerbstätigen herangezogen, die im Referenzjahr, und nicht wie in früheren Analysen zum Befragungszeitpunkt, erwerbstätig waren. Nach dieser neuen nationalen Definition, die auch

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STATISTIK AUSTRIA in ihren Analysen verwendet, gelten jene Personen als erwerbstätig, die im Verlauf des Referenzjahres mindestens ein Monat erwerbstätig, im Erwerbsalter von 20 bis 64 Jahren und nicht länger als 6 Monate arbeitslos waren.

In Tirol gelten 42.723 Personen im Erwerbsalter mit einem Medianeinkommen von 10.363 € als armutsgefährdet. 16.667 dieser Personen, das entspricht 39,0 %, gehen einer Erwerbstätigkeit nach. Das bedeutet dass rund 5,5 % aller Tiroler Erwerbstätigen ein Einkommen unter der Armutsgefährdungsschwelle verzeichnen und als working poor gelten. Das Medianeinkommen dieser Personen liegt bei rund 10.677 €. Bundesweit sind 542.090 Personen im erwerbsfähigem Alter einkommensarm, wobei 247.399 Personen (45,6%) einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Rund 6,7 % aller in Österreich Erwerbstätigen sind armutsgefährdet und als „working poor“ einzustufen.

2.4 Finanzielle Deprivation und benachteiligte Lebensführung

Armut kann aber auch als mangelnde Teilhabe innerhalb einer Gesellschaft definiert werden. Als Grundlage für dieses Konzept wird meist die vom Britischen Forscher Peter Townsend (1979) formulierte Definition verwendet (vgl. Townsend 1979): Armut wird dann angenommen, wenn die verfügbaren Ressourcen nicht ausreichen, um den in einer Gesellschaft üblichen Lebensstandard zu erreichen. Von EUROSTAT wurden zur Beschreibung von nichtmonetärer Deprivation fünf zentrale Lebensbereiche mittels Faktoranalyse ermittelt und in allen bisherigen Analysen verwendet (vgl. Kaiser/Stadler 2009).

Da die Lebensbedingungen und Wertvorstellungen einem Wandel unterliegen, ist die kontinuierliche Überprüfung der Gültigkeit der Indikatoren, sowie die Weiterentwicklung des methodischen Ansatzes unverzichtbar. Aus diesem Grund hat STATISTIK AUSTRIA im Auftrag des BMASK (vgl. Till-Tentschert/Weiss 2008) eine Revision dieser bisherigen Klassifikation vorgenommen und bereits für den Bericht „Einkommen, Armut und Lebensbedingungen – Ergebnisse aus EU-SILC 2007“, die neuen Ansätze verwendet. Damit Vergleiche mit Österreichwerten möglich sind und da sich diese neue Klassifikation bewährt hat, wird sie auch in der vorliegenden Analyse verwendet.

Eine besondere Position in der neuen Klassifikation nehmen jene Benachteiligungen ein, die auf beschränkte finanzielle Ressourcen zurückzuführen sind. Sofern auch das Einkommen armutsgefährdend ist, können auf dieser Grundlage die sogenannten manifesten Armutslagen idendifiziert werden. Neben dieser explizit finanziell bedingten Deprivation bleiben die Bereiche, die nicht zwangsläufig oder ausschließlich aus mangelnden Ressourcen resultierenden Benachteiligungen wie in vorangegangenen Analysen aufrecht. Dazu zählen die sekundäre Benachteiligung, gesundheitliche Benachteiligung, sowie Wohnungsprobleme und Probleme mit dem Wohnumfeld.

Die neue Definition finanzieller Deprivation ist teilweise mit der bisher verwendeten Definition von „primärer Benachteiligung“ ident. Lediglich das Merkmal „kann es sich nicht

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leisten eine Woche Urlaub zu machen“ wird nicht mehr verwendet, da es sich herausstellte, dass in ländlichen Gebieten dieses eine deutlich geringere Wertigkeit für den Mindestlebensstandard aufweist als in urbanen Gegenden. Hinzugefügt wurden die Merkmale „kann es sich leisten bei Bedarf einen Arzt zu konsultieren“ und „kann es sich leisten einmal im Monat Freunde oder Verwandte zum Essen einzuladen“. Alle diese Merkmale zur finanziellen Deprivation stammen aus den Ergebnissen einer Befragung von STATISTIK AUSTRIA , in Abstimmung mit Fachleuten, Betroffenen und wurden nach wissenschaftlichen Kriterien ermittelt. Die Merkmale wurden von den Beteiligten mehrheitlich als absolut notwendig für einen angemessenen Lebensstandard bezeichnet.

Zum Mindeststandard in Österreich gehört es demnach, dass man sich leisten kann:

• Die Wohnung angemessen warm zu halten • Regelmäßige Zahlungen (Miete, Betriebskosten, ...) rechtzeitig zu begleichen • Notwendige Arzt- oder Zahnarztbesuche in Anspruch zu nehmen • Unerwartete Ausgaben tätigen zu können • Neue Kleidung zu kaufen • Jeden zweiten Tag Fleisch, Fisch oder eine vergleichbare vegetarische Speise essen zu

können • Freunde oder Verwandte einmal im Monat zum Essen einzuladen.

Wer sich auf Grund finanzieller Mittel mindestens zwei der genannten Merkmale nicht leisten kann, gilt als finanziell depriviert.

Die Tabelle 11 zeigt die Betroffenheit von finanzieller Deprivation. Demnach können sich rund 18% der Tiroler Bevölkerung zwei oder mehr der genannten Merkmale nicht leisten und somit nicht am Mindestlebensstandard teilhaben. Für 27% der TirolerInnen stellen unerwartete Ausgaben ein Problem dar. 16% können es sich nicht leisten jeden zweiten Tag Fleisch, Fisch oder eine vergleichbare vegetarische Speise zu konsumieren. Etwa 13% der Bevölkerung ist es nicht möglich einmal im Monat Freunde oder Verwandte zum Essen einzuladen. Für 9% ist es nicht möglich neue Kleidung zu kaufen. Die Heizkosten sind für 8% der TirolerInnen nicht leistbar und rund 12% sind mit Zahlungen im Rückstand. Personen mit einem niedrigen Einkommen sind von Einschränkungen und finanziellen Problemen in zentralen Lebensbereichen deutlich häufiger betroffen. Knapp 40% der Armutsgefährdeten haben zumindest zwei Probleme im Bereich der finanziellen Deprivation. Von Personen die über der Armutsgefährdungsschwelle liegen, sind zirka 15% vom Mindestlebensstandard ausgeschlossen.

