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Sonderdruck M & A Recht und Wirtschaft in der Praxis Liber amicorum für Rudolf Tschäni Herausgegeben von Matthias Oertle Matthias Wolf Stefan Breitenstein Hans-Jakob Diem 2010. Dike Verlag AG, Zürich/St. Gallen ISBN 978-03751-265-4 PATRICK HÜNERWADEL MARCEL TRANCHET Akquisitionsfinanzierungen Finanzierung als Erfolgsfaktor bei Akquisitionen

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Sonderdruck

M & ARecht und Wirtschaft in der Praxis

Liber amicorum für Rudolf Tschäni

Herausgegeben von Matthias Oertle Matthias Wolf Stefan Breitenstein Hans-Jakob Diem

2010. Dike Verlag AG, Zürich/St. Gallen ISBN 978-03751-265-4

Patrick Hünerwadel Marcel trancHet

AkquisitionsfinanzierungenFinanzierung als Erfolgsfaktor

bei Akquisitionen

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Akquisitionsfinanzierungen

Finanzierung als Erfolgsfaktor bei Akquisitionen

PATRICK HÜNERWADEL / MARCEL TRANCHET

Inhaltsübersicht

I. Finanzierung als Erfolgsfaktor 362 II. Abgrenzungsfragen 362 III. Besonderheit der Akquisitionsfinanzierung 362 IV. Finanzierungsquellen für Akquisitionen 363

1. Innenfinanzierung 363 2. Aussenfinanzierung 364

a) Eigenkapital 364 b) Mezzanine Kapital 365 c) Senior Darlehen 366 d) Intercreditor Agreement 367

3. Decken verbleibender Finanzierungslücken 367 a) Vendor Loan 367 b) Earn-out 367

4. Finanzierungsmix 368 5. Bridge Finanzierung 368

V. Fremdkapital als Finanzierungsquelle von Übernahmen im Besonderen 369 1. Einsatz von Fremdkapital – Leverage Effekt 369 2. Typische Finanzierungsform von Übernahmen 369

a) Corporate Financing 369 b) Leveraged Financing 370

3. Akquisitions- und Finanzierungsstruktur 371 4. Besicherung im Rahmen von Akquisitionsfinanzierungen 373

VI. Beurteilung von Übernahmen und Bemessung der Akquisitionsfinanzierung durch Darlehensgeber 374 1. Beurteilungskriterien der Darlehensgeber bei Übernahmen 374 2. Bemessung der Akquisitionsfinanzierung 375 3. Finanzkennzahlen (Financial Covenants) 376 4. Verletzung von Financial Covenants 377

VII. Koordination der Prozesse und der Dokumentationen 377 1. Akquisitions- und Finanzierungsprozess 377 2. Vertragsdokumentation 378

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I. Finanzierung als Erfolgsfaktor

Jede Übernahme muss finanziert werden. Das gilt ungeachtet davon, ob der Über-nehmer über die entsprechenden Mittel verfügt oder nicht. Die Finanzierung kann dabei nicht nur für das Zustandekommen einer Akquisition, sondern auch für deren Erfolg zentral sein. Eine falsch bemessene, zu teure, schlecht strukturierte oder zeit-lich nicht auf die Übernahme und Integrationsphase abgestimmte Finanzierung kann dazu führen, dass nicht nur die Übernahme, sondern auch das übernommene Unternehmen und im schlechtesten Fall auch der Übernehmer Schiffbruch erleiden.

Die Finanzierbarkeit, insbesondere durch von Dritten zur Verfügung zu stellendes Fremdkapital, ist nicht selten ein objektivierender Gradmesser für die Angemessen-heit des in Betracht gezogenen Übernahmepreises. Ein strategisch begründeter Zu-schlag, der sich im Nachhinein als ungerechtfertigt erweist, und entsprechende Kor-rekturen über die Erfolgsrechnung sind stets ärgerlich, ist darüber hinaus aber ent-sprechend überdimensioniertes Fremdkapital zu bedienen, dann resultiert dies in Mittelabflüssen, welche den Fortbestand des Unternehmens viel unmittelbarer ge-fährden können.

Umgekehrt sind ein seriöses Finanzierungskonzept und die Fähigkeit, dieses zeit-gerecht zu realisieren, ein wichtiges Verhandlungsargument. Das gilt in besonderem Masse dort, wo etwa in einem Auktionsverfahren mehrere Übernehmer im Wettbe-werb stehen.

II. Abgrenzungsfragen

Übernahmen können in verschiedenen Akquisitionswährungen getätigt werden. Im Vordergrund stehen Beteiligungsrechte und Geld. Die nachfolgenden Ausführungen befassen sich mit Übernahmen, die (auch) in Geld bezahlt werden sollen.

III. Besonderheit der Akquisitionsfinanzierung

Die Besonderheit der Akquisitionsfinanzierung liegt zunächst in ihrem Zweck, die Übernahme eines Unternehmens zu finanzieren. Akquisitionsfinanzierungen be-schränken sich aber regelmässig nicht auf die Finanzierung eines Teils des Kaufprei-ses sowie der anfallenden Transaktionskosten, sondern stellen oft die Gesamtfinan-zierung des übernommenen Unternehmens auf eine neue Grundlage.

Akquisitionsfinanzierungen

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Bei Akquisitionsfinanzierungen handelt es sich – gemessen an der Bilanz des Übernehmers – oft um erhebliche Finanzierungsbeträge, welche nur durch den Bei-zug verschiedener Finanzierungselemente beigebracht werden können. Für den Schuldendienst (Amortisation und Zinsen) wird regelmässig nicht auf die Bonität des Übernehmers, sondern in erster Linie auf die Cash Flows des übernommenen Unternehmens abgestellt. Gestützt darauf handelt es sich bei Akquisitionsfinanzie-rungen häufig um komplizierte, massgeschneiderte strukturierte Finanzierungen.

Die Strukturierung der Finanzierung kann einen erheblichen Einfluss auf das Fi-nanzierungspotential (Debt Capacity) einer Transaktion und damit, gerade im Rah-men von Auktionsverfahren, auf die Erfolgschancen eines Angebotes haben.

Eine Akquisitionsfinanzierung wird sowohl in zeitlicher wie auch in struktureller Hinsicht massgeblich durch den Akquisitionsprozess bestimmt. Das stellt einerseits hohe Ansprüche an deren Flexibilität, verlangt aber andererseits auch eine frühzeitige Koordination des Akquisitionsprozesses mit dem Finanzierungsprozess. Das gilt insbesondere für Übernahmen im Auktionsverfahren, wo unter hohem Zeitdruck und mit beschränkter Information eine möglichst bedingungslose Finanzierungszu-sage (Certain Funds) gefordert wird.

