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Mediaevistik 25 · 2012 173 Wolfgang Achnitz, Deutschsprachige Artusdichtung des Mittelalters. Eine Einführung, De Gruyter, Berlin und Boston 2012, XI, 454 S. Wenngleich uns mittlerweile eine reiche Forschungsliteratur (einschließlich En- zyklopädien und Lexika) vorliegt, die sich mit der deutschsprachigen Artus- dichtung des Mittelalters beschäftigt und sie gründlich aus vielerlei Sicht schon beleuchtete, hat sich Wolfgang Achnitz entschlossen, erneut einen Einführungs- band vorzulegen, der als eine Art Stu- dienführer aufzufassen ist. Angesichts einer sich ständig ändernden Herange- hensweise und neuer Schwerpunkte in der wissenschaftlichen Erkundung dieser Dichtung wird man solch ein Lehrhilfs- werk durchaus begrüßen dürfen, wenn- gleich es auf weite Strecken genau das Gleiche bietet, was viele andere Autoren bisher schon gründlichst erarbeitet ha- ben. Nach einer Einführung geht der Au- tor zunächst auf die Entstehung und Verbreitung des Artusstoffes in Europa ein, ohne dass hier freilich die jüngere (manchmal auch etwas spekulative For- schung) Eingang gefunden hätte. In dem Zusammenhang bespricht er besonders den Beitrag von Geoffrey of Monmouth und die Rezeption des Stoffes durch Chrétien de Troyes. Das Herzstück bil- den aber große Kapitel zu Hartmann von Aue, zum Tristanstoff, zu Wolfram von Eschenbach und seinen Rezipienten, zu Lancelot und Ginover, zu fragmentari- schen Artusromanen und zur spätmittel- alterlichen Artusdichtung (Der Stricker, Der Pleier, Wigamur, Konrad von Stof- feln). Zum Schluss kommen noch Ulrich Fuetrers Buch der Abenteuer und die Rezeption des Wigaloistoffes zur Spra- che. Während die meisten Abschnitte bzw. Themenbereiche allgemein schon sehr gut bekannt sind, freut man sich auch als Wissenschaftler darüber, dass ziemlich erschöpfend auch solche Texte bedacht werden, die entweder nur frag- mentarisch überliefert sind oder bisher (zu Recht oder nicht) nur stiefmütterlich behandelt wurden. Wohl etwas zu opti- mistisch formuliert aber Achnitz z.B. hinsichtlich des Meleranz: "schafft es der Pleier, der Gattung einen ganz neuen Impuls zu verleihen" (301). Bestenfalls handelt es sich um einen trivialen Ro- man des späten Mittelalters, nicht aber um eine literarische Glanzleistung, und es bleibt abzuwarten, ob sich wirklich ein "Innovationspotenzial" (301) erken- nen lässt, wie Achnitz behauptet. Der studentische Leser bekommt hier solide Überblicke bzw. Einführungen in die einzelnen Texte, sieht sich dann aber im wissenschaftlichen Teil (normaler- weise in den Fußnoten) weitgehend aus- schließlich mit älterer Literatur konfron- Rezensionen Gesamtes Mittelalter

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Wolfgang Achnitz, DeutschsprachigeArtusdichtung des Mittelalters. EineEinführung, De Gruyter, Berlin undBoston 2012, XI, 454 S.Wenngleich uns mittlerweile eine reicheForschungsliteratur (einschließlich En-zyklopädien und Lexika) vorliegt, diesich mit der deutschsprachigen Artus-dichtung des Mittelalters beschäftigt undsie gründlich aus vielerlei Sicht schonbeleuchtete, hat sich Wolfgang Achnitzentschlossen, erneut einen Einführungs-band vorzulegen, der als eine Art Stu-dienführer aufzufassen ist. Angesichtseiner sich ständig ändernden Herange-hensweise und neuer Schwerpunkte inder wissenschaftlichen Erkundung dieserDichtung wird man solch ein Lehrhilfs-werk durchaus begrüßen dürfen, wenn-gleich es auf weite Strecken genau dasGleiche bietet, was viele andere Autorenbisher schon gründlichst erarbeitet ha-ben.

Nach einer Einführung geht der Au-tor zunächst auf die Entstehung undVerbreitung des Artusstoffes in Europaein, ohne dass hier freilich die jüngere(manchmal auch etwas spekulative For-schung) Eingang gefunden hätte. In demZusammenhang bespricht er besondersden Beitrag von Geoffrey of Monmouthund die Rezeption des Stoffes durchChrétien de Troyes. Das Herzstück bil-den aber große Kapitel zu Hartmann von

Aue, zum Tristanstoff, zu Wolfram vonEschenbach und seinen Rezipienten, zuLancelot und Ginover, zu fragmentari-schen Artusromanen und zur spätmittel-alterlichen Artusdichtung (Der Stricker,Der Pleier, Wigamur, Konrad von Stof-feln). Zum Schluss kommen noch UlrichFuetrers Buch der Abenteuer und dieRezeption des Wigaloistoffes zur Spra-che. Während die meisten Abschnittebzw. Themenbereiche allgemein schonsehr gut bekannt sind, freut man sichauch als Wissenschaftler darüber, dassziemlich erschöpfend auch solche Textebedacht werden, die entweder nur frag-mentarisch überliefert sind oder bisher(zu Recht oder nicht) nur stiefmütterlichbehandelt wurden. Wohl etwas zu opti-mistisch formuliert aber Achnitz z.B.hinsichtlich des Meleranz: "schafft esder Pleier, der Gattung einen ganz neuenImpuls zu verleihen" (301). Bestenfallshandelt es sich um einen trivialen Ro-man des späten Mittelalters, nicht aberum eine literarische Glanzleistung, undes bleibt abzuwarten, ob sich wirklichein "Innovationspotenzial" (301) erken-nen lässt, wie Achnitz behauptet.

Der studentische Leser bekommt hiersolide Überblicke bzw. Einführungen indie einzelnen Texte, sieht sich dann aberim wissenschaftlichen Teil (normaler-weise in den Fußnoten) weitgehend aus-schließlich mit älterer Literatur konfron-

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Gesamtes Mittelalter

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tiert. Nur gelegentlich stößt man auchauf Untersuchungen der letzten zehnJahre, und von außerdeutschen Literaturist sehr selten die Rede. Mit Zufrieden-heit liest man am Ende das Kapitel zuden Entwicklungslinien des Artusro-mans im 13. Jahrhundert, gefolgt von ei-nem Ausblick auf das 15. Jahrhundert.Achnitz bietet auch einen Abdruck vomSpruch von der Tafelrunde aus der Zeitzwischen 1486 und 1511, der sozusagenein Resumé der Artuswelt zieht.

Der Band endet mit einer Auswahl-bibliographie, einem Register zu Auto-ren und Werken und einem Register zuliterarischen Figuren. Generell darf manihn als nützlich und hilfreich bezeich-nen, wenngleich er kaum einen zusätzli-chen Beitrag zur bisherigen Lehrliteraturbietet. Der Autor bietet zufriedenstellen-de inhaltliche Zusammenfassungen, dis-kutiert die thematischen und strukturel-len Aspekte, aber die neuere Forschungkommt kaum zum Zuge, d.h. die neuentheoretischen Ansätze finden praktischkeine Berücksichtigung.Albrecht Classen

Gerd Althoff und Christel Meier, Iro-nie im Mittelalter. Hermeneutik –Dichtung – Politik, WissenschaftlicherBuchverlag, Darmstadt 2011, 240 S.Auch wenn die Forschung bisher bezüg-lich der Ironie gerade das Mittelalterauszunehmen schien, weil man es für je-ne Epoche, in der die christliche Kircheein so dominierendes Gewicht besaß,unmöglich hielt, ironische Kommentarezu entdecken, erweist sich nun, wie dieUntersuchung von Gerd Althoff und

Christel Meier erneut belegt, dass fastgenau das Gegenteil der Fall gewesenist. Ebenso wie man jüngst hinsichtlichdes Lachens in der Vormoderne einebeträchtliche Korrektur hat vornehmenmüssen (siehe z. B. Laughter in theMiddle Ages and Early Modern Times,ed. A. Classen, 2010), obliegt es unsnun, auch die Ironie als eine rhetorischeStrategie anzuerkennen, die weit ver-breitet war und gerne eingesetzt wurde.Der grundsätzliche Irrtum besteht wohldarin, dass man gemeinhin nur die ern-sten Gespräche unter Mönchen vor Au-gen hat, wenn man an jene Epochedenkt, so als ob diese sehr spezielle Si-tuation repräsentativen Charakter für dieganze Gesellschaft gehabt hätte. Gehörtes nicht zur menschlichen Anthropolo-gie, dass jedes Individuum je nach Be-dingungen unterschiedliche Töne an-schlägt, diverse Redemanöver verfolgtund verbal diskriminierend auf den Ge-sprächspartner reagiert? Ob man imMittelalter auch theoretisch auf die Iro-nie eingegangen sein mag, ließ sich bis-her nicht ohne weiteres feststellen, aberbei genauerer Hinsicht entdeckt man invielen Schriften, die die Rhetorik betref-fen, eine Reihe von wesentlichen Be-merkungen. Althoff und Meier verwei-sen u.a. auf Beda Venerabilis (in der Bi-bliografie leider vergessen), Isidor vonSevilla, Gervasius von Melkley (fehltebenfalls), Boncmpagno da Signa undThomas von Aquin, bestätigen also, dassdas Thema der Ironie durchaus als be-deutsam angesehen wurde. Gleicherma-ßen finden sich in den verschiedenstenKommentaren oder Glossaren des hohenund späten Mittelalters explizite Hinwei-se auf die Ironie, so bei Wilhelm von

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Conches oder Rupert von Deutz. Dazukommen die Urteile des Hugo von St.Victor oder Johannes Scottus Eriugena,und sogar in der biblischen Exegese beiHerrad von Hohenburg wird man leichtfündig. Es stellt sich sowieso die Frage,wieso man das Mittelalter als ironief-eindlich hinstellen würde, denn in sehrvielen Gesprächssituationen ganz gleichin welcher Zeit ergibt sich die Gelegen-heit, ironisch auf den anderen einzuge-hen oder sich ironisch vor Angriffen zuschützen.

Dies kommt in den folgenden Kapi-teln sehr deutlich zum Ausdruck, diesich auf historiographische Beispielestützen, d.h. politische, diplomatischeoder kirchliche Auseinandersetzungen inden Blick nehmen. Auch wenn wir stetsdamit zu rechnen haben, dass die einzel-nen Autoren im Nachhinein die Redesi-tuationen veränderten, lässt es sichtrotzdem nicht mehr von der Hand wei-sen, dass gerade in der öffentlichen Are-na Ironie ein sehr beliebtes Argumenta-tionsinstrument gewesen zu sein scheint.Die Möglichkeiten der ironischen An-züglichkeiten waren vielfältig, sei es,dass ein Herrscher ironisch auf Gesandteeinging, seine Gegner demütigte, aufProvokationen einging, seine Souverä-nität bewies, spöttisch auf Gleichrangigereagierte, oder dass ein Untergeordneterironisch sich gegen den Höherrangigenbehauptete oder in einer Gefahrensitua-tion seinen Kopf aus der Schlinge zog.Im Besonderen zeigt sich dies in denSchriften Liutprands von Cremona oderbei Lampert von Hersfeld, aber bei derDurchsicht von vielen Chroniken kannman eine Menge anderer Beispiele fürIronie entdecken. In einem gesonderten

Kapitel kommt auch die Gattung der po-litischen Briefe zur Geltung, wo ebensohäufig ironische Stellen zu entdeckensind.

Sogar im Kloster war man der Ironiekeineswegs abgeneigt, denn schließlicherwies sich auch dort in der Gemein-schaft einer relativ bunt zusammenge-würfelten Gruppe von Menschen dasProblem des Zusammenlebens auf en-gem Raum nicht einfach. All die be-kannten menschlichen Schwächen tratenauch dort im Laufe der Zeit auf, und dieIronie war dann keineswegs eines derschlechtesten Mittel, sich kritisch mitarroganten, hochmütigen, eitlen oderaggressiven Mitmönchen auseinanderzu-setzen. Die Gesta Karoli Magni des St.Galler Mönches Notker (9. Jh.) und dieCasus St. Galli von Ekkehard IV. (11.Jh.) bieten hierfür reiches Belegmaterial,das treffend vor Augen führt, wie heftigmanchmal Konflikte ausgetragen wur-den. Ein satirisches Gedicht des Bi-schofs Adalberos von Laon bestätigtdiesen Eindruck zusätzlich.

Zum Abschluss kommen literarischelateinische Quellen zu Wort, so der Oc-cultus Erfordensis von Nicolaus von Bi-bra (13. Jh.), De statu Curie Romanevon Heinrich von Würzburg (13. Jh.),Nivards von Gent Ysengrimus (12. Jh.),Nigellus' von Canterbury Speculumstultorum (ca. 1179/1180), dazu kleinereStellen in Gedichten und Epigraphen,und zuletzt Poggio Bracciolinis Facetiae(ca. 1460), Willibald Pirckheimers Dra-ma Eckius dedolatus (1520), Erasmus'von Rotterdam Laus Stultitiae) und dieEpistolae obscurorum virorum.

Althoff und Meier haben überzeu-gend vor Augen geführt, dass die Ironie

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sehr wohl und vielfach in der lateini-schen Literatur und Historiographie desMittelalters eingesetzt wurde. Allerdingsbewegen sie sich, jedenfalls theoretischgesehen, gar nicht so sehr auf Neuland,denn schon Dennis H. Green (Irony inthe Middle Ages, 1979) und DilwynKnox (Ironia, 1989), auf die sich selbstbeziehen, haben bereits umfangreich dasThema aus ihrer speziellen Sicht ausge-leuchtet (siehe auch L'ironie au moyenâge, hg. Armand Strubel, 2008). Aberdie von ihnen vorgestellten Beispiele be-sitzen Schlagkraft und zeigen insbeson-dere auf, wie stark auch in der Politikund in der lateinischen Dichtung der iro-nische Tonfall Bedeutung besitzenkonnte. Besonders sympathisch wirkt,wie es hier zwischen Althoff und Meierzu einer so guten Zusammenarbeitkommt. Die Kapitel II-IV und IX-Xwurden von letzteren, die Kapitel V-VIIIvon Althoff, die Einleitung und dasResumée von beiden gemeinsam ver-fasst.Albrecht Classen

Jeffrey Bardzell, Speculative Gram-mar and Stoic Language Theory inMedieval Allegorical Narrative, Rout-ledge, New York, 2009, x, 135 pp.The author of the present study is tryingto identify the influence of Stoic lan-guage theory, through speculative gram-mar, on medieval allegory and thus to gobeyond the overwhelming attention thatscholars pay to Platonic and Aristotelianinfluences in medieval literature, at theexclusion of other ancient schools ofphilosophy like Stoicism. Yet, he as-

signs himself to a rather lesser task bymaking no claim that the connectionsbetween Stoic linguistic theory, medie-val grammar theory, and some medievalallegories can be extended to elucidateallegorical signification in general. Hemainly aims to provide new insights intothe nature of allegorical meaning in Pru-dentius's Psychomachia and Alan ofLille's Plaint of Nature. In reality, he isproposing a lot more. The reason for hiscautious attitude is that Stoicism, as aphilosophical school, had long ceased tobe active at the beginning of the MiddleAges. Yet, many aspects of the Stoicsystem persisted in Christian thought,grammar theory, and literature, and theauthor tries to reveal how Stoic linguis-tic theories, through that transition, af-fected medieval allegorical narrative.

Bardzell posits that signification isthe central problem of allegory and heproceeds to show that the Stoic (orStoic-originated) linguistic doctrineshelp demonstrate how allegorical signi-fication works (see Chapter 1: StoicLinguistic, Cosmological, and EthicalDoctrine as Precursor to Medieval Alle-gory, pp. 11-31). Thus, he undertakesthe deconstruction of the ontology ofmedieval allegory. Allegory is habituallydefined as a genre of literature that hastwo levels of meaning and the allegori-cal level concerns the deeper one thatcontains a hidden or veiled, truer mean-ing. It is often proclaimed that a distinc-tion between a source text like the Bibleand an interpretation of it accounts formedieval allegory. As to allegorical per-sonification and the grammatical basisof it, some suggest that there is not a realontological ground but it is mere word-

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play. For others, it is the Aristotelianlanguage of substance and accident thatexplains allegory. In sum, the analysis ofthe genre appears to consist in transpos-ing aspects of the debate about univer-sals whether from the nominalist or therealist point of view.

Bardzell advances instead the Stoictheory on the interplay of language andthe cosmos, i.e., the theory of grammati-cal case, which is not only about declen-sion but has metaphysical implicationssince it corresponds to a case arrange-ment of real objects. The Stoics distin-guish the case theory from the Platonicidea of objects participating in conceptsand from the Aristotelian notion thatobjects have properties or qualities. Forthe Stoics, the proper names are conno-tative, quite different from the modernidea of proper names as deictic, denota-tive, or even unisemous. Thus, in alle-gory, proper names cannot be deictic. Inthe 2nd Chapter (Language and Abstrac-tion in Prudentian Allegory, pp. 32-52),personified virtues in Prudentius's Psy-chomachia refer to qualified substances,to dispositions of a body as it acts in theworld and not to Platonic forms or real-ist universals. Far from a realist readingwhere the poem asserts the nature ofuniversals, the allegory here destabilizesrather the ontological clarity. Bodies arenot intrinsically bad or good but havequalities according to their disposition.The body, the extension in Stoic lin-guistics, remains the same; what changesis the Stoic intension or how the body ispresented, or disposed, in action; and soPrudentian allegory is not a collection ofpersonified universals but rather a dis-

course that seeks to identify actions thatare compatible with Christian historicity.

The philosophical heritage of West-ern Europe in Middle Ages includedlogical and grammatical texts that werelargely incompatible. For Aristotle andthe logicians, words are used to expressinner experience and thought (i.e., mean-ing) while for the grammarians, wordsexpress things themselves (i.e., refer-ence). The Stoics explicitly and the me-dieval grammarians implicitly defendthe idea that we can learn about realityjust by studying language (see Chapter3: The Presence of Stoicism in Eleventhand Twelfth Century Language Theory,pp. 53-80). In the latter half of the 11th

century, the nominalist Garland theComputist wrote his Dialectica. ForGarland, predicates are utterances, notthings. In normal Aristotelianism, indi-viduals are considered to belong to theirspecies, which fall under their genus andthis one under its own genus up to themost general genus, which totals theirontological filiation. Garland distin-guishes between falling under and signi-fying categories. To belong to categoriesis undignified because individuals sig-nify differently according to the speciesand the genera to which they fall under.Both Stoics and nominalists see a stron-ger connection between words andthings than Aristotle; a species falls un-der a genus only insofar as it is a spe-cies, otherwise it does not. Garland'sthought is not about categories, and healludes to the myth of the primal name-giver imposing utterances on things, amyth embraced also by the Stoics (forthe Stoics, the language is part of the

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fate of the cosmos and so they repudiateany contractualistic theory of language).In Abelard, universals seem to fail ontwo accounts: as to their relation to realthings and as to the clarity of compre-hension. Abelard objects that universalsproduce an understanding that does notarise from things but pertains to eachone of them. That which pertains tothings is the status, a properly third sig-nification, which he calls a dictum, ex-ternal to both thoughts and things. Thesimilarity of Abelard's dicta to Stoiclekta is striking.

Alan of Lille's allegory Plaint ofNature (De planctu Naturae), datingfrom the second half of the 12th century,condenses all the previous ontologico-grammatical characteristics (see Chapter4: Allan of Lille's Plaint of Nature andthe Grammar of Cosmic Bonding, pp.81-107). The story is a lament on humanvice in grammatical-sexual metaphors.A form of Dea Natura appears as thephysical bond that holds the cosmos to-gether; she describes herself as "deiauctoris, uicara" and portrays the wayshe creates not the first prototype ofthings but the ulterior copies (she is thenan analogon of the Neo-platonic world-soul). Eventually, she sub-delegates hertask to Venus in a way that does notseem to weaken the bonding system ofthe world; but Venus grows bored. Shedoes not further sub-delegate her mis-sion but she perverts it by engaging her-self in adulterous relations. A vice likehomosexuality, promoted by Venus,concerns someone who is both subjectand predicate, a defect of language. Ho-mosexuality is an improper grammaticalconnection, categorized by Natura as

solecism (same gender). Natura's wordsare archetypal and remind us of the lan-guage of the name-giver in a way thatbares the mark of Stoicism. Through thestudy of grammar the structure of cos-mos is revealed. There appears to be atrue convertibility between grammar andtruth and thus a vice is not like badgrammar, it is bad grammar and by vio-lating grammar the fabric of the cosmosis torn.

The author of the present book un-dertakes successfully, in my opinion, thedeconstruction of the ontology of me-dieval allegory: instead of the researchfor a second level of meaning, he pro-poses a view on allegory as a literarydiscourse that signifies through presen-tative constructivism and not through therepresentation of second-level realities.His argument points implicitly to the an-cient opposition between philosophy andpoetry (see e.g., in Alan's Plaint, in thepoet's question about the vice of homo-sexuality praised by poets, Natura an-swers that the poets do not always tellthe truth, a statement of Hesiodic remi-niscence) and it is surprising that no ex-tended reference is made to Stoic theo-ries of allegory that were of great im-portance even after the arrival of Chris-tianity. A comparison between Stoiclanguage theory and Stoic interpretationsof allegory would be most fruitful forthe book's objective of transposing Stoicphilosophy into medieval allegory. In-stead, the author seems to worry toomuch about the absence of real historicallinks between Stoic language theory andmedieval allegory. It should be plain thatthe medieval thought had every right tore-enact a question left open since late

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antiquity, regardless of any purely Quel-lenforschung caution.George Arabatzis · Research Centre onGreek Philosophy · Academy of Athens ·Anagnostopoulou 14 · 106 73 Athens ·Greece · e-mail: [email protected]

Beatrice Michaelis, (Dis-)Artikulatio-nen von Begehren. Schweigeeffekte inwissenschaftlichen und literarischenTexten (Trends in Medieval Philology,25), De Gruyter, Berlin und New York2011, X, 313 S.Was besagen Schweigemomente, Ver-schwiegenheit, Verstummen, Verhüllenoder Geheimnishaltung in epistemologi-scher Hinsicht? Sagen wir nicht oftmalsviel mehr, wenn wir etwas Konkretesnicht benennen oder verschweigen, alswenn wir etwas explizit ansprechen? Inihrer Dissertation, eingereicht an derBerliner Humboldt Universität 2009,geht Beatrice Michaelis auf dieses hoch-spannende Thema ein, das sie mit demdurchaus ergiebigen Begriff "(Dis-)Arti-kulation umschreibt, weil sie auf dieSpannung zwischen dem Gesagten unddem Verschwiegenen hinweisen will,wie sie sich in wissenschaftlichen, theo-logischen und literarischen Texten desMittelalters finden lässt. Dazu hat mansich zwar schon verschiedentlich in derForschung geäußert, worauf Michaelisauch hinweist, ohne sich besonders umdie bisherigen Publikationen zu diesemThema zu kümmert, doch strebt sie ins-besondere danach, diese (Dis-)Artiku-lation in Bezug auf Homosexualität aus-zulegen, denn sie erblickt überall eineintensive Behandlung des sexuellen Be-gehrens. In vielen Fällen kann man der

Autorin sofort zustimmen, denn dastheoretische Modell, das hier zum Tra-gen kommt, ist sehr ergiebig und griffigzugleich. So wenig mir auch der Begriffgefällt, wird man ohne weiteres die Aus-sagekraft der Queer Theorie (nichtTheory!) auch oder gerade für die Me-diävistik anerkennen wollen. Eine"queere" Lesart vieler Texte legt tat-sächlich an den Tag, mit welcher Sorgeman sich im Mittelalter gegen die Ge-fahr sträubte, die Heteronormativitätuntergraben zu sehen durch das Auftre-ten von homosexuellem Begehren.

Michaelis betrachtet sich nach dertheoretischen Diskussion ihrer Vorge-hensweise zunächst die wesentlichenAussagen von Thomas von Aquin zur'stummen Sünde', wendet sich dann me-dizinischen und didaktischen Werkenzu, die letztlich die gleiche Tendenz anden Tag legten, homosexuelle Tenden-zen radikal zu verbieten oder zu verhül-len. Sogar juristische Texte wie derSachsenspiegel kommen zum Zuge, be-vor sich die Autorin volkssprachlichenDichtungen zuwendet. Sie untersuchtinsbesondere Heinrichs von VeldekeEneasroman, das Nibelungenlied, Gott-frieds von Straßburg Tristan und denProsalancelot.

Hinsichtlich des Eneasromans gibtes kaum etwas Kritisches anzumerken,denn die falsche Behauptung der Köni-gin Amata, dass Eneas männlicher Liebezuneige, ist ja schon vielfach behandeltworden. Dass im Nibelungenlied viel-fach Schweigetechniken und -strategieneingesetzt werden, um die Macht desPatriarchats aufrecht zu halten, trifftebenfalls genau zu. Schwierig wird eshingegen beim Tristan, denn Michaelis

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gerät hier in die alte Falle und glaubtfest, bei König Marke einen Mann zuerblicken, der wirklich Tristan liebe unddiesen "penetrieren" möchte. Dies hatman in der älteren Forschung noch gerneprovokativ so diskutiert, aber mittler-weile hat sich dies als ein gründlicherIrrtum herausgestellt, der hier leider austheoretischen Erwägungen heraus erneutaufgewärmt wird. Michaelis verwirftkurz den diesbezüglichen Aufsatz von C.Stephen Jaeger (1989), hat aber keinerleiNotiz von seinen wesentlich profunderenAusführungen zu diesem Thema in En-nobling Love (1999) genommen, obwohldas Buch in der Bibliografie erscheint.Weil die Autorin auf Biegen und Bre-chen die Gender-Perspektive verfolgenmöchte, erwähnt sie zwar viele kritischeeinschlägige Studien, lässt sich abernicht auf deren Argumente ein. Dafürzitiert sie ausgiebig solche Arbeiten, dieden Queer-Studien verpflichtet sind,auch wenn hier oftmals mehr Theorie alssolide Philologie eine Rolle spielt.

Andererseits will man gerne zustim-men, dass in vielen mittelalterlichenTexten das Phänomen des Begehrenswirklich zentralen Rang einnimmt, dassaber darüber oft nur indirekt gesprochenwird. Dass (Dis-)Artikulation hierbeihäufig zum Zuge kommt, darf als einewichtige Erkenntnis dieser Studie gelten,die insgesamt sehr intelligent gestaltetist, wenngleich vielmals ganz selbstver-ständliche Aspekte ein wenig zu erbo-lisch ins theoretische Gewand gekleidetwerden, um wirklich innovativ und über-zeugend zu wirken.

Eine Menge von kleineren und grö-ßeren Problemen stellen sich ein: Eneaswird keineswegs wegen seiner Flucht

aus Troja lächerlich gemacht (195); dieTarnhaut Siegfrieds als symbolischesObjekt sexuellen Begehrens hinzustellenist viel zu weit gegriffen (211); dassBrünhild "Siegfried und KriemhiltGunther gebiert" (220) ist mir völlig neuund scheint moderner Fantasie höchsttransgressiver Art zu entspringen;beim öffentlichen Eidschwur Siegfriedsschauen sich nicht die zwei königlichenHelden an, sondern die beistehendenKrieger, die das dünne Geflecht derpolitischen Propaganda offensichtlichdurchschauen (220); das homosexuelleVerlangen Markes nach Tristan, wie esdie Autorin sieht, gehört schlicht in ihreWunschvorstellungen, gibt sie ja selbstzu, dass es sich hier allein um das "Po-tenzial[] homosozialen Begehrens" han-delt (227), was gerade nicht homose-xuell auszulegen wäre, wie es hier ge-schieht. Zu Recht erwähnt Michaelis die"doppelt codierte Sprache" in GottfriedsTristan, vergisst aber, hierbei auf Rüdi-ger Schnells Arbeit Suche nach Wahr-heit (1992) einzugehen, wo dies schonlängst ausführlich behandelt worden ist.Köstlich liest sich der folgende Satz: "InIsolde treffen sich die Begehren beiderMänner; eine Penetration Isoldes istgleichsam eine Berührung Markes undTristans" (239). Welche erotische Fanta-sien beeinflussten wohl die Autorin?Lakonisch stellt sie schließlich fest: "DerKönig begehrt Tristan" (242), quod estdemonstrandum.

Gewiss treten im Prosalancelot eineReihe von fast verführerischen Szenenauf, die auf homosexuelles Begehrenschließen könnten, aber dies nur, wennman rein anachronistisch in der Inter-pretation vorgeht und den Wunsch da-

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nach, dieses nicht heteronormative Ver-hältnis als Ideal zu bestimmen, als dasabsolute Prinzip der Interpretation ak-zeptiert. Demungeachtet möchte ich derAutorin trotzdem zustimmen, dass essich als unbedingt lohnenswert erweist,bei der Analyse mittelalterlicher Textedas "subkultane Reservoir an (dis-)artikuliertem Begehren" (246) mitzube-denken, denn jedes Sprechen involviertbedeutungsvolles Schweigen. Allerdingsgelangt Michaelis am Ende mit ihrenVersuchen, auch den klassischen undmittelalterlichen Freundschaftsdiskursfür ihre Perspektive auf homosexuellesBegehren zu instrumentalisieren, erneutauf bedauerliches Glatteis und koloni-siert sozusagen jeglichen intellektuellenBereich für ihre Sexualtheorie. Aber diesist nicht überraschend, entspricht ja sol-che recht spekulative Vorgehensweiseeinem mittlerweile recht geläufigemTrend, abweichendes Sexualverhaltenals den zentralen Aspekt gerade in dermittelalterlichen Gesellschaft hinzustel-len, was als eine absurde Verirrung inder kritischen Interpretation anzusehenwäre.

Dem allen ungeachtet muss man derAutorin zugestehen, eine faszinierendeund in vielerlei Weise provokative Stu-die vorgelegt zu haben, auch wenn diesehäufig auf dünnstem Eis aufgebaut ist.Albrecht Classen

Helmut Birkhan, Pflanzen im Mittel-alter. Eine Kulturgeschichte. Wien,Köln, Weimar: Böhlau Verlag, 2012,310 pp.Die jüngste Monographie des WienerAltgermanisten und Keltologen ist eine

Überblicksdarstellung über die Bedeu-tung der Pflanzen für die Menschen desMittelalters, ein kluges, substanzreichesund viele diesbezüglich relevante Sach-bereiche ausleuchtendes Buch. Es richtetsich an ein größeres Publikum und ver-zichtet daher weitgehend auf wissen-schaftliche Apparate. Ein ausführlichesEinleitungskapitel (S. 7-48) führt ein indas grundlegende Erkenntnisinteresseam Gegenstand, skizziert die Wissen-schaftsgeschichte der Botanik von Hip-pokrates bis Linné und problematisiertdie taxonomischen und identifikatori-schen Probleme, die sich ergeben, wennman mit mittelalterlichen Pflanzenbe-zeichnungen konfrontiert ist. Im Hin-blick auf die weiteren Kapitel des Bu-ches sind insbesondere die Ausführun-gen zu Hildegard von Bingen, AlbertusMagnus, Thomas von Cantimpré undKonrad von Megenberg zentral, denn fürdas Verständnis der mittelalterlichenSicht auf die Pflanzenwelt sind die vierGelehrten die wichtigsten Gewährsleute.

Im zweiten Kapitel behandelt derAutor "Pflanzen aus der Sicht ihrer wirt-schaftlichen Nützlichkeit" (S. 49-100).Es ist in erzählendem Stil und dennochgewissermaßen enzyklopädisch gehal-ten, indem es zu jedem Pflanzenbereich(Unkraut, Getreide, Gemüse, Obst, Holzusw.) die überlieferten Arten und wasman über sie dachte, wie man sie ver-wendete usw., abhandelt. Den Beginnmacht die außerordentlich interessantePflanzenliste des karolingischen Capi-tulare de villis vel curtis imperialibus,jener Reichsdomänenordnung, die be-stimmte, was auf den kaiserlichen Gü-tern des 8. Jahrhunderts angepflanztwerden sollte. Birkhan stellt sie in den

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Kontext des St. Galler Klosterplans undkann somit recht anschaulich zeigen, wieein idealer frühmittelalterlicher Kräuter-,Obst- und Gemüsegarten ausgesehenhaben muss. Dass auch Hildegard vonBingen die Mehrheit der im Capitularede villis genannten Pflanzen kennt, wirdersichtlich aus einem einfachen Ab-gleich der beiden Quellen, der gleich-zeitig ein realistisches Bild der kulti-vierten Pflanzen des Mittelalters zeich-net. Der Fortgang des Kapitels ist so-dann im Sinne einer Ergänzung der Hil-degardschen Flora aufgebaut als eineZusammenstellung der Pflanzennütz-lichkeit (von Getreide, Gemüse, Obst,Faserpflanzen, Färberpflanzen undHolz), wie sie bei Thomas und Konradgeschildert wird. Birkhan geht es dabeivorwiegend um eine Nacherzählung derentsprechenden Quellen, die aus heuti-ger Sicht zumeist bizarr anmuten. Dieseseigentliche Kuriositätenkabinett offen-bart mittelalterliches gelehrtes Denkenvorzüglich, lässt dabei aber wenig Raumfür die tatsächliche Lebensrealität derZeit. Wenn Konrad berichtet, "dass häu-figer Feigengenuss bei Alten die Run-zeln glätte, weil die Feige das Wasserzwischen Fleisch und Haut staue"(S. 85), so mag man im optimistischstenFall in Erwägung ziehen, dass die Feigetatsächlich eine solche hautkosmetischeWirkung erzielen kann. Wenn aber Hil-degard behauptet, ein Stab aus Feigen-holz in der Hand könne einem die Kraftbis zur Ohnmacht entziehen, so darf mandies getrost als Irrglauben bezeichnen.Freilich sind derlei Angaben vielfachden bekannten Autoritäten geschuldet(Aristoteles, Isidor usw. bzw. ihren Ver-

mittlern) oder beruhen auf genuin mit-telalterlichen Lehren, doch mag bezwei-felt werden, dass diese im Alltagslebentatsächlich eine wesentliche Rolle ge-spielt haben. Genauso interessant wärees vielleicht gewesen, wenn Birkhan mitein paar Worten auch auf die Ökologieder Feige (und manch anderer Pflanze)im Mittelalter eingegangen wäre.

Kapitel 3 – "Pflanzen aus der Sichtihrer magischen Verwendung" (S. 101-178) – ist ein alphabetisches Verzeichnis(nach den heutigen Vulgärnamen) derHeilpflanzen bei Konrad und Hildegard,wo in wenigen Sätzen die jeweilige An-wendung und (angebliche) Wirkungnach den beiden Autoren beschriebenwird. Unter "magisch" sind hier diePraktiken der magia naturalis gemeint,die als "wissenschaftliche Magie" imMittelalter auch Medizin, Pharmazie,Gartenbau usw. umfasste1 und nicht alsanrüchig galt. Auch dieses Kapitel isteher zum Nachschlagen denn zur durch-gehenden Lektüre geeignet. Anders Ka-pitel 4 – "Der Garten als Nutz- und Lu-stort und das Wilde" (S. 179-203) –, dasnicht die Pflanzen selbst in den Blicknimmt, sondern den Ort, wo sie wachsenbzw. gehegt und gepflegt werden. Dieseäußerst instruktiven Ausführungen wid-men sich Bereichen, die heute teilswohlbekannt, teils eher fremd anmuten.Dass etwa im Mittelalter, anders alsheute, das Ackerland sowie Haus undHof eingezäunt waren, um es vor Tierenzu schützen, ja dass überhaupt Zäune,Hecken und Einhegungen aller Art dasLandschaftsbild viel stärker prägten alsheute (man denke hier auch an die ausdieser Zeit überlieferten Flurnamen), ist

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ein sehr zentraler Ausgangspunkt fürdas Verständnis der hochmittelalterli-chen Gartenkultur, in der das Wissen umdie orientalischen Paradiesgärten einer-seits und die Vorstellungen vom christli-chen Paradies andererseits zusammen-trafen. Überhaupt ist die schützende Ab-geschlossenheit des Gartens nicht nurein reales Erfordernis, sondern figuriert,davon ausgehend, zunehmend auch als"Ausdruck einer sozialen Auslese"(S. 187), die den Zutrittsbefugten vomUnbefugten trennt. Außerdem lässt sieeinen ersten Schritt hin zu einer erlese-nen Privatheit erkennen, zu einem Ortder Intimität. Der hortus conclusus derMariensymbolik und der locus amoenusals abgesondert-überhöhte Idealland-schaft treffen sich im Mittelalter gewis-sermaßen auf einer realitätsnahen Ebene.Solche Lustorte sind nämlich nicht nurliterarische Motive (dies sind sie natür-lich außerordentlich oft), sondern siefinden auch in der Realität Entsprechun-gen, insofern sich höfische Kreise beischönem Wetter gerne in Gärten undunter ihresgleichen aufhielten. WennBirkhan abschließend darauf hinweist,dass der domestizierte Garten späterunter anderem in den herrschaftlichenPark oder den botanischen Garten über-geht, so ist mit diesem Kapitel gleich-sam eine kurze Kulturgeschichte desGartens gegeben, die die Kulturge-schichte der Pflanzen ansprechend kon-textualisiert.

Ein weiterer Lebensbereich, der ineinem solchen Buch nicht ausgeklam-mert bleiben darf, ist das Rechtswesen.Unter dem Titel "Die Pflanze hat Recht– Symbol und Norm" (S. 205-224) wid-

met sich der Autor einerseits der Erfor-dernis der Einbindung von Pflanzen insRechtssystem, andererseits der Tatsache,dass Pflanzen in diesem System als fest-gefügte Symbole figurieren konnten. Er-steres ist insbesondere in Bezug auf dieNutzung von Wald von Bedeutung,letzteres exemplifiziert Birkhan anhandder Linde, der Rose, der Lilie, der Hasel-rute und ähnlichem. Denkmuster, Tätig-keiten und Symbole, die uns heute fremdanmuten (die Überreichung der festucazur Herstellung eines Treuevertrags; diein den Boden gesteckte Haselrute alsZeichen des Verbotes usw.) kommenebenso zur Sprache wie Phänomene, diebis heute überdauert haben und derenmittelalterliche oder antike WurzelnBirkhan anschaulich darlegt (der Stroh-wisch als Symbol für das Vorrecht,Wein auszuschenken; die Rose als Sinn-bild der Verschwiegenheit, wie sie nochin der Wendung sub rosa zutage trittusw.). Die Abschnitte zur Waldnutzungführen außerdem deutlich vor Augen,wie zentral der Rohstoff Holz für dasVerständnis der mittelalterlichen Wirt-schaftsgeschichte ist. Und wenn manheute vom Schutz des Waldes spricht, soist nicht zu vergessen, dass der Waldbe-stand im frühen 14. Jahrhundert auf-grund des hohen Holzbedarfs auf einMaß zusammengeschrumpft war, wieman es seither nie mehr erlebt hat.

Thema des folgenden Kapitels sind"Heilige und fromme Pflanzen" (S. 225-253), worunter mit der Dattelpalme, demÖlbaum, dem Apfelbaum, dem Dorn-busch usw. vor allem biblische Pflanzenfallen, die insbesondere im Alten Testa-ment eine reichhaltige Symbolik entfal-

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ten. Diese tragen die Pflanzen weiter insMittelalter, wo sie für das Verständnisihres Vorkommens in Kunst und Lite-ratur von eminenter Bedeutung sind.Ebenso bedeutsam sind die Marien-pflanzen, die zu Recht ein eigenes Un-terkapitel beanspruchen: Bis heute wei-sen in der volkstümlichen wie in der of-fiziellen Nomenklatur ungezählte Pflan-zen mariologische Bezüge auf; gestütztauf eine Sammlung derartiger Pflanzenbei Anselm Salzer ordnet Birkhan diefür das Mittelalter relevanten Vertreterden jeweiligen Bildspenderbereichen zu.Leider werden hier die allgemeinen gei-stesgeschichtlichen Hintergründe derMaterialpräsentation etwas untergeord-net, so dass am Ende nicht ganz klarwird, warum gerade die Pflanzenwelt sostark mariologisch geprägt erscheint.Das mag als Banalität vielleicht zuRecht in den Hintergrund gerückt sein,doch für ein explizit populäres Werk wiedas vorliegende wären ein paar Sätzehierzu (und überhaupt zur Systematikder volkstümlichen Pflanzennamenge-bung) vielleicht nützlich gewesen. Aus-führungen über das Kreuz als Baum desLebens und den Baum und seine Früchteals vielfältig einsetzbare Metaphern be-schließen das Kapitel.

Ein hübsches und lehrreiches Sam-melsurium an Pflanzenbezügen ("Spann-weite. Das Pflanzenbild in der weltli-chen Tradition des Mittelalters", S. 255-273) im Mittelalter fasst zuletzt zusam-men, was in den vorausgehenden Kapi-teln keinen Platz gefunden hat: diePflanze als verselbständigtes Ornamentin der Kunst, die Identifikation von

Mensch und Baum im germanischen undkeltischen Kulturbereich, der Baum alswissendes, mantisches Wesen und derBaum in mythischen Bezügen als Krie-ger und Kämpfer. Hier darf natürlich derHinweis auf die gutartigen Baumriesenin Tolkiens "Lord of the Rings" nichtfehlen, und die vorsichtige Hoffnung,dass die Pflanzen vielleicht dermaleinstunsere Umweltzerstörung rächen könn-ten (S. 273), lassen den Autor "diesesBüchlein von Baum und Kraut im Mit-telalter … schließen" (S. 273).

Eine ausgewogen bestückte Biblio-graphie, ein Verzeichnis der abgekürztverwendeten Sprachbezeichnungen, derBildnachweis sowie ein Index sämtlicherverwendeter mittelalterlicher und mo-derner Pflanzennamen beschließen dasBändchen.

Hervorzuheben ist, dass die alleror-ten zitierten lateinischen Namen derPflanzen zur Ausspracheerleichterung(oder überhaupt zum Erlernen) mit Ak-zenten ausgezeichnet sind. Eine solchenützliche Zusatzinformation lässt denHochschullehrer wie den Fachmann füralte Sprachen erkennen, dem es glei-chermaßen an Didaktik wie an Exaktheitliegt. Bei den deutschen Namen hätteman sich gelegentlich Informationenüber den Benennungshintergrund ge-wünscht, der seinerseits ja auch Auf-schluss gibt über volkstümliche Vor-stellungen von Pflanzen im Mittelalter.Solche Informationen sind jedoch spär-lich (vgl. aber zum Beispiel zur Königs-kerze S. 99 und zum GundermannS. 125). Insgesamt lässt das Buch abernichts zu wünschen übrig, und es sei je-

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dem empfohlen, der sich für die Kul-turgeschichte der Pflanzenwelt interes-siert. Dr. Martin H. Graf · SchweizerdeutschesWörterbuch · Auf der Mauer 5 ·CH – 8001 Zürich ·[email protected]

1 Vgl. Helmut Birkhan, Magie im Mittelal-ter. München: Verlag C.H. Beck, 2010, S.52ff.

George Hardin Brown and Linda Er-sham Voigts, eds. The Study of Me-dieval Manuscripts of England: Fest-schrift in Honor of Richard W. Pfaff.Medieval and Renaissance Texts andStudies, vol. 384 (Arizona Studies inthe Middle Ages and the Renaissance,vol. 35). Tempe, AZ: ACMRS, 2010,pp. ix, 438.Throughout his distinguished career atthe University of North Carolina Ri-chard Pfaff produced impeccable schol-arship on the liturgy of medieval Eng-land. George Brown and Linda Voigtshave edited an outstanding homage vol-ume honoring Pfaff, whose many publi-cations are gathered in a comprehensivebibliography (389-401). Uniformlylearned and eloquent, the sixteen origi-nal essays in this book will prove fun-damental for anyone working on medie-val English manuscripts, liturgy, and ec-clesiastical history.

A section entitled "Liturgical Stu-dies" opens with Janet Sorrentino's ab-sorbing discussion of a Gilbertine votivemass De perseverantia for conversi. Thequestion centers on the rebellion of laybrothers (ca. 1165) over an ostensibly

new profession, called Cistercian butpossibly Savignac, contradictory to theoriginal Sempringham vows. Christo-pher A. Jones has discovered evidenceof a lost treatise on the Triduum Sacrum(the last three days of Holy Week) byAmalarius (d. ca. 850). The texts survivein two bifolia, London, Lambeth PalaceLibrary MS 1229, nos. 14-15, con-veniently transcribed in an appendix.Elizabeth Teviotdale explores the func-tion of a late Anglo-Saxon Gospel bookor lectionary, Cambridge, PembrokeCollege MS 302. She covers textual, ico-nographic, and codicological detailshighlighting the manuscript's unusualstructure and contents. Her immenselyuseful appendix compares readingsfrom related sources. Andrew Hughesattempts to discern "the habits of thosewho prepare complex liturgical books"(103) by examining the Becket Office inthe Wollaton Antiphonal, a fifteenth-century Sarum book now at NottinghamUniversity. Accompanying photographsshow the complex mis-en-page thatHughes explicates with acumen. In aningenious contribution William Mahrtdiscusses the continuity of processionsformerly conducted at Old Sarum in thenew cathedral at Salisbury (from ca.1225). Diagrams reveal the processionsfor normal Sundays and Palm Sundays,as inferred from a host of manuscripts(132). Contributions by Nigel Morganand Sherry Reames address the saintsvenerated in English breviaries and mis-sals. Morgan identifies the saints inbooks produced ca. 1250-1350, conced-ing the impossibility of determiningwhen the Sarum saints displaced localones as the Sarum rite spread. This pre-

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liminary study yet concludes, "the ab-sence of the feasts of Edmund of Abing-don, Richard of Chichester, Anne, andthe Sarum Feast of the Relics on theSunday after the Translation of Thomasof Canterbury are never significant fordating" (160). Reames valuably identi-fies "regional and local additions to theusual Sarum Sanctorale" (177), andthese astonishing variants include multi-ple saints in Dublin, Trinity College MS88 and in the printed Aberdeen Breviary.Thomas of Hereford seems to have beenvenerated more widely than most.

A second section devoted to "His-torical Studies" begins with AlanThacker's innovative work on priests andpastoral activity in the early pre-Conquest church. This article willdoubtless be re-printed as a standard in-troduction to the subject. On the basis ofEnglish manuscripts having the Wil-fridian annals attached to Bede's Histo-ria ecclesiastica, Joshua Westgard con-vincingly deduces an origin in a Mercianfoundation. Westgard's scrupulous ac-count of idiosyncratic manuscript read-ings supports his case for "a Merciansupplement to Bede's annals recountingtheir Christianization and the career oftheir first Christian king, Wulfhere"(221). Joseph Wittig returns to the OldEnglish Boethius, uncovering no evi-dence for the use of Boethian commen-taries in the vernacular translation—animportant finding buttressed by hiscomprehensive analyses. Art historianJaroslav Folda discusses the program ofilluminations in London, BL MS YatesThompson 12, William of Tyre's His-toire d'Outremer. The cycle of twenty-two historiated initials reveals an artist

given to "sensitivity and even drama."Rodney Thompson profiles the dispersalof 536 manuscript books once owned byWilliam Reed, Bishop of Chichester (d.1385). Thompson traces extant volumes,and we learn that Reed acquired hisbooks second-hand and that he caredmost about their utility (many coincidewith the Oxford curriculum) and thesuitability of recipients. MichaelMcVaugh formulates a biography ofGilbert the Englishman, a medical doc-tor and author of the celebrated Com-pendium medicinae, which survivestoday in thirty-eight manuscripts.McVaugh concludes—quite impressive-ly—that Gilbert was born around 1210,studied in Paris and possibly Montpellier(having traveled briefly to the Kingdomof Jerusalem), and wrote his magnumopus in the 1250's. Focusing on themonks of Westminster, Barbara Harveyinvestigates the peculium, private moneyused largely for charitable purposes. Shelays out cases of private ownership asearly as the thirteenth century, then turnsto the wage-system which, over time, ledto substantial "clothes money," divi-dends from royal estates, and sums fornon-routine work. Harvey documentsboth lavish spending and assiduoussaving. Siegfried Wenzel lists "curiosi-ties" from a sermon book, including theCollect, Secret, and Post-Communionaccompanying a votive Mass for a preg-nant woman. Wenzel concludes that themanuscript source was probably used bya parish priest or monk rather than afriar. In a final tour de force, Charles F.Briggs gathers documentary, textual, andmanuscript evidence for the "'under-ground' history of Aristotelian moral

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philosophy in later medieval England"(361). Briggs observes how commen-taries and compendia offered "mediated"access to texts, which included non-Aristotelian sources and translations.Interestingly, catalogues prove that Ox-ford scholars relied on Giles of Rome'sDe regimine principum as a textbook ofmoral philosophy. Briggs demonstratesthat moral philosophy was intensivelystudied at Oxford, alongside the morepopular subjects for which Oxfordscholars were famous (logic, speculativegrammar, and scientific inquiry).

If my broad summary conveys thescope and authority of this volume, ithardly does justice to the excitement ofreading it. Encountering this well-planned, conscientiously edited, andhandsomely produced Festschrift evokesthose moments of riveting discovery thatonly derive from quiet contemplation.Few essay collections share this book'sintellectual poise, a characteristic ofPfaff's own scholarship.Dr. Scott Gwara · Department ofEnglish · University of South Carolina ·Columbia · SC 29208 ·[email protected]

Andrew Galloway, The CambridgeCompanion to Medieval English Cul-ture (Cambridge Companions to Cul-ture), Cambridge University Press,New York 2011, 321 pp., ill.The Cambridge Companion to MedievalEnglish Culture is an interdisciplinaryintroduction to the study of English cul-ture from 1066 to approximately 1500."Culture," as Andrew Galloway men-

tions in his introduction, can mean both"high, elite" and "a materially and so-cially comprehensive range of humanlife" (3). Galloway argues that as critics,we must be precise in our discussion ofculture; this volume models that ap-proach quite well.

The essays are grouped into foursections. The first section assesses thesocial and political foundations of me-dieval culture. Scott Waugh demon-strates that the crown's government ex-panded as its absolute power shrank.This trend helps us understand the poli-tics behind much of the later MiddleAges, especially Richard II's frequentdisputes with parliament. Paul Hyamstakes the novel approach of examining12th-century law and romance together,and demonstrates that in both cases,writers sought to understand their worldas thoroughly and clearly as possible.Finally, David A. Hinton describes a va-riety of medieval archaeological findingsand effectively describes the lives andhabits of most medieval English citizensacross social boundaries.

The second section, on cultural val-ues and ideals, opens with a piece byRichard Kauper. Kauper describes threecompeting governing structures—mano-rial, royal, and ecclesiastical—bound to-gether by traditional understandings ofjustice, rights, and communitas regni,"community of the realm." He then dis-cusses the Rising of 1381 as an exampleof how the same logic that led common-ers to believe in the communitas regnialso caused them to take their grievancesdirectly to the king, regardless of hisability or willingness to solve their cri-ses. David N. Dumville sketches out the

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social and political history of Britonsafter 1066, and makes an excellent caseagainst "nationalist" histories and iden-tity politics, especially when it comes tothe people we now call "Celts." RebeccaKrug closes out this section with a closeexamination of the Book of MargeryKempe. She demonstrates that late me-dieval English culture did not treat"sanctity" and "sainthood" as synonyms;rather, sanctity is a state of "blessed-ness" or "lived righteousness" (129). ForKrug, Kempe is an especially good ex-ample of how lay people saw sanctity.

The third section deals with languageand literature, and is the section mostdevoted to "high culture." Lauren Ken-drik argues that a careful study of "vis-ual glosses," art produced for those whocould not read Latin, will "correct thedistortions of our modern vision" (149).Yet distortions remain, for while herdiscussion of the interplay between textand image is fascinating, most of her ex-amples are prestige artifacts (tapestries,illuminated books) accessible to only afew of the illiterate. Ralph Hanna ad-dresses literacy in the scholastic tradi-tion, noting one could still be literatewithout being able to write--indeed,writing was the rarer of the two skills.

The remaining three chapters in thissection focus on literary production.David Carlson's essay is, in his words, a"particular analysis of a series of epi-sodes, diachronically arranged, intend-ing to illustrate the synchronic range ofLatins in use in England at three latemedieval points" (197); his topics arethe Arthurian grave-cross at Glaston-bury, the deposition of Richard II, andthe court poets of Henry VII. As the

quotation illustrates, the essay is veryjargon-heavy, which can be off-puttingin an introductory volume, even if theargument itself is sound. This is fol-lowed by Elaine Treharne's "Vernacularsof Medieval England, 1170-1350,"which discusses the interplay betweenOld English and Anglo-Norman in sev-eral manuscript collections. Her discus-sion is highly engaging and an excellentintroduction to both vernacular literatureand codicology. David Lawton con-cludes the historical survey with "Eng-lish Literary Voices, 1350-1500." Hestarts with several interesting questionson the relationship between literacy andnational/cultural identity, and answersthem first with a series of cultural theo-rists and philosophers before moving onto his texts, but his readings of Chaucerand his contemporaries are quite infor-mative.

The final section addresses the placeof the Middle Ages in modern culture.Helen Cooper examines the sixteenththrough eighteenth centuries, arguingthat as the past disappears from the ur-ban landscape, the Middle Ages becomesomething "to be rediscovered ratherthan lived"(277). Claire Simmons dem-onstrates exactly the forms that such re-discoveries have taken. Simmons offersa detailed account of influential 19th and20th century medievalisms, from Wal-pole and Scott through Tolkien andHarry Potter. She ends with an appeal tosee medievalism as the way that "eachgeneration reworks motifs and themesfrom the middle ages to serve specificcultural purposes" (298).

Overall, this volume meets the chal-lenge of introducing a variety of ap-

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proaches to the study of medieval cul-ture. The critical apparatus and timelineof kings is most useful. The essays arewell organized and largely accessible toboth graduate students and advancedundergraduates. However, the contribu-tions from American professors of lit-erature are a little theory- and jargon-heavy, occasionally at the expense ofreadability. Even so, the variety of stylescan be very useful to demonstrate thedivide between British and Americanscholarship on the one hand, and literaryand historical scholarship on the other.Pointing out these differences in, for ex-ample, a graduate seminar could lead tosome very interesting discussions.Jacob Lewis · University of Arkansas ·Department of English · 331 KimpelHall · University of Arkansas ·Fayetteville · AR 72701 ·[email protected]

Castles: A History of Fortified Struc-tures: Ancient, Medieval & Modern,consultant editor Charles Stephenson.Contributors: David Boyle, AndrewKirk, John May, and Stephen Turn-bull. St. Martin's Griffin, New York2011, 288 pp., ill.Medieval castles belong to the most im-portant icons from that age, and hardlyanyone could ignore the profound fasci-nation which those mighty constructionsfrom the Middle Ages exert even today.The present volume draws on that fasci-nation and introduces us to a wide rangeof castles from the ancient world, thewestern and eastern part of medievalEurope (nothing about the central part,such as Germany or Italy, not to speak

of Spain), ancient China and Japan, andthen turns to modern fortresses inEurope and the United States. Each sec-tion is accompanied by two-tonesketches, plans, models, and some colorphotos. The drawings are of particularuse because they give a much cleareridea of the basic structural componentsthan a modern photo could do. In thesection for medieval England, we areconfronted with an Anglo-Saxon Burh,an Anglo-Norman motte & bailey castle,the Hen Domen defense structure westof Offa's Dyke at the border betweenEngland and Wales, Stafford Castle inStaffordshire, Lewes Castle in Sussex,the Tower of London, Colchester Castlein Essex, Rochester Castle in Kent, Cas-tle Rising in Norfolk, Hedingham Castlein Essex, Windsor, and Dover, notcounting here other defense buildings.Particularly the aerial views are impres-sive and useful for a closer analysis.

The authors also consider a largenumber of French castles, and concludeboth sections with two pages of nicecolor photos of some of the most spec-tacular medieval castles all over Europe.However, the castle Hohenzollern inGermany was mostly built in the 19thcentury (1846-1867) and hence does notfit here. From here the attention turns toever more castles built during the Cru-sades and at other times in the MiddleEast, in Russia, in India, while the nextsection covers castles and fortificationsin China and Japan. The last sectiondeals with modern castles and defensesystems, but those do not concern ushere.

The volume concludes with a helpfulglossary, a bibliography, an index of

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castles ("Gazetteer"), and a separate in-dex, which replicates many of the previ-ous terms and names. As attractive asthis book seems to be at first sight, theinformational value is rather low, thereis no solid analysis, no concern with acritical assessment of the relevant re-search literature. The sketches anddrawings are quite instructive, but pho-tos would have been almost preferable.When there are photos, they impress usthrough their aesthetic quality, but notthrough their attention to architecturaldetails. There are no explanations aboutthe selection criteria, but it is obviousthat the authors simply follow the verytraditional, by now unacceptable exclu-sive focus on England and France. Foreach section there is a table with a time-line, but the data are so randomly chosenthat we do not learn much from them.

Looking just at one example, MontSt. Michel, we cannot really confirm thatthe discussion of that massive construc-tion is precise and detailed enough. Thenarrative is too brief, and the imagesdon't convey any critical specifics. Alto-gether, this book seems to be more of apicture book than a serious study oncastles. None of the four contributorshas any distinctions as a medievalist orarchitectural historian.Albrecht Classen

Contextualizing the Muslim Other inMedieval Christian Discourse, ed.Jerold C. Frakes (The New MiddleAges), Palgrave Macmillan, New York2011, xx, 182 pp.The efforts to come to terms with theway how medieval writers viewed the

representatives of the Islamic East con-tinue to be of central importance in Me-dieval Studies today. The present vol-ume offers a number of interesting,heretofore normally ignored perspec-tives, and so certainly enriches our un-derstanding on how medieval writersinterpreted Muslims at large. The rangeof topics proves to be extensive, sinceLynn Ramey begins with a study of howmedieval writers viewed the process ofmiscegenation, followed by MatthieuBoyd's article on Celtic authors and theirperspective of Muslims. ChristopherTaylor revisits the myth of Prester Johnas an intriguing projection of Christianotherness (Nestorianism) within theEuropean context. David F. Tinsley, bycontrast, introduces, apart from severalmajor Middle High German writers(Wolfram von Eschenbach, The Stricker,and Rudolf von Ems), the Ebstorf map-pamundi as an indicator for the lack ofinterest in engaging with Saracens ashostile forces—they are, in fact, virtu-ally neglected altogether. Sergio LaPorta introduces medieval Armeniansources and their treatment of Muslims,while Zdenko Zlatar brings to our atten-tion the huge significance of the accountof the battle of Kosovo in 1389 for theidentity formation of the entire Balkanuntil today. Inbetween, Batasar Fra-Molinero also considers the way howCervantes engaged with the final expul-sion of all Moriscos from Spain in 1614,but I will ignore this study, as valuableas it proves to be, in this review becauseof the late date of Cervantes' Don Qui-jote.

The volume is framed by the Fore-word by Jerold C. Frakes and the After-

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word by John Tolan, not to forget the listof contributors and the index. Alto-gether, we come across a number of in-teresting critical essays trying to explorenew, or rather very old facets of the re-lationship between Latin-EuropeanChristians and Muslims, as expressed inliterary texts (Ramey, Boyd, Tinsley), inhistorical chronicles (Taylor, La Porta,Zlatar), and in a combination thereof.Frakes intends, of course, this volume tobe "forward-looking" (xv), but since herefrains, despite some explorations in hisForeward, from fully expounding thetheoretical frameword for the entire vol-ume, and since some of the authors offerat times a bit speculative concepts, thereader cannot fully fathom what the ac-tual value of this volume might be.

One thing proves to be truly impor-tant, though, and that is the combinationof a variety of medieval voices com-monly not heard of in the critical dis-course about that issue today. But whatwould a mappamundi really tell us aboutreligious-ideological conflicts (Tinsley)?Medical theories regarding the results ofmiscegenation in the Middle Ages seemto be a rather dubious basis for xe-nological analysis, especially when theprimary sources, such as Wolfram's Par-zival, are read only in a superficial man-ner, leaving out some of the central nar-rative elements, not to speak of the hugevolume of research on this text and thespecific thematic angle addressed herewhich the author conveniently side-stepped (Ramey). Boyd at first admitsthat the Irish remarks about Muslims ap-pear to be mostly derivative, but thentries to rescue the validity of this thesisby changing his interpretation in the last

moment, suddenly claiming that they areparticipatory, after all (31).

I find Taylor's study of the PresterJohn myth very informative, especiallybecause he traces, on the basis of previ-ous research, its origin and further de-velopment. But the connection that hesees between that myth and the emer-gence of scholarly attempts in thetwelfth century to make the Qu'ran ac-cessible to Latin readers seems ratherspurious. Tinsley's article offers a verysensible and convincing reading of hissource texts, although he does not reachtruly new shores, except by emphasizingthe complexity of the matter all by itself,especially in the literary context. Whe-ther it really makes sense to read thedeprecation of Muslims in the MiddleHigh German texts as an additional com-ponent of a strong apocalyptic world-view, as expressed by the new move-ment of beguines (really?), cannot beeasily confirmed. La Porta's essay isvaluable all by itself because of the factthat he introduces Armenian sources re-flecting on fears of the Muslim enemies.Zlatar wants to read the chronicles aboutthe battle of Kosovo in Lacanian terms,but this boils down to not much morethan identifying their comments as re-flections of a quest for national identityby way of scapegoating the Montene-grins and Bosnians as responsible for thedefeat against the Muslim Turks.

The volume does not demonstrateany particular kind of cohesion. Theauthors have obviously not interactedwith each other. The editor includedTinsley's article although he obviouslystrongly objected to his basic thesis, andstates so, rather disingenuously, in a

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hidden footnote. He also bitterly attacksother scholars, such as Sharon Kino-shita, who have developed considerablymore open-minded perspectives vis-à-vis medieval authors' attitudes towardIslam, without engaging with their ar-guments, simply dismissing them flatlyin a footnote. He resorts to the term 'dis-course,' but only to insist on the varietyof approaches to the same, as he sees it,imperialist and colonialist evaluation ofthe Muslim-Other as today. Neverthe-less, despite some shortcomings, we canrecognize how fruitful the critical dis-cussion of the relationship (or lackthereof) between medieval Latin-Christians and Muslims proves to be,especially because, as this volume dem-onstrates, the choir of voices includedvirtually all of Europe. The only draw-back here is that the individual con-tributors did not engage with each oth-ers's work, and in fact contradict one an-other at times (Ramey vs. Tinsley). Itremains rather unclear what role theeditor chose for himself in this enter-prise.Albrecht Classen

Jacques Dalarun, Hg., Das leuchtendeMittelalter. Aus dem Französischenvon Birgit Lamerz-Beckschäfer, Pri-mus Verlag, Darmstadt 2011, 3. Aufl.(orig. 2002), 304 S., Abb.Dieser Sammelband erfüllt eindeutig,was der Titel verspricht, mittels von ein-zelnen Studien und einem großartigenIllustrationspaket vor Augen zu führen,wieso wir das Mittelalter jedenfalls auskunsthistorischer Sicht als eine 'leuch-tende' Zeit bezeichnen dürfen. Vielleicht

könnte der Kontrast zwischen dem My-thos vom 'dunklen Mittelalter' und demvorliegenden Versuch als etwas zu ex-trem angesehen werden, denn weder daseine noch das andere trifft wohl ganz sozu. Dalarun und seinen Kollegen geht esaber darum nachzuweisen, welch eineungeheure Pracht in zahllosen mittelal-terlichen Handschriften versammelt ist,die es uns ermöglicht, einen recht präzi-sen Eindruck davon zu gewinnen, wel-che Denkweise, Mentalität und Kulturjene Epoche beherrschten. Die Autorenbedienen sich also eines wahren Schatz'an Illustrationen nur aus französischenHandschriften, um spezielle Themen zuverfolgen. Das Buch ist in die drei fol-genden Großgruppen gegliedert: 1. DieSchöpfung, 2. der Mensch und seinSchicksal, und 3. vom Himmel hoch.Nach der Einleitung durch Dalarun be-handelt Patrick Gautier Dalché dasThema 'Zeit und Raum', gefolgt von Mi-chel Pastoureaus Arbeit zur 'Tierwelt'und Didier Letts zu 'Mensch, Familieund Verwandtschaft'. Im zweiten Ab-schnitt stoßen wir auf die Aufsätze vonPerrine Mane ('Die Werke und Tage'),Patrick Boucheron ('Insignien und For-men der Macht') und Daniel Russo('Wissen und Bildung'). Zuletzt dreht essich um theologisch-metaphysische Fra-gen, denn Christian Heck untersucht,wie man im Mittelalter das Unsichtbarevorstellbar machte, während FrançoisBœspflug darüber handelt, wie die Er-scheinung Gottes im Manuskript visuali-siert wurde. Zuletzt gehen Jean-BaptisteLebique und Olivier Legendre daraufein, wie überhaupt Handschriften imMittelalter geschaffen und dann illus-triert wurden.

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Es handelt sich fast um ein wahresBilderbuch, wobei die Größe der Il-lustrationen ständig wechselt. So gibt esganzseite Abbildungen und dann wiedersehr kleine Illustrationen, die aber alle inbester Qualität abgedruckt wurden. Je-des Bild ist genau identifiziert nach Pro-venienz, Datum und Signatur. Die Auto-ren streben vor allem an, nicht ihreThemen komplett und systematisch ab-zuklappern und dann nach Bildern zusuchen, sondern wollen den gegenteili-gen Weg gehen, indem sie die wesentli-chen Aspekte anschneiden, um dann aufdas ihnen zur Verfügung stehende Il-lustrationsmaterial einzugehen, das jawichtigste dokumentarische Bedeutungbesitzt. Trotzdem gelingt es ihnen sehrzufriedenstellen, ihre Fragestellungenumfassend in den Griff zu bekommenund ausführlich die wichtigsten Punktezu behandeln. Insbesondere gut gefallenmir etwa die Kapitel zu Tieren und zurEheschließung, aber auch sonst beein-druckt der ganze Band außerordentlichdurch die eindringliche Diskussion derThemen und die gute Auswahl vonIllustrationen. Bedauerlich mag viel-leicht sein, dass nur französische Hand-schriften konsultiert wurden, aber derhier vorgestellte Schatz von einschlägi-gen Abbildungen ist höchst beeindruk-kend, die eine ungemeine Menge anDetailinformationen vermitteln. Es wäreüberlegenswert gewesen, vielleicht we-niger Illustrationen aufzunehmen, diesedafür aber alle ganzseitig und großfor-matig abzudrucken, denn bei den kleinenSzenen verlieren wir zu viele minutiöseElemente aus dem Auge.

Angesichts des unglaublich hohenInformationswerts bedaure ich, dass die

Bilder nicht alle abrufbar auf einer CD-ROM gespeichert worden sind, womitleicht Lehreinheiten oder ganze Semina-re hätten organisiert werden können . Soschön auch der ganze Band gestaltet ist,so wurde doch der Text in einer viel zukleinen Schrifttype gedruckt. Den Ab-schluss bilden eine Bibliografie (alleindeutschsprachige Titel, offensichtlichextra für diesen Band erstellt, erscheinenja einige Arbeiten, die erst 2004 erschie-nen sind) und ein biografisches Ver-zeichnis der Beiträger.Albrecht Classen

Daniel Woolf, A Global History of Hi-story, Cambridge University Press,Cambridge UK 2011, XXVII, 568 S.,52 s/w Abb.Dieses Buch ist ein im wesentlichen ge-glücktes Wagnis: es möchte erstmals ei-nem nicht-spezialisierten akademischen,aber auch einem interessierten allgemei-nen Publikum eine Einführung bieten in"the entire span of human efforts to re-cover, understand and represent the past,from earliest known times to the present… in a geographically inclusive manner"(S.XIX). Es ist klar, dass Vollständigkeithier nicht möglich ist, aber die Breitedes anvisierten Spektrums ist ebensoeindrucksvoll wie die Fähigkeit desAutors, an der Einheit seines Gegen-stands festzuhalten und eine Kohärenzzwischen zeitlich, räumlich und kulturellvoneinander entfernten Bereichen nahe-zulegen.

Was für Mediävisten, und speziellfür solche, die sich auf das christlicheMittelalter konzentrieren, dieses Bucheslesenswert machen kann, ist als erstes

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eben die Pluralität seines Inhalts. DieFrage: was ist Geschichte im Mittelal-ter? kann eine Beleuchtung erfahrendurch die Fragen: was ist Geschichte, inVorstellung und Praxis, im China derHan-Dynastie, im vor- und nachkolum-bianischen Amerika, in Japan oder Ko-rea um 1300… oder auch im italieni-schen Humanismus, in der "philosophi-cal history" im Schottland des 18. Jahr-hunderts … Eine Anregung zum Nach-denken ist auch das Eingehen des Ver-fassers auf die je persönliche Eigenartder Begründer der heute verbreitetenVorstellungen und Praktiken; außerLeopold von Ranke werden auch zahl-reiche andere, von Justus Möser überJules Michelet bis zu Karl Lamprecht,um nur einige zu nennen, besonders ge-würdigt. Die in die fortlaufende Dar-stellung eingeschobenen, mehr oderminder umfangreichen Textauszüge, indenen manche der behandelten fernenund nahen Autoren direkt zu Wortkommen, sind als Anregung zu lehrrei-chen Konfrontierungen besonders will-kommen. Überlegenswert scheint mirzudem die Schilderung der Motivationenund Formen der Übernahme des euro-päisch-westlichen "regime of historicity"(S. 399) in vormals dem europäischenKulturkreis nicht angehörigen Ländernsowie die Beschreibung der daraus re-sultierenden Kulturamalgame: die histo-rische Kultur des Mittelalters ist ja auseiner vergleichbaren Amalgamierunghervorgegangen.

Als zweites kann uns aber interessie-ren, wie in einer für eine weite Verbrei-tung besonders im angelsächsischenRaum bestimmten Publikation unserspezifisches Interessengebiet behandelt

wird. In dieser Hinsicht ist dieses Buchzunächst ein Aufruf zur Bescheidenheit:von seinen 595 Seiten befassen sichzwar 43 mit "History during the firstMillennium AD" (Kap. 2) und 57 mitder Zeit von ca. 1000 bis ca. 1450, unterdem Titel "An Age of Global Violence"(Kap. 3), aber einen eigenen Abschnitt"Mittelalter" sucht man vergeblich (hierkann man im übrigen bedauern, dass dasInhaltsverzeichnis zwar die Kapitel, abernicht die unterteilenden Abschnitte an-gibt und damit eine solche Suche erheb-lich erschwert). Das, was wir üblicher-weise als mittelalterliche Geschichts-schreibung bezeichnen, erscheint nur als"Historical Writing in Christian andBarbarian Europe", "Historiography inthe Latin West during the Ninth andTenth Centuries" (erster und fünfter Ab-schnitt des Kapitels 2), "Europe from theCrusades to the Early Renaissance"(zweiter Abschnitt des dritten Kapitels).Und vergeblich sucht man auch eine zu-sammenfassende Überlegung über denallfälligen Beitrag des christlichen Mit-telalters zu der allgemeinen Handlung,"story", "plot", die für Woolf der Plura-lität der Erscheinungsformen von Ge-schichte ihre Einheit verleiht. Die man-nigfaltigen historiographischen Traditio-nen der Welt, deren Eigenheiten Woolfherauszuarbeiten bemüht ist, habennämlich nicht nur zahlreiche Gemein-samkeiten, sondern konvergieren im 19.Jahrhundert in dem, was er "Clio's empi-re" (Titel des 8. Kapitels) nennt: in einerweltweiten akademisch organisiertenGemeinschaft historischer Forschungund Lehre, im Gleichklang mit der euro-päisch-westlichen politischen und kultu-rellen Vorherrschaft in der gleichen Zeit.

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Es gehört zu Woolfs ausdrücklicherklärten Intentionen, diese "Handlung"nicht als linearen Prozess darzustellen,sondern in ihr möglichst viel Raum fürBesonderheit, Umwege, eben Pluralitätzu lassen. Sich den Beitrag des christli-chen Mittelalters aus eher verstreutenund verschieden orientierten Bemerkun-gen zusammensuchen zu müssen, kannim übrigen zu fruchtbaren Überlegungenund neuen Akzentsetzungen Anlass ge-ben. Auch dass bei einem auf den angel-sächsischen Raum ausgerichteten Ver-fasser Beda mehr zur Geltung kommt alsOtto von Freising, ist kein Wunder undim übrigen von der Verbreitung ihrerWerke her berechtigt – obwohl Ottosdurch die Humanisten erneuertes Presti-ge nicht ohne Einwirkung auf die spätereZeit gewesen ist. Weniger glücklich –bezw. der Berichtigung bedürftig –scheinen mir Pauschalurteile wie das der"almost total absence of what we wouldcall historical theory, or philosophy ofhistory" im mittelalterlichen Europa(S. 131), und die Reduktion des damali-gen historischen Denkens – im Sinne ei-nes "wide-ranging philosophizing aboutor reflection upon the cumulative mea-ning of the past" (S. 132) – auf die kur-sorisch erwähnten Dreiteilungen Joa-chims von Fiore und Hugos von St.Viktor (ebd.). Woolfs generelle Bemer-kungen zum christlichen Geschichtsver-ständnis und zu seiner Verwurzelung inder Aneignung des Alten Testaments (S.76) lassen sich auf die Spätantike undgerade noch auf Beda beziehen, sie blei-ben jedoch ohne Resonanz in der kon-kreten Präsentation der späteren mittel-alterlichen Autoren.

Woolf betitelt sein letztes Kapitel"Babel's Tower": auf die Konvergenz imReich Klios folgt eine neuerliche Diffe-renzierung, oder, wie der Autor es nennt,Fragmentation. Diese stellt sich wenigerals Rückkehr zu den vorkolonialen mul-tiplen kulturellen Traditionen dar alsvielmehr als Öffnung zu neuen multip-len Fragestellungen: anstelle der bishervorherrschenden Geschichte der Staatenund Nationen ist "l'histoire totale" (derAnnales-Schule ist ein ausführlicher Ab-schnitt gewidmet), oder "micro-history","gender history", "psychohistory", "eth-nohistory"… gefragt, oder aber wirdüberhaupt die Eigenart und sogar derWert des "Geschichtlichen" und seinerDarstellung in Frage gestellt. Neben demobligaten Hinweis auf den "linguisticturn" und Hayden Whites "metahistory"(S. 493-494) bringt Woolf in diesem Zu-sammenhang (S. 497) ein überlegens-wertes Zitat des Mahatma Gandhi, derdie allegorisch dargestellten ewigenWahrheiten des Mahabharata den letzt-lich sinnlosen historischen Berichten –auf die Indien eben auf lange Zeit ver-zichtet hat – vorzieht: Geschichte (undwir können hinzufügen: die in der west-lichen Welt, mit einem nicht zu unter-schätzenden Beitrag des christlichenMittelalters konzipierte Geschichte) istselbst eine nicht nur dem Wandel, son-dern auch dem Prozess von Entstehungund Vergehen unterworfene historischeKonstruktion.

Wie das Gesagte klarmachen sollte,besteht also der Wert dieses Buchesnicht nur in der Fülle der gebotenen –und hier tatsächlich zum erstenmalin einer "globalen" , d. h. weltweiten

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Perspektive vereinigten – Informationen,sondern auch in seinen vielfachen Denk-anstößen, die im allgemeinen aus den In-formationen selbst und nicht aus vorge-fassten Thesen hervorgehen. Was diekritikwürdigen Stellen betrifft – und dasgilt vielleicht nicht nur für den Bereichdes christlichen Mittelalters –, lassen siesich durchaus auch als Pisten für ver-tieftere Forschungen von seiten der je-weiligen Spezialisten ansehen.Dr. Elisabeth Mégier ·289 Rue St. Jacques · F-75005 Paris ·[email protected]

Frédéric Duval, Le Français médiéval(L'Atelier du Médiéviste, AM 11),Brepols, Turnhout, Belgium 2009, 396p. 5 b/w ill.According to the publisher, this volumeaims primarily at the medieval historian.Consequently, it boasts no special lin-guistic jargon and hopes to provide anaccessible and complete introduction tovarious types of medieval French texts,whatever their dialect or date. Quadri-partite in structure, the first segmentcovers a history of the Old French lan-guage through the fifteenth century (pp.11-66). Key terms are defined (scripta,dialect, koiné) and variations in writtenlanguage (graphies, as they evolved,twelfth though fifteenth centuries) arediscussed. Part two (pp. 67-162) is verypractical and deals in depth with readingstrategies, recommended dictionaries,the sounds (phonology) and the forms(morphology) of the parts of speech, andsyntax. The third section (pp. 163-194)refers the reader to critical editions:

editorial practices and methods as wellas "how to" deal with archival materials(both charters and literary texts, histori-cal and linguistic). The generous anthol-ogy, a panoramic sampling of texts, fol-lows (pp. 195-376), and is divided intosub-sections: historical, scientific, fic-tion, romances, lyric poetry, religiousand law texts, town management docu-ments, acts, letters, judgments, testa-ments. The collection of some fifty suchentries opens with a selection from Be-noît de Sainte-Maure's Chronique desducs de Normandie (vv. 39985-40060),dated to ca. 1170; it ends with a 1475testament of Etienne de Gevigney (ex-cerpted from a 1907 edition). Each pieceis introduced carefully and with abun-dant contextual information and notes. Avery ample bibliographical index (pp.377-384—in 8-point font) follows, andappended finally is a lexicon of linguis-tic terms, for example affriquée, créole,vélarisation (but see above, "boasts nospecial linguistic jargon)." Five illustra-tions offer auxiliary insights.

In my personal collection may befound a number of older handbooks forlearning Old French. For readers of thisreview I offer a partial list (no doubt in-complete; works specifically on syntaxor phonetics are omitted). A glance atKibler's 1984 Introduction to OldFrench appears to be most relevant toand compares very favorably to Duval'svolume (see below). Kibler registers afew earlier guides, two of which arefreely available online: one by Anglade(1965), the other by Schwan-Behrens(1900, 1970, English translation byBloch; online). Also in English is Ein-horn's 1974 manual (now available for

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purchase online). On the Web (free) atthe University of Texas Linguistics Re-search Center site one finds Old FrenchOnline Bauer and Slocum. ). In Englishas well (but available in print only) thereis Voretzsche's Einführung, translated byMeyer Du Mont as Introduction to theStudy of Old French.

In French, there are books by Brunotand Bruneau, Précis de grammaire his-torique (1949), Raynaud de Lage's twofrom 1964 and 1968 and Moignet's(1973). Bonnard and Régnier broughtout their Petite grammaire in 1989. To itI would add Guiraud's handy "Que Sais-je" booklet (1963, 1965) and Wagner'sL'Ancien français: Points de vue, pro-gramme (1974). Batany's interestingFrançais médiéval (1972); then the morerecent Buridant (2000, Grammaire nou-velle; not petite at 800 pages), and, fromHachette, Bazin-Tacchella's Initiation àl'ancien français (2001). Besides theextensive Wikipedia article <http://en.wikipedia.org/wiki/Old_French>, fromDenmark there is the online guide,Aperçu de l'ancien français, by HenrikPrebensen. In addition to the ToblerVermischte Beiträge (1905 and 1921),one of the oldest publications noted hereis that by Eugène Étienne, Essai degrammaire de l'ancien français (IXe-XIVe siècles), Paris: Berger-Levrault,1895 (521 pages), available online fromAmazon.

Duval's coverage replicates elementsof its predecessors. Before Kibler (withits limited selection of sample texts),Einhorn reached an English audiencewith his Concise Handbook (but stillwith just three Old French samples).One can see that numerous options are

available in French: the shorter Intro-duction à l'ancien français (1964) byRaynaud de Lage was subsumed by hissubsequent Manuel pratique de l'ancienfrançais (1958), with its rather uniqueapproach that will benefit independentstudy—it presents just a few lines at atime from the chanson de geste Charroide Nîmes and the Conte du Graal andparsing them in some analytic detail.This technique was adapted for a class-room-friendly textbook by Batany: somefifty pages of grammar are followed byforty-five selections, many of whichhave a Modern French translation andlinguistic commentary. Since many ofthe works cited are out of print or hardto find, Duval's comprehensive newcontribution will obviously appeal to abroad Francophone audience. The priceis reasonable and the contents helpfuland thorough.Raymond Cormier · LongwoodUniversity · [email protected]

Works Cited

Anglade, Joseph. Grammaire élémentai-re de l'ancien français. Paris: A. Co-lin, 1965. <http://fr.wikisource.org/wikiGrammaire_%C3%A9l%C3%A9mentaire_de_l%E2%80%99ancien_fran%C3%A7ais>.

Batany, Jean. Français médiéval. Mon-tréal-Paris: Bordas, 1972.

Bauer, Brigitte L. M., and JonathanSlocum. Old French Online. Univer-sity of Texas Linguistics ResearchCenter. <http://www.utexas.edu/cola/centers/lrc/eieol/ofrol-0-X.html>.

Baylon, Christian and Paul Fabre.Grammaire systématique de la lan-

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gue francaise: Avec des travaux pra-tiques d'applications et leurs corri-ges. Paris: Nathan, 1981, 1978.

Bazin-Tacchella, Sylvie. Initiation a`l'ancien franc¸ais. Paris: Hachette,2001.

Bonnard, Henri, and Claude Régnier,Petite grammaire de l'ancien fran-çais. Paris: Magnard, 1989, 19955.

Brunot, Ferdinand, and Charles Bru-neau. Pre´cis de grammaire histori-que de la langue franc¸aise. Paris:Mason, 1933.

Buridant, Claude, and Michel Zink.Grammaire nouvelle de l'ancienfranc¸ais. Paris: SEDES, 2000.

Einhorn, Elsabe. Old French: A ConciseHandbook. Cambridge: CambridgeUP, 1974. ISBN: 9780521203432;9780521098380 (paper). (Electroniced., 2010: Online ISBN: 9780511620966. Book DOI: <http://dx.doi.org/10.1017/CBO9780511620966>.

Étienne, Eugène. Essai de grammaire del'ancien français (IXe-XIVe siècles).Paris: Berger-Levrault, 1895.

Guiraud, Pierre. L'Ancien français. Pa-ris: PUF, 1963, 1965.

Kibler, William W. Introduction to OldFrench. New York: Modern Langua-ge Association, 1984. ISBN: 0-87352-292-3.

Moignet, Gérard. Grammaire de l'ancienfrançais: Morphologie, syntaxe. Pa-ris: Klincksieck, 1973, 19762.

Prebensen, Henrik. Aperçu de l'ancienfrançais. University of Copenhagen-Institut d'Études Romanes, 20002.<

http://www.staff.hum.ku.dk/hp/apercu/>.

Raynaud de Lage, Guy. Introduction àl'ancien français. Paris: SEDES,1958, RP 1964, 1968, 1990, rev. Ge-neviève Hasenohr, 1993.

—. Manuel pratique de l'ancienfrançais. Paris: Picard, 1964.

Schwan, Eduard and Dietrich Behrens.Grammaire de l'ancien francais.Translation of Grammatik des Alt-französischen by Oscar Bloch. Leip-zig: Reisland and Paris: Fischbacher,1900. Online at <http://www.archive.org/details/grammairedelanci01schwuoft>

Tobler, Adolf. Vermischte Beiträge zurfranzösischen Grammatik, gesam-melt, durchgesehen und vermehrt.Leipzig: Hirzel, 1904. Translated byMax Kuttner and Léopold Sudre,Mélanges de grammaire française,Paris: Picard, 1906.