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Merkmale finanzieller DeprivationTIROL Anzahl in % Anzahl in % Anzahl in %

Finanziell depriviert 138.786 21 99.690 17 39.096 50Haushalt kann sich nicht leisten.....

unerwartete Ausgaben zu tätigen 181.873 27 141.874 24 39.998 51jeden 2. Tag Fleisch, Fisch zu essen 104.866 16 71.109 12 33.756* 43

Freunde zum Essen einzuladen 88.964 13 64.684 11 24.280* 31Zahlungen rechtzeitig zu begleichen 78.096 12 63.369 11 10.342** 13

neue Kleider zu kaufen 59.020 9 34.663 6 24.357* 31die Wohnung angemessen warm zu halten 56.282 8 45.807* 8 10.475** 13

notwendiger Arztbesuch 1) / / / / / /

Ergebnisse aufgrund ungewichteter Fallzahlen < 50 sind mit einem * gekennzeichnetErgebnisse aufgrund ungewichteter Fallzahlen zwischen 10 und 20 sind mit ** gekennzeichnet1) Fallzahl in der Stichprobe für eine Hochrechnung zu klein

armutsgefährdetnicht armutsgefährdetGesamt

Tabelle 11

Kombiniert man die Armutsgefährdung mit der finanziellen Deprivation ergibt sich eine, in Tabelle 12 dargestellte, Matrix aus vier Armutslagen. Das Schema ist mit den Analysen der Vorjahre identisch, die Werte sind jedoch aufgrund der beschriebenen Änderungen nicht vergleichbar.

Nein Kein Mangel 73,3% (73,4%) MangelndeTeilhabe 15,1% (14,2%)

Ja Einkommens-mangel 5,8% (6,4%) Manifeste

Armut 5,8% (6,0%)

in Klammern: Österreich-Werte

Zusammenhang von Armutsgefährdung und finanzieller Deprivation in Tirol 2008

Armutsgefährdung 11,6% (12,4%)

Armutsgefährdung durch niedriges

Einkommen

Nein JaFinanzielle Deprivation

Tabelle 12

Bei 5,8% der Tiroler Bevölkerung, das sind rund 39.100 Personen tritt ein niedriges Einkommen zusammen mit finanzieller Deprivation auf. Da sich hier das niedrige Einkommen auf die Lebenssituation auswirkt, wird von manifester Armut gesprochen. Bei ebenso vielen TirolerInnen kann trotz niedrigem Einkommen kein Ausschluss aus zentralen Lebensbereichen festgestellt werden. 101.795 Personen weisen einen Teilhabemangel auf, obwohl ihr Einkommen oberhalb der Armutsgefährdungsschwelle liegt. Die restlichen rund drei Viertel der Tiroler Bevölkerung sind nach diesen Definitionen von keinem Mangel betroffen.

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Neben dem oben definierten Mindestlebensstandard können auch in anderen Lebenssituationen Benachteiligungen auftreten. In der aktuellen Analyse werden diese Benachteiligungen, mit einer Ausnahme, gleich wie in den Vorjahren definiert. Die Ausnahme betrifft das Merkmal „kann sich nicht leisten Urlaub zu machen“. Dieses Merkmal wird in dem Bereich der sekundären Benachteiligung berücksichtigt. Dies gilt nur für die vorliegende Analyse der Tirol- Daten. Die Ergebnisse der sekundären Deprivation sind somit nicht mit jenen der von STATISTIK AUSTRIA oder mit den in den Vorjahren publizierten Ergebnissen vergleichbar.

Sekundäre Benachteiligung: Erzwungener Verzicht auf als erstrebenswert geltende Güter (Urlaub machen, Internet, PC,DVD, usw.)

Mangelnde Teilhabe wird angenommen, wenn in diesen Bereichen mindestens drei der oben genannten Probleme gleichzeitig auftreten.

Gesundheitliche Beeinträchtigung: Sehr schlechter Gesundheitszustand, chronische Krankheit, usw.

Wohnungsprobleme: Kein Bad oder WC in der Wohnung, Schimmel oder Feuchtigkeit, usw.

Probleme im Wohnumfeld: Lärmbelästigung, Verschmutzung, Kriminalität, usw.

Mangelnde Teilhabe gilt, wenn in diesen Bereichen mindestens zwei Probleme je Bereich auftreten.

In Tabelle 13 sind die Ergebnisse nichtmonetärer Deprivation für Tirol zusammengefasst. Aufgrund der kleinen Stichprobe konnten nicht alle Bereiche für Tirol untersucht werden. Da sich in manchen Subgruppen eine sehr kleine Stichprobengröße ergibt, sollten diese Werte als „Richtwerte“ mit großen Schwankungsbreiten verstanden und auch dementsprechend interpretiert werden.

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Merkmale nichtmonetärer DeprivationTIROL Anzahl in % Anzahl in % Anzahl in %

Sekundäre Benachteiligung 21444* 3 15757* 3 5688** 7Kann sich nicht leisten.....

Urlaub zu machen 209598 31 162274 27 47324 60Internet 30142 4 24808 4 5334** 7

Geschirrspüler 26330 4 19852* 3 6478** 8PKW 24006* 4 11060* 2 12947** 17

Gesundheitliche Beeinträchtigung 67894 10 57782 10 10112** 13Stark beeinträchtigt durch.....

allgemeinen Gesundheitszustand 54070 8 47938 8 6132** 8Chronisch krank 165706 25 136454 23 29252* 37

Behinderung 59052 9 49678 8 9374** 12

Wohnungsprobleme 1) / / / / / /Feuchtigkeit 94576 14 81584 14 12992* 17

Probleme im Wohnumfeld 47317 7 40672 7 6645** 8Lärmbelästigung 160795 24 144002 24 16792* 21

Luft-, Umweltverschmutzung 64780 10 58083 10 6696* 9Kriminalität, Vandalismus 52641 8 48203 8 4438** 6

Ergebnisse aufgrund ungewichteter Fallzahlen < 50 sind mit einem * gekennzeichnetErgebnisse aufgrund ungewichteter Fallzahlen zwischen 10 und 20 sind mit ** gekennzeichnet1) Fallzahl in der Stichprobe für eine Hochrechnung zu klein

Gesamt nicht armutsgefährdet armutsgefährdet

Tabelle 13

Lesebeispiel anhand des Merkmals „ Kann sich nicht leisten Urlaub zu machen“:

31% aller Tiroler und Tirolerinnen geben an, es sich nicht leisten zu können Urlaub zu machen. 27% aller nicht armutsgefährdeten TirolerInnen sowie 60% aller Armutsgefährdeten können sich keinen Urlaub leisten.

