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Regelung einer
permanenterregten
Synchronmaschine
Versuch im Labor: Regelungstechnisches Praktikum 1
Betreuer : Dipl.-Ing. Michael HomannStand : 21. März 2016
III
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 1
2 Technische Grundlagen 2
2.1 Umrichter mit Spannungszwischenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.1.1 Leistungsteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.1.2 Stromsensorik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62.1.3 Steuerteil mit DSP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62.1.4 Lagegeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
2.2 Modellierung einer PMSM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92.2.1 Beschreibendes Di�erentialgleichungssystem . . . . . . . . . . . . . . 10
2.3 Regelung einer PMSM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142.3.1 Stromregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152.3.2 Drehzahl- und Lageregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
3 Aufgaben 18
3.1 Servo-Antrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183.2 Reglerauslegung und Parametrierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183.3 Programmablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
1 Einleitung
Die moderne Antriebstechnik nutzt hauptsächlich zwei Arten von Drehstrommaschinen:
Asynchronmaschinen und Synchronmaschinen. Diese Elektromotoren werden entweder am
starren dreiphasigen Netz oder geregelt am Umrichter betrieben. Mithilfe moderner Mikro-
prozessoren, präziser Stromerfassung und schneller Leistungselektronik lässt sich das Dreh-
moment und die Drehzahl einer Drehstrommaschine exzellent regeln.
Die Synchronmaschine ähnelt im Aufbau und in der Regelung stark der fremderregten Gleich-
strommaschine. Sie wird häu�g in der Robotik und bei Positionieraufgaben sowie als Genera-
tor in der Energieerzeugung eingesetzt. Der Vorteil der Synchronmaschine liegt in der schnell
einstellbaren oder eingeprägten Erregung. Diese kann durch eine Erregerwicklung im Rotor
(z.B.: Schenkelpolsynchronmaschine) oder durch auf dem Rotor angebrachte Permanentma-
gneten (z.B. Permanentmagneterregte Synchronmaschine (PMSM)) eingebracht werden. Die
PMSM soll in diesem Versuch verwendet und ihre Regelung demonstriert werden. Dabei soll
die Fähigkeit der PMSM zur Wandlung von elektrischen Gröÿen (Spannung und Strom)
zu mechanischen Gröÿen (Drehzahl und Drehmoment) besondere Beachtung �nden. Einige
nützliche Informationen zum Betriebsverhalten der PMSM können auch den Vorlesungen
zu elektrischen Antrieben des Instituts für elektrische Maschinen, Antriebe und Bahnen
entnommen werden. Die Regelung wird ausführlich in der Vorlesung �Regelung elektrischer
Antriebe� des IfR erläutert.
In diesem Skript soll der grundsätzliche Aufbau eines Umrichters mit PMSM, die erfor-
derliche Sensorik und eine mögliche Regelung beschrieben werden. Dabei soll genauer auf
den Aufbau eines Umrichters mit Leistungselektronik, Stromsensorik, Lagegeberauswertung
und Signalverarbeitung eingegangen werden. Darauf folgt die Modellierung einer PMSM an-
hand der beschreibenden Di�erentialgleichungen und die Erläuterung eines rotororientierten
Regelverfahrens der PMSM. Die getro�enen Grundannahmen und mathematischen Eigen-
schaften der Regelung sollen vertieft betrachtet werden.
2
2 Technische Grundlagen
Ein typisches Antriebssystem mit Servo-Umrichter und PMSM ist in Abb. 2.1 vereinfacht
dargestellt.
Abbildung 2.1: Antriebssystem mit PMSM und Spannungszwischenkreisumrichter
Das Antriebssystem besteht aus Gleichrichter, Wechselrichter, PMSM mit Lagegeber und di-
gitaler Signalverarbeitung (Steuerteil). Das Leistungssteil fasst den Gleichrichter zur Gleich-
richtung der Spannungen aus dem dreiphasigen Netz über einem Zwischenkreiskondensator
und den Wechselrichter zusammen.