Voretzsch, Karl. Einführung in das Stu-dium der altfranzösischen Literatur:im Anschluss an die Einführung indas Studium der altfranzösischeSprache. Halle: Niemeyer, 1905,1932. Translated as Introduction tothe Study of Old French Literatureby Francis Meyer Du Mont. Geneva:Slatkine, 1976.

Wagner, R. L. L'Ancien français: Pointsde vue, programmes. Paris: Larousse,1974.

===Note: All Web sites accessed 29 July

2011.

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The Arthur of Medieval Latin Litera-ture: The Development and Dissemi-nation of the Arthurian Legend inMedieval Latin, ed. Siân Echard, Uni-versity of Wales Press, Cardiff 2011,x, 199 pp.This sixth volume in a series on interna-tional Arthurian literatures of the MiddleAges presents authoritative, compellingand lucid views on major texts that in-clude Gildas' De excidio Britanniae, theHistoria Brittonum, the chronicles andsaints' lives, Geoffrey's Historia regumBrittaniae, the romances Vera historiade morte Arturi, De ortu Waluuanii,Arthur and Gorlagon, and Historia Me-riadoci, the Prophetiae Merlini, Hig-den's Polychronicon, and other universalhistories, and antiquarian texts from theTudor Age. Explaining how Latin, anacquired language, inflected Arthuriansubject matter as historical, political andcourtly—as well as rhetorical—editorSiân Echard reasons that "the status ofLatin as a the intellectual lingua francaallowed Latin Arthurian material tospread … beyond the already multilin-gual and multi-ethnic confines of Geof-frey's world" (2). Arthurian subject-matter in Latin elicited reactions to itslinguistic authority: distinctive textualcirculation, intensive glossing activity,treatment as legitimate historiography,outright politicization, philosophicalmoralizing, subtle rhetorical composi-tion, and so on.

Nick Higham situates Historia Brit-tonum (829-30) in its historical context.King Merfyn rose to power in Gwyneddca. 825, just as Mercia, the regionalpower, undergoes a dramatic collapse

beginning with King Cœnwulf's death(821) and Beornwulf's usurpation of thethrone from Ceolwulf I (823). Beorn-wulf's demise (826) leaves Mercia incrisis—and Gwynedd arguably cele-brates this semi-autonomy with a new"nationalist rhetoric" (10) lionizing Ar-thur. Composed at this historical mo-ment, Historia Brittonum contrasts withits major source, De excidio Britanniae(ca. 540), in formulation of a positiveWelsh identity. Positioning "the Britonswithin the history of salvation" (11), St.Patrick is treated as Moses, while Arthurfigures as Joshua. Correspondingly,Higham analyzes the Annales Cambriaein terms of its Irish sources, chronologi-cal deficiencies, and political bias, de-ducing that "the Arthurian entries in An-nales Cambriae … betray a heavy reli-ance on Historia Brittonum" (21).

Andrew Breeze explores the Bretonand Welsh saints' lives, which charac-terize Arthur as impish, if not mean-spirited. Breeze essentially provides anannotated bibliography on these sources,highlighting a 1997 Barcelona Univer-sity dissertation by Dr. Torres Ascensio.Ascensio alleges that the Welsh livesemphasize the "education of a ruler"(36). Oliver Padel's 1994 article, nowextended by Thomas Green's Conceptsof Arthur (2007), identifies Arthur as atopographical deity, the subject of re-verse euhemerism. Consequently, Arthuris depicted as a giant protector of theland in the Life of Cadog. Admiring re-cent work by Echard on the Latin vitaeand the Mabinogion, Breeze proposesthat scholars focus on the history ofWales around 1100 (38) to understand

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the social forces giving rise to unflatter-ing depictions of Arthur in the saints'lives.

Two chapters devoted to Geoffrey ofMonmouth betray the influence of hisHistoria regum Britanniae on the Arthu-rian tradition. Reminding us that "Geof-frey is not writing just about Arthur, butalso about the kings who came both be-fore and after the Incarnation" (45), SiânEchard ingeniously defines Geoffrey'shistoria, an "imaginative fiction, clothed… in the accoutrements of history (lin-guistics, onomastics, toponymics, trans-lation)" (48). Examples clarify her defi-nition. Examining Geoffrey's depictionof Arthur's kingship, Echard describesthe "exercise of power" (50) in the His-toria regum Britanniae as a pattern ofviolence (conquest) followed by be-nevolence (rule). Echard likewise ob-serves textual dislocations such as theinconsistent treatment of Merlin (pro-phet? magician? engineer?), the sepa-rateness of the Arthuriad, and the in-creasing vagueness of Merlin's prophe-cies as well as their abrupt termination,all of which suggest Geoffrey's editoriallimitations. Julia Crick analyzes Merlin'sprophecies, defining an audience forthem of bishops and aristocrats and out-lining an extensive tradition of learnedannotation. At least fifteen commentar-ies on Merlin's prophecies remain un-published (70). The prophecies enteredhistorical documents (e.g., MatthewParis's Historia anglicana) and becamerelevant in political imbroglios like theBecket exile and murder. Interestingly,Crick describes how "depicting [Merlin]as a star-gazing sage" in the Vita Merlinimight have influenced the reception of

prophecies as a "branch of scientificlearning" (75).

Ad Putter demonstrates how Arthu-rian elements from Historia Brittonumand Historia regum Britanniae foundtheir way into English and continentalhistories, "the domain of fact" (92). Vin-cent of Beauvais derived Arthurianmatter in his Speculum historiale (ca.1255) from an interpolated copy of Si-gebert of Gembloux's Chronographia(ca. 1111). Using Historia Brittonum,the late twelfth-century Cistercian "Our-camp interpolator" revised the Arthurianchronology by situating Arthur's exploitsin the reign of Emperor Leo, ca. 470, atimetable that Vincent then replicated inhis Speculum historiale. Similar histori-cal collation in versions of the Floreshistoriarum re-configures names anddates to make Arthurian pseudo-historyconform to historical events. RanulfHigden made changes, too. Having readHenry of Huntingdon, he identified Cer-dic as a sixth-century Anglo-Saxon king.However, knowing from Historia regumBritanniae that Arthur was the sole kingof southern England, Higden imagined atreaty giving Cerdic lordship overHampshire and Somerset (95).

Different in focus is Edward DonaldKennedy's contribution on Glastonbury-as-Avalon. Arthur has been associatedwith Glastonbury from about 1150,when Caradoc of Llancarfan wrote hisLife of St. Gildas there. The "discovery"of Arthur's and Guinevere's tomb in1191 solidified the link, which interestedHenry II and Edward I. Kennedy ex-plains how finding Arthur's resting placeimpacted the messianic identity in sub-sequent chronicles. He remarks, "most

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people in England in the later MiddleAges who knew anything about KingArthur got this information from someversion of the prose Brut" (115). Ver-nacular Brut copies endorsed a messi-anic return, while Latin chronicles ac-knowledged the Glastonbury gravesite.Kennedy also writes persuasively aboutJoseph of Arimathea and the Grail.Though Joseph was associated with Ar-thur in Robert de Boron's twelfth-century verse, only gradually did thelegend develop a Glastonbury focus.Abbot Chinnock presented the case forGlastonbury's antiquity to four churchcouncils between 1409 and 1434. Ken-nedy concludes with a discussion ofroyal interest in Joseph and Glastonbury,supporting a Lancastrian attention thatJames Carley and William Marx haveproposed.

Elizabeth Archibald explores influ-ences on multiple Latin Arthurian ro-mances. She reveals a blend of chroni-cle, romance, and classical allusion inDe ortu Waluuanii, which owes motifsto the roi fainéant and bel inconnutropes, adventure romances like Apollo-nius of Tyre, and the Giant of MontSaint Michel episode from Historiaregum. The Historia Meriadoci, asArchibald establishes, shares plot gener-alities with Middle English romance(Havelok the Dane, King Horn), Anglo-Norman lai (Le Fresne by Marie deFrance), and French chanson de geste(La Belle Hélène de Constantinople,Valentine and Orson). Readers will ap-preciate the summary of Arthur andGorlagon, which Echard considers a"playful parody" (141). The werewolfGorlagon tells a story of betrayal quite

similar to Marie's Bisclavret. Whilehaving limited circulation, these textsdisclose imaginative handlings of Arthu-rian themes.

In "Arthur and the Antiquaries"James P. Carley challenges views thatArthurian interests in the reigns ofHenry VII, Henry VIII, and Elizabeth Iwere simply literary, a consequence ofhumanist historiography. Carley ana-lyzes intriguing sources, including a1531 letter from ambassador EustaceChapuys to Charles V describing a visitto Arthur's tomb conducted by the Dukeof Norfolk, who transcribed an inscrip-tion indicating Arthur's imperial power(151) and correspondingly validatingHenry VIII's pretensions. Carley bril-liantly links John Leland's search forhistorical documentation of Arthur to thetextual underpinnings of Henry's as-serted supremacy (1534): the discoveryof a Nennius manuscript at Jervaulx, thepublication of Polydore Vergil's Anglicahistoria, the editio princeps of Historiaregum Britanniae (1508), and JohnRastell's The Pastime of the People(1529). Carley shows how Leland ex-ploited the fruits of his travels to justifyHenry's 1542 war on Scotland (159-60),and proposes a convincing historicalcontext for Leland's Assertio inclytissimiArturii (1544). John Dee becomes Ar-thur's chief apologist in Elizabeth'sreign, and Carley lays out the evidencefor Dee's infatuation (163-65).

Accessible, incisive and beautifullyproduced, this notable volume is des-tined to become an essential resource foranyone seeking to contextualize Arthurin the medieval Latin tradition. Echardhas so clearly inspired, shaped, and

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achieved an impressive—and doubtlessenduring—book.Scott Gwara · Department of English ·University of South Carolina ·Columbia · SC 29208 ·[email protected]

Wolfgang Ernst, Beschwörungen undSegen. Angewandte Psychotherapieim Mittelalter, Böhlau Verlag, Köln,Weimar und Wien 2011, 386 S., 89 s/wAbb., 12 farbige Tafeln.So faszinierend der Haupttitel diesesBuches auch klingen mag, fühlt mansich doch zunächst vom Untertitel einwenig abgeschreckt. "Psychotherapie imMittelalter" – liegt hier nicht ein Fallgroben Anachronismus' vor? Kaum aberist man in die Einleitung eingestiegen,stellt man fest, dass hier auf der Grund-lage soliden Wissens um moderne Ge-hirnforschung ein wirklich faszinieren-des Gebiet in der Mediävistik angespro-chen wird, denn von frühmittelalterli-chen Zaubersprüchen hin zu Segens-sprüchen und Gebeten, wie sie im Laufeder Jahrhunderte eingesetzt wurden,lässt sich überall konstatieren, dass sieals wichtige sprachlich-performativeHeilmittel verwendet worden sind. So-gar heute noch besitzen Aussagen derÄrzte oder Sprüche von Theologen einewichtige Funktion im Heilungsprozess,denn, so Ernst, neuronal funktionierenunsere Gehirne sowohl in der Vergan-genheit als auch in der Gegenwart glei-chermaßen und reagieren bereitwilligauf intentional gesprochene Worte. Esgeht meist um Notfälle, nicht um chroni-sche Krankheiten, sehen wir hier von

Blindheit ab, denen mittels des Segens-wortes geholfen wird, wobei es irrele-vant ist, ob der Patient den Wortinhaltwirklich versteht oder nicht, ob der ge-sprochene Text Sinn besitzt oder nicht.Entscheidend sei vielmehr, dass dieseSprüche als vernünftig angesehen wer-den, denn andernfalls würde sich dasGehirn weigern, auf die Außenwirkungeinzugehen. Ernst weist auf seriöse me-dizinwissenschaftliche Untersuchungenhin, die eine Beziehung zwischen Stoff-wechsel- und Strukturveränderungen ei-nerseits und stark religiösen oder fanati-schen Menschen andererseits nahelegen.Der Botenstoff Dopamin z. B. reduzieredie Hemmschwelle zum Irrationalen,was zu implizieren scheint, dass wir ev.sogar Phänomene wie mystische Visio-nen oder Hexenglauben biochemisch er-klären könnten.

Ernst verfolgt nun, welche Segens-sprüche oder Gebete im Mittelalter be-nutzt wurden, um bestimmte Krankhei-ten oder Unfälle zu behandeln oder umkranke Menschen zu heilen. Dies be-ginnt mit Augenleiden, geht über zuBlutungen, epileptischen Anfällen, Ge-burtshilfe, Liebesproblemen, Migräne,Pest, psychischen Krankheiten wie Be-sessenheit, dann zu Unfällen, Wunden,Wurmvertreibung und Zahnschmerzen.Abschließend geht der Autor noch aufdie Heilformeln der Hildegard von Bin-gen und auf das Konzept von Christusals Arzt ein, wobei er stets auf konkreteSprüche vom Frühmittelalter bis zurFrühneuzeit zurückgreift, diese zitiertund übersetzt, wozu noch überall gutesIllustrationsmaterial kommt. Bei denFarbtafeln entsteht aber die Schwierig-keit, dass auch bei mehreren Bildern pro

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Seite immer die gleiche Nummer be-nutzt wird. Der wissenschaftliche Appa-rat beschränkt sich auf die Fußnoten, dieleider oft recht oberflächlich und unge-nügend gestaltet sind, fehlen ja häufigTitel von Aufsätzen, inklusive Seitenu. dgl. mehr. Da Ernst keine separateBibliografie geschaffen hat, sieht mansich häufig vor dem Problem, zurück-verwiesen zu sein, ohne dass manwüsste, wo man die Angaben findenkönnte, die u. U. auch gar nicht auf-taucht. Besonders schwierig wird es,wenn er auf ältere Arbeiten in Zeit-schriften hinweist und dabei häufigerrecht ungenau operiert. Sehr sympa-thisch aber erweist sich sein Bemühen,immer genau anzugeben, in welcherBibliothek, in welcher Handschrift sichder jeweilige Spruch befindet.

Wirklich bemerkenswert dürfte auchsein, dass Ernst konsistent um eine me-dizinwissenschaftliche Untermauerungseiner Überlegungen bemüht ist, wobeier zugleich psychotherapeutische Er-kenntnisse gewinnbringend heranzieht,sich kritisch u. a. mit Freud auseinander-setzt und dann wieder zu den mittelal-terlichen Spruchtexten zurückkehrt, oh-ne den roten Faden verloren zu haben.Zuletzt noch zwei Hinweise: Ernstmacht zum einen deutlich, dass dieseSprüche ohne weiteres auch oder geradevon Vertretern der Kirche aufgeschrie-ben, benutzt und tradiert wurden, waserneut unterstreicht, wie gering der Un-terschied zwischen Gebeten und Zauber-sprüchen gewesen ist. Zum anderen be-obachten wir, welche weitreichende Be-deutung diese Sprüche oder Formeln so-gar noch heute oder wieder in unsererGegenwart besitzen, weil wir mittler-

weile wissen, wie wichtig die Aus-schaltung z.B. des corticalen Verstandesund die Hinwendung zum limbischenTeil des Gehirns beim Gebärvorgangsein kann, indem Töne, Singen oderKlingen eingesetzt werden.

Dieser faszinierende Band endet miteinem Register wichtiger Gehirngebieteund neurologischer Begriffe, einem Re-gister wichtiger historischer Persönlich-keiten, einem Verzeichnis der Abbil-dungen, einem Stichwortregister für Per-sonen, Sachen und Themen und einemQuellenregister. Leider fehlen ein Re-gister für die zitierten Sprüche und eineBibliografie.Albrecht Classen

Farbe im Mittelalter: Materialität –Medialität – Semantik, hg von IngridBennewitz und Andrea Schindler un-ter Mitarbeit von Karin Hanauska,Peter Hinkelmanns und Bettina Be-cker, Akademie Verlag, Berlin 2011,1045 S., 151 Abb.Vom 1. bis 5. März 2009 lief das Sym-posium des Mediävistenverbandes inBamberg, und nun liegen die Akten da-von in zwei prächtigen Bänden gedrucktvor. Die Tagung selbst hatte das Thema"Farbiges Mittelalter?! Farbe als Mate-rie, Zeichen und Projektion in der Weltdes Mittelalters", aber der Bandtitel re-duziert dies auf "Farbe im Mittelalter...", was in den meisten Fällen auch denInhalt der hier vorliegenden Aufsätzegut wiedergibt. Die zwei Bände gliedernsich in die folgenden Sektionen: Plenar-vorträge, dann Farbe im architektoni-schen Raum und in der Malerei, Termi-nologie der Farben, Farbe in der höfi-

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schen Literatur, Farbe und Religion,Farbe im theologischen und politischenWeltbild des Mittelalters und Farbe inSachtexten. Es wäre nun unmöglich, dieweit mehr als 1000 Seiten im einzelnenbesprechen zu wollen, weswegen ichzunächst einen Grobüberblick entwerfenwerde, um mich dann repräsentativenAufsätzen zuzuwenden.

Wie Peter Kurmann in seinem Ple-narvortrag deutlich macht, war die mit-telalterliche Architektur keineswegs ein-fach steinsichtig, wie es uns die Roman-tik bzw. der Purismus der 50er Jahre des20. Jahrhunderts insinuieren wollten.Vielmehr erstrahlten die meisten Kir-chen, insbesondere aber die Kathedralenin einer erstaunlichen Farbenpracht,denn es handelte sich ja um öffentlicheGebäude, mit denen Eindruck geschaf-fen werden sollte, vor allem bei den Pil-gerströmen oder politischen Besuchern.Polychromie herrschte überall vor, auchwenn wir heute nur noch sehr wenigeReste davon besitzen. Leider gehen we-der Kurmann noch irgend einer der an-deren Kunsthistoriker auf das großartigeBeispiel des Nonnenchors in Wienhau-sen ein, und auch der wahrlich beein-druckende Freskenschmuck in der Kir-che St. Peter von Bacharach und andererin der Gegend fehlen hier. Ebenso er-staunt es, dass die massiven Rekonstruk-tionsbemühungen im Limburger Domkeine Beachtung gefunden haben.

Farbe spielte gerade im vermeintlichso grauen Mittelalter eine wichtige Rol-le, wie wir anhand von zahllosen Kunst-werken und auch von vielen literari-schen Werken erkennen können, in de-nen Kleidungstücke, Rüstungen, Sättel,Zelte u.dgl. m. eindringlich beschrieben

werden. Gold spielte genauso eine großeRolle (Goldgrund) wie Rot in der sehrbeliebten Farballegorie, die wir vielfachin der Literatur verwendet finden. Indemdie Autoren aus unterschiedlichsten Per-spektiven die semantische Relevanz vonFarben berücksichtigen, wird insgesamtdeutlich, wie aufmerksam man im Mit-telalter den Einsatz von Farben ge-staltete. Kein Wunder, dass deswegendann auch in religiösen Visionen dasAuftreten von Farben sehr gewichtig ist,sei es in der Liturgie, in der Hagiografie,in der Projektion des göttlichen Jenseits,in Passionsschilderungen und in derMystik.

Allen Beiträgen ist mehr oder weni-ger zweierlei eigen, nämlich dass sie ei-nerseits schnell auf den Punkt kommenund in sehr sympathischer Weise ohnelange theoretische Vorüberlegungenkonkret ihre Thesen entwickeln. Ande-rerseits hat man oft den Eindruck, dassaus Zeitdruck oder Platzmangel die Un-tersuchungen abrupt zum Ende kommen.Aber dies mag typisch sein für solcheAufsätze, die sich wohl meistens auf dasstützen, was auch auf dem Symposiumvorgetragen wurde, wenngleich jedermit einem guten Literaturverzeichnisendet.

Seltsam wirken insgesamt wirklichnur zwei der drei Plenarvorträge, weilsie im Grunde überhaupt nicht hier hi-neinpassen. Peter Strohschneider reflek-tiert über die heutige Stellung der Me-diävistik im deutschen Hochschulsystemund rechtfertigt seinen Beitrag damit,dass er am Schluss uns dazu auffordert,"dass man es bunt treiben und dass manimmer wieder neu anfangen kann undmuss" (27). Dies ist schlicht gesagt ab-

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surd, jedenfalls in diesem Kontext. GerdAlthoff wendet sich in seinem Aufsatzder Frage zu, inwieweit das Mittelalterwirklich als 'dunkel' zu bezeichnen wäre.Er bietet gewiss interessante Beispieledafür, die das Gegenteil belegen, insbe-sondere was den vermeintlich ubiquitä-ren Einsatz von Gewalt angeht, aberzum einen kennt er sich in der einschlä-gigen Forschung zu dem Thema 'dunklesMittelalter' nicht aus, zum anderen ist esvöllig unverständlich, wie er den zen-tralen Ansatz der ganzen Tagung sogründlich missverstehen konnte.

Wenngleich Einzelheiten bei der kri-tischen Behandlung der Aufsätze hierwegbleiben müssen, möchte ich eineAusnahme machen. Silvan Wagner bie-tet einen für sich genommen interessen-ten Aufsatz über den Einsatz von Farbenim Juwelenschmuck, wie er in Dietrichsvon der Gletze "Diu Borte" thematisiertwird. Sie begeht aber mehrfach Fehler inder schlichten Behandlung von themati-schen Aspekten (der Ehemann organi-siert kein Turnier, und ob seine Fraunachmittags durch den Garten schlen-dert, ist völlig ungewiss!). Die Behaup-tung, dass die zwei Männer am Endemiteinander schlafen, ist extrem genaudaneben gehauen, denn eben dies pas-siert gerade nicht, weil sie sich in letzterMinute als seine Ehefrau enthüllt. Wag-ner übernimmt ganz naiv die Behaup-tungen derjenigen, die aus der Sicht derQueer Studies behaupten, dass es sichhier um ein Beispiel der Homosexualitäthandelt, was mittlerweile gründlich wi-derlegt worden ist. Am schlimmsten istaber, dass die Autorin die wichtigste

Forschung zu diesem bemerkenswertenText übersehen hat und somit grobe in-terpretative Fehler begeht (z. B. PetrusTax, "Zur Interpretation des 'Gürtel'sDietrichs von der Gletze," ZfdPh 124[2005); Albrecht Classen, "Disguises,Gender-Bending, and Clothing Symbo-lism in Dietrich von der Gletze's DerBorte," Seminar XLV, 2 [2009]). Diesist alles umso bedauerlicher, also Wag-ner ansonsten eine hilfreiche und über-zeugende Interpretation bietet.

Die zwei Bände schließen mit einemin sich selbst sehr farbenprächtigenBildteil, es fehlt aber geradezu schmerz-lich ein Register, was bei mehr als 1000Seiten kritischer Untersuchungen ver-schiedenster Art wirklich sehr hilfreichgewesen wäre. Besonders bedauerlich istauch das Fehlen eines Registers für dieFarben oder farbigen Objekte, denn eswäre schon wichtig gewesen, einenleichten Zugriff auf das Datenmaterialzu schaffen, das uns einen Einblick daringewähren würde, wo am häufigsten wel-che Farben eingesetzt wurden. Es wäreauch schön gewesen, einen Index fürOrte hinzuzufügen, was gerade auskunsthistorischer Sicht sehr nützlich ge-wesen wäre. Zuletzt, und damit genugder vielleicht nicht so notwendigen Kri-tik, hätte ich mir noch eine Liste vonKurzbiografien gewünscht, um die indi-viduellen Autoren einzuordnen oder peremail anzuschreiben. Insgesamt mussman für diese zwei Bände sehr dankbarsein, die einen bisher weitgehend ver-nachlässigten Forschungsbereich umfas-send aufarbeiten.Albrecht Classen

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Claudio Galderisi, ed., Translationsmédiévales : Cinq siècles de traducti-ons en français au Moyen Âge (XIe-XVe siècles ). Étude et Répertoire.Medieval Latin & Vernacular Lite-rature: Studies (Outside a Series)(STMLVLS). Volumes I and II (twoparts). Brepols: Turnhout, 2011. 2650pp."A vast enterprise of translation" is howMichel Zink interestingly describes theMiddle Ages. Three major researchcenters in France (Paris, Sorbonne, andPoitiers) supported this ambitious andmonumental project. The work (notwithout humor, for which one must re-joice) draws on the enormous writtenoutput by medieval clerics who pre-served and transmitted literary know-ledge of the past by copying and com-menting Latin texts, then, from the ele-venth century on, by translating theminto the vernacular. The aim of the editor(hereafter G.), aided by Vladimir Agri-goroaei and with a boost from MichelZink, was to embrace in an exhaustiveway a synthesis on the subject: to shedlight not only on the inter-penetrationand diffusion of such texts, their influ-ence on French language and culture,but also their impact on other vernacu-lars (such as Gallo-Roman and Occitan).Moreover, little antecedent research hasfocused on the relationship betweennorthern and southern French (langued'oc and langue d'oïl), and even less onscientific works translated in the medie-val period. For the insufficiency, G.blames the "silo mentality" (my inter-polation) of the community of scholarsand the lack of genuine inter-disciplin-ary and cooperative research in Western

Europe. This is the network he hopes tocreate with this mammoth quadripartitepublication. G. refers to the undertakingas Transmédie, an analytic bibliographi-cal corpus of translations; and with itsrepertoire, three appendices and collec-tion of critical studies (q.v.), it offers ahistory of the practices and theories oftranslation. The massive corpus itself—comprising law, grammar, hagiography,history literature, philosophy, science,and theology—encompasses philologicaldetails on works translated into Frenchand other languages from the eleventh tothe fifteenth centuries. All told, there are1200 works included, in a dozen earlyand late medieval languages, some 2800translations, thousands of bibliographi-cal references to manuscripts, and 600 tomedieval incunabula.1 Citing Derrida—"to translate in the Middle Ages, like to-day, means first of all to write, and towrite on the threshold of two monolin-guisms"—G. evokes simultaneouslyWalter Benjamin, the great modern theo-rist of translation, who asked whether atranslation can be done "for readers whodo not understand the original?" For themedieval intellectual such questionswere already articulated, perhaps inpetto or volens nolens, as the benefac-tors, ultimate scope, and necessity oftranslation were interrogated. This is allwell and good, but the three tomes arewoefully awkward to handle and quiteuser-unfriendly. It takes much patienceto wade through the material; it will thusnot be a quick and easy reference work.

After a sixteen-page introduction, G.passes the baton to one of the project's120 collaborators (mostly French), fol-lowed by eighteen more essays by thir-

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teen other scholars. These are dividedinto three segments. Medieval CulturalModels: Frédéric Duval, "Quels passéspour le Moyen Age?"; Claude Buridant,"Modèles et remodelages ;" Joëlle Du-cos, "La Traduction au confluent descultures classiques et arabes;" Sylvie Le-fèvre, "Les Acteurs de la traduction:Commanditaires et destinataires. Mi-lieux de production et de diffusion;" Pi-erre Nobel, "La Traduction biblique;"Roberta Capelli, "Le Support des textes:Peut-on parler d'une phénoménologiematérielle de la traduction?" Jean-Jac-ques Vincensini, "Conclusions. Ques-tions politiques et anthropologiques."Aesthetic Perspectives: J. J. Vincensini,"Chanter, écrire, traduire la tradition ar-thurienne;" idem, "La Circulation demotifs dans les traductions: Enjeux cul-turels, esthétiques et moraux;" SilvèreMenegaldo, "De la traduction à l'inven-tion. La Naissance du genre romanesqueau XIIe siècle;" Cl. Buridant, "Esquissed'une traductologie au Moyen Age;"Anna Maria Babbi, "L'Auto-traduction;"Giovanni Borriero, "Le 'topos du livre-source' entre supercherie et catastrophe;"Cl. Galderisi, "Silences et fantômes de latranslatio studii. La Traduction em-pêchée." Linguistic Approaches: SarahKay, "La Seconde main et les secondeslangues dans la France médiévale;"Michèle Goyens, "La Traduction commecritère définitoire des confins deslangues;" Fr. Duval, "Les Néologismes;"P. Nobel, "Aux origines de la lexi-cographie française: Les gloses et lesglossaires;" Cinzia Pignatelli, "Distribu-tion géo-linguistique des traductions etde leurs manuscrits." This volume endswith three indices: works cited in the

repertoire, an index rerum, and an indexauctorum.

Volume Two contains the CorpusTransmédie, that is, a repertoire of trans-lations in learned languages ("langues dusavoir et Belles Lettres"). In the firstpart, presented by Jacqueline Cer-quiglini-Toulet, we have French transla-tions of ancient and medieval Greektexts, and of both classical and medievalLatin (863 pages alone for medievalLatin sources).

A random selection of examplesfollows (we learn much by browsing): afourth-century (lost) Greek SibyllaTiburtina discloses three manuscripts,115 Latin versions, seven French, threeArabic, two Slavic, one each in Syriac,Ethiopian, and Romanian. Bibliographicdetail indicates that the early twelfth-century verse translation by Philippe deThaon is to be listed first, followed bythe other French versions (Vol. II, 108-111). John of Salisbury's Policraticuswas adapted by Denis Foulechat in1372, dedicated to Charles V (619-620).The Liber viarum Dei by Elisabeth ofSchönau is inventoried as having beenedited by Lefèvre d'Etaples in 1513, andtranslated anonymously into English in1557 (430-431).

Federico Saviotti puts forward a sec-tion (II, 2) on translations to and fromNorthern and Southern French (oc andoïl), while Anna Maria Babbi offers asimilar section (II, 3) on other Romancelanguages. Germanic and Semitic follow(IV, V), provided by three other schol-ars—Leo Carruthers, Philippe Bobichon,and Jean-Patrice Boudet. In volume II,2, one may note 265 texts with the titleVita/Via—saints' lives from Agatha to

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Macaire to Vigor. Catastrophies andfraudulent works are covered by J.-J.Vincensini and they include numeroustexts that exemplify "pseudo-" transla-tions and the art of falsification.

A few quick notes, again, at random,to give a flavor of the project, will leadme to a conclusion. For Italian, thumb-nail information on the successful fif-teenth-century translation by Laurent dePremierfait (from a lost Latin transla-tion) of Boccaccio's Decameron is avail-able (1161-1162); likewise, SebastianBrant's fifteenth-century Narrenschiffwas translated into Latin (as Stultiferanavis, by Jacob Locher in 1497), intoFrench (three versions, 1498-1500, oneby Pierre Rivière), and into English (twoversions, 1509) (1204-1207). Three sec-tions conclude volume II: Purgatory,Hell, and Limbo; these cover texts thathave been half forgotten or neglected.For example, the twelfth-century Getaby Vital de Blois, subsequently re-worked by Eustache Deschamps, is anadaptation of the comedy Amphytryonby Plautus. Indices are copious andmake the volume very useful: they in-clude authors of source works, sourceworks, translation titles, translators,manuscripts of translations, manuscriptsof source works, translations listed bycentury, index of thematic words by dis-cipline, index of key words, and index ofcontributors to the notes.

It is churlish to ask for more, but justtwo puzzling questions do arise. Overand above the exclusion of any referenceto translations into Latin of Plato, doneby Sicilian scholars beginning in the1140s, there is no mention of Aristotle'schallenging De Anima, translated via

Avicenna ca. 1150 by Dominicus Gun-dissalinus of the so-called Toledo schoolof translators.2 This is surprising. Per-haps we can hope for additions and Re-tractiones in the online version.Raymond J. Cormier · Emeritus ·Longwood University-VA ·237 Stable Rd. · Carrboro · NC 27510 ·[email protected]

1 Apparently there will be an online database available to subscribers, in 2014.One would hope tons of paper will be sa-ved by such a quick search feature.

2 See, e.g., "The Treatise De Anima ofDominicus Gundissalinus," ed. J. T.Muckle, Mediaeval Studies 2 (1940:23-83.

Klaus Gantert, Elektronische Infor-mationsressourcen für Historiker(Bibliotheks- und Informationspraxis,Bd. 43), De Gruyter, Berlin und NewYork. 2011, 428 S.Handbücher, die Historikerinnen undHistorikern das Internet und seine stetigzunehmenden Fachangebote nahe brin-gen sollen, liegen schon einige vor; siesind freilich sämtlich bereits älterenDatums – zumal angesichts der Halb-wertszeit von Internet-Angeboten. In derRegel sind diese Bücher von Fachver-treter(inne)n selbst vorgelegt und wen-den sich in der Hauptsache an Studie-rende des Fachs. Das ist hier anders.Auch Klaus Gantert ist studierter Histo-riker, hat dann aber die bibliothekswis-senschaftliche Fachrichtung eingeschla-gen. Und das merkt man dem Band sehran – in einem positiven Sinne.

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Nach einer grundlegenden Einfüh-rung in Basisdifferenzierungen und -ter-minologien sowie Suchstrategien undfachübergreifende Informationsmittelwie etwa Verbundkataloge, werden sys-tematisch die großen Felder geschichts-wissenschaftlicher Informationsressour-cen abgeschritten: Bibliographien, Zeit-schriften, Portale, Nachschlagewerke,Quellenmaterial etc. bis hin zu Rezen-sionen und Organen wissenschaftlicheronline-Kommunikation, wie etwa Mai-linglisten und Internetforen. Die Aus-wahl der besprochenen Ressourcen istausgewogen und bevorzugt keine spezi-fische Epoche oder Schwerpunktset-zung. Daneben wird besonderer Wertauf die Vermittlung übergreifenderTrends in den jeweiligen Sektoren derInformationsaufbereitung und -bereit-stellung gelegt, zum Beispiel mit derVorstellung wissenschaftlicher Suchma-schinen (S. 189-197), mit Exkursen überNational- und Allianzlizenzen (S. 19f.)oder mit Ausführungen zur Zitations-analyse (S. 120-122) – ein Erhebungs-und Evaluationsinstrument, das in denSozial- und Naturwissenschaften (mankann vielleicht sagen: zum Glück) frei-lich deutlich verbreiteter als in den klas-sischen Geisteswissenschaften, wie ebenauch der Geschichtswissenschaft, ge-blieben ist. Das Buch vermittelt alsodeutlich mehr als eine bloße Orientie-rung über einschlägige Webseiten undDatenbankprojekte des eigenen Faches.Gerade diese Vermittlung aktuellerbibliotheks- und informationswissen-schaftlicher Trends mit expliziter Rück-bindung an die praktischen Anforderun-gen historischer Informationskompetenzmachen aber den besonderen Mehrwert

dieses Buch aus, das ansonsten "nur" –mit ausgesprochen großen Anführungs-zeichen! – ein sehr sorgfältig ausge-wählter und gut kommentierter Link-und CD-ROM-Katalog geblieben wäre.Soweit vorhanden, vergißt der Vf. imübrigen auch nicht, nach dem Mehrwertder digitalen Angebote gegenüber ihrengedruckten Pendants zu fragen.

Mediävist(innen) werden in diesemBuch neben vermutlich hinlänglich be-kannten Angeboten, wie den digitalenMGH oder dem RI-OPAC, auch manchanderes, zumal auch internationalesProjekt finden, das dem einen oder deranderen bislang vielleicht noch unbe-kannt war. Über das Register im Anhanglassen sich entsprechende Passagenleicht ermitteln. Aber auch schon dasInhaltsverzeichnis weist den Band alsmediävistisch einschlägig aus: ein eige-nes Kapitel widmet sich etwa Hand-schriftendigitalisaten und -katalogen(S. 261-271). Gerade in diesem Bereichist Auswahl angesichts des stetig wach-senden, riesigen Angebots an Webres-sourcen dringend nötig; und das hat derVf. gut gemeistert. Hilfreich, zumal auchfür die Mittelalterforschung, ist fernerdie Zusammenstellung fachspezifischerWörterbücher (S. 247-260). Den Histori-schen Hilfswissenschaften, die ganz be-sonders, vielleicht sogar am meisten,von den neuen digitalen Möglichkeitender online-Welt profitiert haben, ist eineigenes umfangreiches Kapitel (S. 289-339) gewidmet. Aber auch die nahe lie-genden Gebiete der Frühneuzeitfor-schung, etwa die unterschiedlichen Ver-zeichnisse deutscher Drucke und dieVerteilte Digitale Inkunabelbibliothek,werden besprochen (S. 61-66) und soll-

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ten auch Mediävist(inn)en bekannt sein.Auf der anderen Seite wird gerade einvon Grund auf interdisziplinär verfaßtesFach wie die Mediävistik immer wiederNetzangebote nutzen, die nicht vonHistorischen Instituten, sondern von an-deren Fächern betrieben werden. Auchdas findet bei Gantert angemessen Be-rücksichtigung, etwa durch Einzbezie-hung des germanistischen Fachportalsmediaevum.de (S. 270-271).

Insgesamt darf man diesem Kom-pendium also dankbare Aufnahme wün-schen. Die Erscheinungsform und – da-mit einher gehend – der Preis machen esleider wenig attraktiv für heimischeHandbibliotheken, obwohl sich seinWert doch gerade jenseits eines bloßenNachschlagewerks und also jenseits ei-ner reinen Bibliotheksnutzung entfaltenwürde. Man wünscht diesem lesenswer-ten Buch bald eine Paperback-Ausgabe!Hiram Kümper · Universität Bielefeld ·Abt. Geschichte · Universitätsstr. 25 ·33615 Bielefeld ·[email protected]

Katalog der lateinischen Handschrif-ten der Bayerischen StaatsbibliothekMünchen. Die Pergamenthandschrif-ten aus dem Domkapitel Freising.Band 2. Clm 6317-6437 mit einemAnhang. Neu beschrieben von GünterGlauche. Catalogus codicum manuscriptorum Bibliothecase Monacensis.Tomus III. Series nova. Pars 2,2. Har-rasssowitz, Wiesbaden 2011. ISBN978-3-447-06619-8. XXVII + 356 S.Die deutschen Handschriften der Ba-yerischen Staatsbibliothek München.

Die neuzeitlichen Handschriften ausCgm 5501-5800. Beschrieben von Die-ter Kudorfer. Catalogus codicum ma-nu scriptorum Bibliothecase Mona-censis. Tomus VI. Editio altera. ParsXII. Harrasssowitz, Wiesbaden 2011.ISBN 978-3-447-06618-1. XXXV +393 S.Der Freisinger Bestand an Pergament-handschriften der Bayerischen Staats-bibliothek München (BSM, die Freisin-ger Sammlung wurde dort – sie hießdamals laut der spätere Vorstandsleiterder Hofbibliothek Johann ChristophFreiherr von Aretin PfalzbaierischeCentralbibliothek – anno1803 einver-leibt) umfasst 225 Exemplare, die nunim Anschluss an einen ersten Halbband(Clm 6201-6316 ebenfalls von GünterGlauche bearbeitet, erschienen 2000, da-zu Mediaevistik 24: ***-***) paläogra-phisch vollständig erschlossen vorliegen.Sowohl wegen ihres hohen Alters -- cir-ca ein Dreiviertel der Codices stammtaus karolingischer/ottonischer Zeit – alsauch wegen der überlieferten Texte sel-ber bilden sie eine bedeutende Samm-lung mittelalterlicher Kulturträger.

Die Einleitung verzeichnet die zumTeil komplizierte Geschichte des Be-standes, die gegenüber manchen anderenSchreibzentren durch das Fehlen bedeu-tender Kataloge gekennzeichnet ist, bisin die Neuzeit. Das Skriptorium wurdein ottonischer Zeit Ort des Einbindensbesonderer Prägung, die zur Bestim-mung der Heimat von etwa 40 bis 50Codices dient. Zahlreiche Handschriftenweisen einen eindeutigen Besitzvermerkauf: Iste liber est sancte Marie et sanctiCorbiniani Frisinge. Durch diese undandere Umstände kann man circa 20

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Handschriften identifizieren, die sichheute in anderen Sammlungen (bei-spielsweise Schäftlern) befinden. EinAnhang enthält weitere 40 Fälle: entwe-der Handschriften in anderen Sammlun-gen (einschließlich der BayerischenStaatsbibliothek München, darunter dieberühmte Otfrid-Handschrift Clm 14)oder Handschriften, die als verschollengelten.

Die heute nummerische Aufstellungder Handschriften folgt einem Schemades 17. Jahrhunderts, so dass der Vor-gängerband die Bibeltexte nebst -kom-mentaren, die Konzilien und die Kir-chenväter fast komplett behandelt, dervorliegende Band dagegen die Concio-natores (Prediger), die theologischen, diejuristischen Texte und schließlich einigeMiszellaneen. Unter letzteren schätztman besonders die ältesten in lateini-scher Schrift überlieferten altslawischenTexte überhaupt, d.h. slowenischeSchriften, die wohl im Zusammenhangmit Missionierungspraktiken im ausge-henden 10. Jahrhundert entstanden sind.

Die Signaturen bieten einige Beson-derheiten, es fehlen einige Zahlen, vorallem dadurch, dass Handschriften an-derswohin gelangt sind. Eine Hand-schrift (6337 + 6338) trägt durch Zu-sammenbindung verwandter Predigttextezwei Signaturen. Einige Zahlen sind imLaufe der Jahre übersprungen worden(explizit durchweg gegebenenfalls mitErklärung als 'vacat' bezeichnet), dreihaben andere Clm-Signaturen erhalten.Diese Angaben sind natürlich für die Er-forschung vor allem früherer Literaturvon großer Bedeutung, so dass die An-zahl der sogenannten Karteileichen re-duziert werden kann.

Zu Melk 740 (sieh Clm 6368, hier S.126) wäre nachzutragen: Christine Glaß-ner und Alois Haidingern, Die Anfängeder Melker Bibliothek: Neue Erkenntnis-se zu Handschriften und Fragmentenaus der Zeit vor 1200. Melk: Geistlicheskulturelles Zentrum, 1966, S. 13, A. 18.Zu Clm 6426 (altslawische Texte) istauch zu empfehlen: Hana Karas, in The-saurus librorum: 425 Jahre BayerischeStaatsbibliothek, Wiesbaden: LudwigReichert, 1983, Katalog Nr. 13, S. 46(mit Abbildung von Bl. 160v, S. 47).

Der Katalog der neuzeitlichen Hand-schriften enthält -- neben einem Perga-mentblatt mit Schrift wohl aus dem spä-ten 15. Jahrhundert (Cgm 5609, S. 53-54) -- circa 25 Handschriften des 16.Jahrhunderts, die restlichen sind späte-ren Datums. Circa zehn Fragmente (12.bis zum 15. Jahrhunderts) in Einbändenwurden festgestellt. Die elf mittelalterli-chen Handschriften aus diesem Bestand(Cgm 5513, 5516, 5559, 5566, 5612,5618, 5700, 5716, 5730, 5748) werdenin Band V, Teil 9 von Elisabeth Wun-derle bearbeitet. Gut 50 der 289 Hand-schriften weisen erheblichen Anteil la-teinischer Texte auf. Auffällig vielleichtetwa Cgm 5502: eine Abschrift der ge-druckten Luther-Bibel 1545 aus dem 18.Jahrhundert; Cgm 5532: ein deutschesLied vom Judenmord in Deggendorf an-no 1337; Cgm 5590: Abschrift von Cgm37, Kaiserchronik, 18. Jahrhundert; Cgm5614: Beschwerden über mangelhafteTrinkgelder von Besuchern des KlostersBenediktbeuern anni 1790 und 1791;Cgm 5628: autobiographisches Gedichtvon Johanna Sophie Liebscherm, nacheigenen Angaben geboren ohne Hände,mit dem linken Fuß eingetragen, anno

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1790; Cgm 5754: Bekenntnis eines He-xers "ein durchteuffelter Mensch" anno1695. Einige Grabmalabschriften ent-halten die einzigen Nachweise zerfalle-ner Steine beziehungsweise Steinplatten.Die Arbeit von Dieter Kudorfer ent-spricht den sehr hohen Erwartungen, dieder Catalogus seit Jahrzehnten stellt.Prof. John M. Jeep, PhD · German,Russian, and East Asian Languages ·Miami University · Irvin Hall 166 ·Oxford · OH 45056-1852 (USA) ·[email protected]

Hans-Werner Goetz, Gott und dieWelt. Religiöse Vorstellungen des frü-hen und hohen Mittelalters, Teil IBand 1: Das Gottesbild (Orbis Me-diaevalis. Vorstellungswelten des Mit-telalters, Band 13,1), Akademie Ver-lag, Berlin 2011, 338 S., 8 schw.-w.und 24 farb. Abb.Mit diesem Band, bzw. mit dem umfas-senden Projekt, dessen ersten Teil er bil-det (ein zweiter Teilband ist inzwischenerschienen), führt der Autor seine Be-mühungen um die "Vorstellungsge-schichte", die seine ganze Forscherlauf-bahn geprägt haben, zu einer (wie zuhoffen ist noch nicht endgültigen) Krö-nung: es geht hier um die Gesamtheitder "religiösen Vorstellungen des frühenund hohen Mittelalters" – genauer ge-sagt, es geht, auch wenn Goetz das nichteigens klarstellt, um eine Gesamtüber-schau über die christlichen religiösenVorstellungen im Bereich der lateini-schen Kirche.

Was er mit "Vorstellungsgeschichte"meint, hat Goetz erstmals in einem nun

schon 30 Jahre zurückliegenden pro-grammatischen Aufsatz erläutert1; inseiner dem hier zu besprechenden Bandvorangestellten "Einleitung in das Ge-samtprojekt" nimmt er diese Erläuterungin weniger schematischer Form erneutauf2. Die Vorstellungsgeschichte istzwar immer noch eine "dritte Dimen-sion" neben der Geschichte der Ereignis-se und der Geschichte der Strukturen, esist aber Goetz jetzt weniger darum zutun, ihr ein eigenes Statut gegenüber an-deren Formen der Geschichtsbetrach-tung zu verschaffen, als sie einzubindenin den "großen Perspektivenwandel derGeschichtswissenschaft von der politi-schen und Verfassungsgschichte zur Ge-schichte aller Menschen und von einerGesellschaftsstrukturgeschichte zu eineranthropologischen Geschichtsbetrach-tung". In ihrer anthropologischen Aus-richtung übertrifft die Vorstellungsge-schichte, wie Goetz suggeriert, auch dieseinerzeit von der "Annales"-Schulebahnbrechend postulierte "Mentalitäts-geschichte": anders als die letztere, diesich von der Strukturgeschichte unter-scheiden will, aber ihrerseits auf Ty-pisch-Strukturelles ausgerichtet ist, er-forscht sie nämlich die Vorstellungeneinzelner Menschen in ihrer jeweils in-dividuellen Lebenswelt. Damit nähertsie sich im übrigen der Ereignisge-schichte: "Mentalitäten" verhalten sichlaut Goetz 'zu "Vorstellungswelten" "inetwa wie Strukturen zu Ereignissen".Wenn andererseits die Mentalitätsge-schichte "die Denk-, Verhaltens- undEmpfindungsweisen der Menschen zuerfassen (sucht)", "(zielen) Vorstellun-gen auf die Denkinhalte" und "be-schränken sich auf die geistige Sphäre",

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womit sich die Vorstellungsgeschichteder guten alten Geistesgeschichte annä-hert, jedoch so, dass nicht nur großeDenker, sondern auch "Durchschnitts-autoren" betrachtet werden, und zwarmehr in ihrer Rolle als Zeitzeugen als imHinblick auf ihre Teilnahme an der Er-arbeitung möglicherweise zukunftwei-sender Ideen und Theorien. Man könntesie dementsprechend, Goetz' Überlegun-gen weiterführend, auch als eine ausge-dehntere, und als eine von den Verzer-rungen des Entwicklungs- und/oderFortschrittsdenkens befreite Form derGeistesgeschichte sehen. Indem sie dasDenken auf die Person der nicht un-bedingt außergewöhnlichen Denker zu-rückführt, zeigt die Vorstellungsge-schichte jedenfalls laut Goetz ganzbesonders ihre anthropologische Dimen-sion.

Die Ausrichtung auf das Denken –und somit auf dessen deutlichste Zeug-nisse, nämlich Texte und Bilder – machtfreilich eine bestimmte Gruppe von Per-sonen zum bevorzugten wenn nicht aus-schließlichen Gegenstand der Vorstel-lungsgeschichte: nämlich die schreiben-den und bildenden Menschen sowie ihreAuftraggeber, also die Mitglieder derintellektuellen bzw. klerikalen Elite desMittelalters. Damit stellt sich das Pro-blem der Tragweite der erarbeitetenVorstellungen; es hat sich für Goetz seitdem oben genannten Aufsatz insofernkompliziert, als sich ihm der Zuständig-keitsbereich der Vorstellungsgeschichteseither deutlich ausgedehnt hat. Ur-sprünglich konzipiert als das Studiumder "Kommentierung von Ereignissen"(durch die mittelalterlichen Historiker)3

zielt sie jetzt "auf das gesamte Denkenund Wissen der (oder eines) Menschenab und erfasst mit der Summe menschli-cher Gedanken, Ansichten, Meinungen,Überzeugungen und Anschauungen diegeistigen Befindlichkeiten und Kapazi-täten der Menschen insgesamt". VomBereich der Geschichtsschreibung, dieGoetz als erstes interessiert hat, kommenwir hiemit zu der Gesamtheit der intel-lektuellen Errungenschaften einer Zeit,und wenn die Gegenstände der Ge-schichtsschreibung und die Vorstellun-gen ihrer Autoren weitgehend mit prak-tischen Fragen und Urteilen zu tun ha-ben, die dem Interesse und Verständnisgrößerer Gruppen zugänglich seinkonnten, ist das für andere, oft mit kom-plizierten theologischen Problemen be-fassten Texte oder bildlichen Darstel-lungen und ihre Autoren weit wenigerevident. Goetz neigt dennoch dazu, denGeltungsbereich der beschriebenen Vor-stellungen – mehr als gemeinhin üblich– von der gebildeten Elite auf das vonihr geleitete "Volk" – auch von "Mas-sen" ist die Rede – auszudehnen4. Wiedem in Wirklichkeit auch sei, d.h. unab-hängig von ihrer tatsächlichen Verbrei-tung, scheint mir jedenfalls unbestreit-bar, und kann zur Stütze von Goetz'theoretischem Standpunkt und histo-riographischer Praxis dienen, dass die"gebildeten" Vorstellungen dem heutigeHistoriker, der ja auch dem Kreis derGebildeten angehört, einen besondersunmittelbaren und suggestiven Zugangzumindest zu einer, wenn schon nicht zu"der" mittelalterlichen Lebenswelt er-öffnen: erst recht wenn, so wie das beiGoetz der Fall ist, die Vorstellungen je-

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weils als die Vorstellungen bestimmterPersonen, und nicht als abstrakte Ideenbetrachtet werden.

Und es besteht kein Zweifel, dass esGoetz schon in diesem ersten, dem Got-tesbild gewidmeten Band gelungen ist,seinen Lesern einen solchen unmittelba-ren und suggestiven Zugang zu ver-schaffen; das gleiche wird man auch vonden folgenden Bänden erwarten können.In der praktischen Durchführung seinesProgramms zeigt Goetz nicht nur erneutseine schon öfters bewiesene Fähigkeitzur geordneten und übersichtlichen Dar-bietung eines (über)reichen und komple-xen Materials, sondern er führt diesesMaterial noch mehr als er es bisher ge-wohnt war in ausführlichen Textzitaten(im Originaltext und in deutscher Über-setzung5), oder was die Bilder betrifft ineingehend beschriebenen Abbildungendirekt vor (d.h. soweit eben ein heutegedrucktes Buch einen mittelalterlichenText oder Kunstgegenstand "direkt"wiedergeben kann). Für beides verdientGoetz die Dankbarkeit des Lesers, der,nach der Formulierung eines Rezensen-tenkollegens "mit einer ganz neuen Zeit-genossenschaft mit den mittelalterlichenMenschen beschenkt wird"6. Nicht zuvergessen, dass wir hier eine absolutePionierleistung vor uns haben: wederHistoriker noch Theologen haben sichbisher an ein so ausgedehntes und um-fassendes Unternehmen gewagt. Als Hi-storiker wird man auch zu schätzen wis-sen, dass Goetz an seinen Gegenstandeben als Historiker herangeht: das heißtunter anderem, dass er die mittelalterli-chen (Er)zeugnisse als Zeitzeugen beob-achtet statt sie nach dogmatischenRichtlinien zu beurteilen. Probleme der

kirchlichen Doktrin kommen zwar zurErörterung, werden aber jeweils alshistorische Fragen behandelt.

Goetz' Anordnung des Materials isteine thematische, und wird nur stellen-weise durch zeitliche Unterscheidungenergänzt. Ein erstes Kapitel handelt von"biblischen, antiken und patristischenGrundlagen des Gottesbildes"; in denKapiteln 2 – 8 wird dieses Gottesbildaufgrund einer möglichst großen Vielfaltschriftlicher Quellen thematisch aufge-schlüsselt. Zu Wort kommen exegeti-sche, historiographische, enzyklopädi-sche, theologische Schriften aller Art,aber auch Briefliteratur und Dichtung.Die Überschriften sind: (2) "Quellen derGotteserkenntnis" (hier geht es vor allemum das Problem der Erkennbarkeit Got-tes), (3) "Die mittelalterlichen Vorstel-lungen vom Wirken Gottes", mit denUnterabteilungen: (A)"Gott der Schöp-fer", (B) "Gott der Lenker", (C)"Gott derRichter"; (4) "die mittelalterlichen Vor-stellungen vom Wesen Gottes" (diesesund das folgende Kapitel sind chronolo-gisch untergeteilt), (5) "Das Trinitäts-problem", (6) "Rationale Gottesbewei-se", (7) "Christologie", (8) "Der HeiligeGeist in der mittelalterlichen Vorstel-lungswelt". Zu jedem Thema wird also,meist eingeleitet von einem Väter-, vorallem Augustinuszitat, eine oft langeReihe von einschlägigen Texten zitiert –man denkt unwillkürlich an die Senten-zensammlungen des Mittelalters, denenGoetz freilich seine historisch-kritischenKommentare voraushat. Nach seinerschon in früheren Arbeiten erprobtenMethode verbindet er auch hier außer-dem regelmäßig größere Übersichten mitmehr ins einzelne gehenden Fallbei-

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spielen. In Gott als Schöpfer in der He-xaemeron-Exegese (zu 3A) werden dieGenesisauslegungen Bedas, Remigius'von Auxerre, und Andreas' von SanktViktor sowie das Hexaemeron des Ho-norius Augustodunensis vorgeführt; zu3B geht Goetz ein auf Die Berichte überdie Lechfeldschlacht und Die Schlachtbei Birten im Bericht Liudprands vonCremona, zu 3C auf Das göttliche Wir-ken bei Gregor von Tours. Kapitel 5wird ergänzt durch Die TrinitätslehreGregors von Tours, wo es sich haupt-sächlich um Gregors Bericht über seinStreitgespräch mit einem arianischen Bi-schof handelt, und Die Trinitätsstreitig-keiten des 12. Jahrhunderts – Bernhardvon Clairvaux, Peter Abaelard und Gil-bert von Poitiers, wo Goetz die wesent-liche Übereinstimmung der einanderentgegengesetzten Standpunkte unter-streicht; zu 6 finden wir: Richard von St.Viktors "Trinitätsbeweis", zu 7: Dievolkssprachlichen Evangeliendichtungendes 9. Jahrhunderts und, besonders in-teressant, Das Gottesbild in der Eucha-ristie wo nach den Eucharistiestreitig-keiten des 9. Jahrhunderts und derenWiederaufnahme im 11. Jahrhundertdurch Berengar von Tours und Lanfrancvon Canterbury vor allem die systemati-schen Erörterungen des 12. Jarhunderts(bei Honorius Augustodunensis, Hugovon St. Viktor, Wilhelm von St. Thierryund Petrus Lombardus) vorgeführt wer-den. Zur Einführung des Kapitels 3 die-nen Die "Gesta Karoli"Notkers desStammlers" und im Kapitel 4 bietetGoetz in einem Exkurs zu Hrabans Kör-perteil-Theologie und ihre Vorlagen eineÜbersicht über die allegorischen Bedeu-tungen der anthropomorphen Gottesbil-

der der Bibel bei Hraban und seinenQuellen.

Man bemerkt, dass Goetz sich immernoch bei den Geschichtsschreibern be-sonders wohlfühlt: seine Beispiele fürGott als Lenker und Richter findet er vorallem bei ihnen, wobei freilich die Fragenach einem allfälligen Unterschied zwi-schen den Vorstellungen der historischerzählenden Autoren und denen ihrermehr theoretisch- theologisch orientier-ten Kollegen offen bleibt. Ein neuntesKapitel ist den bildlichen DarstellungenGottes gewidmet: es zeigt sich eine we-sentliche Verwandtschaft zwischenschriftlichen und bildlichen Zeugnissen,die ja aus demselben kulturellen Milieuhervorgehen und der Darstellung dergleichen Themen dienen sollen.

In einem abschließenden Kapitelfasst Goetz seine Ergebnisse zusammenund konfrontiert sie mit einer Reihe vonanderweitig vorgetragenen Thesen zummittelalterlichen Gottesbild; mit demHinweis auf die schon in der Väterzeitfeststellbare Vielschichtigkeit der Vor-stellungen weist er insbesonders die vonPeter Dinzelbacher und von Jacques LeGoff formulierten Versuche zurück, dem(frühen) Mittelalter ein spezifisch "feu-dales" oder "kriegerisches" Gottesbildzuzuschreiben, das dann durch eine Zu-wendung zum "lieben" oder "leidenden"Gott abgelöst worden wäre. Goetz siehtdie früh- und hochmittelalterlichen Got-tesvorstellungen vielmehr wesentlich alseine – schon von ihren biblischen undvor allem patristischen Quellen her vor-bestimmte – Einheit, durchgehend ge-prägt durch die Vorstellung von Gott alsdem Herrn und Weltenherrscher. Esbleibt, wie er betont, auch im 12. Jahr-

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hundert bei dem gleichen, schon in derVäterzeit gültigen Gottesbild, auch wennman es vertieft rational zu erfassen undzu systematisieren gesucht hat.

Es könnte tatsächlich gut so sein,dass das spezifische Kennzeichen derbehandelten Periode eben die Beharrungist. Nicht zu unterschätzen ist aber auch,wie mir scheint, der kombinierte Effektder Eigenart des vorgeführten Materials– es stammt aus einem grundsätzlich aufKontinuität und Traditionsverbundenheitbedachten Milieu – und seiner Auswahlund Anordnung durch den Autor nachThemen und Problemen. Mit den glei-chen Themen und Problemen hat sichdie (lateinische) Kirche tatsächlich durchJahrhunderte ständig beschäftigt, esbleibt aber die Frage nach möglichenGewichtsverschiebungen von einemThema auf das andere, oder nach Ände-rungen in den bevorzugten Aspekten, seies von der Väterzeit zum Mittelalter, seies im Verlauf des medium aevum. Hierist also, wie Goetz im übrigen selbstunterstreicht, das letzte Wort nicht ge-sprochen; das von ihm geboteneBild, das einerseits als einheitlich undkonstant erscheint, in dessen Fülle aberauch Varianten Platz haben, ist einidealer Ausgangspunkt für weitere For-schungen, vor allem für vergleichendeStudien, die neben den allfälligen Ver-änderungen in der inneren Verfasstheitder lateinischen Christenheit auch ihreBeziehung zu der zeitgenössichen Or-thodoxie oder der jüdischen und islami-schen Welt ins Auge fassen könnten7.

Elisabeth Mégier · 289 Rue St. Jacques ·F-75005 Paris · [email protected]

1 Hans-Werner Goetz, "Vorstellungsge-schichte": Menschliche Vorstellungenund Meinungen als Dimension der Ver-gangenheit. Bemerkungen zu einem jün-geren Arbeitsfeld der Geschichtswissen-schaft als Beitrag zu einer Methodik derQuellenauswertunng, Archiv für Kultur-geschichte 61 (1979), 253-271, Wieder-abdruck in: Ders., Vorstellungsgeschich-te. Gesammelte Schriften zu Wahrneh-mungen, Deutungen und Vorstellungenim Mittelalter, hg. v. Anna Aurast, Si-mon Elling, Bele Freudenberg, Anja Lutzund Steffen Patzold, Verlag Dr. DieterWinkler, Bochum 2007, 3-17.

2 Vgl. auch Hans-Werner Goetz, ModerneMediaevistik. Stand und Perspektiven derMittelalterforschug, Darmstadt 1999.

3 In seinem Aufsatz erläutert Goetz dasKonzept am Beispiel der Sachsenge-schichte Widukinds von Korvey.

4 Goetz beruft sich dabei insbesonders aufPeter Dinzelbacher, 'Volksreligion', 'ge-lebte Religion', 'verordnete Religion'. Zubegrifflichem Instrumentarium und histo-rischer Perspektive, in: Ders., Religiositätund Mentalität des Mittelalters, Klagen-furt-Wien 2003, 7-51.

5 Für eine allfällige zweite Auflage wäreeine Durchsicht der nicht immer zutref-fenden Übersetzungen wünschenswert,z.B. wird S. 106 und 129 adulter mit"Ehebrecher" wiedergegeben, hat aber inden zitierten Texten einen allgemeinerenSinn, etwa "unberechtigter Eindringling".

6 Arno Zahlauer, in: Christ in der Gegen-wart 64 (2012)

7 Z.B. in der Linie von Rémi Brague, Lasagesse du monde: histoire de l'expé-rience humaine de l'univers, Paris 1999.

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Reinhard Hahn, Geschichte der mit-telalterlichen deutschen LiteraturThüringens (Veröffentlichungen derHistorischen Kommission für Thürin-gen. Kleine Reihe, 34), Böhlau, Köln,Weimar u. Wien 2012, 425 S.Dass die deutsche Literatur des Mittel-alters eigentlich nur in Bezug auf ihrespezifischen regionalen Ursprünge undWirkungen beschrieben werden kann,weil es einen überregionalen, ausdiffe-renzierten 'Literaturbetrieb' noch garnicht gab, ist in der Mediävistik schonseit längerem Konsens. Von dieser Prä-misse ausgehend wurde in den letztenJahren eine Reihe ertragreicher Projektezur 'Regionalen Literaturgeschichte' desMittelalters auf den Weg gebracht, u. a.zum alemannischen Kulturraum imSüdwesten Deutschlands (J. Hamburger,N. Palmer, H.-J. Schiewer), zur nie-derrheinischen Sprach- und Literatur-landschaft (H. Tervooren), zu Thüringen(C. Fasbender, J. Haustein) und zu Fran-ken (H. Brunner). Zahlreiche Tagungenzu Texten und Handschriften bestimmterRegionen bestätigen diese Tendenz deraktuellen Forschung, u. a. dokumentiertin Sammelbänden wie "Deutsche Lite-ratur des Mittelalters in und über Böh-men" (hrsg. von V. Bok u. H. J. Behr,Hamburg 2004) oder "MittelalterlicheSprache und Literatur in Eisenach undErfurt" (hrsg. von M. Schubert, J. Wolfu. A. Haase, Peter Lang, Frankfurt a. M.2008). In dieser Linie steht auch dasBuch des Jenaer Germanisten ReinhardHahn. Es unternimmt nichts Geringeresals eine umfassende Darstellung dermittelalterlichen Literatur Thüringensvon den Anfängen bis zum Beginn derNeuzeit (ca. 500-1500).

Hahns Literaturgeschichte geht chro-nologisch vor. Nach einem Forschungs-bericht, der u. a. die (z. T. zeitbedingtproblematischen) Vorgängerwerke JosefNadlers (1912ff.), Edward Schröders(1935), Adolf Bartels (1938) und Her-bert Wolfs (1973) vorstellt, erläutertHahn zunächst seinen Begriff der 'thü-ringischen Literatur'. Er betont, dassproduktions- und rezeptionsgeschichtli-che Aspekte für die nicht immer einfa-che, historisch angemessene Zuordnungvon Autoren und Werken zu einer Re-gion gleichermaßen berücksichtigt wer-den müssen und dass eine Region natür-lich nie ein statischer, abgeschlossenerRaum ist, sondern immer geprägt istdurch wechselseitige "Binnenbewegun-gen innerhalb eines komplexen Kultur-raums" (S. 14). Besonders für das Mit-telalter gilt, dass "Produktion und Re-zeption von Literatur areal nicht dek-kungsgleich sein müssen" (S. 351). Nachdieser methodischen und begrifflichenKlärung präsentiert Hahn dann einenÜberblick über die thüringische Litera-tur, den er mit frühmittelalterlichen Ru-nen und Glossen (u. a. Weimarer Ru-neninschriften) und Heldenliedern (u. a.Iringlied) beginnen und mit dem kur-sächsischen Hofhistoriographen Spalatinam Vorabend der Reformation endenlässt. Im Durchgang durch die Jahrhun-derte zwischen diesen Eckdaten wirddeutlich, dass Thüringen als das eigent-liche Kernland der höfischen Literaturbezeichnet werden kann: Insbesonderein ludowingischer Zeit (nach 1130) er-lebte Thüringen eine politische undkulturelle Blüte. Landgraf Hermann I.(†1217) förderte an seinem Hof in Ei-senach Kunst und Literatur. Viele be-

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deutende Dichter, u. a. Heinrich vonVeldeke, Walther von der Vogelweideund Wolfram von Eschenbach, hieltensich zumindest zeitweise auf der Wart-burg auf. Hermann war damit einer derwichtigsten Mäzene der mittelhochdeut-schen Literatur und machte den Thürin-ger Hof "zum berühmtesten Mittelpunktder höfischen Dichtung in Deutschland"(J. Bumke, Höfische Kultur, 8. Aufl.1997, 662).

Hahn zeichnet den Weg der in Thü-ringen entstandenen bzw.primär in Thü-ringen rezipierten Literatur detailliertnach. Besonders ausführlich geht er u. a.auf die Werke Wernhers von Elmendorf(Tugendlehre), die AntikendichtungenHeinrichs von Veldeke (Eneasroman),Herborts von Fritzlar (Liet von Troye)und Albrechts von Halberstadt (Meta-morphosen)ein sowie auf Wolframs undWalthers Verbindung mit dem ThüringerHof. Landgraf Hermann hat Wolframdie altfranzösische Vorlage für den Wil-lehalm besorgt. Seine drei Epen enthal-ten allesamt Anspielungen auf den Thü-ringer Hof, so dass Wolframs enge Ver-bindung mit seinem fürstlichen Gönnerals gesichert gelten kann. Unter denMinnesängern und Spruchdichtern, dieam Thüringer Hof aufgetreten sind, be-handelt Hahn neben Veldeke besonderseingehend Heinrich von Morungen, Ottovon Botenlauben und natürlich Walthervon der Vogelweide, der sich dreimalfür längere Zeit auf der Wartburg aufge-halten (1199, 1203/04, ca. 1213/17) undHermann sowohl in Schelt- als auch inPreisstrophen besungen hat. Ausführlichwidmet sich Hahn der in mehrfacherHinsicht exzeptionellen Jenaer Lieder-

handschrift, die mehr als 900 Sang-spruch- und Liedstrophen in 102 Tönen,meistens mitsamt Melodien, sowie denberühmten Wartburgkrieg überliefert. Erzeichnet die Entwicklung der spätmittel-alterlichen Schwank-, Legenden- undgeistlichen Dichtung nach, berichtet vonMeister Eckharts Wirken und Schriftenwährend seiner Zeit als Dominikaner inErfurt (1293-1311) und stellt die wich-tigsten Texte der thüringischen Deutsch-ordensliteratur vor (u. a. Väterbuch, Pas-sional). Unter den Textzeugen der spät-mittelalterlichen Chronistik und Ge-schichtsdichtung räumt er u. a. derChristherre Chronikund den Werken desEisenacher Kanonikers Johannes Rothe(†1434; u. a. Thüringische Landeschro-nik, Thüringische Weltchronik, Ritter-spiegel) breiten Raum ein. Hahn beendetseine Darstellung mit Beispielen prag-matischer Schriftlichkeit im 15. Jahr-hundert (Ratsgedichte, Fürstenratgeber,Reiseliteratur usw.). Eine 60-seitige Bi-bliographie und ein Personen- und Wer-kregister beschließen den eindrucksvol-len Band.

Über dieses Werk ist viel Positiveszu sagen: Hahn stellt immer die beson-dere Bedeutung des jeweiligen Dichtersim thüringischen Kontext heraus, erhelltdessen regionale Bezüge und erörtert diespezifische literaturhistorische Bedeu-tung seiner Hauptwerke. Er tut dies um-fassend und zugleich konzise, behält denThüringen-Bezug stets bei, vermeidetdie Repetition von andernorts nachzule-sendem Standardwissen und perspekti-viertwichtige Forschungsfragen, etwazur umstrittenen Provenienz einzelnerAutoren, zum vermeintlichen Desin-

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teresse des Landgrafenhauses an Stoffenaus dem Umkreis der Artusepik oderzum sagenhaften Sängerkrieg auf derWartburg. Auch kleinere Autoren undŒuvres, etwa Günthers von dem Forsteoder Friedrichs von Sonnenburg, werdeneingehend vorgestellt. Hahns Darstel-lung umfasst alle Gattungen, sie widmetsich dem Minnesang ebenso wie demgeistlichen Spiel und der Rechtsliteratur.Sie ist gut strukturiert, verfährt ausge-wogen und fundiert bei der Diskussionoffener Forschungsfragen und zeichnetsich durch einen gut verständlichen undlesbaren Stil aus. Bei der Lektüre beein-druckt immer wieder die große Souverä-nität, mit der Hahn das riesige Material-korpus überschaut, konzentriert abbildetund elegant ausbreitet. Das Buch wirdkünftig als Standardwerk gelten, das je-der germanistische Mediävist, der sichmit Thüringen befasst, zur Hand nehmenmuss, – und dies gerne tun wird. Jedesgute wissenschaftliche Buch lässt frei-lich immer auch Wünsche offen: ZumBeispiel den nach einer Coda des chro-nologischen Durchgangs im Sinne einerZusammenfassung, die ein Profil desmittelalterlichen thüringischen Literatur-raums im Ganzen gezeichnet und nocheinmal das Spezifikum seiner reichenund komplex vernetzten literarischenKultur herausgearbeitet hätte. Dann auchden Wunsch nach einem benutzer-freundlicheren alphabetischen (oder sy-stematischen) Gesamtliteraturverzeich-nis anstelle der kapitelbezogenen Bi-bliographie. Dass diese Wünsche vonder ersten Auflage noch nicht erfülltwerden, wiegt aber gering angesichts derimponierenden Gesamtleistung des Ver-

fassers und seines wichtigen Beitragszur mittelalterlichen Literaturgeschichte.Prof. Dr. Heiko Hartmann · FreieUniversität Berlin · Institut für DeutschePhilologie · Habelschwerdter Allee 45 ·14195 Berlin ·[email protected]

C. Heck (ed.), L'Allégorie dans l'artdu Moyen Age. Formes et fonctions.Héritages, créations, mutations. (RIL-MA: Les Études du Moyen Age, 2).Brepols, Turnhout, Belgium, 2011,431 pp. ISBN: 978-2-503-53674-3.EUR 85,00.1

"Otherspeak"—famously for Isidore ofSeville (Allegoria est alieniloquium)—isthe figure of speech whereby one thingis said and another meant, and, as a fun-damental process it crowns medievalthought and culture, especially works ofart. One thinks of Horace's "ship ofstate" (meaning the Republic) or of Vir-gil's bucolic Tityrus (Eclogues, III). Intheological terms, the exegetical processrecalls the Pauline reference (Quae suntper allegoriam dicta—Galatians 4, 24)where the literal takes on both a spiritualmeaning and also a more literary prac-tice inherited from antiquity. Continuousmetaphors result, arising either from a)the Bible's book of Revelation (orApocalypse), which can manifest twolevels of reality, or from b) the worldlysphere and are thus related to the humanimagination.

This handsome publication repre-sents the proceedings of a 2010 RILMAcolloquium at the French National In-

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stitute for the History of Art (INHA),sponsored by the French University In-stitute, under the auspices of the inter-disciplinary research center at the Uni-versity of Lille (IRHIS, Institut de re-cherches Historiques du Septentrion).The effort represents part of a larger re-search project: "Iconographic Cycles asa Network of Knowledge and Encyclo-pedic Space in Medieval Books" (LesCycles iconographiques comme réseaudu savoir et espace encyclopédique dansle livre du Moyen Age).

Both historians of exegesis and ofliterature were invited to analyze the es-sentials: definitions, meanings, muta-tions and functions of allegory in medie-val art, as they were manifested from theearly Middle Ages down to the sixteenthcentury. The approach embraced thisenormous subject with papers on Byz-antine sources, illuminated manuscripts,altarpieces, tapestries, seals, treatises onspirituality, literary and juridical texts,from bestiaries to music, from magic toprincely emblems—all with the aim ofexpanding the horizons of the majorthemes in medieval iconography.

The volume, a tribute to and mostlyby art historians, contains these twenty-four articles in French (four in English),and the presentation is divided into sixcategories.

Christian Heck, L'Allégorie dansl'art médiéval: Entre l'exégèse visuelleet la rhétorique de l'image. Pp. 7-19:featuring explications of fourteen blackand white illustrations, i.e., manuscriptilluminations from the twelfth throughthe fifteenth centuries, Heck's introduc-tion first recalls a 2008 colloquium thatdealt with captioned images or the inclu-

sion of a brief text on the illuminatedpage. Generic typology and allegory isthe subject of the present volume, and athird conference on religious and pro-fane themes was scheduled for May2011.

1. Formes, richesses et enjeux del'allégorie. Gilbert Dahan, Les Usagesde l'allégorie dans l'exégèse médiévalede la Bible: Exégèse monastique, exé-gèse universitaire. Pp. 25-35: definesterms first (e.g., figura, signum, sym-bole), then analyzes a fascinating thir-teenth-century gloss on Genesis 22,where the sacrifice of Isaac is taken as aprefiguration of the Crucifixion (Notahic quomodo Christi est prefigurata inimmolatione Ysaac […]). Armand Stru-bel, L'Allégorie en littérature: une fa-talité? Pp. 37-48: cites, not surprisingly,the Romance of the Rose (Strubel's spe-ciality) on nearly every page, and incor-rectly as the "inaugurating work" (p. 39;much to be said about allegory in prece-dent vernacular works, even Chrétien deTroyes). But it is true that the heydayhappens in the thirteenth through fif-teenth centuries, with works like thePèlerinage de Vie Humaine and Ovidemoralisé, for example, not to mentionthe profusion of allegorical iconography.Herbert L. Kessler, The Eloquence ofSilver: More on the Allegorization ofMatter. Pp. 49-64: begins with Old Tes-tament allegorical references to the pre-cious metal, casting light on twelve il-lustrations (printed here) that refer tomanuscript mentions or to direct repre-sentations of the "unstable" metal (fromtarnishing).

2. Entre l'église et l'Église. PeterKurmann, L'Allégorie de la Jérusalem

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céleste et le dessin architectural à l'é-poque du gothique rayonnant. Pp. 67-77: argues that the concept of placingfigures like the prophets or saints inGothic-era stained-glass (high choirwindows in particular) allegorizes a su-per-terrestrial Jerusalem "of the beyond"(p. 75), and was introduced in the earlyfourteenth century by Jean Roussel, ab-bot of Saint-Ouen (Rouen). DanielRusso, Allégorie, analogie, paradigme.Étude sur la peinture de l'Église domini-caine par Andrea di Bonaiuto, à Flor-ence, 1365/1367. Pp. 79-94: commentson eight illustrations from the Florentinechurch of Santa Maria Novella, datingfrom the mid-fourteenth century. Thefrescoes reveal allegorical interpreta-tions of, for example, philosophy, con-templation, arithmetic, music, etc., in anattempt to provide a "visual proof of the[…Dominican] order's historical authen-ticity" (93). Cécile Voyer, L'Allégorie dela Synagogue, une représentation am-bivalente du judaïsme. Pp. 95-109: scru-tinizes ten illuminations showing Syna-goga (many in which she is blind-folded), representing typologically, inliturgical manuscripts in any case, and inmoralized Bibles, Time or at least a bib-lical era. Alternately, in commentaries,she is the Enemy. Brigitte D'Hainaut-Zveny, L'Interprétation allégorique durituel de la messe. Raisons, modalitésd'action et efficacités. Pp. 111-123: ex-amines three illustrations dealing withlate medieval aspects of the Mass suchas the celebrant's gestures, the devotionsand meditation of the participants—allempathetic and leading to the ImitatioChristi. Alfred Acres, What HappensWhen Christ Sleeps? Pp.125-137: looks

at eight depictions of a slumberingChrist (inspired by Biblical scenes) thatsuperficially link the images to death,but more than that, the Christ figureasleep remains in control of the situa-tion, "like a workshop of reflectionwithin his life and beyond" (p. 135).

3. Entre sacré et profane. JacquelineLeclercq-Marx, L'Illustration du Phy-siologus grec et latin, entre littéralité etréinterprétation de l'allégorie textuelle.Le cas des manuscrits Bruxellensis10.066-77 et Smyrneus B.8. Pp. 141-155: focuses on ten ancient allegoricaland cyclical portrayals of animals foundin the two captioned manuscripts (tenth-eleventh centuries), arguing for theirgreat originality and for the probable in-fluence of the Greek manuscript(Smyrna) on the Latin (Brussels). RémyCordonnier, L'Illustration du Bestiaire(XIe – XIIIe siècle). Identité allégoriqueet allégorie identitaire. Pp. 157-170: ea-gles, foxes, goats, lions, crocodiles,among other animals, are found, in me-dieval bestiaries, to have both a zoologi-cal and an ethological connotation, inaddition to their literary definition. WithBiblical reference, their allegoricalmanifestation has a literal meaning aswell as a hermeneutical significance.Catherine Jolivet-Lévy, Formes et fonc-tions de l'allégorie dans l'art médio-byzantin. Pp. 171-189: deals with thir-teen illustrations of imperial victoriesand portraits of power in the ninththrough thirteenth centuries. Arisingfrom antiquity, allegorical encomiasticiconography reveals personifications,metaphors, and virtuous likenesses. Co-lum Hourihane, Judge or Judged, Noteson The Dog in The Medieval Passion.

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Pp. 191-202: draws on the iconographyof eleven representations that show dogsas noble and saintly, faithful, decorative,and anthropomorphic—but also, am-biguously, as impure, "personifyingenvy" (p. 192). In the Passion Sequence,the animal appears as an anti-Semitictormentor of Christ and associated withjudgment (Ecce homo…).

4. Typologies, parallèles, comparai-sons: Marc Gil, L'Art sigillaire se prê- te-t-il à la production d'images allégori-ques? Pp. 205-222: examines twenty-one illustrations (two manuscript illumi-nations as comparanda, nine seals),principally sigillary art from the thir-teenth and fourteenth century (one fromlate antiquity, for comparison). Hintingat the benefits of negative research, Gilconcludes that allegorical representationin signet rings is "too complex for thisuse" (p. 218). Maria Alessandra Bilotta,Formes et fonctions de l'allégorie dansl'illustration des manuscrits juridiquesau XIVe siècle: Quelques observationsen partant des exemples italiens. Pp.223-240: Justice as an allegorical themeis studied in ten (nine Italian, oneFrench) representations from the sixth-century Justinian Code and later. Ale-jandro García Avilés, The Philosopherand the Magician. On some medievalAllegories of Magic. Pp. 241-252: com-ments on ten illustrations in which im-ages of a philosopher and a magician areequated, suggesting an early medievallink between paganism and idolatry.But, under Aristotelian influence, naturalmagic (especially the study of "hiddenproperties of nature"-p. 250) neverthe-less became legitimized in the thirteenthcentury. Martine Clouzot, Les Allégories

de la musique dans les livres peints (XIe

– XVe siècle): mouvements, musicalitéset temporalités d'une herméneutique.Pp. 253-270: evokes the images of Or-pheus, Pythagoras, the Muses, KingDavid and Jubal. Five images relative tomusical depictions of allegory are ana-lyzed (instruments or psalters), althoughnew musical allegories appear beginningaround 1200 whereby nature and timeare allegorized.

5. Allégories et créations littéraires:Julia Drobinsky, L'Amour dans l'arbre etl'Amour au cœur ouvert. Deux allégoriessous influence visuelle dans les manu-scrits de Guillaume de Machaut. Pp.273-287: ten illustrations occupy theauthor, six from Machaut's Dit du Ver-gier and Voir Dit. The two effective al-legorical images noted are that of Loveperched in a tree and Love showing anopen (sometimes bloody) heart. Anne-Marie Barbier, Dessein avoué et inten-tions voilées dans les représentationsallégoriques de l'Épistre Othea deChristine de Pizan. Pp. 289-303: elevenillustrations, principally from manus-cripts of one of Christine's works(L'Epistre Othea, ca, 1400), serve to il-luminate Othea as a personification ofprudence and temperance, whilemythological figures (Hector = strength,Minos = justice) call to mind familiarinterpretations as seen in the Ovide mor-alisé.

6. La Fin du Moyen Âge: un tempsde l'allégorie?: Laurent Hablot, Em-blématique et discours allégorique à lafin du Moyen Âge. Pp. 307-319: drawson the author's forthcoming monographthat studies emblems and motto devicesin their allegorical context. Like her-

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aldry, emblems and devices (seen herein three illustrations) were often semi-ological metaphors for the princely vir-tues and his government. Rose-MarieFerré, Des effets littéraires à la créationmonumentale: "Dire et voir autrement"la mort de soi. Le tombeau de corps duroi René à la cathédrale d'Angers. Pp.321-330: Saint-Maurice, the Angers ca-thedral where the Angevine dynasty es-tablished its necropole, is scrutinized inthese pages that illustrate seven imagesshowing princely funerary monuments.King René's tomb imagery reveals anallegorical discourse on death. PascaleCharron, Les Arts libéraux dans latapisserie à la fin du Moyen Âge: Entreiconographie savante et pratiquesd'atelier. Pp. 331-334: the Middle Agesorganized knowledge according to theseven liberal arts (i.e., the trivium,grammar, rhetoric, and logic, and thequadrivium, mathematics, geometry,music, and astronomy). They are repre-sented allegorically and analyzed here ineleven illustrations (mainly tapestriesand wall paintings dating from the four-teenth and fifteenth centuries). HervéBoëdec, Allégorie et spiritualité monas-tique au début du XVIe siècle: Le Tripty-que du Bain mystique de Jean Belle-gambe. Pp. 345-370: examines in fulldetail (with comparanda from elevenother illustrations) a sixteenth-centurypanel triptych by Jean Bellegambe(1480-1535/36) of the "mystic bath,"which arose within a tradition of Chris-tological allegory: presented synopti-cally, from the crucified body the pre-cious blood that flows from five woundsinto a fountain became, exegetically, abath of piety. Boëdec concludes : "Dans

la tradition monastique, l'amour des im-ages comme celui des Lettres, est avanttout l'expression du désir de Dieu" (p.362). Antonella Fenech Kroke, Conti-nuité ou rupture? Le Langage de la per-sonnification dans les arts à l'aube desTemps Modernes. Pp. 371-386: personi-fication allegory, as an aspect of alle-gory, represents a human that incarnatesan abstract quality or entity (p. 371), andis reviewed here in ten illustrations (ninefrom the fifteenth century, one, the last,from the sixteenth). The author eluci-dates the details of an early modernpainting by Vasari (Pazienza, 1552) toargue for a "slow transmutation" (p.383)—not necessarily continuity orrupture—of allegorical form and con-tent.