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3 Subjektive Wahrnehmung der Lebenssituation in Tirol

Etwas mehr als drei Viertel der TirolerInnen, die in Mehrpersonenhaushalten leben, sind mit ihrem Haushaltseinkommen zufrieden. Etwa 16% geben an mit dem Einkommen sehr zufrieden zu sein. Nur rund 2% der befragten Personen sind mit dem Haushaltseinkommen sehr unzufrieden.

Jeweils etwas mehr als zwei Drittel der Personen in Mehrpersonenhaushalten und in Einpersonenhaushalten bekunden Zufriedenheit mit ihrem persönlichen Einkommen. Etwa 12% der TirolerInnen die in Mehrpersonenhaushalten leben, und rund 18% die in Einpersonenhaushalten leben, sind mit ihrem persönlichen Einkommen sehr zufrieden. Sehr unzufrieden mit ihrem persönlichen Einkommen zu sein geben etwa 7% der Personen in Mehrpersonenhaushalten und rund 4% der Personen in Einpersonenhaushalten an.

Abbildung 12

97% aller Tiroler und Tirolerinnen geben an mit ihrem Leben zufrieden zu sein. Knapp 40% der Tiroler Bevölkerung sind mit dem Verlauf ihres Lebens sehr zufrieden, und ebenso viele stufen ihre Zufriedenheit mit dem Leben als ziemlich zufrieden ein. Rund 2% der TirolerInnen sind mit ihrem Leben eher unzufrieden und 1% stufen ihren bisherigen Lebensverlauf als sehr unzufrieden ein.

95% der TirolerInnen sind mit ihrer Wohnsituation zufrieden, fast die Hälfte der Bevölkerung (46%) bewerten sie sogar als sehr zufrieden stellend. Lediglich 5% sind mit ihrer Wohnung oder ihrem Wohnumfeld nicht zufrieden, rund 1% der Personen sind mit den Wohnverhältnissen sehr unzufrieden.

Zufriedenheit m it dem persönlichen

Einkom m en im Mehrpersonenhaushalt

1%

7%

6%

30%18%

26%12%

Zufriedenheit m it dem Haushaltseinkom m en im Mehrpersonenhaushalt

16%

31%

31%

14%

6%

2%

Zufriedenheit m it dem Haushaltse inkom m en im

Einpersonenhaushalt

18%23%

19%27%

8%

4%1%

keine Angabe

Sehr unzuf rieden

Ziemlich unzuf rieden

Eher unzufriedenEher zuf rieden

Ziemlich zufrieden

Sehr zufrieden

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Mit ihrer Hauptbeschäftigung sind knapp 90% der TirolerInnen zufrieden, zwei Drittel davon sind sehr zufrieden, weitere zwei Drittel geben an mit ihrer Hauptbeschäftigung ziemlich zufrieden zu sein. Knapp ein Zehntel der Personen sind mit ihrer Tätigkeit nicht zufrieden, rund 1% sind damit sehr unzufrieden.

Abbildung 13

Zufriedenheit m it der Wohnsituation

1%2%

2%

37%

12%

46%

Zufriedenheit m it dem Leben

39%

17%41%

2%

0%

1%

Zufriedenhe it m it der Hauptbeschäftigung

2%1%

3%22%

5%34%

33% keine AngabeSehr unzufriedenZiemlich unzufriedenEher unzuf rieden

Eher zuf riedenZiemlich zufriedenSehr zufrieden

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4 Armutsgefährdung und Armutslagen bei Kindern und Jugendlichen in Tirol

4.1 Kinder und Jugendliche

Personen, die jünger als 16 Jahre sind, werden in der EU-SILC Erhebung nicht selbst befragt. Zentrale Informationen über sie werden von deren Eltern bzw. den erwachsenen Personen, die im selben Haushalt leben, erfragt. Die Abgrenzung des Erwachsenen- zum Kinder- und Jugendalter wird in dieser Auswertung aber nicht strikt bei 16 Jahren vorgenommen. Je nach Haushaltsform und Hauptaktivität der jungen Menschen kann diese Abgrenzung auch später angesetzt werden. Wenn keine explizite Altersangabe angeführt wurde, umfasst der Begriff Kinder in diesem Bericht auch sogenannte „abhängige“ Jugendliche von 16 bis 26 Jahren, wenn sie selbst nicht erwerbstätig sind und noch im elterlichen Haushalt leben.6

4.2 Der Anteil der armutsgefährdeten Kinder in Tirol entspricht dem Österreichschnitt

Von den 142.080 Kindern und abhängigen Jugendlichen unter 27 Jahren leben 20.064 in 12.772 armutsgefährdeten Haushalten. Dies entspricht einer Kinder-Armutsgefährdungsquote von 14,1 % in Tirol. Das bedeutet, dass mehr als ein Viertel (26%) aller Armutsgefährdeten in Tirol Kinder sind.

Österreichweit sind rund 264.432 von 1.780.075 Kindern und Jugendlichen in 146.363 armutsgefährdeten Haushalten von Armut bedroht, was einer Quote von 14,9% entspricht. Jeder vierte Armutsgefährdete in Österreich (26%) ist ein Kind oder abhängiger Jugendlicher unter 27 Jahren.7

Armutsgefährdung bei Kindern und abhängigen Jugendlichen unter 27 Jahren

absolut Anteil an Bevölkerung absolut Anzahl der

Haushalte * Quote Anteil an den gesamten Armutsgefährdeten

Tirol 142.080 21% 20.064 12.772 14,1% 26%Österreich 1.780.075 22% 264.432 146.363 14,9% 26%

Kinder und Jugendliche gesamt Armutsgefährdung

Tabelle 14

* Armutsgefährdete Haushalte mit Kindern und abhängigen Jugendlichen unter 27 Jahren.

6 Analog zur Voraussetzung für den Bezug von Familienbeihilfe 7 Hinweise zur Schwakungsbreite der Werte für Tirol finden sich im Anhang 1

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Eine etwas niedrigere Armutsgefährdung weisen in Tirol Kinder unter 16 Jahren auf. Von den rund 113.955 Kindern im Alter von 0 bis 16 Jahren in Tirol sind 15.060 in 9.607 Haushalten armutsgefährdet, was einer Armutsgefährdungsquote von 13,2 % entspricht. Knapp ein Fünftel aller armutsgefährdeten Tiroler sind Kinder in diesem Altersbereich.

In Österreich leben knapp 206.399 Kinder unter 16 Jahren in rund 123.000 Haushalten deren Einkommen unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle liegt. Das bedeutet, dass etwa 20 % aller Armutsgefährdeten in Österreich Kinder unter 16 Jahren sind. Österreich weist eine Armutsgefährdungsquote von 15,1 % bei den Kindern im Alter zwischen 0 und 16 Jahren auf.