Die gleichgerichtete Spannung kann über den Wechselrichter an die Ausgangsklemmen des
Umrichters und somit an die angeschlossene PMSM abgegeben werden. Die Rotorlage der
PMSM wird mit einem Lagegeber erfasst, während die Phasenströme ebenfalls mithilfe ent-
sprechender Sensorik gemessen werden. Alle Signale werden im digitalen Steuerteil verarbei-
tet.
2.1 Umrichter mit Spannungszwischenkreis
In diesem Laborversuch wird ein Umrichter mit Spannungszwischenkreis verwendet. Diese
Bauart kommt in der industriellen Praxis am häu�gsten vor. Aufgrund ihres geringeren Wir-
2.1 Umrichter mit Spannungszwischenkreis 3
Abbildung 2.2: Vereinfachte Darstellung des Leistungsteils
kungsgrades und ihrer aufwändigeren Konstruktion sind Stromzwischenkreisumrichter bei-
nahe vollständig verdrängt worden, während Direktumrichter nur noch bei sehr groÿen Leis-
tungen eingesetzt werden. Zur Klassi�zierung und den verschiedenen Arten von Umrichtern
sei auf die einschlägigen Vorlesungen des Instituts für elektrische Maschinen, Antriebe und
Bahnen (u.a. Drehstromantriebe und deren Simulation, Leistungselektronik) verwiesen.
2.1.1 Leistungsteil
Zur Umsetzung der Leistung aus dem dreiphasigen Netz in ein Netz veränderlicher Span-
nung und Frequenz verwendet der betrachtete Umrichter einen B6-Brückengleichrichter mit
Spannungszwischenkreis und einen mit Halbleiter-Leistungsschaltern ausgestatteten Wech-
selrichter. Eine Prinzipdarstellung des Leistungsteils ist in Abb. 2.2 dargestellt.
Der netzgeführte B6-Brückengleichrichter ist mit dem starren Netz verbunden und speist
einen Zwischenkreiskondensator CZK. Die Spannung über dem Zwischenkreiskondensator ist
die sog. Zwischenkreisspannung UZK und kann über den dahinter geschalteten Wechselrichter
abzüglich verschiedener Verluste, wie z.B. Schaltverluste, an die angeschlossene Maschine als
verkettete Spannung abgegeben werden. Für den generatorischen Betrieb des Antriebs wird
beim betrachteten Umrichter ein integrierter Bremschopper verwendet, der den Zwischen-
kreis kurzzeitig über einem externen Bremswiderstand RB kurzschlieÿt. Damit wird ein even-
tueller Schaden der Zwischenkreiskondensatoren und Leistungsschalter durch Überspannung
verhindert. Für das Maximum der Zwischenkreisspannung UZK,max gilt bei Vernachlässigung
der Schaltverluste am dreiphasigen Netz:
UZK,max =√
2√
3 UPhase (2.1)
4 2 Technische Grundlagen
Da immer die Halbbrücken des B6-Brückengleichrichters den Strom tragen, die die gröÿ-
te Spannungsdi�erenz aufweisen, erfolgt die Kommutierung durch das Netz selbst. Diesen
Vorgang nennt man netzgeführte Kommutierung.
Die Zwischenkreisspannung wird im belasteten Zustand nicht konstant gehalten. Sie oszilliert
im wesentlichen mit sechsfacher Netzfrequenz (6 Halbbrücken) zwischen ca. 86% bis 100%
von UZK. Diese Oszillation wird mithilfe des Zwischenkreiskondensators geglättet, kann aber
unter Last nicht ignoriert werden. Die Herleitung der Zwischenkreisspannung ist in Abb. 2.3
noch einmal verdeutlicht.
Abbildung 2.3: Herleitung der Zwischenkreisspannung
Die Zwischenkreisspannung wird üblicherweise zyklisch abgetastet. Dies ermöglicht die Er-
kennung eines Netzphasenausfalls und ist auÿerdem für die präzise Ausgabe der Spannung
per Pulsweitenmodulation (PWM) durch den Wechselrichter erforderlich. Die Spannung wird
hierbei in Pulsen ausgegeben, wobei die Pulsbreite in einem PWM-Takt dem einzustellen-
den Spannungssollwert entspricht. Ist die Zwischenkreisspannung also genau bekannt, kann
der geforderte Sollwert bei idealisiertem Wechselrichter ebenso genau eingestellt werden. Die
PWM nutzt aus, dass in der ohmsch-induktiven Last am Ausgang der Strom stetig ansteigt.