IV. Finanzierungsquellen für Akquisitionen

Akquisitionen können aus Mitteln finanziert werden, welche beim übernehmenden Unternehmen oder beim zu übernehmenden Unternehmen bereits vorhanden sind. Man spricht in diesem Zusammenhang von Innenfinanzierung. Häufig benötigt das übernehmende Unternehmen allerdings weitere finanzielle Mittel, externe Mittel, zur Finanzierung einer Übernahme. Man spricht in diesem Zusammenhang von Aussen-finanzierung.1

1. Innenfinanzierung

Bei der Innenfinanzierung greift der Übernehmer auf Mittel zurück, die in seinem Unternehmen vorhanden sind. Es kann sich dabei um einbehaltene Gewinne han-deln. Die Überschussliquidität kann aber auch durch Veräusserung von Aktiven des Unternehmens entstanden sein bzw. im Hinblick auf die beabsichtigte Übernahme geschaffen werden.

1 Vgl. zur Unterscheidung von Innen- und Aussenfinanzierung BJÖRN M. BRODA/ULRICH KRINGS,

Finanzierungsmodalitäten bei M&A-Transaktionen, in: Der Schweizer Treuhänder 10/02, 877 ff., 878.

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In einer konsolidierten Betrachtung kann aber auch die Tilgung eines Teils des Kaufpreises durch Veräusserung nicht strategischer bzw. redundanter Aktiven des übernommenen Unternehmens unmittelbar im Anschluss an die Übernahme als Innenfinanzierung bezeichnet werden.

2. Aussenfinanzierung

Bei der Aussenfinanzierung ist der Übernehmer auf Mittel ausserhalb des Unterneh-mens angewiesen. Diese Mittel können in der Form von Eigenkapital oder Fremd-kapital beschafft werden. Regelmässig wird sich eine Mischung dieser Finanzierungs-möglichkeiten aufdrängen. Zudem ist der Übergang zwischen Eigenkapital und Fremdkapital wirtschaftlich betrachtet fliessend, indem ein Teil des Eigenkapitals durch nachrangige Gesellschafterdarlehen und ein Teil des Fremdkapitals durch Mez-zanine Finanzierungen aufgebracht werden kann.

Die Finanzierung einer Akquisition und deren Elemente sind immer auf den Einzelfall abzustimmen. Massgebliche Kriterien sind dabei die Kosten sowie die Er-hältlichkeit der einzelnen Finanzierungselemente. Ziel einer erfolgreichen Akquisi-tionsfinanzierung ist es, bei möglichst geringen Finanzierungskosten den vollen Finanzierungsbedarf abzudecken. Akquisitionsfinanzierungen werden daher regel-mässig gezielt aus mehreren Finanzierungselementen zusammengesetzt. Diese müs-sen aufeinander abgestimmt werden.

Die verschiedenen Finanzierungselemente sind mit verschiedenen Kosten und mit verschiedenen Risiken verbunden, sie weisen unterschiedliche Kosten/Risiko Profile auf. Bei Akquisitionsfinanzierungen wird typischerweise auf die folgenden, nach abnehmendem Risiko und damit Kosten aufgeführten Finanzierungselemente zurückgegriffen.2

a) Eigenkapital

Bei der Aussenfinanzierung wird dem Übernehmer neues Eigenkapital von aussen zugeführt. Das Eigenkapital kann durch die bestehenden Gesellschafter des Über-nehmers aufgebracht werden. Es kann aber auch von neuen Gesellschaftern, die ge-zielt im Hinblick auf eine Akquisition beteiligt werden sollen, zugeführt werden. Nicht selten handelt es sich bei letzteren um professionelle Eigenkapitalfinanzierer wie etwa Private Equity Fonds.

Eigenkapital trägt das volle Unternehmerrisiko, entsprechend hoch sind die Ren-diteerwartungen. Das ist nicht erst seit dem Auftauchen professioneller Eigenkapital-

2 Eine umfassende Darstellung der Akquisitionsfinanzierung findet sich bei ROLAND MITTENDOR-

FER, Praxishandbuch Akquisitionsfinanzierung, 1.Aufl., Wiesbaden 2007, vgl. zur Strukturierung insbesondere 85 ff.

Akquisitionsfinanzierungen

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finanzierer so, es wird seither aber ausdrücklicher thematisiert und hat damit auch die mit Eigenkapital einhergehenden Finanzierungskosten bewusster gemacht. Die Renditeerwartungen professioneller Eigenkapitalfinanzierer werden auch in zeitlicher Hinsicht mittels Exit-Szenarien klarer definiert und der Zeithorizont für deren Reali-sierung ist in der Regel deutlich kürzer.

Obwohl rechtlich Fremdkapital, werden auch Aktionärsdarlehen mit Rangrück-tritt (Subordinated Shareholder Loans) wirtschaftlich dem Eigenkapital zugerechnet.3

b) Mezzanine Kapital

Auch Mezzanine Kapital gehört rechtlich zum Fremdkapital. Wirtschaftlich schiebt es sich zwischen Eigenkapital und klassisches Fremdkapital (Senior Darlehen), indem es dem klassischen Fremdkapital gegenüber vertraglich im Rang nachgeordnet (subordi-niert) ist. Es deckt damit den Finanzierungsbedarf ab, welcher weder durch Eigenka-pital noch durch klassisches Fremdkapital abgedeckt werden kann.

Für das im Rang vorgehende klassische Fremdkapital übernimmt damit das Mez-zanine Kapital die Rolle von zusätzlichem risikotragendem Kapital. Im Verhältnis zu klassischem Fremdkapital hat entsprechend das Mezzanine Kapital in vollem Um-fang Verluste vorweg abzudecken.

Mezzanine Kapital ist in aller Regel unbesichert. Die ausnahmsweise gewährten Sicherheiten für Mezzanine Kapital gehen den Sicherheiten der Senior Darlehen da-bei vertraglich oder gegebenenfalls auch dinglich im Rang nach.

In zeitlicher Hinsicht ist das Mezzanine Kapital in aller Regel erst nach den Senior Darlehen zurückzuzahlen. Umgekehrt verlangen auch die Mezzanine Kapitalgeber regelmässig, dass das zur Verfügung gestellte Mezzanine Kapital auch vom Darle-hensnehmer während einer gewissen Frist nicht und danach nur unter Bezahlung einer Prämie zurückgezahlt werden kann. Damit sichern sich die Mezzanine Kapital-geber die risikobedingt höhere und für die gesamte Laufzeit gleichbleibende Rendite für einen gewissen Zeitraum.

Auch die Verzugsfälle (Events of Default) sind in aller Regel so ausgestaltet, dass sie erst dann eintreten können, wenn auch bei den Senior Darlehen ein Verzugsfall ein-getreten ist. Die Financial Covenants von Mezzanine Kapital weisen gegenüber denje-nigen der Senior Darlehen typischerweise einen grösseren Spielraum (Headroom) auf.