Armutsgefährdung bei Kindern unter 16 Jahren

absolut Anteil an Bevölkerung absolut Anzahl der

Haushalte * Quote Anteil an den gesamten Armutsgefährdeten

Tirol 113.955 17% 15.060 9.607 13,2% 19%Österreich 1.370.070 17% 206.399 122.992 15,1% 20%

Kinder unter 16 Jahren Armutsgefährdung

Tabelle 15

* Armutsgefährdete Haushalte mit Kindern unter 16 Jahren

4.3 Finanzielle Deprivation und manifeste Armut bei Kindern und Jugendlichen

In Tabelle 12 sind die vier unterschiedlichen Lebenslagen von Kindern und abhängigen Jugendlichen unter 27 Jahren dargestellt. Da aufgrund der kleinen Stichprobe die Schwankungsbreite relativ hoch ist, sollten diese Werte dementsprechend als „Richtwerte“ verstanden und interpretiert werden.

Nein Ja

Armutsgefährdung Nein Nicht-Arm 77,2% (72,4%) Mangelnde Teilhabe 8,6% (12,8%)

durch niedriges Einkommen Ja Einkommensarmut 4,5% (7,6%) Manifeste Armut 9,6% (7,3%)

in Klammern: Österreich-Werte

Finanzielle Deprivation

Armutsgefährdung 14,1% (14,9%)

Armutslagen von Kindern und Jugendlichen in Tirol 2008

Tabelle 16

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Knapp 10% der Tiroler Kinder und Jugendlichen gelten als manifest arm. Dies bedeutet, dass in den Haushalten in denen sie leben zu einem niederen Einkommen zusätzlich finanzielle Deprivation auftritt. Ein im Vergleich mit dem Österreichschnitt ein etwas höherer Wert, der jedoch auch mit Hinblick auf die geringe Stichprobe interpretiert werden muss. Zirka 4,5% der Haushalte mit Kindern und wirtschaftlich abhängigen Jugendlichen, weisen ein niedriges Einkommen auf, ohne jedoch einen finanziell bedingten Ausschluss in einem der zentralen Lebensbedingungen hinnehmen zu müssen. Etwa 8,6% der Kinder und Jugendlichen befinden sich oberhalb der Armutsgefährdungsschwelle, sind aber trotzdem in zumindest einem zentralen Bereich von mangelnder Teilhabe betroffen. Die Werte sind aufgrund der neuen Definition und Berechnungsmethodik nicht mit jenen vorjähriger Analysen vergleichbar.

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5 Verschuldung, Überschuldung und finanzielle Ausgrenzung in Tirol

In der EU-SILC Erhebung 2008 wurden im Rahmen eines Sondermoduls detaillierte Daten zur finanziellen Lage der Haushalte erhoben, es ist somit möglich eine differenzierte Analyse zur Verschuldung der Tiroler Haushalte durchzuführen.

Aufgrund der vielseitigen Verwendung der Begriffe Verschuldung und Überschuldung existiert für diese keine einheitliche Definition. In diesem Bericht wird von Verschuldung gesprochen, „wenn ein Haushalt Schulden hat“ (Streuli 2003, S. 294), das heißt, er sich Fremdkapital bediente und dadurch Rückzahlungsverpflichtungen aufweist. Die Überschuldung wird als Unterbegriff der Verschuldung verstanden und bedeutet eine problematische Verschuldungssituation, die mit einer finanziellen Belastung der Haushalte einhergeht. Überschuldung meint dann, „dass der monatlich freie verbleibende Einkommensrest geringer ist als die zur Begleichung der monatlichen Verbindlichkeiten notwendige Summe“ (Backert 2001, S. 243). Als Folge daraus entstehen dem Haushalt Zahlungsrückstände, die als Merkmale in EU-SILC 2008 erhoben wurden. Weiters wurden die Haushalte zu den finanziellen Schwierigkeiten und zur finanziellen Belastung befragt. Mittels dieser Variablen ist es möglich, eine objektivquantitive und eine subjektive Operationalisierung durchzuführen.

Es ergeben sich für den vorliegenden Bericht folgende Definitionen:

Verschuldung: Personen in Haushalten mit aktuellen Kreditverpflichtungen mit oder ohne Kontokorrentkredit.

SchuldnerInnen: Personen in Haushalten mit aktuellen Kreditverpflichtungen, oder die aktuelle Rückstände bei Zahlungen haben oder aktuell das Konto überzogen haben.

Überschuldung: Zahlungsrückstände aus finanziellen Gründen aktuell oder in den letzten 12 Monaten bei Kreditraten für Wohnungen oder Konsum oder bei laufenden Zahlungen wie Miete, Betriebskosten, für Strom, Gas oder wenn fällige Rechnungen nicht rechtzeitig beglichen werden können.

5.1 Verschuldung

Im Jahr 2008 lebten in Tirol rund 360.000 Peronen in 124.291 verschuldeten Haushalten. Somit waren 53,5% der Wohnbevölkerung und 43,7% der gesamten Tiroler Haushalte verschuldet. Addiert man noch die Zahl der Personen die ihr Konto überzogen haben, erhöht sich die Zahl der verschuldeten TirolerInnen auf knapp 373.500, was gemessen an der Gesamtbevölkerung einen Anteil von 55,4% bedeutet. In der weiteren Analyse wird von Verschuldung gesprochen, wenn entweder Kreditverbindlichkeiten für Wohnraum, oder Rückzahlungsverpflichtungen für einen Konsumkredit bestehen. Werden auch Personen mit überzogenem Konto einbezogen, wird dies ausdrücklich erwähnt.

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49% der verschuldete Personen wiesen ein äquivalisiertes Personeneinkommen über dem Medianeinkommen auf. Weniger als das Medianeinkommen hatten rund 51% aller Verschuldeten zur Verfügung.

93% der TirolerInnen mit Schulden gelten als nicht armutsgefährdet, in 7% der Fälle treten Verschuldung und Armutsgefährdung gemeinsam auf.

Am häufigsten verbreitet sind Kreditschulden auf Eigentum an Häusern bzw. Wohnungen. Rund 59% aller Wohnungseigentümer (das entspricht 39% der Wohnbevölkerung) sind mit Rückzahlungsverpflichtungen, den Wohnraum in dem sie leben betreffend, belastet.

Komsumkredite sind bei knapp 21% der TirolerInnen vorhanden und etwa 18% der Tiroler Bevölkerung wiesen zum Befragungszeitpunkt ein überzogenes Bankkonto auf.