Somit lässt sich mit einer gepulsten Spannung ein nahezu sinusförmiger Strom einprägen,
der bei Rückführung geregelt werden kann. In Abb. 2.4 ist die Erzeugung eines einfachen
2.1 Umrichter mit Spannungszwischenkreis 5
PWM Signals dargestellt. Letztendlich wird hier das einzustellende sinusförmige Sollwertsi-
gnal mit einem Dreieckssignal verglichen und nur wenn das Sollwertsignal gröÿer ist als der
aktuelle Wert des Dreieckssignals wird der Schalter geschlossen (Schalterzustand entspricht
dem Wert �1�).
Bei digitaler Regelung sind Abtastschritte genau einzuhalten, da die PWM Module üblicher-
weise zu Beginn eines neuen PWM-Takts den neuen Sollwert abtasten. Zudem wird meistens
eine symmetrische PWM genutzt, die pro Abtastschritt der Regelung eine volle Periode des
Dreiecksignals erzeugt. Somit gilt TPWM = TAbt.
Abbildung 2.4: Erzeugung eines einfachen PWM-Signals bei analoger Sollwertvorgabe unddreieckförmigem Vergleichssignal
Bei genügend Spannungshub kann der Strom schnell eingeprägt werden. Typische Werte
moderner Umrichter für die Stromanregelzeit des Nennstroms liegen bei 0,5 - 1 ms.
Im Wechselrichter des Leistungsteils werden Halbleiter-Leistungsschalter mit isolierter Gate-
Elektrode (IGBT - Insulated Gate Bipolar Transistor) verwendet. Die Verwendung dieser
6 2 Technische Grundlagen
Bauelemente bietet sich bei hohen Schaltfrequenzen an. Darüberhinaus bieten IGBTs gute
Durchlass- und Abschalteigenschaften und sind deshalb weit verbreitet.
2.1.2 Stromsensorik
Um einen Strom regeln zu können, muss dieser gemessen und rückgeführt werden können. Mit
dem Servo-Umrichter soll ein bestimmter Strom per PWM eingeprägt werden. Die Messung
des Stroms muss zyklisch erfolgen, damit in jedem Takt ein neuer Istwert in der Regelung
verarbeitet werden kann und sich der Wert des Stromes nicht zur Laufzeit des Programms
verändert. Besonders wichtig für die Messgenauigkeit ist nicht nur der technische Aufbau
des Stromsensors (siehe bspw. LEM-Wandler), sondern auch die Au�ösung des verwendeten
Analog/Digital-Converters (ADC). Eine höhere Au�ösung des Stroms wird hier durch eine
gröÿere Bitbreite des ADCs ermöglicht.
2.1.3 Steuerteil mit DSP
Der Steuerteil erfüllt eine Reihe von Aufgaben:
• Bereitstellung von Rechenkapazität und Arbeitsspeicher
• Speicherung der Software
• Wandlung von analogen Eingangssignalen durch Abtastung in zeitdiskrete Signale
• Kommunikation und Diagnose
• Sicherheitsfunktionen
• Anbindung von Peripherie wie z.B. Eingangs- und Ausgangsklemmen
2.1.4 Lagegeber
In der industriellen Praxis werden hauptsächlich drei verschiedene Lagegebervarianten ver-
wendet. Die einfachste und günstigste Lösung stellt der sog. Resolver dar. Dieser besteht
im wesentlichen aus drei Spulen. Während zwei Spulen um 90 Grad versetzt am Stator des
Motors angebracht sind, be�ndet sich die dritte Spule, die sog. Erregerspule, im Rotor. Wird
diese Spule bestromt, entsteht ein magnetisches Feld im Raum um die Spule. Dieses Feld
induziert in den beiden anderen Spulen im Stator eine Spannung. Bei Wechselstromspeisung
2.1 Umrichter mit Spannungszwischenkreis 7
der Erregerwicklung können je nach Rotorlage unterschiedlich groÿe Spannungsamplituden
in den Statorspulen detektiert werden. Wenn im Maximum der Erregerspannung abgetastet
wird, lässt sich die Rotorlage per Arkustangensfunktion bestimmen. Somit liefert der Re-
solver ein absolutes Lagesignal, das ungefähr auf 10' (Winkelminuten) genau ausgewertet
werden kann. Der Resolver ist darüberhinaus durch seine simple Bauart und den Verzicht
auf elektronische Bauteile im Motor äuÿerst robust.