Mezzanine Kapital weist neben einer fixen Verzinsungskomponente oft eine Er-folgs- oder Wertsteigerungskomponente (Equity Kicker) auf, etwa eine Beteiligung an

3 Im Gegensatz zu Mezzanine Kapital wird bei Aktionärsdarlehen oft eine volle Subordination im

Sinne eines Rangrücktritts nicht nur gegenüber gewissen im Rang vorgehenden Darlehensgläu-bigern, sondern gegenüber sämtlichen Gläubigern (etwa im Sinne von Art. 725 Abs. 2 OR) ver-langt, und deren Verzinsung ist entweder aufgehoben, kapitalisierend oder es finden dieselben vertraglichen Ausschüttungsbeschränkungen wie für die eigentlichen Eigenkapitalinstrumente der Gesellschafter auf sie Anwendung.

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einem Substanz- oder Veräusserungsgewinn. Zur weiteren Optimierung wird regel-mässig nur ein Teil der Verzinsung laufend bezahlt (Cash Margin) während ein ande-rer Teil kapitalisierend ausgestaltet wird und nicht in Form von Cash vergütet wird (PIK Margin), dies auch um die anfänglich notwendige Liquidität zu reduzieren.4

Mezzanine Kapital kann sodann weiter in Tranchen mit verschiedenem Rang und verschiedenen Verzinsungskomponenten abgestuft werden.

Akquisitionsfinanzierungen sind ein typisches Einsatzgebiet für Mezzanine Kapi-tal. Es verfügt in diesem Bereich über eine entsprechend hohe Akzeptanz. Mezzanine Kapital wird typischerweise von spezialisierten Finanzierern oder Finanzierungsvehi-keln und nicht von Banken oder Finanzinstituten, welche sich an den Senior Darle-hen beteiligen, zur Verfügung gestellt.

c) Senior Darlehen

Als Senior Darlehen bezeichnet man denjenigen Anteil an Fremdkapital, der den übrigen Fremdkapitalelementen einer Finanzierung im Rang vorgeht und damit vom Darlehensnehmer vorrangig für Zinsen und Kapital zu bedienen ist. Entsprechend sind die Finanzierungskosten im Vergleich zu nachrangigem Fremdkapital und Ei-genkapital günstiger.

Das Senior Darlehen steuert typischerweise den grössten Finanzierungsanteil ei-ner Akquisition bei. Dabei wird oft eine Aufteilung in eine grössere amortisierende und in eine kleinere Tranche mit Endfälligkeit vorgenommen. Die zugrundeliegen-den finanziellen Kennzahlen der vorgesehenen Übernahme sind ausschlaggebend dafür, ob nebst dem Senior Darlehen noch weiteres nachrangiges Fremdkapital not-wendig, aber auch erhältlich, ist. Darlehensgeber werden aber stets einen bestimmten Anteil an Eigenkapital verlangen. Damit wird sichergestellt, dass der Übernehmer die im Rahmen der Übernahme übernommenen Unternehmerrisiken massgeblich trägt und damit auch die entsprechende Unternehmerverantwortung wahrnimmt.

Senior Darlehen werden auf besicherter Basis (Secured Senior Debt) oder auf unbe-sicherter Basis (Unsecured Senior Debt) zur Verfügung gestellt.5

Auch Senior Darlehen können aus Kostengründen weiter abgestuft werden. Dabei wird jedoch üblicherweise nicht die Darlehensforderung als solche subordiniert, sondern lediglich in der Besicherung wird die eine Tranche der andern hintangestellt (Second Lien Senior Loan).

Bei den Senior Darlehen handelt es sich regelmässig um syndizierte Finanzierungen. Dabei kann die Syndizierung vor, ausnahmsweise aber auch erst nach der Beanspru-chung der Akquisitionsfinanzierung, stattfinden.

4 Wie unter VI.2 hinten ausgeführt, ist die Liquidität (Free Cash Flow) die zentrale Grösse zur

Bestimmung des Fremdkapitals, das einem Übernehmer zu Akquisitionszwecken zur Verfügung gestellt wird (Debt Capacity).

5 Vgl. zur Frage der Besicherung V.4 hinten.

Akquisitionsfinanzierungen

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Wie bereits erwähnt, stellt eine Akquisitionsfinanzierung regelmässig die gesamte Finanzierung des übernommenen Unternehmens auf eine neue Basis, indem die bestehenden Betriebsmittelkredite abgelöst und gegebenenfalls aufgestockt werden. Dieser Finanzierungsteil wird in den Senior Darlehen abgedeckt. Die Betriebsmittel-kredite werden dabei nach Möglichkeit, und insbesondere zwecks steuerlicher Ab-zugsfähigkeit des Zinsendienstes und zur Verhinderung einer strukturellen Subordi-nation der Darlehensgeber, direkt den operativen Gesellschaften des übernommenen Unternehmens zur Verfügung gestellt.

d) Intercreditor Agreement

Nach dem Gesagten sind die Kapitalgeber unter den verschiedenen Fremdkapital-elementen verschieden und jedes Fremdkapitalelement wird verschieden dokumen-tiert. Die verschiedenen Finanzierungen sind dabei aber zu koordinieren. Das ge-schieht in der Regel über eine Vereinbarung zwischen den verschiedenen Finanzie-rern (Intercreditor Agreement). Intercreditor Agreements stellen gewissermassen eine Klammer um die verschiedenen Finanzierungen dar.

3. Decken verbleibender Finanzierungslücken

Soweit ein Übernehmer den vollen Kaufpreis nicht mit Eigenkapital und Fremdkapi-tal abdecken kann, kann diese Finanzierungslücke (Financing Gap) unter Umständen dadurch geschlossen werden, dass der Verkäufer sich an der Finanzierung beteiligt. Dies geschieht üblicherweise durch Gewährung eines Verkäuferdarlehens (Vendor Loan) bzw. Vereinbarung eines variablen Kaufpreisanteils (Earn-out).

a) Vendor Loan

Beim Vendor Loan lässt der Verkäufer einen Teil des Kaufpreises als Darlehen stehen. Verkäuferdarlehen werden regelmässig gegenüber dem Senior Darlehen vertraglich subordiniert, gehen jedoch dem Mezzanine Kapital im Rang vor. Nebst der eigentli-chen Finanzierungsfunktion kann die Bereitschaft des Verkäufers, ein Verkäuferdar-lehen zur Verfügung zu stellen, auch Vertrauen schaffen, was sich wiederum positiv auf die Beschaffung der Gesamtfinanzierung für die Akquisition auswirken kann. Dasselbe trifft – wohl in erhöhtem Masse – auf die Vereinbarung eines Earn-out zu.

b) Earn-out

Beim Earn-out wird die Bezahlung eines Teils des Kaufpreises nicht nur in die Zu-kunft verschoben, sondern vom Erreichen gewisser Zielgrössen abhängig gemacht. Die Zielgrössen entsprechen regelmässig bestimmten Finanzkennzahlen, welche

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auch für die Kaufpreisbestimmung relevant waren. Mit einem Earn-out Anteil hat sich somit der Kaufpreis durch den tatsächlichen Geschäftsverlauf, bzw. letztlich auch durch den Übernahmeerfolg, zu rechtfertigen. Der Verkäufer trägt in diesem Umfang und für beschränkte Zeit weiterhin die Unternehmensrisiken des verkauften Unternehmens mit. Der Käufer trägt seinerseits das Risiko, den vollen Earn-out be-zahlen zu müssen. Ein Earn-out kann entsprechend nicht nur dazu beitragen, eine mögliche Finanzierungslücke zu schliessen, sondern kann auch da eingesetzt werden, wo die Parteien eine Risikoverteilung für die Festsetzung des definitiven Kaufpreises suchen.