Authors' bios follow (pp. 387-393);and the extensive general index (36 pp.)includes references to the illustrations(though there is no separate list of them).With the generous references in theendnotes of each contribition, this is anincredibly rich source for further study.Raymond Cormier · "First GentEmeritus" · Longwood University-VA· 237 Stable Rd. · Carrboro, NC 27510 ·Tel. 919-942-6746 ·[email protected]

1 RILMA stands for Répertoire Icono-graphique de la Littérature du MoyenAge and is an international, interdis-ciplinary research collective focused onart history. The corpus volumes repro-duce fully all the cycles illustrating everydomain of medieval artistic composition.RILMA colloquia address all illuminatedmanuscripts and examine their place inmedieval cultural history. The FrenchUniversity Institute (Institut Universitaire

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de France) has recognized RILMA formajor research projects in medieval ico-nography [my translation].

Svetlana Loutchitsky and Marie-Christine Varol, eds., Homo Legens:Styles et pratiques de lecture: Analy-ses comparées des traditions orales etécrites au Moyen Âge/Styles and Prac-tices of Reading: Comparative Analy-ses of Oral and Written Traditions inthe Middle Ages, Brepols, Turnhout,230 pp.This volume is the result of the researchconducted by several scholars within theframework of the Homo Legens Interna-tional Program of Advanced Studies(April-June 2006) and under the aegis ofthe Maison des Sciences de l'Homme inParis. As the title suggests, the book fo-cuses on issues of orality and literacyand it is a welcome addition to the nu-merous recent studies on this topic.

Although the overall quality of thevolume is relatively high, the introduc-tion may come across as somewhat dis-appointing. After the first few pageswhich describe the birth process of thevolume, Svetlana Loutchitsky andMarie-Christine Varol point out that thebook covers a wide range of geographi-cal areas, from medieval Spain viaFrance to Anatolia, Byzantium, and thecrusader states. Indeed, one of thestrengths of this volume is the fact that itcontains chapters coming from special-ists in different cultural areas of medie-val Europe and the Eastern Mediterra-nean, which give the book a breadth thatother volumes on this topic do not al-ways possess. However, the subsequent

section containing what could be con-sidered the theoretical and methodologi-cal core of the introduction leaves muchto be desired. Some essential studies onissues of orality and literacy, as well asmore recent publications on the sametopic, are not mentioned here at all.1

Moreover, the introduction containsnumerous grammatical and stylistic er-rors which do not belong in a seriousstudy. For example, on pages 1-3("Avril", "Mai", and "Juin"), the authorscapitalized the names of months, whichare never capitalized in French. Thespelling "uigur" (p. 10) is accepted inFrench, but "ouïgour" is preferable.There is no dash to separate the syllablesin "étudier" at the bottom of page 10 andthe top of page 11. On page 11, there aretwo rather awkward sentences: "ils'avère que la Parole du saint était tenueplus haut que le texte écrit" (one pre-sumes that the authors meant "tenue enplus haute estime"), and "Ces exemplesquoi qu'ils soient importants…" (insteadof "Ces exemples, quoiqu'ils soient im-portants…"). On page 12, we find "surdes moules existant" instead of "exis-tants" (the same error can be found onpage 131), and "des manuscrits du XVe-XVIe siècles", instead of "des XVe-XVIe

siècles". Another awkward formulationon page 13: "Un autre problème qui asuscité la discussion animée" instead of"une discussion animée". On page 16,we find "oeuvres" instead of "œuvres".Fortunately, the rest of the book containsfew such errors (on page 34, we read "unmétaphraste qui la plume à la main lit etrédige en même temps", instead of "qui,la plume à la main, lit et rédige", and onp. 114, we find the same text reproduced

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twice instead of the original text fol-lowed by the translation). One is thusalmost tempted to recommend that read-ers skip over the introduction to the ac-tual book chapters, which are writtenmuch more thoroughly and constitute amore exciting read.

The volume opens with TivadarPalágyi's "Métaphrase et mise en roman:étude comparée des indices d'oralitéchez Anne Comnène et Guillaume deTyr", which presents an analysis of thedifferences between two 12th-centurytexts by Anna Comnena and William ofTyre and their 13th-century "meta-phrases" into Byzantine Greek, and re-spectively Old French. The metaphrasisis essentially an adaptation or translationof a text that aims at rendering the textmore accessible to a modern audience(in certain cases, one could say "to makethe text sound more oral"). The chaptercontains a captivating discussion andcomparison of the indices of orality inthe two 13th-century metaphrases, suchas stylistic simplification, the suppres-sion of unnecessary phrases, metaphors,antiquated words, and ancient proverbs,the preference given to direct speech, theomnipresence of oral/authorial interven-tions ("as I mentioned earlier"), and theuse of parataxis.

Svetlana Loutchitsky's chapter dis-cusses the transfers from oral to writtenand viceversa in several chronicles ofthe first crusade. For instance, the authornotes that certain oral (dialogic) excerptsfrom several chronicles (Gesta Franco-rum, and texts by Tudebode, Raimundd'Aguilers, and Foucher de Chartres)and chansons de gestes (Chanson d'An-tioche, Conquête de Jerusalem, and les

Chétifs) look oddly similar. Loutchitskysuggests that these and other com-monalities can be explained through theexistence of chants composed shortlyafter the crusade, which may have beenheard by chroniclers and the composersof the chansons de geste and might haveincorporated later into their own texts.Although Loutchitsky was not able tolocate these specific chants, she is cer-tainly right to argue that compositions ofthis nature were often heard, written, re-written, re-oralized, and then writtenagain—a complex relationship betweenlistening and writing which proves thatthere was no clear-cut dichotomy be-tween listening and writing during theMiddle Ages.

In the third chapter of this volume,Marie-Christine Varol presents an ab-sorbing analysis of 6 proverbs from aJewish-Spanish proverb collection. Al-though none of these proverbs mentionsAlexander the Great explicitly, theauthor of the chapter proves that, in fact,these textual bits share intertextual linkswith the legend of Alexander from theTalmud and other ancient and medievaltexts. Thus, these "oral" proverbs are infact based on older written texts, al-though the speakers who used theseproverbs were most certainly unaware ofit.

Sophia Menache's chapter is a longerversion of a similar article which has al-ready been printed in The MedievalChronicle VI (not Chronica, as it iscalled on p: 163). This thoroughly writ-ten piece focuses on specific instances inwhich chroniclers quoted dialogues orreferred to oral delivery, primarily in ex-cerpts from the Chronica Majora by

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Matthew Paris and the History of Flor-ence by Giovanni Villani. The authorcorrectly contends that both Paris andVillani use dialogues and oral passages"as a subterfuge, a literary means,among others, to captivate the audiencesand impart more authenticity to their re-ports, which remain, in the main, com-pletely imaginary" (p. 187).

In Marta López Izquierdo's discus-sion of orality in La Celestina, the firstcomedic play written in Castilian ver-nacular at the end of the 15th and begin-ning of the 16th century, orality is de-fined in a threefold manner: oral per-formance of a text read out loud, themassive presence of dialogues, and thechoice of the language register used bythe authors of the play. The article con-tains a brief and useful methodologicalintroduction to the linguistic notions oforality and reversibility (i.e., oral textscan be written down and read, whilewritten texts can be vocalized), as theauthor attempts to show that La Celes-tina is an excellent example of such "re-versible" texts. Indeed, the text mentionsexplicitly its possible vocalization butalso its "readability". López Izquierdo isalso right to point out that the text de-scribes in detail the gestures of the char-acters and contains an important "oral"or "vocal" vocabulary" (whispers, lam-entations, scream, mumblings, etc.).This "vocal" style was a novelty inSpanish literature insofar as it attemptedto draw nearer to the spoken language ofthe day (which it did not, however, rep-licate exactly). A minor error can benoted on pages 197-98, where the dashthat should separate the syllables in"castillan" is missing.

The last chapter of the book is ArzuÖztürkmen's "Performance in Late Me-dieval Turkish Texts: Signs of Orality inLiterary and Historical Sources". Thebeginning of the chapter gives an ex-tremely interesting overview of the stateof Turkish research on medieval Anato-lia, as well as on the historical and ideo-logical undercurrents that have influ-enced the said research. The rest of thechapter contains a discussion of threetexts (the Book of Dede Korkut, which isa 15th-century collection of twelve sto-ries, the Vilayetname of Hacı Bektaş-iVeli, and the 15th-century "chronicle"Tarih-i Ali Osmani by Aşıkpaşazade).Öztürkmen notes that each of these textscontains a number of oral characteristics,such as references to musical perform-ances (which suggests that the soylamasmay have been sung and recited), the useof formulaic sentences and colloquialphrases ("I send you God's blessings"),and the abundant use of direct speech,among others.

Thus, in spite of a weak introductionand its numerous grammatical (or edit-ing?) errors, this volume can nonethelessbe considered a useful contribution tothe ongoing debate on orality and liter-acy in the Middle Ages.Cristian Bratu · Baylor University ·[email protected]

1 To name just a few of the missing stu-dies: Milman Parry, "Studies in the EpicTechnique of Oral Verse-Making. I:Homer and Homeric Style", HarvardStudies in Classical Philology, 41 (1930),73–143, and "Studies in the Epic Tech-nique of Oral Verse-Making. II: TheHomeric Language as the Language ofan Oral Poetry", Harvard Studies in

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Classical Philology, 43 (1932), 1–50;Jack Goody, Literacy in Traditional So-cieties (Cambridge: Cambridge Univer-sity Press, 1968); Milman Parry, TheMaking of the Homeric Verse: The Col-lected Papers of Milman Parry, ed.Adam Parry (Oxford: Clarendon Press,1971); Ruth Finnegan, Oral Poetry: ItsNature, Significance, and Social Context(Cambridge: Cambridge UniversityPress, 1977); Eric A. Havelock, The Lite-rate Revolution in Greece and Its Cul-tural Consequences (Princeton: PrincetonUniversity Press, 1981); Mihaela Bacou(ed.), Oralité médiévale (nº 36) (Paris:Publications Langues'O, 1994); MichaelRichter, The Oral Tradition in the EarlyMiddle Ages (Turnhout: Brepols, 1994);W.F.H. Nicolaisen, (ed.), Oral Traditionin the Middle Ages (Binghamton, N.Y.:Medieval & Renaissance Texts & Stu-dies, 1995); Mark Chinca and Christo-pher Young, Orality and Literacy in theMiddle Ages: Essays on a Conjunctionand its Consequences in Honour of D.H.Green (Turnhout: Brepols, 2005).

"Ieglicher sang sein eigen ticht". Ger-manistische und musikwissenschaft-liche Beiträge zum deutschen Lied imMittelalter, hg. von Christoph März(†), Lorenz Welker und Nicola Zotz(Elementa Musicae, 4), Reichert Ver-lag, Wiesbaden 2011, 207 S., Noten.Wenngleich die Beiträge zum vorliegen-den Band bereits im Juni 2001 als Vor-träge auf einer Tagung im Kloster Neu-stift bei Brixen gehalten wurden, verzö-gerte sich die Publikation bis jetzt, weiltragischerweise am 9. Nov. 2006 Chri-stoph März aus dem Leben schied, undda die Druckfinanzierung eng mit seinerPerson zusammenhing, ergaben sichgroße Probleme, die Jahre brauchten,

um überwunden zu werden. Trotzdemscheint die Zeitspanne von vier weiterenJahren doch ziemlich groß, und wennman bedenkt, dass noch nicht einmal einIndex, Kurzbiografien der Beiträger oderein Abbildungs- bzw. Notenverzeichnisgeschaffen wurden, fragt man sich, waswohl in der Zwischenzeit passiert seinmag, denn die Autoren scheinen kaum inder Lage gewesen zu sein, ihre eigenenBeiträge auf den neuesten Stand (biszum Okt. 2010) zu bringen. Dessen un-geachtet enthält aber dieser Band eineFülle weiterhin sehr spannender undaussagekräftiger Studien zu germanisti-schen und musikwissenschaftlichen The-men des Mittelalters, das hier relativbreit gespannt verstanden wird, gibt es jaAufsätze ebenso zum althochdeutschenLied ("Hirsch und Hinde" als möglicheKleinlyrik bzw. Refrain – Michael Kla-per) wie auch zur 'Volkslied'dichtungdes 15. Jahrhunderts (Nicola Zotz). Ge-rade im letzten Beitrag von Zotz stößtman auf wichtige Überlegungen zur Re-zeptionsgeschichte des Falkenmotivs inder Geschichte des mittelalterlichenLieds vom Kürenberger bis hin zum Kö-nigsteiner Liederbuch. Die Autorin lehntentschieden, und ganz zu Recht, die tra-ditionelle Verurteilung dieser spätmittel-alterlichen Lyrik als 'Zersingen' ab undhebt statt dessen hervor, wie stark dasElement der intentionalen Hybridisie-rung, d. h. die "Freude am Zusammen-fügen von heterogenen Versatzstücken"(159) im 15. Jahrhundert geworden sei,als die Falkenjagd schon längst nichtmehr die soziale Relevanz besaß wienoch im hohen Mittelalter. Aber durch-gängig tritt das eigentümliche Momentauf, dass man nirgends ganz genau das

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Geschlecht der klagenden Figur bestim-men kann und nur weiß, dass Trauervorherrscht, weil eine geliebte Person inder Ferne verschwindet.

Parallel dazu beschäftigt sich Man-fred Kern eingangs mit dem Lied "Mai-enweise" (ca. 1450) von Jörg Schiller,das er unter dem Begriff der 'Verwilde-rung' betrachtet, da so viele unterschied-lichen Motive und Darstellungselementeauftauchen, die aus der breiten mittelal-terlichen Liedtradition geschöpft wur-den, oftmals aber nicht so recht zusam-menzupassen scheinen (siehe z. B. dieBezeichnung 'Meisterlied'), wenngleich,wie Kern darstellt, Schiller die Syntheseinsgesamt doch noch recht gut gelungensein mag. Für die Oswald-von-Wolken-stein- Forschung besitzen die Aufsätzevon Isabel Kraft und Michael ShieldsBedeutung, insoweit als beides mal aufbisher unbekannte Melodievorlagen hin-gewiesen wird, womit Oswalds Werknoch stärker als zuvor in den europäi-schen Kontext eingebunden werdenkann. Kraft macht erneut auf das Ronde-au 'Triste plaisir' von Alain Chartier(gest. 1430) als Vorlage für Oswalds "Owunniklicher, wolgezierter mai" (Kl.100) aufmerksam, was uns eine bessereDatierungsmöglichkeit von OswaldsLied gewährt, während Shields für "Iralten weib" (Kl. 21) eine verborgenePolyphonie gelten machen möchte, diesich, wie freilich in der Forschung schonlange postuliert worden ist, auf Leonar-do Giustiniani zurückführen bzw. als"Gegenfolie zur 'Justiniana'" auffassenließe (132). Shields stützt sich bei seinerAnnahme von Mehrstimmigkeit auf soschwer beobachtbare Trennstriche und

Schlüsselwechsel, dass man doch ziem-lich zögert, seiner Argumentation zufolgen.

Martin Kirnbauer geht der Fragenach, ob das Lied "Elend du hast /Vmbfangen mich" im Schedelschen Lie-derbuch als Tenorlied oder als Chansonaufzufassen wäre, wozu die jüngere For-schung neigt. Zur Unterstützung seinerÜberlegungen zieht er eine Melodie vonTouront vergleichend heran, aber ohneein endgültiges Urteil fällen zu können.Gisela Kornrumpf geht den Spuren einerdeutschen Liedmode des 14. Jahrhun-derts im rheinischen Raum nach, dieHinweise auf den Import des französi-schen Rondeau nach Deutschland liefernkönnte. Sie stützt sich einerseits aufBemerkungen in der Limburger Chro-nik, andererseits als Belegmaterial aufdas Engelberger Cantionale und andereHandschriften aus Kremsmünster undMainz.

Christoph März studiert das Auftre-ten von Mehr-Stimmigkeit im deutschenmittelalterlichen Lied, die er bereits im'Wechsel', im 'Dialoglied' und im 'mehr-stimmigen Dialoglied' festzustellen ver-mag. Max Schiendorfer bietet Überle-gungen zur Text-Noten- Zuordnung beiHeinrich Laufenberg und hinterfragt dieheutige Gebrauchsform von einzelnenseiner Lieder im Gottesdienst. Zuletztstellt Ernst Hellgardt einen sehr wert-vollen Katalog der Neumen in Hand-schriften mit deutschen Texten zusam-men. Wenn auch der Band damit etwasabrupt endet, kann man doch beruhigtfeststellen, dass hier kluge und weitrei-chende Studien vereinigt wurden, dieweiterhin trotz ihrer sehr späten Veröf-

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fentlichung Bedeutung für die zukünfti-ge Forschung haben können.Albrecht Classen

Integration und Desintegration derKulturen im europäischen Mittelalter.Hg. von Michael Borgolte, Julia Dü-cker, Marcel Müllerburg, BerndSchneidmüller (Europa im Mittelal-ter: Abhandlungen und Beiträge zurhistorischen Komparatistik, 18), Aka-demie Verlag, Berlin 2011, 612 S.,Abb.Diesem mächtigen Band in einer Rezen-sion Gerechtigkeit angedeihen zu lassen,wird schwierig sein angesichts seinesUmfangs, der großen Anzahl von Bei-trägern und unterschiedlichster Themenim Rahmen des Themas 'Integration undDesintegration der Kulturen im europäi-schen Mittelalter.' Dies ist zudem sehrweit gefasst und nicht einfach, kritischzu sichten und zu beurteilen, wofür hiernicht der nötige Raum zur Verfügungsteht. Nur stichpunktartig und zusam-menfassend kann versucht werden, zu-mindest die wesentlichen Punkte undAspekte zur Sprache zu bringen und imAnsatz eine Bewertung durchzuführen.Schließlich haben sieben transdisziplinä-re Arbeitsgruppen in 24 Einzelprojektenaus vierzehn verschiedenen Disziplinengemeinsam das Ziel verfolgt, das DFG-geförderte Projekt im Zeitraum von2008 bis 2011 durchzuführen und er-folgreich zum Abschluss zu bringen,nachdem bereits 2008 ein erster Band,Mittelalter im Labor, im Druck erschie-nen war.

Wie die Themengruppenüberschrif-ten klar andeuten, handelt es sich darum,

gemeinsam und doch aus unterschied-lichster Perspektive die Frage zu verfol-gen, wie die mittelalterliche Kultur Eu-ropas in einer Zeit des Postcolonialismadäquat zu verstehen und zu analysierenwäre, was deutlich anzeigt, dass hierKultur von vornherein nicht beschränktauf den Nationalstaat aufgefasst wird,sondern als ein Phänomen, das starkvom unablässigen Austauschprozess mitangrenzenden oder benachbarten Völ-kern und Kulturen bestimmt ist, ohnedass dies deswegen automatisch bedeu-ten würde, es habe Offenheit, ja sogarToleranz o.ä. vorgeherrscht (vgl. dazuCary Nederman, Worlds of Difference,2000; hier nicht konsultiert). Die Gefahrdes Anachronismus besteht zwar durch-aus, aber generell scheinen die Autorenan dieser Klippe vorbeigeschifft zu sein,werden ja die einzelnen Themen gut dif-ferenziert und sogar kontrovers disku-tiert.

Zunächst geht es um die Konstruk-tion von Identität, gefolgt von einer Un-tersuchung kultureller Praxis geprägtvon Differenz, worauf im letzten Ab-schnitt dem Gedanken nachgegangenwird, inwieweit sich Grenzüberschrei-tungen wahrnehmen lassen, die uns einneues Verständnis vom Mittelalter ver-mitteln könnten. Wie wir aus demSchlusswort entnehmen, haben immerganze Teams von Wissenschaftlern mit-gewirkt und häufiger die Texte sogargemeinsam verfasst, was z.T. mittelsverschiedener Techniken wie einer ge-meinsamen Schreibplattform online indie Tat umgesetzt wurde.

Wie gerade die erste Gruppe vonAufsätzen vor Augen führt, dominiertenKonflikte und Spannungen zwischen den

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verschiedenen religiösen Seiten wesent-lich mehr, wenn nicht fast ausschließ-lich, als das Gegenteil, so in Spanien, soin Deutschland, so in Ägypten. Dort warallerdings die Situation der Kopten rela-tiv komplex und nicht gänzlich unmög-lich. Dies trifft aber auch auf die Judenin ganz Europa zu, die nicht einfach ra-dikal überall verboten und vertriebenwurden, was aber hier nur in Bezug aufAugsburg genauer behandelt wird (einriesiges Arbeitsgebiet wurde also fastganz ignoriert). Besonders Hrotsvita vonGandersheim wird mehrfach als Quelleherangezogen, aber das historische In-teresse dominiert sowohl hier als auchim gesamten Band, so dass die genauereliterarhistorische Analyse viel zu kurzkommt (vgl. dazu jetzt Jerold C. Frakes,Vernacular and Latin Literary Discour-ses, 2011; siehe auch die Rez. in diesemBand der Mediaevistik). Obgleich dieGeschichte der iberischen Halbinsel imganzen Mittelalter von der Reconquistabeherrscht war, erfahren wir davon sehrwenig, und zugleich werden hier insbe-sondere spanische Literaturwerke wie ElPoema de Mío Cid gar nicht berücksich-tigt, obwohl sie wichtigste Informatio-nen über das Zusammenleben vonChristen und Muslimen enthalten (con-vivencia). Wie die Beziehung zwischenden beiden Religionen in Wolframs vonEschenbach Willehalm ausgelotet wird,hat die Forschung bisher vielfach disku-tiert, was hier jedoch stark reduziert al-lein hinsichtlich der Namensgestaltungbehandelt wird, ohne dass die entschei-denden Punkte überhaupt berücksichtigtworden wären. Zudem fasst die Autorin(Christa Jochum-Godglück) weitgehendnur die bisher erarbeiteten wissenschaft-

lichen Ergebnisse zusammen, ohne zuneuen Erkenntnissen vorzustoßen (cf.dazu erneut Frakes). Wie stereotyp Ju-den im geistlichen Drama des Mittelal-ters auf der Bühne dargestellt werden, istschon vielfach untersucht worden undkommt hier erneut kurz zur Sprache,obwohl die Autorin (Verena Linseis)deutlich hinter den jetzigen Forschungs-stand zurückfällt. Umso angenehmererweisen sich die Beiträge zu den Be-mühungen des Petrus Venerabilis, denKoran ins Lateinische übersetzt zu be-kommen (Christian Saßenscheidt), undzur Konstruktion des Christentums inder religiösen Polemik von Ibn Hazms(Daniel Potthast), denn gerade in derdeutschen Wissenschaft hat man sichbisher damit weniger auseinanderge-setzt. Nur, auch hier trifft zu, dass esmehr um die Zusammenfassung von be-kannten Tatsachen geht als um die Erar-beitung neuer Beobachtungen, wenn wiran die umfangreiche englischsprachigeForschung denken (vgl. dazu JeremyCohen, Living Letters of the Law, 1999;bezogen auf das Verhältnis von Christenund Juden).

Mit großem Interesse verfolgt man inder zweiten Gruppen die Untersuchun-gen von mittelalterlichen Religionsge-sprächen, die letztlich ja nur auf dieKonversionsbemühungen der Christenhinausliefen und nicht von Toleranz be-stimmt waren. Wieso weder die ein-schlägigen Texte von Abelard oder Llullhier berücksichtigt wurden, ist mir einRätsel, während doch nur ein Blick indie schöne Textanthologie hg. von Hein-rich Schmidinger (2002; hier nicht kon-sultiert) erheblich geholfen hätte. Ge-wiss demonstrieren die Autoren mit ih-

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ren umfangreichen Bibliografien, dasssie gründlich recherchiert haben, aber esbleibt doch häufig etwas einseitig, unddie Lücken sind manchmal recht be-denklich (vgl. dazu die Beiträge in Mee-ting the Foreign in the Middle Ages, ed.A. Classen, 2002, hier nicht konsultiert).Auch die Reflexe auf die 'Heiden' involkssprachlichen Texten kommen zurSprache, nur erweist sich dies bloß alsein erster Schritt in ein sehr breites Feld,das noch erheblich weiter beackert wer-den müsste.

Am ergiebigsten scheint mir nochder dritte Abschnitt zu sein, in dem esum Grenzüberschreitung bzw. Kultur-transfer geht, was nach allen Richtungenhin (Skandinavien, Osteuropa, Südeuro-pa, unter Ausschluss Irlands) verfolgtwird (der Bereich der Heldenepik fehltleider ganz). Begriffe wie 'Kulturareal'oder 'Kulturdifferenz' erlauben diewichtige Differenzierung der übergrei-fenden Termini, womit überhaupt daszentrale Anliegen des Gesamtprojektsdeutlicher vor Augen tritt, geht es jadarum, anhand des Kulturaustauschs ge-nauer festzulegen, wie es im Mittelalterzur kulturellen Identität gekommen seinmag, was eben als ein sehr komplexerund amorpher Prozess anzusehen wäre.So heißt es einmal ganz richtig: "Ge-meinschaften und ihre Kulturareale[sind] keine geschlossenen, sonderndurchlässige Größen" (407). InwieweitHybridisierung die Grundlage bildete,sollte aber doch etwas vorsichtiger inBetracht gezogen werden, denn trotz derverschiedenen großräumigen Beispielewie z.B. Altrussland besteht weiterhindie Notwendigkeit, hier sehr viel diffe-renzierender vorzugehen und genau die

einzelnen Quellen abzuklopfen. DassKulturtransfer vonstatten ging, und diesüberall hin, bedarf nun nicht mehr derweiteren Bestätigung, aber man könnteund sollte noch ganz andere wissen-schaftliche Bereiche heranziehen, diewichtige Belege zu liefern in der Lagewären (z.B. die historische Linguistik).

Als wahrlich faszinierend erweistsich die letzte Aufsatzgruppe bezogenauf den Kulturaustausch im mittelalterli-chen Mittelmeerraum, denn trotz derzahllosen militärischen Auseinanderset-zungen zwischen Christen und Musli-men ergaben sich sehr viele wichtigekulturelle, politische, architektonischeund wissenschaftliche Kontakte, woraufman voneinander lernte oder verschie-dene Stiltypen oder Modell kopierte.Hybride Elemente traten auf beidenSeiten auf, wenngleich hier auch einwenig die Gefahr besteht, diese Hybridi-sierung als gar zu umfassend zu be-schreiben. Die Autoren beziehen sichauf architektonische Elemente, Siegeln,Karten, Metallkunst und Luxusgüterverschiedenster Art, während literarischeWerke hier leider gar nicht berücksich-tigt wurden. Ein besonders herausragen-des Beispiel wäre der anonyme Fortu-natus von 1509 gewesen, denn wennschon von den Herrschern von Zypernaus dem Haus der Lusignan die Rede ist(528), hätte es sich sehr gelohnt, auf denBesuch des Protagonisten in Kairo ein-zugehen. Trotz einiger Beiträge zu die-sem Band verfasst von Germanisten,scheint die Zusammenarbeit mit diesemFachbereich nur schwach entwickeltworden zu sein, wie auch die Musikge-schichte, Modegeschichte und Wirt-schaftsgeschichte, um nur einige hervor-

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ragende Beispiele zu nennen, ganz aus-gelassen wurden, von den Naturwis-senschaften und der Medizin ganz zuschweigen.

Anstatt eines zusammenfassendenSchlusswortes äußern sich zwei derHerausgeber, Julia Dücker und MarcelMüllerburg, allein zum Procedere desgemeinsamen Forschungsprojekts, waszwar für sich genommen von Interesseist, nicht aber dazu beiträgt, das Endre-sultat des kollektiven Vorgehens zubündeln und geschlossen vor Augen zuführen. Der gewichtige Band endet mitdem Abkürzungsverzeichnis, einem Ver-zeichnis der Autorinnen und Autorenmit kurzen biografischen Hinweisen(Michael Borgolte und Bernd Schneid-müller fehlen), mit einer Liste der Pro-jekte des DFG-Schwerpunktprogramms1173 in den Jahren 2008-2011, einemRegister, Abbildungsnachweis und Ta-feln.

Häufig könnte man bedauern, dassdie Forschungsliteratur nicht genügendberücksichtigt wurde, was auch dazuführt, dass so manche Beiträge wenigerinnovativ sind als erwünscht, aber globalgesehen beeindruckt dieser Band durchden theoretisch weiterführenden Ansatz,Kultur auch und gerade im Mittelalterals eine Konstruktion aufzufassen, diedurch Integration von fremden Elemen-ten, von Austausch bzw. Transfer, vonSelektion und Transgression bestimmtwar und keineswegs einfach nach natio-nalen Kriterien zu beurteilen wäre. We-der das europäische Rittertum noch diechristliche Kirche, weder die höfischeKultur noch die urbane Welt waren je-mals so schlicht gestrickt, wie wir diesfrüher gerne gesehen haben. Natürlich

sollte man damit nicht gleich das Kindmit dem Bade ausschütten, denn Kultur-spezifika bzw. nationale oder sprachli-che Eigenheiten treten trotz allem über-all auf. Aber die Autoren in diesemBand schlagen wichtige Schneisen in einDickicht, das schon viel zu lange zuüberwuchern drohte. Die Struktur imGesamtaufbau ist ein wenig unüber-sichtlich, denn man muss gut aufpassen,um den Übergang von einem Aufsatzzum anderen nicht zu verpassen. Un-glücklich ist auch die Entscheidung, je-weils nach einer Gruppe von Beiträgeneine kumulative Bibliografie folgen zulassen, während doch eine Totalbiblio-grafie am Ende sinnvoll gewesen wäre,aber sowohl die theoretischen Ausfüh-rungen als auch die inhaltlichen Unter-suchungen sind hochkarätig und dürftenunser Feld beträchtlich herausfordernund weiterführen.Albrecht Classen

Flint F. Johnson, Origins of ArthurianRomances. Early Sources for the Leg-ends of Tristan, the Grail and the Ab-duction of the Queen, McFarland &Company, Jefferson, NC, and London2012, vi, 227 pp.The old and fascinating question of theorigin of Arthurian romances is read-dressed in this book by Flint F. Johnson,which was originally a Ph.D. thesis(Glasgow 2000, here not mentioned)now revised for publication. The authoris basically concerned with the questionwhether the origin of Arthurian ro-mances can be traced to Celtic sources.The premise consists of the assumptionthat Chrétien de Troyes was familiar

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with ancient Celtic material and trans-lated it into his romances, which thenbecame the foundation for trans-European Arthurian romances. In es-sence, that is our standard assumptionbased on pretty clear thematic connec-tions. However, as Johnson himself ad-mits right at the beginning, "there is onlya paltry amount of knowledge aboutearly Britain. Very little was written andeven less preserved from the Arthurianperiod" (7). But Johnson pursues his taskwith rigor and determination, statingearly on that he will prove that Chrétienderived much of his material from theCeltic past, and then he plunges into hissubject matter, assembling much evi-dence that could, or could not, prove hispoint.

This book is divided into the threemajor parts: 1. the abduction of thequeen; 2. the holy object (the Grail); 3.Tristan. In each chapter Johnson offers awealth of data and information, much ofwhich is factual, and much of which isalso speculative, or amounts to assump-tions. This begins very early with hiscomments about the troubadours whomhe identifies as the poets who "modifiedand softened the Welsh literature in-volving Arthur" (22). Why would he saythat, and where would he find any con-firmation for this wild statement? Thenhe throws in Ovid as Chrétien's mostimportant source, followed by AndreasCapellanus (though the latter completedhis De amore probably well after Chré-tien's time, ca. 1185-1190), and con-cludes, first admitting the high degree ofspeculation, that some of the compari-sons ultimately form critical mass—amost astounding corollary that amounts

to a dangerous form of syllogism (26).For Johnson, there is no doubt as to thesupreme role played by Marie de Cham-pagne for Chrétien, and also as to theorigin of most of the literary materialused by Chrétien in Britain—quod estdemonstrandum. Name similarities aretaken as hard facts confirming specificdependency, but much of what Johnsonpresents here represents speculation,very much in the vein of nineteenth-century Positivism. Unfortunately, theauthor also tends to refer to pretty muchoutdated research and identifies it as"recent," when, for example, an articlewas published in 1994.

However, when Johnson turns to theoriginal Celtic material, he offers valu-able insights and provides specific in-formation about older Celtic narrativesthat could have influenced their conti-nental successors, such as Chrétien.Why he would identify Ulrich vonZatzikhoven's Lancelet as deeply Celtic(41), remains mysterious, especiallysince the author probably does not readMiddle High German (MHG) and doesnot demonstrate any particular under-standing of MHG romances, although hesubsequently refers to Heinrich von demTürlin and then Hartmann von Aue (inthat sequence). The rest of this chapterconstitutes a search for tiny clues thatmight prove close connections betweenthe Celtic and the continental world,which might be significant or not. SinceJohnson never examines what he reallytries to achieve with his analysis, we areleft with a rambling about a variety oftexts and motifs here and there thatnever form a conclusive whole. Stylisti-cally, the author moves from the sub-

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junctive throughout to the final indica-tive, arguing that "This chapter hasdemonstrated that the Celtic influenceon Chrétien were much greater than hashitherto been acknowledged" (63). Buthe then also refrains from engaging withthe relevant scholarship that might haveargued against that position.

The next two chapters proceed infairly the same manner, the second fo-cusing on the Grail romances, the thirdon the Tristan legend, with the authoreach time arguing that the Celtic sourceswere of great influence on the continen-tal texts. Johnson also assumes that wecan easily deduce that the biography ofPhilip of Flanders served as a model forthe Conte du Graal, making associationsthat could be valid, but really lack anysolid evidence. The author admits thatthere have been many theories regardingthe origin of the Grail account, includingCeltic, Greek, and Jewish sources, butthen quickly sums up that it is "a beauti-ful example of the extinct 'Celtic Chris-tianity'" (84). Why the long discardedtheory of a Jewish origin, as formulatedby Eugene J. Weinraub in 1976, resur-faces here remains an enigma. Theproblem with some of the rituals in theromance that are not Christian in spe-cific terms convinces Johnson that wehave to read it all as a reflection ofCeltic traditions, but he mixes religionwith literature here and tries to gainsolid ground as a historian where there isnot supposed to be any.

When the author turns to the Grailromance as developed by Wolfram vonEschenbach (ca. 1205), the number oferrors and misunderstanding grows con-siderably, making me wonder whether

the author actually read this text. All thisis rather unfortunate because he runsinto open doors and tries just too hard tomake his case which probably has con-siderable weight anyway. But this is allliterary material, and it would be inap-propriate for us to trace every little bit ofmotif and figure as if we were dealingwith a chronicle. There is, after all, liter-ary freedom and imagination, and thisalso in the Middle Ages. These observa-tions also apply to Johnson's last chapterin which he explores the connectionbetween Thomas of Bretagne's Tristanand the Celtic sources. The positivistapproach—"the express purpose of de-termining exactly what was and was notBritish" (167)—blinds the author to thegenuine nature and property of the textsunder investigation. How material fromthe sixth century eventually made itsway into twelfth- and thirteenth-cen-turies romances remains very vague,though this constitutes the author's pri-mary purpose with this book.

Despite some efforts to update hisresearch, the apparatus demonstrates thatOrigins of Arthurian Romance is mostlyout of touch with current scholarship,both in theoretical and in practical terms.There is a valid attempt to trace certainmotifs and themes back to the sixthcentury, all quite interesting by itself,but the actual critical comparison doesnot come to fruition, and we are left withan extensive effort to materialize as-sumptions, speculation, and suggestions.At no point in this book is critical massreached, and it remains a study that can-not conclusively convince, at least notthis reader.Albrecht Classen

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Justin Kroesen, Regnerus Steensma,Kirchen in Ostfriesland und ihre mit-telalterliche Ausstattung, Michael Im-hof, Petersberg 2011, 272 S., durchge-hend farbig illustriertSehr zu begrüßen ist diese repräsentativeNeuerscheinung über eine Region, diei.d.R. sonst nur dem lokal spezialisiertenMediävisten bekannt ist, zumal es hierkeine prestigevollen Meisternamen oderberühmte Objekte gibt. Die beiden Auto-ren setzen hiermit ihre Arbeit über dieKirchen von Gronigen (2008) fort;Kroesen auch seine schon längere Be-schäftigung mit mittelalterlichen kirchli-chen Innenausstattungen, vgl. die ausge-zeichnete Monographie über Seitenaltä-re, die er 2010 vorlegte. In dem neuenBuch wird die ganze Vielfalt des in dergenannten Landschaft Erhaltenen abge-schritten, nicht topographisch, sondernthematisch geordnet: von den Gebäude-typen über Wandmalerei, Altäre, Altar-gerät, Leuchter, Sakramentshäuser, Pis-cinen, Behälter, Gestühl, Chorschrankenbzw. Lettner, Kreuze, Kanzeln, Glocken,Orgeln, Skulpturen, Taufbecken, Weih-wasserkessel, Grabplatten. Der Präsen-tation der einzelnen Objekte sind jedes-mal allgemeine Informationen über dieEntwicklung dieses Elements der Kir-chenausstattung vorangestellt. Wichtigist der stete Bezug auf die Praktiken derLiturgie und die Vorstellungen derFrömmigkeit (z.B. Angst vor den Jen-seitsstrafen und Bilder des Jüngsten Ge-richts). Zwar gibt es einige Sonderent-wicklungen (z.B. sind die Piscinen indieser Region nicht regelmäßig in derSüdchorwand zu finden, wie sonst üb-lich: S. 140), aber im Allgemeinen wirdman davon ausgehen können, daß ganz

ähnliche Verhältnisse auch in anderenKunstlandschaften des katholischen Mit-telalters herrschten. Ein Abschnitt überdie "Wechselfälle seit dem Mittelalter"beschließt die Monographie, die Viel-zahl der Verluste läßt sich nur ahnen –es sagt schon genug, daß sich ausganz Ostfriesland nur eine einzige litur-gische Handschrift erhalten hat (S. 8).Neben neuzeitlich gefaßten Objektenstößt man immer wieder auf gemäß derprotestantischen Ästhetik veränderte,z.B. die mit weißer Farbe überstrichenenHolzmöbel oder (ursprünglich rötlichen)Piscinen.

Der klar gegliederte Text ist kompe-tent, entbehrt nicht der Nachweise ausder Sekundärliteratur und ist trotzdemauch für Nichtspezialisten sehr gut les-bar; dominant sind freilich die Illustra-tionen. Wenn man sich etwas gewünschthätte, dann die Berücksichtigung der lo-kalgeschichtlichen älteren Literatur (d.h.des 19. und frühen 20. Jahrhunderts), inder viele der vorgestellten Objekte be-reits einläßlich behandelt wurden. Nichteinmal auf die hervorragende und einesReprints unbedingt würdige Darstellungvon Heinrich Otte, Handbuch der kirch-lichen Kunst-Archäologie des deutschenMittelalters (zu benützen in der 5. Auf-lage, Leipzig 1883/84) wurde verwiesen,die so vieles Generelle zur Kenntnis derhier speziell für Friesland vorgestelltenKirchenkunst beiträgt. Die Abbildungen,die von den Autoren selbst aufgenom-men wurden, sind ausgezeichnet, wasman vermißt, ist nur eine Landkarte. Einschöner und lehrreicher Band, der obseiner Exemplarität in keinem kunst-historischen Seminar fehlen sollte.Peter Dinzelbacher

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'Landschaft' im Mittelalter? – Augen-schein und Literatur. Das Mittelalter:Perspektiven mediävistischer For-schung 16.1 (2011), 213 S.Das neue Heft der Zeitschrift Das Mit-telalter ist einem hochaktuellen Themagewidmet, Landschaft, und wirft folgen-de Fragen auf: Hat man den ländlichenRaum im Mittelalter überhaupt adäquatwahrnehmen können? Was bedeuteteLandschaft oder Natur im konkretenSinne? Gibt es nicht ganz unterschiedli-che Perspektiven in der Literatur und inder Kunst? Dass es sich hierbei umschwerwiegende philosophiegeschichtli-che Fragen handelt, macht gleich ein-gangs Jens Pfeifer in seinem klug argu-mentierenden Essay deutlich, in dem esallerdings mehr um die Aussagen vongroßen Denkern des 18. und 19. Jahr-hunderts zu diesem globalen Thema gehtals um die Epistemologie der Natur-wahrnehmung im Mittelalter. Dazu gehter erneut auf den Aspekt der 'Epochen-schwelle' und den Mythos vom 'dunklenMittelalter' ein und fordert uns dazu auf,wesentlich vorsichtiger mit modernenBegriffe umzugehen, wenn diese sichnicht so einfach auf das Mittelalter über-tragen lassen.

Anja Bettenworth beschäftigt sichmit der Darstellung des Unwetters alseines Topos sowohl bei Ovid (Tristia 1,2 und 1, 4) als auch bei Hildebert vonLavardin (Carmina minora 23), womitsie ein weiteres interessantes Beispielfür die Thesen von E. R. Curtius (1948)vorlegt und zugleich aufzeigt, dass trotzvieler wichtiger Parallelen die theologi-sche Sichtweise des mittelalterlichenAutors den größten Unterschied aus-macht. Lieselotte E. Saurma-Jeltsch ver-

folgt die Strategie mittelalterlicherKünstler, das Motiv des Berges in ihreBilder aufzunehmen, wobei dieserdurchweg eine Bühne für den betrach-tenden Menschen abgibt, sowohl das ir-dische Diesseits zu erfahren als auch zu-gleich einen Blick in die göttliche Sphä-re zu gewinnen, d. h. mit Gott Kontaktaufzunehmen. Bereits im Spätmittelaltermachen sich aber neue Strategien be-merkbar, die hier allerdings nicht zurSprache kommen.

Bernd Roling setzt sich mit demPhänomen auseinander, dass trotz desüberwältigenden Einflusses der christli-chen Kirche die Volkskultur des Mittel-alters weiterhin von der Vorstellung vonFeen ausging und diese in vielerlei Va-rianten in der Literatur und in der Kunstauftreten ließ. Er untersucht insbesonde-re den Feenhügel, wie er z. B. in hagio-graphischer Literatur auftritt, wobei die-ser einen geradezu bukolischen Charak-ter annimmt. Zu diesem Thema wäreaber noch unendlich viel mehr zu sagen,und Rolings Interpretation richtet sichnur auf einen kleinen Ausschnitt aus die-sem großen Bereich. Das Meer bzw. dieKüste oder der Strand, wie sie in mittel-hochdeutschen Brautwerbungserzählun-gen (besonders Spielmannsepik, dazuaber auch in der Kudrun) zur Sprachekommen, bilden das Untersuchungsob-jekt von Rabea Kohnen, die besondersauf die limitierende Funktion von Ge-wässer hinweist.

Helmut Brall-Tuchel verfolgt in ei-nem breiteren Überblick das Auftauchenvon Landschaftselementen in der Lite-ratur des Mittelalters, und dies bereit inso frühen Texten wie dem Annolied,wenngleich dabei meistens eher religiöse

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Perspektiven zum Ausdruck kommen. Inder mhd. Dichtung treten sehr vieleLandschaftsvergleiche auf, um Aspektein der Liebessphäre zu reflektieren. Dassbereits Alexander von Humboldt diemittelalterlichen Reiseberichte für ihregroße Naturtreue pries, gehört zu denüberraschenden Beobachtungen, die dasBild der Forschungsgeschichte zu die-sem Thema um einiges ändern dürften,hier aber eigentlich nicht zum Untersu-chungsthema gehören. Brall-Tuchel be-stätigt aber und korrigiert aber zugleichHumboldts' Beobachtung mit einerknappen Behandlung der Texte der Rei-senden Ludolf von Sudheim und Arnoldvon Harff.

Sebastian Neumeister arbeitet he-raus, wie stark bei Giovanni Boccacciodie Landschaft an sich, sogar ohne eineinnere Spiritualisierung oder Allegori-sierung, an Wert zunimmt, was sichz. B. anhand der konkreten Hinweise aufspezifische Gegenden erkennen lässt (soim Ninfale fiesolano). Zuletzt untersuchtArnold Esch Enea Silvio Piccolominis(Pius' II.) höchst positive Hinwendungzur Natur, was sich vor allem in seinenautobiographischen Commentarii zu er-kennen gibt. Der spätere Papst doku-mentierte überhaupt seine große Freudean genauester Beschreibung und kon-kreter Beobachtung seiner Umwelt. Eschschließt mit der überzeugenden Bemer-kung hinsichtlich dessen Briefe: "unver-dächtiges Zeugnis dafür, dass die vonihm beschriebenen Landschaften nichtliterarische Fiktion sind, nicht Bukolikvom Schreibtisch, sondern Bedürfnis,Erlebnis, Glück eines Mannes" (160).

Dieser Band erweist sich als außer-ordentlich anregend, vielschichtig und

breit gefächert, und dies auf ein zentra-les Thema bezogen. Die Hinweise aufdie Natur in mittelalterlichen Texten wa-ren also oftmals weit mehr als nur "Au-genschein", wie es provozierend undfragend im Untertitel formuliert wird.Was hier fehlt sind jedoch Untersuchun-gen darüber, wie mittelalterliche Philo-sophen über Natur gehandelt haben. Esfehlt auch eine gründliche Diskusiondarüber, wie die ländliche Welt in histo-rischen Texten und in kunsthistorischenWerken des Spätmittelalters und derFrühneuzeit behandelt wurden.Albrecht Classen

M. Pérez González, E. Pérez Rodrí-guez, Lexicon Latinitatis Medii AeviRegni Legionis (s. VIII-1230) imper-fectum Léxico latinorromance delreino de León (s. VIII-1230), Brepols,Turnhout 2010, 805 pp.The Lexicon Latinitatis Medii AeviRegni Legionis (s. VIII-1230) Imperfec-tum by Maurilio Pérez is the most recentaddition to the monumental CorpusChristianorumContinuatio Mediaevalis-series of Medieval Latin Dictionaries.Theseries also includes Albert Blaise's1994Lexicon latinitatis medii aevi prae-sertim ad res ecclesiasticas investigan-das pertinens(=Dictionnaire latin-fran-çais des auteurs du moyen-âge), whichwas revised under Paul Tombeur in2005, and the Non-Classical Lexicon ofCeltic Latinity 1 (A-H) (The Royal IrishAcademy et al., 2006). Thisthird dic-tionary compiled from historiographi-caland diplomaticdocuments from Astu-rias and León that were published

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through the year 2001 inclusively coversthe time span from the eighth century,when the oldest extant document fromthat kingdom was written, until 1230,the year of the union of León with Cas-tile. Although in the Middle Ages it wasa part of the kingdom of León, Galicia isomitted for linguistic reasons, and be-cause a separate compilation of medie-val sources from Galiciawas already inproduction at the publication of this vol-ume, under the direction of the Xunta deGalicia.

The authors have called the presentvolume "incomplete" (imperfectum) fortwo reasons: the first is because there aretwo lexica now being expanded, theLatin lexicon of León and that of Castileand León from the eighth centurythrough 1230; and the second reason is-the fact that only documents publishedthrough 2001 are included. Nonethelessthe lexicographical entries do include allthe examples of every word in the cor-pus in the defined period (Introduction,xlv). It is in this period that the majorityof diplomatic and (somewhat fewer)historical texts emerge from the areas ofAsturias and León, e.g., legal donations,concessions, confirmations, sales, ex-changes, privileges, local/municipalcharters, and the like.Almost all thedocuments have a legal underpinning.Although properly this is a Latin-Spa-nish dictionary, the language of the en-tries is more precisely identified asLatin-Roman-Spanish. This termre-flectsthe atavistic influence of the "Ro-manized" areas in which the documentswere writtenand which evoke their ar-chaic past. Thus while the formulaiclanguage in the documentsreflects long-

standing conventions,these documentsalso contain everyday words. In thecontext of the larger geography ofEurope this language has been termedDiplomatic Medieval Latin, a languageused by medieval notaries, scribes, andcopyists in drafting, writing, and copy-ing medieval diplomas (Introduction,xlvi). Essentially the entries appear inLatin but are also necessarily inter-spersed with (graphic-) phonetic, mor-pho-syntactic, and lexical features char-acteristic of Romance languages, i.e.,those languages prevalent inthe formerterritories of the Roman Empire. The-reare also features of non-Romance lan-guages, such as Polish, Swedish, orDanish. The decision to include everyword in these texts (even the conjunctionet, v. pp. 276-78) reflects the authors'view that every Latin word takes on auniquely medieval cast, even thosewords that seem to follow their classicalLatin usages.

The Introduction to the new CCMMedieval Latin Dictionary of Leónin-cludes a Spanish, English, and Frenchversion. Each version closes with a"Brief Guide to the Use of this Lexicon,"though the formatting of the Spanish andFrench versions is slightly different fromthat of the English version.Following theSpanish version are sections on the 1)Authors of the Lexicon; 2) Abbrevia-tions of Historical Works and Diplo-matic Collections of the Lexicon (xviii-xxiii); 3) Bibliography Used in the Lexi-con (xxiii-xxxix); and 3) Common Ab-breviations (xl).

Each entry, signed by its author(there are ten), is lemmatized accordingto the features explained in the Intro-

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duction (xlviii-xlix). These includefor-mal variants (the headword is the mostfrequent variant); etymologies (both du-bious and certain) of varied length; defi-nition or definitions;multiple examplesof variants over a wide time span butalways including the oldest extant ex-ample,all identified and contextualized;and commentaries with linguistic andhistorical notes.

The entry formater, -ris, which fillsalmost two columns, provides a goodexample of the methodology (Introduc-tion, li).

The entry begins with four variants:mader(e); madre; !matere; !meatre. Theexclamation points indicate that the lat-ter two are single occurrences in thecorpus. Several examples from the histo-riographical and diplomatic texts arecited, e.g., CO 8.84, 87 (863) concessitdompnus Hermegildus … ecclesie SanctiPetri, ubi tumulata est mater sua,dompna Creusa, … et in ipsos bustos …quartam porcionem sicut mater sua hor-dinauit dare ecctesie sancte Marie.These abbreviations expanded mean: "inthe text of S. Garciá Larragueta, Colec-ción de documentos de la catedral deOviedo, Oviedo, 1962, page 8, lines 84and 87, in the year 863." In the sameentry, there is also a long and interest-ingsection on thefigurative use of thetermmater with reference to the Church,e.g., SH 291.27 (964)in primis separatusad cetu mater Eclesie, which in its ex-panded version means: "in the text of J.Ma Minguez Fernández, Colección dip-lomática del monasterio de Sahagún(Siglos IX y X), León, 1976, page 291,line 27, in the year 964." Both of theserandom examples cite sections of docu-

ments used to compile the dictionary,and a variant of the word ecclesie(ecctesie[sic],Eclesie) occurs in each.Moreover, in the Brief Guide to the Useof This Lexicon (Introduction, lix), theword ecclesiam is used to illustrate theconvention of reconstructing a blanktext: [ecclesiam].Thus a full entry for theword ecclesia itself would be a welcomeaddition to this dictionary, even if it hasbeen reserved for one of the expandedstudies now underway. But this is a mi-nor omission in the characteristicallyerudite new volume of the CCCM Me-dieval Dictionary series.

Arich compilation of words of variedorigin, the Lexicon includes Greek,Latin, "Roman," Arabic, Celtic, Germa-nic, and even ghost, i.e. "false," words,and localized toponyms in incipientstages of their use. Although its price(€ 267, 000) may somewhat restrict itspurchase by individuals, it is a sine quanon for historians and philologists whoresearch and translate the Latin-Romantexts of Asturias and León.Cynthia White · Dept. of Classics ·University of Arizona · Tucson ·AZ 85721 · [email protected]

Jean-Denis G. G. Lepage, British For-tifications Through the Reign of Ri-chard III: An Illustrated History,McFarland & Company, Jefferson,NC, and London 2012, viii, 310 pp., ill.While Lepage has previously publisheda number of other books on militaryhistory, from the Middle Ages to theSecond World War, here he focuses onBritish fortifications from the Celtictimes to the reign of Richard III, that is,

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until 1485. Lepage has developed hisown style and methodology and presentsthe historical information in a well or-ganized manner, yet he consistently ab-stains from engaging with the relevantresearch literature. However, he refers toit in a separate bibliography at the end,and he also illustrates his book with hisown drawings of the relevant structures.With 'British' he really means only thegeographical dimension, since he beginswith prehistory, then turns to Romanfortifications in Britain until 409, subse-quently deals with early fortificationfrom ca. 409 to 1066, then he covers theNorman castles, followed by a chapteron early Plantagenet fortifications and achapter on the castles erected by the latePlantagenets.

Lepage is a wonderful story teller,offering highly detailed information,supporting it all the time with very im-pressive sketches. Does he, however, tellus the truth? Can we rely on his data andanalyses? Overall, there seems little todoubt his presentations, but they arewhat the word implies, presentationswith no concern about traditional meth-ods of verification. There are no foot-notes, no references to any sources, andthe sketches almost seduce us to acceptLepage's arguments without any furtherquestions at face value. Nevertheless, heproves to be a well-attuned researcherwho has done a lot of work at the manydifferent sites that he is describing in hisbook. He seems to have consulted mucharcheological research, but he never al-lows us to look into his cards. We justhave to believe what he says. At thesame time, his artistic drawings bringout many features of medieval fortifica-

tions that seem to be, temptingly, highlytrustworthy. A number of times he alsoincluded sketches of individual warriors,such as Celts, Romans, etc., but theseare just imaginary, and carry a lot ofsubjective opinions. At the same time,the numerous maps are excellent andbring out, just as the countless sketchesof castles and fortification features, thebasic elements and allow us, at least inmore abstract terms, to comprehend theprinciple structures. Lepage also dis-cusses weapons, clothing, horses, brid-ges, roads, walls, keeps, bailies, andmany other critical aspects in medievalwarfare and fortifications. He also givesus good background information abouthistorical events (mostly wars andsieges) and rulers, but all that proves tobe only solid summaries of previous re-search. For instance, his discussion ofthe history of William the Conqueror iswell written and most insightful, al-though, once again, there are no refer-ences, no sources, no critical reflections.

This odd, though also quite attractivevolume, concludes with maps, a list ofconservation organizations, a list ofkings and queens, a brief bibliography,and an index. Here we face a historian'sreport which proves to be highly insight-ful and sensitive to the historical condi-tions, but we are not allowed ever to askwhere Lepage might have culled his in-formation from.Albrecht Classen

Magnificence and the Sublime in Me-dieval Aesthetics: Art, Architecture,Literature, Music, ed. C. Stephen Jae-ger (The New Middle Ages), Palgrave

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Macmillan, Houndmills, Basingstoke,Hampshire, and New York 2010, xi,274 pp., 48 b/w plates.The famous editor of this volume claimsthat the Middle Ages as a cultural periodhave been relegated to a marginal posi-tion since the nineteenth century, and heidentifies this phenomenon as the "di-minutive Middle Ages" (or DMA) (5).He goes on to lament: "Viewed throughthe lens of DMA, the Middle Ages is aperiod of small, quaint things and peo-ple, of miniatures, humble, little, over-shadowed by its big neighbors—antiq-uity in its past and the Renaissance in itsfuture—a conduit between the two" (5).In other words, the Middle Ages havebeen recognized as nothing but a "curi-osity cabinet" that can easily be ignored,if we accept the general attitude aboutthat age. Considering medieval researchfrom the last thirty or forty years, how-ever, the very opposite seems to be thecase, as Jacques Dalarun and his col-laborators in Le Moyen Âge en lumière(2002), among many others, have ar-gued. It might be like carrying coal toNewscastle to refer to St. Augustine,Boethius, Abelard, Maimonides, Avi-cenna, Thomas Aquinas, Henry ofGhent, and many other medieval theolo-gians and philosophers, who all havebeen accepted as intellectual giants whocertainly worked both with the magnifi-cent and the sublime. And the list of ec-clesiastical and secular writers who pro-duced monumental works that deeply in-spired their contemporaries and continueto awe modern readers is simply legion.I cannot see much of a DMA or attemptsto project such a cultural period in histo-riographical terms! When Jaeger states

that "[t]he emotional life of medievalpeople is grotesquely reduced by theDMA, now humble, now strident, oftenhectic and overwrought, their feelingsthose of children or dwarves" (6), I hearresonances of Huizinga's claims from1919, while Jaeger's own brilliant re-search over the years could be cited asstrong counter-evidence to this position(as to children and the world of emo-tions, see Childhood in the Middle Agesand Renaissance, ed. A. Classen, 2005).What medievalist would continue to ad-here to such a perspective treating theMiddle Ages the way scholars and thepublic alike did in the nineteenth cen-tury, and still until the middle of thetwentieth century (E. R. Curtius, ErnstAuerbach)? Perhaps Jaeger projectsstraw figures to lead over to the realpurpose of this anthology, to bring to-gether articles that explore the two as-pects of the magnificent and the sub-lime. Here we are, of course, on firmground and can easily engage with theindividual studies.

What might be the meaning of theseconcepts? Jaeger signals that he means"the noble, the grandiose, and the terri-fying, in words, actions, and visions"(10). But if that is the case, we only needto turn to the huge body of research onmysticism to find confirmation thatthose aspects have been dealt with nu-merous times over the last decades. Noone would dare to claim that Hildegardof Bingen, for instance, was a "diminu-tive" figure. The same would certainlyapply to Gothic architecture, to the his-tory of the Grail romance, Gregorianchant, and so forth. Why would we thinkthat Dante's Divina commedia (here

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studied by Eleonora Stoppino) has beenlost in the DMA? Has a wealth of manu-script studies completely overlooked thesublime and the magnificent? Anyonefamiliar with the ever growing numberof stunning facsimiles of medievalBooks of Hours, for instance, not even tospeak of the wonderful originals, wouldprobably disagree here as well. Do wereally need "a call for an expansion ofimagination in contemporary medievalstudies" (13)? As much as I stronglysupport Jaeger's approach toward bothconcept, I find it just puzzling to readthat medievalists are, as he seems toview it, stuck in post-romantic attitudestoward the Middle Ages. Would there beany reason to doubt, particularly in lightof infinite modern research in art his-tory, literary history, architectural his-tory, history of philosophy, and historyof religion (see Handbook of MedievalStudies, ed. Albrecht Classen, 2010),that "these representational forces exist"(13). If we needed any further proof, thesimple reference to the private HolyCross chapel built for the German Em-peror Charles IV underscores how muchin the Middle Ages the magnificent andthe sublime were intimately wedded to-gether, as many scholars have observedfor many years already (see the contri-butions to the catalogue Kaiser Karl IV.,ed. Ferdinand Seibt, 1978). Medievalbook illuminations have also been rec-ognized as most splendid art works, un-doubtedly representing the magnificentand the sublime in aesthetic and relig-ious terms (see the contributions to Me-dieval Mastery: Book Illuminations fromCharlemagne to Charles the Bold,2002).

In essence, the contributions confirmthat the Middle Ages were very muchdriven by this enthusisam for and intenseinterest in the magnificent and the sub-lime, considering the religious dimen-sion of much medieval literature, art,and architecture. Christopher Page refersto fifth-century music in Gaul, whileDanuta Shanzer discusses Augustine'ssermons (sermo humilis) in this light.Adam S. Cohen underscores how muchearly-medieval manuscripts confirmedthe quest for the sublime, or numinosum,while Margot E. Fassler studies liturgi-cal art in this respect (Robert the Pious).The extent to which the sublime foundmaterial expression in Gothic churchesis discussed by Paul Binski. C. StephenJaeger himself explores Richard of St.Victor's theological and philosophicalteachings in terms of the sublime. Stop-pino turns to Dante's Divina Commedia,and Areli Marina surveys late-medievalItalian architecture, especially thosebuildings that can be characterized asmagnificent. Emma Dillon adducesvarious voices from the high MiddleAges that dealt with the magnificent ap-pearance of Paris, and Beth Williamsonconcludes with a study on medieval art.

There is much valuable interdiscipli-nary material contained in the articles,so when Binski discusses the end of thebuilding boom of Gothic cathedrals bythe mid thirteenth century, and correlatesthose cathedrals with Gottfried vonStrasbourg's Tristan (ca. 1210) and Al-brecht's Jüngere Titurel (ca. 1270). Buthow would the latter text fit into thechange of building styles? Or did the lit-erary play with the architectural mag-nificent continue far beyond the high

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tide in architecture? Jaeger himself in-cludes numerous references to MiddleHigh German romances in his discussionof Richard of St. Victor's teachings, at-tributing a strong awareness of the mag-nificent and sublime to Gottfried insofaras the aesthetic is intimately tied in withthe religious epistemology.Yet, howdoes the scene with Rüdiger handingover his shield to Hagen in the Nibelun-genlied (174) represent the sublime? Weare talking here about a most movingdemonstration of true friendship. So,what is the sublime, really? Ethics, love,belief in God? How Kant's reading ofthe sublime might really help us to un-derstand the sublime in Dante's Inferno,as Stoppino indicates, remains elusive tome. Equally puzzling seems to me Dil-lon's effort to identify those descriptionsof Paris as reflections of the sublime. Fi-nally, what does it mean when Marinarefers to the building of urban space, es-pecially of the characteristic piazza, innorth Italian cities such as Parma, as ex-amples of the magnificent, since they al-ready fall into the Renaissance? What isthe difference, and what would makethose projects so sublime?

This volume provokes in many pro-ductive ways, and forces us to considerprofound spiritual and aesthetic-ethicaldimensions of medieval culture. How-ever, the theoretical basis remains un-clear to me, as impressive as each indi-vidual piece proves to be in scholarlyterms. The editor has done a marvelousjob bringing together excellent studies ina variety of fields, but I do not recognizea real break-through or clarification ofwhat the magnificent or the sublimereally meant in the Middle Ages or to

what extent modern scholars might haveignored both aspects. Virtually everycontribution deals with well-known textsor objects from that time period in whichthe quest for the spiritual finds profoundexpression. But that is not new at all.What do the authors really try to provehere? If they want to torpedo Curtius'sarguments regarding the irrelevance ofthe Middle Ages—which he certainlydid not claim—they might pick a fightthat has been over already many decadesago. The volume concludes with a selectbibliography and a very welcome index.The book is, unfortunately, printed in avery small type, which makes it hard toread.Albrecht Classen

Marginalität im Mittelalter. Hg. vonNicole Nyffenegger, Thomas Schmidund Moritz Wedell. Das Mittelalter:Perspektiven mediävistischer For-schung. Zeitschrift des Mediävisten-verbandes, Bd. 16, Heft 2, AkademieVerlag, Berlin 2011, 188 p.Soziologisch gesehen besitzen Rand-gruppen fast noch mehr an Bedeutungals die Mehrheit, weil sie in höchst fas-zinierender Weise die wesentlichen Cha-rakteristika der Gesamtgesellschaft zuspiegeln vermögen. Die Art und Weise,wie z.B. die Christen im Mittelalter mitJuden oder Sinti/Roma umgegangensind, spricht Bände. Aber Marginalität,wie sie im vorliegenden Band diskutiertwird, der sich auf eine Ringvorlesungdes interdisziplinären "Berner Mittelal-ter Zentrums" im Herbstsemester 2007stützt, besitzt noch erheblich weitereDimensionen und spiegelt auch Phä-

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nomene in der Literatur, der Kunst oderArchitektur und insbesondere in derWeltwahrnehmung, schließlich be-herrschte ja eine absolut eurozentrischeSichtweise das mittelalterliche Denkenin Europa. Über Marginalität zu spre-chen bedeutet mithin, ganz wesentlichmentalitätsgeschichtliche Strukturen auf-zudecken.

Nach einigen theoretischen Refle-xionen von Moriz Wedell über das hierzu behandelnde Phänomen beginnt Mi-chael Stolz mit weitausholenden Gedan-ken darüber, wie Marginalität im kon-kreten mittelalterlichen Sinne zu verste-hen wäre, indem er zunächst das Kon-zept des Labyrinths diskutiert (leiderohne die Arbeit von Penelope ReedDoob, 1990, zu kennen), wie es in deralthochdeutschen Literatur (Otfrid vonWeißenburg) und in hochgotischen Ka-thedralen (Amiens) auftaucht, dann abersehr ausdrücklich in der Deckenmalereider Kirche von St. Martin in Zillis,Graubünden. Weiterhin bedenkt er mit-telalterliche Handschriften, in denenüberall mit Freude auf den TexträndernGlossen oder Bilder hinterlassen wurden(z.B. Hausbuch des Michael de Leone).Schließlich geht Stolz auch auf das ei-gentümliche Verhältnis von 'Haupttext',Wolframs von Eschenbach Parzival, und'marginalem' Text, Titurel, ein (ohneKenntnis der Monographien von A.Classen, Utopie und Logos, 1990; A.Sager, Minne von maeren, 2006), wo er"Grenzen der Lektüre" (45) beobachtet,denn nur derjenige, der mit Parzival gutvertraut ist, kann all die Bezüge im Titu-rel nachvollziehen.

Anschließend behandelt Oliver Lan-dolt die im Spätmittelalter auftretende

Xenophobie in der Eidgenossenschaft,wo man zunehmend landläufige Bevöl-kerung feindselig betrachtete, zu derman schließlich sogar die Ströme vonScholaren rechnete, die wegen ihrerMenge auch wirtschaftlich zur Last fie-len. Fahrende Händler, Hausierer, Reis-läufer, 'Zigeuner', Arme, Bettler und an-dere Bedürftige tauchen häufiger in denQuellen auf, weil sie mit Ablehnung be-trachtet wurden. Eine der entscheiden-den Lösungsansätze bestand darin, denverantwortlichen Heimatgemeinden dieVersorgung der Bedürftigen aufzuerle-gen (es fehlt die Arbeit von ReimarGilsenbach, Weltchronik der Zigeuner,1994, 2. Aufl. 1997).

Juden haben immer während desMittelalters und der Frühneuzeit unterder Marginalisierung gelitten. DeanPhilip Bell wendet sich erneut diesemThema zu, indem er die komplexe Be-ziehung zwischen Juden und Christenaus dem Blickwinkel jüdischer Quellenbetrachtet, wo er insbesondere das Phä-nomen beobachtet, dass diejenigen Ju-den, die sich dem Christentum zuwand-ten, als Apostate verdammt und mithinmarginalisiert wurden. Das Auftretenvon Spielmännern und Schauspielern imspäten Mittelalter (insgesamt als Giulle-ria identifiziert) bereitete insbesondereden Klerikern große Probleme, weil siediese Gaukler und Akrobaten als Kon-kurrenten im öffentlichen Auftreten an-sahen, wo eigentlich die kirchliche Pro-zession und das kirchliche Spiel die gan-ze Aufmerksamkeit auf sich lenkensollten. Es wäre äußerst spannend gewe-sen, wenn Andreas Kotte in seinem Auf-satz hierzu auch noch den höchst eigen-tümlichen und ungemein aussagekräfti-

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gen Text "Our Lady's Tumbler" (12. Jh.)hinzugezogen hätte, wo ein solcherAkrobat-Tänzer im Kloster seine eigeneForm der Marienverehrung entwickeltund höhere Begnadigung von der Jung-frau erfährt als alle Mönche.

In der theologischen Auseinanderset-zung mit religiösen Abweichlern (z.B.Arius) und heidnischen Philosophiesetzte die Kirche auch künstlerischeMittel ein, indem sie, wie Silke Tammenvor Augen führt, ikonographisch denTriumph der rechtgläubigen Kirchestrategisch darstellen ließ, sei es durchSkulpturen, sei es in der Buchmalerei.Insbesondere die Häretiker lösten großeÄngste aus, was immer wieder in Ma-nuskriptillustrationen zum Ausdruckkommt, in denen diese gewaltsam unter-drückt werden. Überragend in der vi-suellen Darstellung von Thomas vonAquin kam dieses Bemühen explizitzum Ausdruck, so in der Pisaner Tho-mastafel oder in der Präsentation desAquinaten im Wandbild "Triumph desThomas von Aquin" von Andrea di Bo-naiuto im Kapitelsaal des Dominikaner-konvents von Santa Maria Novella inFlorenz (ca. 1366-1368).

Mit großer Zustimmung liest manChrista M. Haeselis Versuch, die Rolleder althochdeutschen Zaubersprüche imKontext der Überlieferungsträger zuuntersuchen, indem sie darauf hinweist,dass ihre vermeintlich marginalisierteStellung eigentlich trügt, da sie letztlichdoch im größeren textlichen Zusam-menhang wahrzunehmen wären ("kon-vergente Texte", 131). Nach ihrer Über-legung handelt es sich grundsätzlich umSprüche, die in ihrer sehr engen Anleh-nung an Gebete eine Art von performa-

tivem Rahmen zum zentralen Text aus-machen und somit in Korrespondenz zurüberragenden Aussage der jeweiligenliturgischen Funktion zu sehen wären.

Zum Abschluss setzt sich Wedell er-neut theoretisch mit dem Konzept derMarginalität auseinander und greift dieverschiedenen hier ausprobierten Ansät-ze noch einmal auf, indem er danachfragt, wie über dieses Phänomen gespro-chen und gehandelt wird, welche se-mantischen Relationen bestehen und wieder Rand mit dem Zentrum aus mittel-alterlicher Sicht in Verbindung mitein-ander stand.Albrecht Classen

Martina Bagnoli and Kathryn Gerry,The Medieval World: The WaltersArt Museum, Photography by SusanTobin, The Walters Art Museum, Bal-timore 2011, 216 pp., ill.This richly illuminated volume presentsa breathtaking selection of some of thebest art works from the Middle Agescontained in The Walters Art Museum inBaltimore. The two authors accompanya large number of excellent photos bySusan Tobin with extensive commentsand an introduction, offering the readers,who are certainly assumed to be layreaders, first a general survey of whatwe mean by the Middle Ages. The actualbook is divided into the following fivechapters: 1. the classical tradition in me-dieval art; 2. the artistic process; 3. thespace of heaven; 4. saints, relics, anddevotion; and 5. earthly possessions.They conclude the volume with somecomments on how the Romantics and

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their successors created an image of thatpast age according to their own con-cepts, a process which we today callMedievalism.

Insofar as the Walters Art Museumhouses one of the largest collections ofmedieval art in the United States, thisvolume promises to arouse considerableinterest, especially because the originalcollector, Henry Walters (1848-1931),began to acquire his art objects at a timewhen there was not yet a significant in-terest in medieval art. Walters focusesparticularly on Byzantine art, whichmakes his collection today even morevaluable. This, however, is not the focusof the present volume.

This book aims for the general pub-lic; hence the broad nature of the intro-duction. But the two authors approachtheir task mostly from an art-historicalcontext, without giving the more impor-tant historical framework. Most readers,however, will turn primarily to the artobjects presented here, and each piece islovingly photographed and presented intruly impressive quality. Even the small-est details become recognizable The ac-companying narrative mostly achievesthe goal of informing the reader aboutthe background of the specific pieces orimages. For each subject matter theauthors have selected highly appropriateobjects, which they sensitively describeand comment on, making sure that wecan comprehend the basic functions anduses of relics, manuscript illustrations,crosiers, ivory carvings, sculptures, pen-dants, bowls, and many other objects.

Most importantly, they also include adetailed annotated checklist, which pro-vides the relevant information on each of

the objects or images housed in the col-lection. The pleasant volume concludeswith abbreviated references and an in-dex. Scholars might not necessarily con-sult it for the historical and art-historicaldiscussions, but they will find this bookto be a splendid example of modern-daybibliophile publications, bringing tolight in a glorious fashion the marvels ofmedieval art. The general reader finds,in addition, valuable and not too detailedbackground information.Albrecht Classen

Margit Mersch und Ulrike Ritzerfeld,Lateinisch-griechisch-arabische Be-gegnungen. Kulturelle Diversität imMittelmeerraum des Spätmittelalters(Europa im Mittelalter, 15), AkademieVerlag, Berlin 2009, 337 S., Ill. (s/w),farbige Tafeln im Anhang.Ausgehend von einer Konferenz, veran-staltet in Erlangen am 17. und 18. No-vember 2006, vereint der gelungeneSammelband kunstgeschichtliche Bei-träge zu Kulturbegegnungen im Mittel-meerraum, wobei es wohl nicht unver-nünftig war, dass die Herausgeberinnenvon den disziplinär vorgeprägten Ord-nungen Islam-Byzanz-lateinisches Euro-pa ausgingen (wiewohl es bedauerlichist, dass die entsprechenden Spezialistendazu dann nicht beizubringen waren).Doch liegt da auch die Gefahr: könnenwir die untersuchten Phänomene wirk-lich als Mischung, Koexistenz oder Hy-bridisierung verschiedener Kulturen ver-stehen? Die Herausgeberinnen machenin ihren, sorgfältig den Forschungsstandreferierenden, einleitenden Beiträgen

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klar, dass es sich um überaus komplexePhänomene handelt, die nicht in einfa-chen Modellen gefasst werden können.Mersch weist dabei auf das foucaultscheSchichtenmodell1 hin und darauf, dassmithin geteilte Ursprünge und Ge-schichte Gemeinsamkeiten erzeugen –nicht nur Begegnungen bzw. horizonta-len Transfer. So würden sich dann jatranskulturelle Phänomene und Koexis-tenz von Formen oft recht unaufgeregterklären: über das gemeinsame römisch-griechische Erbe, auch bei den 'Arabern'und über eine gemeinsame, mediterraneGeschichte. Hybridität und Aufnahmevon Formen des 'Anderen' könnte dannimmer auch Re-Appropriation des eige-nen Erbteils bedeuten und mitnichtenToleranz.2 Doch folgen die meistenBeiträge einem anderen Muster: vor derFolie apriorischer Kulturantagonismenwird Toleranz, Hybridität und Koexis-tenz gesucht – und gefunden. In einemdritten programmatisch-einleitenden Ka-pitel umreißt Gerhard Wolf ("Alexandriaaus Athen zurückerobern?") in Abgren-zung von Aby Warburg und Hans Bel-ting eine mediterrane Kunstgeschichteals Teil einer weltweit vergleichendenErforschung von Bildkulturen und vongroßen Räumen bzw. von Multikultura-lität in verdichteten Zentren. Er entwirftderen Agenda am Beispiel des 'multi-kulturellen' Siziliens, verdichtend sichzeigend im viersprachigen Grabstein derMutter von Grisandus aus dem 12. Jh.(50-52).

Darauf wenden sich vier Beiträgeeinzelnen Objekten, Objekttypen undSymbolen zu: Maria Georgopoulou("Fine Commodities") behandelt denAustausch von Dingen zwischen den

'Kulturen' des Mittelmeerraums. DieFreer Canteen wird als ein Beispiel hy-brider Kunst vorgestellt – christlicheIkonographie ist kombiniert mit 'islami-schem' Kunsthandwerk. Sie konstatiertdie Entwicklung eines transkulturellenGeschmacks im 13. Jh. (88 seq.) undweist dabei auf die Bedeutung des ge-meinsamen greco-römischen Erbes hin.Robert Ousterhout geht es anschliessendum "Symbole der Macht", v.a. Heraldik,und er kann dort ein ähnliches Phäno-men feststellen – eine gemeinsame Nut-zung bzw. Wanderung von Symbolen(z.B. doppelköpfiger Adler, tujra Zei-chen, 105 seqq.), mithin die Entwick-lung einer gemeinsamen Formensprachevom 12.-14. Jh.. Typische Motive wieder steigende Löwe seien zwar vom We-sten übernommen, dabei aber in Byzanzfreier eingesetzt worden. Dann setzt sichKarin Krause in "Feuerprobe, Portraitsin Stein" mit Reliquien und ihren Feuer-proben aus dem Schatz von S. Marco im13. und 14. Jh. auseinander. Die Reli-quien dienten der weiteren VermarktungVenedigs als Pilgerdestination (auf Pil-gerberichte geht sie nicht ein- das wärezwar ein unverzichtbares aber zugege-benermaßen zu weites Feld für diesenAufsatz gewesen) und verortet den ur-sprünglichen Standort einer Tafel, diegleichsam als Werbung die wichtigstenReliquien vorzeigt, überzeugend an ei-ner Außenwand der Markuskirche. DerBezug zur Fragestellung des Buches(byzantinische Ursprünge der Reli-quien?) bleibt vage. Annette Hoffmann("Leibesfülle zwischen Ost und West")schließlich identifiziert offenbar spätby-zantinisch inspirierte Rundbauchdarstel-lungen in der Bibel von Gerona aus dem

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13. Jh. Gerne hätte man mehr von derRelation der Bilder zum eingerahmtenText erfahren. Können wir eine derTextauslegung analoge Vielschichtigkeitder Interpretationsangebote im Bild fas-sen? Etwa einen Bezug zum vierfachenSchriftsinn?

Vito Bianchi's italienischem Beitrag("Musulmani nel Sud Italia") folgen nundrei Beiträge zu Süditalien. Bianchi gibteinen recht allgemeinen Überblick zuMuslimen in Sizilien und Apulien imMittelalter, erwähnt die angebliche Is-lam-Freundlichkeit Friedrichs II. (13.Jh.), ohne diesen Topos in der päpstli-chen Propaganda kritisch weiter zu ver-orten. Er deutet mögliche Ursprünge derGeometrie friderizianischer Kastelle imbyzantinisch-islamischen Architektur-vokabular an. Von der Keramik ("gli ar-cheologi sono strane persone", 189) v.a.von Lucera leitet er über zu Bauele-menten, wobei sich die angeblichen Be-züge zu "islamischer" Architektur demLaien nicht immer erschließen.

Im nächsten Beitrag demontiert Diet-rich Heißenbüttel ("Indizien kulturellerDifferenz in den mittelalterlichen Bau-,Bild- und Schriftdenkmalen aus Bariund Matera. Ein Schichtenmodell")überzeugend die Auffassung, dass dasmittelalterliche Süditalien ganz byzanti-nisch gewesen sei, ,und entlarvt ver-meintlich Byzantinisches als lateinischund slawisch. Zentral sein Hinweis, dasssich 'Araber' bzw. Sarazenen oft nichtrichtig fassen lassen, da es einfach undgängig gewesen sei, Identitäten zuwechseln (202 seq.). Ob ein von Haupt-achse und privaten Innenhöfen gekenn-zeichneter Städtegrundriss spezifischarabisch ist, mag man zwar bezweifeln

und lieber von mediterran sprechen (205seq.), doch stimmt man sicher zu, dassdas Neben- mit dem hiervon nicht zutrennenden Hintereinander von Migra-tionen und Kulturen zu verstehen ist unddass koexistierende Stile vielleichtweniger bewusste Hybridisierung alsselbstverständlicher Ausdruck eines ge-meinsamen Erbes von mediterranenFormen sind ("Schichtenmodell"). Erbetont dafür die (oft unterschätzte) so-zio-kulturelle Differenz und die "Re-dundanz mündlicher Kultur" der Unter-schicht (214), die von Herrscher- undModewechseln recht ungerührt weitere-xistierte – die Eindringtiefe der jeweilsneuen 'Kultur' wäre demnach wohl be-schränkt gewesen – , was man gar nichtgenug betonen kann.

Der dritte Beitrag zu Süditalien be-handelt die Kunstpraxis der Mendikan-ten in der Kontaktzone zum Orthodoxen(Margit Mersch und Ulrike Ritzerfeld).Gemeinhin war angenommen worden,dass die Mendikanten als Speerspitzepäpstlicher Politik in Süditalien wirkten.Da werden jetzt aber Brüche ausge-macht: auch die Mendikanten orientier-ten sich in ihrer architektonischen For-mensprache an lokalen Vorbildern(227). Die Autorinnen gehen dann aufKunstförderung der Mendikanten, desAdels und dann besonders der del BalzoOrsini am Beispiel der außergewöhnli-chen Kirche S. Caterina in Galatina (En-de 14. und 15. Jh.) ein und schließen mitVerweisen auf Franz v. Assisi, der einer-seits für den vordringenden Katholizis-mus stand, andererseits auch den Ortho-doxen als Heiliger genehm sein konnte(283). Anknüpfend an die Medikanten-thematik, beschließt Anne Müllers Bei-

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trag zu Bettelmönchen und Islam, v.a.im 13. Jh., den Sammelband. Sie konsta-tiert eine Diskrepanz zwischen Franzis-kanern und Dominikanern. Während beiersteren durch die Vita des Hlg. Franzis-kus vorgespurt die provokative Missionunter Inkaufnahme des Martyriums imVordergrund stand, ging es bei den Do-minikanern bekanntlich ums Predigen,weswegen der Spracherwerb besondersbedeutend gewesen sei.

Schade ist, dass Islamwissenschaftlerbzw. Spezialisten für islamische Archi-tektur und Kunstgeschichte nicht zuWorte kommen konnten und Byzantini-sten nicht zur Erhellung der Befunde inSüditalien beigezogen wurden. So bleibtder Blick auf die Begegnungen, so fas-zinierend diese sind, etwas monoper-spektivisch. Dennoch ist dies eine über-aus lesenswerte Sammlung heterogenerTexte, eine tour d'horizon zu Aspektenvor allem kunsthistorisch untersuchtermöglicher Begegnungen im östlichenMittelmeerraum, die neue und faszinie-rende Einblicke zu geben vermag.Georg Christ · Transkulturelle Studien ·Marstallstr. 6 · 69117 Heidelberg ·[email protected]

1 Cf. Michel Foucault, L'archéologie dusavoir (Paris: Gallimard, 1969), cf. auchden Bezug im Beitrag von Heißenbüttel.

2 Cf. dazu im Beitrag von Heißenbüttel,204: die Verwendung der kufischenSchrift verweist nicht automatisch aufToleranz (in der Tat: cf. die pseudo-ara-bischen Schriftornamente in mudejari-scher Architektur anfangs des 16. Jh.).

3 Der Verfasser dieser Rezension ist keinKunsthistoriker und hat die Beiträge ausder Sicht eines eher handelsgeschichtlichausgerichteten Mittelmeerhistorikers ge-lesen.

Roberta Milliken, Ambiguous Locks:An Iconography of Hair in MedievalArt and Literature, McFarland &Company, Jefferson, NC, and London2012, x, 290 pp., 40 ill.Although scholarship has not paid muchattention to hair in the Middle Ages, itsintimate association with women's sexu-ality certainly justifies an extensivetreatment of this topic, as here presentedby Roberta Milliken. She resorts to liter-ary, theological, and art-historical mate-rial to explore what hair meant in moraland ethical terms throughout the MiddleAges. This is, however, not a book abouthair styles, treatment of hair, hairdos,combs, and other objects all relevant forthe material culture of hair. Instead,Milliken looks at hair as an icon of me-dieval femininity and hence as a symbolof seduction and penitence at the sametime. The author begins with a very gen-eral introduction, discussing howwomen were viewed in the MiddleAges, as if this had not yet been thetopic of countless relevant and trivialstudies. Stereotypes and commonplacesabout women dominated the public dis-course throughout that age, but therewere also countless alternatives, pre-senting women as strong, morally up-right, ideal, and religiously devout. Nev-ertheless, the presentation of female hairhas always carried some kind of sexualimplications, as we learn in the secondchapter with its focus on the portrayal ofwomen in the biblical text. The beautifulcourtly lady always impresses her socialenvironment with her hair, but as soonas she is getting married, or joins a con-vent, that hair disappears, either beingcut or hidden under a head-gear.

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From the time of the Church Fathersthroughout the Middle Ages with itsmany conduct books, we find numerouscomments about women's hair whichseems to have consistently irritated con-servative critiques, probably because ofthe sexual allure exerted by hair. In allreligious texts where women figure orspeak up do we learn about the problemwith women's hair, which has to betugged away to be proper. Religiouscommunities never allowed their mem-bers to wear open hair, but secularauthors also voiced the same opinion.When Milliken refers to the anonymousauthor of a Frauenbiechlein (81), sheprobably means Ulrich von Liechten-stein's thirteenth-century Frauenbuch,but since she mostly relies on secondaryliterature, we can only wonder what shemight have in mind. Female authorssuch as Christine de Pizan also warnedabout open hair since it undermined anestablished woman's social status.