Abbildung 2.5: Verdrahtung und Anordnung der Spulen im Resolver
Ein Inkrementalgeber(Prinzipskizze: Abb. 2.6) nutzt optische Prinzipien zur Bestimmung der
Rotorlage. Auf der Achse des Rotors wird eine Scheibe (4) angebracht, auf der beispielsweise
regelmäÿig am Umfang verteilte schlitzförmige Löcher ausgestanzt sind. Wird nun auf einer
Seite der Scheibe eine Leuchtdiode (1) mit Linse (2) sowie Gitter (3) und auf der anderen Seite
eine Photodiode (5) angebracht, kann zwischen Loch und massiver Scheibe unterschieden
werden. Wird die Photodiode beleuchtet, schaltet sie durch und es ist gerade ein Loch an
dieser Position. Je nachdem wie viele Löcher in einem Zyklus die Diode passieren oder
wie viele Zyklen eine Vorbeifahrt an einem Loch andauert, desto schneller bzw. langsamer
dreht sich der Rotor des Motors. Die Anbringung einer zweiten am Umfang leicht versetzten
Anordnung dieser Art ermöglicht die Richtungserkennung.
Mit einem Inkrementalgeber kann nur eine relative Position bestimmt werden. Da jedes
Loch dem anderen gleicht, kann der Inkrementalgeber keinen Fixpunkt auf dem Umfang
8 2 Technische Grundlagen
Abbildung 2.6: Funktionsprinzip des Inkrementalgebers
bestimmen (Nulllagebestimmung). Die Anbringung einer speziellen Markierung bei einem
Loch auf der Scheibe (z.B. ein sog. Touchprobe) ermöglicht die Bestimmung der absoluten
Rotorlage nach im schlimmsten Fall einer fast vollen Umdrehung. Einige Absolutwertgeber,
die dasselbe Prinzip ausnutzen, können jederzeit die absolute Rotorlage angeben, da sie über
eine codierte Scheibe verfügen und viele Anordnungen aus Photodiode und Lichtquelle. Die
kodierte Scheibe eines solchen Gebers ist in Abb. 2.7 dargestellt. Ein einfacher Inkremental-
geber würde von dieser Scheibe nur den äuÿersten Kreis auswerten können.
Der verwendete Antrieb nutzt einen sogenannten Sinus-Cosinus-Geber (kurz: Sin-Cos-Geber
oder Encoder). Dieser Geber stellt eine Verbesserung des Inkrementalgebers dar. Der Aufbau
ist zunächst derselbe. Lediglich die Photodioden ermöglichen nicht nur eine Unterscheidung
zwischen Loch und massiver Scheibe, sondern auch eine nahezu stufenlose Beschreibung des
Übergangs zwischen Löchern und massiver Scheibe. Die Photodiode wird hier beim Übergang
nur teilweise beleuchtet. Daraus folgt ein sinusförmiger Verlauf des Signals der Photodiode.
Während die erste Photodiode ein sinusförmiges Signal innerhalb einer Strichteilung, also
einem Paar aus Loch und massiver Scheibe, liefert, wird die zweite Photodiode so angebracht,
dass sie ein kosinusförmiges Signal liefert. Wie auch beim Resolver lässt sich der Winkel durch
2.2 Modellierung einer PMSM 9
Abbildung 2.7: Kodierte Scheibe eines Absolutwertgebers
eine Arkustangens-Funktion der beiden Signale bestimmen. Somit lässt sich die Rotorlage
bis auf ca. 0,04� (Winkelsekunden) au�ösen, wenn ein hochpräziser A/D-Wandler verwendet
wird. Die Emp�ndlickeit eines derartig präzisen Lagegebers auf mechanische Störungen (z.B.