4. Finanzierungsmix

Wie bereits ausgeführt, wird regelmässig ein Mix der verschiedenen Finanzierungs-elemente angestrebt, welcher zu möglichst tiefen Finanzierungskosten den vollen Finanzierungsbedarf abdeckt. Nebst den Finanzierungskosten können aber auch weitere Faktoren eine Rolle spielen, wie etwa die Bilanzstruktur sowie der Bedarf für weitere Finanzierungen in der Zukunft.

5. Bridge Finanzierung

Akquisitionsfinanzierungen stehen häufig unter hohem Zeitdruck. Gleichzeitig han-delt es sich regelmässig um komplizierte strukturierte Finanzierungen, deren Realisie-rung Zeit beansprucht. Wo die zur Verfügung stehende Zeit nicht ausreicht, kann unter Umständen auf eine Überbrückungsfinanzierung (Bridge Financing) zurückge-griffen werden. Eine solche kann sich auch dort aufdrängen, wo ein Teil der Finan-zierung letztlich im Kapitalmarkt beschafft werden soll (Eigenkapital oder Fremdka-pital). Der Finanzierungsprozess im Kapitalmarkt nimmt einerseits mehr Zeit in An-spruch und soll andererseits auch erst dann gestartet werden, wenn das Zustande-kommen der Übernahme gesichert erscheint.

Ihrem Zweck entsprechend sind Überbrückungsfinanzierungen auf kurze Zeit be-schränkt bzw. können unter Einhaltung sehr kurzer Fristen gekündigt werden. Damit können sie, was die Bedingungen angeht, einfach gehalten werden. Eine Überbrü-ckungsfinanzierung birgt allerdings für beide Seiten das Risiko einer Anschlussfinan-zierung. Sie kommt daher nur dort in Frage, wo die Anschlussfinanzierung gesichert erscheint. Auch relevant sind in diesem Zusammenhang die von den Parteien oft intensiv verhandelten Refinanzierungsklauseln.

Akquisitionsfinanzierungen

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V. Fremdkapital als Finanzierungsquelle von Übernahmen im Besonderen

Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich auf den Fremdkapitalanteil von Akquisitionsfinanzierungen.

1. Einsatz von Fremdkapital – Leverage Effekt

Der Einsatz von Fremdkapital verbessert die Eigenkapitalrendite, sofern die Gesamt-kapitalrendite (Return on Assets) grösser ist als der Zinsendienst nach Steuern. Das kann einen Anreiz bilden, das Fremdkapitalpotential voll auszuschöpfen. Es gilt allerdings zu beachten, dass dieser Hebeleffekt (Leverage) auch in die umgekehrte Richtung wirkt.6

2. Typische Finanzierungsform von Übernahmen

Bevor auf die Beurteilungskriterien für die Gewährung einer Akquisitionsfinanzie-rung und deren Bemessung eingegangen wird, soll zunächst kurz auf die Merkmale zweier grundsätzlich unterschiedlicher Finanzierungsformen hingewiesen werden, auf die Finanzierungsform des Corporate Financing einerseits und auf die für Über-nahmen typischere Finanzierungsform des Leveraged Financing (LBO, Leveraged Buy-out) andererseits.7

a) Corporate Financing

Auch im Rahmen einer Übernahme ist es grundsätzlich denkbar, dass die Akquisiti-onsfinanzierung direkt dem Übernehmer zur Verfügung gestellt wird. Der Überneh-mer nimmt damit das Darlehen auf die eigene Bilanz (On-Balance Sheet Financing). Das Darlehen wird dann mit Blick auf die Bonität des Übernehmers und dessen Ak-tiven zur Verfügung gestellt. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des zu überneh-menden Unternehmens spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle bei der Bemes-sung des Darlehens. In Verhältnissen, wo ein strategischer Übernehmer mit guter Bonität über eine eingespielte Bankenbeziehung verfügt, kann dies zu einer verhält-nismässig günstigen sowie einfach und schnell realisierbaren Finanzierung führen. Die Kreditprüfung konzentriert sich dabei auf den Darlehensnehmer und gestaltet sich entsprechend einfacher.

6 Vgl. dazu auch MITTENDORFER (FN 2), 30. 7 Vgl. zur relativen Bedeutung dieser Finanzierungsformen in Europa MITTENDORFER (FN 2), 47 ff.

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Die wesentlichen Nachteile dieser Finanzierungsform für den Übernehmer sind allerdings, dass er zum einen voll mit seinem bestehenden Unternehmen für die Akquisitionsfinanzierung haftet (Full Recourse Financing). Zum andern reicht häufig das Fremdkapitalpotential (Debt Capacity) des Übernehmers für die Übernahme nicht aus, bzw. würde durch die Übernahme vollumfänglich abgeschöpft und reichte damit nicht mehr zur Finanzierung des eigenen Unternehmens und dessen weiteres Wachstum.

Aufgrund dieser Nachteile kommt diese Finanzierungsform daher auch bei strate-gischen Investoren eher selten und nur für kleinere Übernahmen zur Anwendung, während sie bei Finanzinvestoren von vornherein nicht in Frage kommt.

b) Leveraged Financing

Die typische Akquisitionsstruktur sieht für die Übernahme die Gründung einer eige-nen Gesellschaft vor, deren einziger Zweck zunächst die Übernahme des zu über-nehmenden Unternehmens ist, sei es durch Übernahme der Gesellschaftsanteile oder direkt dessen Aktiven und Passiven. Wird das für die Akquisition benötigte Fremdka-pital nun in diese Erwerbsgesellschaft eingebracht, so ist diese Finanzierung nicht auf der Bilanz des wirtschaftlichen Übernehmers (Off-Balance Sheet Financing).8

Aufgrund dieser Struktur haftet der hinter der Erwerbsgesellschaft stehende wirt-schaftliche Übernehmer grundsätzlich auch nicht für das der Erwerbsgesellschaft zur Verfügung gestellte Fremdkapital (Non Recourse Financing). Sein Risiko ist auf das von ihm der Erwerbsgesellschaft zur Verfügung gestellte Eigenkapital beschränkt. Denk-bar ist allerdings, dass der wirtschaftliche Übernehmer und Gesellschafter der Er-werbsgesellschaft aufgefordert wird, Garantien oder anderweitige Sicherheiten für das der Erwerbsgesellschaft zur Verfügung gestellte Fremdkapital zur Verfügung zu stel-len. Diese Pflicht kann betragsmässig oder in der Zeit beschränkt werden (Limited Recourse Financing).