Subsequently Milliken turns to thefigure of Eve whose ambivalent positionas the first woman and as Adam's se-ductress is well known, which finds itsgood expression in her hair, as portrayedin countless images throughout the Mid-dle Ages. Most of Milliken's examples,however, date from the late fifteenth andsixteenth centuries, so technically al-ready from the Renaissance. In the fifthchapter she deals with the presentationof lust as one of the seven deadly sins,and touches on prostitutes as well, butthe informational value remains rathersmall, although she mixes references tothe Church Fathers with comments oncourtly romances. In the sixth chapterthe author focuses on sirens and mer-

maids, who are always illustrated withlong, open hair, reflecting their ambiva-lent status between human and super-natural beings. Milliken additionallyconsiders Mélusine, but ignores thatthere was also a strong German traditionwith Thüring von Ringoltingen's version(1456, many incunabula and early mod-ern prints). In the late Middle Ageswitches were commonly presented withlong hair, as the seventh chapter bringsto light. Here Milliken turns to a numberof striking images by Baldung Grien andAlbrecht Dürer, but tends to mislabel ormisinterpret them ("The Love Charm"by the Low-Rhenish Master is certainlynot an image of a witch, and the artistdid not originate from Flanders).

In the eighth chapter the author ex-amines the punishment of bad women inhellish scenes by Giotto and his contem-poraries, who tended to place great em-phasis on women's hair. The reference tothe Sachsenspiegel is wrong in that thislaw book was created in north-easternGermany (not southern), and certainly abit later than in the early thirteenth cen-tury (154).

But in many cases medieval art andliterature also dealt with 'good' women,who are commonly shown with long andopen hair, such as the Virgin Mary,Mary Magdalene, and many differentfemale martyrs. In a deliberate transfor-mation of the sexual implications, weoften discover female nudes whosemodesty is preserved by means of theirlong and dense hair, such as in AlbrechtDürer's woodcut (as is common, Mil-liken does not seem to understand Ger-man and mostly ignores German um-lauts). When the author discusses the il-

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lustration of the torture of Saint Lucy inthe Legenda aurea, she commits thesurprising error of stating that Lucy wasstabbed through her throat, when thesword clearly penetrates her stomach(fig. 35). Finally, she discusses wife-beating, and then the role of Jeanned'Arc, who was also shown with longhair.

Overall, this is a good collection ofsamples taken from medieval art history,literature, theology, and didactic litera-ture pertaining to the portrayal ofwomen with their hair. Too many times,however, Milliken has relied on secon-dary sources and discusses large topicsin very general terms, as if she were notsure about her audience (general orscholarly). The apparatus demonstrates asense of what scholarship has said abouther topic at large and in specific terms,but there is no clear theoretical thrust,and we never get a good sense of thehistorical, mental-historical, and gender-historical framework. But, irrespectiveof this criticism, the author covers hertopic quite extensively and in consider-able detail, demonstrating that hair, in-deed, was and continues to be an im-portant social marker.Albrecht Classen

Ulrich Müller, Gesammelte Schriftenzur Literaturwissenschaft. Hg. vonMargarete Springeth, Gertraud Mit-terauer, Ruth Weichselbaumer, unterMitwirkung von Annemarie Eder undVerena Vitzhum. Mit einem Vorwortvon Ingrid Bennewitz. 1. Band: Lyrikdes Mittelalters I. 2. Band: Lyrik II,

Epik, Autobiographie des Mittelalters(mit einem Nachwort von Rolf Bräu-er). 3. Band: Interkulturelle Germani-stik, Neuere Deutsche Philologie, Mit-telalter-Rezeption I (mit einem Nach-wort von Franz Viktor Spechtler). 4.Band: Mittelalter-Rezeption II (miteinem Nachwort von Karin Garulli-Ebner) (Göppinger Arbeiten zurGermanistik, 750 I-IV), Kümmerle,Göppingen 2010, XIII + 692 S., VIII +636 S., VIII + 629 S., VIII + 580 S.Welcher Germanist würde nicht UlrichMüller kennen, den großen Fachmannauf dem Gebiet der mittelalterlichendeutschen Lyrik, der interkulturellenGermanistik und der Mittelalter-Rezep-tionsgeschichte? Seine wissenschaftli-chen Beiträge haben immer wieder denNagel auf den Kopf getroffen und unsentscheidend weitergeführt, auch wennnatürlich die Diskussion damit nichtzum Abschluss gekommen wäre oderalle Kontroversen aus dem Wege ge-räumt worden wären. Nun liegt uns invier schweren Bänden zumindest einegrößere Auswahl seiner bisherigen Pu-blikationen von 1968 bis 2005 erneut imDruck vor (offensichtlich eingescannt),womit die größeren Themenschwer-punkte Müllers noch viel klarer als bis-her vor unsere Augen treten. Seine zahl-reichen Untersuchungen vor allem zurMusikdramaturgie, zur Literaturge-schichte und zu den Salzburger Fest-spielen fallen hier weg, wurden sie ja be-reits anderweitig gesammelt wiedernachgedruckt. Gerade weil Müller überdie Jahrzehnte hinweg so viele aufre-gende, provokative und insgesamthöchst bedenkenswerte Aufsätze (undBücher) veröffentlicht hat, liegen natür-

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lich zahllose Reaktionen darauf vor, seies in der Form von Gegenaufsätzen oderRezensionen von Sammelbänden. Ichwerde hier also nicht weiter auf einzelneBeiträge eingehen und will nur kurz denWert dieser vier Bände insgesamt kom-mentieren.

Der größte Vorteil besteht darin, dassnun die Aufsätze nach Themengruppengebündelt sind, womit auch deutlicherwird, worin Müllers zentralen Interessenbestanden, d. h. Neidhart, Oswald vonWolkenstein, Michel Beheim, Heldene-pik und Sangvers-Epik, Autobiografieim weitesten Sinne des Wortes, inter-kulturelle Germanistik (wobei Müllerpraktisch keine Grenzen setzte!), Gott-frieds Tristan und die mittelhochdeut-sche Epik. Die Aufsätze wurden in ihrerursprünglichen Fassung wieder abge-druckt, aber eine neue Paginierung be-gleitet sie, was die Auffindung erheblicherleichtert. Wichtig ist auch, dass amEnde jedes Bandes genau aufgelistetwird, wo die Aufsätze ursprünglich er-schienen sind. Dort erscheinen auch,was vielleicht genauer hätte markiertwerden können, Hinweise auf zusätzli-che Arbeiten das gleiche Thema betref-fend, ebenfalls aus Müllers Feder. JederBand wird mit einem Inhaltsverzeichniseingeführt; nur im ersten erscheint einVorwort von Ingrid Bennewitz, und je-der Band schließt mit einem sehr sym-pathischen Nachwort von einem indivi-duellen Kollegen.

Formal gesehen handelt es sich umein sehr sorgfältig und sauber durchge-führtes Projekt, denn trotz der Vielfaltan Drucktypen entsteht ein geschlosse-ner Eindruck. Die Texte wurden wirk-lich ausgezeichnet wiedergegeben, wo-

für man dem Herausgeber-Team dank-bar sein muss. Die vier Bände kommenin einer Karton-Kassette und erweisensich insgesamt als eine großartige Wür-digung der wissenschaftlichen Leistun-gen Ulrich Müllers.Albrecht Classen

Paul B. Newman, Travel and Trade inthe Middle Ages, McFarland & Com-pany, Jefferson, NC, and London2011, vii, 241 pp., 20 b/w illustrations.There is no doubt that the topic ad-dressed here is of great significance forthe Middle Ages. Not only would it bepretty incorrect to assume that medievalpeople did not travel much, quite on thecontrary, but we have also realized for along time how important it is for us to-day to understand the road and trans-portation system of any given society inthe past if we want to comprehend themajor socio-economic factors at playthen. Ancient Rome, for instance, de-pended heavily on its excellent roadsystem, and modern western societieshave achieved such an advantage overother countries in the world because oftheir extraordinary logistical system.

Paul B. Newman now presents an-other volume on the Middle Ages. Hisprevious books dealt with daily life(2001) and growing up in the MiddleAges (2007). Now he has turned totravel and trade. The book is dividedinto the following sections: 1. reasonsfor travel; 2. travel by land; 3. travelingby water; 4. trade; and trade goods andtheir sources. He has certainly read quitewidely, and has even compiled a number

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of appropriate b/w photos from medievalmanuscripts and objects, such asbridges. Newman also demonstrates aconsiderable skill in structuring and or-dering his material. The sub-chapters ofthe second chapter might illustrate thatwell: walking, man-powered transporta-tion, riding and hauling, riding horses,breeds of horses, saddles, draft animals,the expense and burdens of maintainingriding, draft, and pack animals, vehicles,infrastructure and logistics, etc.

The rest is all pretty much self-evident and represents a quite pleasantsurvey, with all the information culledfrom secondary literature. Newmanproves to be a pleasant author, a bitchatty, but certainly not interested in anyscholarship. In fact, this is a book that isobviously targeting the broad readingaudience, with not many ambitions withrespect to real medieval research. Occa-sionally he refers to some dates, andhere and there enters into more detaileddiscussions, pertaining, for instance, toship building or horses. But overall theinformation is simply presented in astraightforward, yet rather superficialand uncritical fashion, with no footnotes,no serious discussions of any of thecountless issued raised, and with noquestions as to the validity of his evi-dence. There would not be a point toprobe any of the data presented since theauthor himself has not concerned him-self with this approach. We can probablytrust him overall, but there is never anysense of historical development, no con-cept of cultural, geographical, political,or ethnical differences, or of specificconditions in various parts of medievalEurope.

This is a book that was apparentlyquickly put together with no interest inpursuing the topic in a scholarly fashion.The author certainly demonstrates a con-siderable knowledge about the MiddleAges in general term, and he made agood effort to bring together as muchdata as possible without ever going intothe real details. However, students willfind this book a bit frustrating because itis to unspecific for their needs, whilescholars cannot use this book at all. Thegeneral reader might like to pick it upfor an entertaining and stimulating read,but then it also proves to be too detailedand oriented towards facts, which againare never verified. Beyond that this pub-lication will not serve any other pur-poses because it pretends to be authori-tative in the field of medieval roads andtransportation, but falls far short of thatgoal in virtually every respect, havingbeen written in an astoundingly neo-positivistic fashion. Unfortunately, thisis a major trend with this publisher.Albrecht Classen

Cordula Nolte, Frauen und Männer inder Gesellschaft des Mittelalters (Ge-schichte kompakt), WissenschaftlicheBuchgesellschaft, Darmstadt 2011, VI,138 S., 5 Abb.Geschichte kompakt – dieses Konzeptbedeutet, dass die historische Darstel-lung komprimiert entwickelt wird, ohnejeglichen Apparat, abgesehen von einerBibliografie am Ende des Buches, wenn-gleich thematisch gegliedert. Dies bringtVor- und Nachteile mit sich, denn derLeser braucht sich nicht mit schwierigen

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Fragen herumzuschlagen und kann ein-fach die Fakten vor sich abrollen lassen,sieht sich dann aber vor der Herausfor-derung, wie diese überhaupt zu verifizie-ren wären. Welche Quellen bestätigendie Thesen der Autorin? So heißt es z. B.ganz richtig, dass Frauen im Mittelalterihren Blick stets hüten mussten (S. 52),was u. a. in dem Text der Winsbeckin zufinden ist, nur wird dies hier nicht er-wähnt oder kritisch überprüft.

Cordula Nolte schreibt hier einen hi-storischen Überblick zum Geschlechter-verhältnis im Mittelalter, der an und fürsich genommen sehr zu begrüßen ist,denn schließlich haben sich ja in denletzten Jahrzehnten unsere Perspektivenauf die Vergangenheit erheblich verän-dert, weil die Kategorie 'Gender' in denBlick geraten ist. Nolte behandelt hierzunächst die Lebensbedingungen imMittelalter, nach Geschlechtern geschie-den, um dann die Verhaltensnomen fürbeide Gruppen zu diskutieren undschließlich die Lebensformen, Hand-lungsfelder und Beziehungssysteme zuuntersuchen. Im ersten Kapitel geht esihr vor allem um Lebenserwartungen,Sterblichkeitsraten, Gesundheitsrisiken,Arbeitsbelastungen und physische, d. h.vor allem sexuelle Gewalt. Im zweitenAbschnitt geht sie auf anthropologischeÜberlegungen ein, dazu auf die medi-zinischen Beurteilungen beider Ge-schlechter, die Rolle der Sexualität undauf die adlig-höfische Ethik bezogen aufMänner und Frauen. Im dritten Kapitelhandelt es sich um die mittelalterli-che Familienstruktur, die Organisationdes Haushalts und dann der Arbeitswelt.Nolte berücksichtigt auch die ge-schlechtsunterschiedlichen Erwartungen

an Kinder und Jugendliche, behandeltAusbildung und Erziehung, die alltägli-chen Aufgaben auf dem Land, in derStadt und am Hof, je nach Geschlechterngetrennt, dann das Zunftwesen, dasSystem von Freundschaften (mit etwasvagem Ausblick auf die Frage nach Ho-mosexualität – besser wäre gewesen, nurvon Sodomie oder von gleichge-schlechtlicher Liebe zu sprechen!) –, re-ligiöse Karrieren, Reliquienkult, Gildenund Bruderschaften, Klöster in ihrenvielfältigen Manifestationen, Hagiogra-phie, Sterben und Tod, zuletzt noch denBereich von Herrschaft und Verwaltungam Hof und die Rolle von Frauen alsHerrscherinnen.

Dies wird alles ein wenig zu schnellabgehaspelt, erweist sich manchmal alsrecht kunterbunt, und nur ganz selten er-scheinen kurze Quellenauszüge. Wendetman sich der Auswahlbibliographie zu,findet man zwar viele hilfreiche und ein-schlägige Titel, aber die Lücken sinddann doch gewaltig, vor allem weil oft-mals die wichtigsten Arbeiten zu indivi-duellen Themen fehlen. Die Autorinkennt sich allerdings recht gut aus, hateine recht sympathische Abhandlunggeliefert, die von jüngeren Semesternwohl gut zu gebrauchen sein wird, abermehr wird man diesem Buch nicht zu-gute halten können. Anstatt einer theo-retischen Einleitung, die zumindest dasKonzept 'Gender' hätte erklären müssen,werden wir mit Informationen über dasKlima im Mittelalter gespeist. Dannkommt zwar eine knappste Definitionvon 'Gender', doch geht Nolte danngleich auf die statistische Bevölkerungs-entwicklung über. So sollte nicht in diewissenschaftliche Betrachtung der Vor-

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moderne eingeführt werden, denn auchwenn der Verlag damit wirbt, "Basiswis-sen" bereitzustellen und Zeittafeln zubieten, fehlt hier beides. Noch nichteinmal Kommentare zu den Quellen undzur Sekundärliteratur tauchen auf, voneinem Sachindex ganz zu schweigen. Sounersprießlich mir die ganze Reihe vor-kommt, so unergiebig erweist sich dieserBand zur Geschlechtergeschichte. Ichweiss nicht, welcher Lesergruppe erüberhaupt zu empfehlen wäre.Albrecht Classen

Stephen A. Mitchell, Witchcraft andMagic in the Nordic Middle Ages,University of Pennsylvania Press,Philadelphia, 2011, pp. 368Witchcraft and Magic in the NordicMiddle Ages is an ambitious work thatinvestigates and challenges several mis-conceptions about the role and functionof magic in medieval northern Europe. Itis a thoughtful and well-researched vol-ume that integrates literary, legal, artis-tic, archeological, and historical sourcesin an effort to present a nuanced portraitof a complex system of belief and prac-tice.

Mitchell begins by defining the Nor-dic world—the area of Scandinavianspeaking people—and detailing the in-tricacies of Nordic religion and beliefover centuries. He examines changingideas about witchcraft and Christianitypost-conversion and pre-Reformation,from 1100–1525. His approach is clearand accessible, and he provides a wealthof fascinating information about indi-vidual case studies, linguistic markers,

literary episodes, and surviving muralsin Scandinavian churches. Mitchellmakes a compelling argument thatwitchcraft and its adherents provide away of reading the past, cautioningagainst relying solely on literary sources.However, Mitchell does use sagas andEddic poetry as part of his own analysis,weaving together these strands of evi-dence into a comprehensive image ofmedieval Nordic magic.

In the introduction, Mitchell sets upthe structure and editorial conventions ofthe volume, emphasizing the trends anddevelopments in scholarship aboutmagic within the Scandinavian context.The mythology and idea of Norse ma-gic—pagan and Christian—are treatedconsistently throughout the book as in-tertwined entities that influenced bothbelief and practice, rather than func-tioning as opposing forces. Because thebook focuses on the Nordic world afterthe Christian conversion, Mitchell out-lines the contextual developments in re-ligion throughout Europe as they af-fected the northern communities. Attimes, the summary of scholarshipoverwhelms the original arguments, butMitchell provides a comprehensive sur-vey of critical work upon which he hasbased his own.

The introduction coherently and con-cisely explains the shift from supersti-tion to heresy—simple charms andpractice that were then associated withheterodox belief—and from heresy, to acomplete system of diabolical worship.This discussion is situated within thecontext of the continental persecution ofthe Cathars, the Templars, the Walden-sians, and is analyzed in terms of class,

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elite vs. non-elite. The rest of the study,as Mitchell points out, is devoted to ex-actly what "medieval Nordic witches,sorcerers, and cunning folk were thoughtto do, for good or for ill, both by theircommunities and by church authorities"(15).

In order to understand the complexi-ties of Nordic magic and its practitionerspost-conversion, Mitchell provides auseful and thorough overview of pagandevotion in Chapter 1, clarifying whatkind of information serves as evidencefor this pre-Christian belief, arguingagainst taking the medieval sagas too lit-erally as sources for Viking Age pagan-ism. He underscores the diversity of themedieval Nordic world, stressing thegeographical scope as well as the dispa-rate nature of cultures and countries. Heargues that magic in a variety of incar-nations and manifestations was practicedand believed in by a far broader spec-trum of society than many critics ac-knowledge. He turns to medieval lawsand runic inscriptions—raw data unaf-fected by literary shaping—as alterna-tive sources, offering a more nuancedview of magic and its acceptance.

The presence of magic and witch-craft in daily life is the focus of Chapter2, which details the mundane aspects ofpractice often overlooked in scholarlysurveys. Here, Mitchell gives evidenceof pagan and Christian magic slowlytransformed during the long process ofconversion and the Christian responsesto its persistence in society. Church stat-utes often mention the existence of gri-moires and other learned magical books,even though most of the extant copiesonly survive from the early modern pe-

riod. These books, and the references tothem in ecclesiastical texts, record a be-lief in charms and individual magic, of-ten mixed with medical remedies. But itis too simplistic, Mitchell argues, to readthese discussions as merely a strugglebetween Christian and pagan practicebecause Christianity employed a certainamount of magic itself: "Relief throughmagic and relief from magic were bothimportant means of addressing thestresses of everyday life in the MiddleAges" (51). Mitchell provides casestudies for how magic was used to alle-viate these stresses—romance, fortune,health, weather, and malediction—andanalyzes the social response to this kindof witchcraft.

Despite the caveat of not relying onliterary sources too heavily for informa-tion about the Viking Age, Mitchell de-votes Chapter 3 to an examination of sa-gas, poetry, ecclesiastical and court lit-erature as evidence of the time in whichthey were written (mostly in the thir-teenth century), suggesting that in somecases they may have been manipulatedto create a specific, negative image ofthe pagan past. Chapter 5 centers on thequestion of witchcraft and law, examin-ing the reality of medieval justice awayfrom modern prejudices and contradict-ing the idea that justice was not possiblein the medieval world. Mitchell providesdetailed case studies and erudite analysisof the importance of law in formingideas of national identity. Only onechapter has an actual conclusion, but inthe Epilogue, Mitchell summarizes all ofhis main points in a bullet list, recappinghis arguments and tying everything to-gether.

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Overall, this is an impressive andfascinating work that contributes adeeper understanding of not only witch-craft and magic, but of the formation ofnational consciousness in the MiddleAges.Larissa Tracy · Longwood University ·[email protected]

Orte – Ordnungen – Oszillationen.Raumerschaffung durch Wissen undräumliche Struktur von Wissen (Trie-rer Beiträge zu den historischen Kul-turwissenschaften 4). Hg. von NataliaFilatkina u. Martin Przybilski, Rei-chert Verlag, Wiesbaden 2011, 196 S.Der interdisziplinäre Sammelband gehtzurück auf eine Tagung des Historisch-Kulturwissenschaftlichen Forschungs-zentrums (HKFZ) Trier im Dezember2009. Von den zehn Aufsätzen, die erversammelt, widmen sich lediglich viermediävistischen Themen. Ich werdemich im Folgenden daher auf die Be-sprechung dieser Beiträge beschränken.Denn der repräsentativ mit Leinenein-band und Goldprägung ausgestatteteBand ist – wie schon der Titel erahnenlässt – inhaltlich höchst disparat. DieThemen reichen vom Chor des Magde-burger Doms über Winckelmanns Kultu-ridealebis zum argentinischen Frauen-bild um 1900. Die Herausgeber bemü-hen sich im Vorwort – etwas künstlich –um Kohärenzstiftung, wenn sie den"Wissensraum" zum Leitfaden desschmalen Bandes erklären.Inzwischenist der Raum-Begriff (ähnlich wie derKörper-Begriff) in den Geisteswissen-schaften allerdings derartgroßzügig aus-geweitet (und dadurch heuristisch ent-

wertet) worden, dass unter ihnoffenbaralles und jedes subsumiert werden kann.Die vier mediävistischen Beiträge sindgleichwohl interessant und eröffnen z. T.neue Perspektiven auf bekanntes Materi-al bzw. alte Forschungsthesen.

Richard Engl zeigt in seinem Aufsatz"Eine Stadt ordnet ihre Erinnerung.Kommuneentwicklung und Wissens-räume im Pisa des 12. Jahrhunderts"(S. 1-18) wie in Pisa, damals einer dermächtigsten und reichsten Seemächteder Mittelmeerregion, im Zuge der He-rausbildung kommunaler Strukturen mitgewählten, häufig wechselnden Amts-trägern Verfahren der Archivierung ad-ministrativen und sozialen Wissens nötigwurden. Er fragt danach, wie es der auf-strebenden Groß- und Handelsmachtgelang, trotz der zunehmenden "Fluk-tuation der Wissensträger" schriftliche"Systeme der Wissensspeicherung"(S. 3) zu etablieren, um z. B. juristischeSachverhalte oder historische Hinter-gründe so zu dokumentieren, dass sie fürdie Führungselite der Kommune dauer-haft verfügbar blieben. Engl illustriert,wie diese Funktion u. a. von kommuna-len Rechtssammlungen (Constituta legiset usus), Urkunden (z. B. kaiserlichenPrivilegien), innerstädtischen Inschriften(z. B. am Dom), Annalen und Chroniken(z. B. den Gesta triumphalia) sowie vonVerträgen und Verzeichnissen des tra-dierten Rechts- und Verwaltungsschrift-tums (liber iurium) erfüllt wurde. Jenebildeten Erinnerungsträger, die struktu-riertes Wissen für die Regierung undEntwicklung der Kommune bereitstell-ten und zu einer "Verräumlichung vonWissensbeständen als Begleitphänomenurbaner Entwicklung" führten (S. 14).

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Hauke Horn weist in ihrem Beitrag"Des Kaisers kostbarer Marmor. DerChor des Magdeburger Doms aus dem13. Jahrhundert als Ort der Tradierung,Inszenierung und Instrumentalisierungvon Wissen" (S. 19-39) überzeugendnach, dass der Neubau des MagdeburgerDoms im frühen 13. Jahrhundert entge-gen der gängigen Forschungsmeinungkeineswegs einen Bruch mit der Tradi-tion des ottonischen Vorgängerbaus be-deutete, sondern im Gegenteil eine"Instrumentalisierung der Vergangenheitzur Repräsentation von Ansprüchen derGegenwart" (S. 30) war. Der Neubauleistete durch die Integration von Ele-menten des Vorgängerbaus und die Ins-zenierung alter Architekturelemente,Herrschergräber und Reliquien vielmehreine wirkungsvolle "Visualisierung kir-chenfürstlicher Machtansprüche" (ebd.).

Martin Przybilski zeigt in seinem-klugen Beitrag "Paradoxes Erzählen,oder: Wissen die Figuren des Artusro-mans um ihre eigene Fiktionalität?"(S. 41-55), dass schon die Texte desHochmittelalters durch ein Bewusstseinfür Metafiktionalität gekennzeichnet wa-ren. Anhand von Wolframs Parzival(bes. vv. 143,21-144,4) und Heinrichsvon dem Türlin Crône (bes. vv. 5965-5974; 6077-6094) macht er – durchausin Abgrenzung zu bisherigen For-schungsmeinungen – plausibel, dass be-reits diese vormodernen Romane damitspielen, dass die Figuren sich ihrer eige-nen Fiktionalität "bewusst" sind.

Nikolaus Ruge untersucht in seinemAufsatz "'Die wort wil ich meren'. Gren-zen des Erzählens in Tandarios undFlordibel" (S. 57-72) das Erzählmittelder Wiederholung in einem nachklassi-

schen Roman des Pleier. Dabei konzen-triert er sich besonders auf zusammen-fassende Rückblenden (sog. Analepsen).Ruge schwelgt in Genette-Terminologieund unterstellt dem Roman eine quasimoderne narrative Komplexität, die ihnsogar zu der Frage verleitet: "Sollte dasErzählen hier wie im Nouveau Romanauf dem Weg vom Signifikanten zumSignifikaten sein?" (S. 69). Der Pleierwird hierdurch poetisch raffinierter ge-macht, als er tatsächlich ist. Ob man sei-ne konventionellen Quellenberufungenund Vor- und Rückverweise wirklichangemessen als gezieltes "Verfahrendes kontingenzentschärfenden repetiti-ven Erzählens" (S. 61) beschreibenkann, ist doch sehr fraglich. Zudemdürfte der Pleier die Technik der glie-dernden oder raffenden Rückschau u. a.bei Wolfram abgeschaut haben. Für denParzival hat Eberhard Nellmann derenFunktion schon vor vielen Jahren er-schöpfend – und ohne Genette – höchstüberzeugend beschrieben (vgl. Wolf-rams Erzähltechnik. Untersuchungen zurFunktion des Erzählers, Wiesbaden1973). Sein Buch fehlt bezeichnender-weise in Ruges Bibliographie.

Allen Beiträgen sind umfassendeLiteraturverzeichnisse beigegeben, indenen auch die internationale Forschungangemessen repräsentiert ist. Ein Re-gister der Orts- und Personennamen undein Sachregister beschließen den sorg-fältig redigiertenund ansprechend ge-setzten Band. Trotz ihreräußeren Quali-täthandelt es sich bei dieser sehr hetero-genen Aufsatzsammlung aber um einejener Publikationen, die sich mehr denpersonellen und organisatiorischenKonstellationen eines universitären For-

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schungszentrums und dessen Bedürfnisnach institutioneller "Sichtbarkeit" ver-danken als einer inhaltlich geschlosse-nen Fragestellung. Den beteiligten Fä-chern – und ganz sicher auch den Auto-ren – wäre zweifellos mehr gedient ge-wesen, wenn die an sich substanziellenBeiträge in etablierten Fachzeitschriftenpubliziert worden wären, die bekanntlichnicht nur unter dem zunehmenden Ab-fluss guter Beiträge in Sammelbändeund Festschriften leiden, sondern dieauch die Rezeption bei den jeweiligendisziplinären Zielgruppen viel wirkungs-voller sichergestellt hätten.Prof. Dr. Heiko Hartmann ·Freie Universität Berlin · Institut fürDeutsche Philologie · HabelschwerdterAllee 45 · 14195 Berlin ·[email protected]

The Oxford Encyclopedia of MedievalWarfare and Military Technology, ed.Clifford J. Rogers. 3 vols., OxfordUniversity Press, Oxford 2010, vol. 1:xxxiii, 556 pp.; vol. 2: v, 592; vol. 3: v,596 pp.This massive, three-volume referencework represents one of the most expan-sive and detailed encyclopedia of me-dieval warfare and military technologyavailable today. Long in the making(since 2003), Clifford J. Rogers has fi-nally steered this certainly very usefulopus to publication. It consists of ca. onethousand entries by ca. two hundredscholars from twenty-two differentcountries. As Rogers emphasizes, and asthe book design reveals, the primaryaudience is supposed to be the general

reader, the undergraduate student, andprofessional teachers. But there is also ascholarly apparatus at the end of eachentry, mostly limited to four to fiveprinted studies in the case of the stan-dard, relatively short article (2-4 col-umns). However, on the average, thesearticles do not reflect on the critical de-bate, and do not intend to offer new in-terpretations; instead, the authors werecharged with providing in succinct termsthe factual framework of medieval bat-tles, sieges, tools, and weapons, but thenalso of major figures in medieval war-fare, such as Albert III Achilles (Al-brecht Achilles) or Alexander Nevsky.

At times one might wonder about theselection of the secondary literature,such as in the case of 'Alps and AlpinePasses,' where we find only two mono-graphs, none of which really address themountain passes and their military sig-nificance. All the major European coun-tries receive particular attention throughlead articles. The authors are especiallysuccessful in shedding light on the spe-cific elements, strategies, weapons, andreasons for losses on battlefields, tryingto outline major differences in scholar-ship (traditional versus more modernviews). Several examples may suffice toillustrate the considerable usefulness ofthese entries: those on the "Lands-knechte" (lansquenets), the Vikings andtheir ships, or on logistics and transpor-tation, are of outstanding quality andvalue. A number of maps allows us tounderstand in greater detail how indi-vidual battles or sieges took place. Thearticle on horses proves to be one of thebest in this encyclopedia, carefullyweighing the presently available evi-

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dence against older theories concerningthe degeneration of horses into feralanimals since the fall of the Roman Em-pire.

One could, of course, questionwhether military matters were really ofsuch supreme importance, as the editornotes in the introduction. The Church,courtly society, the rural world, the riseof the urban class, trade, the arts, and lit-erature also played a significant role, sothe argument could be turned exactlyupside down. However, whatever therationale might be, this encyclopediaprovides in most accessible terms therelevant information most medievalistsor general readers might need regardingmedieval battles, sieges, military lead-ers, tools, and weapons. A number oftimes the articles break off their accountwhen the major military activities hadcome to an end, which unfortunatelyleaves us guessing about the further de-velopments or the outcome (such as inthe case of the siege of Lisbon in 1384).Nevertheless, the attempt by itself tooutline as concretely and as detailed aspossible the specific military operationsalways proves to be very impressive.Unfortunately, in most cases the bibliog-raphies do not specify the primarysources, so the reader simply has to trustthe authors with regard to their factualstatements. These are highly detailed, asif we were to read eyewitness accounts,which makes me often wonder about thefull accuracy. In many cases the bibliog-raphies are geared to an English-speak-ing audience only.

Overall, this is a very impressive andinformative encyclopedia, which seemsto straddle quite effectively the fence

between advanced scholarship and apublication for a broader readership. Thethird volume concludes with a directoryof contributors (instead of details re-garding their research areas, their ad-dresses and emails would have beenmore useful), and an index.Albrecht Classen

Werner Paravicini, Die Wahrheit derHistoriker, München 2010, 41 S."Veritas vinum vitae" sind die erstenWorte, die den Leser des 41 Textseitenumfassenden "unwilligen Essays" (s.p.)des renommierten Mediävisten erwarten.Sie finden sich im abgedruckten Ex Li-bris von Marc Bloch, der einen Winzerbei der Kelter der Trauben zeigt. DasBild von der Wahrheit als dem Wein desLebens ist sicher kein beiläufiger Ver-weis auf einen der größten Historikerdes 20. Jahrhunderts (so S. 41), sonderndeutet – vielleicht unfreiwillig auch –auf den skizzierten Problemgehalt derThese über die derzeitige Geschichts-wissenschaft hin: Wenn der Winzer, deraus Trauben einen Wein des Lebens ge-winnen will, ein Bild für die Historiker-sein soll, dann produzieren verschiedeneHistoriker verschiedene Geschichte.Weinqualität beruht jedoch immer auchauf Geschmacksurteilen. Um die regio-nalen und geschmacklichen Vorliebender Weinkenner werden heftige Kämpfegeführt, unterschiedlichen Menschenund Weinführern ist also unterschiedli-cher Wein zumindest potentiell unter-schiedlich viel wert. Dann wäre mit demEx Libris der Verlust der "einen Wahr-heit an und für sich" (zustimmendes Zi-

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tat von Max Weber, S. 40) angedeutet,den Paravicini vehement beklagt. Erführt aus, dass eine Geschichtswissen-schaft, die ihre eigenen Erkenntnis-grundlagen, Fragen, Methoden, Quel-lenbestände, ja den Charakter der Quel-len selbst rücksichtslos hinterfrage und'dekonstruiere', damit auch ihren Ver-bindlichkeitsgrad verlieren und dadurchirrelevant werden könne. Daher sei esnotwendig, der wissenschaftstheoreti-schen Selbstrelativierung der GeschichteGrenzen zu setzen in der Form einerprinzipiell überzeitlichen Wahrheit.

Der "unwillige Essay" ist nicht aufeine bestimmte Epoche beschränkt undsetzt auch keinen Schwerpunkt auf dasdem bedeutenden Autor am nächstenstehende Mittelalter. Paravicini argu-mentiert in drei detailliert unterglie-derten Schritten. Zunächst stellt das Ka-pitel "Die Geschichtswissenschaft imerkenntnistheoretischen Dilemma" dar.Paravicini beklagt die erkenntnistheore-tische Relativierung von Wahrheit alsZiel der Geschichtswissenschaft. Einesder zahlreichen versammelten Zitate,hier von Otto G. Oexle, nennt die An-nahme von "Rankeanern", sich asym-ptotisch an die "Realität der Fakten" – soein Einschub von Paravicini – annähernzu können, "freilich skandalös" (S. 4).Der Leser des Essays ist hier, wie anvielen anderen Stellen, gezwungen,selbst den Bezug der durch Zitat einge-brachten Meinungen zur Argumentationherzustellen. Der Anlass für die Unzu-friedenheit Paravicinis ist häufig nur im-pliziten Wertungen zu entnehmen, etwadass Hans-Jürgen Goertz' Feststellungvom Vergangensein und daher Abwe-senheit und Verlust der Vergangenheit

in "Droysenscher Manier" verfasst sei(S. 4). Erst zwei Unterkapitel weiter er-fährt man, dass Paravicini die Sprachge-bundenheit der Quellen und den herme-neutischen Umgang damit dem "lin-guistic turn" (S. 8) zuordnet. ÄhnlicheGefährdungen der Wahrheitsfindungs-kompetenz der Geschichtswissenschaftverortet Paravicini in den Strukturen derForschungsförderung. Im Unterabschnitt"2.2 Tatsache" scheint Paravicini theo-retischen Erwägungen teilweise Plausi-bilität zuzuschreiben, indem er hier be-mängelt, dass etwa die neurohistorischeGedächtniskritik – die er zugleich alsnaturalistisch angreift – ohne Auswir-kungen auf die Interpretationspraxis inder Geschichtswissenschaft gebliebensei. Der Abschnitt "2.3 Quelle" behan-delt "einen weiteren Verwandten derWahrheit" (S. 7). Diese können "einenunverstellten Zugang zur Lebenswirk-lichkeit" bieten, wenn sie überrestartigvorhanden sind. Stattdessen würdenQuellen derzeit unzulässigerweise alskonstruiert angesehen, als nicht wahr-heitsfähig und die Wahrheit auch garnicht mehr als erstrebenswertes Ziel. Pa-ravicini sieht Parallelen zur aktuellenKunst, deren Vertreter bereits die Belie-bigkeit nicht nur praktizierten, sondernauch offen die Nichtunterscheidbarkeitvon wahrer Kunst und als Kunst ver-markteter Nichtkunst reflektierten. Para-vicinis Hauptkritik scheint sich auf einenVerlust des Willens zu richten, dieWahrheit wenigstens zu erkennen zuversuchen:

Eine neue Ebene historischer Arbeithat sich etabliert, in der es geradezuüberflüssig wird, danach zu fragen, wasdenn nun eigentlich war bzw. wahr ist,

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und die sich damit begnügt, auf der un-bestreitbar existierenden Metaebene dessekundären Geredes (oder platonisch ge-sprochen: der doxa) spazierenzugehen.Vom "Wir können erkennen" (z.B. wennwir nur erst alle lateinischen Inschriftengesammelt haben) über die Einsicht in"Wir können nicht erkennen" (weil dieQuellen verloren sind, weil nur eineSeite spricht, weil jede Überlieferung ansich das Geschehene verfälscht) sind wirbeim "Wir brauchen nicht zu erkennen".(S. 10)

Der sachliche Kern dieser charakteri-stischen Ausführungen zielt wohl aufKontroversen wie die um die ThesenHayden Whites von der literari-schen Qualität geschichtswissenschaftli-cher Darstellungen. Allerdings hat be-reits Wilhelm von Humboldt darauf hin-gewiesen, dass Historiker notwendiger-weise Imagination benötigen, um sichdie Vergangenheit – über eventuelleQuellenlücken hinweg – vorzustellen(dazu bes. 32f.). Paravicini nimmt je-doch eine Vereinseitigung derartigerquellenkritischer Diskussionen wahr, diezu einem Realitätsverlust, ja zu einerbewussten Realitätsaufgabe führe. Manfragt sich allerdings nicht nur hier, obParavicini den Wahrheitsbegriff fürprinzipiell historisierungsfähig hielte.

Der zweite Abschnitt zeigt "Wegeheraus" (S. 13-32) aus dem von Para-vicini angezeigten Dilemma auf. Im Ab-schnitt "Tatsache und Richtigkeit" re-feriert Paravicini Marc Bloch mit seinerUnterscheidung von richtig und falschverstandenem Positivismus, nämlichden unstrittigen (hilfs)wissenschaftli-chen Operationen, mit denen die Echt-heit von Urkunden ermittelt werden

kann etc. sowie die "Grundtatsachen"des menschlichen Lebens wie Geburtoder Tod (erneut S. 36). Diese kommenlaut Paravicini nicht erst durch Interpre-tationen oder gar Diskurse zustande, siewerden also nicht arbiträr 'konstruiert',sondern sind kulturelle Deutungen na-türlicher Substrateund von Realität(S. 16). War Jeanne d'Arc "eine rückfäl-lige Ketzerin oder eine standhafte Heili-ge?" (S. 18) Der Gegenwartshorizont derdie Wahrheit suchenden Historiker istdann lediglich ein Hinderungsgrund fürdie Wahrheitsfindung (S. 20). Ein weite-rer Abschnitt unter dem Titel "3.2Quelle" bietet eine der – wohl aus Sichtdes Autors – am stärksten auf Vermitt-lung zielenden Aussagen des Essays:"Die Quellen sprechen nicht von selbst.Aber der Fragende erschafft die Quellenauch nicht, denn sie mußten schon da-sein, wenn überhaupt die Möglichkeitbestehen soll, etwas auszusagen." (S. 23)Geschichtswissenschaft kann nicht die'Quellen sprechen' lassen, sondern mussempirisch mit ihnen arbeiten, um wahr-heitsfähig zu sein. Dagegen ist das psy-chologische Verständnis, das SchillersWallenstein bietet, zu historisieren, da esdoch der Vorstellungswelt erst des spä-ten 18. Jahrhunderts entstamme (S. 26).Die Kernaussage, dass das Schreibenvon Geschichte und die Reflexion dar-über ausbalanciert werden sollten,stimmt mit eingehend zitierten Aussagenvon Wolfgang Reinhard überein.

Der gewissermaßen schon alsSchlussfolgerung konzipierte Abschnitt"Ewige Jugend" (S. 32-38) lässt dieMotivation der engagierten Darstellungvermuten. Paravicini sieht mit HermannHeimpel die Gefahr, die Geschichtswis-

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senschaft könne "irgendeinem Philoso-phen" verfallen und schlimmstenfallsideologisiert werden (S. 33). Paravicinibegreift es daher nicht als einen Rückfallauf Ranke, eine konsequente Orientie-rung der Geschichtswissenschaft aufd i e e i n e Wahrheit zu fordern, weilnur diese Schutz vor der Instrumentali-sierung durch die Gegenwart bietenkönne (S. 33). Auch wer die Unterschei-dungen Paravicinis als vielleicht unnötigstark polarisierend empfindet, wird den-noch zugeben, dass immerhin wesentli-che Positionen der aktuellen Debattencharakterisiert, jedenfalls zitiert werden.Paravicini verteidigt keinen notorischenPositivismus, denn er kennzeichnet zu-gleich dessen Gegenpositionen (S. 6). Sosehr einzelne Feststellungen auch irritie-ren, macht der Essay doch darauf auf-merksam, dass Positionen der von Pa-ravicini so genannten "radikalen Kon-struktivisten" – die nach dem Rezen-senten Achim Landwehr ärgerliche"Pappkameraden"1 sind – noch nicht inihrer ganzen Tragweite im ganzen Fachrezipiert wurden. Im Interesse derWahrheit, und um den Anschein derNetzwerkbildung zu vermeiden, hattedie Frankfurter Allgemeine Zeitung al-lerdings eine Besprechung unterlassenzu müssen vermeldet, weil der Aufsatz"fast ausschließlich aus dieser Zeitung"zitiere.2 Paradoxerweise war damit ineiner Rezension dem Vorwurf begegnet,eine Rezension wäre in jedem Falle ineigener Sache erfolgt. Umso bemer-kenswerter ist es daher, dass der Rezen-sent der F.A.Z. den Essay Paravicinisscharf kritisiert, gewissermaßen als ei-nen unverständlichen 'Rückfall' auf ver-altete, historisierungsbedürftige wissen-

schaftstheoretische Positionen. Die be-ziehungsreiche Schrift stellt wichtigeFragen nach den Grundlagen des Fachesneu und wird sicher weitere Diskussio-nen über Kultur als Analysekategorieanstoßen. Eine Reaktion der von Para-vicini intensiv zitierten Vertreter der Hi-storik wäre besonders zu wünschen.Diese könnten allerdings in vielen Fällenauch nur auf ihre zitierten Schriftenverweisen.Dr. Christian Kuhn · Otto-Friedrich-Universität Bamberg · Institut fürGeschichte · D- 96045 Bamberg ·[email protected]

1 Achim Landwehr: Rezension zu: Para-vicini, Werner: Die Wahrheit der Histo-riker. München 2010, in: H-Soz-u-Kult,05.04.2011, <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2011-2-011>.

2 Patrick Bahners, Frankfurter AllgemeineZeitung, 24. Januar 2011

Brigitte Pedde, Altorientalische Tier-motive in der mittelalterlichen Kunstdes Orients und Europas, VDG, Wei-mar 2009, 379 S., 137 s/w TafelnUngeachtet des Volumens dieses Bandessind es eigentlich nur zwei Motive, diein ihm von den Anfängen bis ins 13.Jahrhundert verfolgt werden, nämlichder Adler (einschließlich des Doppelad-lers) und der Tierkampf (in allen Va-rianten). Daß diese Gestaltungen (wiez.B. auch der "Herr der Tiere") aus demAlten Orient sowohl in der byzantini-schen und islamischen als auch in derwestlichen Kunst in zahllosen Beispielenübernommen wurden, ist eigentlichwohlbekannt. Die vorliegende Disserta-

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tion (FU Berlin) belegt nun diese Moti-vwanderung extrem ausführlich undkommentiert die Beispiele umständlich;im Wesentlichen handelt es sich um ei-nen veröffentlichten Zettelkasten, dessenDruck aber keine neuen Erkenntnissezeitigt. Auch was die Abbildungen be-trifft, so wurden fast alle bloß aus älterenPublikationen reproduziert. Einige Län-der hat die Verfasserin von der Untersu-chung ausgeschlossen, obwohl auch sieviele Beispiele bieten, so Skandinavien,Österreich und die Schweiz, ebenso dasgesamte Medium der Wandmalerei.

Generell ist der Stoff klar gegliedertund sorgfältig bearbeitet; kleinere Ver-sehen sind nicht aufregend, abgesehenvon der Datierung einer Skulptur aus derRestaurierungswerkstatt von Violett-le-Duc ins 13. Jahrhundert (T. 20, Abb. 80)und der Qualifizierung einer sehr be-kannten englischen Anbetung der Heili-gen Drei Könige als spanisch (81/325).

Man bedauert, daß hier viel Fleiß aufBekanntes verwendet wurde und greiftgern wieder zu den wesentlich fesseln-deren Büchern von Baltrusaitis, einemder maßgeblichen Anreger auch diesesBuches.Peter Dinzelbacher

Pilgrimage in the Middle Ages: AReader, ed. by Brett Edward Whalen,University of Toronto Press, Toronto2011, xiv, 385 pp.Even though the topic of 'pilgrimage'might be a little narrow at first sight fora whole seminar on the Middle Ages, wecan be certain that pilgrims went on theirway to a shrine, sanctuary, or a major

center of pilgrimage from the earliestMiddle Ages to the very end, and wellbeyond, until today. Moreover, pilgrim-age entails a host of important aspects,such as the actual travel, the economicconditions, the experience of a foreignworld, foreign languages, hostile envi-ronments, different religions, then thepractical implications of finding hostels,getting the right direction, but then alsoarchitecture, fashion, reading material,etc. The present volume wants to be thebasic reader for a course on medievalpilgrimage, and offers the followingmajor groups of primary texts in Englishtranslation: 1. the origins of Christianpilgrimage; 2. saints, travelers, sacredspaces; 3. Jerusalem and other holyplaces under Islamic rule; 4. pilgrimagebefore and after the millennium; 5. pil-grimage and holy war; 6. pilgrimage andmedieval society; 7. pilgrimage and thewider world; and 8. pilgrimage and pietyin the late Middle Ages.

As is typical of English languagetextbooks, there are no efforts to workwith the original sources. Moreover, tokeep costs down, most text excerptswere taken from early nineteenth-cen-tury translations, others date even ear-lier, others a little later. This is quite ac-ceptable, considering what the purposeof this textbook might be. In all likeli-hood most readers will be students in alarger general education class who willnever care much about linguistic or phi-lological issues, and only want quick ac-cess to the primary material without anyconcern with the accuracy or possiblelack thereof of the presented documents.Most of the time the editor selected ex-cerpts from the most famous and best-

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known pilgrimage reports, such as Euse-bius, Julian the Apostate, Jerome,Augustine, Saint Boniface, Char-lemagne, and others, representing lateantiquity and the early Middle Ages.The subsequent sections demonstrate,however, the full spectrum of pilgrimageliterature as it was produced all overEurope. Sometimes Whalen offers hisown translation, such as from the Mi-racula s. Mansueti, but his major efforthere was to find more or less reliabletranslations into English wherever pos-sible.

It would have been helpful if Whalenhad given just a little more backgroundabout the individual sources, which areoften not even dated, or the authors. I amnot sure to what extent the originaltranslations might have been revised, butconsidering the fairly consistent style ofall excerpts, this might have been thecase, as indicated in the introduction(xiv). Why Whalen refers to Egeria as'Etheria,' and then even goes so far as toidentify her as a Spanish abbess (23),puzzles me, since we just do not knowenough about her to make such claims.Her account is entitled ItinerariumEgeriae, but it remains an open-endedquestion whether she originated fromGalicia/Spain (see Alberto Ferreiro,"Egeria," Encyclopedia of Medieval Pil-grimage, ed. L. J. Taylor et al., 2010,176-78). Both France and Asia Minorcontinue to be at least possibilities,while Spain cannot assume an absoluteposition in this regard.

Altogether, this is a pleasant text-book, very useful for a general introduc-tion to the history of pilgrimage, whichwill be a good base for an academic

class on this topic. The volume con-cludes with an index of topics and a listof sources, while a bibliography is com-pletely missing. A huge map of Europe,the Mediterranean, Northern Africa, andthe Near East serves as the frontispiece,but it is too vague to be of any real help.Each excerpt concludes with a set ofquestions regarding the proper interpre-tation, which might be quite useful forinstructors of such a course.Albrecht Classen

Sehen und Sakralität in der Vormo-derne. Hg. v. David Ganz u. ThomasLentes, Reimer, Berlin 2011, 309 S.mit 86 s/w-Abbildungen und 24 Farb-tafelnDieser Band ist der vierte und letzte derSerie "KultBild", eine Reihe, die mitgroßem Innovationsanspruch auftrat, denwirklich erfüllt zu haben man aberschwerlich von einem Beitrag wird sa-gen wollen. Zu oft wurde alter Wein inneuen Schläuchen angeboten, um einenVergleich aus der Welt der bei denMünsteraner Theologen und ihrem Um-kreis beheimateten Initiatoren zu wäh-len, deren wechselseitiges Zitiernetz-werk freilich die Anmerkungsapparatestets dominiert. Auch die Vorliebe fürdieses verschleiernde präziös wirkensollende Formulierungen, theorielasti-gem Überhang und gesuchte Konstruk-tionen ist ein gemeinsames Kennzeichenspeziell dieser Schule, wie auch dieEinleitung von Ganz in der vorliegendenPublikation wieder erweist: "Wenn esrichtig ist, dass der religiöse Blick sichallein im anschaulichen Vollzug realisie-ren kann..." (12 – gibt es irgendeinen

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Blick, der sich nicht im Vollzug reali-siert?); können "diagrammatische Sche-mata... das Blickdefizit der Ursünde...kompensieren..." (17) – es gibt kein sol-ches Defizit in der Genesis; "Darstellun-gen vermessender Blicke... gelangen sozu hybriden Mischformen verschiedenerBlicke." (17 – ein gelehrt wirken sollen-der Pleonasmus – hybride Mischfor-men!).

Thomas Lentes: "Der göttliche Blick.Hieronymus Boschs Todsündentafel –eine Einübung ins Sehen" versucht, dasAuge Gottes auf Boschs berühmterTischplatte mit Texten von Meister Eck-hart zu erläutern, jedoch ohne zeigen zukönnen, daß dieser dem Maler bekanntgewesen wäre. Andreas Matena: "Ein ta-stender Blick" gehört eigentlich nicht indieses Buch, denn er gibt eine kurzeÜbersicht über das Verständnis derbiblischen Episode vom zweifelndenApostel Thomas in den ersten Jahrhun-derten des Christentums – es geht frei-lich primär um Berührung! HeikeSchlie: "Der Blick in das nicht leereGrab im Kreuzgang von S. Domingode Silos. Ordnungen des Sehens undapostolische Zeugenschaft im Mediumder Skulptur" bemüht sich, dieses Relief(zu dessen Erklärung doch die bekannteSynchronoptizität mittelalterlicher Kunstausreicht) von der Organisation derBildwerke des Kreuzgangs her zu dis-kutieren und den Themen "Pilgerschaft"und "rituelle Performanz"einzuordnen.Assaf Pinkus: A Voyeuristic Invitationin the Arena Chapel möchte einige Dar-stellung Giottos als Manifestationen vonVoyeurismus und Erotisierung verstan-den wissen – wenig überzeugend. Nureine erweiterte Nacherzählung ist Lucas

Burkarts Beitrag: Der kritische Blick,oder: Enea Silvio Piccolomini schildertdie letzte Kaiserkrönung in Rom am 19.März 1452.

Die nächsten Aufsätze stehen unterdem Motto "Schwellen". Vera Beyer:"Durch Blicke? Perspektiven auf Gott inpersischer und niederländischer Buch-malerei des 15. Jahrhunderts" führt dievon ihr schon mehrfach publiziertesThematik des Vergleichs islamischerund gotischer Miniaturmalerei weiter;die Willkür bei der Wahl der vergliche-nen Objekte läßt nach dem Erkenntnis-gewinn fragen. Marius Rimmele: "Derverhängte Blick. Meister Franckes Ham-burger Schmerzensmann und das Motivdes zweiten Vorhangs" widmet sicheinmal nicht, wie die Studien der letztenJahre zu diesem Werk, der Verweibli-chung und Erotisierung des Körpers desErlösers, sondern den am Rande zu se-henden Vorhängen. Sie genügen ihmhier und auf einigen anderen Darstellun-gen nicht als Mittel der Erhöhung desBildinhalts, sondern hätten noch weiteresymbolische Ebenen, so die theologischedes "Vorhangs aus Fleisch".

Um Blickbahnen geht es bei MarkusSpäth: "Die Blicke der Heiligen – Hei-ligkeit des Blicks? Zur Darstellungder Augen von hochmittelalterlichenKopfreliquiaren". Die materialtechnolo-gischen Hinweise auf Edelsteine undGlasfluß erscheinen interessant undsollten einläßlicher ausgeführt werden,speziell unter Berücksichtigung dermittelalterlichen Beleuchtungsverhält-nisse. Sehr konstruiert wirkt AndreasGormans: "Visus perfectus – oder dieKunst, den Sündenfall vergessen zu ma-chen". Ausgehend vom Schöpfungs-

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Teppich in Gerona erklärt er alle mögli-chen Darstellungen, die auf konzentri-schen Kreisen beruhen, als mit dem Au-ge Gottes zusammenhängend, immerunter dem Aspekt der Ordnung. DavidGanz: "Der lineare Blick. Geometrie undKörperwelt in mittelalterlichen Bildernder Himmelsschau" thematisiert, was ei-ne Selbstverständlichkeit ist, die Linea-rität des Blicks v.a. innerhalb von figu-ralen Darstellungen. Abgesehen von derfalschen Verwendung des soziologi-schen Terminus 'Stigmatisierung' (hatnichts mit den Stigmen zu tun! Gemeint:Stigmatisation) gilt das schon bzgl. derEinleitung bemerkte: Sinnlose Fremd-worthäufungen ("elementare Struktura-nalogie" bei so etwas Einfachem wieschlicht analogen Linienführungen: 284)und hochtrabende Formulierungen("spezifische Bild-Dispositive" sollen"einen Vollzug des Sehens einfordern":285 – jedem Sehen ist der Vollzug inhä-rent und kann nicht eingefordert wer-den). Schließlich hat Susanne Weg-mann: "Der reformatorische Blick. Se-hen oder Hören – welche Sinneswahr-nehmung führt zu Gott?" im RiesenwerkLuthers ein paar Stellen ausfindig ge-macht, die zeigen, daß er doch das Hö-ren nicht so völlig exklusiv als Haupt-medium des religiösen Lernen betrach-tete. Das ändert freilich nichts an derRichtigkeit der communis opinio vomganz überragenden Wert des Hörsinns inder christlichen und speziell der refor-mierten Theologie.

Weitere Studien über Rembrandt unddie barocke ZisterzienserklosterkircheGrüssau können hier außer Betrachtbleiben.Peter Dinzelbacher

Reassessing the Roles of Women as'Makers' of Medieval Art and Archi-tecture, ed. Therese Martin, 2 vols.(Visualising the Middle Ages, 7/1-2),Brill, Leiden and Boston 2012, vol. I:xli, 1-521 pp., 17 color plates, b/w pho-tos, 1 map; vol. II: xli, 522-1109 pp.These two volumes, finely edited byTherese Martin, comprise a wealth ofarticles that address the question to whatextent women in the Middle Ages wereinvolved in the creation of art, either ac-tively as the artists, or more passively asthe patrons, a separation which was ac-tually not necessarily perceived as suchin that time. The records that have sur-vived do not always tell us the full story,but there is enough evidence at manydifferent places, both secular and cleri-cal, to confirm that many more womenwere involved in the creation of art, andthis in a variety of manners, than wehave commonly assumed so far. Being apatron was just as important as being theartist, and both in a way participated inan artistic performence altogether (30).Whether women produce typically 'fe-male' art, i.e., gendered art, remains avery difficult question, but at least itshould be considered in the presentcontext, as Martin suggests herself. Wemight assume that in terms of architec-ture, gender would not have mattered atall, whereas in terms of textile art, bookillustrations, or stained glass windows,the opposite might have been the case.

These two volumes, beautifully il-lustrated, are divided into the followingparts: 1. display and concealment; 2.ownership and community; 3. collabo-ration and authorship; 4. family andaudience; 5. piety and authority; and

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memory and motherhood. Not all ofthese headings clearly tell us what is atstake. One of the strengths of this workalso constitutes its weakness, since thecontributors address a wide variety oftopics and roam from medieval Iberia(Melissa R. Katz) to early medieval Ire-land (Jennifer Ní Ghrádaigh), fromFrance (Ellen M. Shortell) to England(Nicola Coldstream). While the hugeextent of areas studied here might appearpuzzling and confusing, in reality theoverarching topic necessitates this ap-proach because thereby the truly univer-sal phenomenon of women being heav-ily involved in the creation of art clearlycomes to the surface. Still, cultural dif-ferences, and differences resulting fromart being produced at very differenttimes, should have been considered.Some studies examine how womenworked as architects and artists, whileothers bring to light a number of exam-ples where women are presented as art-ists or readers. One might wonder, ofcourse, where this all leads us since thecomparison between female patronage inearly Islamic Córdoba (Glaire D. Ander-son) and the presentation of women withbooks in medieval Jewish culture (Ka-trin Kogman-Appel) might not take usvery far, except for accepting very gen-eral observations that women were in-volved both in the creation of art and aspatrons, which has been observed al-ready for a long time (see the rich bodyof work published by Jeffrey Ham-burger, for instance, here also noted nu-merous times).

Every author has researched his orher topic to a great extent; these are notshort and quickly written conference pa-

pers. The editor deserves great recogni-tion for her stewardship in getting thesevolumes to the point where they are, rep-resenting excellent, up-to-date scholar-ship on this cutting-edge topic. Since thecontributors are all art historians, theyhave consistently made praiseworthy ef-forts to add critically important illustra-tions, both in b/w throughout the twovolumes, and even in color, at the be-ginning of each tome. While the biblio-graphical information can be found inthe footnotes to each article, there is alsoa cumulative bibliography at the end,which serves its purpose well, althoughit might also be considered as redundant.At the end we find an index of people,an index of places, and even an index ofsubjects. Spot checks reveal that some ofthe major locations in medieval Ger-many where women artists were activehave been ignored, such as Wienhausen,Ebstorf, and Eichstätt. But Germany isnot completely left out either, see the ar-ticle by Stefanie Seeberg on illustratedtextiles at the monasteries of Alten-berg/Lahn, Rupertsberg, and Heiningen.Surprisingly, Herrad of Landsberg doesnot figure here at all, while Hildegard ofBingen is mentioned repeatedly. I ammissing such major volumes on the topicof women artists in medieval conventsas Nonnen, Kanonissen und Mystikerin-nen, ed. Eva Schlotheuber et al., 2003,and Studien und Texte zur literarischenund materiellen Kultur der Frauenk-löster im späten Mittelalter, ed. FalkEisermann et al., 2004, or, most re-cently, Perspectives on Medieval Art:Learning Through Looking, ed. Ena G.Heller and Patricia C. Pongracz, 2010.But both the bibliography and the indi-

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ces here are highly valuable and can, bythemselves, serve as very useful re-sources.

Martin offers an introduction, but shedoes not go much beyond the more gen-eral perspectives regarding this largetopic and does not outline any specificmethodological or theoretical approa-ches which all contributors might pur-sue. Altogether, these two volumes re-present an important milestone in re-search on medieval artists and patrons.Albrecht Classen

Timothy Reuter, Medieval Politiesand Modern Mentalities. Ed. Janet L.Nelson, Cambridge University Press,Cambridge and New York 2006, repr.2010, xix, 483 S.Der Band enthält 18 bereits veröffent-lichte Studien des 2002 verstorbenenMediävisten, von denen die in Deutschpublizierten ins Englische übersetztwurden, dazu kommen vier neue Beiträ-ge. Die Redaktion einschließlich derKomplettierung der Anmerkungen wur-de von Nelson besorgt. Der Titel ist inseinem zweiten Glied allerdings ganz ir-reführend, denn Mentalitäten interessie-ren den Verfasser nicht, sondern gemeintsind mit diesem Begriff nur die Mittel-alterkonzeptionen v.a. deutscher His-toriker des 19. und 20. Jahrhunderts.Fast alle Aufsätze behandeln Themender politischen Struktur namentlichDeutschlands im frühen und hohen Mit-telalter; die Zeitgrenzen sind mit etwa800 und 1200 anzugeben. Die ArbeitenReuters, der sich als "freedom-lovingand freedom-allied Englishman" (455)

qualifiziert, aber immerhin zwölf Jahrebei den MGH tätig war, zeichnen sichaus durch sehr gute Quellen- und Lite-raturkenntnisse (die italienische Mediä-vistik bleibt allerdings weitgehend unbe-rücksichtigt, 'dafür' gibt es gelegentlichVerweise auf altnordische Texte), ele-ganten Stil, forschungskritische und bis-weilen witzige Aspekte (S. 430 erfindeter z.B. einen "Otto-of-Freising Test" zurBeurteilung von Studien über Barba-rossa). Gelegentlich schießt die Kritikfreilich über ihr Ziel hinaus, so wennder Kollegenschaft generalisiernd ge-schichtstheoretische Inkompetenz vor-geworfen wird (12) oder die von Reuterdoch selbst ausführlich verwendetekomparatistische Methode attackiertwird (50). Fast aufdringlich sind die un-abläßig rekurrierenden Verweise aufKarl Leyser, Reuters Doktorvater.

Nach "Editor's note" und "Introduc-tion" ist ein erster Teil mit "ModernMentalities: Historiographies, Metho-dologies, Preconceptions" überschrie-ben. 1. "Modern mentalities and medie-val polities" ist eine eher persönlich Be-trachtung der deutschen und englischenMittelalterforschung v.a. nach ihren di-versen Zugangsweisen. 2. "Medieval:another tyrannous construct?" legt noch-mals die bekannten Probleme diesesTerminus bzw. seiner Definition vor,namentlich seine fehlende Eignung zurAnwendung im Bereich der Weltge-schichte. 3. "The insecurity of travel inthe early and high Middle Ages: crimi-nals, victims and their medieval andmodern observers" sammelt Belege v.a.aus England, aber auch vom Kontinent,die Überfälle auf der Reise bzw. Maß-nahmen dagegen schildern. Man fragt

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sich allerdings, weswegen Reuter mitkeinem Wort die ausgezeichnete Mono-graphie von J. J. Jusserand, Les Anglaisau Moyen Âge: la vie nomade et lesroutes d'Angleterre au XIVe siècle(1884) erwähnt, die schon das Wesentli-che zu diesem Thema erarbeitet hat –obwohl sie auch in einer mehrfach nach-gedruckten englischen Übersetzung er-schien. 4. Kritisch gegenüber der von ei-nem Teil der französischen Mittelalter-forschung angenommenen These einesUmsturzes um 1000 äußert sich der Auf-satz: "Debate: the 'Feudal Revolution'".Zu Recht wird auf die isolierte Betrach-tung nur einzelner Landschaften Frank-reichs und den Mangel an komparatisti-schen Arbeiten verwiesen, die die Nach-barn dieses Königreichs berücksichtigenwürden. 5. "Pre-Gregorian mentalities"ist nur ein kurze Sammelbesprechung. In6. "Whose race? Whose ethnicity?" zeigtsich der Verfasser, wieder zu Recht,skeptisch gegenüber der von einer be-kannten Richtung der Frühmittelalterfor-schung übertrieben hochstilisierten Fra-ge nach dem Selbstbild frühmittelalterli-cher Stämme im Rahmen der Ethnoge-nese-Debatte.

In Teil II, benannt: "The SymbolicLanguage of Medieval Political Action",segelt Reuter vielfach im Kielwasservon G. Althoff. Aufsatz 7. "Nobles andothers: the social and cultural expressionof power relations in the Middle Ages"bietet einen locker gestrickten Überblicküber Herrschaftsmittel (Gewalt, Organi-sation, Rede...). Auf 8. "Regemque,quem in Francia pene perdidit, in patriamagnifice recepit: Ottonian ruler repre-sentation in synchronic and diachroniccomparison" folgt 9. "Contextualising

Canossa: excommunication, penance,surrender, reconciliation", eigentlich nureine interessant neuformulierte Zusam-menfassung der Ereignisse von 1077und ihrer Interpretationen, wobei derVerfasser in Heinrichs Verhalten denAkt einer deditio erkennen möchte. Bei-de Parteien hätten durch das Einlenkendes Saliers ihre Vorteile gehabt. 10."Velle sibi fieri in forma hac: symbolicaction in the Becket dispute" hebt dieentsprechenden demonstrativen Gestenim Laufe dieser Auseinandersetzunghervor; Reuter meint, die schmerzhafteBußleistung des Königs an Beckets Grabwerde unterbewertet.

Der III. Teil handelt über "PoliticalStructures and Intentions". 11. "Assem-bly politics, 800-1200" gibt einen Über-blick über weltliche Versammlungen,die von Herrschern einberufen wurden(Hoftage etc.), der Verfasser glaubt, ei-nen langsamen Funktionswandel zu er-kennen. 12. "Sex, lies and oath-helpers:the trial of Queen Uota (899)" versuchtdiese Anklage als Reaktion auf denschwindenden Gesundheitszustand desHerrschers zu interpretieren. In 13."Plunder and tribute in the Carolingianempire" werden diese beiden Aktionenals Rückgrat der königlichen Finanzenin der karolingischen Epoche beschrie-ben. 14. "The end of Carolingian milita-ry expansion" sieht Reuter am Beginndes 9. Jahrhunderts. Die (mangelnde)Rezeption der älteren dynastischen Tra-ditionen ist Thema von 15. "The Otto-nians and Carolingian tradition". 16."The making of England and Germany,850-1050" ist ein komparatistischer Es-say, 17. "Kings, nobles and others: 'ba-sis' and 'superstructure' in the Ottonian

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period" spürt sozialen Konflikten in je-ner Epoche nach. Diesem gewiß reich-haltigen Artikel wäre aus methodischenErwägungen die Kenntnis der grundle-genden Arbeit von Siegfried Epperlein,Bauernbedrückung und Bauernwider-stand im hohen Mittelalter (1960) zuwünschen gewesen (vgl. auch, doch we-niger wichtig, Ders., Bäuerliches Lebenim Mittelalter: Schriftquellen und Bild-zeugnisse 2003). 18. The '"ImperialChurch System' on the Ottonian and Sa-lian rulers: a reconsideration" stimmt indie heute modische Kritik dieses natür-lich aus bestimmten Vorstellungen des19. Jahrhunderts resultierenden Begriffsein; m.E. kann er pragmatischerweiseund ohne das 'Systematische' zu beto-nen, durchaus beibehalten werden (s. P.Dinzelbacher, Handbuch der Religions-geschichte im deutschsprachigen RaumI, 2011, 85, 96). 19. "Peace-breaking,feud, rebellion, resistance: violence andpeace in the politics of the Salian era"führt das oben angesprochene Themazeitlich weiter; 20. "The medieval Ger-man Sonderweg? The Empire and itsrulers in the high Middle Ages" unter-nimmt eine Evaluierung dieses Kon-zepts, was in den folgenden Abschnitten:21. "Mandate, privilege, court judge-ment: techniques of rulership in the eraof Frederick Barbarossa" und 22. "Allquiet except on the Western Front? Theemergence of pre-modern forms of sta-tehood in the high Middle Ages" in Hin-sicht auf die Zunahme der 'Verstaatli-chung' weitergeführt wird.

Generell läßt die interessante undkompetente Vortragsweise des Verfas-sers den Leser gern übersehen, daß indiesem Band eigentlich eher selten neue

Ergebnisse geboten werden, sondern vorallem die Vermittlung der deutschspra-chigen Forschung an englische Histori-ker geleistet wird. Die kenntnisreicheDarstellung der genannten historiogra-phischen Themen wird freilich auchnicht anglophonen Benützern nament-lich wegen der vielen Quellenzitate undStandortbestimmungen der Sekundärlite-ratur hilfreich sein. Daß ein Historiker,"brought up speaking only English"(xiv), die Verweigerungshaltung, die dieanglophonen Kollegen gegenüber derSekundärliteratur in allen anderen Spra-chen i.d.R. praktizieren, nicht teilt, son-dern kritisiert (und dafür sogar einen ei-genen Terminus: Anglolexia [xiii] erfin-det), ist eine so seltenes Position, daß siemit größter Zustimmung hervorzuhebenist.Peter Dinzelbacher

Sarah Neumann, Der gerichtlicheZweikampf: Gottesurtail – Wettstreit– Ehrensache (Mittelalter-Forschun-gen, 31), Jan Thorbecke, Sigmaringen2010, 268 S.Der Zweikampf, das Duell oder das Or-dal sind schon vielmals in der rechts-historischen, historischen, literaturwis-senschaftlichen Forschung und in ande-ren Spezialgebieten umfangreich behan-delt worden. Was mag also der neue An-satz und die neue Erkenntnis sein, diehier Sarah Neumann in ihrer für denDruck aufbereiteten Münsteraner Dis-sertation von 2008 vorzulegen ver-spricht? Zum einen bietet sie einen rechthilfreichen, am Ende aber doch etwasrecht dünnen Forschungsbericht, zumanderen versucht sie, sich einen umfas-

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senden Überblick davon zu verschaffen,wo solche Duelle stattfanden, wie siedurchgeführt wurden, was die Gründegewesen sein mögen und zwischen wemsie ausgetragen wurden. Damit habenwir auch schon die wesentliche Strukturdieses Buches erfasst, in dem die Auto-rin zunächst sich vorsichtig an das The-ma herantastet und etwas unsicher Bo-den unter den Füßen zu gewinnen ver-sucht. Sie operiert primär als Historike-rin, scheut sich aber keineswegs, ausgie-big auch die literarischen Quellen spre-chen zu lassen, die zwar keinen fakti-schen Aussagewert besitzen mögen, dieaber im breiteren Kontext wesentlicheInformationen bieten, wie die Untersu-chungen Neumanns bestätigen.

Ihr geht es zentral darum, die Ge-schichte des Zweikampfs als eine Formder ritualisierten Gewalt vom frühen biszum späten Mittelalter nachzuzeichnen,wobei sie in sehr beeindruckender Weisebreit auszugreifen vermag und es ihr ge-lingt, Belege aus fast ganz Europa zu-sammenzutragen. Allerdings fragt mansich ständig, inwieweit sie dabei wirk-lich Neuland betritt, denn dieses Phäno-men ist ja schon seit dem frühen 19.Jahrhundert intensiv diskutiert worden,ohne dass Neumann kritisch genug dieLeistungen ihrer Vorgänger bewerten,konsultieren oder belegen würde. Au-ßerdem gibt sie selbst zu, nicht "absoluteVollständigkeit" in der Erfassung vonBelegen erreichen zu können (30). Diesheißt aber nicht, hier würde nur ober-flächlich über einzelne Fälle von Duel-len berichtet; ganz im Gegenteil, dieAutorin demonstriert eine sehr beein-druckende Kompetenz sowohl auf demGebiet der historischen Quellen als auch

in der mittelalterlichen Literaturge-schichte. Diese wertet sie so aus, dasssie in ständig neuen Ansätzen die struk-turellen Merkmale und Eigentümlich-keiten herausarbeitet, was manchmalzwar zu sehr auf eine inhaltliche Zu-sammenfassung hinausläuft, meistensaber trotzdem ein beachtlich kritischesLicht auf die Bedingungen des mittelal-terlichen Rechtsdenken wirft.

Die Autorin beschränkt sich nicht aufZweikämpfe, die Mitglieder des Adelsbetrafen, sondern behandelt auch solche,die Stadtbürger, und dann manchmal so-gar Juden involvierten, während Fraueneine Sonderstellung einnahmen, weil sieja fast niemals persönlich teilnehmendurften und immer einen Vertreter fin-den mussten. Auch die Rolle der Kleri-ker kommt deutlich zur Sprache, dennsie waren genauso wie alle anderenZeitgenossen nicht immun gegen Ankla-gen oder Vorwürfe anderer, gegen diesie sich verteidigen mussten. Jedenfallsin literarischen Quellen tritt dieses Phä-nomen auf, es bleibt aber unklar, inwie-weit wir wirklich davon ausgehen kön-nen, dass Kleriker duellierten.

Man muss Neumann Hochachtungdafür aussprechen, so viele verschiedeneTexte konsultiert zu haben, nur passiertes dann öfters, dass sie sich gar zu engauf die speziellen Passagen konzentriert,in denen es zum Duell kommt, was denBlick auf den größeren Zusammenhangversperrt oder sogar gelegentlich zuFehllesungen führt (Gottfrieds Tristan,z.B., 78, Reineke Fuch, 104-05). Ande-rerseits gelingt es ihr, mühelos von Landzu Land und von Epoche zu Epoche zuspringen, womit sie wahrhaft dem eige-nen Anspruch gerecht wird, einen dia-

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chronen Zuschnitt zu verfolgen. Proble-matisch erscheint mir dann jedoch wie-derum die Engführung auf den Zwei-kampf, obwohl er zur breiteren Rechts-praxis der Ordale gehört, die aber aufdem Fünften Laterankonzil verbotenwurden. Hier hätte noch wesentlich ge-nauer nachgehakt werden müssen, an-statt die Aufmerksamkeit gar zu weit bisins 15. und 16. Jahrhundert schweifen zulassen und eine so große Fülle an Quel-len anzusprechen, ohne den meistendann ganz gerecht zu werden.

Wie sehr der Zweikampf dazu dien-te, politische Probleme, ethische und so-ziale Spannungen, Geschlechterproble-me, finanzielle Konflikte und politischeKonkurrenz auszutragen, wird insgesamtsehr gut deutlich. Es wäre jedoch wich-tig gewesen, genauer zu überprüfen,welche Reaktionen seitens der Kirche zuverspüren waren und ob diese Ordaletatsächlich so generell als juristischeNorm akzeptiert wurden. Vielleicht griffdie Autorin am Ende fast etwas zu um-fangreich auf literarische Quellen zu-rück, in denen die Überprüfbarkeit deroffiziellen Akzeptanz bzw. Kritik andiesen Verfahren unnötig zu seinscheint. Ganz daneben liegt Neumannnur einmal, als sie sogar das "Hilde-brandslied" (frühes 9. Jh.) in ihre Be-trachtungen einbezieht, obwohl es sichdort keineswegs um einen juristischenZweikampf handelt (202-203), sondernum eine kriegerische Auseinanderset-zung auf Leben und Tod zwischen Vaterund Sohn. Je mehr sie aber die literari-schen Quellen zu Rate zieht, desto mehrwäre es notwendig gewesen, den Ab-stand zur bisherigen Forschung zu erör-tern, was jedoch weitgehend wegfällt.

Insgesamt erfüllt Neumann trotzdemweitgehend die Erwartungen in ihre Ar-beit und kann beanspruchen, einen wich-tigen Beitrag zu diesem komplexen The-ma geleistet zu haben. Das Buch endetmit der Bibliographie und einem will-kommenen Register.Albrecht Classen

Scham und Schamlosigkeit. Grenz-verletzungen in Literatur und Kulturder Vormoderne. Hg. von KatjaGvozdeva und Hans Rudolf Velten(Trends in Medieval Philology, 21), DeGruyter, Berlin und New York 2011,X, 491 S., Abb.Anhand von Scham bzw. deren Abwe-senheit (Schamlosigkeit) lässt sich sehrviel über Kultur aussagen, obgleich dieganze diesbezügliche Diskussion, wiesie vor allem von Norbert Elias in seinerberühmten Studie Prozeß der Zivilisa-tion (zuerst 1939) eingeleitet und dannvon Hans Peter Duerr in Nacktheit undScham (1988) bekämpft worden war, bisheute zu keinem überzeugenden Er-gebnis geführt hat. Handelt es sichbei Scham um eine anthropologischeKonstante oder um ein Anzeichen cha-rakteristisch für eine spezielle Stufe inder Zivilisationsbewegung (Neuzeit)?Der vorliegende Band, der die Beiträgeeiner Tagung in Berlin vom 4. bis 6. Juni2009, die zu Ehren des 65. Geburtstagsvon Werner Röcke veranstaltet wurde,enthält, geht breit auf die Fragen ein,was Scham bedeutet und wie sie in lite-rarischen Werken und kunsthistorischenObjekten zum Ausdruck kam bzw. wasihr Fehlen bedeutete. Die theoretische

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Problematik hingegen, die der Kontro-verse Elias gegen Duerr zugrunde liegt,wird hier nur gestreift und nicht histo-risch ausgeleuchtet, so als ob sich dieHerausgeber davor scheuten, Stellung zubeziehen. Die Gesamtheit der Beiträgeverspricht aber, mittels der Fülle an Ein-sichten und Argumenten die weitrei-chende Bedeutung von Scham wahrzu-nehmen, auch wenn hier mögliche Ver-änderungen in der Einstellung zurScham gar nicht berücksichtigt werden.Als theoretische Orientierung wirdKommunikation als Spiegel von Schamhingestellt, doch bleibt dies eine etwaszu vage Konstruktion. Die zwei einlei-tenden Untersuchungen von HartmutBöhme und Alois Hahn, die sich moder-nen schambesetzten Situationen zuwen-den, sensibilisieren uns zunächst für diewesentliche Problematik.

Wie der erste mediävistische Aufsatzvon Gerd Althoff vor Augen führt,spielte Scham in der mittelalterlichenÖffentlichkeit eine gewichtige Rolle, in-dem sie vor allem bei Rechtsbruch bzw.Vergehen allgemein zum Einsatz kamund entscheidend dazu beitrug, denVerlust von Ehre zu verhindern unddoch Genugtuung zu leisten, womit we-sentliche Konflikte überwunden werdenkonnten. Jan-Dirk Müller betrachtet sichdas Verhältnis von Scham und Ehre inhöfischen Romanen, wobei er eine ge-wisse Asymmetrie festzustellen glaubt,was jedoch letztlich wenig erhellendwirkt, wie auch seine offene Frage zumSchluss anzeigt, dass das Ergebnis etwasunbestimmt bleibt. Seltsam, wieso hierständig anstatt der temporalen Konjunk-tion 'als' fälschlich die konditionaleKonjunktion 'wenn' eingesetzt wird.

Hans Rudolf Velten stellt dar, wiesehr im Reinhard Fuchs von Heinrichder Glichezâre zwar Scham auf Seitender Opfer auftritt, diese aber sehr starkdurch die Schamlosigkeit des Protago-nisten kompensiert wird, ohne dass esjemals zu einer Besserung der Gesell-schaft käme, während ihre Schwächenund individuelles Versagen bloßgestelltwerden. Gerhard Wolf diskutiert dieFunktion der Scham in Hartmanns vonAue Erec und im niederländischen Wa-lewein von Penninc und Pieter Vostaert,verweist dabei auch auf die Elias-DuerrKontroverse, gelangt aber dabei nichtwirklich zu neuen Ufern. Immerhin, rit-terliches Verhalten wird durch Schammotiviert, wie er konstatiert, insoweit alsdie Angst vor Fehlverhalten regulierendgreift. Albrecht Dröse versucht, mittelsdes Begriffs Scham neue Bedeutungs-schichten im Tristan von Gottfried vonStraßburg aufzudecken, insoweit dieseScham entscheidend zur Entwicklungvon minne führe – eine These, die etwasauf tönernen Füßen zu stehen kommt.Klaus Ridder verfolgt das Thema in Be-zug auf den Prosa-Lancelot, wo diewirkliche Leistung des Protagonistendarin bestehe, das innere Schamgefühlzu überwinden, um dem Liebesideal ge-recht zu werden.

Zwischendurch erscheint der Aufsatzvon Horst Bredekamp über die sexuellenDarstellungen in gotischen Kapitularenund Skulpturen; zudem verweist er aufSheena-la-gigs und Figuren in Tympa-noi, die oftmals Schamlosigkeit anzu-deuten scheinen, trotzdem aber viel eheraus moraltheologischer Sicht zu beur-teilen wären. Bredekamp will hier abertrotzdem "eine extreme Wut der Osten-

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tation" (225) wahrnehmen, was er mitdem Hinweis auf "Stigmatisierung desBösen" (226) deutet, was mir jedochnicht nachvollziehbar vorkommt und zusehr den Theorien Röckes verpflichtetzu sein scheint, der 1987 sein damalsdurchschlagendes, heute aber nicht mehrso überzeugendes Buch Die Freude amBösen vorgelegt hatte. Er geht wohl da-von aus, dass hier extreme Schamlosig-keit zum Ausdruck komme, was aberweder in das Bildprogramm selbst nochdie theologische Konzeption dieser Fi-guren passen will.

Faszinierend liest sich darauf die ge-nau beobachtende und treffende Unter-suchung Peter von Moos' über die Be-deutung schamlosen Schweigens inmittelalterlichen Texten, was aber weni-ger mit Scham denn mit effektiver Kom-munikation zu tun hat, so wenn man andas Passions-Schweigen denkt. Höchstbeeindruckend erweist sich besondersdie Geschichte des MinoritenbrudersMichele von Florenz, der 1389 als Hä-retiker hingerichtet wurde, bei seinerVerteidigung aber recht wenig sagte undnur dann antwortete, wenn seine eigeneWürde auf dem Spiel stand.

Die Funktion der Scham in religiö-sen Texten des Spätmittelalters und derfrühen Neuzeit zieht die Aufmerksam-keit von Ruth von Bernuth (zu Alexius-legenden und Jacob Schmids WeißeThorheit) und Julia Weitbrecht (zu Mär-tyrerinnenlegenden und Hugos von Lan-genstein Martina) auf sich. Wieso beiletzteren kein Wort über das Spiel Dul-citius von Hroswitha von Gandersheimfällt, ist unbegreiflich. Aber sie zeigtüberzeugend, wie stark die weiblicheScham dazu beiträgt, die Heiligkeit der

Märtyrerinnen zu demonstrieren. Niko-laus Largier behandelt kirchliche Vor-würfe gegen häretische Gruppen, dassdiese sich orgiastischem Verhalten hin-gegeben hätten, so besonders bei denKryptoflagellanten, was jedoch schonvon Peter Dinzelbacher in seinem Bei-trag ("Gruppensex") zu Sexuality in theMiddle Ages, ed. Albrecht Classen,2008; hier nicht konsultiert) ausführlichbehandelt worden ist.

Die letzten vier Aufsätze (Gvozdevazu Rätseln, Helmut Pfeiffer zu Montaig-ne, Hartmut Böhme zu Nacktheit undAnatomie und Klaus-Peter Köpping zujapanischen rituellen Aktionen in derGegenwart) betreffen nicht mehr unse-ren zeitlichen Rahmen. Erstaunlicher-weise fehlen ein Abbildungsverzeichnis,ein Index und biographische Abrisse derBeiträger. Man merkt immer wieder,dass es sich hier oft noch um Vortrags-fassungen handelt, denn die Forschungist häufiger nur ungenügend konsultiertworden. Trotz beachtlicher kritischerUntersuchungen fehlt insgesamt dietheoretische Grundlegung, die im Vor-wort zumindest hätte gründlicher erar-beitet werden können. Dass Scham bzw.,im bewussten Kontrast dazu, die Scham-losigkeit im Mittelalter sehr bedeutendgewesen ist, bedürfte kaum der eigenenErwähnung, aber der vorliegende Bandbringt das Thema doch schön vielfältigzum Ausdruck, nur bleibt unverständ-lich, ob dies typisch für die Vormodernegewesen sein mag oder nicht. Am ergie-bigsten erweisen sich die Untersuchun-gen von Althoff und von Moos, währendviele andere eher inhaltliche Zusammen-fassungen bieten oder bekannte Beob-achtungen wiederholen. Scham bzw.