Schwingungen) und Ungenauigkeiten der verwendeten Komponenten (z.B. Unregelmäÿigkeit
der Codescheibe, Exzentrische Anordnung) ist durchaus nachvollziehbar.
2.2 Modellierung einer PMSM
Achtung: Dieser Abschnitt ist nicht vollständig für das Praktikum relevant, liefert aber
ein tieferes Verständnis für das Betriebsverhalten der PMSM. Für das Grundverständnis
und den Einstieg in das folgende Kapitel sollten die Inhalte zum Thema Synchronmaschine
und Raumzeiger aus der Vorlesung Grundlagen der elektromechanischen Energieumformung
noch einmal repetiert werden.
Eine PMSM besteht aus festem Stator mit innen liegendem gelagerten Rotor. Die dreipha-
10 2 Technische Grundlagen
sige Drehstromwicklung ist im Stator um die sog. Statorzähne des Blechpakets gewickelt
worden. Bei den meisten Servo-Motoren ist sie im Stern geschaltet und kann über Klem-
men im Klemmenkasten des Motors oder eine Steckerbuchse kontaktiert werden. Der Rotor
der PMSM besteht aus einer Welle mit aufgesetzten Permanentmagneten, die oftmals aus
Neodym-Eisen-Bor oder anderen Hoch-Energie-Magnetmaterialien hergestellt werden. Da-
mit sich die Magneten bei hohen Drehzahlen nicht vom Rotor lösen, werden diese mit einer
Kevlarbandage umwickelt.
2.2.1 Beschreibendes Differentialgleichungssystem
Für das mathematische Modell der PMSM sind einige Grundannahmen erforderlich. Da die
Maschine im Stern geschaltet ist, ergibt sich für die Statorströme (iS1, iS2, iS3) die Stern-
punktsbedingung.
iS1(t) + iS2(t) + iS3(t) = 0 (2.2)
Zur mathematischen Abbildung des Maschinenzustands wird eine Hilfsgröÿe eingeführt, der
sog. Statorstromraumzeiger. Dieser ist de�niert als:
iS(t) = iS1(t) + iS2(t) ej γ + iS3(t) e
j 2 γ (2.3)
Analog dazu ist der Statorspannungsraumzeiger de�niert:
uS(t) = uS1(t) + uS2(t) ej γ + uS3(t) e
j 2 γ (2.4)
Raumzeiger sind komplexe, zeitabhängige Gröÿen und besitzen somit zeitabhängige Real-
und Imaginärteile:
iS(t) = iSa(t) + j · iSb(t) (2.5)
uS(t) = uSa(t) + j · uSb(t) (2.6)
Das sog. Grundwellenmodell der allgemeinen Drehfeldmaschinen kann mit Hilfe eines System
von Di�erentialgleichungen angegeben werden:
2.2 Modellierung einer PMSM 11
1. Statorspannungsgleichung
uS(t) = RS iS(t) + LSd iS(t)
dt+ M
d
dt
(iR(t) ej ε(t)
). (2.7)
2. Rotorspannungsgleichung
uR(t) = RR iR(t) + LRd iR(t)
dt+ M
d
dt
(iS(t) e−j ε(t)
). (2.8)
3. Momentengleichgewicht
Jdω
dt= mel −mLast =
2
3M =
{iS(t) iR(t) ej ε(t)
}−mLast. (2.9)
4. Mechanische Gleichung
d ε(t)
dt= ω. (2.10)
Da von den jeweils drei Strangströmen auf Stator- bzw. Rotorseite nur je zwei unabhängig
sind, ergeben sich für die allgemeine Drehfeldmaschine insgesamt sechs Zustandsgröÿen. Die
allgemeine Drehfeldmaschine wird somit durch sechs verkoppelte nichtlineare Di�erential-
gleichungen beschrieben.
Das noch zu betrachtende Modell für die Regelung der permanenterregten Synchronmaschine
ist relativ einfach; hier ist es nicht nötig, ein Flussmodell wie bei der Asynchronmaschine
einzuführen; Als Referenz dient das Rotorkoodinatensystem.