Bei dieser Finanzierungsform beurteilt sich das Fremdkapitalpotential entspre-chend grundsätzlich nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des zu überneh-menden Unternehmens. Die Fähigkeit der Erwerbsgesellschaft, die ihr zur Verfügung gestellten Darlehen zu bedienen, beschränkt sich auf die im Rahmen des übernom-menen Unternehmens erwirtschafteten Gewinne und Liquidität. Diese müssen den jederzeitigen fristgerechten Zinsen- und Kapitaldienst sicherstellen. Gegenstand der Kreditprüfung ist damit in erster Linie das zu übernehmende Unternehmen.

Damit wird auch die notwendige enge Verbindung von Übernahme- und Finan-zierungsprozess ersichtlich. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des zu überneh-menden Unternehmens ist hier nicht nur für den Übernehmer, sondern auch für die Darlehensgeber wichtig. Die Prüfung (Due Diligence) und deren Inhalte nähern sich

8 Anders dagegen in der konsolidierten Bilanz des konsolidierungspflichtigen Übernehmers.

Akquisitionsfinanzierungen

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stark an. Das gilt zwar insbesondere, aber nicht ausschliesslich für die Financial Due Diligence. Die Darlehensgeber werden daher in der Regel sämtliche für den Über-nehmer erstellten Berichte (Due Diligence Reports) einsehen und sich auch darauf verlassen wollen (Reliance). Dasselbe gilt auch für die vom Übernehmer angestellten Überlegungen zur Rentabilität und zum Kaufpreis der Übernahme (Preisformel, Business-Plan). Die Kreditprüfung ist damit umfassender und zeitaufwendiger als beim Corporate Lending. Entsprechend sind die Prozesse aufeinander abzustimmen, um Doppelspurigkeiten oder späte Überraschungen bei der Frage der Finanzierbar-keit des vorgesehenen Kaufpreises zu vermeiden.

3. Akquisitions- und Finanzierungsstruktur

Die typische Akquisitionsstruktur mit eigens dazu gegründeter Erwerbsgesellschaft hat sicherlich den Vorteil, dass damit der Akquisitionsprozess und die damit verbun-dene anfängliche Finanzierung relativ einfach umgesetzt werden können.

Sie hat allerdings offensichtliche Schwächen, indem die Finanzierung bei einer Übernahme von Gesellschaftsanteilen (Share Deal) in eine nicht operative Gesell-schaft eingebracht wird. Das ist zum einen steuerlich ineffizient, unter anderem weil die Zinsen in der Erwerbsgesellschaft nicht operativem Ertrag gegenüberstehen, son-dern aus operativen Erträgen, die auf Stufe der operativen Gesellschaften ungekürzt besteuert und über Gewinnausschüttungen in die Erwerbsgesellschaft hochgezogen werden, bedient werden müssen. Zum andern widerspricht sie auch Finanzierungs-grundsätzen. Danach ist die Finanzierung möglichst nahe an den Cash Flow, aus welchem sie zu bedienen ist, zu bringen. Das heisst, dass auch aus Finanzierungs-sicht die Finanzierung in die operative Gesellschaft, bzw. in einer Unternehmens-gruppe in die operativen Gesellschaften mit den wesentlichsten Cash Flows zu brin-gen ist. Die Notwendigkeit, den Cash Flow über Gewinnausschüttungen bzw. unter-jährig über Intragroup Darlehen der operativen Gesellschaften in die Erwerbsgesell-schaft hinaufziehen zu müssen, ist reichlich schwerfällig und rechtlich nur unbefrie-digend umzusetzen.

Stichworte dazu sind für das schweizerische Recht das zur Zeit noch unflexible Ausschüttungsregime9 und die mit Upstream Darlehen verbundene Problematik10.

9 Hier sei verwiesen auf die Problematik von Ausschüttungen ausserhalb der von der ordentlichen

Generalversammlung beschlossenen Dividende (Zwischendividenden, ausserordentliche Divi-denden, a conto Dividenden und vergleichbare Sachverhalte). Mit der sogenannten Grossen Ak-tienrechtsreform soll neu die Interimsdividende ermöglicht und damit auf eine klarere rechtli-che Grundlage gestellt werden, vgl. dazu RICO A. CAMPONOVO/HANS MOSER, Interimsdividende soll in der Schweiz möglich werden, in: Der Schweizer Treuhänder 2010/1-2, 48 ff., und zum Stand der Diskussion unter geltendem Recht etwa PETER FORSTMOSER/GAUDENZ ZINDEL/VALÉRIE

MEYER BAHAR, Zulässigkeit der Interimsdividende im schweizerischen Recht, SJZ 105 (2009), 205–214.

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372

Während mit einem Cashpooling die operative Abwicklung und, soweit dieses über eine an der Akquisitionsfinanzierung beteiligte Bank abzuwickeln ist, die faktische Kontrolle des gruppenweiten Cash Flows sichergestellt werden können, sind damit die vorgenannten rechtlichen Schwächen nicht behoben.11 Die Finanzierung in die Erwerbsgesellschaft führt sodann zu einer strukturellen Subordination. Der Cashflow der operativen Gesellschaft darf nur in dem Ausmass an die Erwerbsgesellschaft wei-tergereicht bzw. zur Bedienung deren Verbindlichkeiten verwendet werden, in wel-chem die operative Gesellschaft über frei ausschüttbare Eigenmittel verfügt. Aus dem Cash Flow einer operativen Gesellschaft oder auch im Insolvenzfall einer Gesell-schaft sind zunächst stets ihre Gläubiger vollumfänglich zu befriedigen. Die Gläubi-ger der Erwerbsgesellschaften sind damit gegenüber den Gläubigern der operativen Gesellschaften strukturell subordiniert.

Diese Subordination kann auch nicht dadurch beseitigt werden, dass die operati-ven Gesellschaften zugunsten der Erwerbsgesellschaften Garantien abgeben oder den Gläubigern der Erwerbsgesellschaft Sicherheiten an ihren Aktiven bestellen. Als Upstream Sicherheiten unterstehen diese ebenfalls den engen Grenzen für Interzessi-onsgeschäfte.