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Schamlosigkeit mit Kommunikation inVerbindung zu bringen, wirkt wie eineAusflucht, während es meistens unklarbleibt, wie die Beiträger das Phänomenwirklich aus geistes- und vor allem men-talitätsgeschichtlicher Sicht beurteilenwürden.Albrecht Classen

Armin Schulz, Erzähltheorie in me-diävistischer Perspektive, hg. vonManuel Braun, Alexandra Dunkelund Jan-Dirk Müller, De Gruyter,Berlin und Boston, 2012, 427 S.Die vorliegende Einführung in die Er-zähltheorie aus mediävistischer Pers-pektive schließt eine dringliche Lakunein der erzähltheoretischen Forschungund eröffnet zugleich ein theoretischesFeld für die Mediävistik, das bisher oft-mals vernachlässigt worden ist. DieGründe dafür liegen auf der Hand. Sokonstatiert Schulz in seinem Vorwort zurecht, "daß die Kategorien der gängigenErzähltheorie zu oft nicht so recht pas-sen" (1). Die Problematik mittelalterli-cher Textebetrifft insbesondere die in-konsequente Trennung von Autor undErzähler, die nicht immer logischeSystematik narrativer Informationsver-teilung, die hyper- oder indeterminierteMotivation einer Handlung, die stati-sche, typisierende Charakterzeichnungder Figuren, handlungslogische Wider-sprüche oder Unklarheiten und nichtzuletzt die massive Wiederholung tra-dierter Stoffe und Motive (cf. 1f.). Na-türlich wurden diese und ähnliche Fra-gen bereits in der Forschung diskutiert,allerdings nur äußerst selten aus dezi-

diert erzähltheoretischer Perspektive.Stattdessen dominieren interpretatori-sche Zugänge aus der literaturwissen-schaftlichen Praxis (cf. 3).

Das Ziel, das Schulz verfolgt, istkeinesfalls, eine Einführung in die nar-ratologische Tradition bzw. in das Feldder Erzählforschung zu liefern, wie es inder Literaturwissenschaft, die sich miterzählenden Texten nach 1800 beschäf-tigt, seit langem erfolgreich praktiziertwird. Sein Fokus ist vielmehr, zentraleerzähltheoretische Methoden in Anwen-dung auf mittelalterliche Texte vorzu-stellen, d.h. sowohl klassische narratolo-gische Theorien, sofern sie mittelalterli-che Texte behandeln bzw. in der Folgevon Wissenschaftlern dazu verwendetworden sind, als auch allgemein litera-turwissenschaftliche Thesen und Theori-en, die Fragen des mittelalterlichen Er-zählens erörtern. Der Überblick über-theoretische Überlegungen geht dabeimit einerdetailliertenund umfassendenEinführung in die Grundmuster mittel-alterlichen Erzählens einher.

Die sechs Kapitel, die das Herzstückdes Buches ausmachen, sind inhaltlichso dicht, dass selbst eine konzise Dis-kussion den Rahmen dieser Rezensionsprengen würde. Ich beschränke michdaher auf die übergeordneten Themenund einige Anmerkungen zu Schulz'Vorgehen und Leistung. Die Kapitelwidmen sich den folgenden, in der Er-zähltheorie zentralen Themen: Figuren-konzeption und -darstellung; Gattungenund Gattungslogik; Erzählmuster;Raum- und Zeitentwürfe; Kohärenz undKomposition; Erzähler und Erzählper-spektive.Dabei gehen die Darstellungder theoretischen Zugänge und des bis-

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herigen Forschungsstands zu einem The-ma Hand in Hand mit konkreten Bei-spielen aus der deutschen Literatur desMittelalters. Darüber hinaus liefertSchulz gleichsam en passant auch Ein-führungen in zentrale kulturgeschichtli-che Rahmenbedingungen, die zu eineminformierten Verständnis mittelalterli-cher Literatur unabdingbar sind, wie bei-spielsweise die Humoralpathologie, ari-stotelische Sinneslehre, Adelskultur, denMinnedienst oder lineare vs. zyklischeZeitstrukturen.

Schulz' Analysen und Darstellungensind stets klar, beispielbezogen und um-fassen alle wichtigen Themen erzähl-theoretischer Auseinandersetzung. Ob-gleich sich das Werk insbesondere anStudierende der mediävistischen Ger-manistik richtet, eignet es sich durchausals eine überblicksverschaffende Dar-stellung für interessierte Wissenschaftlerder Mediävistik im Allgemeinen, diesich mit mittelalterlichen Erzählungen,Erzählweisen und Erzählstrategien aus-einandersetzen.

Einige kleine Monita seien abschlie-ßend erwähnt: Im Zusammenhang vonGreimas' Aktantenmodell lehnt Schulzdie Existenz einer Tiefenstruktur einesTextesab und betont die Bedeutung derDiskursebene (cf. 17), denn: "Das Ge-schehen entsteht erst durch den Wort-laut, weil Handlung und dargestellteWelt allererst durch ihn vermittelt wer-den" (17). Die Signifikanz der Diskurse-bene wird jedoch in den folgendenAnalysen kaum diskutiert. Viele der vonSchulz vorgestellten Modelle und The-sen bzw. seine eigenen Darstellungensind auf einer Makroebene angesiedelt,die allgemeinere kulturhistorische Phä-

nomene behandeln (Darstellung vonMännern und Frauen, Gewalt, Magie,Identität, thematische Logik, Symbolge-halt). Die Mikroebene dagegen wird nurselten explizit diskutiert. Hiervon zeugtauch die äußerst sparsame Verwendungvon Primärzitaten im gesamten Buch(das 7. Kapitel zu Erzähler und Erzähl-perspektive ist als wichtige Ausnahmezu nennen).

Dass, wie Schulz in einem kurzenPlädoyer zu Erzählen und Handlungdarlegt (cf. 164ff.), die Handlungsebenebei mittelalterlichen Texten von zentra-ler Bedeutung ist und daher nicht ver-nachlässigt werden sollte, steht außerFrage, sollte jedoch nicht dazu führen,die Erzählebene nicht oder nur in Ansät-zen zu betrachten. Hier scheint mirSchulz zu sehr klassischen narratologi-schen Theorien verhaftet, die strukturali-stisch inspiriert die eigentliche Textge-stalt zurückstellen. Spätestens seit demletzten Jahrzehnt sind jedoch sogenanntepost-klassische Theorien der Narratolo-gie zunehmend dynamischer und flexi-bler orientiert, mit besonderem Fokusauf der Erzählebene. Von diesem Fokuskann auch die Analyse mittelalterlicherLiteratur nur profitieren.

Der Autor hat die Publikation seinesWerkes nicht mehr miterleben können,und es ist der Verdienst der drei Heraus-geber, Manuel Braun, Alexandra Dunkelund Jan-Dirk Müller, dass das Buch ver-öffentlicht werden konnte. Schulz hatein wichtiges Grundlagenwerk geschaf-fen, das dazu anregt, die Mediävistik aufder Landkarte der erzähltheoretischenForschung zu positionieren. Zugleichlässt sich das Buch als impliziter Impe-rativ an Mediävisten und Mediävistinnen

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lesen, existierende Methoden der Nar-ratologie in Anwendung auf mittelalter-liche Texte zu hinterfragen, weiterzu-entwickeln und so einen entscheidendenBeitrag sowohl zur theoretischen Justie-rung der Erzählforschung als auch zurAnalyse mittelalterlicher Erzählformenzu leisten.Eva von Contzen · Albert-Ludwigs-Universität · Freiburg i.B. ·[email protected]

Hans K. Schulze, Grundstrukturender Verfassung im Mittelalter, Band4: Das Königtum (Urban-Taschen-bücher, 464). Stuttgart, Kohlhammer2011, 292 S.Schulzes "Grundstrukturen" haben seitder Veröffentlichung des ersten Bandes1985 einer Generation von Mediävistenelementares Rüstzeug vermittelt. Siesind selbst bereits ein Stück For-schungsgeschichte. Jeweils in mehrerenAuflagen sind erschienen: "Stammes-verband, Gefolgschaft, Lehnswesen,Grundherrschaft" (1985), "Familie, Sip-pe und Geschlecht, Haus und Hof, Dorfund Mark, Burg, Pfalz und Königshof,Stadt" (1986) und "Kaiser und Reich"(1998). Das "Königtum" bildet nun denAbschluss des Werks. Es bleibt derLehrbuchtradition treu und ist eng mitden Vorgängerbänden vernetzt, insbe-sondere mit "Kaiser und Reich". Die be-handelten Themen und Forschungsan-sätze stehen in der deutschen Mediä-vistik nicht mehr so hoch im Kurs wieeinst; Walter Schlesinger, dessen Wir-ken in den "Grundstrukturen" durchgän-gig nachvollzogen werden kann, wirdvon der Forschung kaum noch rezipiert.

Weil eine "neue" Politikgeschichte da-mit aber Gefahr läuft, die Erdung in un-serem positiven, vorzugsweise aus denRechtsquellen geschöpften Wissen übermittelalterliche Herrschaft zu verlieren,kommt dieses Buch nicht nur für Stu-denten zur rechten Zeit.

Schulze beginnt mit einer Diskussionvon "Ursprung und Begriff" des König-tums, in der sich schon der Hauptvorzugdes Buchs bemerkbar macht: ein sorg-fältiger Umgang mit Quellenbegriffen,die in Gehalt und Entwicklung säuber-lich präpariert werden, und eine instruk-tive Gegenüberstellung der Forschungs-begriffe, die dem Leser Grundlinien derklassischen deutschsprachigen Verfas-sungsgeschichte erschließt. Die Unter-scheidung zwischen beiden Arten vonBegriffen will im akademischen Unter-richt erst einmal gelernt sein; hier zeigtsich Schulzes didaktische Erfahrung.Literaturangaben sind in bewährter Wei-se direkt in den Text eingebaut. Es folgteine verhältnismäßig ausführliche Dar-stellung des fränkischen Königtums miteinem Schwerpunkt auf den ideenge-schichtlichen Grundlagen. Dies ist derHintergrund, vor dem Schulze in siebenQuerschnittskapiteln strukturelle Fragender deutschen Königsherrschaft disku-tiert: Die Behandlung der Thronfolgeberührt sich mit den folgenden Kapitelnzur Stellvertretung des Königs und derStruktur des Hofs; hier werden auch dieReichsämter und die Hofkapelle vorge-stellt. Eins fließt ins andere, indem sichAusführungen zum Reisekönigtum alsHerrschaftsform und zum "Aktions-raum" der Könige anschließen. Den Ab-schluss bilden Königsschatz und Reichs-gut.

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Ein verfassungsgeschichtliches Lehr-buch muss als solches beurteilt werden.Weder erklärt es die "Spielregeln derPolitik" noch ist es eine auf Vollständig-keit zielende Enzyklopädie. Schulzekonzentriert sich quellennah auf dasWesentliche und transportiert den sprö-den Stoff verständlich, sogar anspre-chend. Zu dem, was behandelt wird, gibtes kaum etwas zu ergänzen, sofern manden "Kaiser"-Band der Reihe regelmäßighinzuzieht. Allenfalls mag man sichnach der Rolle der Königin am Hof fra-gen. Der Kritikpunkt ist die deutlich we-niger intensive Behandlung der Zeitnach dem Ende der Staufer. Die meistenherangezogenen Beispiele stammen ausfränkischer, ottonischer und salischerZeit. Vor dieser Folie erscheint dasspätmittelalterliche Hausmachtkönigtumals bloße Schwundstufe. Machtpolitischwar es das zweifellos, dennoch gab esstrukturelle Innovationen: die insbeson-dere in den Königsländern wirksameGesetzgebung, die Bürokratisierung derHofämter und des Gerichts seit Ruprechtsowie das Aufkommen gelehrter Rätebei Hofe seien genannt. Grundsätzlichkönnen aber alle Mediävisten, nicht al-lein Studenten und nicht allein Histori-ker, getrost als verlässliches Basiswissennach Haus tragen, was sie in diesemBand finden.Holger Berwinkel · Auswärtiges Amt ·Politisches Archiv und HistorischerDienst · D-11013 Berlin ·[email protected]

Herbert Schutz: Mystic Women andLyric Poets in Medieval Society. TheLiterary View of Medieval Culture

During the Romanesque Period inCentral Europe 900-1300. Trier:WVT, Wissenschaftlicher VerlagTrier, 2010, XI, 226 S.Es handelt sich hier weder um eine Dis-sertation noch um eine Habilitation. DerAutor ist kein ausgewiesener Germanistoder Mediaevist, sondern gibt von vorn-herein schlicht einfach sein Interesse ander deutschen Geschichte des Mittelal-ters und der deutschen Literatur desMittelalters zu erkennen. Für generelleLeser hat er nun diese etwas seltsameEinführung geschrieben, in der er einer-seits, wie der Titel vermuten lässt, dieWelt mystischer Frauenliteratur, ande-rerseits diejenige der weltlichen eroti-schen Dichtung behandeln möchte, ohnedass deutlich würde, was die Beziehungzwischen den beiden Bereichen seinmag. Seinen kulturhistorischen Rahmenbildet die Epoche der romanischenKunst, ein Konzept das höchst unge-wöhnlich ist und in der Weise auch nurschwer auf die Literaturgeschichte über-tragbar sein dürfte. Genauer gesagt willer aber dann die deutsche Literaturge-schichte von ca. 900 bis 1300 in denBlick nehmen, was natürlich schon sohäufig geschehen ist, dass man sichschwer wundert, was denn hier innovativsein mag. Entgegen seinem eigenen Titelgibt dann Schutz zu erkennen, dass ersich das mittelalterliche liturgischeDrama, das mittelhochdeutsche Epos,höfische Romane und mittelhochdeut-sche Lyrik vornehmen möchte.

Gibt es denn keine englischsprachi-gen Einführungen in die Literatur desdeutschen Mittelalters? Natürlich ganzim Gegenteil, und man wundert sich da-her sehr, was hier angepeilt sein mag.

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Dann sieht man sich auf einmal mit demAnliegen konfrontiert, vor allem dasWerk Hildegards von Bingen und Al-bertus Magnus vorzustellen, wozu nochdie Texte von Meister Eckhart (nichtEckhard!) kommen, wohl weil sichSchutz auf einmal daran erinnert, dass erja im Titel betont hat, die mystische Li-teratur von weiblichen Autoren in denBlick nehmen zu wollen.

Im weiteren Verlauf entdeckt manden lustigen Vorgang, dass Schutz ganzbeliebig andere Dichter hinzuzieht, ohnedass irgendein System bemerkbar wäre,und eine Unzahl anderer, höchst wichti-ger, vollkommen ignoriert bzw. nur ganzflüchtig streift. Trotzdem wirft er denmeisten Literaturhistorikern vor, bishergar nicht bemerkt zu haben, dass diemittelalterlichen Dichter generell auchdidaktische Ziele verfolgten. Schutzwirft ganz beliebig mit historischen Da-ten um sich, vergisst alle wesentlichenZwischenstufen und literarische Genres,die sich ihm nicht unmittelbar aufdrän-gen (z.B. Spielmannsepik), und stürztsich dann vollkommen unbekümmert umjegliche bisherige Forschung in seineMaterie, die er selbst so unverständigzusammenstellt, dass man nur mit demKopf schütteln kann.

Das erste Kapitel widmet sich dermystischen Literatur, d. h. zuerst Hilde-gard von Bingen, doch verstehe ichnicht, was denn Albertus Magnus in die-sem Zusammenhang zu tun hat. Bern-hard von Clairvaux, Mechthild vonMagdeburg u .a. kommen gleichermaßenzur Sprache, dann kehrt der Autor zuHildegard von Bingen zurück, schafft esaber niemals, ein wirklich solides Ver-ständnis von Mystik und mystischer Li-

teratur zu gewinnen und hat auch prak-tisch die relevante Sekundärliteraturübersehen. Anschließend wendet er sichder Gattung des liturgischen Dramas zu,wie es vor allem von Hrotsvita von Gan-dersheim geschaffen wurde. Ich glaubeaber, dass Schutz keines ihrer Werkeüberhaupt gelesen hat, denn er sammeltseine Informationen nur aus sehr be-dürftiger Sekundärliteratur.

In den folgenden Kapiteln kommendie wichigsten Genres der mittelhoch-deutschen Literatur zur Sprache. In denmeisten Fällen hat man ebenfalls denEindruck, hier werde nur zusammenge-fasst, was in der wissenschaftlichen Lite-ratur bisher zusammengetragen wurde,ohne dass Schutz adäquat seine Quellenoffenlegen oder anerkennen würde. Dageht es mal um das Annolied, dann umWolframs Parzival, dann um GottfriedsTristan und das Nibelungenlied. Blicktman genauer in den Text, entdeckt maneigentlich nur zwei verschiedene Aussa-gen: Entweder verliert sich Schutz inBelanglosigkeiten oder er fasst einfachnur den Inhalt zusammen. Es gibt abernoch schlimmere Aspekte, so wenn ersich in Absurditäten verliert oder seineeigene Ignoranz verrät. Kurz gesagt, die-ses Buch ist ein Sammelsurium vonschnell angelesenen Beobachtungen, dienirgends Boden unter den Füßen gewin-nen, weil sich der Autor gar nicht ernst-haft mit seinen Quellen auseinandersetztund überhaupt kein ernstzunehmendesVerständnis der Geschichte der deutsch-sprachigen Literatur des Mittelalters be-sitzt. Dieses Buch ist ein solch uner-sprießliches Machwerk, dass ich es nochnicht einmal in mein Bücherregal stellenmöchte. Gewiss endet diese schluder-

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hafte Arbeit mit einer Bibliografie undsogar einem Index, aber gerade die er-stere verrät durch sich selbst, wie wenigder Autor wirklich recherchiert und seinThema in einer solch bruchstückhaftenArt und Weise angegangen hat, dassweder der Experte noch der Laie irgendetwas davon profitieren kann. Wieso dasBuchmanuskript überhaupt von demWissenschaftlichen Verlag zum Druckangenommen worden ist, bleibt mir einRätsel.Albrecht Classen

Sehen und Sichtbarkeit in der Litera-tur des deutschen Mittelalters. XXI.Anglo-German Colloquium London2009, hg. Ricarda Bauschke, Sebasti-an Coxon, Martin H. Jones, AkademieVerlag, Berlin 2011, 454 S., 13 farbigeAbb.Auf der 21. Tagung des Anglo-GermanColloquiums in London im September2009 ruhte der Schwerpunkt auf demThema der Visualisierung in der Litera-tur des deutschen Mittelalters, was aberauch Arbeiten zur lateinischen Poetolo-gie (Galfredus von Vinsauf) und zumIsenheimer Altar einschloss. Der Aus-gangspunkt bestand darin, dass die vor-moderne Welt wesentlich stärker als diemoderne durch Visualität bestimmt ge-wesen sei, was u.a. den Blick, die Schau,die visuelle Wahrnehmung einschließeDie Herausgeber weisen zu Recht aufdie erst in der jüngsten Zeit publiziertenForschungsergebnisse von Gerd Althoff,Jean-Claude Schmitt und Horst Wenzelhin, ziehen auch die Publikationen ihrerSchüler und Kollegen ein, bemühen sich

jedoch nicht um eine theoretische oderpraktische Auseinandersetzung mit derFrage, inwieweit wir tatsächlich dieWelt des Mittelalters so stark geradedurch diese Perspektive identifizierenkönnen. Gibt es in der Moderne nichtmehr diese Ausrichtung auf den Blick,oder spielt Visualität schlechthin heutenicht mehr die entscheidende Rolle wiein der Vergangenheit? Welche Kriterienkönnten wir berücksichtigen, um die vi-suelle Eigenart der mittelalterlichen undfrühneuzeitlichen Kultur in den Griff zubekommen? Die Herausgeber des vor-liegenden Bandes betonen in dem knap-pen Vorwort nur, dass es bei den Beiträ-gen darum geht, Visuelles zu behandeln,das thematisch poetologisch und mate-riell in den Texten zur Sprache kommt.Man fühlt sich aber ziemlich von vorn-herein verunsichert angesichts einerdoch etwas vagen Vorgehensweise undfehlenden kritischen Positionsbestim-mung.

Der einleitende Aufsatz von Jan-DirkMüller nimmt die Visualität ins Visier,um mit den Worten zu spielen, und soerfahren wir u.a., "Visualität meint inder höfischen Kultur immer schon ent-wickelte Visualität. Sie markiert eineKulturstufe, die zwischen roher Sinn-lichkeit und abstraktem Denken liegt"(13), was mir aus kulturhistorischerSicht fast gänzlich unverständlich vor-kommt. Aber dann geht es um Blicke inden Spiegel, das Auftreten von Figuren,visuelle Wahrnehmung etc., dazu umSinnlichkeit allgemein, wie er dann for-muliert: "Essen und Sexualität sind inder mittelalterlichen Kultur metapho-risch verkoppelt" (17). Dies trifft be-stimmt zu, dürfte aber ein Grundelement

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in vielen Epochen sein; ich verweise nurauf den berühmten Roman Como aguapara chocolate von Laura Esquivel(1989; als Film 1992). Müller durch-streift dann immer weiter ausholend diedeutsche Literatur des Mittelalters undbietet eine Fülle interessanter Beispiele,die auch auf die Innenperspektive hin-weisen. Das blitzartige Sehen und Er-kennen bildet das Augenmerk von KlausGrubmüllers Aufsatz, während Wolf-gang Haubrichs die Etymologie vonGlanz und Glast verfolgt, beides Wörtervon großer Bedeutung vor allem in derhöfischen Literatur des Mittelalters, wasanzudeuten scheint, wie groß das Be-dürfnis nach Sichtbarkeit einer elitärenSchicht gewesen ist. Ein Vergleich zurBarockliteratur oder derjenigen des 19.Jahrhunderts wäre nun sehr hilfreich,muss aber späterer Forschung vorbehal-ten bleiben. Horst Brunner diskutiert diesinnliche Wahrnehmung bei Walthervon der Vogelweide, Elke Brüggen undFranz-Josef Holznagel widmen sich demNibelungenlied unter dem Blickwinkelvon 'Körperzeichen und Umgangsfor-men', worauf Stephan Müller, ebenfallsin Bezug auf dieses Epos, nach der Be-deutung der Anwesenheit des Herrschersin der Schlacht fragt bzw. die Gefahrumreißt, wenn dieser zu Hause bleibt.

Liest man weiter in diesem Band,sieht man sich einer Reihe von weiterenAufsätzen gegenüber, die mehr oder we-niger die gleichen Aspekte behandeln,wenngleich die Textgrundlage wechselt,ohne dass wirklich neue Erkenntnissevorgelegt werden. Dass in der mysti-schen Literatur das Schauen natürlichzentrale Bedeutung gewinnt, wie dieBeiträger im folgenden Abschnitt darle-

gen, dürfte selbstverständlich sein, wirdaber hier erneut in etwas verdichteterForm und mit modischem Jargon ver-brämt diskutiert. Immerhin verdienensolche Aufsätze wie der von ElizabethAndersen zur mystischen Schau der Ge-burt Christi oder der von Nine Miedemazur visuellen Präsentation von Wunder-geschehen in religiöser Dichtung größe-re Beachtung. Nigel F. Palmer beschäf-tigt sich mit der intriganten Beziehungzwischen Text und Bild auf der Schienedes visionären Schauens im IsenheimerAltar. Henrike Lähnemann hingegenbietet zu meiner großen Freude eineUntersuchung des Kartäusers ErhartGroß, dessen Geographischen Traktatsie hier einführt und neu herausgibt aufder Grundlage des Autografen Breslau,UB, cod. I Qu 77, f. 63v-89v mit Ergän-zungen des fehlenden Prologanfangsnach der Kopie Stadtbibliothek Nürn-berg, Cent. VIII 16, f. 74v-105v. In derTat, die Forschung zu diesem Autor istin den letzten Jahren in Bewegung ge-raten, wie Lähnemann hervorhebt, aberdann ignoriert sie doch wieder einen Teilder jüngeren Studien (Albrecht Classen,"Erhart Gross – ein weitgehend unbe-kannt gebliebener Autor des 15. Jahr-hunderts. Über Liebe, Ehe, Kinder,Witwenschaft und Gottesfurcht aus derSicht eines Kartäusers," Journal of Eng-lish and Germanic Philology 100[2001]: 377-405; id., "Widows: TheirSocial and Religious Functions Accor-ding to Medieval German Literature,with Special Emphasis on Erhart Gross'sWitwenbuch (1446)," Fifteenth-CenturyStudies 28 [2003]: 65-79). Gibt es etwain Deutschland keinen elektronischenZugang zur MLA Bibliography? Natür-

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lich bietet Gross Auskünfte darüber, wieer die Welt gesehen hat, liefert er ja aus-führliche Beschreibungen, aber dasElement der Visualität ist hier dochkaum zu Wort gekommen. Andernfallsmüssten alle Reisebeschreibungen undPilgerberichte in die hier behandelte Ka-tegorie aufgenommen werden, womitaber das theoretische Konzept letztlichan Wert verlöre.

Den Abschluss bildet ein Aufsatzvon Almut Suerbaum zum Sehen undzur inneren Schau in Thürings von Rin-goltingen Melusine (selbstverständlich,darum dreht es sich ja im ganzen Ro-man!), worauf Michael Stolz ein Fazitzur Tagung vorlegt. Am Ende erschei-nen noch ein Abkürzungsverzeichnis,ein Personen- und Werkregister sowie13 farbige Abbildungen. Die Herausge-ber haben einen gut in sich geschlosse-nen Band vorgelegt, aber es wäre dochratsam gewesen, wenn die Autoren sichmehr darum bemüht hätten, sorgfältigerdie bisherige Forschung zu ihren The-men zu konsultieren und die Spezifikaihrer Thesen im Kontrast oder Vergleichmit älterer oder späterer Literatur dar-zulegen. Der Untertitel soll wohl spiele-risch deutsche und englische Grammatikmiteinander vermischen, heisst es ja"XXI. Anglo-German..." Bei genauererHinsicht entdeckt man häufiger irrigebibliografische Angaben in den Fussno-ten, und dies besonders bei MargrethEgidi.Albrecht Classen

Seliges Lächeln und höllisches Ge-lächter. Das Lachen in Kunst undKultur des Mittelalters, hg. Winfried

Wilhelmy, Dom Museum Domschatz,Mainz 2012, 253 S., zahlreiche s/wund farbige Ill.Zu besprechen gilt der Katalog der Aus-stellung mit dem gleichen Titel, die vom22. April bis 16. September 2012 imDom- und Diözesan-Museum Mainzlief. Das Wesen eines solchen Katalogsbesteht naturgemäß darin, zunächst denBesuchern die wesentlichen Informatio-nen und entscheidenden Abbildungender Exponate zur Verfügung zu stellen.Heutzutage erwartet man zugleich einenwissenschaftlichen Beitrag, den hier eineReihe von Autoren liefert. Zunächst aberzum Bildmaterial, das ohne Frage denhöchsten Anforderungen entspricht, wiez.B. ein Photo der Reglindis im West-chor des Naumburger Doms oder derKopf der Uta vor Augen führt, denn dieQualität, mit bestechender Ausleuch-tung, ist selten gut. Einige Ausnahmensind nur die Photographien in s/w vonDetails an der Kathedrale von Chartres(S. 16) und am Straßburger Münster(S. 214). Auch kleine Konsolen, Ma-nuskriptillustrationen, Gemälde, Fres-ken, Skulpturen, Holzschnitte, sehr sel-ten auch Misericorde, und Büstenreli-quiare kommen außerordentlich beein-druckend zur Geltung. Mit Verwundernstellt man fest, dass einige Figuren oderBilder zweimal wiedergegeben wurden(z.B. Reglindis oder Thomas vonAquin). Die Fülle des Materials ist sozwingend, dass selbst der schärfste Kri-tiker nicht mehr wird leugnen können,dass im Mittelalter gelacht wurde. Na-türlich begegnen wir häufiger der be-denklichen Frage nach bzw. der scharfenAblehnung von Lachen als ungehörig,aufsässig oder menschenunwürdig, aber

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die moderne Vorstellung, dass im Mit-telalter nicht gelacht wurde, entstammtbloß dem Mythos vom 'dunklen Mittel-alter,' der trotz der berühmten Thematikin Umberto Ecos Roman Il nome di rosa(1980) bis heute munkelnd weiterver-breitet wird und nichts mit der kultur-historischen Wirklichkeit zu tun hat.

Zeitlich gesehen bedienen sich dieAutoren bzw. der Hg. eines relativ fle-xiblen Rahmens und schließen ohneweiteres auch das frühe 16. Jahrhundertein (z.B. Erasmus von Rotterdam, Stul-titiae Laus), was kein Problem darstellt,während ein zwar herrlicher Kopf einesgrinsenden Narren aus dem 17. Jahrhun-dert, so schön er auch sein mag, hiernichts mehr zu suchen hat (S. 239). Ma-rius Reiser entführt uns in seinem ein-führenden Aufsatz in die Antike, il-lustriert ihn aber mit mittelalterlichenAbbildungen. Anschließend liefert er ei-ne Studie über das Lachen in der Bibelund in der theologischen Literatur vonder Spätantike bis zum Mittelalter. Win-fried Wilhelmy untersucht, was ver-schiedene theologische Autoren von 300bis 1500 über das stille Lachen bzw. Lä-cheln zu sagen hatten, aber die Darstel-lung des Kosmosmenschen in Hilde-gards von Bingen Liber divinorum(S. 45) passt hier wohl nicht so recht, essei denn, dass der Mensch im kosmi-schen Zentrum tatsächlich lächeln sollte.Von hier gleitet Wilhelmy ein wenig ab,und zwar genau zum Gegenteil, der er-schütternden Passion Christi, die aller-dings am Ende aufgefangen wird durchdie Freude über die göttliche Auferste-hung und neue Botschaft. Ralph N. Köh-nen betrachtet sich das Auftreten einerLachkultur in der mittelalterlichen welt-

lichen Literatur, verpasst aber, weiler sich zu schnell der Mären- undSchwankliteratur zuwendet, einige derwichtigsten Beispiele von Lachen in soberühmten Werken wie Wolframs vonEschenbach Parzival. Monika E. Mülleruntersucht künstlerische Darstellungenvon Lachen im Mittelalter, aber die vonihr gewählten Beispiele überzeugennicht immer oder bedürften der weiterenAnalyse. Jörg Widmaier studiert dieMasken an Konsolen der Kathedrale vonReims aus semiotischer Sicht, währendHeike Frank-Ostarhild zum Abschlusseinen Ausblick auf die Neuzeit wagt,was jedoch in diesem Kontext nicht un-bedingt notwendig gewesen wäre.

Der darauf folgende Katalogteil ge-hört zu dem besten Teil dieses Bandes,hat man ja die sehr begrüßenswerte Ent-scheidung getroffen, jede Abbildunggroßformatig dem erläuternden Text ge-genüberzustellen. Der wissenschaftlichorientierte Leser findet am Ende nochein gutes, leider nicht erschöpfendesoder sich auf dem neuesten Stand befin-dendes Literaturverzeichnis. Die Auto-ren der Einzelstudien belegen zwar ihreAussagen reichhaltig mit Hinweisen aufdie Primärquellen oder -objekte, gehenaber praktisch nicht auf die Forschungein. Zuletzt finden wir zwar ein Ver-zeichnis der Bildnachweise, aber keinenIndex. Ich erlaube mir, der Vollständig-keit halber, auf den Band Laughter inthe Middle Ages and Early ModernTimes, hg. von Albrecht Classen (Berlinund New York: De Gruyter, 2010) hin-zuweisen. Abgesehen davon handelt essich um einen ausgezeichneten Katalog,der wegen seiner Materialfülle und tech-nisch-ästhetischen Qualität bleibenden

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Wert bewahren wird. Der Leser hatgrößte Schwierigkeiten, die Seitennum-mern zu finden, die entweder gar nichterscheinen oder so blass gedruckt wur-den, dass sie zu verschwimmen drohen.Die Anmerkungsteile zu den Aufsätzensind jedenfalls für meine Augen zu kleingehalten und fast nicht mehr lesbar.Albrecht Classen

Shipping, Trade and Crusade in theMedieval Mediterranean: Studies inHonour of John Pryor, ed. RuthyGertwagen and Elizabeth Jeffreys,Ashgate, Farnham, Surrey, England,and Burlington, VT, 2012, xxvi, 417pp., 17 ill., 1 tableThis is a festschrift for John Pryor, whowas a pioneer in maritime history of themedieval Mediterranean; hence most ofthe contributions deal with related top-ics, although, as is common for this typeof publications, the thematic range isbroad, and at times a bit disparate. Asthe bibliography of Pryor's research in-dicates, listed at the beginning of thisbook, following the list of contributorsand a tribute to Pryor's scholarship andcareer, he himself published widely onnaval history along the entire Mediterra-nean coast, on the Crusades, travel lit-erature (Marco Polo), and on commerce.

Consequently, most contributions tothis feschrift try, in one way or the other,address fairly similar topics and try toadvance our knowledge through closereadings of primary sources. The book isdivided into three parts, the first com-prising articles on shipping, the secondarticles on trade, and the third articles on

Crusade history. There are twenty arti-cles altogether, followed by a welcome,very detailed index. Most articles are inEnglish, while one was composed inFrench and one in Italian. Some are ac-companied by fairly good illustrations;all have the full bibliography in a sepa-rate list at the end of the text. It wouldnot be possible in such a short review todo justice to all pieces, so brief com-ments must suffice, but in most cases theauthors address very specific points andpresent straightforward theses. BenjaminZ. Kedar, for instance, discusses thehistory of harbor and river chains whichwere quite commonly used since lateantiquity and throughout the MiddleAges particularly along the Mediterra-nean coasts. Considering the great costsand the relative ease with which thosechains could be cut, one might wonderwhy the harbor cities even believed intheir effectiveness. Hadas Mor exam-ines, in light of numerous archeologicalunderwater findings, ship constructionsin the Mediterranean reflecting the so-cio-economic implications. He discusseschanges in ship building technologiesand methods (such as size, caulking), butthen also insurance claims, and this al-ready in the Middle Ages. David Jacobyintroduces a medieval portolan from theMediterranean, today kept in the theUniversity of Minnesota, Twin CitiesCampus, Minneapolis, call number 1300Po. Richard W. Ungar examines whatwe can learn about the history of ships inthe Middle Ages drawing from Crusaderart created in the Holy Land, such as inthe manuscripts by William of Tyre.Sergei Karpov investigates what we canlearn about crime and violence commit-

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ted on Venetian ships traveling in theBlack Sea during the late Middle Ages,combining that aspect with somethought on the problem with pirates. Ashe concludes, those criminal activitiescould easily endanger the political andeconomic relations which Venice enter-tained with the neighboring countries.Ruth Gertwagen analyzes what we knowtoday about Byzantine shipbuilding infifteenth-century Crete, where the Ve-netians tried hard to preserve their owncontrol, such as by making wood a statemonopoly. Gertwagen also takes intoconsideration what we know about theindividual shipbuilders and their ex-traordinary experience and knowledge.

The second part begins with YaacovLev's article on the political, military,and especially economic exchanges be-tween the Fatimids and medievalEurope. He considers the history of con-flicts with Byzantium, with the crusad-ers, and then the history of trade all overthe Mediterranean. But the Muslimpowers and merchants had always equal,if not larger, interest in India and otherparts of Asia, which Lev discusses aswell. Primarily he emphasizes that theFatimids were centrally concerned withmaintaining control over the Muslimworld and tended to cooperate with theFranks or the Byzantines wherever pos-sible. David Abulafia presents a closereading of the remarkable travelogue bythe North-African geographer Idrísí whofocused, above all, on Sicily, which gavethe Norman kings Roger and William I agood idea of the local resources avail-able to them. Lawrence V. Mott exploresthe intercoastal trade in the westernMediterranean by focusing on the ship

Santa Maria de Natzare that sailed bet-ween Barcelona, Sevilla, and Palma deMajorca, Alicante, Alméria, and Malagaduring the late thirteenth century. Mottalso edits the contract itself which pro-vides valuable insight in the tradingnetwork. Laura Balletto studies the no-tarial documents about and concerningthe Genoese colony Pera at the BlackSea during the late thirteenth century,which provides a different perspectiveon the trade connections. Gabriella Ai-raldi finally examines the trade conflictsbetween Genoa and Barcelona, the latterof which could not well compete withthe former over the long period.

The third section begins with Ber-nard S. Bachrach's analysis on how thecrusaders covered the distance from Do-rylaion (today Eskisehir) to Herakleie(today Eregli) from July 4 to ca. Sep-tember 2, 1097, providing valuable in-sights into the logistics that had to behandled on a daily basis to move such ahuge army. He goes into fascinating de-tails such as food and water supply, butdoes not consider what we might learnabout the road conditions, bridges, etc.Alan V. Murray revisits the issue howthe role of women in the Crusader ar-mies has to be evaluated, here focusingon primary sources for the First Crusade(see now also Andrew Holt, "FeminineSexuality and the Crusades," Sexualityin the Middle Ages and Early ModernTimes, ed. A. Classen, 2008; here notconsulted). There is no doubt that afairly large number of women were pre-sent, but it seems rather doubtful, asMurray convincingly argues, that theywere mostly prostitutes. In simple terms,many women quickly faced severe cir-

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cumstances when their husbands haddied, so they were basically forced toturn to other men and seek their protec-tion, but then in return for sexual favors,unless they simply remarried. But itmight be difficult to differentiate clearlybetween circumstantial prostitution andcommercial prostitution, and we stillwould have to keep in mind that eventhe Crusader armies probably had pro-fessional prostitutes amongst their midstfrom the start.

John E. Dotson investigates the An-nales written by Cafaro di Rustico, lordof Caschifellone and how they wereused by the consuls of the commune ofGenoa in the twelfth century, since theyrepresented a valuable document whichwas immediately accepted as part of thecommune's official records. Cafaro par-ticularly intended to incense the authori-ties to come to the rescue of GenoeseChristians imprisoned, tortured, andkilled by the Saracens in Almería. Themilitary campaign which ensued had,however, dramatically negative effect onGenoa and did not achieve the desiredresults. John France offers a study of theMercenaries and Capuchins in SouthernFrance in the late twelfth century, whileMark Gregory Pegg revisits the historyof the Cathar Crusade. Although he doesnot engage closely enough with the rele-vant research literature, he strongly ad-vises us against identifying the Catharsor Albigensians as a firmly establishedsect or new church. Only the severe per-secutions of the 'good men' and 'goodwomen' transformed them into truly'holy' men. In- between we come acrossan article by Thomas F. Madden aboutpublic strategies in ancient Constantino-

ple to create triumphal processions aftera victory, which the Ottomans laterpicked up and pursued as well, as illus-trated by the example of the GoldenGate. Amanda Power analyzes howmuch Roger Bacon recognized the im-portance of Greek for the study of an-cient philosophers and scientists. Jona-than Riley-Smith revisits the history ofthe Hospitaler and Templar conventualsergeants, whom he clearly distinguishesfrom the sergeants-at-service, as identi-fied thus by Alan Forey. Most pleas-antly, Michel Balard concludes this vol-ume with an excellent study of Cristo-foro Buondelmonti (ca. 138/1385-after1430), who published a highly popularand widely influential treatise on theworld of the Aegean islands, his LiberInsularum Archipleagi (1420), in whichhe offered numerous, surprisingly open-minded reflections on the Turks and thepossibilities to find a working relation-ship with them.

Altogether, this is a rich volume withmany excellent studies and sometimeseven important editions of texts. As dif-ficult it sometimes proves to be to createa festschrift with inner, thematic cohe-sion, this one appears to have achievedthat goal quite impressively, some ex-ceptions excluded.Albrecht Classen

Sita Steckel, Kulturen des Lehrens imFrüh- und Hochmittelalter. Autorität,Wissenskonzepte und Netzwerke vonGelehrten (Norm und Struktur. Stu-dien zum sozialen Wandel in Mittelal-ter und Früher Neuzeit, 39), Böhlau,Köln, Weimar und Wien 2011, 1295 S.

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In ihrer wahrhaft mammutartigen Dis-sertation, im Februar 2006 an der Uni-versität München eingereicht und jetzt,stark überarbeitet, im Druck erschienen,untersucht Sita Steckel ein zentrales,dennoch bis heute nicht adäquat ausge-leuchtetes Feld in der mittelalterlichenGeistesgeschichte, nämlich die Gelehr-tenwelt von der Karolingerzeit bis zum12. Jahrhundert. Um es vorwegzuneh-men, sie demonstriert überzeugend, dassschon im Frühmittelalter intensive Ge-lehrtennetzwerke bestanden, dass dieintellektuellen Auseinandersetzungenauch lange vor dem 12. Jahrhundert tief-greifend wirkten und dass die soge-nannte "Renaissance des 12. Jahrhun-derts" also solche eigentlich gar nichtstattgefunden habe, wenn man daruntereinen stärkeren Bruch mit den früherenJahrhunderten meint. Zwar leugnet siekeineswegs, dass im 12. Jahrhundertstärkere Veränderungen und Innovatio-nen zu beobachten sind, was den intel-lektuellen Diskurs vor allem an den Ka-thedralschulen und dann allmählich auchan den weltlichen Schulen angeht, aberdie Unterschiede in der theoretischen,rhetorischen und argumentativen Vorge-hensweise etwa zwischen Anselm vonBec bzw. Canterbury und Vorläufern im9. Jahrhundert erweisen sich nun nachihren Beobachtungen als verblüffend ge-ring. Noch genauer gesagt stellt sichheraus, dass wir überall eine enge Ver-zahnung zwischen Lehrern und ihrenSchülern und damit von einer Genera-tion zur anderen beobachten können. Be-rengar von Tours z.B. begann gar nichtdamit, eine völlig neue Grundlage fürseine Lehren zu schaffen, sondern ersetzte dort fort, wo Ratramnus von Cor-

bie und Johannes Scotus Eriugena abge-brochen hatten. Die entscheidende Fragenach dem "Fortschritt" bestand meist garnicht darin, ob ein Gelehrter umfassendneue Gedanken entwickelt hatte odernicht, sondern darin, wie er diese öffent-lich zu formulieren verstand, ob er sichprovokativ verhielt oder sich diploma-tisch zu decken wusste, wie dies bei An-selm außerordentlich gut zu erkennenist, während später Peter Abälard genauden gegenteiligen Weg einschlug oder eseinfach nicht schaffte, Kontroversen undKonflikten auszuweichen.

Eine so gewaltig umfangreiche kriti-sche Studie in einer Rezension zusam-menzufassen und zu bewerten, wird sichals fast unmöglich erweisen, denn beidieser Flut an Material zur Gelehrten-kultur über einen solch langen Zeitraumhinweg erweist es sich häufig, dass dieAutorin eigentlich eine Reihe von klei-neren eigenständigen Büchern zu einemmächtigen Tomus verschmolzen hat. Ingewisser Weise handelt es sich hier umeinen historischen Überblick des mittel-alterlichen Schulwesens von der ZeitAlcuins bis hin zu Abälard, was natür-lich schon vielmals entweder in Einzel-studien oder in größeren Zusammenhän-gen durchgeführt worden ist. Steckelstrebt aber danach, die Zusammenhängeherauszukristallisieren und Verbindun-gen offenzulegen, um das tatsächlichexistierende Netzwerk sowohl syn- alsauch diachron in den Blick zu nehmen.

Abgesehen von dem letzten Kapitelmit der Zusammenfassung der Ergebnis-se (modisch jetzt so ausgedrückt: die Be-funde!) umfasst dieses Buch, mit demman tatsächlich aufgrund seines Ge-wichts jemanden erschlagen könnte, die

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folgenden Großabschnitte: 1. Kulturendes Lehrens und Konzepte der Lehre imFrüh- und Hochmittelalter; 2. Bildungs-ideale im Kontext der karolingischenReformbemühungen; 3. Kommunika-tionsnetz für die geistliche Lehre unddas Gelehrtentum in der Karolingerzeit(hier mit Schwerpunkt auf die Briefkul-tur); 4. der Kampf um die Autorität in-nerhalb dieses Gelehrtentums; 5. Verän-derungen an den deutschen Kathedral-schulen im 10. und 11. Jarhundert und 6.Entwicklungen in der Theologie des 11.und 12. Jahrhunderts.

Steckel kennt fast keine Grenzen undverarbeitet einen ungeheuren Berg aneinschlägiger Forschung, wie schon deranfängliche Überblick von fast 80 Seitenandeutet, aber weil sie sich darum be-müht, praktisch jeden bedeutenden Leh-rer/Gelehrten in ihre Untersuchung ein-zubeziehen, kann sie wirklich nur einigeder wichtigsten Studien zu den jeweili-gen Figuren oder Texten konsultieren,während eine Fülle neuerer Arbeitennicht mehr integriert werden konnte. Ge-rade die Diskussion zum Freund-schaftsthema leidet etwas unter diesemMangel (siehe jetzt z.B. die neuen Bei-träge zu Friendship in the Middle Agesand Early Modern Age, ed. A. Classenund Marilyn Sandidge, 2010), aber ge-rechtigkeitshalber muss auch zugegebenwerden, dass niemand von ihr bei solcheinem breiten Ansatz Vollständigkeit indieser Hinsicht erwarten würde. Aller-dings besteht doch das Problem, dass dieAutorin ein wenig das Maß aus den Au-gen verliert und geradezu unerschöpflichdie bisherige Forschung zusammenfasst,die eigenen früheren Ergebnisse nocheinmal überfliegt, dabei dann jedoch

häufiger wiederholt und so streckenwei-se den Leser zu verlieren droht. Aller-dings kann man ihr niemals vorwerfen,die Textaussagen oder größeren intel-lektuellen Zusammenhänge nicht gründ-lich genug bedacht zu haben. Sie ist ein-fach nicht zu bändigen, und dies hatdann am Ende den Vorteil, dass sie eineder umfangreichsten Untersuchungenauf diesem Gebiet vorlegt, die mir über-haupt bekannt sind.

Das Thema an sich ist eigentlich zugewaltig, um in einem Buch angegangenzu werden, aber Steckel verdient zu-gleich unsere Anerkennung dafür, weit-gehend ihre Analysen in einem gut ver-ständlichen Stil und mit einer sauberenDiktion durchgeführt zu haben. Sie be-dient sich des eindeutigen Begriffs der"Wissensgeschichte" (29), fällt dannaber auf den englischen Terminus "in-tellectual history" (52) zurück, ohne dassder Unterschied (auch nicht hin zur"Geistesgeschichte") ganz verständlichwürde. Wieso auf einmal das englischeAdjektiv "piecemeal" (56) auftaucht, istnicht nachvollziehbar, aber sonst hältsie sich angenehm davor zurück, sichsprachlich mit fremden Federn zuschmücken.

Eine Fülle an kritischen Fragen wer-den hier aufgeworfen, die das jüngst u.a.von C. Stephen Jaeger angeschnitteneVerhältnis von Lehrer und Schüler bzw.die charismatische Rolle des ersteren bisetwa zum Hochmittelalter betreffen.Wichtigste Einzelpunkte beziehen sichauf die Benediktinerregel, auf die hefti-gen Diskussionen im 11. Jahrhunderthinsichtlich von Häretikervorwürfen(Berengar von Tours vs. Lanfranc vonBec) oder auf solche großen Figuren wie

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Anselm von Canterbury, Peter Abälard,Roscelin von Compiègne, Gilbert vonPoitiers oder Rupert von Deutz. Steckelentwirft geradezu eine Ahnengalerie derbedeutendsten Philosophen und Theolo-gen vom 9. bis zum 12. Jahrhundert, wo-mit sie ein wahrhaft spannendes Netz-werk auf horizontaler Ebene und in derVertikale vorzustellen vermag. Dass da-bei viele Namen nur kurz gestreift oderderen wichtige Werke nur nebenher be-handelt werden (z.B. Aelred of Rie-vaulx), ergibt sich dann natürlich leiderfast von selbst. So sehr man also diesensehr gewichtigen Band (wörtlich undübertragen) loben muss, so sehr siehtman sich dann freilich auch wieder ent-täuscht, weil genau dieses kritische Ge-webe zu weit gespannt wird.

Im Detail enthüllt die Autorin zwarselten wirklich neue Einsichten, aber inder Zusammenschau, die sich über Jahr-hunderte erstreckt, entsteht ein gut be-legtes Argument, wonach nun doch dieeinseitige Betonung auf das 12. Jahr-hundert zurückzunehmen wäre und dafürein weitgeflochtener Teppich an Bezie-hungen, Kommunikationen, intellek-tuellem Austausch, Briefverkehr etc.wahrzunehmen ist, der sich über die Ge-nerationen hinweg erstreckte. Aber auchSteckel kann nicht leugnen, dass trotzallem die Verhältnisse im 11. und 12.Jahrhundert sich zu verändern begannen.Gewiss traten selbst schon in der primärauf die Klöster gestützten Kultur des 9.und 10. Jahrhunderts intensive intellek-tuelle Auseinandersetzungen auf, aberdas Bemühen, seitdem immer stärker ra-tionale Aspekte in die Betrachtungeneinzubeziehen, was die ältere Forschungeben mit dem Begriff der 'Renaissance'

zu umschreiben sich bemühte, machtsich trotz allem bemerkbar. Steckel gibtdies selbst zu, wenn sie in 6.2 von der"Entkoppelung geistlicher Lehre undgelehrter Wissensvermittlung" (843)spricht.

Wie man auch immer die Resultatevon Steckels Untersuchungen beurteilenmöchte, so trifft auf jeden Fall zu, dasses ihr hervorragend gelungen ist, einenausgezeichneten Überblick zur Geistes-geschichte zu schreiben, der gut struktu-riert ist, überall die Originalquellen zumSprechen bringt und zugleich mehr oderweniger auf dem neuesten Forschungs-stand basiert. Es wird aber einfach zuviel angesprochen, von Briefkultur zurFreundschaftsthematik (Aelred) und hinzu Abälards Lehre der Dialektik (dieRolle von Heloise wird gar nicht ange-sprochen). Am Ende könnte daher dieGefahr bestehen, dass man den Wald vorlauter Bäumen nicht mehr zu sehen ver-mag. Verfolgt man hingegen einzelneAspekte, die hier immer wieder ingrößter Detailfreude angegangen wer-den, merkt man, wie gründlich sich dieAutorin mit den Quellen auseinander ge-setzt hat. Ohne das sehr ausführliche In-haltsverzeichnis, dem Register für mit-telalterliche Personen und demjenigenfür Themen und Sachen könnte es aberschwer fallen, sich in diesem Tomus zu-rechtzufinden.Albrecht Classen

Tom Licence, Hermits and Recluses inEnglish Society, 950-1200, Oxford Uni-versity Press, Oxford 2011, pp. xi, 240.This fine book identifies and analyzesnative English eremitism and reclusion,

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tracing the emergence and decline ofthese widespread ascetic customs. A"hermit" practices asceticism in isolationbut not in confinement, unlike the "re-cluse," who is literally enclosed in a cell.The tradition descends from the so-called "Desert Fathers," chief of whomwere St. Paul of Thebes (d. ca. 345) andSt. Anthony of Egypt (d. 356). Isolation,however, was just one custom amongmany self-mortifying acts that includedstarvation, immolation, and masochism(flagellation, fatigue, injurious gar-ments). The biased sources from whichLicence draws—saintly vitae, for themost part (20)—regarded eremitism asconferring exceptional social and relig-ious standing, a status Licence's researchconfirms. However, Bishop Marbod ofRennes (d. 1123) thought that the cele-brated hermit Robert of Arbrissel re-sembled a "lunatic" (41). Readers willgrapple with this dichotomy, for Licenceconveys the perspective of his sourcesthat eremitism constituted a specialChristian ministry opposed to monasti-cism. By renouncing her betrothal andfleeing her family, for example, Chris-tina of Markyate conducted her life "inaccordance with God's will" (1), fulfill-ing her "true spiritual ambition" (2).Ventriloquizing the sources in this waycreates both a provocative and (slightly)provoking read, since embedded textualparaphrase can sound dogmatic or imp-ish, as in "Romuald battled demons sosuccessfully that he decided to write aguide for those who wished to fightthem" (138). Yet Licence makes thetexts speak with unobtrusive skepticism,although he will interject remarks like,"John [of Ford] interpreted, re-packaged,

edited, and interpolated his sources topresent a plausible saint" (191). Li-cence's book obviously concerns theconceptual invention and historical dis-courses of eremitism, rather than eremi-tism per se. The author's ingenious per-spective, confident handling of the Latinsources, discovery of anchorites in his-torical records, contextualization in apan-European tradition, and detection ofanchoretic roles (as confessor and inter-cessor) disclose the contours of a conse-quential trend in early medieval Eng-land.

Although Licence ranges into thepre-Conquest period and across Europe,the focus on England from ca. 1050-1220 defines a florescence in the ere-mitic vocation. Licence summarizes evi-dence for the interest in anchorites intenth-century England, but he overlooksthe popular De virginitate by Aldhelm,which devotes chapters to SS Anthony,Paul (of Thebes), Hilarion, John, Amos,and Benedict, all anchorites. In the elev-enth century Goscelin of Canterbury'semphasis on reclusion in his vitae under-scores the vogue. Licence observes that"reclusion in England ... can be tracedwell back into the eleventh century andprobably beyond" (85). The chaptercalled "How Anchorites Made a Living"discusses material aspects of the profes-sion. A key argument entails landown-ers' sponsorships of hermits, who cre-ated modestly valuable holdings fromwastelands. Plots given to hermits fororatories often came into, or back into,the possession of local bishops. Signifi-cant wealth was at stake in annuitiesawarded to anchorites. In the middle ofthe eleventh century, the nobleman Æl-

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fric assigned an annual corrody of £20 toBury St. Edmunds, for maintenance ofhis invalided son, Wihtgar, the recluse ina tower that Ælfric had built there (75).Later, Henry II and Richard I sponsoredhermits, and John endowed a chantrywith 40 shillings in annual pension to anunnamed recluse around 1204, and gavehalf a plough-land to Robert of Knares-borough in 1216 (94). These were sub-stantial grants. Gifts are sporadically re-corded, too: food, clothing, money, or inChristina of Markyate's case, a lavishilluminated Psalter. None of this, how-ever valuable, could be consideredfabulous wealth. Moreover, Licence de-tects an immaterial function for ancho-rites as intercessors and advisors inspiritual matters (chapter 7). Prayerscould deliver the faithful, such as awoman known to Godric of Finchale.When her (male) spirit glides pastGodric (168-9), he concludes that hissupplications induced the Lord to deliverthe woman's soul. Similarly, a harshpenance of sixteen years enabled Godricto free his drowned brother from perdi-tion (169-70).

Eremitism could result in beatifica-tion, and Licence sketches the anchoreticpath to sainthood for Wulfsige of Eve-sham (d. ca. 1100). He was championedin Durham by Ealdwine, founding priorof Durham cathedral priory and, likeWulfsige himself, a Winchcombe ancho-rite. Dominic of Evesham writes aboutWulfsige laconically, but John ofWorcester champions the hermit becauseWulfsige allegedly persuaded Wulfstanto become bishop of Worcester (176).Osbert of Clare, prior of Westminster,writes of him, and Thomas of Northwich

(d. 1207) compiles three volumes ofmiracles associated with Wulfsige, whowas considered a saint some time duringthe thirteenth century (177). Tracing thelineage from Evesham to Worcester andDurham, and from Worcester to West-minster, Licence discloses the role ofranking ecclesiastical patrons, memorialwritings by major authors, and localpatterns of veneration in establishingsanctity. Licence elsewhere unravels the"complex hagiography" associated withRobert of Knaresborough, the last of themajor English hermits (d. 1218). Hemakes a revelatory "case for a Cistercianinitiative in culting St. Robert" (194),and discusses Cistercian austerity as acredible adjunct to eremitic asceticism.

Having summarized the various cri-tiques of eremitism, the chronology ofits emergence and decline, as well as itsmultiple functions (197), Licence con-cludes, "anchorites ... did not rise tomeet a need in society: rather, theystimulated a want by attending to [peo-ple's] souls" (198-99). "Christian soci-ety," he maintains, "had been condi-tioned to admire anachoresis" (198). Li-cence makes a valuable distinction be-tween a priest's pastoral care and a her-mit's asceticism in support of his claimthat eremitism was a religious move-ment later displaced by moral skepticismand competing brands of "eremitic"cenobitism, largely Cistercian and Au-gustinian. (One likewise wonders whatrole, if any, the mendicants played in thedecline of eremitism.) I found Licence'sargument exceptionally convincing, andsupport for it might be found in studiesof modern religious movements. Onemay legitimately seek origins for social

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phenomena in novel expressions of faith.Licence's vigorously argued, well-written book therefore delineates a na-tive English asceticism as much as a fadof European Christianity.Dr. Scott James Gwara · Professorof English and Comparative Literature ·Department of English ·1620 College St. · University of SouthCarolina · Columbia, SC 29208 · USA ·[email protected]

Jean Verdon, Irdische Lust. Liebe,Sex und Sinnlichkeit im Mittelalter.Aus dem Französischen von GabySonnabend, Wissenschaftliche Buch-gesellschaft, Darmstadt 2011, 189 S.,s/w. Abb.Das sinnliche Mittelalter ist en vogue,denn es wirkt heute ungemein attraktiv,traditionelle Vorstellungen von vergan-genen Zeiten zu durchbrechen und nach-zuweisen, wieviel komplexer oder na-türlicher frühere Gesellschaften gewesensein mögen. Jean Verdon schlägt nungenau in diese Kerbe mit seinem Buch,das inzwischen in deutscher Überset-zung vorliegt (zuerst 2006 unter demTitel L' amour au Moyen âge: la chair,le sexe et le sentiment erschienen). Sexsells, wie wir alle nur zu gut wissen, undes tut unserer Disziplin keineswegs ei-nen Abbruch, genau diesen Aspekt et-was stärker in den Mittelpunkt der Auf-merksamkeit zu rücken.

Verdon beginnt mit dem Thema"Liebe machen", was eine ganzschlechte deutsche Übersetzung desenglischen "To make love" darstellt. Indiesem Kapitel behandelt er die eroti-

sche Funktion des Blickes, das Gesprächzwischen Liebenden ("Konversation"passt hier nicht ganz), Berührungen undKüsse, um dann abrundend sich der'Wirklichkeit' zuzuwenden, wobei er einwenig konfus auf volkstümliche Sitteneingeht, wie sie gelegentlich in Chroni-ken erwähnt werden, obwohl doch dasliterarische Belegmaterial ungemein rei-cher ist, ohne dass der Autor in diesemKontext darauf einginge.

Im zweiten Kapitel lässt er die Medi-ziner zu Wort kommen, die natürlichschon immer die Sexualität mitberück-sichtigen mussten. Dass aber Hildegardvon Bingen hier nicht einmal erwähntwird, ist schon ein starkes Stück! Daraufzitiert er umfangreich Andreas Capella-nus, Chrétien de Troyes, das fabliauTroubert u.a.m., um zusätzliches Be-legmaterial zum Liebesakt einzuführen.Ganz besonders interessiert Verdon na-türlich, wie es heutzutage so beliebt ist,abweichendes Liebesverhalten, d. h.damals nicht erlaubte Liebespositionen,Koitus interruptus, Masturbation, Ho-mosexualität, Bestialität und Masochis-mus, und dies alles dicht gedrängt, stetsmit knappen Hinweisen auf einigeQuellen, und dann dünn bestätigt durchzwei oder drei Studien zu dem jeweili-gen Thema. Schaut man aber genauerhin, entdeckt man, dass die zentrale For-schung deutscher oder anglophoner Her-kunft völlig außer Acht gelassen wordenist, ob wir an diejenige der älteren oderder jüngeren Zeit denken, denn Verdonscheint sich überwiegend nur auf franzö-sische Publikationen gestützt zu haben.Ein extremes Beispiel dafür, wie hiergelegentliche Phänomene als zentraleund weitverbreitete Gepflogenheiten der

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mittelalterlichen Gesellschaft aufgebla-sen werden, bietet das kurze Kapitel zurHomosexualität. Es solle sogar eine"christliche Tradition der Toleranz" ge-geben zu haben (55), worüber man nurden Kopf schütteln kann. Der Abschnittzum Masochismus ist so absurd gestal-tet, dass keine Worte darüber zu verlie-ren sind.

Im zweiten Teil geht es um die Ab-lehnung (wieder ein falsch gewählterBegriff; vielmehr ging es um den Kampfdagegen) der sexuellen Lust sogar in derEhe durch die Kirche, dann aber wiederum die Akzeptanz genau dieser Lust.Weiterhin behandelt Verdon, dem allessehr flüssig von der Feder geht, weil ersich kaum um kritische Betrachtungs-weisen kümmert und nirgends seine Zi-tate belegt, die Verachtung der irdischenExistenz in der christlichen Theologie,aber dies trägt gar nicht zu dem hier ver-folgten Thema bei.

In der zweiten Hälfte des Bucheswidmet sich der Autor anderen Berei-chen des sinnlichen Genusses, geht soauf Essen und Trinken ein, allgemeineGeselligkeit, Festlichkeiten, Vergnügun-gen in der Freizeit, d. h. Spaziergänge,Jagd, Spiele und Turnier, bedenkt abernirgends Sport, den es natürlich auchgegeben hat, denn jeder Ritter mussteschwimmen und turnen können, abgese-hen von geistigen Betätigungen wieSchachspielen und Musik betreiben.Darauf behandelt Verdon den großenBereich der Ästhetik, so auch Musik,weiß aber noch nicht einmal etwas vonder Rolle dieses Faches für das Quadri-vium. Dass Charles d'Orléans Harfespielen konnte, wird einfach nur so be-hauptet (151; Belege gibt es hier nie),

und es bleibt unklar, was diese Bemer-kung überhaupt soll, denn der Leser er-fährt nie etwas über die große Bedeu-tung dieses Dichterfürsten des 15. Jahr-hunderts. Zuletzt berücksichtigt derAutor auch noch kurz die Freude an Bü-chern im Mittelalter. Wie er dann in derZusammenfassung behaupten kann, dassdie "Menschen des Mittelalters . . . alleVergnügungen zu sublimieren" tendier-ten (165), wenn auch unter Berücksich-tigung von Einschränkungen gemeint, istmir ein Rätsel und untergräbt denwesentlichen Ansatz dieses Buchesschlechthin. Zur Abrundung noch aufdie Metapher des Essens einzugehen, dievon den Mystikern gerne eingesetztwurde, um die Vereinigung mit Christuszu umschreiben, passt so wenig in die-sen Band wie vieles andere. Charakte-ristisch für den intellektuellen Wirrwarr,der hier fabriziert wird, schließt Verdonmit einem Hinweis auf Aristoteles, soals ob dieser hinsichtlich der menschli-chen Lust das wesentliche Wort für diemittelalterliche Kultur gesprochen hätte.

Dieser wirklich dürftige Band ist mitein paar s/w Photos illustriert, die aberkaum in die jeweiligen Abschnitte pas-sen und keine Erklärung finden, von derschlechten Qualität einmal ganz zuschweigen. Wissenschaftlich gestaltet istdiese Arbeit jedenfalls nicht, und es istmir unbegreiflich, wie der Verlag, der jamit diesem Epithet prangt, solch einBuch publizieren konnte. Allein der far-bige Umschlag, der eine Schlafzimmers-zene von Martinus Opifex abbildet, er-weist sich als wirklich attraktiv. Nachder mageren Bibliografie hätte eigentlichein Index folgen müssen, aber auch die-sen sucht man vergebens. Der Leser

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möge es nicht meiner Eitelkeit zuschrei-ben, wenn ich mit leichtem Nachdruckauf meine eigene Publikation hinweise,Sex im Mittelalter: Die andere Seite ei-ner idealisierten Vergangenheit (2011).Wenn man schon dieses wirklich span-nende Thema aus der Sicht eines For-schers angehen will, muss man es auchwissenschaftlich sauber verfolgen. Ver-dons Buch gehört aber zu denjenigen,die sich aus schnell angelesenem Mate-rial zusammensetzen, hastig die ver-schiedensten Aspekte anschneiden, nir-gends ins Detail gehen und dann auch soviele haarsträubende Behauptungen auf-stellen, dass der unerfahrene Leser zwarmit Neugier reagiert, der Experte abernur zu protestieren vermag.Albrecht Classen

Václav Vok Filip, Einführung in dieHeraldik. 2. Aufl. (Historische Grund-wissenschaften in Einzeldarstellungen,3), Franz Steiner Verlag, Stuttgart2011, 173 S., Ill.Zu Recht betont Vok Filip in der Ein-leitung zu dieser Einführung, wie allge-genwärtig auch heute noch Wappen sei-en, wie wenig aber die meisten Men-schen wirklich korrekt mit diesen umge-hen könnten oder diese historisch zudeuten wüssten. Heraldik gehört zu denwichtigen Hilfswissenschaften, aber ihreKenntnis hat heute erheblich nachgelas-sen. Umso willkommener nun die zweiteAuflage dieser Einführung in die Heral-dik, die zuerst 2001 im Druck erschie-nen ist (siehe dazu die Besprechung inder Mediaevistik 14 (2001) und nun un-ter Berücksichtigung der neuesten For-schung in zweiter Auflage gedruckt

wurde. Um nicht die erste Rezension garzu sehr zu wiederholen, skizziere ichhier nur kurz die Hauptpunkte von FilipsArbeit, die für sich genommen einensehr sympathischen Überblick zur He-raldik bietet, indem zunächst das Wesen,der Ursprung, die Entwicklung und dieGrundregeln der Heraldik besprochenwerden. Im zweiten Kapitel kommt derHerold zur Sprache, im dritten stehendie Wappen im Mittelpunkt, im viertendie Besonderheiten der Heraldik in deneinzelnen Ländern und Institutionen Eu-ropas, und im fünften handelt es sich umdas Wappenrecht. Zuletzt geht der Autornoch auf Orden und Ehrenzeichen, Fah-nen und auf den heute recht schwunghaftbetriebenen Wappenschwindel ein.

Entgegen früherer Kritik an der Auf-nahme umfangreicher Literaturlisten hatsich Vok Filip weiterhin darum bemüht,dem Leser so detailliert wie möglich dieentscheidenden wissenschaftlichen Titelzu den einzelnen Sachgebieten zu lie-fern. Dies erweist sich gerade bei einemGebiet wie der Heraldik als ungemeinhilfreich, die in sehr viele Unterabtei-lungen gegliedert werden muss und erstdann richtig in den Griff genommenwerden kann, wenn man auch die ein-schlägige Fachliteratur vor Augen hat.Jedes Kapitel begint mit einer Literatur-list, die häufiger Titel enthält, die nach2001 erschienen sind. In den Fussnotenfindet man weitere Ergänzungen undKommentare. Besonders hilfreich er-weist sich der wissenschaftliche Weit-und Tiefblick des Autors, der genausodie ältere Literatur noch aus dem 19.Jahrhundert berücksichtigt wie auch dieneuesten Studien in seine Betrachtungeinbezieht.

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Die Bibliografie ist folgendermaßengegliedert: Zunächst stoßen wir auf dieQuellen, darauf kommt die Sekundärlite-ratur, jeweils nach den einzelnen Kapi-teln gegliedert. Dies verlangt zwar eini-ges Hin- und Herblättern, hat aber dengroßen Vorteil, dass der Autor wirklichumfassend die einschlägige Forschungerfassen kann. Dies bedeutet u. a. auch,dass gerade die osteuropäische Literaturzu diesem Thema detailliert aufgelistetwird. Der Band schließt mit einem Indexder Autoren, einem Glossar und einemgenerellen Index. Wir können nur hof-fen, dass weitere Einführungen zurHistorischen Grundwissenschaft er-scheinen bzw. in Neuauflagen revidiertwerden.Albrecht Classen

Christoph Wetzel, Das grosse Lexikonder Symbole. 2. Aufl., Primus Verlag,Darmstadt 2011 (1. Aufl. 2008), 319S., Ill.Symbole bieten sich immer wieder gutdazu an, einen schön bebilderten Bandherauszubringen, ob sich nun neue Er-kenntnisse finden lassen oder nicht. Dadie moderne Computertechnik immerleichter und immer besser Bildmaterialzur Verfügung stellt, steigert sich auchdie Zahl der einschlägigen Publikatio-nen, die dann sich gut dafür eignen, alsGeschenke verteilt zu werden oderprunkvoll auf Sofatischen verteilt Ein-druck zu schinden.

Der Verlagslektor und KunsterzieherChristoph Wetzel legt hier nun ein neuesLexikon der Symbole vor, nachdem erschon im Laufe der Jahre, ganz kunter-

bunt, Bücher über Architekturgeschich-te, Malerei, die Bibel, Adalbert Stifter,die Brüder Grimm, Sizilien, Molière undChristus herausgebracht hat. Er vermagwohl über alles zu schreiben, Gott unddie Welt stehen ihm leicht zur Verfü-gung. So entstand auch dieses Lexikonder Symbole, denn unter Symbol ist hierpraktisch alles und jedes gefasst, was ir-gendeinen ikonischen Charakter besitzt.Wetzel betont in der Einleitung selbst,dass er auch Allegorien, Metaphern,Piktogramme, Sinnbilder und Attributeberücksichtigt habe. Der Band schließtKurzartikel ein zu ca. 500 'Symbolen'und "deren verwandte Bildzeichen, ins-besondere die Attribute der Gottheiten,Heroen, Heiligen und Allegorien" (7).Selbst die Emblematik wird berücksich-tigt, was den Eindruck bestätigt, dasshier tatsächlich alles integriert werdensoll, was irgendwie bildlich vorgestelltwerden kann. Eine Rezension dieses Le-xikons bietet sich nur deswegen an, weilWetzel natürlich zahlreiche mittelalterli-che Symbole mit berücksichtigt, wenn-gleich sein Ziel darin besteht, die Ge-schichte der Symbolik global zu erfas-sen, so dass er selbstverständlich bis zurGegenwart wandert.

Der Band ist alphabetisch geordnet,wobei meistens die Kurzartikel linksstehen, während rechts einschlägige Il-lustrationen auftauchen, deren techni-sche Qualität als recht gut zu bezeichnenist. Nur, deren Beliebigkeit in der Aus-wahl fällt sogleich ins Auge. Häufig er-gibt sich auch die Frage, ob dieser oderjener Beitrag wirklich hier reingepassthätte. So handelt Wetzel über Caritas,Chamäleon, Chaos, Cherub, Chimäre,Christbaum, Christogramm und Chry-

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santheme (46). Oder: Donner, Doppel-adler, Doppelaxt, Doppelgesicht, Dorn-busch, Dornen, Dornenkrone und Dose(66), alles schön kunterbunt durcheinan-der, ohne wirklich dass darauf geachtetwürde, zwischen wirklichen und schein-baren Symbolen zu unterscheiden.Manchmal, wenn es dem Autor gerademal so einfällt, bietet er im Anschlusseinen Quellentext, sei es ein biblischesZitat für die Eiche, eine Stelle aus demPhysiologus für die Eidechse, einigeVerse aus Ovid für Gold oder einSprichwort für den Hasen. Insgesamt er-gibt sich daraus kein Sinn. So verstehtman aber auch, wieso der Autor im Arti-kel für den Gürtel ganz naiv und ohnejegliche Kenntnis der Forschung erneutvom Keuschheitsgürtel spricht (130; vgl.dazu A. Classen, The Medieval ChastityBelt, 2007). Generell kann man wohl diegebotenen Aussagen akzeptieren, auchwenn sie meist sehr oberflächlich ge-halten sind. Wissenschaftlich zitierfähigist dieses Buch aber nicht.

Seltsam wirkt auch die Struktur desBandes, denn abgesehen von der alpha-betischen Liste tauchen dann regelmäßiggrößere Themen auf, z. B. Anatomie,Astrologie und Astrologie, die Elemente,Fabeltiere und Fauna, Flora und Früchte,Farben und Formen, Landschaften, Me-talle und Minerale, Musik, Tanz undTheater, und Waffen Werkzeug und Ge-räte, was nur schwerlich mit 'Symbolen'in Verbindung zu bringen wäre. Was ei-ne Abbildung von Stonehenge auf derInhaltsseite hier wirklich soll, bleibt sehrfraglich. Die gelegentlichen Ausblickenach Asien mögen ja ganz interessantsein, aber sie bleiben so fragmentarisch,dass auch dies nutzlos wirkt, denn insge-

samt fehlt doch ein konsistentes, logi-sches Konzept, ganz abgesehen von deminsgesamt geringen Informationswertdieses Lexikons. Es geht offenkundigallein darum, ein verkaufskräftiges Buchauf den Markt zu bringen, ganz gleichob dessen Gestaltung und inhaltlicheAusfüllung sinnvoll ist oder nicht.Albrecht Classen

Approaches to Byzantine Architectureand Its Decoration: Studies in Honorof Slobodan Ćurčić, ed. Mark J. John-son, Robert Ousterhout, and Amy Pa-palexandrou, Ashgate PublishingCompany, Farnham, Surrey?, andBurlington, VT, 2012. 309 pp.109 ill.This handsome volumeoffers a tribute toSlobodan Ćurčić,now retired professorat Princeton University, and emphasizesnew approaches in scholarship as pre-sented by his students in fourteen essaysdevoted to different aspects of Byzantineand medieval art and architecture. It in-cludes "A Tribute to Slobodan Ćurčić,Scholar and Friend," introduction,andfourteen essays written by students ofSlobodan Ćurčić.The first essay, offeredby a colleague and friend ofhis, SvetlanaPopović,vividly discussesthe biographyand education of Professor Ćurčić,which had a profound impact on hisscholarly interests in the field of Byzan-tine architecture, in the Balkans, andspecifically Serbian architecturethroughout his career. She also examineshis major publications, and discussesmethods and topics of his work. Oneimportant publication by Ćurčić, how-ever, overlooked in her essay is Art and

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Architecture of the Balkans: An Anno-tated Bibliography, Boston, 1984. Thisbook was a significant contribution al-most thirty years ago when bibliographicreferences on art and architecture of theBalkans were little known,especially inthe United States.

The Introduction by MarkJohnson,Robert Ousterhout, and Amy Papalex-androusets the tone for the followingfourteen essays dealingwithdiverse sub-jects on art, architecture, sculpture, andtext in different geographic areas, in-cluding Byzantium, its provinces, Italy,and Russia. It outlines methods of Ćur-čić's work, and argues in favor of hisrole inusing formal analyses of archi-tectural buildings for which he was oc-casionally criticized. In addition, theauthors of the Introduction sketch"newapproaches," which according to themwere taken up by Ćurčić's students aspresented in this volume.

The essays are divided thematicallyinto four parts. Part I: The Meaning ofArchitecture includes articles on archae-ology, architecture, and textual materi-als. Amy Papalexandrou, for example, in"Polis/Arsinoe in Late Antiquity: ACypriot Town and Its Sacred Site," pres-ents the results of excavations which re-veal two local basilicas andtheir changesover the years along with the emergenceof a communal cemetery in the 5th cen-tury that shows the local custom of bur-ial practices in?. Ludovico Geymonatdeals with "The Syntax of Spolia inByzantine Thessaloniki," numerousspolia embedded in various monumentsof the city, including the city walls, theRoman Agora, churches, and otherbuildings. The article convincingly

shows the changes in the setting and ap-preciation of spolia between late antiqueand Ottoman times. In contrast, MarkJohnson in "Church Buildings and Mira-cles in Norman Italy: Text and Topoi,"uses textual evidence in connection withchurch foundations in South Italy. Hepresents a collection of miracles whichhe associates with the construction ofbuildings in South Italy during thetwelfth century. The author establishesthe pattern of healing miracles and othermiracles, linking them to either patrons'donations to a church or construction ofa church after a miracle occurs. Yet hefails to presentcritical analyses ofthewritten sources, and thereby leaves thereader with the question of how to inter-pret these sources. For example, on pp.72-73 he relates several miracles ofhealing to patrons' donation to thechurch. One example of such a miraclecame from the Life of St. Benedict whowas the founder of the monastery ofMonte Cassino. Monte Cassino, how-ever, was a Benedictine monasteryand,like all Benedictine monasteries, itspecialized in medicine and healing. Soby presenting a healing story of a mi-raculously saved man which resultedinmoney donated by a patron, this canbeinterpreted as a good advertisement forMonte Cassinoand other Benedictinemonasteries as medical centers.

PartII: The Fabric of Buildingscomprises articles on architecture aswell as sculptural and painted churchdecoration. Marina Mihaljević identifiesthe pattern in churches with a cross planand its alteration in the Middle and LateByzantine periodsin both Constantinopleand the provinces, demonstrating the

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creative role of Byzantine builders ineach individual case. An interesting in-terpretation of the Royal Entrance inMarkos's Monastery in the Republic ofMacedonia is presented by Ida Sinkevićwho emphasizes the relationship be-tween the program of the Royal En-trance and the spatial and symbolic rela-tionships with the interior program ofthe church.

Part III: The Context and Contentsof Buildings deals with towers in Byz-antine architecture and painted portraits.Two articles by Nicholas Bakirtzis andJelena Bogdanović continue to pursuethe subject dealt with by Professor Ćur-čić – namely the role and function ofByzantine towers. Katherine Marcengillresearchesimperial and aristocratic fu-nerary portraits in Middle and Late Byz-antine architecture. Dealing with theportrait of Isaak Komnenos in the Deesispanel of the Chora church, Constantino-ple, she overlooked the article by N.Teteriatnikov, "The Place of the NunMelania (The Lady of the Mongols) inthe Deesis Program of the Inner Narthexof Chora, Constantinople," Cahiers Ar-cheologiques 43 (1995), which furtherexplains the portrait of Isak in the Deesispanel.

Finally, in Part IV: The Afterlife ofBuildings several scholars successfullyutilize old photographs and lithographsfor reconstructing architectural buildingsin Byzantium, Italy, and Russia. RobertOusterhout investigatesthe ruined pro-vincial Byzantine buildingswhich inturnhelp us to better understand Con-stantinopolitan architecture during theMiddle Byzantine period. NicolaCamerlenghi, on the other hand,uses the

old lithographs to reconstruct the proc-ess of renovation of San Paolo fuori leMura, Rome, during the medieval pe-riod.

Although not all essays are themati-cally related to the given section and notall of them present new approaches, thisvolume offers important new materialsfrom the Byzantine provinces, which inturn help us tounderstand better majortrends in both architecture and churchdecorationin the Byzantine provincesaswell as in Constantinople. It is also a fit-ting tribute to Professor Slobodan Ćur-čić.Natalia Teteriatnikov · DumbartonOaks emerita · 3710 Garfield Str. ·NW Washington DC · 20007 ·[email protected]

Handbook of Medieval Studies. Terms– Methods – Trends, hrsg. von Al-brecht CLASSEN, 3 Bde., De Gruyter,Berlin und New York 2010, S.LXXXV und 2736.In einem immer unübersichtlicherenMarkt von Einführungshandbüchern derMittelalterlichen Geschichte stellen die-se drei Bände einen wohltuenden Neu-ansatz dar: So setzt das "Handbook ofMedieval Studies" bereits strukturellvöllig andere Schwerpunkte als gewöhn-liche Einleitungen und Überblickslexikazum Mittelalter. Die Annäherung an dieMediävistik erfolgt hier auf vier Wegen,die den einzelnen mediävistischen Fach-richtungen, ihrer Terminologie, denQuellen und den Forscherpersönlichkei-ten gewidmet sind.

Die Lemmata des ersten Teils er-schließen unter Berücksichtigung ak-

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tueller Diskussionsfragen die einzelnenFachrichtungen der Mediävistik; dabeiwird die interdisziplinäre Ausrichtungdes Handbuchs deutlich, die von der Bi-belexegese bis zur Kornischen Literatur,von der Paläographie bis zur Mystik,vom japanischen (allerdings weder indi-schen noch chinesischen) Mittelalter biszur Rezeptionsgeschichte reicht. Geradefür den deutschsprachigen Nutzer findetsich damit ein gelungenes Handbuch,das die aktuellen Trends der Geschichts-wissenschaft mit ihrem deutlich erwei-terten disziplinären und geographischenHorizont (etwa im Rahmen der Global-geschichte) aufgreift und direkt in Be-ziehung zur mediävistischen Forschungstellt. Die eindrucksvolle Spannweiteder Themen reicht von der Byzantinistik,Arabistik, Romanistik und Germanistiküber Antikenrezeption, Geschichte derTechnik und Naturwissenschaften,Historische Grundwissenschaften, Me-thodendiskussion, Religionsgeschichte,zahlreiche kultur- und mentalitätsge-schichtliche Fragestellungen (Geschichteder Kommunikation, Queer und Disabi-lity Studies) bis zu Prinzipien der Text-kritik und sogar neuen Medien in derMediävistik. Ganz ähnlich wie der ersteist auch der zweite, deutlich kürzere Teilaufgebaut. Er bietet wichtige Schlag-worte der mediävistischen Forschung,und auch hier wird der interdisziplinäreAnsatz des Handbuchs weiter verfolgt,indem Schlagworte verschiedenster me-diävistischer Forschungsrichtungen aus-gewählt wurden, darunter Übersichtenzur Körperforschung, zu Gesten undRitualen, Humor im Mittelalter, Erin-nern, Transzendenz oder auch Typolo-gie. Der dritte Teil erschließt Textgat-

tungen ("Textual Genres") des Mittelal-ters. Damit ist letztlich eine Quellenkun-de geboten, deren Einbezug in einHandbuch eine Neuerung für die mediä-vistische Forschung darstellt, währendähnliche Ansätze bereits für die FrüheNeuzeit vorliegen1. Der vierte Teil istden zentralen Protagonisten der Mediä-vistik von 1650 bis 1950 gewidmet.Zwar gibt es längst Hilfsmittel, die ei-nem Informationen zu den bekanntenHistorikern liefern2, und gerade imdeutschsprachigen Raum hat man dieGeneration der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts genauer analysiert3, dochsie alle sticht das hier zu besprechendeHandbuch durch den interdisziplinärenAnsatz und die gleichzeitige Fokussie-rung auf die Mediävistik aus: So findensich hier neben den erwarteten Einträgenzu Duby und Bloch auch jene zu Tolkienund Bodmer, was eine rasche Orientie-rung für den Mediävisten mit einembreiteren, auch auf die Rezeption desMittelalters und die Nachbardisziplinenausgeweiteten Interesse erheblich er-leichtert. Der weite, interdisziplinäre undmethodenkritische Bogen des Hand-buchs wird dadurch ausgezeichnet pro-sopographisch-wissenschaftsgeschicht-lich abgerundet.

