rezension: verantwortliche unternehmensführung überzeugend kommunizieren

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stratum ® : Rezension Drahtseilakt zwischen Gewinn und Moral – Wie kön- nen Unternehmen ihre Citizenship glaubwürdig dar- stellen? Bernd Lorenz Walter: Verantwortliche Unternehmensführung überzeu- gend kommunizieren, Gabler, Wiesbaden 2010, 204 S., EUR 39,95 Wenn Unternehmen zeigen, dass sie auch gute Bürger sein wollen, dann kleben Experten darauf das Etikett CSR – Corporate Social Responsibility. Und wenn die PR-Abteilung des Unternehmens professionell vorgeht, dann glaubt auch alle Welt, wie gut das betreffende Unternehmen ist. So die The- orie. Tatsächlich ist es für viele Wirtschaftsunternehmen sehr viel schwerer, das erhoffte „Reputationskapital“ zu bilden. Dass das nicht nur seinen Grund in der Unberechenbarkeit öffentlicher Meinung und der Irrationalität des Konsumenten hat, betont Bernd Lorenz Walter in seinem Buch „Verant- wortliche Unternehmensführung überzeugend kommunizieren“. Der selbst- ständige Kommunikationsberater macht keinen Hehl daraus, dass das Prob- lem tiefere Ursachen hat – es geht um den Grundkonflikt zwischen Gewinn und Moral. Agenturen in der Zwickmühle Ohne diesen Konflikt auflösen zu wollen, handelt Walter in seinem Buch das Thema CSR in erster Linie als Kommunikationsthema ab. Für ihn „bietet CSR Communication die Chance, zu demonstrieren, dass CSR im Kernge- schäft des Unternehmens verankert ist“. Wenn Agenturen den Auftrag er- halten, CSR-Berichte für Unternehmen zu verfassen, wird aus dieser Chance auch ein Problem. Wie Walter feststellt, befinden sich die Agenturen nämlich in einer Zwickmühle. Auf der einen Seite sind sie wirtschaftlich abhängiger Auftragnehmer, auf der anderen Seite sind sie ja gerade als Externe beauf- tragt worden, um neutral und unabhängig zu agieren. In der Praxis wird dieser Konflikt fast ausnahmslos durch die Fokussierung auf den kommuni- kativen Auftrag gelöst. Ob und wie CSR tatsächlich im Kerngeschäft der Unternehmen angekommen ist, überprüfen die CSR-Berichte letztlich nicht. CSR-Kommunikation ist etwas ganz anderes als klassische Markt- kommunikation Es sind in erster Linie die großen Unternehmen, die CSR-Berichte verfassen. Nach Ansicht des Autors haben diese Unternehmen im Vergleich zum Mittel- stand auch das größere Problem, beim Publikum und den Stakeholdern Ver- trauen zu gewinnen. Deshalb weist Walter dem Thema CSR auch vor allem im Reputationsmanagement eine herausragende Rolle zu.

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Wenn Unternehmen zeigen, dass sie auch gute Bürger sein wollen, dann kleben Experten darauf das Etikett CSR – Corporate Social Responsibility. Und wenn die PR-Abteilung des Unternehmens professionell vorgeht, dann glaubt auch alle Welt, wie gut das betreffende Unternehmen ist. So die Theorie. Tatsächlich ist es für viele Wirtschaftsunternehmen sehr viel schwerer, das erhoffte „Reputationskapital“ zu bilden. Dass das nicht nur seinen Grund in der Unberechenbarkeit öffentlicher Meinung und der Irrationalität des Konsumenten hat, betont Bernd Lorenz Walter in seinem Buch „Verantwortliche Unternehmensführung überzeugend kommunizieren“. Der selbstständige Kommunikationsberater macht keinen Hehl daraus, dass das Problem tiefere Ursachen hat – es geht um den Grundkonflikt zwischen Gewinn und Moral.

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Page 1: Rezension: Verantwortliche Unternehmensführung überzeugend kommunizieren