Das gilt jedoch nicht für denjenigen Teil der Finanzierung, der nicht den Kauf-preis oder die unmittelbar der Übernahme zuzurechnenden Transaktionskosten, sondern eine etwaige weitere Betriebsmittellinie oder die Refinanzierung bestehender Finanzierungen des zu übernehmenden Unternehmens betrifft. Hier kann durch

10 Im Gegensatz zu anderen Rechtsordnungen verbietet das schweizerische Recht einer Gesellschaft

die Gewährung finanzieller Unterstützung beim Kauf ihrer Gesellschaftsanteile (Financial As-sistance) nicht grundsätzlich. Dagegen sind Geschäften zwischen verbundenen Gesellschaften (Interzessionsgeschäfte), insbesondere Geschäften zugunsten der Mutter- oder Schwestergesell-schaften (Upstream und Cross-stream Undertakings) verschiedene Grenzen gesetzt. Die in der Leh-re darüber geführte Diskussion beschlägt Fragen der Sittenwidrigkeit, des Handelns ausserhalb des Gesellschaftszwecks bzw. des Gesellschaftsinteresses, des Verbots verdeckter Gewinnaus-schüttungen (sowie deren steuerlichen Folgen) und der Kapitalrückgewähr sowie der Verletzung von Pflichten der geschäftsführenden Organe und deren Verantwortlichkeit. Vgl. zum Stand der Diskussion etwa ROLAND VON BÜREN/BENDICHT LÜTHI, Sicherung von Krediten Dritter im Kon-zern, in: Kreditsicherheiten, Basel 2008, 55–107; MARC GRÜNENFELDER, Absicherung von Bank-krediten durch Upstream-Sicherheiten, Diss. St.Gallen 2009. ARNOLD RUSCH, Interzession im In-teresse des Aktionärs, Sicherheitenbestellung für Verbindlichkeiten von Mutter- und Schwester-gesellschaften in der Schweiz, Diss. Zürich 2004; Die Praxis begegnet der Problematik damit, dass entsprechende Verpflichtungen auch von dem für Gewinnausschüttungen zuständigen Or-gan genehmigt werden und dass Garantien und Sicherheiten im Ergebnis auf den Betrag be-schränkt werden, den die gewährende Gesellschaft im Zeitpunkt der Beanspruchung (mit oder ohne weitere Massnahmen, etwa einer Kapitalherabsetzung) ausschütten könnte. Solche Be-stimmungen (Limitation Language) dienen vorab dem Schutz der Organe der gewährenden Ge-sellschaft. Damit gehen diese Beschränkungen weiter als das Verbot der eigentlichen Financial Assistance, doch wird dieser Begriff oft im weiteren Sinne für diese verwendet. Zur Interzes-sionsproblematik siehe auch V.4 hinten.

11 Vgl. dazu LUCA JAGMETTI, Cash Pooling im Konzern, Diss. Zürich 2007.

Akquisitionsfinanzierungen

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entsprechende Strukturierung dieser Teil der Finanzierung entweder direkt oder indi-rekt über die Erwerbsgesellschaft mittels Downstream Darlehen in die betreffenden operativen Gesellschaften gebracht werden. Downstream Darlehen können von den operativen Gesellschaften besichert und von der Erwerbsgesellschaft als Sicherheit für die Akquisitionsfinanzierung verwendet werden.

Um die Schwachstellen aus Finanzierungssicht auch für den regelmässig weit grösseren eigentlichen Akquisitionsteil zu beseitigen bzw. in einem mehrstufigen übernommenen Konzern zu reduzieren, werden oft nach erfolgter Übernahme die Erwerbsgesellschaft und die übernommene operative Gesellschaft miteinander ver-schmolzen.12 Nicht selten wird eine übernommene Unternehmensgruppe nach er-folgter Übernahme noch weitergehender reorganisiert.

Eine sorgfältige Planung hat dafür zu sorgen, dass in einer solch mehrstufigen Re-organisation die Anliegen einer optimalen Finanzierungsstruktur berücksichtigt wer-den und dass die Finanzierungsdokumentation diese Schritte berücksichtigt und soweit möglich auch schon abbildet, um eine möglichst reibungslose Umsetzung ohne Notwendigkeit einer Vertragsanpassung und damit Zustimmung der Darle-hensgeber unter der Finanzierungsdokumentation sicherzustellen.

4. Besicherung im Rahmen von Akquisitionsfinanzierungen

Die Akquisitionsfinanzierung basiert nach dem Gesagten regelmässig auf den Cash Flows, welche das übernommene Unternehmen generiert und nicht in erster Linie auf den Aktiven des Übernehmers oder des übernommenen Unternehmens. Den-noch ist es üblich, für Akquisitionsfinanzierungen umfassende Sicherheitenpakete zu schnüren.

Der primäre Zweck dieser Sicherheitenpakete ist allerdings oft ein anderer als bei klassischen durch Aktiven besicherten Krediten, indem es zwar auch, aber nicht un-bedingt vorrangig, um den wirtschaftlichen Wert der Sicherheiten als solchen geht. Vielmehr soll mit dem Sicherheitenpaket sichergestellt werden, dass die zur Bedie-nung der Akquisitionsfinanzierung notwendigen Cash Flows kontrolliert werden können, und dass die Aktiven möglichst vor dem Zugriff anderer Gläubiger geschützt werden (Ringfencing).

Typische Sicherheiten sind somit ein Pfandrecht an den Gesellschaftsanteilen der verschiedenen übernommenen Gruppengesellschaften sowie eine Globalzession der Debitoren gekoppelt mit Bankkontenverpfändungen. Dazu gehören aber auch Ga-rantien der wesentlichen Gesellschaften des übernommenen Unternehmens für die Verpflichtungen der Darlehensnehmer oder die solidarische Verpflichtung der Darle-

12 Steuerlich wird eine solche Verschmelzung dagegen regelmässig (zumindest für eine gewisse

Zeit) nicht anerkannt, d.h. die Schuldzinsen sind in der verschmolzenen Gesellschaft regelmäs-sig vorerst nicht abzugsfähig.

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hensnehmer. Wie bereits ausgeführt, stellen sich bei diesen Sicherheitenpaketen da-mit regelmässig die Probleme der Upstream und Cross-stream Sicherheiten. Diese las-sen sich durch eine entsprechende Anpassung der Gruppen- und Finanzierungsstruk-tur nach erfolgter Übernahme zwar mildern, bei einem gestuften Konzern allerdings nicht vollständig beseitigen. Aufgrund der besonderen Zwecksetzung dieser Si-cherheitenpakete werden solche verbleibenden Einschränkungen bei Akquisitionsfi-nanzierungen hingenommen und zum Schutz der Organe der betroffenen Gruppen-gesellschaft auch ausdrücklich in die Finanzierungsdokumentation aufgenommen, umgekehrt ist die unsichere Durchsetzbarkeit bzw. Werthaltigkeit eines Sicherheiten-pakets damit aber auch kein Argument darauf zu verzichten.