Innerhalb der Gruppe der Verschuldeten kann man zwischen Haushalten mit verschiedenen Kreditverbindlichkeiten und Kombinationen unterschiedlicher Kreditarten differenzieren. Bei etwas mehr als einem Viertel der verschuldeten Haushalte tritt eine Kombination von verschiedenen Kreditarten auf, wobei rund 7% sowohl Wohnkredite, Konsumkredite und Kontokorrentkredite gleichzeitig aufweisen.

Verschuldungsstruktur der Tiroler Haushalte

Wohnkredit 55%

Konsum & Kontokorrentkredit

9%

Wohn & Kontokorentkredit

7%

Wohn & Konsumkredit 3%

Wohn & Konsum & Kontokorrentkredit

7%

Kontokorrentkredit 5%

Konsumkredit 14%

TirStat

Abbildung 14

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Hinweise über die Verschuldungswahrscheinlichkeit sowie den Liquiditätsbedarf einzelner Gruppen liefert eine Aufschlüsselung der Verschuldungshäufigkeit nach soziodemographischen Merkmalen.

Wie aus Tabelle 17 ersichtlich, lebten 2008 mehr als zwei Drittel der bis 19 jährigen Personen in Tirol in verschuldeten Privathaushalten, was einem Anteil von rund 15% an der Gesamtbevölkerung entspricht. Etwa 64% der TirolerInnen im Alter von 20 bis 39 Jahren gelten laut verwendeter Definition als verschuldet. Rund 18% der Tiroler Bevölkerung im Alter von 65 Jahren und älter (rund 3% der Gesamtbevölkerung) lebten in Haushalten mit Rückzahlungsverpflichtungen.

Etwa 44% der TirolerInnen in verschuldeten Haushalten sind in Österreich geboren, 9% weisen einen Migrationshintergrund auf. Knapp 63% der TirolerInnen mit Migrationshintergrund leben in Haushalten mit Schulden. Von den in Österreich geborenen Tirolerinnen und Tiroler leben etwa 52% in Haushalten mit Rückzahlungsverpflichtungen.

Die höchste Verschuldungswahrscheinlichkeit weisen Haushalte auf, in denen zwei Erwachsene mit Kindern leben. 23% der Wohnbevölkerung und rund 43% aller Verschuldeten in Tirol leben in solchen Haushalten mit Rückzahlungsverpflichtungen. Fast drei Viertel aller Personen in Haushalten dieser Struktur gelten als verschuldet.

Soziodemographische Merkmale Personen in % der Bevölkerung

in % der Verschuldeten

in % der jeweiligen

GruppeGesamt 360.367 53,5 100 53,5Bis 19 Jahre 101.838 15,1 28,3 67,620 bis 39 Jahre 116.645 17,3 32,4 64,140 bis 64 Jahre 120.650 17,9 33,5 53,565 Jahre und älter 21.234* 3,1 5,9 18,3GeburtslandÖsterreicher 299.521 44,4 83,1 51,9Ausländer 60.846 9,0 16,9 62,6StaatsbürgerschaftÖsterreicher 317.041 47,0 88,0 52,2Nicht Österreich 43.326* 6,4 12,0 64,9HaushalttypEinpersonenhaushalt 25.498* 3,8 7,1 25,5Alleinerzieher 14.266* 2,1 4,0 47,02 Erwachsene ohne Kinder 53.719 8,0 14,9 37,52 Erwachsene mit Kindern 155.399 23,0 43,1 74,23 u. mehr Erwachsene ohne Kinder 71.770 10,6 19,9 60,33 u. mehr Erwachsene mit Kindern 39.715 5,9 11,0 55,1

Ergebnisse aufgrund ungewichteter Fallzahlen < 50 sind mit einem * gekennzeichnet

Kreditverbindlichkeiten in Tirol (Personen in Privathaushalten)

Tabelle 17

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5.2 Finanzielle Schwierigkeiten

In Tirol geben hochgerechnet laut EU-SILC 2008 rund 47% der Haushalte an, zumindest immer wieder in kleinere finanzielle Schwierigkeiten zu geraten. Bei 22% der Tiroler Haushalte sind diese Schwierigkeiten eher schwerwiegend. Der Anteil der betroffenen Personen, die in Haushalten mit finanziellen Schwierigkeiten leben, beläuft sich auf knapp 50%. Etwa 74% der armutsgefährdeten Personen in Tirol sind mit finanziellen Problemen konfrontiert. Fast 14% der Tiroler Bevölkerung bekunden, schwere finanzielle Schwierigkeiten in den letzten fünf Jahren gehabt zu haben, das sind in etwa ein Fünftel aller SchuldnerInnen. 40% aller SchuldnerInnen und beinahe ein Viertel aller armutsgefährdeten Personen in Tirol gaben an niemals in finanzielle Schwierigkeiten geraten zu sein. Die folgende Abbildung gibt einen Überblick über das Auftreten von finanziellen Schwierigkeiten in Tirol.

Auftreten von finanziellen Schwierigkeiten in Tirol(Personen in Haushalten)

13,810,625,249,6 19,810,529,040,4 17,518,637,423,5

0

10

20

30

40

50

60

Nie Immer wieder kleinere Schwere liegen mehr als5 Jahre zurück

Schwere in den letzten 5Jahren

in %

in % der Bevölkerung in % der SchuldnerInnen in % der ArmutsgefährdetenTirStat

Abbildung 15

Zwei Drittel der Tiroler Bevölkerung mit Migrationshintergrund, das sind knapp 10% der gesamten Tiroler Bevölkerung, sind mit finanziellen Schwierigkeiten konfrontiert. In der Gruppe der im Ausland geborenen SchuldnerInnen geben rund 72% an finanzielle Schwierigkeiten zu haben.

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Etwa 47% der in Österreich geborenen TirolerInnen weisen finanzielle Schwierigkeiten auf, das sind rund 40% der gesamten Tiroler Bevölkerung. Von den in Österreich geborenen Tiroler SchuldnerInnen haben 57% zumindest immer wieder kleinere finanzielle Probleme.

Etwa vier Fünftel der AlleinerzieherInnen in Tirol weisen laut EU-SILC 2008 finanzielle Schwierigkeiten auf. Dies entspricht einem Anteil von 3,6% an der Tiroler Wohnbevölkerung. Zwei Drittel der Personen die in Haushalten mit drei und mehr Erwachsenen ohne Kinder leben sind mit finanziellen Schwierigkeiten konfrontiert, ein Anteil von 11,6% an der gesamten Tiroler Bevölkerung. Am meisten Personen (14,7%), gemessen an der Wohnbevölkerung, die finanzielle Schwierigkeiten aufweisen, leben in Haushalten die die Struktur „zwei Erwachsene mit Kindern aufweisen“.