Freilich handelt es sich mit seinen indrei Bänden aufgeteilten 2736 Seitennicht gerade um ein Handbuch im Sinneeines transportablen Geschichtsüber-blicks, aber als Nachschlagewerk ist esdoch erstaunlich handlich ausgefallen.Die einzelnen Lemmata sind übersicht-lich mit Zwischenüberschriften struktu-riert und skizzieren vor allem Stand undjüngere Trends der Forschung. Auf dieeinschlägige Fachliteratur wird nicht nur

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in einer Bibliographie am Schluss, son-dern auch im Fließtext der einzelnenArtikel reichlich verwiesen. UmfassendeBibliographien sollten und können hierzwar nicht geliefert werden, doch wäredies für den interdisziplinär ausgerich-teten Rezipienten, der das Handbuch zurraschen Wegweisung in einer ihm viel-leicht weniger geläufigen Nachbardiszi-plin nutzen möchte, auch kontraproduk-tiv; der Mehrwert des Handbuchs liegteben gerade in diesem Mut zur Lücke,zur Auslassung, aber auch zur Emphasebestimmter Aspekte, die einen raschenEinstieg in die Sachdisziplinen erst er-möglichen. Der Herausgeber selbst be-nennt diese unvermeidbare Schwächeder Konzeption: "Total completion can-not be achieved, and comprehensive co-verage of all aspects would be elusive,but the present Handbook covers a con-siderable breadth of a multitude of rese-arch fields." (1, XVI) Insgesamt ver-sammelt das Handbuch fast zweihundertbeteiligte Wissenschaftlerinnen undWissenschaftler aus verschiedenstenLändern. Dabei finden sich nicht nur diegroßen Namen des Faches, doch liegtgerade in dieser Öffnung für jüngereWissenschaftler durchaus auch eineStärke des Handbuchs. Zugleich habensich Kapazitäten für die jeweiligen Fel-der gewinnen lassen, etwa – um unvoll-ständig drei Beispiele herauszugreifen –Walter Koch zur Epigraphik, Peter Din-zelbacher zur Eschatologie und GerhardJaritz zur Interdisziplinarität. Bei dersehr übersichtlichen Gliederung derBände fehlen dem Benutzer eigene er-schließende Indizes kaum, die wohl aucheinen eigenen Zusatzband kreiert hätten;aber zumindest als Rezensent hätte man

sich beim Überblick der Autoren nocheine Liste der von ihnen verfassten Ein-träge gewünscht. Die inhaltliche Qualitätder Beiträge ist durchgängig sehr hoch;allerdings gelingt es nicht allen Autoren,ihre nationalen Forschungsdiskurse zuverlassen und den Blick auf ihr Themainternational auszuweiten, was bisweilenzu einer unzulässigen Engführung ein-zelner Einträge führt. Für eine Erstin-formation werden aber auch diese Bei-träge stets nützlich sein, wenngleich derNutzer hier etwas einseitig informiertzurückbleibt.

Bereits in der Einleitung des Heraus-gebers wird unter dem Titel "Survey ofFundamental Reference Works in Me-dieval Studies" über die vorhandenenFachlexika und Handbücher der einzel-nen mediävistischen Fachdisziplinenkritisch reflektiert, und so verwundert esnicht, dass sich das Handbook of Me-dieval Studies in diesen Reigen perfekteinfügt: Gerade aus dem Blickwinkelder Mentalitätsgeschichte ist diesesHandbuch ein Gewinn, denn es ermög-licht eine rasche Orientierung in einembreiten Spektrum von disziplinären undmethodischen Ansätzen. Es räumt damiteinen Haupthinderungsgrund bei derumfassenden Erforschung der mittelal-terlichen Welten beiseite.Dr. Romedio Schmitz-Esser ·Mittelalterliche Geschichte · Ludwig-Maximilians-Universität München ·D-80539 München ·[email protected]

1 Quellenkunde der Habsburgermonarchie(16.-18. Jahrhundert). Ein exemplari-sches Handbuch (MIÖG Ergänzungsband

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44), hrsg. von Josef PAUSER, MartinSCHEUTZ und Thomas WINKELBAUER,Wien/München 2004.

2 Beispielsweise: Historikerlexikon. Vonder Antike bis zur Gegenwart, hrsg. vonRüdiger vom BRUCH und Rainer A.MÜLLER, 2. Aufl., München 2002.

3 So zuletzt etwa für Österreich: Österrei-chische Historiker 1900-1945. Lebens-läufe und Karrieren in Österreich,Deutschland und der Tschechoslowakeiin wissenschaftsgeschichtlichen Porträts,hrsg. von Karel HRUZA, Wien/Köln/Wei-mar 2008.

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Joachim Gruber, Boethius (Standortein Antike und Christentum, 2), AntonHiersemann, Stuttgart 2011, XIII,143 S.Zur überragenden Bedeutung von Boe-thius bedarf es keiner besonderen Worte.Dieser großartige Philosoph und Schul-meister des Westens übt weiterhin un-gemeine Faszination aus und verdient es,in den unterschiedlichsten Seminarenbehandelt zu werden, denn welcherDichter, Theologe oder Philosoph desMittelalters und der Frühneuzeit hättesich nicht mit ihm auseinandergesetzt.Aber Boethius ist nicht ganz leicht zuverstehen, vor allem nicht seine vielenKommentare und Editionen klassisch-griechischer Autoren. Seine Musiktheo-rie, die so zentrale Bedeutung besessenhat, gehört zu den sehr schwierigen Be-reichen, vor denen sogar Boethius-Experten zurückschrecken (siehe JohnMarenbon, Boethius, 2003). Zugleichstellt sein berühmter Traktat De conso-latione philosophiae eine große, zu-gleich zweifellos extrem lohnenswerteHerausforderung dar.

In vorliegenden kleinen Büchleinbemüht sich Joachim Gruber, der sichschon viele Jahre intensiv mit diesemPhilosophen auseinandergesetzt hat,darum, eine leicht verständliche unddoch komplexe und durchdringende Ein-führung zu Boethius zu schreiben. Umes gleich vorneweg zu sagen, ihm ist esgroßartig gelungen, seiner Aufgabe ge-

recht zu werden, vermag er ja sogar diekompliziertesten Sachverhältnisse klardarzustellen und einen hervorragendenÜberblick zu entwickeln, was ihm nichtso leicht ein anderer wird nachmachenkönnen. Das Buch ist aufgeteilt in diefolgenden Kapitel: 1. Vita, 2. das Werk,3. Boethius als Lehrmeister des Mittel-alters. Jedes Kapitel zerfällt in größereUnterabschnitte, die alle sinnvolle As-pekte umfassen. Im ersten stoßen wir aufeinen Abschnitt zum historischen Kon-text in Italien des. 5. und 6. Jahrhun-derts, zu Boethius' Herkunft und frühenJahren und zur Politik unter Theoderich,die schließlich zur Verurteilung desPhilosophen führte.

Gruber unterteilt seine Behandlungder Werke in die folgenden Gruppen:Schriften zu den Artes liberales, Schrif-ten zur Logik, theologische Schriftenund die Philosophiae Consolatio. Fürjeden Text geht der Autor auf den Inhalt,die Tradition und die Rezeption ein, aberhäufiger scheint doch alles ein wenig zukurz gefasst zu sein, was freilich bei denRahmenbedingungen für diese Einfüh-rung wohl kaum anders gestaltet werdenkonnte. Am umfassendsten kommentiertGruber natürlich die große, berühmteTrostschrift in Dialogform. Nur dasvierte Buch mit dem schwierigen Ver-hält zwischen Vorhersehung und Schick-sal wird nicht genügend expliziert, wäh-rend die Ausführungen zum fünftenBuch sehr befriedigend sind. Gruber

Frühmittelalter

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geht auch auf einzelne formale Aspekteein (z. B. das Prosimetrum, die Me-nippeische Satire, Diatribe etc.) und er-örtert die Beziehung zwischen christli-chem Glauben und Philosophie in Boe-thius' Denken. Bewegend wirkt derHinweis darauf, das Albrecht HaushoferBoethius in einem seiner Moabiter So-nette (1945) würdigte, was dem Lesersehr viel zu denken bieten wird.

Mit großer Befriedigung stößt manzuletzt auf den umfangreichen wissen-schaftlichen Apparat und die Indices. Eshandelt sich um eine sehr wohltuende,höchst informative und zugleich außer-ordentlich gut lesbare Einführung zuBoethius.Albrecht Classen

Jorgensen, Alice (ed.), Reading theAnglo-Saxon Chronicle (Language,Literature, History, Studies in theEarly Middle Ages, 23), Turnhout,Brepols 2010, xvi + 344 pp.The Anglo-Saxon Chronicles (ASC) areamong the earliest vernacular chroniclesof Western Europe. Covering material"ranging from the south-west in theninth century to the Fenlands in thetwelfth" (16), they have at all times beenconsidered to be an invaluable source fora diverse range of linguistic and histori-cal, but also cultural and literary subjectspertaining to Anglo-Saxon and also An-glo-Norman England. Scholars today re-fer to these texts in the plural (instead ofthe singular Anglo-Saxon Chronicle,which is misleadingly used in the titleand the main headings of the volume) tohighlight that the Anglo-Saxon Chroni-

cles do not form a single chronologicalseries of annals but "a complex body ofvernacular annalistic materials" (4). TheASC have survived in seven manuscriptsand a single-leaf manuscript (for a sur-vey of the manuscripts, their dates, pro-venances and coverage, see 6-7). All ofthe manuscripts share, broadly speaking,a common stock of material up to 890,but increasingly diverge thereafter, theyoungest being the so-called Peterbor-ough Chronicle, a continuation of theASC until 1154, i.e., well into Normantimes (see now William Smith, "Anglo-Saxon Chronicle," The Encyclopedia ofthe Medieval Chronicle, ed. GrameDunphy, vol. 1, 2010, 42-43).

Since all major manuscript versionsof the ASC are now available in compre-hensive and meticulous new editions (cf.the multi-volume The Anglo-SaxonChronicle. A Collaborative Edition,general editors: David Dumville & Si-mon Keynes; Cambridge: Brewer), theinterdisciplinary volume under reviewhere presents a timely reassessment ofcurrent scholarly thinking on three mainaspects of the ASC: the production of thetexts, the literary character of the work,and the ASC as historical writing. Thetitle of the book and also the blurb sug-gest that the "language" of the ASC werealso put into focus: this, however, ismisleading. The only specifically lin-guistic chapter in the volume is Sara M.Pons-Sanz' listing (and preliminary dis-cussion) of Norse-derived terms in thosemanuscripts of the ASC which have sofar not received much attention for theirNorse-derived vocabulary (i.e., not theFirst and Second Continuations and thePeterborough parts of the Peterborough

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Chronicle; "Norse-Derived Vocabularyin the Anglo-Saxon Chronicle"; 275-304). The only other article placed in"Part III: The Language of the Chroni-cle" is Jayne Carroll's "Coins and theChronicle: Mint-Signatures, History, andLanguage" (243-273), which, however,does not primarily deal with the lan-guage of the ASC, but examines – in aninnovative comparative and evaluativeapproach – how mint signatures can of-fer an alternative perspective on the lateAnglo-Saxon period, complementing orrevealing deficiencies of the ASC's re-cords of events. The mint signatures ex-pose, for example, the partiality of theaccount in the ASC, since there are anumber of mints which are not men-tioned as places in any of the ASC'smanuscripts (246-259; map on 247). Asconcerns their language (259-269), thespellings of the mint signatures againmake us aware that the orthography usedin most Anglo-Saxon manuscripts (in-cluding the manuscripts of the ASC) isvery conservative and does, in contrastto the spelling represented by the coinorthography, usually not reflect the pro-nunciation of the time. This finding,however, is not a question of the "lan-guage of the ASC," but rather showshow the evidence of coins can be usedfor the study of not only historical, butalso linguistic issues of pre-ConquestEngland. Other aspects of language areaddressed in phonological evidence usedin Alex Woolf's detailed examination ofethnonymic evidence for references to"northern people" in the A-text of theASC ("Reporting Scotland in the Anglo-Saxon Chronicle"; 221-239). The "lan-guage of the Chronicles" in a narrow

sense is thus only treated with respect toone aspect of the lexicon (Norse-derivedvocabulary). This, however, is a reducedunderstanding of "language," which alsosurfaces in the editor's statement that"the study of lexis, morphology, syntax,and so forth might seem to move deci-sively away from issues of content andform" (26). Since there is certainly nodearth of linguistic studies of the lan-guage of the ASC (see, for instance, thevolume on The Language of the Peter-borough Chronicle, ed. Alexander Bergsand Janne Skaffari, 2007), this imbal-ance of approaches, in particular sinceadvertised otherwise in the title and theblurb, mirrors the regrettable fact thathistorical linguistics and Anglo-Saxonstudies have drifted far apart in recentyears. This is even more regrettablesince some of the chapters dealing withthe textual structure of the ASC (in par-ticular chapters by Home, Stodnick, andJorgenson) could have profited greatlyfrom text-linguistic approaches (see be-low).

The other two aspects mentioned inthe subtitle of Reading the Anglo-SaxonChronicle – "literature" (including "tex-tual production"?) and "history" – thusform the major part of the book (cf. PartI "The Anglo-Saxon Chronicle as Lit-erature" and Part II "The Anglo-SaxonChronicle as History"). I would like tostart with a discussion of the chaptersaddressing one of the central researchquestions on the ASC, i.e., the debateabout the origins of the ASC and in par-ticular the involvement of King Alfredor his court in their initial production orcompilation (for a summary, see 141).Barbara Yorke ("The Representation of

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Early West Saxon History in the Anglo-Saxon Chronicle"; 141-159) examinessignificant additions and omissions incertain seventh- and eighth-century an-nals and finds a distinct selection ofmaterials as well as considerable edito-rial intervention by the team who pro-duced the version of the ASC which wasput into circulation around 890/892,concluding that these early annals recordthe events through a "ninth-century fil-ter" and "one that is closely connectedwith the viewpoint of King Alfred andhis inner circle" (159). Similar conclu-sions are drawn in Anton Scharer's com-parison of the ninth-century parts of theASC with continental sources, in par-ticular the Royal Frankish Annals ("TheAnglo-Saxon Chronicle and ContinentalAnnal-Writing"; 161-166). In this short,but very fundamental chapter, Scharerardently – labelling the Chronicle "plainfabricated matter" (163) and seeing"conscious disinformation rather thanstraightforward facts" (164) – argues forviewing the ASC as official historiogra-phy from Alfred's court, which – like theRoyal Frankish Annals – tell a "tale ofemulation" of court culture, but with theuse of the vernacular as an important in-novation (166).

The idea that the ASC were producedto promote a political and dynasticagenda is also shared in Scott ThomsonSmith's highly elucidating and thought-provoking chapter on discursive prac-tices in the ASC ("Marking Boundaries:Charters and the Anglo-Saxon Chroni-cle"; 167-185). Smith's close and lin-guistically informed reading and com-parison of the annals with royal diplo-mas (171-177) reveals that the post-

Alfredian annals for 910-946 "showroyal leaders securing and expandingdynastic lands" (185). The annals thusshare a common project with royal di-plomas, namely "the creating ofbounded land through writing and theplacement of that land within the legiti-mate possession of an individual orcommunity" (176). In Smith's view, theannals thus do not primarily document"reality," but they "write a map" of thegrowing territorial expansion, of thegrowing dominion of the West Saxonhouse, with the annalistic structure – incontrast to the diplomas which are fixedin time – enabling "a restatement of thatbounded realm under successive royalfigures" (172). That this volume offersarticles from a wide variety of ap-proaches is nicely illustrated by the factthat the following article in the bookdeals with more or less the same materi-als from a complementary perspective(Ryan Lavelle, "Geographies of Powerin the Anglo-Saxon Chronicle: TheRoyal Estates of Anglo-Saxon Wessex";187-219). For Lavelle, the annals pro-vide clues to the real world and he thusargues –investigating the references toroyal tunas in particular – that "theChronicle referred to places becausethey mattered for contemporaries andsignified the performance of royalpower" (210).

Within the ASC, we find a strikingvariation in styles and even genres,which are the "results of repeated gath-erings of sources, editing, compilationand recopying" (16). Two chapters inparticular deal with issues of the textualproduction of the Peterborough Chroni-cle. Susan Irvine, the editor of the Pe-

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terborough Chronicle in the Collabora-tive Edition, undertakes a detailed com-parison of the First Continuation (1122-1131) with related Latin texts, such asJohn of Worcester's Chronicle ("TheProduction of the Peterborough Chroni-cle"; 49-66). She finds that the annalsfrom 1122, like the pre-1121 portion,were not newly composed but were also"constructed by combining materialfrom a number of different sources, atleast some of which may have been inEnglish" (66). This also means that – inthe 1120s and 1130s, i.e., in the post-Conquest period – there must have beenan active traffic of historical materialsbetween centers such as Malmesbury,Worcester, Peterborough, and Canter-bury (Christ Church has repeatedly beensuggested as having played an importantpart in prolonging the life of the ASC; cf.p. 52). Similar questions of textual pro-duction of the Peterborough Chronicleare addressed in Malasree Home's"Double-Edged Déjà Vu: The Complex-ity of the Peterborough Chronicle" (67-90). Home examines "stylistic continui-ties" from the pre-1122 text through theFirst Continuation, in particular meanswhich suggest narrative immediacy orauthorial involvement, such as ex-clamatory statements and prayers (71-76). While this approach is certainlymost interesting, the terminology used inthe article is – at least for a linguist – pe-culiar. Texts linguistics and, more gen-erally, the study of text types and genres,would have offered an elaborated set oftools for the analysis of the issues inquestion (what is labeled déjà vu, for ex-ample, are basically the standard meansestablished in text linguistics for creat-

ing cohesion and coherence in a text byrepetition, re-iteration, etc.).

Similarly, Jacqueline Stodnick's"Sentence to Story: Reading the Anglo-Saxon Chronicle as Formulary" (91-111)could have profited from some recourseto linguistics. In her discussion of for-mulae for death and victory, Stodnickrightly reinterprets the consistency of thephraseology in this field "not as passiveor barren but as strategic" and suggeststhat the diction in the chronicle is delib-erately restricted to mediate "differenceand disorder in the historical record it-self" (95), a suggestion that could havebeen substantiated by not only investi-gating lexical phrases, but also largerchunks of discourse and thus issues oftextual organization. The same is truefor the editor's own paper, an examina-tion of the creation of narrative voice inthe Æthelredian Chronicle and its re-working by the scribe-compiler of an-other manuscript of the ASC, where, in apost-Conquest context, English identityis constructed, but moved away from the"troubling immediacy" of the Æthelre-dian Chronicle ("Rewriting the Æthelre-dian Chronicle: Narrative Style andIdentity in Anglo-Saxon Chronicle MSF"; 113-138).

In addition to these articles which aremainly concerned with textual produc-tion and issues of style, cohesion and lit-erary effect, the first part of the bookalso includes Thomas A. Bredehoft's"Malcolm and Margaret: The Poem inAnnal 1067D" (31-48). Drawing on hisown research on the late Old Englishverse – which Bredehoft understands tobe different from the Old English verseas described by, for example, Sievers

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(see the summary on 34-35) – Bredehoftidentifies a 35-line (instead of a 5-line)poem in the annal for 1067 in manu-script D, the annal on the marriage ofMargaret to Malcolm of Scotland – nowcalled "Malcolm and Margaret" (pre-liminary edition with notes and transla-tion; 44-48). In this, Bredehoft finds"Ælfrician resonances" (37) and takesthis – in an argument not devoid of cir-cularity – as "evidence for near-contemporary perception that Ælfrichimself wrote verse" (ibid).

In sum, the studies collected in thiswell-edited interdisciplinary volume il-lustrate the wide-ranging nature of re-search on the ASC and also convey anidea about the complexities of textualproduction and compilation of the vari-ous manuscripts and portions of theASC, of the variety of styles and evengenres of the multiple subchronicles andthus of the plurality of the ASC as such.With the exception of the field of lin-guistics (see above), the volume pro-vides a comprehensive survey of thevarious philological, literary, and his-torical approaches to the ASC. Studentsand scholars of different disciplines willalso find the volume helpful because ofits indices ("Index of Annals," "SubjectIndex"; 319-344) and in particular itsvery useful "Select Bibliography,"which provides a comprehensive over-view on literary and historical researchinto the Anglo-Saxon Chronicles, one ofthe most precious records of Anglo-Saxon and early Norman England.Prof. Dr. Ursula Lenker · KatholischeUniversität Eichstätt-Ingolstadt ·Sprach- und LiteraturwissenschaftlicheFakultät · Englische Sprachwissen-

schaft · 85072 Eichstätt, Germany ·[email protected]

Age of Constantine, ed. Noel Lenski,Cambridge UP, Cambridge 2006,xviii, 469 S., einige s/w Abb.Klaus M. Girardet, Die Konstantini-sche Wende. Voraussetzungen undgeistige Grundlagen der Religionspoli-tik Konstantins d. Gr., Wissenschaft-liche Buchgesellschaft, Darmstadt2006, 204 S. mit 16 s/w Abb.Elizabeth Hartley u.a. ed., Constanti-ne the Great. York's Roman Emper-or, York Muesum and Gallery Trust,York 2006, 280 S. mit zahlreichen,meist farbigen Abb.Raymond Van Dam, The Roman Re-volution of Constantine, CambridgeUP, Cambridge 2007, xii, 441 S.Heinrich Schlange-Schöningen (Hg.),Konstantin und das Christentum(Neue Wege der Forschung), Darm-stadt 2007, 264 S.Andreas Goltz, Heinrich Schlange-Schöningen (Hg.), Konstantin derGrosse. Das Bild des Kaisers im Wan-del der Zeiten, Böhlau, Köln 2008, 315S., VIII, 23 s/w Abb.Der frühest mögliche Zeitpunkt, mit demman das Mittelalter beginnen lassenkann, ist die Regierung Konstantins I.Dieser Periodisierungsansatz wurde sel-ten, aber immerhin z.B. von André Pi-ganiol vertreten: "Si on le juge du pointde vue du Moyen Age, il faut recon-naître qu'il (Constantin) nous donne lapremiere image du souverain médié-val..." (zit. in Konstantin und das Chris-tentum S. 133). So erscheint es auch an-

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gebracht, in dieser Zeitschrift einige derNeuerscheinungen zur KonstantinischenWende anzuzeigen. Es ist ja in den letz-ten Jahren eine kleine Flut von Publika-tionen über diesen Imperator herausge-kommen, keineswegs, weil dies wissen-schaftlich dringlich wäre, sondern weilman primär aus kommerziellen Gründendas Jahr in Erinnerung bringen wollte, indem Konstantin in York zum Augustusausgerufen wurde: 306. Dies bot Anlaßfür drei Ausstellungen (in Rimini, Trierund York) und zahlreiche Bücher, undman darf sich schon jetzt auf dieZweitauflage freuen, mit der uns 2012(Anniversarium des Siegs an der Milvi-schen Brücke) wahrscheinlich beschen-ken wird.

Nun haben sich über den erstenchristlichen Herrscher Gibbon, Burck-hardt, Seeck und zahllose andere Histo-riker geäußert, die wichtigsten Fragenund ihre möglichen Antworten sind we-nigstens seit dem 19. Jahrhundert imWesentlichen immer wieder durchge-spielt worden: Homo religiosus oderMachtpolitiker? Hinneigung zum Mo-notheismus als Konzept oder Kompro-miß? Verteidigte sich der Kaiser be-rechtigterweise gegen Verschwörungenseiner Verwandten oder war er einschurkischer Kindes- und Gattenmör-der? Usw.

Die vorliegenden Bände zeigen weit-gehend, daß die Chancen, Neues zu sa-gen, sehr beschränkt sind, da die Inter-pretationsmöglichkeiten der schriftlichenNachrichten bereits längst durchgekautwurden, speziell die Frage, für wieglaubwürdig man die Hauptquellen, denflattierenden Eusebios bzw. den kriti-schen Zosimos, hält etc. In der Tat gibt

es Quellen, Papyri und Inschriften, diedem 19. Jahrhundert noch nicht bekanntwaren, aber sie bringen nur minimaleNuancen.

So scheinen manche der Maxime:"pereant qui ante nos nostra dixerunt" zufolgen, wobei ja im akademischen Be-reich tatsächlich zugrundegeht, wernicht zitiert wird. Ich exemplifiziere dasandeutungsweise nur an dem Beitragvon Barceló über Konstantins Visionen(Konstantin und das ChristentumS. 133-149). Die spezielle Literatur dazugeht bei ihm nur bis 1990 zurück.Konstantin Faktisch jedoch hat sich be-reit Du Voisin, Dissertation critique surla vision de Constantin, Paris 1774 auf331 Seiten mit Quellen und Interpreta-tionen der Kreuzeserscheinung ausein-andergesetzt (im Net zugänglich!), undnach ihm ist eine kleine Bibliothek zudem Thema erschienen (Schrörs, Savio,Kampers usf.), abgesehen davon, daßsich fast jeder Verfasser einer Kirchen-geschichte der Epoche und die Biogra-phen des Kaisers damit beschäftigt ha-ben und selbst in der Encyclopedie s.v."Vision" eine mehrere Seiten umfassen-de Studie zu dieser Frage zu lesen ist.

Das Bild des Kaisers sei hier anerster Stelle genannt, da der Band (na-türlich ohne Vollständigkeit) anklingenläßt, was alles schon über Konstantin ge-forscht wurde. Hierfür dienen die Bei-träge von H. Schlange-Schöningen (all-gemein) und H. Leppin (J. Burckhardt).Dazu kommen spezielle Studien übereinzelne Fragen der östlichen Rezep-tionsgeschichte: A. Berger (Byzanz) undM. Amerise (Photios). Für das lateini-sche Mittelalter sind zu erwähnen J.Miethke (Konstaninische Schenkung), P.

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Dräger (Konstantin/Helena Legende), H.Mierau (Karl IV.). Trotz der reichenBilddarstellungen gibt es nur einen sehrspeziellen Beitrag dazu, nämlich von R.Quednau über einen Kabinettschrank mitKonstantin-Szenen; eine bedauerlicheVerweigerung vonseiten der Herausge-ber sowohl der Kunst- als auch der Mu-sikgeschichte gegenüber. Unausgewo-gen wirkt, was A. Goltz ohne Abbildun-gen über diesen Herrscher im Film etc.vorträgt.

Age of Constantine bietet dem Lesergenau das, was es verspricht, und in gu-ter Qualität: Die grundlegenden Infor-mationen über den Herrscher und dessenEpoche, also die selbstverständlichenThemen wie Quellenkunde, Politik, Ver-waltung, Rechtsleben, Religion, Wirt-schaft, Kunst usf., die jeweils verschie-denen Spezialisten, sechzehn an derZahl, anvertraut wurden. Es finden sichauch Abschnitte über Konstantin in derlegendarischen Literatur und die Situati-on der paganen Religionen, die quasiüber das 'Pflichtprogramm' hinausgehen.Freilich sind alle Zitate ins Englischeübertragen, ohne daß die Originalpassa-gen auch zitiert würde, ein leider beianglophonen Publikationen üblichesProcedere. Der Band ist auch mit vielenbibliographischen Hinweisen und einemRegister ausgestattet, so daß er ein nütz-liches Handbuch darstellt, das auch dieNachfolger des Kaisers bis zum Tod desJulian Apostata berücksichtigt.

Das Leben in der Epoche des Kaiserswird visuell vermittelt in dem YorkerAusstellungskatalog. Das erste Drittelnehmen allgemeine Aufsätze ein, die diebekannten Zentralthemen behandeln,aber auch einige speziell England betref-

fende, so natürlich Eboracum zur Zeitvon Konstantins Aufenthalt dort, oderMonumente aus der angelsächsischenZeit mit Bezug auf das spätrömische Er-be. Ausführlich gewürdigt wird derMünzfund von Beaurains, da ein großerTeil davon heute dem British Museumgehört. Der umfangreichere Rest desBandes ist dem Katalog gewidmet, wo-bei die gezeigten Objekte aus der Zeitum 300 auch aus anderen Teilen des Im-periums kommen, zum größten Teil ausenglischen Museen. Am auffallendstenvielleicht das exzellent erhaltene PaarDamenschuhe aus Ägypten (keine Fäl-schung?).

Konstantin und das Christentum ver-sammelt (neben der obligatorischenDoxographie des Herausgebers zur Ein-schätzung des Herrschers durch die be-kanntesten Althistoriker) nur Nachdru-cke: B. Bleckmann (allgemein), T. Grü-newald (Herrschaft in Italien und Afrika312/16), J. Bleicken (Konstantin und dieChristen), K. Bringmann (politische undreligiöse Motive), P. Barceló (Visionen),E. Lehmeier (Konstantin und die Kir-che), K, Girardet (Nikaia 325), A. Ber-ger (Konstantinopel), S. Rebenich (Di-vinisierung). Eine solche Sammlung istnützlich, wenn sie entlegene Zeitschrif-ten- und Festschriften-Beiträge wiederabdruckt; jedoch auch einzelne Kapitelwillkürlich aus doch ein sinnvolles Gan-zes bildenden Büchern herauszureißen,wie hier geschehen, ist eine m.E. abzu-lehnende Praxis.

Ebenfalls nur einen (durchgesehener)Neudruck zweier Aufsätze über die Fra-ge, ob es vor Konstantin christliche Kai-ser gab (die Antwort war der älterenForschung längst bekannt) und über die

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Wende und ihre Bedeutung für das Im-perium (gute Zusammenfassung v.a.unter staatsrechtlich-politischem Blick-winkel) stellt das Buch von Girardet dar.

Daß so viele Historiker Bekanntesaus der Geschichte wieder neu erzählenwollen, ohne neue Quellen vorlegen zukönnen und nur mit minimalst innovati-ve Deutungen, ist vor allem ermüdend.Sinnvoller wären u.E. Nachdruck derkompetenten älteren Werke mit Anhän-gen, die das Wenige ergänzen, waswirklich neu an Wissen hinzugekommenist.

Das Buch von Van Dam, der als Spe-zialist für das römische Kappadokienbekannt ist, erweist sich das einzige un-ter den hier anzuzeigenden, welches einwirklich eigenes Profil zeigt. Eigentlichhandelt es sich um 11 bzw. 12 (Epilog)Aufsätze, die hier locker unter denÜberschriften "Ein römisches Reich oh-ne Rom", "Ein griechisch-römischesReich" und "Kaiser und Gott" zu The-menblöcken vereinigt wurden. Natürlichwill Van Dam, wie der Titel andeutet,Ähnliches für die Konstantinische Äraleisten wie es Ronald Syme für die desAugustus getan hat. Generell interessiertden dem Verfasser v.a. das Ostreich. Sogeht es z.B. immer wieder um Bitt-schriften der Städtchen Orcistus inKleinasien und Hispellum in Umbrienund die kaiserlichen Reskripte, ein Bei-spiel, an dem die Probleme solcherSiedlungen im frühen 4. Jahrhundert er-läutert werden. Oder Van Dam bringtQuellen zum Gebrauch des Lateinischenund Griechischen im Osten, oder behan-delt die Familienverhältnisse des Herr-scherhauses. Der Stil dieses Historikersist stellenweise lebendig und didaktisch

interessant, so daß diese Untersuchun-gen wohl viele Leser finden sollten. Fürjeden, der die Basisfakten schon kennt,wie die Leser der Mediaevistik, ist TheRoman Revolution of Constantine zwei-felsohne der interessanteste der hier vor-gestellten Bände und kann empfohlenwerden.Peter Dinzelbacher

Yann Coz, Rome en Angleterre. L'i-mage de la Rome antique dans l'An-gleterre anglo-saxonne, du VIIe siècleà 1066 (Bibliothèque d'histoire médié-vale sous la direction de Martin Au-rell, Élisabeth Crouzet-Pavan et Mi-chel Sot, 5), Classiques Garnier, Paris2011, 520 S., 4 Karten, 4 s/w Abb.Diese Arbeit stützt sich auf eine ein-drucksvolle Menge vielfältiger Quellen:neben Texten aller Art, von der Histo-riographie und Hagiographie über Bi-belkommentare und didaktische Werkezu Briefen und Urkunden, kommen auchikonographische und archäologischeZeugnisse zu Ehren, und was die Textebetrifft, wird neben dem gedrucktenauch ein reiches (und weitverstreutes)handschriftliches Material herangezo-gen. Entsprechend vielfältig (und inter-national, was heutzutage nicht mehrselbstverständlich ist) ist auch die zi-tierte Literatur1. Der Gegenstand wirdalso von vielen Seiten beleuchtet und dievom Verfasser angesprochene "histoireculturelle 'totale'" ist als Horizont durch-aus zugegen.

In einem der Einleitung zugeordne-ten Kapitel über das alte Rom im angel-sächsischen Schulunterrricht stellt Coz

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eine Reihe von, wie man annehmenkann, im Unterricht verwendeten Textenvor und befragt sie nach den in ihnenenthaltenen das alte Rom betreffendenInformationen. An erster Stelle stehendie Grammatiktraktate Donats und Pris-cians und die Dichterkommentare desServius; in diesem Rahmen kommt auchVergil als Dichter der Aeneis, und mehram Rande Lukan, zur Sprache. Im Zu-sammenhang mit den Schultexten wer-den außerdem Augustinus' De civitateDei, die Chronik des Eusebius-Hiero-nymus und die Kirchengeschichte desEusebius-Rufinus, Orosius' Historiae,sowie Gildas' De Excidio Britanniae be-sprochen; weiter der sogenannte Later-culus Malalianus, die lateinische Bear-beitung der byzantinischen Chronik desJohannes Malalas – ein Zeugnis für diePräsenz ostkirchlicher Traditionsele-mente in England – , die in England ver-fügbaren Martyrologien, wie das vonBeda verfasste, und schließlich zwei mitEngland verbindbare Glossare (Leyden,Bibliotheek der Rijksuniversiteit, Voss.Lat. Q 69, f. 20-36, und Épinal, Biblio-thèque municipale, 72, f. 94r-107v,bezw. Erfurt, Wissenschaftliche Biblio-thek, Amplonianus 2° 42, f. 1r-14v), de-ren handschriftliche Tradition nachge-zeichnet wird.

In drei zum Teil etwas dramatischbetitelten Hauptabschnitten – I. La ro-manité obsessionnelle. II. L'antiquité envieil-anglais, III. Oublier Rome? – wirddann gefragt, wie dieser allgemeineGrundstock von Informationen in kon-kreten Umständen von bestimmten Per-sonen verwendet und abgewandelt wor-den ist. Abschnitt I enthält vier Kapitel,die drei ersten sind je einem wichtigen

kirchlichen Autor des 7.-8. Jahrhundertsbzw. ihren Schriften, gewidmet, nämlichder Reihe nach Aldhelm von Malmesbu-ry, Winfried-Bonifatius und Beda, wäh-rend im vierten Kapitel hauptsächlichikonographische Materialien untersuchtwerden, wie das Runenkästchen vonAuzon und die Herrscherdarstellungenauf zu dieser Zeit in England geprägtenMünzen. Mit Abschnitt II springen wirzur Zeit Alfreds des Großen (871-899),der Hochzeit der Übersetzungen lateini-scher Texte ins Angelsächsische; hierwird in drei Kapiteln, unter Betonungdes persönlichen Beitrags König Al-freds, jeweils eine solche Übersetzungvorgestellt – die der consolatio philoso-phiae des Boethius, die der historiae desOrosius, die der historia ecclesiasticagentis Anglorum Bedas – und zusätzlichauch die direkt in der Landesspracheverfasste angelsächsische Chronik vor-geführt. Abschnitt III, der sich mit derZeit von Alfred bis zur normannischenEroberung befasst, handelt in einem er-sten Kapitel von der politischen Ge-schichte Englands in dieser Zeit und dervor allem in den 1950er Jahren viel de-battierten Frage nach der allfälligen Be-anspruchung eines römischen Kaiserti-tels durch die englischen Könige. Imzweiten Kapitel geht es um die in Eng-land verehrten Heiligen und den ihnengewidmeten Heiligenleben; ein drittesKapitel kommt nochmals auf den Schul-unterricht und auf damit zusammenhän-gendeFragen wie nach der handschriftli-chen Überlieferung antik lateinischerTexte in England zurück.

Wie man sieht, sind der chronologi-sche und thematische Zusammenhangzwischen den verschiedenen Teilbe-

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leuchtungen des Gegenstands und dasKriterium der Auswahl der vorzuführen-den Materialien nicht durchwegs evi-dent, es macht aber andererseits, wie mirscheint, einen der Vorzüge der Arbeitaus, eher die konkrete Quellennähe alsdie logische Folgerichtigkeit zu suchen.Die Dokumente, und ganz besonders dieTexte, werden ausführlich und einge-hend beschrieben und analysiert undsoweit wie möglich in ihrem Kontextsituiert – der Leser wird gewissermaßenan ihrer Entstehung beteiligt, und derVerfasser bietet so nicht nur Nahauf-nahmen von wichtigen kulturellen Ela-boraten, sondern findet auch konkreteAnsatzpunkte zu instruktiven Verglei-chen. Besondere Aufmerksamkeit wid-met er den Abwandlungen bestimmterThemen – z.B. der altrömischen My-thologie, der römischen Eroberung Bri-tanniens, der Verfolgung oder im Ge-genteil Förderung der christlichen Kir-che durch die römischen Kaiser, um nureinige wenige zu nennen – die in ver-schiedenen Texten, in Texten und ihrenVorlagen, in verschiedenen Fassungeneines Textes … verschieden behandeltwerden. Auf dem Gebiet der Ikonogra-phie wird vor allem die Abwandlung derrömischen Vorbildern folgenden Münz-bilder unter verschiedenen Herrschernbeobachtet. Die spezifischen und präzi-sen Einzelbeobachtungen verweisenaber auch auf allgemeine Tendenzen.Als durchgehendes angelsächsischesSpezifikum bemerkt Coz den Vorrangdes kirchlich-religösen gegenüber dempolitischen Rombild, dazu kommenfallweise andere Aspekte wie die Amal-gamierung römischer und germanischerHeldenbilder. Dass, im ganzen gesehen,

das römische Erbe bei den Angelsachsensichtlich weniger Gewicht hatte als imkarolingischen Frankenreich dürfte mitdem geringeren Bedürfnis der angel-sächsischen Herrscher nach einer vonaußen kommenden Legitimierung zu-sammenhängen – sie brauchten nichtwie die Karolinger ein fehlendes Erb-recht durch die Berufung auf Rom zu er-setzen. Zunehmend an Bedeutung ge-winnt jedenfalls die Beobachtung, dassdie Angelsachsen die römische Ge-schichte eher im Prisma ihrer eigenenGeschichte sahen als umgekehrt; es ist,wie man auch sagen könnte, den Angel-sachsen mehr darum gegangen, sich dierömische Tradition anzueignen, als sichin sie einzuordnen – eine Tendenz zurSelbstbestätigung, die sich auch nach dernormannischen Eroberung erhalten ha-ben dürfte.Elisabeth Mégier · 289 Rue St. Jacques ·F-75005 Paris · [email protected]

1 Dagegen wird man die Abwesenheit ei-nes Registers bedauern.

Ashgate Research Companion to By-zantine Hagiography. Vol. 1: Periodsand Places, ed. Stephanos Efthymia-des, Ashgate, Surrey, 2011, pp.435.Under the editorial stewardship ofStephanos Efthymiades, Ashgate pub-lishers have produced a two-volume Re-search Companion to Byzantine Hagiog-raphy. The present volume surveys theevolution of Greek-Byzantine hagiogra-phy along with hagiographic traditionsinOriental and Slavic languages, as well asin Greek, on the periphery of the empire,from Italy to Armenia.1 A second vol-

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ume, due out next year, will take upfurther questions of genre(s) and socio-economic context.In the editor's words,the Ashgate companion is intended as a"vademecum ... which will incite furtherin-depth study of texts, authors, periodsand languages in their chronological,geographical and typological diversityand expansion (p.11)." Whatever onemay think about the wider proliferationof 'companions' in the humanities, this issurely a welcome initiative. Those fa-miliar with the variety, sheer numbersand, not least, the often bewilderingmanuscript traditions of Byzantine hagi-ography (here taken to mean all texts,including encomia, related to a saint),will acknowledge both the scope of theundertaking and the kudos which shouldaccompany its attainment.

Preceded by a succinct and sober in-troduction by Efthymiades,Part I chroni-clesthe 'Periods of Byzantine Hagiogra-phy',beginning withthe Life of St Antony.This hagiographic Ur-textmerits its ownchapter by the late Tomas Hägg, whoastutely parses the novelty of bishopAthanasius'sagenda-laden experiment inChristian biography.Next come"LateAntiquity (4th-7th c.), "the" 'Dark Age'to the Age of Symeon Metaphrastes"(8th-10th c.),"Eleventh and TwelfthCenturies," and "Late Byzantium (1204–1453)." The periods designated by thesetitlesmirror, more or less, the canonicaldivisions of historiography about Byzan-tium. One wonders, however, whether aresearch companion shouldnot seek al-ternate dates grounded in its own sub-ject; or, failing that, an argument that theevolution of Byzantine hagiographytracks well with the received periodiza-

tion. Part I is likely to be plied most byreaders, since it deals with Byzantinehagiography sensu stricto. Those chap-ters dealing with the 4th to the 10th c.are in many respects the richest and thehardest to assess. At times the profusionof works induces a cataloguing effect.Undoubtably, the hagiography of the4th-10th c. was decidely more varied inorigin and aims and is thus harder to in-ventory. Sometimes the desire to conveysomething of the contents of these fasci-nating texts leads to the presentation ofjust too many digest versions of vitae. Incontrast, the authors of the chapters onthe 11th-12th c., and especially that on'Late Byzantium,' chose to sketch broadcontours instead of coloring in the entiretopography of hagiographic writing inthese periods. A. M. Talbot's lucid ac-count of late Byzantine hagiographicpractices will likely end up on more thana few syllabi. Although graduate stu-dents are likely to be the principal bene-ficiaries, I am willing to bet that evenveteran Byzantinists will meet at leastone text in this volume for the first timeand will no doubt have recourse to thebibliographies appended to each chapter.

Part II ranges overthe 'Hagiographyof the Byzantine Periphery and theChristian Orient,' with brief chaptersdedicated to: Palestinian (4th-8th c.),Italo-Greek, Syriac, Georgian, Arme-nian, Coptic, Arabic, Slavic, and Latinhagiographical literature translated intoGreek.While this distribution strikes mefor the most part as reasonable, I ampuzzled by the decision to segregate aformative portion of hagiography com-posed in Greek under the geographic ru-bric 'Palestinian' rather than include it

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under 'Late Antiquity,' a periodit playedsome considerable part in defining. Whydoes geography trump language andperiodization in the case of Palestine butnot Egypt or Syria? The solution is toread the two chapters, 'Late Antiquity'and 'Palestinian' in tandem. If the sum-mary treatment of these distinct hagio-graphic traditions as "peripheral" risksperpetuating their undervaluation bymany Byzantinists, their inclusion hereat least increases the odds of greater ac-quaintance. In spite of the uneven andoccasionally unhelpful chapters (that onArabic hagiography is exemplary, whileSyriac hagiography devolves into somany isolated facts about this or thattext), this part of the volume helps mapthe hagiographic landscape, sometimesliterally, on or beyond Byzantium's bor-ders.

Finally, some thoughts on a persis-tent aspect of hagiographic study in an-ticipation of volume two, which prom-ises to address the literary dimension ofByzantine hagiography. The AshgateCompanion issues from a venerablepedigree dating back to such Jesuitscholars as Heribert Rosweyde (1569-1629) and his better known successorJean Bolland (1596-1665), who initiatedthe systematic study of Christian hagiog-raphy today still carried on by the epo-nymously named Société des Bollan-distes. Underwriting their efforts was abelief not just in the Christian teachingsvindicated by the lives of the saints, butin the genuine historicity of some sig-nificant part of those lives. Therefore theneed, initially driven by Protestant scep-ticism about Catholicism's medieval ac-cretions, to distinguish between 'real'

and 'fictional' or legendary saints, bywhich was meant something morethanwhether the figure in question had ex-isted as a historical person, itself hardlysufficient testimony for sanctity. TheAshgate Companion and the modernscholarship it records mark asalutaryshift from a religiously driven register ofreal and alleged saints to the secular-study of texts and contexts. We never-theless repeatedly encounter terms suchas "fictional romance," "novelistictraits," "historical core," "kernel of his-toricity," or expressions which conflatethe question of historicity with the morerecent interest in the formal, or rhetori-cal, features of Greek hagiography. Inthe present volume this culminates in asection titled "Constantinopolitan Ha-giographic Fiction," in which a numberof vitae, some quite popular in Byzan-tium, arepresented as "inventions" oftheir authors, "[blurring] the bordersbetween historical fact and fiction."Which might raise the question of whatwould constitute a non-fictional saint'slife, if that were indeed a legitimatequestion for modern scholars. Fortu-nately it is not and we are not chargedwith evaluating the plausibility of mira-cles or ascetic feats, only the historicalmeaning of belief in them inspired byhagiographic texts. Labels such as 'fic-tion' or 'historicity' have little meaningoutside the context of the genre to whichtexts lay claim. The Lives of St. Theok-tiste and Theodore of Edessa or that ofSt. Andrew the Fool for Christ wereneither intended nor received as fictionsfor the simple reason that hagiographydoes not allow for 'invention' in thesense of patently made-up stories, a fact

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underlined by author-narrators at painstoauthenticate the source of their ac-counts. It is beside the point whether webelieve in the 'historical' saint. A char-ismatic ascetic named Antony may in-deed have lived in fourth-century Egypt,but an understanding of the historicalsignificance of the Life of St. Antonydoes not depend on our identification ofthat individual with the figure in the text.Emmanuel C. Bourbouhakis · PrincetonUniversity · Department of Classics ·141 East Pyne · Princeton · N.J. 08544 ·[email protected]

1 The full table of contents for volume one,together with the introduction and index,may be viewed at: http://www.ashgate.com/isbn/978075465033.

Matthias Eitelmann, Beowulfes Be-orh: Das Altenglische Beowulf-Eposals kultureller Gedächtnisspeicher(Anglistische Forschungen, 410), Uni-versitätsverlag Winter, Heidelberg,xii, 295 p.This book is the result of MatthiasEitelmann's doctoral dissertation, pre-sented at the University of Mannheim in2009. Its title is taken from the Danishversion of Beowulf by N.F.S. Grundtvig,Beowulfes Beorh eller Beowulfs drape,published in 1820, only five years afterthe untitled original was printed for thefirst time by Grímur Jónsson Thorke-lin—as Eitelmann duly explains in theintroduction (p. 14)―though neitherwork appears in the list provided in thebibliography (p. 269). Grundtvig tookthe expression from line 2807 of thepoem, where it means Beowulf's Bar-row, the large burial mound on a promi-

nent headland, visible to seafarers,which would serve above all as a placeof commemoration for the hero's people,the Geats. Eitelmann's choice is an im-age highly indicative of the strategy hefollows. He often goes back to old bibli-ography, earlier than definitive land-marks such as Tolkien's renowned"Beowulf: The Monster and Its Critics"(1936) and even Fr. Klaeber's authorita-tive edition (1922), but he does so fromthe point of view of modern theory. Infact, with Eitelmann the wheel appearsto have turned full circle for the theoryof cultural memory: from readingmonuments and places of commemora-tion as texts, we have arrived at readingtexts as burials and lieux de mémoire.

Beowulfes Beorh begins with an in-troductory chapter on the tradition andreception of the poem. In his commend-able enthusiasm for his topic, Eitelmannhighlights its uniqueness beyond thecommon remarks of being the earliestsurviving epic in a Germanic language(or in a European vernacular for thatmatter), and the only one to survive vir-tually in its entirety, or to have been pre-served in a single manuscript, the fa-mous Cotton Vitellius A. XV, extendinghis arguments to Beowulf's impact on theInternet. His emphasis on the poem as aUnikum almost gives the reader the im-pression that it is exceptional, a danger-ous approach that Eitelmann clearlyavoids later when he sets his studywithin the framework of early medievalliterature. The problem, of course, withBeowulf's exceptionalism is that we can-not determine to what degree the poem'suniqueness is intrinsic or accidental:probably Beowulf is merely exceptional

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in not having been lost. It must not beforgotten that Anglo-Saxon Englandlived through a period of frequent de-struction of the monasteries, the mainrepositories of learning in the early Mid-dle Ages, by the Vikings, and that thegreater part of the preserved corpus ofOld English literature is contained in justfour manuscripts. This difficulty appearsat every step, even when it is not stateddirectly. Thus, Eitelmann provides thedefinition "Der Beowulf ist ein selbstaktiv erinnerndes Medium" (p. 4) –"Beowulf is by itself an active recollect-ing medium," i.e., a text, according tohim, which has the potential not only togive an impulse to the recollection ofpast times and mentalities but also to en-able their reconstruction; yet a few pageslater we find the qualification that hisstudy follows a conception of "Epos alsGedächtnisgattung", i.e., "Epos as thegenre of memory" (p. 13).

The second chapter deals with thepremises and implications of a readingof Beowulf based on the notion of cul-tural memory. Its content is largely pro-grammatic, its purpose being to providea set of postulates for a medievalismbased on this notion, but it finishes witha long discussion of the etymology ofOld English gemunan, "to remember"(54-62), which extendes to its semanticfield and to comparative linguistics, inan attempt to establish the specific valueof memory ("Gedächtnis") and recollec-tion ("Erinnerung") in Anglo-Saxonculture.

The third chapter analyzes epics as aproduct of poetical commemoration, ex-perienced collectively by the orally im-provising poet-singer and his audience.

It also reformulates the concept of in-tertextuality in order to apply it to the"memory of early medieval literature"and its materialization in Beowulf.Eitelmann pays special attention to thepassages of the poem which can serve ascommentaries on the art of the Anglo-Saxon scop: the creation hymn sung atthe hall Heorot (lines 90-98), the impro-vised lay in honor of Beowulf during thecelebration of his victory over Grendel(lines 837-920), Hrothgar's scop versionof the Finnsburg episode (lines 1068-1158), and even Beowulf's report toHygelac on his expedition to the land ofthe Danes (lines 2000-2151). As inevery other comprehensive study onBeowulf, the weighting of pagan versusChristian elements is not avoided, andEitelmann's approach, with its emphasison memory and reconstruction, involvesminimalizing the latter to some degree incomparison with other perspectives. Aclear example can be found in his treat-ment of the creation hymn sung atHrothgar's court, which he considers ba-sically pagan, the presence in the pas-sage of "Christian coloring" (using aterm introduced by F.A. Blackburn in1897 which heads a section in the intro-duction to Klaeber's edition) being ex-plained as having been subject to a proc-ess of Christian ethical paraphrase, con-sidered as an operation typical of earlymedieval literature.

Chapter four deals with the way inwhich the Beowulf poet deals with theelements of oral tradition that can beidentified in its plot (an operation notwithout its problems), and analyzes thetension within the poem between tradi-tion and innovation (the tension between

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a pagan past and a Christian present in-volves the tension between orality andliteracy, and the rise of conscious fic-tionality in Old English epic as a result).Eitelmann begins as usual by elaboratinga theoretical framework, here largelyprovided by Gérard Genette's Palimp-sestes (1982), before dealing with thepoem and the criticism written about it.In the same way that Beowulf is oftendescribed as the work of a Christianauthor wrestling with a pagan plot, hereone cannot sometimes avoid the impres-sion of a modernistic theory trying tosubsume old-fashioned research—someelements of which could probably betterbe discarded rather than incorporated.Eitelmann devotes much effort to placeBeowulf within an Indo-European narra-tive tradition, building on the founda-tions laid down by Friedrich Panzer inhis Studien zur germanischen Sagenge-schichte (1910) and his thesis of thepoem being a heroic version of the bear'sson folktale; however, the fact that Beo-wulf offers no trace of one of its basicelements (the rescue of the abductedprincess) and that variants of this storyhave been found in such diverse territo-ries as Mexico, Russia, Japan, Burmaand India, make such an attempt to ex-tend Beowulf's kinship beyond theneighboring Germanic and Celtic areasappear to be not especially enlightening.

Chapter five focuses on the issue ofBeowulf as a medium for collective rec-ollection and its hybridity as an epictransmitted in writing but conditioned byits oral origin. Here too Eitelmann dis-cusses in detail some parts of the poemas illustrations of his theses, consideringas especially significant the passage in

which Hrothgar examines the giantsword hilt that Beowulf has just handedhim as a trophy from the depths of themonsters' mere (lines 1687-1698). Thispassage has been always notoriously re-sistant to reductive interpretations bycritics, who have tried to ascertainwhether the alleged depiction on thesword hilt refers to an engraved pictorialrepresentation (a possible meaning ofwritan) or to an inscription carved inrunes (the rūnstafas of line 1695– achoice compounded by the circum-stances that Hrothgar is supposed to beilliterate and presumably unable to readthe runic words, and that the story towhich he refers on looking at the swordhilt is biblical, clearly recognizable asthe Deluge (Genesis 6.1-2). Eitelmanndecides that the sword hilt shows a runicinscription, but cannot find definitive ar-guments to settle the issue of whether itwas actually read by Hrothgar or not, fa-voring instead an interpretation of thepassage as pointing to the divide be-tween orality and literacy.

Eitelmann has laboured hard to buildhis own distinctive position within thefield of Beowulf studies. This does notmean that he lacks some affinities withprevious critics of the poem. Eitelmannquotes approvingly Fred C. Robinson'sBeowulf and the Appositive Style (1985),both at the beginning and the end of hisown study. The references are to Robin-son's encapsulation of the idea that thework is "a place in the [poet's] people'scollective memory for their lost ances-tors" (p. 5), and his notion that the wholepoem offers a double perspectivethrough an appositive style blending pa-gan heroism and Christian vision, so that

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the words uttered by its characters wouldnecessarily have apposed meanings, i.e.,a pagan one and a Christian one, for theaudience. Eitelmann's framework, how-ever, is far more sophisticated thanRobinson's, his approach being abstractand analytical to such a degree that itmay put off some readers. Nevertheless,scholars from all critical tendencies canfind in it a quarry of valuable materials.In my opinion, his effort to contextualizeBeowulf within early medieval cultureshould be especially welcome. Beowulfis often seen as the locus of conflictbetween pagan and Christian traditions,but probably such incongruity is in theeye of the beholder. Nineteenth-centurynationalistic criticism has had deep af-ter-effects. One wonders whether a Chi-nese without previous exposure toChristian and Germanic traditions wouldfind a Beowulf translation more incon-gruous than one of any other Europeanmedieval epic. Many a feature we see asparadoxical is likely not have been expe-rienced as such by its original audience.After a notoriously shaky start, Christi-anity established itself in Anglo-SaxonBritain. The Church did not attempt somuch to destroy a culture (which afterall it was probably not in a position todo), but to imbue it with a new Christiansense, as illustrated by the famous letterof instruction to Abbot Mellitus writtenby Pope Gregory the Great, preserved inBede's Historia Ecclesiastica, indicatingthat the idols should be destroyed, butthe temples just re-consecrated. The re-ligious establishment was linked to amighty aristocracy, from whose familiesbishops, abbots and priors usually came.Churches and monasteries often were

the property of a nobility that possessedits own distinctive heroic traditions, andthe peasantry farming their lands alsopreserved old beliefs in their folklore. Itshould not come as a surprise that insuch a world Grendel was a descendantof Cain, even if this was the sort of thingfrowned upon by intellectuals such asAlcuin, as illustrated by his famous let-ter to the monks of Lindisfarne (797) inwhich he disapproved of the performingof secular poetry in a religious settingwith the famous remark "Quid Hinielduscum Christo?". To some extent, the taskfaced by the poet of Beowulf, to give avision of the Germanic world throughthe Christian point of view, was akin tothe one confronted by the Christianscholars when interpreting the JewishBible, or later by his continental col-leagues when writing poems on Alexan-der the Great or tackling the classicaltradition. One does not dare to make anypredictions about the impact of Eitel-mann's book on Beowulf studies, but itwould be a shame and a pity if his ideaswere not taken on board by the mere factof not having been published in English.Juan Carlos Bayo · UniversidadComplutense de Madrid ·e-mail: [email protected]

Jörg-Peter Findeisen, Vinland: DieEntdeckungsfahrten der Wikingervon Island nach Grönland und Ame-rika: Erik der Rote, Bjarni Her-julfsson, Leif Eriksson und ThorfinnKarlsefni, Ludwig, Kiel, 2011, 221 pp.and 11 illustrationsThis slim volume is intended for thegeneral reader, not the student or

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scholar. Despite the title, its chapters gowell beyond the first westward Norsevoyages from Iceland and Greenland toinclude late fifteenth- and early six-teenth-century exploratory sailing toNorth America, and thence to modernarchaeological investigations of possiblyrelevant Norse sites. Findeisen is moreattentive to the successive waves ofscholarly and popular opinion than to theoriginal narratives. The author does notdirectly engage the primary sources,content to cite Adam of Bremen, the sa-gas, and later documents in Germantranslations, many from the 1980s,1970s, and even earlier. Dated encyclo-pedia entries also seem to have a curiousfascination for the author. The bookmakes overly frequent reference to "ex-perts," often identified by nationality.One opinion or argument is set againstanother, with relatively little weighing oftheir respective merits, and there is littleeffort at synthesis. Even the more out-landish claims, such as those of TorBorch Sannes for the Norwegian antece-dents of Columbus, receive more spacethan their due.

This said, the Vinland material con-tinues to fascinate and the book is wellwritten and fully documented. Theauthor offers a judicious selection of thefindings and speculations of Helge andAnn Stine Ingstad, Mats G. Larsson,Birgitta Linderoth Wallace, Knut Lindh,F. Donald Logan, and Kirsten A. Seaver.Information on the medieval Greenlandsettlements and their fate is a welcomebonus. The book is completed by a time-line, bibliographies of primary sourcesand secondary studies (where publishedGerman translations also predominate),

indices of places and people (contempo-rary scholars unfortunately not in-cluded), and a list of illustrations (ofthese, the historical maps are too smallto be informative). The one modernmap, which introduces the volume, hasthe Gulf Stream flowing directly north-ward in the mid-Atlantic and the hatch-ing that marks the territories of the Dor-set, Beothuk, and Innu cultures (other-wise all but unmentioned in the book) isnot in accord with that given in the ac-companying legend. More importantly,only the briefest mention is made (142)of the early Portuguese, Breton, Nor-man, and English exploitation of theGrand Banks off Newfoundland and itsrelevance for the "re-discovery" ofNorth America or the search for a North-West Passage. Some regrettable slips:One of the celebrated artifacts found atL'Anse aux Meadows was a spindlewhorl, not a spinning wheel as Finde-isen's Spinnrad suggests; as for thistoponym, it is based on French méduses'jellyfish', not directly on the Greek fig-ure (although German Quallenbucht isan accurate translation); Vilhjalmur Ste-fansson was born William Stephenson inCanada; the name of Birgitta LinderothWallace is misspelled at every secondmention; the name of PassamaquoddyBay (on the New Brunswick-Maine bor-der) is twice misspelled; Nova Scotia isnot an island (159; this is perhaps a slipwith Cape Breton Island in mind); iden-tifying the speaker of Konungs Skuggsjá,the Father, as a king (56) is an over-reading; archaeological evidence pointsto the mast of the knarr or cargo boatbeing unstepped in port, not left stand-ing. Also, as noted, the evidence of abo-

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riginal cultures is not adduced, althoughthis reflects the author's choice of schol-arly works to summarize.

With the debate over Norse vín 'wine'or vin 'meadow' in the name Vinlandnow largely resolved in favor of theformer, the book reflects the continuingobsession with the location of Vinland(site or region) and "Leif's Huts", whatto this reviewer is a rather myopic fixa-tion on a problem more typical of thenineteenth century and its search for na-tional and other origins. Still, a bettergeographical fix on the Norse presencewould be a great stimulus to archae-ology. With this focus the book is onlytangentially concerned with whetherVinland was intended as the site(s) ofsemi-permanent settlement or primarilyas a source of raw materials. Among thelarger issues of cultural history that thebook might also have addressed is thecoincidence of the abandonment of theNorth American adventure and Iceland'sturn toward Norway and Europe.William Sayers · Cornell University ·Ithaca, NY · [email protected]

Benedikt und die Welt der frühenKlöster: Begleitband zur Sonderaus-stellung "Benedikt und die Welt derFrühen Klöster" in den Reiss-Engel-horn-Museen Mannheim vom 13. Mai2012 bis 13. Januar 2013; eine Aus-stellung in Kooperation mit dem Mu-seum im Benediktinerstift St. Paul inKärnten; [anlässlich des 98. Deut-schen Katholikentags vom 16. bis 20.Mai 2012 in Mannheim] / hrsg. vonAlfried Wieczorek und Gerfried Sitar

unter Mitarb. von Irmgard Siede undHolger Kempkens, Schnell & Steiner,Regensburg, 2012, 269 S., 164 Farbil-lustrationen, 12 s/wAbbildungen.In der Ausstellung in den Reis-Engel-horn-Museen in Mannheim stammen diemeisten Objekte aus dem Benediktiner-stift St. Paul im Lavanttal (Kärnten) –viele davon wurden bereits in der großenAusstellung "Macht des Wortes" (2008)gezeigt. Ein Großteil dieser sehr frühenHandschriften und einzigartigen Kunst-gegenstände ist erst Anfang des 19. Jhs.nach der Säkularisierung des Klosters St.Blasien im Schwarzwald und der Über-siedlung der Benediktiner nach Öster-reich dorthin gekommen. Diese wert-vollen Zeugnisse der Ordens- undKunstgeschichte kehren nun für kurzeZeit nach Süddeutschland, wo sie ur-sprünglich verwahrt worden sind, zu-rück.

In diesem Katalog sind wissen-schaftliche Texte und Beschreibungender ausgestellten Objekte miteinanderverknüpft und nicht wie üblich die wis-senschaftlichen Beiträge vom Katalog-teil getrennt. Dieses Miteinander vonthematisch geordneten Abhandlungenbietet eine Übersicht und gleichzeitig ei-ne Gesamtschau. Der Katalog mit denwunderbaren Bildern ist sowohl für denwissenschaftlich Interessierten wie auchfür den normalen Ausstellungsbesuchereine wertvolle Hilfe zum Verstehen desBenediktinerordens und seiner Bedeu-tung für Europa. Kunstgegenstände –wie das mit Juwelen besetzte Adelheid-Kreuz (11. Jh.), eine Hostienmonstranz(15. Jh.) oder eine reich bestickte Glo-ckenkasel (12. Jh.) sind Zeugnisse derLiturgie. Außerdem sind wertvolle litur-

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gische Handschriften zu sehen: das Rei-chenauer Sakramentar (980), das Span-heimer Evangeliar (1129), der RamsayPsalter (1300) und musikalische Hand-schriften: Tonar des Berno von Rei-chenau (11. Jh.) und ein musikalischesFragment. Weltliche Dokumente sind indieser reichen Palette ebenfalls vertre-ten: Kapitularien und Volksrechte (9.Jh.), ein kaiserlicher Schenkungsbrieffür das Kloster Maulbronn (1156), einReichenauer Schulheft (9. Jh.), die Lor-scher Annalen (835) oder das MainzerGeiselverzeichnis (805/6). Die Über-sichtlichkeit dieses reich bebildertenKatalogs wird durch eine Landkarte ander Innenseite des Vorderdeckels mitden Orten des hl. Benedikts in Italienund St. Paul und St. Blasien und durcheiner Karte der Benediktinerklöster imsüddeutschen Raum an der Innenseitedes Hinterdeckels abgerundet. DieserKatalog ist nicht nur ein wertvolles Er-innerungsstück für jeden Ausstellungs-besucher, er liefert auch dem, der nichtnach Mannheim kommen kann, reicheInformationen.Christine Maria Grafinger · BibliotecaVaticana · 00120 Città del Vaticano ·[email protected]

Achim Thomas Hack, Abul Abaz. ZurBiographe enes Elefanten (Jenaer me-diävistsche Vorträge, 1), Wissen-schaftlicher Verlag Bachmann, Ba-denweler 2011, 101 S., 4 Abb.Anfang des 9. Jahrhunderts schickte derKalif Hārūn ar-Rašīd, der PerserkönigAaron, einen Elephanten als Geschenkan Karl den Großen, eine äußerst unge-

wöhnliche und sehr beachtenswerte po-litische Geste, die insbesondere zu er-kennen gibt, welches große Interesse derKalif darin hatte, gute politische Bezie-hungen mit dem mächtigen Frankenreichaufzunehmen. Nach ca. eineinhalb Jah-ren traf dieser Elefant, Abuld Abaz ge-nannt, am 20. Juli 802 in Aachen ein undüberlebte dort bis 810, als er offensicht-lich, wie wir jetzt zu sagen vermögen, aneiner Maul- und Klauenseuche verstarb.

Wenngleich all dies nur zu den An-ekdoten der Weltgeschichte zu gehörenscheint, vermag man, wie es jetzt AchimThomas Hack in einer interessant undlebendig geschriebenen, zugleich gutfundierten Untersuchung vor Augenführt, darin eine Menge an sehr beach-tenswerten historischen Aspekten wahr-zunehmen. Das Auftreten des Elefantenwurde überaus aufmerksam in der frän-kischen Hofhistoriographie notiert undkommentiert, schließlich handelte essich dabei um ein höchst exotischesTier. Sein Transport, der große logisti-sche Probleme verursachte, führte gera-de nicht über Konstantinopel oder Gi-braltar und dann über den Landweg,sondern vom heutigen Tunesien übersMeer nach Genau, was ganz besondereschiffsbautechnische Herausforderungendarstellte, die aber offensichtlich gutgemeistert wurden. Hack weist zugleichdarauf hin, was diese spezielle Weg-strecke über die politischen Beziehungenzwischen dem Perserreich und den ein-zelnen mediterranen Ländern aussagt.Ein solches Tier als diplomatisches Ge-schenk einzusetzen, was dann vom Emp-fänger als Prunkstück in der eigenenMenagerie gehalten wird, wirft bemer-kenswertes Licht auf frühmittelalterliche

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Herrscherpolitik sowohl im Osten alsauch im Westen. Zugleich entdecken wirhier den Beginn von königlichen Mena-gerien, die im ganzen Mittelalter und inder Frühneuzeit, dazu weit darüber hin-aus recht populär gewesen sind. Hacknimmt zu Recht an, dass Karl beabsich-tigte, den Elephant als psychologischesKriegsmittel einzusetzen, insoweit alsdamit die Gegner eingeschüchtert wer-den konnten, doch scheint dies letztlichniemals in die Tat umgesetzt worden zusein.

Nach diesem größeren Überblickwendet sich Hack speziellen Fragen zu,die den wissenschaflichen Diskurs zuElefanten in der Antike und im Mittel-alter betreffen, die Darstellungsweisedieses Tieres in mittelalterlichen Abbil-dungen, die meistens sehr realitätsfremdwaren, dann die Etymologie des NamensAbul Abaz, das Verbreitungsgebiet vonElephanten im Frühmittelalter und mit-telalterliche Quellen über diesen Ele-fanten. Wenn man bedenkt, wie wenigbisher dieser ganze Themenkomplex be-handelt worden ist, wie schwierig dieForschung dazu ist, wie viele Sprach-kenntnisse notwendig sind und welcheImplikationen sich aus dieser scheinbaranekdotenhaften Angelegenheit für dieinternationale Politik des frühen 9. Jahr-hunderts ergeben, erweist sich dieseskleine Bändchen geradezu als ein Prunk-stück in der karolingischen Historiogra-phie. Notwendig wäre freilich, weitereAusblicke auf die persische und arabi-sche Geschichte zu werfen, die dortigenQuellen stärker zu Rate zu ziehen undeuropäische Bestiarien genauer zu resul-tieren. Aber was hier präsentiert wird,erweist sich bereits als hochinteressant

und vielsagend. Der wissenschaftlicheApparat ist äußerst hilfreich, was beson-ders die Geschichte von Menagerienoder Transportwesen im Frühmittelalterangeht. Diplomatiegeschichte und Tier-geschichte zu jener Zeit kommen hieräußerst erfrischend zu Wort, und mankann nur hoffen, dass weitere Autoren indiese Kerbe schlagen werden. Besondersspannend dürfte hierbei sein, was wir inder Zukunft mehr noch über die Bezie-hungen zwischen der östlichen und derwestlichen Welt erfahren können.Albrecht Classen

Guy Halsall, Barbarian Migrationsand the Roman West, 376 – 568. Cam-bridge Medieval Textbooks (Cam-bridge: Cambridge University Press2007). ISBN 978 – 0 – 521 – 43543 – 7(paperback) GBP 21,99Die Debatte um den "Untergang Roms"hat mit den 2005 veröffentlichten Mo-nographien von Peter Heather und BryanWard-Perkins neue Nahrung erhalten.Heather und Ward-Perkins beschreiben– teils explizit gegen die Kontinuitätenund Transformationsprozesse betonendeForschung der 1990er Jahre gerichtet –die politischen und kulturellen Verände-rungen des 5. Jahrhunderts als konflikt-und gewaltträchtige Vorgänge. Für denHistoriker Heather ist der UntergangRoms eine Folge des Zusammenbruchsdes Hunnenreichs im Jahr 454, der jenenAnsturm der Germanen auf Roms Gren-zen ausgelöst habe, dem das Westreichletztendlich erlegen sei. Für den Ar-chäologen Ward-Perkins bedeutet derUntergang Roms gar das Ende der Zivi-lisation.1

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Wenig überraschend stießen beidePublikationen auf teils erhebliche Kritik.Der an der University of York lehrendenHistoriker Guy Halsall, der sich schonfrüher kritisch mit Heathers Arbeitenauseinandersetzte, bezeichnete Ward-Perkins Argumentation beispielsweiseals undifferenziertes Schwarz-Weiß-Bild.2 Nun hat Halsall selbst ein um-fangreiches und ausgesprochen viel-schichtiges Buch vorlegt, dessen Titelbereits andeutet, dass es ihm nicht ein-fach nur um den Zusammenbruch desWeströmischen Reiches, sondern viel-mehr um die komplexen Auswirkungender spätantiken Migrationsbewegungenauf die römische Welt geht. Wie schonin seinen früheren Forschungsarbeiten3

verfolgt Halsall einen dezidiert sozialge-schichtlichen Ansatz. Die seinem Buchzugrunde liegende These ist, dass imLaufe des 5. Jahrhunderts innerhalb desrömischen Reiches neue politische Iden-titäten entstanden seien, welche allmäh-lich die das Imperium bis dahin zusam-menhaltende politische Rolle Roms er-setzt hätten. Diesen Prozess beschreibtHalsall als Folge sozialer und ökonomi-scher Veränderungen im Imperium ei-nerseits und Einflüssen von außen, ausder nichtrömischen Welt, andererseits.Die "barbarian migrations" seien letzt-lich "the product of the 'end of the Ro-man Empire', not vice versa" (S.34).

Halsalls Buch ist in drei Teile ge-gliedert. Im ersten ("Romans and barba-rians in the imperial world", Kap.1-5,S.1-162) schafft er Grundlagen. Imzweiten Teil, dem Kernstück des Buchs("A world renegotiated: Western Euro-pe, 376 – 550", Kap.6-12, S.163-413),behandelt er die "barbarian migrations"

zuerst aus ereignis-, dann aus strukturge-schichtlicher Perspektive. Im dritten Teil("Romans and barbarians in a post-imperial world", Kap.13-15, S.415-518)geht es um die Strukturen der neuengentilen Herrschaften auf vormals römi-schem Provinzialgebiet.

Im ersten Kapitel ("How the westwas lost and where it got us", S.3-34)skizziert Halsall Forschungsperspektivenauf die barbarischen, speziell die germa-nischen gentes. Im zweiten Kapitel("Defining identities", S.35-62) be-schreibt er sehr kompakt und gut ver-ständlich Identitätsbildungsprozesse alskomplexe, von verschiedenen Faktorenbeeinflusste Vorgänge. In den Kapiteln 3bis 5 schlägt er einen weiten Bogen vonder römischen Expansion in Westeuropabis zur Spätantike. Halsall unterstreichtdie regionale Heterogenität des Imperi-um Romanum (Kap.3 "The late RomanEmpire in the west", S.63-111) und zeigtan den Beispielen Irlands, Schottlands,Nordafrikas und dem rechtsrheinischenGermanien das BeziehungsgeflechtRoms mit der außerrömischen Welt(Kap.4 "Society beyond the frontier",S.112-137). Diese Grenzregionen seienKontaktzonen gewesen, in denen sicheine "symbiosis of Roman Empire andbarbarian peoples" (S.161) entwickelthabe (Kap.5 "Romans and barbariansbefore 376", S.138-162).

In den Kapiteln 7 bis 10 stehen diehistorischen Prozesse im Mittelpunkt,die mit der "Gothic crisis, 376 – 382"(Kap.6, S.165-185) in Gang gesetztwurden. Ursache dieser Krise seien lautHalsall weniger die in der Forschungimmer wieder gern beschuldigten Hun-nen gewesen, als vielmehr die vorausge-

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hende Schwächung der Goten durch rö-mische Angriffe (S.173-175). Die GotenAlarichs, die Rom Anfang des 5. Jahr-hunderts vor ernste Probleme stellten(Kap.7 "Crisis of the Empire, 382 –410", S.186-219) beschreibt Halsall als"ethnically mixed" (S.193) "militaryforce rather than a tribe or people on themove" (S.191). Die Ansiedlung der Go-ten in Südgallien (Kap.8 "The triumphof the generals, 410 – 455", S.220-256)sei kein Zeichen der Schwäche Romsgewesen, sondern vielmehr eine weit-sichtige strategische Entscheidung in ei-ner Phase der römischen Stabilisierung.Die Goten hätten sich in Gallien als ef-fektive "field army held in reserve" er-wiesen (S.232). Erst im dritten Vierteldes 5. Jahrhunderts habe Rom zuneh-mend die Kontrolle über Provinzialge-biete und damit über Ressourcen verlo-ren (Kap.9 "The parting of Gaul andItaly, 455 – 480", S.257-283). Halsallzufolge sei dieser Prozess aber noch lan-ge nicht unumkehrbar gewesen; zwi-schenzeitlich seien durchaus vielver-sprechende Initiativen zur Re-Konso-lidierung zu erkennen: "The west did notdrift hopelessly towards its inevitablefate. It went down kicking, gouging andscreaming" (S.281).

Mit Kapitel 10 ("Kingdoms of theEmpire, 476 – 550", S.284-319) gehtHalsall von der ereignis- auf die struk-turgeschichtliche Ebene über. Er arbeitetdie unterschiedlichen Herrschaftsstruk-turen in den im 5. Jahrhundert entste-henden "barbarian kingdoms" heraus;die Stabilität der Macht, das Verhältniszur Autorität Roms bzw. Konstantino-pels und die Integration der romanischenProvinzialbevölkerung sind dabei wich-

tige Analysekriterien. Mit Blick aufBritannien spricht sich Halsall gegen dieverbreitete Ansicht aus, dass die Regionin eine Vielzahl kleiner politischer Ge-bilde zersplittert gewesen sei, sondernsieht stattdessen relativ große und stabileEinheiten.

Langfristige Entwicklungen der So-zial- und Wirtschaftsstrukturen, derStädte und des Stadt-Land-Verhältnissessind die roten Fäden, die Kapitel 11durchziehen ("Provincial society in thelong fifth century", S.321-370). Halsallzeigt unterschiedliche Entwicklungenfür Britannien und Nordgallien einerseitsund Südgallien, Spanien, Italien undNordafrika andererseits. Die lokalenEliten reagierten auf die schwindendepolitisch-militärische Kraft Roms miteinem "turn to the barbarians" (S.368-370). Das Kapitel gehört wegen seinesstrukturgeschichtlichen Focus zu denstärksten des Buches. In Kapitel 12("Beyond the old frontier", S.371-413)schaut Halsall auf soziopolitische Ent-wicklungen in Irland, Skandinavien undNorddeutschland, bei den Alamannenam Oberrhein, den Thüringern und Ba-juwaren sowie in Nordafrika. Dies istnicht nur eine sinnvolle Horizonterwei-terung, sondern Halsall zeigt hier mitBlick auf die These seines Buches, dassder Niedergang Roms auch außerhalbdes Imperiums zu kulturellen und politi-schen Neuorientierungen führte.

Kapitel 13 ("Mechanisms of migra-tion and settlement", S.417-454) ist imKern eine kritische Auseinandersetzungmit der Forschung zu den Modalitätender Ansiedlung germanischer Gruppenim Imperium Romanum ("hospitalitas"-Debatte) und hier speziell mit den The-

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sen Walter Goffarts. In Kapitel 14("New peoples, new identities, newkingdoms?", S. 455-498) betont Halsalldie hohe Komplexität der zwischen demspäten 4. und frühen 6. Jahrhundert ab-laufenden sozialen und politischen Pro-zesse: "bit by bit, the societies of thewest moved away from traditional Ro-man social ideas that had glued the Em-pire together" (S.498). Kapitel 15 ("Achanged world: the roots of failure",S.499-518) ist ein Ausblick in die ZeitJustinians. Halsall führt hier die Fäden,die er im Laufe seines Buches verfolgthat, zu einem schlüssigen Modell zu-sammen. Das Scheitern sowohl der"barbarian kingdoms" wie der justiniani-schen Rückeroberungsversuche inter-pretiert er als Folge der Herausbildunglokaler Identitäten, an deren Ende eindeutlich breiteres Spektrum kulturellerund politischer Alternativen stand, alsdies noch in der römisch dominiertenWelt des 4. Jahrhunderts der Fall gewe-sen war (S.507-518).

Guy Halsall hat einen hervorragen-den strukturgeschichtlichen survey zueiner zentralen Phase westeuropäischerGeschichte vorgelegt. Das Buch über-zeugt vor allem wegen seines differen-zierten sozialgeschichtlichen Ansatzes.Halsall bleibt nicht bei einer linearenDarstellung politischer Prozesse odereindimensionalen Interpretationen histo-rischer und archäologischer Quellen ste-hen, sondern lenkt den Blick auf lang-fristige, komplexe Entwicklungen vonMentalitäten und politischen, sozialenund ökonomischen Strukturen, die nienur in eine vorgezeichnete Richtung lie-fen. Da sich die Reihe der "CambridgeMedieval Textbooks" auch an Studie-

rende richtet, ist zudem positiv hervor-zuheben, dass Halsall die theoretischenGrundlagen seiner Argumentation offenlegt und so nachvollziehbar macht. Zu-dem erklärt er auch komplexe Problemesehr anschaulich. Ein schönes Beispielhierfür ist die Illustration der hospitali-tas-Debatte mit Hilfe des nicht bellendenHundes aus der Sherlock-Holmes-Geschichte "The adventure of SilverBlaze" (S.422ff.). Zudem machen Index(S.585-591), ausführlich gegliedertesInhaltsverzeichnis (was bei den Bändender "Cambridge Medieval Textbooks"leider keine Selbstverständlichkeit ist)und gute Querverweise im Text dasBuch sehr gut handhabbar. BesondereErwähnung verdienen nicht zuletzt dieaussagekräftigen und graphisch sehr an-sprechenden Karten (nur die Legendezur auf S.75 abgedruckten Karte 3 ist aufS.592 – der letzten des Buchs – wenigsinnvoll platziert). Vor dem Hintergrundder zu Beginn erwähnten neu ent-flammten Forschungskontroverse darfHalsalls Buch ohne Zweifel als wichti-ger, in jeder Hinsicht positiv herausra-gender Beitrag in jener Debatte gelten.Daniel Syrbe, M.A. · FernUniversitätin Hagen · Historisches Institut ·Lehrgebiet Geschichte und GegenwartAlteuropas · Universitätsstr. 11 /TGZ 3-C12 · 58084 Hagen ·E-Mail: [email protected]

1 Heather, Peter, The Fall of the RomanEmpire (London: Macmillan, 2005),deutsche Ausgabe unter dem Titel: DerUntergang des Römischen Weltreichs(Stuttgart: Klett-Cotta, 2007). Ward-Perkins, Bryan, The Fall of Rome and theEnd of Civilization (Oxford: OxfordUniversity Press, 2005), deutsche Aus-

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gabe unter dem Titel: Der Untergang desRömischen Reiches und das Ende derZivilisation (Stuttgart: Theiß, 2007).

2 Halsall, Guy, Rezension zu Ward-Perkins, Bryan, The Fall of Rome and theEnd of Civilization, Oxford UniversityPress 2005, in: Early Medieval Europe16, 2008, 384-386. Zu Halsalls Kritik anHeather s. Halsall, Guy, Movers andShakers: the Barbarians and the Fall ofRome, in: Early Medieval Europe 8,1999, 131-145. Auch im hier vorzustel-lenden Buch setzt sich Halsall kritischmit Heather auseinander, s. S.18f.

3 S. z.B. Halsall, Guy, Settlement and So-cial Organization. The Merovingian Re-gion of Metz (Cambridge: CambridgeUniversity Press, 1995) und ders., Warfa-re and Society in the Barbarian West,450-900 (London: Routledge, 2003).

Eric Knibbs, Ansgar, Rimbert and theForged Foundations of Hamburg-Bremen (Church, Faith and Culturein the Medieval West) Ashgate Press,Farnham and Burlington, VT, 2011,pp. 258In its own institutional memory, Ham-burg-Bremen was the entrepôt throughwhich the evangelising message ofFrankish,missionary Christianity waschannelled to the heathens north of theElbe. By virtue of the extraordinary pi-ety of many of its incumbents, and bymeans of its divinely-inspired rigor inspreading the Good News in the North,so its mythology would have us believe,Hamburg-Bremen became Europe'sforemost missionary see, intent on ex-panding Christianity even in the mostchallenging of social, cultural, politicaland geographical circumstances. Theenduring legend of its founder-saint, the

heroic Ansgar (d. 865), retained suchresonance that, centuries after his fa-mous Scandinavian mission, selenogra-phers felt compelled to name a lunarcrater (Ansgarius) after him.

The reality, of course, is a good dealmore complex and the sources which re-cord it, as the title of Eric Knibbs's booksuggests, are something less than en-tirely trustworthy. Several sets of docu-ments recording the foundation andearly history of Hamburg-Bremen areextant: Ansgar himself assembled a dos-sier of material describing his careershortly before his death in 865; Rimbert(d. 888), his pupil, used this material inthe composition of the Vita Anskariinotlong afterwards; there is also some fur-ther diplomatic matter which might bebrought into the same orbit. The reli-ability of these 'original' documents isdoubtful in itself.To make mattersworse, several well-documented acts offorgery and tampering by those seekingto extend or entrench the influence ofHamburg-Bremen took place over sub-sequent centuries, complicating the pic-ture considerably.As if that were notenough, several important documentshave been destroyed in modern timesand only survive in less-than-perfectfacsimiles. Thus, the sources of Ham-burg-Bremen's foundation and earlyhistory are, to paraphrase crudely severalgenerations of commentators, a mess.Knibbs's purpose in The Forged Foun-dationsis to make some sense of thissituation.

The immediate problem in under-standing the circumstances and chronol-ogy of Hamburg-Bremen's foundationlies in the confusing interrelationships

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which exist, and appear to exist, betweenthe documents which claim to record it.Knibbs's characterization of this stran-gely interconnected material as an 'echochamber' (p. 4) is a compelling one.Following two chapters of largely narra-tive (but necessary) contextualization,Knibbs launches into a rigorous diplo-matic analysis of the challenging andawkward texts of Ansgar's original dos-sier, effectively reconstructing the grantmade to Ansgar by Pope Gregory IV(827-44). He moves on to address theimplications of the failure of Angar'smission to the north, at the same timediscussing animportant privilege (BM928) of Louis the Pious (778-840) forAnsgar in which Louis apparently de-clared that he had realized Char-lemagne's plans in creating a diocese atHamburg. This leads in to a discussionof the peculiar privilege of Pope Nicho-las I (858-67) – another document fromAnsgar's dossier – in which the pope ap-pears to have granted Ansgar a secondpallium. The book's discussion reachesits climax with an analysis of the VitaAnskarii itself. Here, Knibbs demon-strates convincingly that Rimbert em-bedded what the author politely terms a'revisionist history' (p. 207) within theVita, aimed at reinforcing Ansgar's ownlegendary history of the see at Hamburg.As an afterthought, in a useful and inter-esting appendix, Knibbs addresses a se-ries of adjacent questions about Ansgar'slife and career, providing a very satis-fying epilogue to the work.