Allgemein für die Drehfeldmaschine gilt die Statorspannungsgleichung in Statorkoordinaten
uS(t) = RS iS(t) + LSd iS(t)
dt+ M
d
dt
(iR(t) ejε(t)
). (2.11)
In der Gleichung tritt iR(t) mit ej ε multipliziert auf, da der Winkel zwischen reeller Achse
des Rotorkoordinatensystems und des Statorkoordinatensystems bekanntlich ε ist. Zu jedem
Winkel, der in Rotorkoordinaten angegeben ist, muÿ dann natürlich ε addiert werden, damit
man den entsprechenden Winkel in Statorkoordinaten erhält.
Um das Verhalten der permanentmagneterregten Synchronmaschine mathematisch beschrei-
ben zu können, stellt man für den Rotor ein elektrisches Ersatzschaltbild auf. Die Dauerma-
12 2 Technische Grundlagen
gnete können dabei als Stromquellen beschrieben werden, die Ströme in Zweige mit jeweils
Induktivität und ohmschen Widerstand einprägen. Für die Aufstellung eines mathemati-
sches Modells einer symmetrischen zweipoligen PM-Dreiphasen-Synchronmaschine, wird der
elektrische Modellrotorkreis als mit zwei Stromquellen gespeist angenommen:
Abbildung 2.8: Äquivalentes elektrisches Rotorersatzschaltbild für eine permanenterregteSynchronmaschine
Dem entsprechend lässt sich ein Stromraumzeiger ableiten, welcher fest mit dem Rotor mit
synchroner Drehzahl bezüglich des Statorkoordinatensystems umläuft:
iR(t) = iR1 + iR2 ej γ + iR3 e
j 2 γ
= IF −IF2ejγ − IF
2ej 2γ
= IF
(1− 1
2
(−1
2+
√3
2j
)− 1
2
(−1
2−√
3
2j
))=
3
2IF . (2.12)
Der rotorbezogene Stromraumzeiger, der allgemein erst einmal als zeitveränderliche kom-
plexe Gröÿe geschrieben worden war, ist also zeitlich konstant. Mit diesem Ergebnis lässt
sich der Summand, der die induzierte Spannung in der Statorspannungsgleichung beschreibt,
vereinfachen:
2.2 Modellierung einer PMSM 13
Md
dt
(iR(t) ejε(t)
)= M
d iRdt
ej ε(t) + M iR j ω ej ε(t)
= M iR j ω ej ε(t)
= M3
2IF j ω ej ε .
(2.13)
Setzt man weiterhin
M IF = ΦF (2.14)
ein, so erhält man die Statorspannung in Abhängigkeit vom magnetischen Fluss:
uS(t) = RS iS(t) + LSd iSdt
+ j ω3
2ΦFe
j ε(t) . (2.15)
Für Real- und Imaginärteil der induzierten Spannung bezogen auf das Rotorkoordinatensys-
tem, führen wir die neuen Spannungsvariablen uHd und uHq ein,
j ω3
2ΦF = (uHd + j uHq) . (2.16)
Da nach dem Rotormodell mit Stromquellen der resultierende Rotorstromraumzeiger iR
längs der reellen Rotorachse (d-Achse) liegt, und damit auch der Fluss, existiert nur die
Querspannungskomponente der induzierten Spannung.