Soziodemographische Merkmale Personen insgesamt

darunterSchuldner/

Innen

in % der Bevölkerung

in % der Schuldner/

Innen

in % derjeweiligen

GruppeGesamt 335.049 222.722 49,7 59,4 49,7GeburtslandÖsterreicher 270.409 178.420 40,1 47,6 46,9Ausländer 64.639 44.302* 9,6 11,8 66,5StaatsbürgerschaftÖsterreicher 285.947 187.564 42,4 50,0 47,1Nicht Österreich 49.102 35.158* 7,3 9,4 73,6HaushalttypEinpersonenhaushalt 42.855 18.313* 6,4 4,9 42,9Alleinerzieher 24.596* 17.697* 3,6 4,7 81,02 Erwachsene ohne Kinder 59.206 30554 8,8 8,1 41,32 Erwachsene mit Kindern 99.105 82801 14,7 22,1 47,33 u. mehr Erwachsene ohne Kinder 78.160 55.113* 11,6 17,7 65,73 u. mehr Erwachsene mit Kindern 31.127* 18.243* 4,6 4,9 43,2

Ergebnisse aufgrund ungewichteter Fallzahlen < 50 sind mit einem * gekennzeichnet

Personen mit finanziellen Schwierigkeiten

Tabelle 18

Zur Bewältigung der finanziellen Schwierigkeiten stehen den Haushalten verschiedene Möglichkeiten offen. Rund 39% der Personen in Haushalten mit immer wieder kleineren, oder in der Vergangenheit ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten haben mindestens einmal von Verwandten oder Bekannten Geld als Hilfestellung erhalten (geschenkt oder geliehen). Knapp 42% der SchuldnerInnen lösten ihre finanziellen Probleme mit Hilfe von Geldinstituten. Etwa 43% der Personen in Haushalten mit finanziellen Schwierigkeiten konnten die Situation durch das Verwenden von Ersparnissen die für Lebenshaltungskosten gedacht waren, klären. Lediglich 1,5% nahmen zur Problemlösung Beratungsstellen in

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Anspruch8. Rund 23% der SchuldnerInnen mit finanziellen Schwierigkeiten konnten ihre Probleme, zumindest mit den angeführten Strategien, nicht bewältigen.

5.3 Überschuldung

Können bzw. konnten Kreditrückzahlungen für Wohnungen oder Konsum aktuell oder in den letzten 12 Monaten, laufende Zahlungen für Wohnnebenkosten oder fällige Rechnungen nicht rechtzeitig beglichen werden, kann dies als problematische Verschuldungssituation des Haushalts oder der Personen in den betroffenen Haushalten verstanden werden. Im allgemeinen spricht man beim Auftreten einer solchen Situation von Überschuldung.

Rund 12% der Tiroler Bevölkerung lebten in Haushalten die zum Befragungszeitpunkt oder in den vorangegangenen 12 Monaten zumindest einmal Zahlungsrückstände aufwiesen. Konkret handelte es sich in 6% der Fälle um Personen die einmalig mit einer Zahlung in Verzug gerieten, die anderen 6% waren mindestens zweimal mit Zahlungen im Rückstand. Etwa 27.000 Personen in Tiroler Haushalten, das entspricht 4% der Wohnbevölkerung, gerieten mit Zahlungen für die laufenden Wohnnebenkosten in Zahlungsrückstand. Knapp 2% der TirolerInnen konnten sich die Zahlungen für Wohnraumschaffung nicht leisten, bei rund 48.000 Personen (7%) sind sonstige Kredite oder Rechnungen offen.

Knapp 6% der Tiroler Wohnbevölkerung geben an, dass sich deren Zahlungsrückstände auf mehr als ein Drittel des gesamten verfügbaren Haushaltseinkommens beläuft.

Während bei jenem Viertel der TirolerInnen mit dem höchsten äquivalisierten Personeneinkommen rund 8% Zahlungsrückstände aufweisen, ist der Anteil bei den armutsgefährdeten Personen mit knapp 19% mehr als doppelt so hoch.

Fast ein Drittel (32%) der Tiroler Wohnbevölkerung mit Migrationshintergrund kann seinen Rückzahlungsverpflichtungen nicht fristgerecht nachkommen bzw. aktuelle Zahlungen nicht leisten. Personen mit Migrationshintergrund weisen somit ein 3,5 mal so hohes Risiko auf, in eine problematische finanzielle Situation zu kommen, als Personen die in Österreich geboren sind.

8 Aufgrund der sehr kleinen Fallzahl in der Stichprobe ist dieser Anteil mit Vorsicht zu betrachten.

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Personenin % der Wohn-

bevölkerung Personen

in % der Wohn-

bevölkerungGesamt 82.478 12,2 748.303 9,1davoneinmaliger Zahlungsrückstand 39.996 5,9 257.214 3,1zweimaliger Zahlungsrückstand 42.482 6,3 491.089 6,0darunterRückstand für Wohnraumbeschaffung 13.023 1,9 111.598 1,4Rückstand für laufende Wohnnebenkosten 27.153 4,0 447.414 5,4Rückstand für sonstige Kredite oder Rechnungen 48.366 7,2 456.246 5,5

Rückstand ist größer als 1/3 des verfügbaren Haushaltseinkommen 39.194 5,8 281.801 3,4

Migrationshintergrund Personenin % der

jeweiligen Gruppe

Personenin % der

jeweiligen Gruppe

im Ausland geboren 31.166 32,0 189.906 16,3in Österreich geboren 51.312 8,9 558.397 7,9

Rückstände unter ... Personenin % der

jeweiligen Gruppe

Personenin % der

jeweiligen Gruppe

jenen 25% der Personen mit dem höchsten Einkommen 12.944 8,2 73.376 3,6armutsgefährdeten Personen 14.724 18,8 203.936 20,0

Zahlungsrückstand (aktuell oder in den letzten 12 Monaten)

Tirol Österreich

Tabelle 19

18% oder rund 123.000 Menschen in Tirol leben in Haushalten in denen mindestens ein Haushaltsmitglied sein Konto überzogen hat. Während in der Gruppe der einkommensstarken Personen etwa 11% einen negativen Kontostand aufweisen, sind es bei den armutsgefährdeten TirolerInnen mit knapp 22% doppelt so viele. Mit fast 35% gibt es den höchsten Anteil an Personen mit Kontoüberziehungen bei den TirolerInnen mit Migrationshintergrund. 15% der in Österreich geborenen Tiroler und Tirolerinnen verzeichnen ebenfalls einen negativen Kontostand.

Bei 21% der Personen in Tirol die ihr Konto überzogen haben, liegt die Höhe des Überziehungsbetrags bei weniger als einem Drittel des verfügbaren Einkommens, bei 40% liegt dieser Bertrag zwischen 33% und 100% des gesamten verfügbaren Haushaltseinkommens. Knapp 39% der Kontoüberzieher weisen einen negativen Kontostand auf, der die Summe des monatlich verfügbaren Haushaltseinkommens übersteigt.