The Hamburg-Bremen material istesting, to say the least. It has baffledand frustrated several generations ofdiplomatic critics from the mighty Rich-

ard Drögereit on. Returning to it, then,requires a very sound understanding ofdiplomatic indeed. In the main, Knibbsis certainly up to the challenge. Much ofhis argument depends on close linguisticanalysis and the comparison of sharedformulae between texts, which mostlywithstands scrutiny very well. There areone or two occasions where a little morecaution might have been advisable,however.For instance, supposing that theshared presence across two or more textsof very common words, diplomatic for-mulae or grammatical constructs such asin fine / in finibus (p. 114), demon-stranda/demonstrata or solatia seren-tibus/fugentibus ... solatio (p. 166) un-ambiguously indicates a relationship ofdirect borrowing from one text to an-other seems like an overstatement. Themajority of Knibbs's textual compari-sons are solid and wholly credible, andthe weight of evidence is sufficient thatthe less convincing relationships makelittle difference overall. Nevertheless,theargument would only have benefittedfrom the drawing of more graduatedconclusions in some places.

From an historical perspective,Forged Foundations paints a fascinatingpicture of two men, Ansgar and Rimbert,desperate to make themselves and theirsee appear a lot more important thanthey and it really were. Their reworkingof recent history, especially when setalongside the audacity with which theyhoodwinked successive emperors,popes, and archbishops is quite remark-able, and Knibbs's free-flowing and en-ergetic narrative does much to illuminatethis process. Altogether more extraordi-nary, though, is that these successive

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acts of forgery can be reconstructed sothoroughly. Perhaps the most significantcorollary of this bookis that it demands awholesale reassessment of Rimbert'sVita Anskarii, a critical text in our un-derstanding of early Scandinavia and ofthe process of Christianization in medie-val Europe more widely. Knibbs'sworkleaves us with little doubt that, as withso many conversion narratives, Rimbertintended the humble, religious narrativeof the Vita as a fulcrum for political lev-erage.Ben Snook · Queen Mary · Universityof London · [email protected].

Nizar F. Hermes, The [European]Other in Medieval Arabic Literatureand Culture: Ninth-Twelfth CenturyAD (The New Middle Ages), PalgraveMacmillan, New York 2012, 241 pp.While previous research has tended toargue that Arabs basically took note of[Western] Europe only since the eight-eenth century, the present study by NizarF. Hermes, based on his Toronto doc-toral dissertation, presents a wealth ofdifferent material that confirms in a va-riety of ways that Arab writers andscholars paid considerable attention toEurope already since the ninth century.Hermes does not intend to considerwhether or how much Arabic culturemight have influenced medieval Euro-pean culture, which would be certainly amost intriguing topic as well; instead hemakes wonderful and highly impressiveefforts to determine what Arab scholarsknew about Europe, as reflected by theirchronicles, travelogues, and scientificwork. Generally speaking, it seems in-

comprehensible that Arabs would reallyhave neglected the world to the Westand the North in their geographical re-search. Even the Crusades did not sim-ply create an absolute barrier and un-dermine Arabic interest in the foreignworld of the Occident.

The task at hand proves to be the oneof an archivist who has the linguisticability to explore many of the documentsavailable but hidden from western viewbecause not enough scholars have suffi-cient knowledge of Arabic, and Hermeslives up to the promises raised by thisbook's title. At issue proves to be not"Occidentalism" (in analogy to Said's"Orientalism"), which entails many ag-gressive and hostile attitudes against theWest, but "Ifranjalism" (perception ofthe Franks), as Hermes calls it, referringto a very solid corpus of Arabic texts inwhich Europe figures quite prominently.After all, as the author rightly under-scores, the Arabs from early on demon-strated extensive interest in traveling andsubsequently wrote about their experi-ences. There are, for instance, reportsabout countries as far away as England,France, northern Germany, and present-day Poland, if we think of such lumi-naries as al-Mas'udi, Abu Raihan al-Biruni, and al-Nawbakhi.

It would probably be correct toclaim, somewhat in contrast to Hermes'sposition, that Arabic scholars and writerspaid more attention to the world to theEast (see Abu Zayd al-Hasan al-SirafiandSulayman al-Tajir) than to that of theWest where their worst enemies lived,but Hermes's careful analysis quicklymakes clear how much Europe was alsoa fascinating destination.

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In the second chapter Hermes ex-amines the accounts of Arabic geogra-phers such as al-Mas'udi and al-Bakriwho had much to say about various partsof Europe, especially the Slavic world.But al-Mas'udi also discussed theFranks, the "Ifranja," extensively, whosekings he seems to have been familiarwith judging from a long list, perhapsestablished with the help of Latinsources. At the same time, he clearly dif-ferentiated carefully among the variousSlavic peoples and must have had solidfirst-hand information. Al-Bakri was theone Arabic writer who provided a mostdetailed account of medieval Spain, al-though he naturally focused on thosecities that were still in Arabic posses-sion. Beyond that, as Hermes alerts us,al-Bakri also included an important pas-sage on Old Prussians and discussed avariety of sexual practices among theVikings and Christians. In the thirdchapter we are informed about the ex-tensive travel experiences throughByzantium, Italy, and the Balkan byHaun ibn Yahya. Although he might nothave visited Britain and London, yethere we come across some of the firstaccounts of both through Arabic eyes.Hermes also studies the by now famoustravel writer Ahmad ibn Fadlan whotalked about the Bulghars and other peo-ples at great length, reflecting, onceagain, especially about their allegedlylow morals and promiscuity. Anotherimportant witness was Ibn Hayyan, whodiscussed especially al-Andalus, and IbnDihya, not to forget al-Ghazal. Hermesalso turns his attention to the diplomatand traveler Ibrahim ibn Ya'qub whoeven reached northern Germany and met

the German Emperor Otto I, the Great.Here would have been a great opportu-nity to investigate also how much theCanoness Hrotsvita of Gandersheim hadcontacts with him or learned throughhim of the martyrdom of Pelagius(which I now discuss in the introductionto East Meets West, ed. A. C., havinglearned much from Hermes in otherterms). While he commented much onthe Slavs, there is less information abouthis experiences in northern Germany.Hermes also brings back to light thetravel account by Abu Hamid ibn 'Abdal-Rahim al-Gharnati, who presentedHungary, above all, as a veritable utopiato his Arabic readers.

Subsequently, in the fourth chapter,Hermes discusses Arabic poetry as a lit-erary source confirming that Arabs weremore aware of Europe than we havehitherto assumed. But those poets, suchas Abu Firas, al-Qaffal, Ibn Hazm, andNicephorus, focused primarily onByzantium or dealt with the Crusades.The case of Ibn al-Qaysarani illustratesimpressively that the result of personalcontacts with Franks, such as in present-day Syria (Antioch), could lead to sig-nificant changes of traditional stereo-types on the part of Arabic poets. How-ever, it seems a bit doubtful that al-Qaysarani's fascination with the cult ofthe Virgin Mary truly triggered the dis-appearance of cultural prejudice on thepart of this poet. We also would have toconsider the great difference betweentravelogues and poetry, the latter ofwhich contains much less clear indica-tions of Arabic knowledge of the West.

Hermes's study represents a majorstep forward in our understanding of

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East-West communication already in theMiddle Ages. Several aspects, however,would still need to be addressed andprobably corrected in future research,which I will formulate in the form ofquestions: To what extent did thosetravel authors really reach the worldnorth of the Alps? What was the com-municative means for them to under-stand the other peoples? Can we reallyaccept a geographer's account, for in-stance, as evidence for interculturalcontacts and actual Arabic travels to theWest? The subtitle of this book, gram-matically incorrect, limits the time pe-riod covered from to the ninth to thetwelfth centuries, but the evidence as-sembled here dates earliest from the lateninth, but then mostly from the tenthcentury. What were the subsequent con-ditions in the late Middle Ages? Howdid the Arabic population in the HolyLand, for instance, view the manyChristian pilgrims? What were the con-sequences of the Crusades for Arabicscholarship and travel writing?

To be sure, Hermes has answered al-ready many questions, dismantled anumber of traditional positions (Lewis),and demonstrated that many more Arabstraveled to the West and wrote about itthan has been known so far. We canonly hope for more research in this area.This exiting study concludes with an ap-pendix of translated poetry in the origi-nal, the bibliography, and the index.Albrecht Classen

Paul J. E. Kershaw, Peaceful Kings:Peace, Power, and the Early MedievalPolitical Imagination. Oxford Univer-

sity Press, London, New York 2011,XVII, 313 pp.To the flow, if not spate, of recent andforthcoming volumes devoted to aspectsof pax as medieval topos, Prof. Kren-shaw has contributed this new tomeseeking to unravel the relationship be-tween peace and rulership from the col-lapse of the Western Roman Empire al-most to the terminus of the Carolingiandynasty. He begins his endeavor byidentifying in Chapter 1 the classical andscriptural topics that advised Bede's fa-mous description of the prototype of therex pacificus, Edwin, on his progressthrough the Northumbrian countryside.Among these precursory images, theauthor discusses the biblical figures,Solomon and Hezekia; the Augustiniancommonplace that pax omnium rerumtranquillitas ordinis; and the imperialcultus surrounding the Augustan ara pa-cis, itself perhaps falling into dissuetude,yet surviving through its progeny, theEusebian view of regnam Christi and theAmbrosian conflation of pax Augustaand pax Christi. As to Germanic contri-butions to the notion of peace, chezGoebel, the author largely discountsanything smacking of the Rechtsschuleand concepts of Landfriede. Rather, he ismore disposed to acceptance of Old Irishtecosca as bearing vestigial evidence ofindigenous modes of peaceful rulership,though these, too, he concedes are moreproperly regarded as sophisticated con-temporary tracts engaging in a self-conscious archaizing in order to addressmatters of immediate political concern.

Having identified and discussedmany of the elements of peaceful ruler-ship extant in antiquity, Kershaw pro-

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ceeds to chart the survival and metamor-phosis of these topics as reassurances ofpeace became part of the political pro-grams of integration and control duringthe transition and transformation ofWestern political realities from empireto barbarian kingdoms, discussing indi-vidually pax as a component of royalimagery and propaganda in the Vandalkingdom, Gibichung Burgundy, Ostro-gothic Italy, the papal states of Gregorythe Great, Visigothic Spain, and Mero-vingian Francia, with separate commenton the Treaty of Andelot and the Liberhistoriae francorum. The idioms of thesekingdoms and the prominence therein ofpeace, anticipate the subject of theauthor's third chapter on the Age ofCharlemagne, formative according toKershaw, of a typology of the dominuspacificus, and an integral aspect ofCharlemagne's legacy to his Carolingiansuccessors.

The degree to which in the eyes ofcontemporaries those successors ful-filled or fell short of that ideal providesthe subject of Kershaw's fourth chapter,analyzing the writings of Smaragdus ofSt. Mihiel, Ermoldus Nigellus, Agobardof Lyons, Florus of Lyons, Dhuada,Hincmar of Rheims, Sedulius Scottus,and all too briefly, Nicholas I, inter alia.As the author concludes, "Collectively,they attest to the intensity with whichpolitical conversation and commentarywas conducted in the ninth century, thedepth of engagement with ideas and textold and new, and the richness of theCarolingian political imagination."

The final chapter of this work is re-served for a discussion of the Anglo-Saxon realms under the rubric of the

maxim: Þing sceal gehegan frod wiþfrodne, translated as "the wise must holdmeetings with the wise." In some re-spects, this is a strange proof-text, if wedare call it that, since conceding thecontributions of Cathwulf and Alcuin toCarolingian political thought, Kershaw'sargument seems to be that the idiom ofpeace in the Anglo-Saxon world islargely the product of the same elementsas those on the continent, perhaps a fac-tor of the sparsity of sources antedatingthe tenth century. Thus, churchmen suchas Aldhelm and Wealhere were activediplomats negotiating peace betweenwarring heptarchs, much as they servedas pacifici on the continent; Bede's workbore a distinct Augustinian flavor; andthe first English ordo appears to haveborrowed heavily from extant materialincluding the sacramentaries of An-goulême and Autun. Even the Alfrediancorpus bears striking resemblance tocontemporary continental writings, asexhibited by the strongly royalist per-spective of the Old English Boethius andConsolation compared with the Liber ofSedulius Scottus.

The conclusion drawn by the authoris that by the late Merovingian period,the Roman political lexicon was not onlyrivaled, but in many respects supplantedby one drawn from scripture. Appealwas made not to pax Augustus, but to Is-rael under Solomon, a typology mostapposite as well after the divisio of 806,Charlemagne having been compared to anew David, and hence Louis I (and sub-sequently Charles the Bald), fulfillingthe role of the Davidic heir, which tookon ever stronger christomimetic tones.And, indeed, Dr. Kershaw has provided

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an admirable "exploration of the rela-tionship between the idea of peace andrulership through Europe's formativecenturies," as the dust-jacket of this vol-ume declares. Certainly, anyone tacklingthe topos of peace in the early medievalperiod cannot avoid consulting this text.

More dubious is the second clause ofthe publisher's description, that this tomesets "the shifting terms of that relation-ship in their full historical, political andcultural context." While the author with-out doubt describes political circum-stances attending various texts, and con-ceding the overstatement typical of pub-lisher synopses, the employment of a bitof dialogic imagination suggests that theproof texts themselves often addresswidely divergent phenomena. This isdue in part to the versatility of the termpax, which just as the word ius, dependsupon context for definition. The authorof this work ackhowledges the multiplemeanings of pax, yet does not alwaysdistinguish clearly in which sense theword is being used and why. In particu-lar, when used as it most often seems tobe employed in the texts analyzed, assynonymous with tranquillitas, andhence apposite to domestic affairs, itseems obligatory to consider what forthe writer constituted the domus, inwhich communitas should prevail: thekingdom, the empire, or as for mostchurchmen, Christiandom itself, paxbeing a state irrelevant and perhaps ill-advised in relations with pagans,whether according to Agobard, Bede, oreven Nicholas I. Kershaw allows thesedistinctions to blur.

A second problem stems from theauthor's willingness to discount any se-

rious Germanic contribution to WesternEuropean political discourse in the earlyMiddle Ages. Part of this inclination un-doubtedly stems from a now conven-tional reaction against the GermanicRechtsschule. Yet, the text providing therubric for his final chapter intimates astrong relationship between sibbsumnessand the þing of frod wiþ frodne, or whatin later Anglo-Saxon would be referredto as the Witangemote. Whatever onemakes of undifferentiated Volksgeist,kings taking counsel is such a locuscommune of early Germanic societiesfrom Tacitus forward that even grantingits minimal impact on specific laws andinstitutions such as parliaments relativeto more Romanist influences, to ignoreits impact on the political imaginationsurrounding pax seems to merit moreanalysis and discussion than the sum-mary dismissal the author affords.

Despite these reservations, Dr. Ker-shaw has performed yeoman service incollating a multitude of sources relevantto the topos of peace which will invitefuture efforts to unravel conceptualiza-tions of peace in its varied aspects dur-ing this formative period, as well as toexamine their subsequent metamor-phoses as the author himself invites andencourages.Scott L. Taylor · Pima CommunityCollege · Tucson, AZ ·[email protected]

William Langland, Piers Plowman. AParallel-Text Edition of the A, B, Cand Z Versions, ed. A. V. C. Schmidt,I: Longman, London 1995, xv, 762 S.,

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II: Medieval Institute Publications,Kalamzoo 2008, xiii, 950 S.Schon längst ist der Umschlag der erstenBandes verblaßt, als, kaum noch erwar-tet, sein indispensables Komplementdoch noch die Druckpresse verließ.Überflüssig zu betonen: Diese beidenmonumentalen Bände sind ein Ereignisfür alle Experten des Mittelenglischen.Wenn Schmidts Interesse auch deutlichim sehr spezialisierten Bereich derTextphilologie und Wortkunde liegt –die im größten Teil des Kommentarban-des abgehandelt werden –, so darf hierdoch gefragt werden, worin der Nutzendieser Edition für den Allgemeinmediä-visten liegt. Natürlich einmal in der Be-reitstellung der vier wichtigsten Tradi-tonsstränge des bekanntlich vom Autorselbst mehrmals publizierten Werkes imBand I. Die "Vision Peters des Pflügers"liegt nun im Paralleldruck mitsamt denvariae lectiones vor und natürlich unterEinbezug aller heute bekannten Text-zeugen von Relevanz.

Der umfangreichere zweite Bandenthält die Beschreibung und Bewertungder Handschriften, die editorischenGrundlagen und einen Essay über denAutor, die allegorische Vision und ihreRevisionen. Die textphilologischen No-ten umfassen fast 170 S., der – für dasallgemeine Publikum besonders wichti-ge – Sachkommentar etwa 250. Esdürfte kaum möglich sein, diese diffizileAllegorie des 14. Jahrhunderts ohne diegenannten Erläuterungen wirklich zuverstehen. Eine umfängliche Bibliogra-phie und ein vollständiges Glossar run-den den Band ab. Dann folgen noch vierAppendices u.a. über das Metrum desGedichts.

Man wird wohl ohne Übertreibungsagen können, daß Schmidts metikulöseAusgabe für das 21. Jahrhundert vonderselben Bedeutung ist, die Skeatsgroßartige Arbeit für das 19. hatte.Peter Dinzelbacher

Karol Modzelewski, Das barbarischeEurope. Zur sozialen Ordnung vonGermanen und Slawen im frühen Mit-telalter. Aus dem Polnischen von Hei-demarie Petersen. Mit einer Einfüh-rung von Eduard Mühle (DeutschesHistorisches Institut Warschau. Klioin Polen, 13), fibre Verlag, Osnabrück2011 (orig. 2004), 483 S., 4 Karten.Unabhängig von der Frage nach Ethno-genese, nach dem Kulturgefälle zwi-schen den Römern und den sogenanntenBarbaren, dafür mit umso mehr Auf-merksamkeit für die vorhandenen Quel-len widmet sich der polnische HistorikerKarol Modzelewski, der eine sehr be-wegte politische Geschichte hinter sichgebracht hat (Opposition gegen die pol-nische sozialistische Regierung, Beteili-gung in der Bewegung Solidarność,später Mitgliedschaft im polnischen Se-nat) dem Thema der Sozialstruktur unterden sogenannten barbarischen VölkernGermaniens und Slawiens. So proble-matisch auch der Vergleich dieser zweiVölker miteinander sein mag, und sobedenklich es manchen vorkommenkönnte, dass er dann sogar u.a. isländi-sche Quellen heranzieht, für den wests-lawischen Raum sogar solche aus demSpätmittelalter, so faszinierend und tief-dringend erweisen sich doch seine Un-tersuchungen der folgenden großen

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Themen: Gestaltung der Gesetze für dieeinzelnen Völker oder Stämme, dasVerhältnis zwischen Individuum undGesellschaft (Sippengemeinschaft), diesoziale Differenzierung in der Stammes-verfassung, Nachbargemeinschaften undihr Territorium, die politische Dimen-sion der Nachbarschaft und die Institu-tionen der Stammesgemeinschaft.

Modzelewski ist sich zutiefst be-wusst, wie schwierig es sich erweist, ausden überlieferten Schriftquellen auf So-zialstrukturen früherer, oraler Kulturenzurückzuschließen, entwickelt aber, vorallem mittels der komparatistischen Me-thode, durchaus solide Ergebnisse, dieuns einen guten Eindruck davon ver-mitteln, wie die Rechtslage oder die po-litische Hierarchie ausgesehen habendürfte. Er betrachtet sich ausführlichebenfalls die Beziehung der zwei Ge-schlechter zueinander und dazu das Ver-hältnis zwischen Sklaven und ihren Her-ren, wobei er unablässig darum bemühtist, so sorgsam wie möglich zu differen-zieren und doch zugleich übertragbareEinsichten zu gewinnen. Die meisten,wenn nicht alle Autoren, die er hier kon-sultiert, gehörten natürlich der christli-chen und gebildeten Elite an, aber über-all ergeben sich gute Möglichkeiten, hin-ter der sehr dünnen Firnis des Christen-tums die alten germanischen Kulturenund somit auch Strukturen durchschim-mern zu sehen (z.B. 175), denn die radi-kale Anpassung oder Transformationganzer Gesellschaften war dann dochnicht möglich und verlangte Generatio-nen, um effektiv umgesetzt zu werden.Auffallenderweise hat der Autor freilicheinen Bereich nicht adäquat konsultiert,nämlich die literarischen Quellen. We-

der das althochdeutsche "Hildebrands-lied" noch das altenglische HeldeneposBeowulf u.a. kommen hier zur Sprache.Zahllose andere Beispiele, etwa Zauber-sprüche, ließen sich noch anfügen, aberModzelewski konzentriert sich ebenweitgehend auf historische Dokumente.

Problematisch mag auch die Tatsa-che wirken, dass der Autor bedenkenlosdie Aussagen von Tacitus in seinerGermania mit denen der chronikalischenQuellen des frühen Mittelalters verbin-det (insbesondere Rechtsbücher), dennwie sehr hat doch Tacitus insbesondereaus didaktischer Sicht geschrieben, umseinen römischen Mitbürgern einen mo-ralischen Spiegel vor die Augen zu hal-ten. Modzelewski geht davon aus, dasseine gewisse Strukturgleichheit unterden barbarischen Völkern bestanden ha-ben muss. Anthropologisch gesehenkönnte dies durchaus triftig sein, wobeisich zugleich eine Reihe weiterer Mög-lichkeiten der Analyse anbietet, denn dieBerichte von verschiedensten Missiona-ren in der ganzen Welt seit dem 16. Jh.enthalten durchaus vergleichbare Beob-achtungen hinsichtlich der 'Barbaren'.Allerdings geraten wir dann zu schnellins Schwimmen und stehen in der Ge-fahr, alles und jedes unter dieser ge-meinsamen Floskel zu fassen. AberRechtsbücher wie die isländische Grá-gás und norwegische Aufzeichnungenvom frühen 12. Jh. könnten da schoneher dazu gereichen, vergleichende Aus-sagen zu machen. Schwierig scheint miraber, selbst bei gewissen oder starkenParallelen, die Annahme, dass deswegenauch die politischen und ökonomischenKulturen bei den einzelnen Völkern soähnlich zueinander gewesen sein sollen.

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Nur, wir besitzen insgesamt relativ we-nige Quellen, um historische Erkennt-nisse über diese frühe Phase des Mittel-alters zu gewinnen, und dem Autor ge-lingt es durchaus, schlagende Belegefür bedeutsame Gemeinsamkeiten inRechtsauffassungen zu identifizieren.Sind wir nun bereit, ihm in theoretischerHinsicht zu folgen, vermögen wir auchohne weiteres, seine globaleren Aussa-gen zu Sozialstrukturen und Rechtsvor-stellungen nachzuvollziehen. Allerdingsbleibt ein gewisses Unwohlsein übrig,denn durchliefen die einzelnen Stämmenicht erhebliche Veränderungen im Lau-fe der Jahrhunderte? Kann man die Si-tuation im 2.-4. Jh. einfach mit der im8.-9. Jh. ineins setzen?

Modzelewski liefert eine glänzendeDarstellung, die nur so von Quellenbele-gen strotzt und von daher sehr überzeu-gend wirkt. Aber die theoretischen undmethodologischen Probleme sind damitnicht vom Tisch gewischt, was ihmselbst nur zu bewusst ist. Trotzdem hater sich auf dieses Wagnis eingelassenund an erster Stelle eine sehr beeindruk-kende Untersuchung vorgelegt, diewichtigste Einblicke in die soziale Ord-nung des frühmittelalterlichen Europasvermittelt. Zu Recht betont er immerwieder, dass trotz des Christentums undtrotz des starken Einflusses der römi-schen Kultur die 'barbarischen' Völkerihre eigene stark beibehielten oder nurleicht adaptierten, denn orale Völkerbeweisen ein erstaunliches Verharren inihren tradierten Strukturen. Von daherkönnen Modzelewskis Einsichten in derZukunft dazu dienen, bei gesondertenStudien als Folie eingesetzt zu werden,um ihre Faktizität zu überprüfen. Auf

jeden Fall darf man dem Autor Aner-kennung dafür aussprechen, ungeachtetaller Schwierigkeiten mit dem Ansatzeinen großen Wurf geschaffen zu haben.Albrecht Classen

David Hernández de la Fuente, ed.,New Perspectives on Late Antiquity,Cambridge Scholars Publishing, New-castle upon Tyne 2011, vii, 523 pp.This volume contains twenty-five papersfrom a conference under the same titleheld in Segovia in October 2009, plus anintroduction by the editor and a keynotepaper by Peter Brown. A clear objectiveof the conference and the volume is tomake it plain that Spain is definitely onthe map in the practice of this field. Ac-cordingly many of the papers, especiallyin archaeology, center on the IberianPeninsula, providing material that maynot be familiar to Anglophones.

In the keynote paper, Brown, char-acteristically writing with what GeorgeSteiner would call "seraphic brio," remi-nisces about the growth of the field forwhose label he brought Marrou's "antiq-uité tardive" and Riegl's "Spätantike"into wider English-language use. Herightly stresses the importance of theturn to the East Mediterranean and itslanguages, and the contributions of epi-graphy and papyrology, especially forlaw and monasticism as deeply-enraci-nated agents of cultural flavoring andsocial resilience. (On p. 15 read "Jean-Michel Carrié," not "Jean-Marie.")

In the volume's first part, on historyand archaeology, P. Barceló suggeststhat, counter to the customary image,

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post-Diocletian emperors' power wasmuch less than usually thought; J. Alvarreturns to the old question of how much'paganism' and Christianity cross-borrowed from each other; and R. SanzSerrano paints a downbeat picture of thedecline of Hellenistic paideia (thoughwithout citing R. Cribiore's The Schoolof Libanius in Late Antique Antioch[2007]). E. García Vargas surveys mate-rial evidence for trade between Iberiancities and the east (C. Wickham'sFraming the Early Middle Ages [2005]and papers in Byzantine Trade, 4th-12th

Centuries, ed. M. M. Mango [2009]would have been helpful here), and J.Andreu and colleagues explore the mate-rial identity of a Basque-region site. E.Faber analyzes the historiography of theGothic general Gainas' rebellion; MGonzález Herrero discusses provincialgovernorships as routes to wealth; C. U.Carlan informs readers about the little-known late Roman numismatic holdingsin Rio de Janeiro; and D. Álvarez Jimé-nez shows how Sidonius Apollinarispresented the Vandal war of his owntime as a new Punic War requiring re-newed Roman victories. And the set ofpapers by S. Martín González, F. J. Gar-cía Fernández, J. Sánchez Velasco, andJ. C. Sastre Blanco and their colleaguespresents material evidence for smallerrural buildings, diocesan structures, ur-ban religious edifices (at Córdoba), andmetallurgy in Spain.

The second part, on philosophy andliterature, begins with contributions onNeoplatonism and its originality (F. L.Lisi), the Pervigilium Veneris (C. Co-doñer, emphasizing the multiplicity ofthe Venus image; see now V. Cristóbal's

paper in Paulo minora, ed. J. L. Vidal etal. [2011] 201-29), the comparativelylittle-studied John of Gaza (D. Gigli, onhow the poet allegorized the figures inthe Gaza baths' wall-paintings), Nonnusof Panopolis (D. Hernández de laFuente, showing how his Neoplatonicbackground gave the poet a way to cre-ate a new poetics; on his Phaethon figurecompare the present reviewer in Greek,Roman, and Byzantine Studies 44 [2004]93-106), and Martianus Capella (P. Ol-mos Gómez, displaying the author as amaster rhetorician). F. Fronterotta re-turns to Neoplatonism describing howPlotinus adapted the Timaeus' creatorfigure, and R. García-Gasco rereadsNonnus to explore the Zagreus/Bakchos/Iakchos story triad within the polythe-ist/monotheist thought-world of the fifthcentury. That milieu is also revisited byM. Herrero de Jáuregui, who unpacksthe historiography of the old picture ofthe Christian belief system subsumingimages taken from other traditions, suchas the Orpheus figure, the cult of thedead, and poetic cross-fertilizations. D.Paniagua rescues Polemius Silvius'Laterculus, a Christianizing almanaccompendium transmitted in a sole manu-script, from garbling and oblivion; L. Pi-rovano likewise salvages Emporius therhetor's meanings from their textual con-fusion. A. Pizzone surveys the changingnuances of φαντασία from philosophy topatristics and art history. And L. Miral-les Maciá shows how even the late an-tique rabbis knew Aesop's fables andreworked them to spin yet another strandof this complex tradition.

Finally it must be said: with the ex-ception of the keynote paper, these

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studies are by people whose first lan-guage is not English. Regrettably, theyhave for the most part been renderedinto something that is not English either– ranging from gently risible 'English-as-she-is-spoke' fractured phrases tolaugh-out-loud proofreading failures like"the dessert people attacked the villages"(p. 60). Future volumes from future con-ferences will have to avail themselves ofthe services of competent English-speaking copy-editors and proofreaderswho also command Latin and Greek.There is no index.L.S.B. MacCoull · Society for CopticArchaeology (North America) ·914 E. Lemon St. (#108) · Tempe,AZ 85281 · [email protected]

Ulrich Schmitzer (Hrsg.), Suus cuiquemos: Beiträge zur paganen Kultur deslateinischen Westens im 4. Jahrhun-dert n. Chr. (Vertumnus. BerlinerBeiträge zur Klassischen Philologieund zu ihren Nachbargebieten 1),Duehrkohp & Radicke, Göttingen2006, 252 S. mit 38 s/w Abb.Die sehr ansprechende äußere Gestal-tung dieses Buches lässt zunächst einmalvergessen, dass der Titel im Grunde nuran Philologen oder altsprachlich gutausgebildete Leser gerichtet ist. Erst derUntertitel schafft einen auch der Allge-meinheit verständlichen Einblick in dieIntention des Herausgebers, die im Vor-wort verdeutlicht wird: Aus der Fülle derunterschiedlichen Beiträge ergebe sich"ein paradigmatischer Einblick in eineEpoche, die so reich und vielgestaltig"sei, dass sie immer mehr wissenschaftli-

che Aufmerksamkeit auf sich ziehe, unddie "keineswegs als Kronzeugin für De-kadenzkonzeptionen dienen" könne (5).Die Spätantike – in der jüngeren For-schung vor allem durch die Althistori-ker, bei der großen Konstantin-Ausstel-lung in Trier im Jahre 2007 auch vontheologischer Seite gewürdigt – ist damitauch in der Klassischen Philologie alsEpoche eigenen Charakters und speziel-ler Herausforderungen verankert.

Mit gutem Recht könnte man denUntertitel auch ein wenig erweitern,denn die "pagane Kultur" dieser Zeitgewinnt ihren Stellenwert nicht zuletztaus der Konfrontation mit dem frühenChristentum: Das müsse – so der Her-ausgeber in seinem zweiten Buchbeitrag– die "traditionellen Bildungsgüter"nicht einfach übernehmen, könne sieaber "als Gegenstand der Literatur", mit-hin also "nicht des Glaubens", bewahren(184). – Dieser Gedanke wird untennoch einmal interessieren.

Auf ein in diesem Sinne tolerantesMiteinander zielt auch der Titel des Bu-ches. Das Zitat führt mitten hinein in dieAuseinandersetzung um den Victoria-Altar. Die Hintergründe dürften einerbreiteren Leserschaft eher unbekanntsein; deshalb seien sie hier kurz skiz-ziert. Seit augusteischer Zeit war die araVictoriae Symbol der Sieghaftigkeit undder Unvergänglichkeit des römischenReiches; die Senatoren opferten derGöttin vor jeder Sitzung. Kaiser Gratian,ganz sicher beeinflusst vom Papst Da-masus I. und dem Mailänder BischofAmbrosius, ließ 382 diesen Altar aus dercuria des Senats entfernen. Der Auf-schrei war riesig. Die Römer entsandtenihren hochbedeutenden Rhetor Symma-

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chus an den Hof in Mailand, der mit sei-nem berühmten Vortrag – es ist diedritte relatio – den Kaiser umstimmensollte (vgl. die kurze, aber informativeZusammenstellung bei Ingemar König,Die Spätantike, Darmstadt 2007, 61f.).

Aus dieser überaus wichtigen Redestammt auch der Titel des Buches, der invollständiger Form, wenngleich ohneNachweis, gleich zu Beginn des Vor-wortes (S. 5) noch einmal zitiert ist.Symmachus, Relatio 3, 8: Suus enimcuique mos, suus ritus est: Ein jederMensch also habe eigene Gebräuche undeigene Riten (diese relatio und die bei-den Gegenbriefe des Ambrosius zusam-mengestellt in: Simmaco, Ambrogio:L'altare della Vittoria; a cura di FabrizioCanfora, con una nota di Luciano Canfo-ra, Palermo 1991; Zitat S. 148).

Diesem Text des Symmachus wid-met sich im zweiten Beitrag dieses Ban-des Richard Klein: "Die dritte Relatiodes Symmachus – Ein denkwürdigesZeugnis des untergehenden Heidentums"(25-58). Klein greift auf eigene Untersu-chungen aus den 1970er Jahren zurück(die benannte handliche Zusammenstel-lung durch Canfora erwähnt er bei denSymmachus-Editionen [v.a. S. 27 Anm.5] allerdings nicht). Er untersucht denformalen Aufbau dieses "eindrucksvol-len Dokuments altrömischer Würde"(37) sowie die inhaltlichen Merkmale(42-45), und er erinnert an den Charak-ter dieser relatio: Sie sei ein Ersuchen,keine Forderung (45). Denn die Position,die Symmachus vertrat – die Ausrich-tung an den exempla maiorum (34), dieschließlich in seiner relatio zum Auf-treten der Roma Aeterna führte (48) –,konnte er angesichts der gesamtgesell-

schaftlichen Veränderungen in diesemvierten Jahrhundert nicht erzwingen.Somit war das Toleranzverständnis desSymmachus (51), sein Wunsch nachhumanem Auskommen mit den Christen(36) recht eigentlich ein Gebot der Stun-de. Ob allerdings, wie Klein abschlie-ßend formuliert, hier "erstmals die mo-derne Idee der grundsätzlichen Toleranzklassisch formuliert" wurde (58) oder obwir dafür nicht bereits die gegenseitigeAnerkennung der Heilerfolge Christiund des Gottes Asklepios im 2. Jahrhun-dert in Anspruch nehmen sollten (vgl.Iustinus Martyr, Apologie I, 22, 6), blei-be dahingestellt. – In jedem Falle aberhat Klein mit seiner Untersuchung in ex-zellenter Weise dem Anspruch des Un-tertitels Rechnung getragen. Das lässtsich nicht von allen Beiträgen in diesemBuch sagen.

An erster Stelle des Sammelbandessteht der erste der beiden Aufsätze desHerausgebers, "Der Königin Nachtlied:Eine Adaption der Sage von Dido undAeneas (Anth. Lat. 71 Sh.B)" (9-24).Schmitzer greift ein Gedicht eines An-onymus (10) aus konstantinischer Zeit(23) heraus, das mit dem Rückgriff aufden römischen "Proto-Herrscher Ae-neas" (23) einen sehr weiten Bogenschlägt, dabei aber Aeneas durchaus kri-tisch sieht: Sein Verhalten entsprechenicht mehr den Kriterien kaiserlicherSelbstdarstellung der Spätantike (23f.).In der Spätantike, so der Verf., werde"die römische zur lateinischen Literatur"(24): Nicht mehr Rom als das "urbaneZentrum, sondern Sprache und gemein-same literarische Tradition" (24) seiendas einigende Band. Auch dieser Bei-trag, in dem sich alle wichtigen Verse in

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deutscher Übersetzung finden, setzt sichintensiv und überzeugend mit der paga-nen Kultur des lateinischen Westens im4. Jh. n.Chr. auseinander.

Ein etwas anderes Verständnis vonAeneas geht aus der dem Aufsatz R.Kleins folgenden Untersuchung von Pe-tra Fleischmann hervor: "Die praefatiozum Aeneiskommentar des Servius unddie Tradition der Auslegung" (59-114) –ein Beitrag, der mit gewisser Logik eheran den ersten denn an den zweiten Auf-satz anknüpft. Servius, ein lateinischerGrammatiker, lebte um 400 n.Chr.; seinhohes Ansehen geht schon daraus her-vor, dass er bei Macrobius auftritt. Alsbedeutendstes Werk ist sein Vergil-kommentar als älteste vollständig erhal-tene Auslegung zu einem lateinischenAutor (62) erhalten. Man weiß, dass erSymmachus, damit also einem Vertreterder paganen Seite, nahestand. Die Verf.präsentiert ausführlich das Programmeines Kommentars nach den Vorstellun-gen des Grammatikers (63-110), wobeider Kommentar als Medium im Schul-unterricht angehender Redner galt(111f.). Die Konsequenzen: Gemäß Ser-vius' wollte Vergil Homer imitieren undAugustus loben. Servius zeichne, so dieVerf. (114), ein positives Aeneas-Bild,und zwar vor dem Hintergrund, nocheinmal pagane Werte von christlichenabzugrenzen. Damit stellt die Autorineinen ausgezeichneten Bezug zur paga-nen Kultur des lateinischen Westens imgegebenen zeitlichen Rahmen her mitklarer inhaltlicher Verknüpfung zum er-sten Beitrag des Buches. Von daher istdie Reihenfolge dieser ersten drei Auf-sätze nicht recht verständlich. Bedauer-lich für alle Leser, die sich für die Zeit

und das Thema interessieren, aber nichtaus der Klassischen Philologie herauskommen, dass die Verf. die Fülle derlateinischen Zitate nicht ins Deutscheübertragen hat.

Der einzige Buchbeitrag, der nichtaus dem Bereich der Philologie kommt,wurde von Peter Kranz verfasst: "VomKunstwert der Götzenbilder – Ideal-plastik in der Spätantike" (115-166).Hierhin gehören auch alle 38 Abbildun-gen, die freilich in einem derart grobenRaster erscheinen, dass sich bei Abb. 13(S. 153) die Körperkonturen in Klötz-chen auflösen, während die TondobüsteAbb. 4 (S. 148) so von hinten beleuchtetist, dass von den Konturen des Gesichtskaum etwas zu erkennen ist. Hier wärenmit einfachen Mitteln moderner Bildbe-arbeitung erhebliche Verbesserungenmöglich gewesen. – Der Einstieg in die-se gelehrte Arbeit – als einzige in die-sem Buch führt sie ein eigenes Litera-turverzeichnis am Schluss – ist schwie-rig. Es geht um eine Gruppe von Sta-tuen, die man im späten 19. Jh. in Romauf dem Esquilin geborgen und 1894 indie Ny Carlsberg Glyptotek in Kopen-hagen eingegliedert hat (120). Überknapp zwanzig Seiten kann der Leserpraktisch nicht erkennen, welche Positi-on zur Datierung der Verf. bezieht:Handelt es sich bei dieser Gruppe sowieähnlichen Werken der Plastik um Ar-beiten der mittleren römischen Kaiser-zeit, oder sind diese Skulpturen viel-leicht doch Zeugnisse spätantiker Ideal-plastik? Der Verdacht (120) wird nachlangen Seiten zur Gewissheit (134): Esgab neu geschaffene großformatigeIdealplastik auch in der Spätantike, ent-standen in bewusster Auseinanderset-

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zung mit Werken der mittleren römi-schen Kaiserzeit. Man wusste zwischenWerken verdammenswerter heidnischerThematik und dem Kunstwert an sich zuunterscheiden (136f. mit Verweis aufEusebius und Gregor von Nazianz; zuGregor nochmals S. 139). Man setztesich durch die Pflege alter gleich paga-ner Werte gegen das Barbaricum ab(138f.). So wertet der Verf. jetzt die Es-quilin-Gruppe als Zeugnis spätantikerIdealplastik, das heidnische Vorbildernachahmt bei gleichzeitiger Neuinter-pretation (140) – eine ganz sicher sehransprechende und auch gut belegte The-se zur Kultur des 4. Jahrhunderts, dieaber wesentlich früher hätte formuliertwerden sollen.

Der Herausgeber Ulrich Schmitzerrückt nochmals einen Beitrag ein:"Amor in der Unterwelt. Zu Ausonius'Gedicht Cupido Cruciatus" (167-184).Allein schon über den Dichter Ausoniuswerden die Bezüge zum zeitlichen Rah-men des Buches wie auch zur paganenKultur hergestellt. Die glänzend undamüsant geschriebene philologischeUntersuchung des Gedichtes (mit Beiga-be deutscher Übersetzungen) schließtgrundsätzliche Fragen mit ein: Könnenin der Blütezeit spätantiker Literatur –also etwa die Zeit um 350 – 430 n.Chr.(169 mit Anm. 11) – pagane und christ-liche Werte nebeneinander bestehen?Paulinus von Nola, Neffe des Ausonius,habe das für sich verneint (169). DieQuintessenz dieses Aufsatzes ist nichtganz unerwartet: Das Christentum des 4.Jahrhunderts konnte traditionelle Bil-dungsgüter durchaus übernehmen, frei-lich nicht, wie bereits erwähnt, als Glau-bensinhalt, sehr wohl aber als Objekt

geistiger Auseinandersetzung, z.B. inder Literatur (184). Ergänzend sei hin-zugefügt, dass sich die vom Verf.konstatierte Trennung zwischen paganenund christlichen Inhalten keineswegsimmer so präsentierte: Die Spätantikekannte ausgiebige Formen des Synkre-tismus (Peter Dinzelbacher – WernerHeinz, Europa in der Spätantike 300 –600, Darmstadt 2007, 61-63).

Es folgen zwei Beiträge zu Ausoni-us: Walter Kißel, "Sortieren von Trüm-mern. Zur Rekonstruktion von Ausonius,prof. 6" (185-200) und Christoph Schu-bert, "Weiteres zur Versfolge von Auso-nius prof. 6" (201-213). Es geht um dietextkritische Untersuchung eines Ge-dichtes, dessen Versfolge anscheinendrestlos durcheinander geschüttelt war.Die ausgezeichnete Erkenntnis, dass dieAbschreiber den Text in Kolumnen undüber mehrere Seiten verteilt vorfanden,ermöglichte das Sortieren von "Blök-ken"; damit erstand eine ganz neue Re-konstruktion. – Beide Arbeiten sind alsphilologische Beiträge von großem In-teresse. Es gibt jedoch keinerlei Einord-nung in einen allgemeinen Kontext,nicht den geringsten Blick auf das histo-rische oder geistesgeschichtliche Um-feld. Es geht um philologische Metho-dik, die sich – sagen wir: eher zufällig –am Beispiel des Ausonius exemplifi-ziert. Diese beiden gelehrten Aufsätzesagen nun wirklich nichts zur Kultur derSpätantike. Somit wären sie in einerZeitschrift gut aufgehoben; in diesemBuch aber haben sie nichts verloren.

Ähnliches gilt für den folgenden Bei-trag von Severin Koster, "Der Alte vonVerona (Claud. carm. min. 20)" (215-227). Über den Dichter Claudian, der in

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den Jahren 396 bis 404 Gedichte aufHonorius schrieb, sind wir in der Spät-antike verankert. Doch diese Informa-tionen muss sich der Leser – wenn er sienicht im Kopf hat – aus dem Lexikonbesorgen. Verf. schreibt eine für sichgenommen sehr ansprechende Gedicht-interpretation und baut den GegensatzSesshaftigkeit (eben der Alte von Vero-na) und Reisen auf. Es fehlt aber auchhier restlos die Einbindung in die Zeit-und die Kulturgeschichte.

Mit Claudian befasst sich auch derBeitrag von Thomas Kellner, "Dasdialektische Bildungsverständnis desStaatsdichters Claudian: HumanistischeKulturpädagogik als politischer und on-tologischer Appell" (229-247). Nach ei-ner einleitenden Untersuchung und derInterpretation des Gedichtes De raptuProserpinae stellt der Verf. das Werk imRahmen der höheren Schulbildung (243)als pädagogisches Programm, dann aberauch im Zusammenhang der bereits an-gesprochenen letzten Blütezeit der latei-nischen Literatur in der Spätantike undder sich allmählich christlich umdeuten-den heidnischen Romidee (242) vor.

Der letzte kurze Beitrag von Wolf-gang Srb, "Textkritisches zu Eutrop1,20,3-4" (249-252) ist wiederum nurüber den Namen Eutrop (Geschichts-schreiber unter Valens [364-378]) undsein Breviarium mit der Spätantike ver-bunden. Auch in diesem Fall geht es umeine rein philologische Arbeit, in der daskulturelle Umfeld der Spätantike mitkeinem einzigen Wort erwähnt wird.Wer nicht weiß, wo Eutrop überhaupt

anzusiedeln ist, erfährt es hier auchnicht.

Insgesamt bleiben dem Leser einigeEnttäuschungen nicht erspart. Er findetein Buch vor mit einer Fülle von einzel-nen Beiträgen, deren jeder sehr wertvollist, von denen aber im hinteren Teilmehrere Aufsätze das wesentliche The-ma der Untersuchungen zur paganenKultur im 4. Jh. verfehlen, da sie dazunichts aussagen. Der Herausgeber hateinen großen Kessel Buntes bereit ge-stellt, in den jeder der Fachkollegennoch etwas hineinlegen durfte. Auchweitere Einzelheiten erscheinen un-überlegt. Lassen wir einmal die alteRechtschreibung, die im Publikations-jahr 2006 eigentlich nicht mehr zu er-warten ist, beiseite (die Beiträge lagenEnde 2001 vor), so muss doch die Un-einheitlichkeit im Untertitel zu denkengeben. Der insgesamt maßgebliche Bin-nentitel verzeichnet "Beiträge zur paga-nen Kultur ...", wogegen auf dem Um-schlag "Studien zur paganen Kultur ..."zu lesen ist. Das Inhaltsverzeichnis fasstdie getrennten Beiträge von Kißel undSchubert unter einem so im Buch nichtexistierenden Titel zusammen. Ganz un-glücklich: Es fehlt jegliches Register.

Das Anliegen des Buches ist wun-derbar. Unter den gegebenen Vorausset-zungen kann es allerdings im wesentli-chen nur in der Klassischen Philologiereüssieren, da den Kollegen der "Nach-bargebiete" anders, als im Reihentitelverlangt, der Zugang vernagelt wird.Dr. Werner Heinz · Goldmühlestr. 99/4 ·D – 71065 Sindelfingen

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Angus A. Somerville & R. AndrewMcDonald, ed., The Viking Age: AReader (Readings in Medieval Civi-lizations and Cultures XIV), Universi-ty of Toronto Press, Toronto and?2010, pp. 503, 13 ill.The itinerant habits of some Scandinavi-ans in the early medieval period havemeant that the sources in which theyfeature are extremely widely distributed.Often, these sources exist only in ob-scure editions which are hard to obtain,and a large proportion still lacks a goodEnglish translation. Even those whichhave been translated are not always eas-ily accessible. As the study of Scandina-vian history and literature has becomemore widespread in the English-speaking world over the past half-century or so, these problems have be-come increasingly pertinent. As such, abook which collects thematically a rangeof sources on early Scandinavia fills aconspicuous void and is all the morewelcome for that fact.

The sources in The Viking Age: AReader are divided into fifteen separatesections addressing themes ranging fromScandinavian society through Vikingships and military tactics, to raiding andsettlement. Each theme is exploredthrough a selection of different sources;saga literature is omnipresent (as onewould expect), but is complemented byArabic, Irish, Russian, Anglo-Saxon,Frankish, and German sources. Giventhe interdisciplinary nature of the field,it is pleasing to see literary sources re-produced alongside chronicles and histo-ries to give a panoramic view of the is-sues in question.

However, these chapters can seem alittle unbalanced at times. For instance,the section on Viking ships runs to al-most the same length as the section onthe conversion of Scandinavia. The im-portance of early Scandinavian seafaringtechnology is not to be underestimated,of course, and certainly warrants a sub-stantial treatment, but it is hard to seehow a subject as complex as Christiani-zation, which continues to attract somuch scholarly discussion, should notmerit a little more attention. In thischapter, the excerpts chosen from Rim-bert's Life' of St Anskar and from Adamof Bremen's Gesta Hammaburgensis ec-clesiae pontificum are brief and highlyselective. Perhaps more space couldhave been made for these importanttexts.

Another inconsistency within thebook is the time period it actually seeksto cover. The 'Viking Age' (an ambigu-ous term at the best of times) seems tohave been interpreted very much out ofconvenience. For instance, the chapteron Christianization features the story(drawn from Heimskringla) of the cru-sading King Sigurd 'Jórsalafari' of Nor-way (1103 – 1130) who assistedBaldwin I of Jerusalem in the siege ofSidon; the chapter on ships features anaccount of the ships of King Haakon IV(1204 –1263); in the final chapter, asource records the Battle of Largs in1263. Yet, these 'later' sources are re-produced only sporadically: the sectionon state-formation relies almost entirelyon (mostly thirteenth-century) saga lit-erature to give a very patchy account oftrends of centralization in Scandinavia

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before the mid eleventh century, but itignores entirely those eleventh-, twelfth-, and thirteenth-century sources (in-cluding royal charters, writs, papal let-ters, chronicles, and so on) which are in-finitely more revealing about the subject.One cannot help but feel that sourceshave been included only where they arealready easily accessible.

Indeed, it is very easy to criticize therange of sources selected for this book.Inevitably, it would have been impossi-ble to include every relevant excerptfrom every available text and The VikingAge does offer a decent selection. How-ever, saga literature is depressinglydominant. For many of the chapters, ex-cerpts from the sagas make up the vastmajority of the text. Naturally, sagas areimportant sources and cannot be over-looked; however, there is an unfortunatetendency to presume that these mostlyIcelandic, mostly thirteenth-century lit-erary texts represent our best view ofViking Age history. We only have toconsider the dangers inherent in recon-structing early Danish society on the ba-sis of Beowulf to appreciate the prob-lems that such an approach entails. Thesagas are, moreover, easily accessible al-ready, both in Old Norse and in Englishtranslation.

The overreliance on saga literaturewould matter less if it were not for somerather problematic omissions. For in-stance, the chapters on state-formationand Christianization fail to reproduceeither of Cnut's famous letters to theEnglish, which are central to our per-ception of Cnut's ruler ideology and ofhow the role of a Scandinavian kingevolved in the eleventh century under

the influence of Christianity. Elsewhere,the Anglo-Saxon Chronicle is quoted inalmost unbelievable brevity; the accountof Æthelred's reign, of Swein Fork-beard's conquest of England and ofCnut's rule is overlooked completely.Likewise, Asser's 'Life' of Alfred, whichprovides perhaps the richest account ofthe Vikings' ninth-century operations inEngland, is ignored. The Old Englishpoem, 'The Battle of Maldon', whichmight have fitted well into several of thebook's chapters has also been over-looked. More concerning is that thelarge and valuable corpus of Scandina-vian law is completely absent: the Ice-landic law text, Grágás, is not men-tioned; nor is the Scanian code; nor isthe Swedish Äldre Västgötalagen. Land-námabók and Íslendingabók are onlyvery briefly excerpted. Neither Saxo'sGesta Danorum nor Sven Aggesen'sHistoria breuis regum Dacie have beenincluded. Thietmar of Merseburg'sChronicon is another strange omission,especially since its author was a rarefirst-hand witness of Viking behavior,having been a hostage of the Vikings atthe end of the tenth century. A numberof more elusive texts which would havebeen very welcome in the volume, suchas the Passio sancti Canuti regis etmartyris and the Roskilde Chroniclehave, unsurprisingly, also been ignored.It is unfortunate, too, that so few runictexts have been used. A few inscriptionsare reproduced (such as those fromMann and Orkney, and the famous in-scription from Jelling), but the vast ma-jority of runic texts, on which so muchof our understanding of the process ofChristianization depends, especially in

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the case of Sweden where other sourcesare so sparse, are conspicuously absent.In fact, almost all of the chapters in TheViking Age: A Reader might have bene-fitted from the inclusion of more runicevidence.

Each of the chapters has a useful in-troductory paragraph and each sourcecomes with a brief explanation. Theseare generally helpful in providing thereader with a basic understanding ofprovenance; however, they can at times,feel a little ill-informed. For example,the introduction to Alcuin's letter toÆthelred of Northumbria fails to men-tion that Alcuin was an Anglo-Saxonwriting from Charlemagne's court,which clearly makes an important dif-ference to the way in which we under-stand the source. Prior to the two sourceswhich refer to 'temples' (namely Adamof Bremen's notorious account of thetemple at Uppsala and an excerpt fromEyrbyggja saga), neither introductiongives sufficient indication of the consid-erable controversy that surrounds the useof religious buildings in Scandinavianpre-Christian religion. The reader is leftwith the (inaccurate) impression thattemples were a common part of earlyScandinavian worship. Elsewhere, theintroduction to the strangely-titledchapter on "The Scandinavian Home-lands" states that some early medievalauthors such as Jordanes in the sixthcentury were clearly well-informedabout the contemporary political situa-tion in Scandinavia'. Such a remark sug-gests that the editors of The Viking Age:A Reader may not be especially well-informed about Jordanes.

As far as it goes, The Viking Age: AReader is a handy collection of sourcesand it will doubtless become a well-thumbed addition to the undergraduate'sbookshelf. Yet, the book also feels like amissed opportunity; the enormous over-reliance on saga literature, along withsome glaring omissions, prevents it frombeing the invaluable reference work thatit might have been. The lack of a secon-dary bibliography is frustrating, par-ticularly as many of the excerptedsources have received substantial schol-arly attention which can profoundly af-fect our reading of them.Ben Snook · Selwyn College ·London · [email protected]

Walahfrid Strabo, Vita sancti Galli.Das Leben des heiligen Gallus. Latei-nisch/Deutsch. Übersetzung von Fran-ziska Schnoor. Anmerkungen undNachwort von Ernst Tremp, PhilippReclam jun., Stuttgart 2012, 239 S., 1Frontispiez.Wie auf dem Rückendeckel diesesBüchleins zu Recht notiert wird, blicktnun das Kloster Sankt Gallen auf eine1400jährige Gründungsgeschichte zu-rück (Gallus starb 640 in Arbon), was esals völlig angemessen erscheinen lässt,anlässlich dieses runden Datums auchdie sehr wichtige Lebensbeschreibungdes heiligen Gallus von Walahfrid Stra-bo endlich in einer vollständigen deut-schen Übersetzung parallel neben demlateinischen Text in den Druck zu geben.Walahfrid wurde 808 oder 809 inSchwaben geboren, erhielt seine Ausbil-dung im Kloster Reichenau, kam 827 zu

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weiterer schulischen Ausbildung nachFulda, bekam 829 einen Ruf an denKaiserhof und erhielt dann 838 zur Be-lohnung für seine Leistungen die Stel-lung als Abt von Reichenau im Jahre838, was allerdings eine Reihe von poli-tischen Problemen mit sich brachte (ein-schließlich einer Vertreibung, so dass ererst 842 auf die Reichenau zurückkehrenkonnte). Er starb am 18. August 849, alser, der sich im Auftrag Ludwigs desDeutschen auf einer Gesandtschaftsreisezu Karl dem Kahlen befand, beim Ver-such, die Loire zu überqueren, ertrank.Walahfrid verfasste nicht nur vielewichtige Werke, sondern zeichnete sichauch durch die Vielfalt der Gattungenund Themen aus, die er dabei wählte.Eines der wichtigsten Arbeiten war seineNeugestaltung der Vita des HeiligenGallus, die er in zwei Bücher aufteilteund in Kapitel aufgliederte.

Im Wesentlichen handelt es sich nunzunächst um das Leben des HeiligenGallus, während der zweite Teil auf sei-ne Wunderwirkungen eingeht. Der Textbesitzt für uns aus vielerlei Sicht unge-meine Bedeutung, angefangen damit,dass es sich um ein großartiges poeti-sches Werk des 9. Jahrhunderts handelt.Darüber hinaus bietet uns Strabo einefaszinierende Gründungsgeschichte, diein mancherlei Hinsicht Licht auch aufdie komplexen politischen Strukturenund auf die Machtverhältnisse innerhalbder Kirche wirft (z.B. Spannungen zwi-schen Bistum Konstanz und St. Gallen).Das größte Interesse wecken aber dievielfachen Wunderberichte, bei denenwir zahlreiche Beispiele davon erhalten,welche Krankheitsfälle oder Geistesstö-

rungen gemeinhin auftraten, die jedochdurch die gläubige Unterwerfung unterden Heiligen mirakulös geheilt wurden.In vielen Fällen tritt natürlich der Teufelauf, meistens in der Gestalt von Dämo-nen, die aber dann glücklich vertriebenwerden. Einen anderen wichtigen As-pekt stellen die vielen Diebstähle undandere Verbrechen dar, die freilichdurch die wunderhafte Einwirkung desHeiligen verhindert oder aufgelöst wer-den. Diese für sich genommen bereitsspannende Vita bietet also viele Mög-lichkeiten, aus mentalitäts-, alltagsge-schichtlicher, medizinhistorischer undkriminalistisch-historischen Sicht inter-pretiert zu werden.

Indem nun zum ersten Mal der ge-samte Text sowohl im lateinischen Ori-ginal nach der Ausgabe von BrunoKrusch 1902wie auch in deutscherÜbersetzung parallel dazu abgedrucktvorgestellt wird, liegt eine sehr aussage-kräftige Quelle des Frühmittelalters gutaufbereitet auch für den Schul- oderUniversitätsunterricht vor. Die Vita warbisher nur in Auszügen verschiedentlichübersetzt worden, sehen wir vonder englischen Komplettübertragung ab(Maude Joyne, 1927). FranziskaSchnoor erstellte auf kompetenter Weisedie Übersetzung ins Deutsche, währendErnst Tremp das Bändchen mit Anmer-kungen und einem Nachwort versah.Hier werden die entscheidenden Fragen(Quellen, Bearbeitung, Nachwirkung,Glaubwürdigkeit etc.) übersichtlich er-örtert, was auch dem Nichtexperten hilft,schnell den Einstieg in dieses lateinischeWerk zu gewinnen.Albrecht Classen

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Julia Weitbrecht , Aus der Welt. Reiseund Heiligung in Legenden und Jen-seitsreisen der Spätantike und desMittelalters (Beiträge zur älteren Li-teraturgeschichte), Winter Universi-tätsverlag, Heidelberg 2011, 235 S.Das vorliegende Buch ist eine Disserta-tion, die 2009 an der PhilosophischenFakultät der Alexander von HumboldtUniversität zu Berlin angenommen wur-de. In dieser Arbeit fragt Julia Weit-brecht nach dem Verhältnis von Reiseund Heiligung in den legendarischenTexten der späten Antike und des Mit-telalters. Nach der Meinung der Disser-tantin werden im Mittelalter Heiligungund Fremderfahrung aufs Engste mitein-ander verbunden: Reise wird als Er-fahrungsmuster von Fremde, Isolationund in der Folge auch der Hinwendungzu Gott und der Heiligung des Menschenbetrachtet, Heiligung dagegen wird alsAuseinandersetzung mit dem Fremdenund Unbekannten, mit Isolationund Orientierungslosigkeit beschrieben(S.15). Es geht aber nicht um die alltäg-liche Begegnung mit dem Fremden,sondern um die fundamentale Entfrem-dung: Die Reisenden sind nach dem En-de ihrer Reise andere, als sie vorher wa-ren. Wichtig ist, dass nicht die kanoni-sierten Heiligen im Zentrum der Auf-merksamkeit der Autorin stehen, son-dern Protagonisten, deren Heilsstatussich im Unterwegssein ändert.

Verschiedenartige Quellen wurdendieser Arbeit zugrunde gelegt. Erstensgeht es um die hellenistischen Lebens-und Reiseromane, die in den Apokry-phen der Apostelakten adaptiert wurden(die Acta Theclae, die Passio Andreae,

die Acta Xanthippae etc.); zweitenswurden zur Untersuchung Denkmälerder hagiographischen Literatur herange-zogen, also Viten (Vita Malchi, Alexius'Legende, Legende des heiligen Eusta-chius etc.); und drittens untersucht dieAutorin sowohl höfische Verserzählung(Gute Frau, Wilhelm von Wenden etc.)als auch visionäre Jenseitsreisen (VisioTnugdali, Navigatio sancti Brandanietc.).

Anhand der zahlreichen Texte zeigtWeitbrecht, dass Reise und Heiligungauch in der Literatur erzählerisch mit-einander sehr eng verbunden sind. In derchristlichen Erzählliteratur spielen zweiBeschreibungsmodelle eine zentraleRolle – Peregrinatio, die als asketisch-monastisches Konzept von Existenz undgeistlich-religiöser Zielorientierung be-trachtet wird und Konversion, die dieDissertantin vor allem als Umkehr undHinwendung zu Gott, als Bekehrung undGotteserkenntnis interpretiert.

Das Buch besteht aus Einleitung,zwei grossen Kapiteln und Zusammen-fassung.

Im ersten Kapitel (S.23-139), "In derWelt aus der Welt: Reise, Askese undsoziale Heiligung," widmet sich die Dis-sertantin der Analyse der sozialen Be-dingungen für Heiligung durch Reiseund untersucht die legendarischenAdaptationen des hellenistischen Liebes-und Reiseromans (Acta Pauli et Theclae,Acta Xanthippae et Polyxenae etc.), inwelchem Konflikte von Heiligkeit undGesellschaft beschrieben werden. Siezeigt hierbei, wie die Reise, aufgrundvon Konversion oder als asketische pe-regrinatio, die Trennung von Paaren

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oder Familien mit sich bringt und ihreBewährung in Isolation und Fremde vor-führt. Weitbrecht zieht die Schlussfolge-rung, dass die Heiligung hier als das Re-sultat von sozialer Alleinstellung undder Transgression etablierter sozialerOrdnungen entsteht.

Das zweite Kapitel (139-207), "Zwi-schen den Welten: Heilerfahrung undKonstitution von Heils- und Läuterungs-räumen in mittelalterlichen Jenseitsrei-sen", untersucht in erster Linie die räum-lichen (nicht sozialen) Bedingungen fürHeilserfahrung durch Reise. In diesemTeil ihrer Arbeit wendet sich die Dis-sertantin solchen Denkmälern wie VisioTnugdali, Navigatio sancti Brendaniusw. zu. Die räumliche Dimension vonReise und Heiligung hat sich vor allemfür die Jenseitsreisen als zentral erwie-sen: Die Reise in die Sphäre der Trans-zendenz und des Jenseits wird in der vi-sionären Literatur zur fundamentalen Er-fahrung von Selbstentfremdung und Dif-ferenz, die im Reisenden einen Erkennt-nis- und Konversionsprozess bewirkt.Hier sind es, so Weitbrecht, weniger so-ziale als räumliche Faktoren, die dasVerhältnis von Heilsstatus und Welt be-stimmen (S.207).

Insgesamt haben sich zwei Dimen-sionen als konstitutiv erwiesen: Heili-gung durch die Reise erscheint zum ei-nen als sozialer Vorgang und zum ande-ren als Prozess, der an den bereistenRaum gebunden ist.

In der Zusammenfassung bestätigtdie Dissertantin, dass sich die Narrati-vierung von Heiligkeit als Prozess in derBewegung im Raum in der christlichenErzählliteratur seit ihren Anfängen fin-

det und eine breite Wirkung entfaltet hat(S. 207). Die Reisen der Protagonistender untersuchten Texte führen zu einerVeränderung ihres Heilsstatus: sie erfah-ren Isolation und Entfremdung, sie ge-winnen Wissenszuwachs und Erkennt-nis, die sie zu besseren Menschen,Christen oder Heiligen machen. Heili-gung, so Weitbrecht, wird im Verlaufdieser Erzählungen als Prozess erfahr-und darstellbar gemacht.

Das Buch verharrt in seinem Statusals Dissertation. Offensichtlich ist es füreinen engen Kreis von Spezialisten vor-bestimmt, und die Autorin hat nicht da-für gesorgt, ihre Untersuchung zurPublikation vorzubereiten. Unter ande-rem hat J. Weitbrecht nicht versucht, ih-re Quellen in einen breiteren histori-schen Kontext einzuordnen. Ausserdemwird das Buch in zu komplizierter Spra-che geschrieben: die übermässige Ver-wendung von wissenschaftlicher Termi-nologie (insbesondere von Begriffen wie"Transzendenz" und "Immanenz) ver-schleiert manchmal das Wesen der Pro-blems (S.21-22). Ansonsten ist es derAutorin gelungen, die ausgearbeiteteKonzeption mit den untersuchten Textenzu illustrieren. Wie dies schon oben ge-zeigt wurde, konnte J. Weitbrecht einer-seits am Beispiel spätantiker Romanedie sozialen Bedingungen, und anderer-seits am Beispiel visionärer Literatur dieräumlichen Bedingungen der Heiligungdurch Reise analysieren.Dr. Svetlana Luchitskaya · Institutfür allgemeine Geschichte · Leninskipr. 32A · 119334 Moskau ·e-mail: [email protected]

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Katharina Winckler, Die Alpen imFrühmittelalter. Die Geschichte einesRaumes in den Jahren 500 bis 800,Böhlau Verlag, Wien, Köln und Wei-mar 2012, 423 S., 23 Abb. und 5 Da-tenbilder.Trotz ihrer zentralen Bedeutung als mas-sive Trennmauer zwischen Nord- undSüdeuropa hat sich bisher die Forschungnur relativ bescheiden mit der Ge-schichte der Alpen auseinandergesetzt.Viele Fragen nach der Bevölkerungs-dichte, der Landwirtschaft, den Auswir-kungen von Klimaschwankungen aufden Ackerbau etc. und nach dem Trans-portsystem sind noch nicht genügend er-örtert worden und werden auch in derZukunft noch vieler Untersuchungen be-dürfen. Aber der vorliegende Band vonKatharina Winckler, Mitarbeiterin amInstitut für Mittelalterforschung derÖsterreichischen Akademie der Wissen-schaften, stößt nun in eine große Lückevor und bietet einen ungemeinen Schatzan Informationen, ohne traditionell aufpositivistische Behandlungsmethodenzurückzufallen. Klug gestaltend undvorsichtig abwägend bietet die Autorinein umfassendes Bild der Alpen als eu-ropäische Region, die unablässig vonden verschiedensten Herrschaftsgruppenoder Völkern erobert, durchquert, besie-delt oder angegriffen wurde. Fast nochmehr als alle anderen Teile Europasbieten sich die Alpen gerade deswegenso ideal für diesen historischen Zugriffan, weil hier im relativ engen Raum dieunterschiedlichen Kulturen aufeinander-prallten, der transkontinentale Verkehrlief und politisch-militärische Interessengegeneinander ausgespielt wurden.

Winckler beschränkt sich zwar aufdas Frühmittelalter, hat aber auch damitschon einen sehr langen historischenAbschnitt zu behandeln. Wie man er-warten sollte, was aber sonst häufignicht der Fall ist, geht sie zunächst aufdie geophysischen und klimahistori-schen Bedingungen ein, indem sie dieneueste Forschung dazu aufarbeitet, dieein etwas überraschend gemischtes Bildvermittelt, denn Abkühlung des Wettersbedeutete z.B. keineswegs notwendi-gerweise eine Verschlechterung derLandwirtschaft (war ja manchmal sogardas Gegenteil der Fall). Aber eine glo-bale Perspektive kann hier noch nichtentworfen werden, fehlen dazu ja nochimmer die grundlegenden Studien. Im-merhin, Winckler geht auf alle wesentli-chen Aspekte ein, so die Fauna und Flo-ra, die Geologie, das Wasser, die Böden,Naturkatastrophen und, besonders span-nend, das Klima, das im Frühmittelalterdeutlich kühler und feuchter gewesen istals das heutige. Allerdings macht uns dieAutorin zugleich darauf aufmerksam,dass wir noch lange keine wirklich um-fassend verlässliche Daten besitzen, dieauch Aussagen über die historischenBedingungen erlauben würden. Immer-hin liegt wohl fest, dass es einen Rück-gang der Bevölkerung nicht gegeben zuhaben scheint.

Das zweite Kapitel behandelt vor al-lem die Außenperspektive auf die Alpenzur Zeit der Römer und dann im Früh-mittelalter. Dies führt dann über zu ei-nem Kapitel über die Kommunikationund Verkehrswege, verbunden mit Un-tersuchungen zum Handel von alpinenProdukten wie Salz, Stein und Erze.

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Während die Römer gut ausgebauteStraßen schufen, die aber oft Umwegeimplizierten, orientierte man sich imFrühmittelalter zunehmend danach, wel-che Strecken einfach die kürzesten wa-ren, weil z.B. die Heere ganz andere lo-gistische Methoden benutzten. Dasfünfte Kapitel verfolgt die Geschichteder Menschen in den Alpen, wobeiWinckler vornehmlich die Ausbreitungdes Christentums, die Besiedlung inStädten und auf dem Land und die wirt-schaftliche Ausnutzung des Alpenge-bietes im Auge hat. Das sechste Kapitelgeht dann auf den Wandel in der politi-schen Kontrolle der Alpen vom 6. biszum 9. Jahrhundert ein, wobei sie sorg-sam differenziert zwischen den Westal-pen, den zentralen Alpen und Voralpen,und den Ostalpen. Für sehr wichtig halteich Wincklers Bemühen, bei ihren Be-trachtungen auch die Geschichte derverschiedenen Sprachen, die im Alpen-raum gesprochen wurden, nicht zu ver-nachlässigen. Dies verbindet sie ge-schickt mit einer sorgfältigen Analyseder Migrationsgeschichte, so schwer esauch sein mag, die genauen Daten dafürzu eruieren.

Die Autorin stützt sich ausgiebigsowohl auf Primärquellen als auch aufdie reiche Forschungsliteratur, undschon allein deswegen kann man ihreArbeit nur begrüßen, die sich durch eineausgezeichnete Strukturgliederung undeinen sehr klaren sprachlichen Stil aus-zeichnet. Die Lektüre dieser umfangrei-chen Darstellung erweist sich weiterhinals so faszinierend, weil sie nicht nursehr informativ ist, sondern sehr transpa-rent und lebendig die gesamte Welt desAlpenraums historisch zu erfassen be-

müht ist, indem sie weder die Wirt-schafts- noch die Militärgeschichte, we-der die Sprach- noch die Architekturge-schichte vernachlässigt. Sogar Aus-künfte über Naturkatastrophen findensich immer wieder, während wir kaumetwas über literarische Reflexionen überdie Alpen im Frühmittelalter erfahren,galten diese ja durchweg als bedrohlichund unnahbar, auch wenn dies keines-wegs der Wirklichkeit entsprach.

Der Band schließt mit einer sehr um-fangreichen Bibliografie, einem Indexzu Orten, Räumen und Gewässern undeinem Index zu Personen.Albrecht Classen

Philip Wood, 'We Have no King butChrist'. Christian Political Thought inGreater Syria on the Eve of the ArabConquest (ca. 400-585 (Oxford Stu-dies in Byzantium, 8), Oxford Univer-sity Press, Oxford, 2010, xii, 295 pp.This is the most important book aboutthe Byzantine/pre-Islamic Near Easternand Arabian interface to appear in recentyears. The basic thesis, very convincingand well argued, is that ancient 'SyriacChristianity' – Christian groups writingand speaking Syriac during the centuriesleading up to Islam – developed a strongsense of religious independence and re-gional identity (in between Byzantiumand Parthia) that eventually resulted in"a Miaphysite Commonwealth" (ch. 7).The process starts, in Wood's argument,in response to the way the influentialEusebius of Caesarea overstressed theConstantinian dominion as the provi-dential vehicle of Christian expansion,as if the future of the Church depended

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on the extension of Romania (or theRoman culturo-imperial sphere of influ-ence). The key historiographical role ofTheodoret of Cyrrhus, in giving ecclesi-astical history more recognition of af-fairs near and across the Byzantine em-pire's eastern frontiers and in docu-menting the special spiritual history ofSyrian monasticism, paved the way for acollective sense of divine succor in thebuffer zone between two great imperialforces. For the first time, according toWest's argument, peoples who wouldhave been thought within the Romansphere to be 'barbarian,' could be pre-sented as worthy, separate 'nations' em-bracing Christ even though Greek wasbut one among other languages theyspoke.

The way Antiochene Christologicaltendencies were questioned in the Chal-cedonian Decree of 451, of course,fractured Christianity in Anatolian, Le-vantine and Taural-Caucasian areas, yetwhat is traditionally called GreaterSyria, associated especially with keycultural centers of Edessa, Nisibis, andAntioch, retained a greater degree of so-cio-religious, 'very Christian,' cohesion.Edessa is Wood's test case, becausethere, through the collection of storiesknown as the Doctrina Addai, orthodoxyshored itself up (after generations of in-fluence by the great Gnostic scholarBardaisan and his followers) and materi-als in the Doctrina confirmed that theEdessan king Abgar (V) had exchangedletters with Jesus himself. The identity-building connected with these movesallowed for a more adjustable view ofthe orthodox faith within itself, alongwith severe anti-pagan and anti-Jewish

attitudes; and, above everything else, the'legend' of Abgar created an image of aregion that did not really need an em-peror and could endure having "no kingbut Christ."

All this sets the background for theimmediately pre-Islamic period in whichthe so-named "Miaphysites" of the re-gion under view expanded their missionsinto Mesopotamia and the Arabian Pen-insula during the sixth century, espe-cially inspired by Jacob Baradeus ofEdessa. Various Miaphysite writers, es-pecially John of Ephesus, imagined thatthe Christian community could developbeyond Roman imperial control (andaway from the persecuting anti-Mia- andMono-physite tendencies of ByzantineGreek Orthodoxy). By the 560s theYemenite Ghassanids (with federateconnections to Rome but continuingArabian interests) eventually securedcontrol over Greater Syria, and the re-nowned phylarch Harith bar Gabala fa-vored Miaphysite monks and churchmenand patronized the bishops sent fromthem.

Miaphysitism, a term one will notfind in older histories of Christian doc-trine and Christianity, is now morewidely used to distinguish those strandsof Orthodoxy, especially influenced bythe theology of Cyril of Alexandria, thatquestion the formulation of the two na-tures of Christ in the ChalcedonianDefinition yet also reject the hereticalextremes of Nestorius (accentuating theseparateness of the two natures) andEutyches (propagating extreme mono-physitism). On the Miaphysite reading,Christ was of one nature, but one whichwas still of both a divine and human

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character, and this is the position nowshared by the Oriental OrthodoxChurches (the Coptic, Syrian and IndianOrthodox Churches, the Armenian Ap-ostolic and Ethiopic Orthodox Tawe-hedo Churches, etc.).

The prestige gained for the Arab-Ghassanids in championing these im-pressive monastic and missionary ac-tivities of eastern Christianity, whichwere negatively reactive to Romano-Byzantine Chalcedonianism, is crucialfor understanding the initial military en-ergies of the first extra-Arabian Muslimmilitary campaigns toward Damascusand Greater Syria. The Ghassanids hadalready made their fighting spirit presentin the Levant. All that follows from thatMuslim springboard action is part of thecrucial agenda of the medieval historian.All that Wood painstakingly deciphersfrom fifth- and sixth-century histories,hagiographies and romances, moreover,is vital for understanding the fates of theOriental Orthodoxies in the MiddleAges. Even before Islam, the Miaphysiteenterprise gets riddled with divisions,the Jacobite Syrian Orthodox Church(loyal to Baradeus) being one of the sideeffects of Ghassanid patronage, underMundhir. Mediaeval Christian-Musliminteractions in the Near East cannot beproperly understood without this kind ofbackgrounding.

Wood's book is very dense andwould be difficult to follow by those un-familiar with a rather neglected time-period and such highly volatile areas.But the scholarship is of very high qual-ity and Wood's use of insights from po-litical sociology and historical parallels(even from Latin American history!)

generally pays off. The innovative de-ployment of such terms as ethnie andcommonwealth are satisfying. Admit-tedly, a few problematic issues arise.The accentuation between Eusebius's(heavily Roman) and Theordoret's (moreaccommodating) attitudes to the barbar-ian world is overdone. It is as if Woodonly read Eusebius's pro-Constantinianwritings and missed out on his Praepa-ratio; even the prefatorial 'Anthropol-ogy' in his Church History stresses thenew nation (neon ethnos) of the Chris-tians, not the central importance of theRoman empire (and as my own analysishas confirmed Eusebius came late to'triumphalism'). I could not find discus-sion of the Edessan-centered Kingdomof Armenia under Tiridates III being thefirst 'state' to embrace Christianity offi-cially, before Rome did, surely a pointof great background importance for asense of autonomy in the region. Butthen again, the astounding ethnic mix ofthe area running from the lower Tauralrange to Palestine prior to the fifth cen-tury is not well conveyed, and we areleft with a misleading impression of eth-nic homogeneity going along with ener-gies for regional (including specialChristian and linguistic) autonomy. Thecontextualizing of important historyworks and the biographical placement oftheir authors was not always well done,especially in the case of John of Ephe-sus's ecclesiastical history. On Miaphy-site missionary activities, it was a pitynot to see Jeanne-Nichole Saint-Lau-rent's Brown University doctoral disser-tation recognized. And one waited withbaited breath to find an exposition of theGhassanid Harith's famous credal for-

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mula "the Trinity is One Divinity, oneNature, one Essence," but it never came.In fact, the importance of Wood's re-search for understanding the expansionof Islam is unfortunately never reallyaddressed.

Still, despite all these questions, al-together this is truly a fine study, indeed.Garry W. Trompf · 168 Arcadia Rd. ·Arcadia · NSW · Australia 2159 ·[email protected]

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Arts du langage et théologie aux con-fins des XIe-XIIe siècles, Textes,maîtres, débats, sous la direction deIrène Rosier-Catach (Studia Artista-rum, Études sur la Faculté des artsdans les universités médiévales 26),Brepols, Turnhout 2011, XXVII, 810S., 4 farbige Abb.Dieser Band ist nicht nur durch seinenUmfang beeindruckend, er ist vor allemein nachahmenswertes Zeugnis für dieFruchtbarkeit interdisziplinärer Zusam-menarbeit unter Mediävisten. Er istnämlich nicht, wie das oft z.B. bei Ta-gungsbänden der Fall ist, eine Samm-lung von im Grunde unzusammenhän-genden Beiträgen verschiedener Autorenzu einem gemeinsamen Thema, sonderndas Ergebnis eines über längere Zeit an-dauernden Austausches von Fragen undErgebnissen. Dieser Austausch hat sichnicht nur in zwei Rundtischgesprächen,ebensovielen Arbeitsbesprechungen undhäufigen persönlichen Kontakten allerArt konkretisiert, sondern auch in einervon allen Teilnehmern gespeisten undbefragbaren Webseite; in der letzterenwurden z.B. Transskriptionen unveröf-fentlicher Texte, Beschreibungen vonHandschriften und vorläufige Fassungender beabsichtigten Beiträge allen Teil-nehmern zugänglich gemacht. NeueFunde oder Hypothesen konnten so un-verzüglich auch von anderen fruchtbargemacht oder überprüft werden. In demganzen Band ist so ein Teamgeist zu

spüren, der Forscher aus mehreren Kon-tinenten (neben Frankreich und denskandinavischen Ländern sind Austra-lien und Neuseeland besonders gut ver-treten) und verschiedenen Grades aka-demischer Autorität ohne Rücksicht aufRangunterschiede vereint. Zu Wortkommen neben Spezialisten der Ge-schichte der Philosophie, der Theologieund der Sprachtheorien auch und beson-ders Vertreter der sogenannten Hilfswis-senschaften, Paläographen, Codicolo-gen, Urkundenforscher und Textedito-ren. Allen gemeinsam, auch das ist be-merkenswert, ist die konkrete Beschäfti-gung mit den primären Quellen, die, je-weils von verschiedenen Gesichtspunk-ten betrachtet, neue Erkenntnisse zu lie-fern imstande sind. Das Verdienst vonIrène Rosier-Catach, die nicht nur dasThema, sondern auch die Arbeitsmetho-de bestimmt hat, ist nicht hoch genugeinzuschätzen.

Zum Thema gestellt sind, wie dieHerausgeberin in ihrer Einleitung erläu-tert, die Umstände oder Bedingungendes Hervortretens von Paris als "Wis-senszentrum" um die Wende vom 11.zum 12. Jahrhundert. Das Interesserichtet sich dabei auf Unterricht undStudium der artes des Triviums, Gram-matik, Logik und Rhetorik, sowie derTheologie, mit einer Reihe von unterein-ander verflochtenen Fragen: nach denbeteiligten Personen, Zentren und Insti-tutionen, nach der spezifischen Eigenart

Hochmittelalter

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der "gelehrten Produktion" zu dieserWendezeit (d.h. vor allem nach demWesen der überlieferten Texte die sichoft als wenig stabil, "in Fortentwicklungbegriffen", erweisen), nach der in dendamaligen Lehrstreitigkeiten enthaltenenProblematik (was steht hier auf demSpiel?) und der Beziehung (Kontinuitätoder Bruch?) des damals Gebotenen zuvorausgegangenen Bemühungen – alldas mit zwei hauptsächlichen Schwer-punkten, nämlich der Person Wilhelmsvon Champeaux, dem man in den ver-schiedenen Zusammenhängen des The-mas immer wieder begegnet, und densogenannten Glosulae super Priscianum,einem Text, der sich in seinen verschie-denen Redaktionen und vielfachen Prä-senzformen als eine besonders geeignete"Beobachtungswarte" erweist. Einen zu-sätzlichen Schwerpunkt stellt die Fragedes "Vokalismus" dar, d.h. die Fragenach allfälligen Vorformen des Univer-salienstreits.

Die Beiträge sind in drei Hauptab-schnitten geordnet, die des ersten, beti-telt "Synthèses", sind als Basis für diefolgenden gedacht, und gliedern sich ih-rerseits in drei Gruppen. Die erste Grup-pe, mit Beiträgen von Anne Grondeux(CNRS=Centre National de RechercheScientifique), Charles de Miramon(CNRS, EHESS=École de Hautes Étu-des en Sciences Sociales), ConstantMews (Monash University, Melbourne),befasst sich mit der Lebensgeschichteund den gegenseitigen Beziehungen derhauptsächlichen Akteure, Abälard, Jos-celin von Soissons, Goswin von Anchin,und, vor allem, Wilhelm von Cham-peaux, wobei aber Wert auf die Fest-stellung gelegt wird, dass die Problema-

tik dieser Beziehungen sich nicht aufden Zusammenstoß zwischen Abälardund Wilhelm reduzieren lässt. Besondersinteressante Ergebnisse bringt die Ge-genüberstellung der Historia Calamita-tum Abälards mit anderen Quellen, anerster Stelle die Vita Goswins von An-chin (Anne Grondeux); auch das Stu-dium des urkundlichen und chronikali-schen Materials kann jedoch neue Er-kenntnisse zeitigen, besonders wenn esim Zusammenhang mit der Produktionund Rezeption der damals im Umlaufbefindlichen Texte betrachtet wird; ne-ben den Glosulae super Priscianum ge-nannt werden die Notae Dunelmenses,eine mit Wilhelm zu verbindendeSammlung grammatikalischer Notizen

Die zweite Gruppe möchte den bis-herigen Stand der Forschung zu den ar-tes des Triviums und der Theologie, alsAusgangspunkt für neue Fragestellun-gen, aufzeigen, wobei allerdings dergemeinsame Beitrag von Anne Gron-deux und Irène Rosier-Catach (CNRS,EPHE=École Pratique des Hautes Étu-des) zu "Les Glosulae super Priscianumet leur tradition" weit mehr ist als einebloße Bestandsaufnahme zum Themader grammatikalischen Studien. Es wer-den eingehend die Fragen der Entste-hung und Datierung, der Eigenheiten desTextes in seinen verschiedenen Fassun-gen, des Inhalts, der Rezeption und derMethoden einer allfälligen Edition dis-kutiert, und zwar anhand einer minutiö-sen Untersuchung der handschriftlichenÜberlieferung und der inhaltlichen Va-rianten der verschiedenen Zweige; inBetracht gezogen wird außerdem dieBeziehung zwischen den Glosulae undden Texten zur Logik. Die Autorschaft

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Wilhelms von Champeaux schließen dieAutorinnen aus, doch steht die Bezie-hung des Textes zur Lehrtätigkeit Wil-helms außer Zweifel.