Entsprechend de�nieren wir als statorbezogene Gröÿen uHa und uHb, wie ebenfalls schon aus
vorangegangenen Kapiteln bekannt:
j ω3
2ΦF e
j ε = (uHd + j uHq) ej ε
= j uHq cos ε− uHq sin ε
= uHa + j uHb . (2.17)
Den Zusammenhang der Statorspannungen kann man mit Hilfe der soeben festgelegten Va-
14 2 Technische Grundlagen
riablen auch in zwei reellen Gleichungen (statorbezogen) beschreiben:
LSd iSadt
= uSa −RS iSa − uHa , (2.18)
LSd iSbdt
= uSb −RS iSb − uHb . (2.19)
Das Antriebsmoment einer Drehfeldmaschine ist gegeben durch
md(t) =2
3M =
{iS(t) iR(t) ej ε(t)
}(2.20)
oder für unsere Betrachtungen in Abhängigkeit vom Fluss:
md(t) = ΦF={iS(t) e−j ε(t)
}. (2.21)
Wenn man den Statorstrom in zwei rotorbezogene Komponenten zerlegt, wie es die Gleichung
iS(t) e−jε(t) = iSd + j iSq (2.22)
beinhaltet, kann man das Drehmoment auch mit folgender Formel angeben:
md(t) = ΦF iSq . (2.23)
Die soeben dargelegten mathematischen Zusammenhänge sind in Abb. 2.9 als Blockschaltbild
dargestellt.
2.3 Regelung einer PMSM
Die Regelung des Drehmoments einer PMSM ist denkbar einfach. Da die Stromkomponente
iSq direkt proportional zum AntriebsdrehmomentmA ist, muss eine Stromregelung eingesetzt
werden. Die beiden Stromkomponenten werden separat geregelt, obwohl die Gröÿen nicht
entkoppelt sind. Die Entkopplung übernimmt ein kleines Netzwerk an den Ausgängen der
Stromregler, das der Einfachheit halber zunächst vernachlässigt wird. Der Stromregelkreis
der q-Achse ist in Abb. 2.10 dargestellt.
2.3 Regelung einer PMSM 15
Abbildung 2.9: Modell der permanentmagneterregten Synchronmaschine
Abbildung 2.10: Struktur des Stromregelkreises
2.3.1 Stromregelung
Da die Stromregelung im rotororientierten Koordinatensystem erfolgen soll, bleibt die Fra-
ge: Wie können die rotororientierten Stromkomponenten aus den Phasenströmen bestimmt
werden?
Hierfür nutzt man eine zweistu�ge Transformation. Im ersten Schritt werden die Gröÿen aus
dem Dreiphasensystem in ein statorfestes Zweiphasen-System (Indizes: a und b) transfor-
miert.
16 2 Technische Grundlagen
iS(t) = iS1(t) + iS2(t) ej γ + iS3(t) e
j 2 γ (2.24)
= iSa(t) + j iSb(t) (2.25)
Daraus folgt:
iSa(t) =3
2iS1(t) (2.26)
iSb(t) =
√3
2[iS2(t)− iS3(t)] (2.27)
Diese Gröÿen können darauf mithilfe des Rotorwinkels ε(t) in das rotorfeste Koordinaten-
system transformiert werden (Indizes: d und q):
iSd(t) = iSa(t) · cos ε(t) + iSb(t) · sin ε(t) (2.28)
iSq(t) = iSb(t) · cos ε(t)− iSa(t) · sin ε(t) (2.29)
Die Stromregler geben rotororientierte Spannungssollwerte aus, die ebenfalls unter Nutzung
des Rotorwinkels in das zweiphasige und darauf in das dreiphasige Statorkoordinatensystem
transformiert werden müssen. Dabei nutzt man die sog. Raumzeigermodulation oder andere
Modulationsverfahren um aus den Spannungssollwerten Schaltzeiten für den Wechselrichter
zu bestimmen.
2.3.2 Drehzahl- und Lageregelung
In Abb. 2.11 ist die vereinfachte Struktur der Kaskadenregelung dargestellt. Dabei wurde
der als konstant angenommene Fluss vernachlässigt, welcher die Umrechnung zwischen dem
Antriebsmoment und dem Querstrom ermöglicht (Glg. 2.30).
2.3 Regelung einer PMSM 17
Abbildung 2.11: Vereinfachte Struktur der Kaskadenregelung
Der angedeutete Motor mit Lagegeber bildet die Gleichungen
mA −mL = J · dωdt
= ΦF · iSq −mL (2.30)
und
dε
dt= ω (2.31)
ab. Vereinfacht wurde in Abb. 2.11 auch das Drehzahlsignal abgegri�en, welches üblicher-
weise nicht gemessen, sondern durch zeitdiskrete Di�erentiation ermittelt wird.