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Abbildung 16

5.4 Finanzielle Exklusion

Finanzielle Exklusion bedeutet, keinen oder nur erschwerten Zugang zu Finanzdienstleistungen in einer Gesellschaft zu haben. Durch den Ausschluss von finanziellen Dienstleistungen können Personen bzw. Personengruppen daran gehindert werden (zumindest wird es ihnen erschwert), ein dem durchschnittlichen Lebensstandard eines Landes entsprechendes Leben zu führen (vgl. European Commission 2008, S. 9). Das Führen eines Basiskontos gilt in diesem Zusammenhang als zentral. Kein Konto zu besitzen erschwert es, Gehalt oder andere Einkünfte zu empfangen, Zahlungen durch Überweisungen zu tätigen (Opportunitätskosten bei einzelnen Zahlungen mittels Zahlschein) sowie Geld für geplante Ausgaben zu sparen.

Als weitere Indikatoren zur finanziellen Ausgrenzung wurde im Rahmen der EU-SILC- Befragung zum einen die „Nicht-Leistbarkeit“ einer Haushaltsversicherung, zum anderen der Zugang zu adäquaten Kreditmöglichkeiten gewählt (vgl. Armutsgefährdung in Österreich, EU-SILC 2008 Eingliederungsindikatoren, Statistik Austria im Auftrag des BMASK).

Etwa 1,2% der Wohnbevölkerung leben in Tirol in Haushalten die kein Konto besitzen. Rund 6% der TirolerInnen wohnen in Haushalten ohne Haushaltsversicherung, wobei allerdings nur bei etwas mehr als 2,2% finanzielle Gründe für den Nichtabschluss einer Versicherung ausschlaggebend waren. Eine Einschränkung der Kreditmöglichkeiten kann auch darin besteheh, dass der Zugang zu einer Kreditkarte verwehrt wird. In Tirol leben mehr als 42%

Tirol Österre ich

Anteil der Personen m it negativem Kontostand nach der Höhe des Überziehungsbetrages

38,8%

7,5%

40,1%

13,5%

w eniger als 10% mehr als 10% - w eniger als 33%

mehr als 33% - w eniger als 100% mehr als 100%TirStat

30,0%

36,8%

21,7%

11,5%

..... Prozent der Personen mit negativem Kontostand haben ihr Konto um ..... des verfügbaren Haushaltseinkommen überzogen

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der Personen in Haushalten ohne Kreditkarte, österreichweit sind es 47%. Der Nicht-Besitz einer Kreditkarte beruht aber großteils auf anderen Gründen und hat für die finanzielle Ausgrenzung keine Bedeutung. Nicht ganz 5,5% der Tiroler Bevölkerung leben in Haushalten die einen nötigen Konsumkredit nicht in Anspruch nehmen, da sie Angst haben ihre derzeitige finanzielle Situation zu verschlechtern, oder die Kreditraten nicht zurückbezahlen könnten. Etwa 0,9% der Wohnbevölkerung gehören zu Haushalten, denen ein nötiger Konsumkredit von den Banken verweigert wurde.

Eine detailiertere Auswertung zur finanziellen Exklusion ist aufgrund der geringen Fallzahlen für Tirol nicht seriös durchführbar.

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Literatur

Backert, W. (2001). Armutsrisiko: Überschuldung, in: Barlösius, E./Ludwig-Mayerhofer, W. (Hrsg.): Die Armut der Gesellschaft. Opladen. S. 243 – 261.

Die Armutskonferenz, European Anti Poverty Network (2008). Armut in Europa, Aktuelle Daten und Fakten der Europäischen Union, www.armutskonferenz.at – www.eapn.eu .

European Commission (2008). Financial Service Provision and Prevention on Financial Exclusion.

European Commission (2010). Mitteilung der Kommission, Europa 2020, Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum.

Guger, A./Marterbauer, M. (2004). Die langfristige Entwicklung der Einkommensverteilung in Österreich, Studie des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung im Auftrag des Bundesministeriums für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz.

Kaiser, M./Stadler, M. (2009). Einkommen und Armut in Tirol. Ergebnisse aus EU-SILC 2007. Amt der Tiroler Landesregierung. Innsbruck.

Statistik Austria (2009). Armutdgefährdung in Österreich, Band 2, EU-SILC 2008 Eingliederungsindikatoren.

Streuli, E. (2003). In Ermangelung finanzieller Ressourcen: Privatverschuldung in der Schweiz. In: Swiss Journal of Sociology, Jg. 29, Heft 2. Zürich. S. 293 – 317.

Till-Tentschert, U./Weiss, H. (2008). Merkmale deprivierter Lebensführung in Österreich. Armutslagen und Chancen für Eingliederung in Österreich. Arbeitspapier 1. Wien.

Townsend, P. (1979). Poverty in the United Kingdom. A Survey of Household Ressources and Standards of Living. Berkeley, University of California.

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Anhang 1

In den folgenden Tabellen sind die individuellen Armutsgefährdungsquoten mit den Standardfehlern, sowie den 95% Konfidenzintervallen für Tirol und Österreich enthalten. Zur Berechnung der Standardfehler siehe die methodischen Erläuterungen in Anhang 2.

Individuelle Arnutsquoten mit Standardfehler und 95% - Konfidenzintervall

TirolIndividuelle Merkmale Armutsquote Standardfehler KI_unten KI_oben

Geburtsland Österreich 11,11 1,50 8,18 14,05Geburtsland nicht Österreich 12,68 4,32 4,21 21,16Frauen 13,47 1,85 9,83 17,10Männer 9,57 1,71 6,21 12,93ledig 9,42 2,23 5,05 13,79verheirated, zusammen lebend 9,01 1,84 5,41 12,62verwitwet 23,75 9,55 5,04 42,47geschieden 16,54 8,65 -0,41 33,49Erwerbstätige Personen 5,49 1,24 3,06 7,92Nicht erwerbstätig 22,99 3,71 15,71 30,27Pensionisten 17,25 2,96 11,45 23,04Jünger 15 Jahre 13,49 4,39 4,89 22,10Jünger 20 Jahre 11,68 3,15 5,50 17,85Älter 14 und jünger 65 Jahre 10,18 1,57 7,09 13,26Älter 65 Jahre 15,42 3,66 8,25 22,60Pflichtschulabschluss o. Lehre 20,30 3,80 12,85 27,75Pflichtschulabschluss m. Lehre 12,04 2,18 7,77 16,31Haushalt mit Pension(en) 13,30 2,79 7,83 18,76Haushalt ohne Pension(en) 10,74 2,04 6,74 14,74Einpersonenhaushalt 21,47 6,82 8,11 34,84Haushalt ohne Kinder 6,54 1,88 2,85 10,23Haushalt mit Kindern 8,77 2,51 3,85 13,69Haushalte mit einem Kind 4,83 3,52 -2,07 11,72Haushalte mit zwei Kindern 11,30 4,00 3,46 19,15Haushalte mit mehr als zwei Kindern 9,25 8,49 -7,39 25,89Alleinerzieher/Innen 49,18 27,85 -5,41 103,77Gesamt 11,60 1,64 8,38 14,83