Ein umfassendes Sicherheitenpaket erleichtert schliesslich auch eine spätere Re-strukturierung der Akquisitionsfinanzierung, sollte eine solche notwendig werden.

VI. Beurteilung von Übernahmen und Bemessung der Akquisitionsfinanzierung durch Darlehensgeber

1. Beurteilungskriterien der Darlehensgeber bei Übernahmen

Über weite Teile decken sich die Beurteilungskriterien der Darlehensgeber mit den Beurteilungskriterien des Übernehmers. Dazu reihen sich dann allerdings noch die Beurteilung des Übernehmers selbst und des Übernahmeprozesses. Diese Kriterien umfassen unter anderem die folgenden Aspekte:

– Business Case

– Industrie, Markt, Produkte

– Industrielle Logik der Akquisition (Synergien)

– Erfahrung Management

– Umsetzungsrisiken (Execution Risk)

– Track Record des zu übernehmenden Unternehmens (in der Regel mindestens drei Jahresabschlüsse)

– Übernehmer

– Strategischer Investor/Finanzinvestor

– Potential für weiteres Eigenkapital

– Strategie/Business Plan

– Track Record/Umsetzungserfahrung

– Kaufpreis

Akquisitionsfinanzierungen

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– Professionelle/Realistische Bewertung

– Bewertungsmethode, Quervergleich zu andern Übernahmen in derselben In-dustrie

– Einbindung Management

– Anreize für übernommenes Management

– Finanzierbarkeit/Sicherheiten

– Tragfähigkeit der vorgesehenen Finanzierungsstruktur und Finanzierungsmix (Historische Cash Flows/Cash Flow Verbesserung)

– Verbesserung durch Sicherheiten (Credit Enhancement)

– Übernahmestruktur

– Zugriff auf Cash Flows

– Zugriff auf Sicherheiten (Upstream/Cross-stream Problematik)

– Akquisitionsprozess

– Verfahren (Auktion/Einzelverhandlung)

– Bei börsenkotierten Gesellschaften feindliche/freundliche Übernahme

– Professionelle Gestaltung und Betreuung

– Qualität der Due Diligence

2. Bemessung der Akquisitionsfinanzierung

Nach dem Gesagten stützt sich eine Akquisitionsfinanzierung häufig in erster Linie auf die Fähigkeit des übernommenen Unternehmens, den für den Zins- und Kapital-dienst notwendigen Cash Flow zu erwirtschaften. Als massgebliche Messgrösse wird in diesem Zusammenhang oft der Free Cash Flow verwendet. Das Finanzierungspo-tential (Debt Capacity) bestimmt sich entsprechend in erster Linie nach dem nachhal-tig erzielbaren künftigen Free Cash Flow. Je stabiler sich dieser in der Vergangenheit erwiesen hat, je besser ist er für die Zukunft abschätzbar und je eher kann er in vol-lem Umfang bei der Bemessung berücksichtigt werden. Setzt die Free Cash Flow Pro-jektion dagegen ein wesentliches Wachstum dieser Grösse oder gar einen Turn-around voraus, wird er entsprechend zurückhaltender gewertet werden.

Als Faustregel zur Bemessung der Akquisitionsfinanzierung sowie deren einzelnen Elemente haben sich allerdings EBITDA Multiples durchgesetzt. Dies, obwohl aner-kanntermassen der EBITDA kein guter Indikator für den Free Cash Flow ist. 13 Damit praktiziert die Finanzierungsseite aber letztlich nichts anderes als das, was auch auf

13 Vgl. zur Kritik statt vieler MITTENDORFER (FN 2), 74 mit weiteren Hinweisen.

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der Akquisitionsseite für die Bestimmung bzw. Plausibilisierung des Kaufpreises weit verbreitet ist.

Die anwendbaren EBITDA Multiples sind dabei je nach Industrie verschieden und ändern sich auch in der Zeit in Abhängigkeit vom finanziellen bzw. wirtschaftlichen Umfeld und dem damit einhergehenden Risikoappetit der Kapitalgeber. Ist eine be-stehende Finanzierung zu übernehmen oder zu refinanzieren, ist die daraus resultie-rende Nettoverschuldung (Bruttoverschuldung abzüglich Liquidität) ebenfalls in die Beurteilung einzubeziehen.

In einem zweiten Schritt ist die Tragfähigkeit der Finanzierung aufgrund der An-nahmen im Business Plan mit Planbilanzen, Planerfolgsrechnungen und Plangeld-flussrechnungen nochmals zu prüfen. Neben den vom Übernehmer dem Business Plan zugrunde gelegten Planungsszenarien verwenden die Kapitalgeber unter Um-ständen auch weitere eigene Szenarien.

Auch wenn die Akquisitionsfinanzierung sich in erster Linie nach den im über-nommenen Unternehmen erzielbaren Cash Flows richtet, kann doch auch das Si-cherheitenpaket (Aktiven des übernommenen Unternehmens oder des Übernehmers oder aber eine Garantie des Übernehmers) die Grösse der erzielbaren Akquisitionsfi-nanzierung beeinflussen.

3. Finanzkennzahlen (Financial Covenants)

Für Finanzkennzahlen, welche zur Bemessung und zur Beurteilung der Tragfähigkeit der Akquisitionsfinanzierung verwendet werden, legt die Finanzdokumentation Grenzwerte fest, die dauernd einzuhalten sind (Financial Covenants) und entspre-chend in regelmässigen Abständen getestet werden. Unter Umständen wird auch die anwendbare Marge von den erreichten Kennzahlen abhängig gemacht (Margin Rat-chet). Gemeinsam ist den meisten Finanzkennzahlen, dass damit die Rückzahlungs-fähigkeit oder die Schuldendienstfähigkeit (Amortisation und Zins) gemessen wird. Nachfolgend, stark vereinfachend und typisierend, eine kurze Beschreibung einiger weniger typischer Finanzkennzahlen:

– Nettoverschuldungsgrad (Leverage Ratio): Hier wird die Nettoverschuldung in Beziehung gesetzt zum EBITDA. Damit kann die Entschuldungsdauer gemessen werden.

– Zinsdeckungsgrad (Interest Cover): Hier wird der EBITDA in Beziehung gesetzt zum Zinsaufwand. Damit kann gemessen werden, ob genügend EBITDA für die Deckung des Zinsaufwandes generiert wird.

– Schuldendienstdeckungsgrad (Debt Service Cover Ratio): Hier wird der Free Cash Flow in Beziehung gesetzt zum Schuldendienst. Damit kann gemessen werden,

Akquisitionsfinanzierungen

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ob genügend Cash Flow generiert wird für die Deckung des Schuldendienstes (Amortisation und Zins).