Der geschlossene Stromregelkreis kann durch ein Verzögerungsglied erster Ordnung approxi-
miert werden. Dies ermöglicht die Auslegung des Drehzahlregelkreises. Dessen Regelstrecke
besteht folglich aus einem dem Ersatz PT1 und dem Integrator mit Zeitkonstante J (Mas-
senträgheit).
Die Drehzahl wird schlieÿlich über einen Einheitsintegrator zur Lage au�ntegriert und mit
einem P-Regler geregelt. In der Vorlesung �Regelung in der elektrischen Antriebstechnik�
werden weitere Strukturen vorgestellt, die zur Lage- und Drehzahlregelung verwendet wer-
den.
18
3 Aufgaben
Bereiten Sie die Aufgaben mit Ausnahme der weiterführenden Fragestellungen zu Hause
vor.
3.1 Servo-Antrieb
1. Skizzieren Sie den grundsätzlichen Aufbau eines Servo-Antriebssystems mit digitaler
Regelung und erläutern Sie dessen Grundeigenschaften.
2. Skizzieren und erläutern Sie das Leistungsteil eines dreiphasigen Umrichters mit Span-
nungszwischenkreis.
3. Wie wird die Zwischenkreisspannung aus dem dreiphasigen Netz erzeugt? Erläutern
Sie die netzgeführte Kommutierung anhand der Abbildungen 2.3 und 2.2.
4. Wie funktioniert eine Pulsweitenmodulation bei digitaler zeitdiskreter Regelung? Skiz-
zieren Sie die zeitlichen Verläufe des Sollwerts, des PWM-Vergleichssignals und des
PWM-Signals bei symmetrischer PWM.
5. Erläutern Sie den Aufbau und die Funktionsweise eines Resolvers, eines Inkremental-
gebers und eines SinCos-Gebers.
6. Erläutern Sie die unterschiedlichen Möglichkeiten zur Drehzahlberechnung mit Inkre-
mentalgeber (Periodendauermessverfahren und Zählverfahren).
3.2 Reglerauslegung und Parametrierung
Rechnen Sie so weit wie möglich mit Parametern der Strecke oder einfachen zusammenge-
setzten Gröÿen weiter.
3.3 Programmablauf 19
1. Führen Sie für alle Elemente des Regelkreises passende Zeitkonstanten und Verstär-
kungen ein. Nehmen Sie dazu den Fluss als konstant an.1
2. Vernachlässigen Sie die Rückwirkung der induzierten Spannung (Langsame Störgröÿe).
Nehmen Sie iSd,ref = 0 an.
3. Ersetzen Sie die Umrichterlaufzeit durch ein Verzögerungsglied erster Ordnung.
4. Legen Sie den Stromregelkreis (Parameter V1 und T1) auf eine Dämpfung von 1√2aus.
5. Approximieren Sie den Stromregelkreis durch ein Verzögerungsglied erster Ordnung
(Ve und Te).
6. Zeichnen Sie die resultierende vereinfachte Regelungsstruktur.
7. Legen Sie den geschlossenen Drehzahlregelkreis auf eine Dämpfung von 1 aus (Para-
meter V2 und T2).
3.3 Programmablauf
1. Skizzieren Sie den grundsätzlichen Ablauf einer abtastenden Regelung bestehend aus
A/D-Wandlung, Verarbeitung und D/A-Wandlung.
2. Im Beispiel der Regelung der PMSM kann die Abtastung nur in einem PWM-Sym-
metriepunkt erfolgen (Synchrone Abtastung) und die Änderung des PWM-Sollwerts
kann ebenfalls nur im Symmetriepunkt erfolgen. Berücksichtigen Sie diese Anforderun-
gen in einer weiteren Skizze.
Weiterführende Fragestellungen:
1. Welche Gröÿen der Kaskadenregelung sollten zum Schutz von Motor und Wicklung
begrenzt werden? Welche sonstigen Überwachungen halten Sie für sinnvoll?
2. Verdeutlichen Sie sich das Problem der Stellgröÿenbeschränkung im Stromregelkreis.
1Tipp: Nutzen Sie ihre Kenntnisse aus Grundlagen der Regelungstechnik.