stratum® : Rezension

Drahtseilakt zwischen Gewinn und Moral – Wie kön-nen Unternehmen ihre Citizenship glaubwürdig dar-stellen? Bernd Lorenz Walter: Verantwortliche Unternehmensführung überzeu-gend kommunizieren, Gabler, Wiesbaden 2010, 204 S., EUR 39,95 Wenn Unternehmen zeigen, dass sie auch gute Bürger sein wollen, dann kleben Experten darauf das Etikett CSR – Corporate Social Responsibility. Und wenn die PR-Abteilung des Unternehmens professionell vorgeht, dann glaubt auch alle Welt, wie gut das betreffende Unternehmen ist. So die The-orie. Tatsächlich ist es für viele Wirtschaftsunternehmen sehr viel schwerer, das erhoffte „Reputationskapital“ zu bilden. Dass das nicht nur seinen Grund in der Unberechenbarkeit öffentlicher Meinung und der Irrationalität des Konsumenten hat, betont Bernd Lorenz Walter in seinem Buch „Verant-wortliche Unternehmensführung überzeugend kommunizieren“. Der selbst-ständige Kommunikationsberater macht keinen Hehl daraus, dass das Prob-lem tiefere Ursachen hat – es geht um den Grundkonflikt zwischen Gewinn und Moral. Agenturen in der Zwickmühle Ohne diesen Konflikt auflösen zu wollen, handelt Walter in seinem Buch das Thema CSR in erster Linie als Kommunikationsthema ab. Für ihn „bietet CSR Communication die Chance, zu demonstrieren, dass CSR im Kernge-schäft des Unternehmens verankert ist“. Wenn Agenturen den Auftrag er-halten, CSR-Berichte für Unternehmen zu verfassen, wird aus dieser Chance auch ein Problem. Wie Walter feststellt, befinden sich die Agenturen nämlich in einer Zwickmühle. Auf der einen Seite sind sie wirtschaftlich abhängiger Auftragnehmer, auf der anderen Seite sind sie ja gerade als Externe beauf-tragt worden, um neutral und unabhängig zu agieren. In der Praxis wird dieser Konflikt fast ausnahmslos durch die Fokussierung auf den kommuni-kativen Auftrag gelöst. Ob und wie CSR tatsächlich im Kerngeschäft der Unternehmen angekommen ist, überprüfen die CSR-Berichte letztlich nicht. CSR-Kommunikation ist etwas ganz anderes als klassische Markt-kommunikation Es sind in erster Linie die großen Unternehmen, die CSR-Berichte verfassen. Nach Ansicht des Autors haben diese Unternehmen im Vergleich zum Mittel-stand auch das größere Problem, beim Publikum und den Stakeholdern Ver-trauen zu gewinnen. Deshalb weist Walter dem Thema CSR auch vor allem im Reputationsmanagement eine herausragende Rolle zu.

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Um hier aber erfolgreich zu sein, muss ein Unternehmen andere Kompeten-zen und Praktiken aufbauen als in der klassischen Marktkommunikation. Nach Walter geht es bei der Kommunikation von CSR vor allem um „Zuhö-ren“, „Dialogisieren“ und „Involvieren“, während die klassische Marktkom-munikation durch „Reden, Beeinflussen und Überzeugen“ bestimmt ist. Viele große Unternehmen scheinen dies aber noch nicht erkannt zu haben. Walter weist darauf hin, dass diese Unternehmen sich weniger mit dem Aufbau einer neuen Kommunikationsbasis beschäftigen als vielmehr mit dem Versuch, ihre Reputation durch faktisches CSR-Engagement im Sinne der Corporate Philantropy zu verbessern. Im praktischen Hauptteil seines Buches befasst sich der Autor mit den In-strumenten der CSR-Kommunikation: § CSR-Berichte („Der Trend geht dahin, den Geschäftsbericht mit dem

CSR-Bericht zu verknüpfen“) § Media Relations („Es muss unbedingt darauf geachtet werden, dass

nicht nur die Presseverantwortlichen eines Unternehmens zu Wort kommen, sondern auch CEOs und andere Führungskräfte“)

§ Social Web („Das Reputationsurteil eines Unternehmens hängt im In-ternet immer noch in erster Linie von der unternehmenseigenen Website ab“)

§ Cause Related Marketing („CRM ist in erster Linie ein Absatzförde-rungsinstrument und weniger Ausdruck einer grundsätzlichen Einstel-lung des Unternehmens oder der Marke“).

Gerade, was die beiden letzten Punkte angeht, zeigt sich, dass Walter eine eher konservative Position bezieht. Tatsächlich darf man meiner Ansicht nach heute bezweifeln, dass die Unternehmenswebsite das ausschlagge-bende Instrument für die CSR-Kommunikation ist. Denn die für CSR sensib-le Öffentlichkeit, die aufmerksamen Konsumenten und Stakeholder hegen längst ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber der Selbstinszenierung von Unternehmen. Andererseits teile ich nicht die Skepsis des Autors gegenüber der Unwirk-samkeit von CRM und klassischer Werbung in Verbindung mit CSR. Aktionen wie die Krombacher-Regenwaldkampagne stoßen zwar bei Greenpeace-Anhängern auf Skepsis, aber kommen beim Großteil der LOHAS-affinen Zielgruppen durchaus positiv an. Wünsche an den Autor So systematisch und umfassend Bernd Lorenz Walter an sein Thema her-angeht, so spürt man vielleicht doch an manchen Stellen, dass die Wissens-basis des Autors sich weitgehend auf den Mainstream der Wirtschaftslitera-tur stützt und fallbezogene Analysen unterschiedlicher und auch gegensätz-licher aktueller Entwicklungen, wie wir sie heute im Kontext der CSR-Kommunikation und des Nachhaltigkeitsmarketings beobachten können, fehlen. Zu wünschen bleibt uns also, dass der Autor seinen profunden Über-

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