4. Verletzung von Financial Covenants

Eine Verletzung von Financial Covenants stellt einen Verzugsfall (Event of Default) dar. Unter Umständen kann ein Verzugsfall abgewendet oder geheilt werden (Cure Rights). Im Rahmen von Akquisitionsfinanzierungen wird häufig das Abwenden bzw. Heilen einer solchen Verletzung durch Zuschuss von neuem Eigenkapital erlaubt (Equity Cure Right). Dabei ist darauf zu achten, dass ein solcher Zuschuss bei der Berechnung der relevanten Kennzahlen auch tatsächlich angerechnet würde. In der Regel ist die Anzahl solcher Cure Rights allerdings beschränkt und typischerweise darf ein solcher Zuschuss nicht an zwei unmittelbar aufeinander folgenden Prüfda-ten erfolgen. Schliesslich ist ein solches Cure Right oft an die Pflicht zu einer gewis-sen Amortisation der Akquisitionsfinanzierung gebunden (Mandatory Prepayment).

VII. Koordination der Prozesse und der Dokumentationen

1. Akquisitions- und Finanzierungsprozess

Aufgrund der zentralen Bedeutung der Akquisitionsfinanzierung für den Erfolg einer Übernahme ist die Planung des Finanzierungsprozesses sehr früh an die Hand zu nehmen und mit dem Akquisitionsprozess zu koordinieren.

Bereits im Strukturierungsprozess ist nebst steuerlichen und operativen Aspekten auch dem Aspekt, ob die Struktur den gängigen Finanzierungsgrundsätzen gerecht wird, Beachtung zu schenken. Sehen der Akquisitions- und der nachfolgende Integra-tionsprozess im Zeitablauf Veränderungen der Struktur vor, so sind sämtliche Phasen zu prüfen. Häufig ist es auch die Akquisitionsfinanzierung, die nach der erfolgten Übernahme Änderungen an der Akquisitions- bzw. der anfänglichen Finanzierungs-struktur verlangt (z.B. Verschmelzung von Erwerbsgesellschaft mit der übernomme-nen operativen Gesellschaft, Debt Push Down). Sämtliche vorgesehenen Anpassungen der Struktur der übernommenen Unternehmensgruppe oder deren Finanzierung sind in der Dokumentation der Akquisitionsfinanzierung abzubilden, damit diese später keiner weiteren Zustimmung durch die Darlehensgeber bedürfen.

Nachdem die Darlehensgeber sich für ihre Beurteilung der Übernahme und ihrer Finanzierbarkeit auf die verschiedenen vom oder für den Übernehmer erstellten Be-richte und Dokumente abstellen wollen, ist frühzeitig sicherzustellen, dass die vorge-sehenen Prüfungen und Berichte die Bedürfnisse der Darlehensgeber abdecken. Da-bei handelt es sich in erster Linie um die Due Diligence Berichte (Legal, Financial,

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Market, Environmental), Unternehmensbewertungen und die der Übernahme zugrun-de gelegten Business Pläne sowie die Strukturpapiere, welche die einzelnen Phasen der Übernahme und allfällige Post Closing Restrukturierungen beschreiben. Es ist sicherzustellen, dass die mit der Prüfung und der Erstellung der Berichte befassten Berater frühzeitig über die Form und den Umfang, in welchem ihre Berichte den Darlehensgebern zur Verfügung gestellt werden sollen, unterrichtet und die Bedin-gungen der regelmässig gewünschten Abstützung auf diese Berichte (Reliance) festge-legt werden.

Mit einer frühzeitigen Einbindung der Finanzierungsseite ist sichergestellt, dass der Übernehmer im Wissen um den finanzierbaren Kaufpreis in die Verhandlungen bzw. die Bieterrunde einsteigen kann.

Es ist weiter auch frühzeitig zu definieren, welchen Nachweis der Verkäufer be-züglich Sicherung der Finanzierung und deren Auszahlungsvoraussetzungen (Certain Funds) verlangt, und was gegebenenfalls finanzierungsseitig vorgekehrt werden muss, damit diese Anforderungen erfüllt werden können. Bei Übernahmen von börsenko-tierten Gesellschaften sind die diesbezüglichen Vorgaben des Übernahmerechts ein-zuhalten.14

Während der Transaktion ist sodann von zentraler Bedeutung, dass sich die ver-schiedenen Legal Workstreams gegenseitig informieren und abstimmen und dass Schnittstellenprobleme rechtzeitig erkannt und gelöst werden.

2. Vertragsdokumentation

Akquisitionsfinanzierungen sind nach dem Gesagten regelmässig syndizierte Finan-zierungen und bereits bei mittleren Akquisitionsfinanzierungen bzw. bei Übernah-men mit internationalem Bezug ist auch eine internationale Syndizierung notwen-dig. Damit die Akquisitionsfinanzierung syndiziert werden kann, ist auf die Einhal-tung durchgesetzter internationaler Dokumentationsstandards zu achten.

Im europäischen Raum basieren Akquisitionsfinanzierungen am häufigsten auf den Dokumentationen bzw. Dokumentationsstandards der Loan Market Association (LMA). Dabei stellt die LMA auch eine eigens auf Leveraged Acquisitions zugeschnitte-ne Dokumentationsvorlage zur Verfügung. LMA Standarddokumentationen gibt es für verschiedene Rechtsordnungen, nicht aber für die Schweiz. Dennoch lassen sich in einer dem schweizerischen Recht unterstellten Dokumentation die Standards sehr weitgehend übernehmen. Auch wenn nicht englisches Recht für anwendbar erklärt wird, ist die Dokumentationssprache regelmässig Englisch.

Wie bereits ausgeführt, werden die einzelnen Finanzierungen grundsätzlich in se-paraten Finanzierungsverträgen (Kreditverträge/Sicherheitenverträge) dokumentiert,

14 Art. 20 Abs. 1 UEV, vgl. dazu bei RUDOLF TSCHÄNI/JACQUES IFFLAND/HANS-JAKOB DIEM, Öffentli-

che Kaufangebote, 2.Aufl., Zürich 2010, N 593.

Akquisitionsfinanzierungen

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die aber regelmässig durch eine gemeinsame Vereinbarung sämtlicher Darlehensge-ber (Intercreditor Agreement) koordiniert werden.

Die Finanzierungsdokumentation und die Akquisitionsdokumentation sind unter verschiedenen Gesichtspunkten aufeinander abzustimmen. Beispielhaft erwähnt sei an dieser Stelle der oft intensiv verhandelte Punkt der Angleichung der Verbindlich-keitsbestimmungen der Finanzierungsdokumentation (Conditions Precedent) an die Verbindlichkeitsbestimmungen der Akquisitionsdokumentation. Es ist aber eben etwa auch, wie an anderer Stelle bereits erwähnt, die notwendige Flexibilität für be-absichtigte und geprüfte Strukturveränderungen und sonstige Transaktionen einzu-bauen. Letztlich geht es aber immer darum, mit der Finanzierungsdokumentation ein massgeschneidertes, gut sitzendes Korsett von Bestimmungen aufzusetzen.