Kinder in Armutsgefährdung 14,12 3,34 7,57 20,67

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ÖsterreichIndividuelle Merkmale Armutsquote Standardfehler KI_unten KI_oben

Geburtsland Österreich 9,75 0,41 8,94 10,55Geburtsland nicht Österreich 18,21 1,04 16,17 20,25Frauen 13,45 0,55 12,37 14,53Männer 11,21 0,51 10,21 12,21ledig 11,39 0,63 10,15 12,62verheirated, zusammen lebend 10,08 0,54 9,03 11,14verwitwet 17,33 1,40 14,58 20,07geschieden 16,10 1,53 13,10 19,10Erwerbstätige Personen 6,65 0,40 5,87 7,43Nicht erwerbstätig 19,87 0,94 18,04 21,71Pensionisten 12,72 0,72 11,32 14,13Jünger 15 Jahre 15,31 1,18 13,00 17,63Jünger 20 Jahre 14,88 0,98 12,95 16,81Älter 14 und jünger 65 Jahre 11,04 0,47 10,12 11,97Älter 65 Jahre 14,92 0,99 12,98 16,87Pflichtschulabschluss o. Lehre 21,97 1,02 19,97 23,96Pflichtschulabschluss m. Lehre 9,43 0,53 8,38 10,47Haushalt mit Pension(en) 11,50 0,73 10,06 12,93Haushalt ohne Pension(en) 12,75 0,64 11,49 14,01Einpersonenhaushalt 19,64 1,05 17,59 21,70Haushalt ohne Kinder 7,92 0,59 6,75 9,09Haushalt mit Kindern 11,99 0,83 10,36 13,61Haushalte mit einem Kind 9,36 0,98 7,45 11,28Haushalte mit zwei Kindern 10,44 1,21 8,07 12,82Haushalte mit mehr als zwei Kindern 20,05 2,52 15,12 24,98Alleinerzieher/Innen 28,92 5,15 18,83 39,00Gesamt 12,36 0,50 11,39 13,33

Kinder in Armutsgefährdung 14,86 0,98 12,93 16,78

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Anhang 2

Methodische Erläuterungen

Armutsgefährdungsschwelle: RPT 60 % des nationalen verfügbaren Medianeikommens

5,0*6,0 YRPT = Armutsgefährdungsquote: RPR Prozentanteil der Personen die unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle liegen an der gesamten Untersuchungsgruppe.

100∗=∑∑

Skk

Skk

w

IRPR

ε

ε

wobei k.......... .Index der Untersuchungseinheit

kw ........Gewichtung der Untersuchungseinheit

5,0Y .......Median des ferfügbaren Einkommens S............Ausgewählte Subgruppe 1 if ky < RPT

kI = 0 sonst

Varianzberechnung der Zielvariable y : U: Gesamtbevölkerung mit Größe N (bekannte Größe) s1: Stichprobe der Haushalte mit Größe n (einfache Zufallsstichprobe) s2: Stichprobe der Haushalte, die tatsächlich teilgenommen haben, mit Größe r y: Zielvariable (linearisierte und über die Haushalte aggregierte Variable) πi: Wahrscheinlichkeit, dass Haushalt i in der Stichprobe vorkommt πij: Wahrscheinlichkeit, dass Haushalte i und j in der Stichprobe gemeinsam vorkommen pi: geschätzte Wahrscheinlichkeit, dass Haushalt i tatsächlich teilgenommen hat pij: geschätzte Wahrscheinlichkeit, dass Haushalte i und j tatsächlich teilgenommen haben f = n/N = Stichprobenanteil S2: die Streuung von y in der Gesamtbevölkerung U

Der Varianzschätzer lautet: ( ) ∑∈

−⋅

π+⋅

−⋅=

2si2i

i2i

2i22

pp1yS

nf1NYV

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( ) ⎥⎥⎦

⎢⎢⎣

⎡−⎟⎟

⎞⎜⎜⎝

⎛⋅⋅−⋅⎟

⎠⎞

⎜⎝⎛ −⋅= ∑∑∑

∈∈∈ 222

2

22

22

2

22 11111

si i

i

si i

i

si i

i

py

py

Npy

NNS

ππ

wobei: • π = n/N = πi für alle i • π(2) = n(n-1)/N(N-1) = πij für alle unterschiedlichen i und j

Standardfehler : ( ) ( )YVYSE ˆˆˆ = Linearisierung der Zielvariable y: für die Armutsgefährdungsquote

⎥⎦⎤

⎢⎣⎡ −<−−<= ).).Yk(I(y.,.R ..,.p)Y .kI(y

Ny .i 5050

ˆ5060

ˆ605060ˆˆ601

50

und ).Y(f

).Y .(f.,.R

50ˆˆ50ˆ60ˆ

5060ˆ =

0.6,0.5p ist der geschätzte Anteil von Einheiten mit einem Einkommen unterhalb von

0.5Y0.6 , )0.5Y 6.0kI(y < ist eine binäre Variable mit dem Wert 1, wenn 0.5Y 6.0ky <

und 0 sonst, )0.5Y kI(y < ist eine binäre Variable mit dem Wert 1, wenn 0.5Yky < und

0 sonst, )0.5Y (0.6f und )0.5Y(f sind die geschätzen Dichtewerte von Y im Punkt

0.5Y0.6 und im Punkt 0.5Y .

Schätzung der Dichtefunktion bzw. des Dichtewertes )0.5Y (0.6f und )0.5Y(f :

∑=

⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛ −=

n

i

i

hYYK

nhYf

1

5.05.0

ˆ6.01)ˆ6,0( und ∑=

⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛ −=

n

i

i

hYYK

nhYf

1

5.05.0

ˆ1)ˆ(

mit

2

)5.0exp(21)( zzK −=π

und 2.0

1379.0n

QQhopt−

=

0.5Y ..........äquivalisiertes Medianeinkommen

0.5Y0.6 ......Armutsgefährdungsschwelle

iY ..............äquivalisiertes Haushaltseinkommen der Person i