Mehr in der Form einer Forschungs-übersicht behandeln John Marenbon(Trinity College, Cambridge) die Logikund John Ward (Universität Sydney) zu-sammen mit Karin Margareta Fredborg(Saxo Institute, Universität Kopenhagen)die Rhetorik, ebenfalls mit besondererBeachtung der Rolle Wilhelms vonChampeaux. Cédric Giraud (UniversitätNancy 2), dem die Theologie zugefallenist, hat mit einem besonders schwierigenweil von der bisherigen Forschung ehervernachlässigten Gegenstand zu tun; erbemüht sich um die Charakterisierungder (besonders nordfranzösichen) Stu-dienzentren wie Reims oder Laon, undder von ihnen hervorgebrachten, zumGroßteil unedierten Texte.

Als dritte Gruppe sind zwei Ab-handlungen zu Fragen der Methode an-geschlossen. Dominique Poirel (IRHT=Institut de Recherche et d'Histoire desTextes) gibt zukünftigen Herausgebernüberlegenswerte Ratschläge zur Be-handlung der für die Periode besonderscharakteristischen "evolutiven" Texte,und Klaus Jacobi (Freiburg), empfieltbei Schwierigkeiten der Zuschreibung,z.B. im Fall Wilhelms von Champeaux,das Konzept der "Plausibilität", gegen zuhohe und letztlich kontraproduktiveWahrheitsansprüche.

Im zweiten und dritten Hauptab-schnitt, "Contributions" und "Dossiers",kommen außer einigen der schon zitier-ten noch eine ganze Reihe weiterer Au-toren zu Wort: Franck Cinato (Dokto-rand, EPHE), Irene Caiazzo (CNRS-

EPHE), Christophe Erismann (HelsinkiCollegium for Advanced Studies), JulieBrumberg (CNRS), Andrew Arlig(Brooklyn College of the City Univer-sity of New York), Vera Rodriguez(EPHE, Universität Porto), Ernesto Ser-gio Mainoldi (Universität Perugia), An-neli Luhtala (Universität Helsinki),Christopher J. Martin (Universität Auck-land), Margaret Cameron (UniversitätVictoria), Heine Hansen (Centre for theAristotelian Tradition, Universität Ko-penhagen) und Sten Ebbesen (Saxo In-stitute, Universität Kopenhagen). In Teil2 werden verschiedene textuelle, proso-pographische, institutionnelle und dok-trinale Fragen behandelt die sich, sieteilweise erweiternd, um die des erstenTeils gruppieren: wie vor allem die Stu-dien zu Manegold von Lautenbach bzw.den möglicherweise verschiedenen Ma-gistern dieses Namens (Caiazzo), Hugovon St. Viktor (Poirel), Wilhelm vonConches (Rodriguez, Fredborg), derSchule von Laon (Giraud), oder auch zuder Frage der Universalien (Erismann,Brumberg). Der dritte Abschnitt ist zweispezifischen Themen gewidmet, einer-seits den von Johannes Scotus Eriugenaformulierten grammatikalischen Theori-en, ihrer allfällige theologischen Be-deutung und ihrem Fortleben im 11. undbeginnenden 12. Jahrhundert (Cinato,Mainoldi, Luhtala) und andererseits derFrage der "Vorvokalisten" und "Vokali-sten" (Martin, Cameron, Hansen, Ebbe-sen).

Für Spezialisten bietet dieser Bandeine Fülle von neuen oder neu interpre-tierten Materialien, neuen Fragestellun-gen und mehr oder minder hypotheti-schen Antworten, die zu weiteren Unter-

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suchungen anregen, Er bietet auch, fürSpezialisten wie für Nicht-Spezialisten,ein lebendiges Bild einer ganz besondersinteressanten und für die Zukunft be-deutsamen historischen Konstellation.Elisabeth Mégier · 289 Rue St. Jacques ·F-75005 Paris · [email protected]

Martin Baisch, Textkritik als Problemder Kulturwissenschaft. Tristan-Lek-türen (Trends in Medieval Philology9), Walter de Gruyter, Berlin undNew York 2006, VII, 400 S.Mit der vorliegenden Studie über Text-kritik als Problem der Kulturwissen-schaft legt Martin Baisch seine BerlinerDissertationsschrift von 2001 im Druckvor. Nach einem knapp 100 Seiten um-fassenden theoretischen Aufriss, der dieaktuellen Debatten um Textkritik, Her-meneutik und New Philology resümiert(S. 1-98), und der Vorstellung des"handschriftlichen Materials" (S. 99-145), nämlich der aus einem bairischenoder ostalemannischen Skriptoriumstammenden Handschriften München,BSB, Cgm 19, Cgm 51, Cgm 194/IIIsowie Salzburg, Stiftsbibliothek St. Pe-ter, Cod. a VI 56, widmet sich derGroßteil der Arbeit dem Tristan desCgm 51, einer Kurzfassung des Roman-fragments Gottfrieds von Straßburg, er-gänzt um die ebenfalls bearbeitete Fort-setzung Ulrichs von Türheim (S. 146-305). Der Untertitel von Baischs Studie,"Tristan-Lektüren", verweist auf diesesZentrum der Arbeit. Die daran anschlie-ßende Beschäftigung mit dem im Cgm19 zu findenden Titurel Wolframs vonEschenbach fällt im Vergleich dazu sehr

knapp aus (S. 306-349). Bevor ein aus-führliches Literaturverzeichnis (S. 354-399) und ein weniger umfangreichesBegriffs- und Werkregister (S. 400) dieArbeit beschließen, gibt es noch einen"Ausblick" auf die Konsequenzen derangestellten Untersuchungen (S. 350-353).

Der vielfältig gebrochene Aufbau derArbeit verweist auf eine Distanzierungvon Essentialismen, Ganzheiten undTeleologien, wie sie die gegenwärtigekulturwissenschaftliche Ausrichtung dergermanistischen Mediävistik allgemeinprägt. Dass die Vorstellung des "hand-schriftlichen Materials" Erwartungengeneriert, die im Fortgang der Studienicht oder nur unvollkommen eingelöstwerden, und manche der im theoreti-schen Aufriss vorgestellten Theoriebau-steine nicht in die zentralen "Tristan-Lektüren" integriert werden, lässt sichebenso als pragmatische Konsequenz ei-nes basalen Anti-Holismus begreifenwie die unverhältnismäßige Kürze desTiturel-Kapitels. Baisch selbst bringt dieAbkehr von Ganzheit und Teleologie inVerbindung mit dem New HistoricismStephen Greenblatts (S. 54).

Auch das im Zentrum der Arbeitpraktizierte "close reading" (S. 146)scheint in diesem Rahmen zu stehen.Während die zuvor diskutierten komple-xen Theoriegebilde oft in äußerst knap-per Form abgehandelt werden, herrschtnun ungebrochene Erzählfreude. Episo-de für Episode nimmt sich Baisch denTristan des Cgm 51 vor. Wer freilichdem Verfasser an dieser Stelle eine blo-ße Nacherzählung der altbekannten Ge-schichte vorwerfen wollte, hätte diePointe des Vorgehens übersehen. Baisch

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liefert hier eine mikrologische Bestim-mung der Differenzen zwischen demTristan des Cgm 51 und den nicht bear-beiteten Texten Gottfrieds und Ulrichs,die auf eine "mehr oder minder 'dichteBeschreibung' eines Moments der Tex-te" zielt (S. 55). Die Erzählfreude derUntersuchung findet also ihre Rechtfer-tigung in den kulturellen Bedeutungs-netzen der Überlieferung selbst und ihrerspezifischen Lesbarkeit. In diesem Sinndürfte auch Baischs Charakterisierungder mittelalterlichen volkssprachlichenVarianz als "anekdotisch" (S. 55) zuverstehen sein.

Eine ähnliche Aufwertung des Tra-dierungsgeschäfts ist beabsichtigt, wenn"Überlieferung" und "Kommentar" als"funktionsäquivalente Institutionen"(S. 94) ausgewiesen werden. Dass in derFolge jedoch der allegorisch-kommen-tierenden Sinnmodellierung im nichtumgearbeiteten Tristan Gottfrieds die-selbe oder zumindest eine äquivalenteFunktion zukommen soll wie der Rück-nahme dieser Sinnmodellierung im Cgm51, erscheint nicht nur auf den erstenBlick widersprüchlich. Dies wird nochdadurch gesteigert, dass Baisch dieFunktion jeweils als "Notwendigkeit"bestimmt, "den mit einem spezifischenText verbundenen Bedeutungszusam-menhang identisch zu halten" (S. 93).Man fragt sich unwillkürlich, ob eswirklich die "Identität" des Textes ist,die im Überlieferungsgeschehen zumVorschein kommt. Sollte man hier nichtzuerst an die "Identität" der redaktio-nellen Interpretationsgemeinschaft den-ken? Sind nicht gerade die von Baischgesuchten Bedeutungen, "die an be-stimmten Momenten der Geschichte ei-

nes Textes Signifikanz besaßen" (S. 1),oftmals enger mit den "bestimmten Mo-menten der Geschichte" verknüpft alsmit dem "Text"?1

Obgleich Baisch in diesem Zusam-menhang rügt, die Forschung habe sichzu wenig darum gekümmert, "des 'Le-sers' habhaft zu werden" (S. 85),2 ver-bietet er sich selbst jegliche Bewegung,die von der Textlektüre zu sozialen Ak-teuren, Gebrauchsinteressen oder ande-ren außerliterarischen Entitäten führenkönnte. Ein Sprung wäre an dieser Stellesicher nicht ungefährlich. Literaturso-ziologische Ansätze sind bei solchenManövern oft schmerzhaft zu Fall ge-kommen. Gleichwohl braucht einSprung nicht als einzige Möglichkeit derFortbewegung zu gelten! Für Baisch gibtes hier aber nur entweder-oder. Infolgeseiner Entscheidung, die Überliefe-rungsgeschichte ausschließlich von in-nen her, also von Seite der Textimma-nenz, zu beleuchten, wird die Frage, obes möglich sei, "die Stimme des Autorsim Rauschen der Überlieferung zu hö-ren" (S. 80), nolens volens zustimmendbeantwortet. Die "anekdotische Überlie-ferung" spannt somit ein Sinnfeld auf, indem der Tristan des Cgm 51 dermaßeneng mit dem ungekürzten Text Gott-frieds verbunden ist, dass man in einemgewissen Sinn tatsächlich von "Identität"sprechen muss. Dass es in diesem Feldtrotzdem Verwerfungen gibt, ist offen-sichtlich. Baisch selbst arbeitet heraus,dass dem Tristan der Münchner Hand-schrift die Komplexität von GottfriedsRomanfragment fehlt. Solche Abwei-chungen gelten ihm allerdings nicht alsSignatur von Unverständnis oder Miss-verstehen seitens der redaktionellen In-

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terpretationsgemeinschaft. Die "komple-xe Dekomplexierung" (S. 248) ist ihmvielmehr Beleg dafür, dass GottfriedsWerk in der Cgm 51-Werkstatt verstan-den worden ist. Um dies plausibel zumachen, wird die WirkungsästhetikWolfgang Isers ins Spiel gebracht: "Jedeeinzelne Interpretation ist die Aktualisie-rung einer in der Werkstruktur fundier-ten Sinnmöglichkeit" (S. 84).3 DieseVerknüpfung ist nicht ungeschickt, gehtes Iser doch ebenfalls darum, die Wir-kung literarischer Texte ausschließlichvon Seite der Textimmanenz her zu be-stimmen.

Im Zeichen dieser wirkungsästhe-tisch reformulierten Hermeneutik derSinnpräsenz wendet sich Baisch darauf-hin gegen die Ansicht Walter Haugs,Meisterwerke verschiedenster Couleurwürden im Verlauf der Rezeptionsge-schichte gern banalisiert und schaurigmissverstanden.4 Die ÜberlegungenHaugs gelten ihm als inkonsequent:Würde man den Gedanken einer "absin-kenden Rezeption" (S. 297) zu Endedenken, müsste neben die beklagte Lite-raturgeschichte der Fehlinterpretationeneine Art Wissenschaftsgeschichte derFehldeutungen treten. Den Schreiber desCgm 51 und die literaturwissenschaftli-che Forschung sieht Baisch "im selbengläsernen Skriptorium" sitzen (S. 297/Anm. 507). Mit Steinen zu werfen, emp-fiehlt sich daher nicht! So erkenne diegermanistische Mediävistik im Moment,dass der "Doppelweg", jene nicht zuletztvon Haug propagierte Symbolstrukturder Artusromane, keinen Königsweg derInterpretation darstelle. Die Vorstellungeiner "absinkenden Rezeption" und dasstrukturorientierte Ausblenden von Ge-

schichte überhaupt sieht Baisch damitgleichermaßen ad absurdum geführt.

Angesichts der konsequent verfolg-ten Hermeneutik der Sinnpräsenz mag eserstaunen, dass die Leistung von BaischsArbeit faktisch darin liegt, die Differen-zen zwischen dem Tristan des Cgm 51und den nicht bearbeiteten Texten Gott-frieds und Ulrichs herausgearbeitet undso die besondere Poetik der MünchnerTristan-Bearbeitung bestimmt zu haben.Deren Konturen seien hier nur grob um-rissen: Die Liebesgeschichte wird har-monisiert (S. 299) und auf die Hauptfi-guren konzentriert (S. 302). Es lässt sicheine "Abneigung des Bearbeiters gegen-über Erscheinungsformen des Höfischenim Roman" feststellen (S. 303). Das Ge-schehen wird aus den politischen Bezü-gen herausgerückt und "familiarisiert"(S. 304). Insgesamt setzt der Redaktor"Gottfrieds elaborierter Erzählpoetik [...]ein handlungsorientiertes Erzählen ent-gegen" (S. 305). Die Beschreibung die-ser Differenzen steht nun freilich nichtim Gegensatz zur Annahme eines dieÜberlieferung integrierenden Sinnfelds;– die Falten in einem Rock bilden jaauch keinen Gegensatz zu diesem Klei-dungsstück! Die Annahme von Sinnprä-senz bewahrt Baisch vielmehr davor, dieDifferenzen zwischen dem Tristan desCgm 51 und den nicht bearbeitetenTexten Gottfrieds und Ulrichs leichtfer-tig als Korrumpierung abzuwerten.Deutlicher als ältere Untersuchungenbegreift Baisch diese Veränderungen alsredaktionelles Konzept.

Als Schwäche seiner Arbeit benenntBaisch zuletzt (S. 351f.), dass diesesKonzept ausschließlich auf der Folie dervollständigen, also nicht gekürzten und

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nicht umgearbeiteten Texte bestimmtwird: Die "poetische Autonomie" derBearbeitung werde so nicht sichtbar!Dieses Vorgehen scheint aber genausounvermeidlich wie das Faktum, dassbeim "close reading" die Texte Gott-frieds und Ulrichs immer durch dieBrille der aktuellen Forschungsdiskus-sion wahrgenommen werden und die inder Münchner Handschrift zu konstatie-renden Veränderungen folglich stets inRelation zu dieser Diskussion aufschei-nen. Baischs Wunsch, dass der Tristandes Cgm 51 als eigenständige Größe an-erkannt werde, kann man nur unterstüt-zen. Den ersten Schritt in diese Richtungsieht Baisch in einer eigenständigenEdition dieses Textes, einen zweitendarin, dass es auch in Bezug auf diesenTristan zum "Streit der Interpretationen"kommt (S. 353). Wie wahrscheinlich ei-ne solche Entwicklung ist, vermag wohlniemand zu sagen. Ganz ausgeschlossenist dieser Aufschwung jedenfalls nicht.Auch Gottfrieds "intakter" Text hatte inden Anfängen der Germanistik nochkeineswegs das Gewicht, das ihm heutebeigemessen wird.Dr. Michael Neecke · Institut für

Germanistik · Universität Regensburg ·Universitätsstraße 31 ·D-93040 Regensburg ·

[email protected]

1 Eine absolute Dominanz der Interpreta-tionsgemeinschaft behauptete der ameri-kanische Literaturwissenschaftler StanleyFish: "[M]eanings are the property nei-ther of fixed and stable texts nor of freeand independent readers but of interpre-tive communities that are responsibleboth for the shape of reader's activities

and for the texts those activities produce"(How To Recognize a Poem When YouSee One, in: ders., Is There a Text inThis Class?, Cambridge/London 122003,S. 322-337, dort S. 323).

2 Als Ausnahme wird eine Arbeit vonKarl-Heinz Göttert zitiert: "Denn die aufimmer neuen Abschriften beruhendeTradierung älterer Literatur bewahrt unsin den Varianten der Schreiber ein beiLichte besehen unschätzbares Materialimmer neuer Manifestationen der Wir-kung der tradierten Texte und aufgrundder spezifischen Tradierungsform ebenZeugnisse über den Vorgang einer indi-viduellen Aneignung – eine Art Fixie-rung des 'Lesens'" (Die Spiegelung derLesererwartung in den Varianten mittel-alterlicher Texte [am Beispiel des Rein-hart Fuchs], in: DVjs 48 [1974], S. 93-121, hier S. 95). Nicht nur an dieserStelle erweist sich Baischs Arbeit alsFundgrube, was interessante Forschungs-ansätze und Problemstellungen betrifft.

3 Wolfgang Iser, Im Lichte der Kritik, in:Rainer Warning (Hg.), Rezeptionsästhe-tik. Theorie und Praxis, München 1975,S. 325-342, dort S. 330.

4 Walter Haug, Eros und Fortuna. Der hö-fische Roman als Spiel von Liebe undZufall, in: ders., Brechungen auf demWeg zur Individualität. Kleine Schriftenzur Literatur des Mittelalters, Tübingen1995, S. 214-232, dort S. 225.

Susan B. Edgington and Carol Swee-tenham, trans. The Chanson d'Antio-che: An Old French Account of theFirst Crusade (Crusade Texts inTranslation: 22), Ashgate, Surrey,UK, and Burlington, VT, 2011, 440pp. Geographically, Antioch was ever animportant ecclesiastical center, and to-day's modern-day Antakya is strategi-

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cally located about 100 kilometers fromthe Mediterranean and the same distancefrom Aleppo. It lies in the contemporaryTurkish Hatay province that shares aborder with Syria. But as for this chan-son de geste, the manuscript tradition—woefully vexed, mysterious and abun-dant—presents a "rather complex pic-ture" (p. 39)—a perfect example ofZumthor's mouvance. Maybe just a realmess would offer a better way to de-scribe the picture this new volume sug-gests. The work, intriguing insofar as itrecounts a well-documented historicalevent—the First Crusade—and appearsto include genuine historical content,was once attributed to Richard the Pil-grim, an "eye witness" according to thelate-twelfth century adaptor Graindor deDouai. The editors, British scholars,with a fresh and modern perspective,have astutely investigated such claims inthe course of their nearly 100 page in-troduction. Indeed, the team's introduc-tion is a tour de force, covering the tex-tual history of the highly-secular poemfrom its possible oral beginningsthrough several re-workings to its pres-ent form, achieved early in the thirteenthcentury. Besides two fragments and aprose summary, it survives in some ninemanuscripts, of which five are in theBNF, one each in the Arsenal, Berne,British Museum, and Turin, and all re-vealing four distinct thirteenth-fourteenth versions. A second chapterassesses the chanson's historic value as asource for the Crusade, and a third con-siders its status as a literary text. Textualhistory runs nearly fifty pages, coveringauthorship and dating; antecedent andrelated materials (like the Occitan Canso

d'Antioca); sources and parallels (a lin-guistic-style "back formation" definitelyat work here); then the central and uni-fied crusade trilogy is defined (referredto as the "cycle de Jérusalem"—Chan-

son d'Antioche, Les Chétifs, and Chan-son de Jérusalem—an assemblage fromnortheastern France (34). The compila-tion mixes "pre-existing texts, conven-tion, imagination and repetition" (36).Edgington and Sweetenham (hereafterE&S) speculate regarding the existenceof a vernacular ur-Antioche dated asearly as 1110 but which only appears atthe end of the twelfth century. Its his-toricity is convoluted as well: E&S ar-gue for the text's validity in its genuineand typical chanson de geste portrayal ofwarfare and mentalities—not of the eraof the First Crusade but of the thirteenthcentury. It is thus valuable for that era,though much less so for that of the1090s. A brief run-down of the receptionof the poem, with its "startling realism"(p. 49), reveals its subsequent appro-priation in Tasso's fantastic Gerusa-lemme Liberata (1581), then by nation-alistic nineteenth-century scholars, andwas ultimately vindicated through mod-ern scholarship that has left yet unan-swered questions of authorship and ap-parently-random source material (e.g.,the roles of the poem's "hero," Peter theHermit, the French chronicler Robert theMonk, and of the Historia Ierosolimi-tana by Albert of Aachen1). Not tomention the sore spot of the work's pa-tronage, from the Bouillon link to that ofthe St. Pol family.

Viewed as a literary text, E&S ex-amine style and form as well as its "hy-per-reality" that assures verisimilitude

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and originality. Stylistically conven-tional, rhetorical formulae are frequent(include typical chanson de geste similesand hyperbole), and characters andsituations are often one-dimensional andstereotypical. But this epic, with its in-teresting alexandrins and laisse layout,offers a lively narrative with fiercelyanti-Muslim tales of chivalry, villainy,and even episodes of comic relief: siegebegets bloody siege and famine, battlesrage, truce follows slaughter, and head-taking stops none.

The prose translation retains theoriginal's vigor, readability, and access-ability: at once cogent and winning,E&S render a number of difficult OldFrench passages into understandableEnglish. There are extensive footnotes tothe translation, and appendices providesupplementary material from differentmanuscript traditions and a table ofrhymes. There is also an alphabetical listof characters ("dramatis personae" fromAaron to Yvon, Bohemond of Sicily tohis nephew Tancred FitzMarquis, butnot including the cannabalistic and fear-ful pagan Tafurs), with biographical in-formation for the 'real' ones and literaryanalogues for the fictional ones. Thebibliography abounds: nearly 400 entries(Latin and Old French editions of textsand critical studies). Missing is one ofmy favorites, the classic by renownedFrench scholar Etienne Delaruelle,L'Idée de croisade au Moyen Age (Tu-rin: Bottega d'Erasmo, 1980; trans. asThe Origin of the Idea of Crusade byWalter A. Goffart and Marshall W.Baldwin, Princeton UP, 1978).

All in all, the editors conclude: withits "heroes and villains, drama, pathos

and light relief" […, [t]he true unique-ness of the Antioche is to have created afourth cycle of heroic achievementsalongside those of Charlemagne, Arthurand classical antiquity" (p. 85).Raymond J. Cormier · LongwoodUniversity-VA · 237 Stable Rd. ·Carrboro, NC 27510 ·

[email protected]

1 See Albert of Aachen, Historia Ierosoli-mitana, ed. and trans. S. Edgington (Ox-ford: Oxford Medieval Texts, 2007).

Communities of Learning – Networksand the Shaping of Intellectual Identi-ty in Europe (1100-1500) (Europasacra, 9), hg. von Constant J. Mewsund John N. Crossley, Brepols, Turn-hout 2011, 366 S.Es macht Mühe, den Begriff einer"community of learning" adäquat insDeutsche zu übersetzen. Spricht manvon einer "Lerngemeinschaft" wecktdies ungute Assoziationen an längst ver-gangene Schul- und Studienzeiten. Undbeim Terminus einer "gelehrten Ge-meinschaft" denkt man unweigerlich aneine Versammlung in Würde ergrauterund hochangesehener Akademiker. Eine"community of learning" umfasst dem-gegenüber sehr viel mehr, beinhaltetAspekte von Lernen und Lehren und be-zeichnet den Rahmen, in dem Ideenentwickelt und ausgetauscht werdenkönnen. Die Mediävistik hat sich langeauf die Erforschung von Institutionen(und damit auf formale Ausbildungs-strukturen) konzentriert, doch spielen inall diesen Institutionen und Vereinigun-gen, egal ob politischer, wissenschaftli-

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cher oder religiöser Natur, Diskussionund/oder Widerspruch eine zentraleRolle. Vorliegender Band setzt sich zumZiel, einiges aus der Fülle der zwischendem 12. und 15. Jahrhundert existieren-den "communities of learning" vorzu-stellen. Institutionen stehen dabei weni-ger im Fokus als die Ideen, die in ihnendiskutiert, weiterentwickelt und weiter-vermittelt wurden.

Die 15 Beiträge fußen auf Vorträgen,die auf der Konferenz "Communities ofLearning and Religious Diversity in Eu-rope (1085-1453)" an der Monash Uni-versity in Melbourne (August 2006) ge-halten wurden. Sie zeugen insgesamtvon dem großen Interesse, dessen sichdie europäische (Geistes-)Geschichtedes späten Mittelalters auch in "downunder" erfreut. Spürbar ist das Bemühen,auf eine Aneinanderreihung wissen-schaftlicher Vortragssolitäre zugunsteneiner artikelübergreifenden Anschluss-fähigkeit zu verzichten.

Ein erster thematischer Schwerpunktbildet die Situation im 1085 zurücker-oberten Toledo, wo sich der neu einge-setzte Kathedralklerus mit zwei Gemein-schaften konfrontiert sah, die sich in derVergangenheit intellektuell als ausge-sprochen beweglich und bildungsorien-tiert erwiesen hatten: die jüdische Ge-meinde und der Restbestand an gelehr-ten Muslimen. Charles Burnett ("Com-munities of Learning in twelfth-centuryToledo", 9-18) stellt diese Gemein-schaften vor und beschreibt die gegen-seitigen Kontaktzonen. Große Bedeu-tung kommt dabei Dominicus Gundissa-linus, Erzdiakon von Segovia, zu, derzwischen 1162-1181 in Toledo residierteund bei der Abfassung seiner Werken

auf Übersetzungen aus dem Arabischenund die Hilfe jüdischer Gelehrter zu-rückgriff. Alexander Fidora vertieft die-se Thematik ("Religious Diversity andthe Philosophical Translations ofTwelfth-Century Toledo", 19-36) undfragt ausgehend von den philosophi-schen Traktaten bzw. Übersetzungen ei-nes Abraham Ibn Daud and DominicusGundissalinus nach den Voraussetzun-gen für einen Religionsdialog. Deutlichwird, dass beide Autoren ihre Glaubens-diskurse als rein philosophische Diskur-se entwickelten. Dies könnte die Erklä-rung dafür sein, weshalb im Toledodes12. Jahrhunderts Belege für direkteKonfrontationen bzw. Debatten zwi-schen Angehörigen unterschiedlicherGlaubensrichtungen rar sind. DieserDialog fand statt, war aber eben reinphilosophischer Natur, d.h. die gemein-same Sprache war eine philosophische.Die Übersetzer übertrugen nicht schlichtTexte von einer Sprache in die andere,sondern verstanden ihre Übersetzungs-leistung als Beitrag zu einer rationalenBefragung der Grundlagen von Religion.Der gegenseitige intellektuelle Aus-tausch auch gerade auf dem Gebiet derÜbersetzungen aus dem Arabischen, fürdie Toledo berühmt war, wird von AmosBertolacci anhand des philosophischenHauptwerks von Avicenna, dem Kitabal-Shifa', einer Summa über Logik, Na-turphilosophie, Mathematik und Meta-physik, demonstriert ("A Community ofTranslators: The Latin Medieval Ver-sions of Avicenna's Book of the Cure",36-54).

Einen zweiten thematischen Schwer-punkt bilden Briefsammlungen. Wäh-rend sich Cary J. Nederman derjenigen

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des John of Salisbury widmet ("TextualCommunities of Learning and Friend-ship Circles in the Twelfth Century: AnExamination of John of Salisbury's Cor-respondence", 73-83), untersucht JasonTaliodoros diejenige des Peter von Blois("Communities of Learning in Law andTheology: The Later Letters of Peter ofBlois [1125/30-1212]", 85-107). John ofSalisbury fasste insgesamt 325 Briefe inzwei Sammlungen zusammen. Die so-ziale und geographische Spannbreite der213 identifizierbaren Empfänger ist da-bei sehr groß: In der Forschung werdensie holzschnittartig in eine amicitia- undeine non amicitia-Gruppe unterteilt. Ne-derman versucht nun zu zeigen, wie sehrdie Korrespondenz zwischen FreundenZüge einer protouniversitären und vir-tuellen "community of learning" anneh-men konnte. Johns Briefe erweisen sichals Musterbeispiele moralischer Unter-weisung. Auf Ciceros Laelius fußend,kommt dabei insbesondere der für eineFreundschaft essentiellen Glaubwürdig-keit besondere Bedeutung zu. Wohl kei-ner hat dieses Faktum besser auf denPunkt gebracht als John selbst: amicitialoqui non novit nisi facie revelata. Die inmehr als 250 Handschriften überlieferteBriefsammlung des Peter von Blois ent-stand ab 1184 mit der erklärten Absicht,das eigene Tun zu dokumentieren undsich somit ein kleines Stück Ruhm zuerwerben. Taliodoros tritt dabei aber dervon der Forschung immer wieder vor-getragenen Behauptung, Peter habe sichin seinen späten Schriften von weltli-chen und juristischen Dingen ab- undtheologischen Sachfragen zugewandt,entschieden entgegen. Er sieht zwarebenfalls ein stärkeres Interesse an

Theologica in der zweiten Lebenshälfte,weist aber eine Fülle von Anklängenbzw. Übernahmen aus dem römischenund kanonischen Recht auch in dieserPhase nach. Deutlich wird, dass dieGrenzen zwischen Recht und Theologiefür Peter fließend waren.

Nicht virtuelle, sondern institutiona-lisierte Formen von "communities of le-arning" in Gestalt universitärer bzw.monastischer Studienhäuser und Kolle-gien bilden einen dritten thematischenSchwerpunkt. Während sich Constant J.Mews mit den Schulen und Kollegien imParis des 13. Jahrhunderts auseinander-setzt ("Communities of Learning and theDream of Synthesis. The Schools andColleges of Thirteenth-Century Paris",109-135), richtet Peter Howard denBlick auf die Studienhäuser der Bettel-orden im Florenz des 15. Jahrhunderts("Doctrine, when preached, is entirelycivic: The Generation of Public Theolo-gy and the Role of the Studia of Flo-rence", 293-314). Mews definiert diemittelalterliche Universität als "clusterof different communities" (111), zeich-net knapp die Geschichte einiger derwichtigsten Schulen und Kollegien nach,untersucht den dort gepflegten Umgangmit neuen Ideen, insbesondere denjeni-gen des Aristoteles, und beschreibt diedaraus erwachsende intellektuelle Krea-tivität. Der Hauptthese, der zufolge dieUniversität ihre Existenz dem geistigenAustausch, der Diskussion und demStreit innerhalb dieser Kollegien ver-dankt, ist zuzustimmen. Als herausra-gend ist der Beitrag von Peter Howardzu bezeichnen, der bisher mehr als jederandere zur Erforschung der Predigt imItalien des späten Mittelalters beigetra-

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gen hat. Er stellt ein neues Forschungs-projekt vor, das auf die Erforschung derBedeutung von studia im Florenz desspäten Mittelalters abzielt. SämtlicheBettelorden unterhielten bedeutendeStudienhäuser in der Stadt am Arno, diein Konkurrenz zum von der Stadtkom-mune abhängigen studio, der Universi-tät, traten. Eine systematische Studieüber die studia des 15. Jahrhunderts inFlorenz und ihre Interaktion mit derStadt liegt bisher nicht vor. Howard be-schreibt die einzelnen Forschungslückenund verweist mit Nachdruck auf die Be-deutung der Predigt als Interaktion parexcellence zwischen den Bettelordenund der Stadt.

Dass dem intellektuellen ZentrumEuropas im Mittelalter, Paris, weitereBeiträge gewidmet sind, kann kaum er-staunen. Mit Johannes de Grocheio, derin gleich zwei Beiträgen eine zentraleRolle spielt, tritt ein Vertreter desjenigenTeilgebiets der Sieben Freien Künste aufden Plan, das innerhalb der historischenForschung leider immer noch eine nurmarginale Rolle spielt: die Musik. Mitseiner Ars Musice, der ersten systemati-schen theoretischen Abhandlung weltli-cher Musik, setzte Grocheio Maßstäbe.Während John N. Crossley und CarolWilliams in Person, Werk, und Adres-satenkreis einführen ("Studying Musicain thirteenth-century Paris: The Expec-tations of Johannes de Grocheio", 137-150), untersucht Catherine Jeffreysden geographischen, intellektuellen undhistorischen Kontext, in dem Musiktheo-rie in dieser Periode überhaupt erst ent-stehen konnte ("The Exchange of Ideasabout Music in Paris [c. 1270-1304].Guy of Saint-Denis, Johannes de Gro-

cheio, and Peter of Auvergne", 151-175).

Summa summarum: Ein anregenderBand, der viele starke und einige wenigeschwache Beiträge enthält und dazueinlädt, zum einen die Ideen hinter denInstitutionen, zum anderen den intellek-tuellen Austausch zwischen den einzel-nen "communities of learning" stärker inden Blick zu nehmen.Ralf Lützelschwab · FU Berlin

Une conquête des savoirs: Les traduc-tions dans l'Europe latine (fin du XIe

siècle-milieu du XIIIe siècle). Actes ducolloque organisé à la Fondation Sin-ger-Polignac, novembre 2008, parl'Association « Rencontres médiévaleseuropéennes, 9», présidée par Mo-nique Cazeaux; avec Monique Bourin... [et al.]; sous la présidence de PierreRiché et Françoise Gasparri. Ed. MaxLejbowicz, Brepols, Turnhout, 2009,pp. 175.Rebirth and renewal, in cultural and so-cial terms, characterizes the "longtwelfth century," an already well-docu-mented era of secular expansion. Thisvolume, based on a 2008 colloquium,seeks to focus more precisely on the pe-riod, with an intentional inclusion ofasynchronous rhythms and sundryevents beginning with the year 1000—all dealing with translation. However di-verse, this advance may yet be summa-rized as an environmental and psycho-logical achievement for the humankindof Europe. The signs are compelling:agricultural tools, crafts and techniques,a clearing of land and urban renewal, a

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swelling demographic in new towns em-ploying a money economy, the progressand diffusion of writing along with thesupport of vernacular languages—allthese accompany the growth of newknowledge that arose in a multiformLatinate world, transfigured and un-chained particularly by the promotion ofthe vernacular. Intensified and elevatedby its innovations, clerical traditions andaspirations nevertheless reach an endpoint by around 1400. The accumulatedwisdom of preceding centuries thenserved to link up the next generationswith Greek and Classical Latin, even asthey began to cross the oceans of a sun-centered land. The term "global" ex-pands the new ideas of twelfth-centuryEurope, and within a few hundred yearsthe Latin Continent reached across andwas re-formed into a "Nouveau Monde".

There are just eight contributions inthis significant volume, each followedby a transcript of a lively Q&A. In anintroductory paper, "Le XIIe siècle féo-dal et florissant de l'Europe latine" (11-24), Monique Bourin covers many of thetopics enumerated above. She concludesthat we still do not really know why theneed for translations was undertaken; itis the scribes and patrons who really re-quire further study, particularly those as-sociated with schools linked to the ca-thedrals. Philippe Haugeard, with hischallenging essay, "Traduction et essorde la littérature en langue française: l'é-tat d'esprit des premiers auteurs de ro-mans (XIIe siècle)" (25-44), focuses ongenre (in this case romance) and on theuniversal theme of writing as humanisticpreservation, as instanced in Wace'sRoman de Brut, Roman de Rou, and in

Benoît de Sainte-Maure's Roman deTroie. His fascinating point (31-2)—thattranslation is felt to be a loss accordingto today's way of thinking, whereas formedievals such a notion was foreign—compels concurrence. He observes thatpatronage in this period was crucial forthe creation of romance: "The phenome-non is the natural consequence of a greatintellectual ebullience and of a powerfulcreative élan that animated the world ofletters of the time. The twelfth century isan era marked by cultural effervescence[... especially 1150-1180, for vernacularliterature]" (my translation; 37). For thismarvel he deduces three causes: a grea-ter diffusion of classical texts, a mod-ernizing incentive to appropriate same,and a creative drive to reach and please anew courtly public.

Alexander Fidora, in "Les Différen-tes approches des traducteurs: De la per-ception des textes à la réception des tra-ductions" (45-66), neatly divides hiswork into four: a history of the theoryand practice of translation in the Latinworld up to the twelfth century (empha-sis on Greek to Latin); the evolution ofthe movement of Arabic-Latin transla-tions in the Iberian peninsula; an excur-sus follows on philosophical translationsof Latin texts into Hebrew. Fidora thenevaluates the importance, for the historyof philosophy, of the various develop-ments mentioned. For Jacques Verger,Le Rôle des traductions dans la nais-sance de l'université médiévale (67-82),social and economic factors do play apart in this birth, but more significantly,he argues, is the intrinsic aspect: schol-arly motivation, i. e., an appetite forknowledge, a taste for rational proce-

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dures, a curiosity for innovation, and ayearning for intellectual freedom. Mark-edly emphasized were subjects like Ro-man law, philosophy, and sciences, asthe learning inherited from the Ancientswas manipulated through translations.The name, thought, metaphysics, andtheology of the great synthesizer Avi-cenna (ca. 980-1037) and polymathAverroes (1126–1198) are invoked fre-quently in these pages, as are of coursethe commented works of Aristotle—andall in some depth by Jean Jolivet in LeTournant avicennien (83-100). Avi-cenna's Kitab al-Shifa' (The Book ofHealing), a vast philosophical and sci-entific encyclopedia, had a major im-pact. On the hotly-contested topic ofbeing and essence, Jolivet lists interven-tions, allusions or translations by Adé-lard of Bath, James of Venice, Thierryof Chartres, John of Salisbury, and hefollows their ideas down to their latter-day scions, Leibniz and Spinoza.

Jean Celeyrette, in his "Ibn al-Haytham suiveur de Ptolémée? Unethèse controversée en histoire de l'op-tique" (101-120), focuses on the dis-puted reception in medieval history ofoptics in connection with Alhazen (orAlhacen, 965–ca. 1040), known mainlyfor his early eleventh-century pioneeringtreatise, Kitab al-Manazir (Book of Op-tics), a work translated imperfectly asDe aspectibus by 1250. In anticipationof a scientific method of observation,and in opposition to Euclidean andPtolemaic extramissionist theories, "[...]Alhacen considered that the viewed ob-ject emitted luminous rays toward theeyes, called the intromissionist theory"(102; my translation). The difficult

question is whether Alhacen was influ-enced or not by Ptolemy's Optics. Celey-rette concludes that he was.

Plato of Tivoli (Plato Tiburtinus), anItalian translator from Arabic into Latinof the Sabean Inscriptions (ca. 1140),was also a mathematician and astrono-mer, and apparently the first to translateinformation on the astrolabe from Ara-bic. This medieval Plato was also thefirst to translate into Latin a text writtenin Hebrew, the Liber Embadorum (Bookof Areas, or Practical Geometry), nodoubt aided by its author, Abraham barHiyya. Max Lejbowicz, "L'Acculturationlatine selon Platon de Tivoli" (121-142)shows how the Inscriptions, composedby Al-Battani (Albatenius, Albategnius)survived even to the seventeenth andeighteenth centuries as a Science of theStars, a book of astronomical tables,based on Ptolemy's theory. The begin-nings and florescence of Hebrew scien-tific literature (philosophy, medicine,mathematics, astronomy) in twelfththrough fourteenth centuries. Provence(Catalonia/Aragon) is the matter coveredby Tony Lévy in "Livres et culture sci-entifique dans le monde juif en Provencemédiévale" (143-164). Arabic (Classicalor Literary) became the cultural writtenlanguage of Jews in practically all do-mains (except liturgy and poetry), it waseven used as an everyday language ofArabic-speaking Jews. Lévy lists severaltranslators and translations from theArabic, such as Euclid's Elements,Ptolemy's Almageste, Arabic commen-taries on Aristotle and Rabbinical works.With a very brief and appropriate noteon the cover-page illumination by Lej-bowicz, the volume closes, followed by

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nearly ten pages of indices. All in all, auseful and important contribution to thegrowing field of translation studies.Raymond J. Cormier · LongwoodUniversity-VA · 237 Stable Rd. ·

Carrboro, NC 27510 ·Email:[email protected]

Daniela Karner, Täuschung in GottesNamen. Fallstudien zur poetischenUnterlaufung von Gottesurteilen inHartmanns von Aue "Iwein", Gott-frieds von Straßburg "Tristan", DesStrickers "Das heiße Eisen" und Kon-rads von Würzburg "Engelhard"(Mediävistik zwischen Forschung,Lehre und Öffentlichkeit, 5), Frank-furt a. M., Berlin, et al. 2010, 166 S.Dass das Ordal, oder Gottesurteil, auchmit der Verurteilung auf dem 4. Laterannicht plötzlich von der Bildfläche ver-schwand, hat die historische Forschungschon lange erkannt. Inwieweit aber dievolkssprachlichen Dichter selbst in denfolgenden Jahrhunderten mit diesemThema umgegangen sind, stellt weiter-hin ein spannendes, wenngleich nichtunbedingt neuartiges Sujet dar. Dennochwidmet sich Daniela Karner in ihrerGrazer Diplomarbeit von 2009 erneutdem Gottesurteil, wie es in den vier be-deutenden Werken (siehe Titel) zurSprache kommt, weil sie genauer über-prüfen möchte, inwieweit dabei jeweilsTäuschung als bewusste Strategie einge-setzt wird. Bei Hartmann erhält derProtagonist von Lunete einen unsichtbarmachenden Ring, was ihn davor rettet, inFolge der Bahrprobe hingerichtet zuwerden. Isolde bedient sich eines fäl-

schenden Eides und vermag so, ihrenKopf aus der Schlinge zu ziehen. In demMäre Des Strickers betrügt der Ehemannseine Frau, indem er unbemerkt seineHandfläche vor dem heißen Eisenschützt, während sie dann, ebenfalls zumTragen des Eisens gezwungen, sichfürchterlich verbrennt. Schließlich tau-schen in Konrads Engelhard die zweiFreunde, die sich so völlig gleich sehen,ihre Plätze, was Dietrich die Möglichkeiteinräumt, tatsächlich ehrlich auf seineUnschuld zu schwören.

Karner bietet nun eine vorzüglichekritische Interpretation aller vier Texte,in denen es nach ihrer Meinung gar nichtwirklich um Gotteskritik oder Verspot-tung der Kirche geht (dies sowiesonicht), sondern um Kritik am Rittertum(Iwein), an König Marke (Tristan) oderan der Tradition des Ordals überhaupt.Sie hält es freilich für unwahrscheinlich,dass Gottfried die Hofgesellschaft an-greifen wollte, hat aber die diesbezügli-che Forschung nicht registriert, weiß al-so auch nichts von der umfangreichenHofkritik, wie sie im 12. Jahrhundertimmer stärker vernehmlich wurde (siehez. B. C. Stephen Jaeger, The Origins ofCourtliness, 1985; hier nicht konsultiert;siehe zuletzt Albrecht Classen, "UnjustRulers and Conflicts with Law and So-verignty," Law and Sovereignty, ed. Ro-bert S. Sturges, 2011). Zu Recht re-gistriert sie das grobe FehlverhaltenIweins gegen Ascalon, aber es gelingtihr dann freilich nicht, die Problematikdieser ambivalenten Figurenzeichnungaufzulösen. Voll zustimmen kann manKarner bei den Interpretationen der zweifolgenden Texte, denn beim Strickergeht es keineswegs um rechtsphilosophi-

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sche Fragen, sondern um das Machtver-hältnis zwischen Mann und Frau, wobeider erstere nach einem heftigen Angriffihrerseits doch noch erfolgreich seinePosition behaupten kann, denn sie ent-larvt sich als wehleidig, naiv und töricht,ängstlich und insgesamt als bösartig.Hinsichtlich des Engelhard konstatiertKarner richtig, dass auch hier Gott prak-tisch ganz aus dem Spiel gelassen wird,obwohl der Versroman ansonsten sehrreligiös untermauert ist.

Das kritische Moment entsteht da-durch, dass ja Engelhard im Grundeschuldig ist und sich letztlich nur des-wegen gegen Ritschier behaupten kann,weil einerseits sein Freund für ihn ein-springt und andererseits Engelhard jaaufrichtig die dänische Prinzessin liebt.Der Konflikt resultiert also aus der Pola-rität von strenger Rechtsauslegung sei-tens des Angreifers und der Idealisie-rung von Liebe und Treue seitens desProtagonisten. Karner berücksichtigtfreilich nur die Komponente triuwe undhat das erotische Element nicht genugim Auge behalten. Genau dies erweistsich auch in Gottfrieds Tristan als einschwergewichtiges Argument, dennIsolde triumphiert dort vor allem ausdem Grund, nicht weil sie listenreich istoder strategisch vorzugehen versteht(was beides zutrifft), sondern weil sieTristan liebt, was die zwielichte RolleChristi, auf den sich der Erzähler be-zieht, ganz anders erscheinen lässt.

Man kann der Autorin insgesamt nurzustimmen, dass diese vier Dichter kaumals strenge Kritiker am Ordal zu be-zeichnen wären. Sie beurteilen es zwarmit einer gewissen Ironie, setzen es aberohne Weiteres ein, um den triumphalen

Erfolg ihrer Protagonisten zu beschrei-ben. Juristische oder theologische Fra-gen werden insgesamt kaum aufgewor-fen.

Karner hat eine sehr angenehm for-mulierte, elegant strukturierte und klugdurchdachte Arbeit vorgelegt, die über-zeugend die Argumente entwickelt undwesentliche Streitpunkte in der For-schung kritisch beurteilt. Bedauerlich istdie so typische Beschränkung auf diedeutschsprachige Forschungsliteratur(abgesehen von Vickie L. Ziegler,2004), die sehr geringe Konsultation dertheologischen und philosophischenTexte des hohen Mittelalters, die sichmit dem Ordal auseinandersetzen, unddie eigentümliche Widersprüchlichkeitin der Beweisführung. Diese bestehtdarin, einerseits die Geschichte des Got-tesurteils recht gründlich auszuleuchten,andererseits aber immer wieder zu beto-nen, wie wenig die literarischen Zeug-nisse Aussagekraft für die historische'Realität' besitzen. Mentalitätsgeschicht-lich gesehen scheint mir dies sehr abwe-gig und unergiebig zu sein. Leider wur-de kein Register für dieses Büchlein er-stellt.Albrecht Classen

Jürgen Dendorfer, Roman Deutinger(Hrsgg.), Das Lehnswesen im Hoch-mittelalter. Forschungskonstrukte –Quellenbefunde – Deutungsrelevanz(Mittelalter-Forschungen, Bd. 34),Thorbecke, Ostfildern 2010, 488 S.Dies ist ein wichtiges Buch, an demkünftige Forschungen zum Lehnswesenim römisch-deutschen Reich nicht wer-den vorbei gehen dürfen. Der bemer-

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kenswert konsistente Sammelband bün-delt nicht nur überzeugend das bislangErreichte – was an sich schon eineLeistung wäre –, sondern unterzieht die-sen Stand der Dinge einer kritischen Re-vision, die zu neuen Perspektiven ein-lädt.

Zu besagter Konsistenz trägt sicher-lich der klare Fokus auf das DeutscheReich – den der Titel leider nicht mit-transportiert – und einigen wenigenkleineren Nachbarherrschaften bei: be-handelt werden dabei Flandern (DirkHeirbaut, S. 217-253, Philippe Depreux,S. 387-399), die Provence (Florian Ma-zel, S. 255-280) und die Mark Verona(Daniela Rando, S. 281-298). Eine Aus-weitung etwa auf England oder Frank-reich hätte sicher manches anders ausse-hen lassen, notwendig aber auch zu einerAusfaserung der Ergebnisse geführt,wohingegen die gut überlegte Einbezie-hung dieser drei kleineren west- undsüdeuropäischen Nachbarregionen, de-nen von je her eine besondere Rolle inder Entwicklung des Lehnswesens zuge-schrieben worden ist, besonderes kom-paratistisches Potential entfaltet. Wirhaben es hier also keineswegs mit einemAppendix zur eigentlichen Beschrän-kung auf das Reich zu tun, der aus blo-ßer Verlegenheit in den Band gewandertist, sondern mit einem gut verzahntenPerspektivenwechsel, der in systemati-scher Hinsicht viel für den Blick auf dasReich beiträgt.

Den zweiten Beitrag zur Konsistenzliefern aber die beiden Herausgebernoch viel unmittelbarer, nämlich durchihre gelungene Rahmung. In seiner klarstrukturierten Einleitung umreißt JürgenDendorfer (S. 11-39) nicht nur die we-

sentlichen Eckpunkte des Forschungs-standes und die wichtigsten gegenwärti-gen Fragelinien, sondern verknüpft diesezugleich auch mit den Beiträgen des Ta-gungsbandes, während Roman Deutin-ger in einem ungleich knapperen, abernicht weniger gehaltvollen Resümee(S. 463-473) den größeren Rahmen desvon den Beiträgerinnen und Beiträgernneu Geleisteten und die sich daraus er-gebenen neuen Perspektiven für zukünf-tige Forschungen aufzeigt. Ein konziserFragenkatalog, der auf S. 26 entwickeltwird und offenbar schon im Vorfeld derTagung vorlag, trägt dazu bei, dass nichtbloß ein weiteres Sammelsurium vonAufsätzen zu einem mehr oder minderdehnbaren Oberthema entstanden ist.

Ganz explizit nehmen die Herausge-ber die Herausforderung von SusanReynolds gerade in Deutschland sehrkontrovers aufgenommenen Fiefs andVasalls: The Medieval Evidence Rein-

terpreted (Oxford 1994) auf, sich kri-tisch mit der Formierungsphase desLehnswesens im 12. Jahrhundert aus-einanderzusetzen. Reynolds hatte dieExistenz eines Konzepts "Lehnswesen"vor 1200 in weiten Teilen Europas – undso auch im Reich – bestritten. Kritikwurde vor allem an den Details ihrervergleichenden Studie geübt. WichtigeBefunde aber – etwa die mangelndeVerbindung von Lehn und Vasallität inden Quellen – blieben häufig unwider-sprochen. Unter anderem mit diesen Be-funden und der Reynolds'schen Groß-these setzen sich nun also die Beiträge-rinnen und Beiträger dieses Bandes aus-einander. Und bestätigen manches da-von, wenn auch häufig in weniger radi-kaler Form.

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Den Anfang machen zwei for-schungsgeschichtliche Beiträge, gebün-delt in der ersten Sektion: "Forschungs-konstrukte". In großem Bogen zeichnetWerner Hechberger die Entwicklung derKonzepts "Lehnswesen" in der vor allemdeutschen Verfassungsgeschichte zwi-schen Aufklärung und Gegenwart nach(S. 41-56), während Hans-Henning Kor-tüm sich in Anknüpfung an seine bishe-rigen Forschungen zur deutschen Ver-fassungsgeschichtsschreibung der erstenHälfte des 20. Jahrhunderts näher mitder Rolle des Lehnswesens bei HeinrichMitteis und Otto Brunner befasst (S. 57-77).

Der zweite Teil des Sammelbandeswidmet sich den "Quellenbefunde[n]".Insgesamt elf Beiträge befragen zeitge-nössisches Material nach den beidenklassischen Schlüsselelementen, derdinglichen und der personalen Kompo-nente, der Lehnsbindung; das Lehnsritu-al, als dritte Komponente der klassischenLehre, spielt keine wesentliche Rolle –auch, weil die Quellen dazu noch weit-gehend schweigen. Im dritten Teil desSammelbandes, wenn es um Konzeptegeht, wird das dann aber wieder aufge-griffen (Philippe Depreux, S. 387-399,Stefan Weinfurter, S. 443-462). BeideFragelinien, diejenige nach dem benefi-cium und diejenige nach der vasalliti-schen Bindung, überspannen die Fragenach den Quellenbegriffen, die ebenfallsin einer Reihe von Beiträgen explizit an-gegangen wird. Rudolf Schieffer etwakann in seiner breit angelegten Analyseder rund 1.400 Königsurkunden vonLothar III. bis zu Friedrich I., also zwi-schen 1125 und 1190, zeigen, dass dieVerbindung zwischen Lehn und Vasal-

lität nur eine untergeordnete Rolle spielt,überhaupt der Begriff feudum erst spätden ambivalenten Begriff beneficiumspürbar verdrängt (S. 79-90).

Damit ist bereits das Quellenspek-trum angesprochen, das den Beiträgeninsgesamt zugrunde liegt. Dieses ge-staltet sich erfreulich breit: der Schwer-punkt liegt hier sachgemäß auf den Ur-kunden und ihrer Sprache, aber auchLehnsverzeichnisse (Karl-Heinz Spiess,S. 91-102), Urbare (Gertrud Thoma,S. 367-386), Klosterchroniken (SteffenPatzold, S. 103-124) und sogar dievolkssprachige Literatur (Jan-DirkMüller, S. 125-141) werden von einzel-nen Verfasserinnen und Verfassern miteinbezogen.

Deutlich wird in den Beiträgen die-ses Teils, dass sich zum Ende des 12.Jahrhunderts merklich etwas ändert. DieLehnsverhältnisse werden komplexer,zugleich tritt – bei allen regionalen Un-terschieden im Detail – die vasallitischeKomponente klarer zum Vorschein,scheinen beneficium und Mannschafts-leistung merklich enger miteinanderverknüpft als das noch zuvor der Fallwar. Eine zweite spürbare Tendenz be-trifft die Vereinheitlichung lokaler Prak-tiken im Zuge zunehmender Schriftlich-keit, wohl auch unter dem Einfluss desgelehrten Rechts. Entgegen ältererDeutungen, die schon länger die Schlüs-selrolle des 12. Jahrhunderts in der Ent-wicklung des Lehnswesens betont hat-ten, scheint sich aber weniger eine Fixie-rung älterer, traditionaler Normen unterdem Eindruck juristischer Präzision,sondern vielmehr ein Neuanfang anzu-deuten. Interessant ist in diesem Zu-sammenhang auch der Befund von Dirk

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Heirbaut, dass in Flandern im Grundeerst die Volkssprache die nötige Präzi-sierung gegenüber den lateinischen Be-grifflichkeiten mitgeführt habe (S. 225).Drittens scheinen diese Entwicklungenim Reich deutlich später als bei denwestlichen Nachbarn einzusetzen. Zu-gleich müssen aber auch innerhalb desReiches selbstverständlich regionaleUnterschiede angenommen werden. Soresümiert etwa Oliver Auge, dass es "biszum Ende des 12. Jahrhunderts keinLehnswesen im Nordosten nach demlandläufigen Verständnis gegeben hat[…]. Im Nordosten des Reiches hat esbis zur Mitte des 13. Jahrhunderts offen-bar schon viele Lehen gegeben und,wenn auch weitaus weniger, einige Va-sallen; ein Lehnswesen im herkömmli-chen Sinne jedoch existierte noch immernicht" (S. 215).

Die acht Beiträge des dritten Teils,überschrieben mit dem Stichwort "Deu-tungsrelevanz", fragen nach den Impli-kationen, die der bisherige und ein mög-licher neuer Blick auf das Lehnswesenfür zentrale Ereignisse und Konzepte derReichsgeschichte haben könnte. Ge-meinsam mit den forschungshistorischenBeiträgen der ersten Sektion knüpft dassehr gut an den 2002 von Natalie Fryde,Pierre Monnet und Otto Gerhard Oexleherausgegebenen Tagungsband über"Die Gegenwart des Feudalismus" an.So behandelt etwa Jan Keupp die Figurdes ministerialischen Dienstlehn undkann sehr schön aufzeigen, wie diese Fi-gur aus der Rückschau – und zwar vorallem aus dem Sachsenspiegel Eikes vonRepgow – konstruiert und auf das 12.Jahrhundert rückprojiziert worden ist; im12. Jahrhundert dagegen sei für die Mi-

nisterialen ein gesondertes Lehnrecht ei-gentlich nicht erkennbar (S. 347-366).Klaus van Eickels befragt Verwandt-schaft, Freundschaft und Vasallität alszentrale Konzepte personaler Bindungund deren Wandel im 12. Jahrhundert(S. 401-411), Stefan Weinfurter machtdie "Krise des Eides" im 11. Jahrhundertmitverantwortlich für die Notwendigkeitnach neuen Prinzipien der Vertrauens-bildung (S. 443-462), und Mitherausge-ber Jürgen Dendorfer unterzieht dieThese von der Bedeutung des WormserKonkordats für die Feudalisierung derReichskirche einer kritischen Revision(S. 299-328).

Insgesamt bleibt: besonders die Va-sallität hat sich als "eine viel schwererfassbare Größe" als die dingliche Kom-ponente des Lehnswesens entpuppt(Deutinger, S. 464). Das überrascht ei-nerseits nicht sonderlich, zumal auch diein dieser Hinsicht aussagekräftigerenQuellen zum Lehnswesen im Reich ei-gentlich erst in der zweiten Hälfte des12. Jahrhunderts einigermaßen fließen;andererseits zeigt der Band eine ziemli-che Bandbreite möglicher Ausgestaltun-gen dieses personalen Verhältnisses auf.Vor allem aber bleibt die nachdrücklicheWarnung, die immer wieder im Ergebnisder einzelnen Beiträge aufscheint: "DasLehnswesen in der Form der klassischenLehre, im Nexus von beneficium undVasallität, begründet durch das Lehns-ritual, existierte allenfalls in Sonderfäl-len" (Dendorfer, S. 33).Hiram Kümper · Universität

Bielefeld · Abt. Geschichte · Universi-tätsstr. 25 ·33615 Bielefeld ·

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Friedrich Michael Dimpel, Die Zofeim Fokus. Perspektivierung und Sym-pathiesteuerung durch Nebenfigurenvom Typus der Confidente in der hö-fischen Epik des hohen Mittelalters,(Philologische Studien und Quellen,232) Erich Schmidt Verlag, Berlin2011, 446 S., ISBN 978-3-503-12292-9Nebenfiguren haben schon immer, gera-de weil sie nicht so im Rampenlicht ste-hen, faszinierende Funktionen im litera-rischen Kontext ausgeübt, denn ihre Po-sitionen und Handlungen können außer-ordentlich gut zentrale Aspekte be-leuchten. Die Zofe, der sich FriedrichMichael Dimpel in seiner für den Drucküberarbeiteten Habilitationsschrift derFriedrich-Alexander-Universität Erlan-gen-Nürnberg von 2009/2010 widmet,tritt häufig im höfischen Roman und inmanchen umfangreicheren Verserzäh-lungen auf und spielt eine durchaus ge-wichtige Rolle. Dimpel greift für seineBetrachtungen die folgenden Texte her-aus: Heinrichs von Veldeke Eneas,Hartmanns von Aue Iwein, Gottfriedsvon Straßburg Tristan, den Mauritiusvon Craûn, den Wigalois und Konradsvon Würzburg Partonopier und Meliur.Unvermeidbar wirft Dimpel dabei im-mer wieder, oftmals fast zu ausgiebig,den Blick auf die zentralen Figuren, de-nen die Zofen zuspielen oder die ihnengenerell helfend beistehen. Dies hat zurFolge, dass oftmals dann doch wiedernur nebenbei von den Zofen die Redeist, während die Interpretation sichüberwiegend mit den schwierigen Fra-gen des Textes generell auseinander-setzt. Trotzdem gelingt es Dimpel gene-rell, die wichtige Funktion/en der Zofeklar herausarbeiten, die unterschiedlich

beträchtliches Gewicht besitzt und dieHandlung mitbestimmt oder zumindestkommentiert.

Eine bedeutende Aufgabe kommtoftmals der Zofe insoweit zu, dass siezur Sympathisteuerung beiträgt und denmännlichen Protagonisten gegen ihreHerrin/Schwester verteidigt und ihn inseiner Werbung um die Gunst der Ge-liebten unterstützt, wie es besonders beiLunete (Hartmann) und der unbenanntenZofe in Mauritius der Fall ist. Wesent-lich neue Einsichten entstehen hierbeijedoch kaum, wenngleich das Bündel anBeobachtungen bezogen auf die Zofeinsgesamt dazu beiträgt, diese Figurstärker ins Zentrum der kritischen Ana-lyse zu rücken. Vergleicht man aber z.B.die Untersuchung von Eva-Maria Carne(1970) mit der vorliegenden Arbeit,wundert man sich auf weite Strecken,welcher interpretative Fortschritt hier er-zielt worden sein mag. Dass Lunete be-trächtlich dafür verantwortlich ist, dassIwein letztlich an sein Ziel gelangt, unddies trotz der vielen schwerwiegendenRückschläge, trifft sicherlich zu, nur be-darf es für diese Einsicht nicht nocheinmal des ungeheuren Aufwands, derhier betrieben wird. Allerdings gelingt esDimpel ganz gewiss, eine sorgfältigdurchgeführte und weitgehend zufrie-denstellende Analyse der einzelnenTexte zu entwickeln, bei der derSchwerpunkt eben auf der Zofe ruht.Der Autor benutzt vor allem narratologi-sche Strategien, indem er auf die Ei-gentümlichkeiten der narrativen Fokali-sierung, Fokussierung und Figurenredeaufmerksam macht, was u.a. bedeutet,dass die Geschehnisse gelegentlich fastmehr noch aus der Sicht der Zofe be-

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trachtet werden als aus der des Protago-nisten.

Dies bedeutet u.a., dass Isoldes Auf-trag, Brangæne ermorden zu lassen, ihrals schwere Schuld angelastet werdenmuss, was man aus vielerlei Perspekti-ven beurteilen kann. Die entscheidendeParallele zu Tristan, der aus Rachegelü-sten Morgan ermordet hatte, kommt aberhier nicht zur Sprache. Dimpel erwägtdie verschiedenen Urteile zu dieser Sze-ne mit Brangæne, gewinnt dann aberkeine neue Position hinsichtlich dieserso zentralen Zofe, die sich tatsächlichvöllig selbstlos den zwei Liebendenwidmet und alles tut und gibt, was not-wendig ist, um ihre Liebesbeziehung zuermöglichen. Es wäre sehr hilfreich ge-wesen, den Blickwinkel von der Zofeauf andere Nebenfiguren auszuweiten,denn die Gemeinsamkeiten zwischenden weiblichen und männlichen Helfern(z.B. Rual) sind gewichtig.

Auch die anderen Kapitel lieferngute Interpretationen, indem die zentra-len Stellen, wo eine Zofe auftritt, klaranalysiert werden. Man wird dem Autorkaum viel entgegenhalten können, es seidenn, dass man sich doch wundert, in-wieweit hier wirklich neue Erkenntnisseentwickelt werden. Tatsächlich bedeut-sam dürfte aber Dimpels generelle Be-obachtung sein, dass die Zofen, als un-tergeordnete und weibliche Figuren,stets mit Worten kämpfen und damitgroßen Einfluss auf das Handlungsge-schehen gewinnen (417). Gelegentlichtrifft es wohl zu, dass Zofen über einen"Informationsvorsprung" (418) verfü-gen, aber so allgemein formuliert stimmtes dann doch wieder nicht, so wenn wiran Mauritius denken.

Noch gar nicht erwähnt habe ich densehr kopflastigen einführenden Teil, indem Dimpel höchst ausführlich erzähl-theoretische Perspektiven untersucht, dieals Grundlage für den interpretativenTeil dienen sollen. Hier geht es um Fo-kalisierung, Fokussierung, Sympathie-steuerung und Figurenkonzeption, wasalles sowohl in der modernen Literatur-wissenschaft (Genette) als auch in derMediävistik intensiv diskutiert wird,doch scheint mir der gewaltige theoreti-sche Aufwand für das eigentliche Anlie-gen dieser Arbeit nur beschränkt loh-nenswert zu sein. Aber dies alles dürftewohl entscheidend zu einer Habilitati-onsarbeit gehören, auch wenn es derForschung selbst wenig hilft.Albrecht Classen

Elye of Saint-Gilles: A Chanson deGeste. Modern Edition and First Eng-lish Translation by A. Richard Hart-man and Sandra C. Malicote, ItalicaPress, New York 2011, xix, 245 pp.There are many different chansons degeste, and there is a certain danger thatwe prioritize individual versions overothers for a number of specific reasonsthat could be quite debatable. If a chan-son has survived in only one manuscript,this does not automatically make it to asecondary or irrelevant work. New in-sights or perspectives often developwhen we teach a text, so translations arevaluable tools to explore new poems.This is also the case with Elye of Saint-Gilles, which has come down to us inonly one manuscript, Bnfr 25516, whichalso contains a number of other Old

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French poems, such as Aiol, Beuves deHanstone, and Robert le diable. Elyeclosely follows the standard model ofthe traditional chansons de geste, withthe usual battles between the Christianheroes and their Saracen opponents, butthere are specific references to the Firstand Fourth Crusade, which might allowus to contextualize the poem in its his-torical context. Moreover, the anony-mous poet operated with numerous allu-sions to other chansons de geste, to Ar-thurian romances, to medieval lyric, andto twelfth- and thirteenth-century chro-nicles (Ordéric de Vitalis). Previouseditors tried hard to trace somehow anur-text, considering that a Norwegiantranslation had been produced already inthe thirteenth century, but their successwas rather limited. Hartman and Mali-cote therefore resort to modern standardsin editing texts and render the poem in asimple, almost diplomatic fashion,emending only obvious mistakes (re-peated or omitted words, orthography ofpersonal names), differentiating the let-ters 'i' and 'j' and 'u' and 'v.' The punc-tuation is modernized, whereas thescribe's word division is retained. Mostimportantly, Hartman and Malicote ac-company their edition with annotationsto idiosyncratic features of the manu-script and with an extensive apparatus inwhich they explain specific features,ideas, and concepts. The other majorcomponent is the facing English transla-tion, which renders the original text inplain, modern language. Spot checkshave determined that they stay as closeas possible to the original, and also makea good attempt to render the text as un-derstandably as possible.

In contrast to other chansons degeste, Elye contains a number of inter-esting features, such as the appearanceof robber knights, or thieves, a dwarfknight, miraculous healing of the mor-tally wounded protagonist by the Sara-cen princess Rosamonde, the theft of avaluable horse, debates among theheroine and her maiden, and the mostcurious problem that Elye cannot marry,as we would expect, Rosamonde afterher baptism because he served as hergodfather. There seems to be quite arange of unusual themes, topics, and nar-rative elements that might trigger mod-ern-day students' interest.

The pleasant volume concludes witha bibliography and an index of propernames. Having available now both acritical edition and an English transla-tion promises to make this heretoforerather neglected chanson de geste to be-come better known, both among scholarsand students.Albrecht Classen

Die ältesten Urkunden aus dem Stadt-archiv Worms (1074-1255), hg. vonIrmgard Fees und Francesco Roberg,(= Digitale Urkundenbilder aus demMarburger Lichtbildarchiv ältererOriginalurkunden 1), Eudora-Verlag,Leipzig 2006.Frühe Papsturkunden (891-1054), hg.von Irmgard Fees und Francesco Ro-berg, (= Digitale Urkundenbilder ausdem Marburger Lichtbildarchiv älte-rer Originalurkunden 2/I), Eudora-Verlag, Leipzig 2006.Papsturkunden der zweiten Hälfte des11. Jahrhunderts (1057-1098), hg. von

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Irmgard Fees und Francesco Roberg,(= Digitale Urkundenbilder aus demMarburger Lichtbildarchiv ältererOriginalurkunden 2/II), Eudora-Ver-lag, Leipzig 2007.Papsturkunden des 12. Jahrhunderts:Feierliche Privilegien, hg. von Irm-gard Fees und Francesco Roberg, (=Digitale Urkundenbilder aus demMarburger Lichtbildarchiv ältererOriginalurkunden 2/III), Eudora-Verlag, Leipzig 2010.Die ältesten Urkunden der Erzbischö-fe von Mainz (888-1109), hg. von Irm-gard Fees und Francesco Roberg, (=Digitale Urkundenbilder aus demMarburger Lichtbildarchiv ältererOriginalurkunden 3), Eudora-Verlag,Leipzig 2008.Kaiser- und Königsurkunden derStaufer (1138-1268), hg. von WalterKoch und Christian Friedl, (= DigitaleUrkundenbilder aus dem MarburgerLichtbildarchiv älterer Originalur-kunden 4), Eudora-Verlag, Leipzig2010.

I.

Zu präsentieren ist hier eines der bedeu-tendsten Unternehmen der letzten Jahr-zehnte. Nach Vorarbeiten und Plänendes 2004 verstorbenen Peter Rück wur-de, im Konzept leicht verändert, dieReihe "Digitale Urkundenbilder aus demMarburger Lichtbildarchiv älterer Origi-nalurkunden" reanimiert (cf. Worms-Band). Die bislang erschienenen Bände(cf. FN 1) kommen unprätentios daher,sind in ihrer (inhaltlichen wie techni-schen) Opulenz aber kaum überbietbar.Kritik kann im Grunde genommen ei-

gentlich nur beckmesserischer Natursein, doch soll auch sie zu Worte kom-men. Kritik zu üben ist vor allem an ei-ner Begrifflichkeit: digital. Digital sinddie Abbildungen vielleicht in statu nas-cendi gewesen, hier sind sie es nicht,denn es liegen Bände mit hervorragen-den Abbildungen, ebenso hervorragendausgewählt, abgelichtet wie auch ge-druckt vor uns. Ein haptischer Lecker-bissen in Großformat ist die Reihe also,aber: nicht nur haptisch! Geboten wer-den Trouvaillen – eine soll bei Wormspartiell (damit etwas Erkenntnisgewinntrotzdem noch möglich sei) aufgezeigtwerden –, die man stellenweise gar nichterwartet bei dem (sicherlich mit aus-schlaggebenden) Telos der Reihe, derakademischen Bildung. Aber genau die-ses Publikum provoziert geradezu denmahnenden Zeigefinger. Geboten wer-den wunderbare Abbildungen. Nicht ge-boten werden allerdings die Transkrip-tionen (beispielsweise auf der Rücksei-te), die eine rasche Selbstkontrolle er-laubten. Wertvoller Platz bleibt somitvergeudet; pädagogisch ist es schwierig,trotz des äußerst günstigen Preises derEinzelbände, gerade mit schmalen Bör-sen ausgestatteten Nachwuchsakademi-kern (bessergestellt dürften da die inter-essierten Laien sein) zu erklären, wes-wegen sie diese Bände kaufen sollten.Zur Übung, ja, natürlich. Aber: Wer hatnoch die Zeit, ganze Sätze dieser Übun-gen durchzukorrigieren? Oder gar einesStudenten Transkription, der extra mu-ros sozusagen sich paläographisch übenwollte?

Der ganzen Reihe zu eigen sind diegleichermaßen knappen wie konzisenEinleitungen mit (im Vergleich) üppi-

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gem Quellen- und Literaturverzeich-nis.

Ferner ist an der Reihe positiv her-vorzuheben, daß sowohl Empfänger-überlieferung (Worms) als auch Aus-stellerprinzip (Mainz, Papsttum undStaufer) Beachtung finden. Wenig ge-glückt scheint bislang nur der Umstand,daß nicht auch Legatenurkunden, Placi-ta, Notariatsinstrumente und Konzilsur-kunden in der von außen erkennbarenPlanung berücksichtigt wurden.

Positiv hervorzuheben sind Preis undQualität. Jedem Interessierten, nicht nurBibliotheken, auch Studenten, sei derErwerb ans Herze gelegt.

Hier nun noch einige knappe adno-tationes zu den Bänden in der Reihen-folge ihrer Serie, also nicht der Chrono-logie folgend.

II.

1. "Die ältesten Urkunden aus demStadtarchiv Worms (1074-1255)"

Der Urkundenbegriff ist weit gefaßt:Geboten werden neben Kaiser-, Papst-,Königs- und Bischofsurkunden aus demWormser Stadtarchiv auch städtischesund kirchliches Schriftgut bzw. herr-scherliche Briefe an die Stadt Worms,bzw. eine Fälschung auf Friedrich Bar-barossa. Trouvaillen zur Urkundenkritikanhand der Paläographie bietet der Bandgleich mit der ältesten Urkunde. Gegen-über der Monumenta-Ausgabe von 1941(D H IV 267) läßt sich nun ein weiteres,gewichtigeres Fälschungsmerkmal er-kennen. Damals zog man "vor allem dieerheblich dunklere Tinte" (D H IV 267,

p. 342) heran, im Facsimile kann mannun auch erkennen, daß das "Iudaei etcoeteri" vor "Uvormatienses" noch mehran Fälschung bietet.

2/I. "Frühe Papsturkunden (891-1054)"

Der zweite Band widmet sich den frühenPapsturkunden (891-1054). In einerebenso knappen wie konzisen Einleitungführen Irmgard Fees und Francesco Ro-berg in das Thema ein. Geboten werden,in unterschiedlichen Aufnahmesituatio-nen (cf. die Einleitung, v.a. p. II), neun-zehn Urkunden – die älteste Aufnahmestammt aus dem Jahre 1903 –, die zwi-schen den Pontifikaten Stephans V. undLeos IX. entstanden.

Unter den Urkundenabbildungen istauch das einzige in deutschen Archivenverbliebene Papyrusoriginal vertreten.

Umbrüche und Entwicklungslinien –um nicht zu sagen: die Revolution unterLeo IX. – der päpstlichen Kanzlei wer-den sowohl in diesem als auch im fol-genden Band 2/II sehr deutlich.

2/II. "Papsturkunden der zweiten Hälftedes 11. Jahrhunderts (1057-1098)"

Auch hier wieder stammt die ältesteAufnahme der vierundzwanzig ausge-wählten Stücke aus dem Jahre 1903.Geboten werden zwanzig Privilegien,drei Litterae und ein in der Einordnungumstrittenes Stück (JL 5167 / GP II/2 p.11 seq. nr. 3; cf. Bischoff, Urkunden-formate, p. 56 seq.), das aber letztend-lich (cf. p. III, Anm. 31) – und meinesErachtens zurecht – von den Herausge-bern zu den Privilegien gezählt wird.

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2/III. "Papsturkunden des 12. Jahrhun-derts: Feierliche Privilegien"

Die hier präsentierten Feierlichen Privi-legien decken die Pontifikate von Pa-schalis II. bis Coelestin III. ab. Deutlichwird durch den Band erneut der Wegzum Feierlichen Privileg: Es werden al-so nicht nur Feierliche Privilegien inReinkultur geboten, sondern Entwick-lungslinien aufgezeigt. Hervorzuhebensind hier besonders zwei Stücke, abge-lichtet auf den Tafeln 25 und 26. Beidesind von Lucius III., beide an St. Albanzu Mainz, doch nur erstere Ablichtungist ein Original, die zweite eine Ver-unechtung (mit originalen Siegeln ausder Umgebung).

3. "Die ältesten Urkunden der Erzbi-schöfe von Mainz (888-1109)"

Mainz ist, neben Worms, nun der zweiteBand, der sich nicht der InstitutionPapsttum widmet. In dem Eröffnungs-band der Reihe war man von den imdortigen Stadtarchiv vorhandenen Ur-kunden ausgegangen, hier nun wird nachAusstellerprinzip Urkundenmaterial ge-boten. Von Mainz als Sitz des sicherlichbedeutendsten Erzbischofs im Reichsind bedauerlicherweise nur Urkundenseit dem ausgehenden IX. Jahrhundertüberliefert, darunter keine einzige vonWilligis. Die Überlieferung ist europäi-sches, nicht mainzisches, Problem. Zuden besonderen Problemen für Mainz istjedenfalls zu zählen, daß eine ordentli-che und umfassende Beschäftigung mitallen Feldern des Urkundenwesens nochaussteht. Dies ist wohl das drängendsteDesiderat, das es zu beheben gilt.

4. "Kaiser- und Königsurkunden derStaufer (1138-1268)"

Mit 35 Tafeln ist dieser von WalterKoch und Christian Friedl verantworteteBand, der sich den staufischen Kaiser-und Königsurkunden (einschließlichManfreds) widmet, der umfangreichste.Die Bandbreite der Gestaltungsmöglich-keiten ist immens – von der "klassi-schen" Gestaltung wie bereits in sali-scher bis zur kaum noch schlichter mög-lichen unter Konrad oder Konradin.Vielleicht sollte an dieser Stelle von denHerausgebern überlegt werden, ob mannicht auch englische oder französischeHerrscherurkunden in Abbildungen zurVerfügung stellt. Die gegenseitige Be-einflussung dürfte ja durchaus gegebensein. Zumindest die Abkoppelung vonder Reichskanzlei unter den späten Stau-fern ist durchaus deutlich ersichtlich.

III.

Als erstes Fazit kann man ziehen: Dieinneren wie auch äußeren Rahmenbe-dingungen der Bände sind unübertreff-lich: Ausstattung, Auswahl, Kommentie-rung sind exquisit. Die Reihe hat sichMeriten sondergleichen erworben. Soläßt sich aufgrund der Reihe auch dieHoffnung äußern, daß die klassischenHilfswissenschaften eine Renaissanceerleben könnten. Mögen noch vieleBände folgen! Der Reihe – wie denHistorischen Hilfswissenschaften –bleibt zu wünschen: Vivat, crescat, flo-reat!Klaus-Frédéric Johannes · AmPfaffenberg 23 · D-76831 Ingenheim ·[email protected]

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Jerold C. Frakes, Vernacular and La-tin Literary Discourses of the MuslimOther in Medieval Germany (TheNew Middle Ages), Palgrave Macmil-lan, New York 2011, xvii, 233 pp.Never shy of taking on major intellectualchallenges and subjecting traditionalviewspoints and attitudes toward medie-val topics and ideas to strong criticism,Jerold C. Frakes here offers once again atrenchant analysis of several majorworks in Middle High German and me-dieval Latin as to their comments aboutand attitudes toward the Muslim Other.This is not new terrain, of course, andmuch debate has already gone into thislarger issue, especially with respect tohow medieval Christian writers viewedtheir Muslim contemporaries. Germanscholarship has also dealt with thesecritical issues for a long time, thoughthere is certainly not any consensus as tothe individual texts and their proper in-terpretation.

Frakes takes much space at first toexplore the theoretical underpinnings,engaging with the research literature onthe issue of Othering the representativesof the Islamic Orient. Although heclaims that most Europeans had hardlyany contacts with Africans or Asians(11), this seems untested and would re-quire a much more detailed analysis ofthe data available in our archives. How-ever, as he emphasizes, the concept ofOrientalism, as developed by EdwardSaid in his seminal study from 1978,certainly applied to medieval writers andother people as well. Naturally, Frakeshighlights some of the most importantfeatures in Said's monograph and in re-lated books on this matter, but he takes

almost 50 dense pages to plow throughall that material, reaching basically thesame conclusions as many other scholarsbefore him. Nevertheless, this representsa good digestion for any medievalistsince Frakes demonstrates how to applythose modern theories to medieval con-ditions. Sometimes I would stronglycontradict him, so when he claims thatvirtually all Muslim men are depicted asbestial, fanatical, frenzied, and over-sexed. Although Arofels in Wolfram vonEschenbach's Willehalm is killed andbecomes a victim of the war, he isclearly a noble character, a lover, and anoutstanding knight. Willhehalm does notkill him because he is a Muslim, but be-cause he is an enemy. After all, we aredealing with a war epic, so there is noreason to look for tolerance in this text.The reference to the seventeenth-centuryJewish woman writer Glikl Haml (45) isout of place here, while searching for aMuslim community in medieval Ger-many would be an absurdity (46).

The next chapter deals with the re-presentation of Muslims in Hrotsvita ofGandersheim's religious narrative Pela-gius, located in tenth-century Andalusia,and with the anonymous twelfth-centuryplay Ludus de Antichristo, where manyof the standard clichés about the non-Christians are fully present or perhapsdeveloped for the first time. Chapterfour claims that European writers duringthe Middle Ages could view Muslimsonly through two possible lenses, one,reflecting them as outright enemies anddangerous creatures, and the secondcasting Muslim women only then asgood people when they fled the Orientand married a Christian prince, after

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they had converted. They no longer at-tracted outright hostility if they meta-morphosed in various ways into goodChristians and hence left their cultureand people behind. Frakes also raises theissues that most Europeans had no directcontact with Muslims and hence couldnot even form any concrete opinion ofthem outside of their own racist stereo-types. However, if we included the vastbody of travel writing and pilgrima-ge literature, this image could no lon-ger be upheld the same way, and wouldcertainly have to be discriminated fur-ther.

For Frakes, the most intriguing ex-amples prove to be Wolfram von Es-chenbach's Parzival and Willehalm,where some scholars have wanted todetect evidence for 'tolerance.' Frakesoffers an insightful and deconstructivereading, demonstrating quite convinc-ingly how little that was actually thecase. But it would be wrong to claimthat Arabel was kidnapped by Willehalm(75). When this Saracen queen later, af-ter having been baptized and renamed asGyburc, appeals to the war council toconsider that they are fighting againstpeople and hence God's creatures, shedoes not really ask for tolerance, and noteven really for human caring or mercy.She only expresses her concerns for thesurvival of her own family, while thevast majority of the hostile army is bru-tally slaughtered and left lying on thebattlefield as corpses.

While I would agree with Frakes inmost respects, his reading of Feirefiz asa shallow character who is quickly dis-missed and sent back to the Orient,

which thus tinges the entire romance inracist terms, disregards Wolfram's ironyand satire and blinds us to alternativeperspectives certainly built in by thepoet. After all, everyone at court enjoyshis company, they sympathetically laughabout his inability to perceive the Grail,and happily let him marry Repanse deSchoye. There is no sense anywhere thathe is then "conveniently banished" (91).There is something special about Wolf-ram which Frakes is not willing to rec-ognize; instead he identifies him simplyas one of many voices who reflected thetypical "discourse on the non-European/non-Christian Other" (93-94).

Frakes is to be lauded for disman-tling all illusion of finding 'tolerance,'but he is sometimes looking for thewrong phenomenon in the wrong con-text. The consultation of studies such asCary J. Nederman's Worlds of Differ-ence (2000) would have forced him toqualify his own statements in a numberof interesting ways. Wolfram certainlyoffers alternative perspectives, and hepushes the limits of the Christian world-view, even though he does not breakthrough them since he was, after all, aman of his time, with many visions, butnot with the power to anticipate the fu-ture. In Chapter five the same issue per-taining to Willehalm and Gyburc'sspeech is addressed once again, thoughin much greater detail. One problemhere might be that Wolfram does not re-flect on any kind of ordinary life situa-tion; instead this is an epic poem aboutwar. After the Duchess has ended herspeech, her brother-in-law embraces her,but certainly not "condescendingly"

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(108), a serious misreading of the textwhere it only says: "an sîne brust erdructe" (311, 3; he embraced [her]).Nevertheless, there is little doubt that allefforts by previous scholars to perceiveelements of 'tolerance' here have to bedismissed now, since the war goes on,and so the slaughter (see now the contri-butions to War and Peace: Critical Is-sues, ed. Albrecht Classen and NadiaMargolis, 2011).

The situation might be slightly dif-ferent in the gnomic stanzas by Walthervon der Vogelweide, who criticized theCrusades as such, similar to many of hiscontemporaries, but also dropped theremark in "Swer âne vorhte, hêrre got"(C10, V/L. 22, 3, 14-15) that Christians,Muslims, and Jews equally worship thesame God. Frakes discusses the largercontext, but does too little to investigateWalther's own opinions to support hiscase solidly enough.

Finally, Frakes also considers thegreat interest by European intellectualsin Arabic philosophy during theTwelfth-Century Renaissance, but dis-misses it quickly as being limited only tothose works containing ancient Greekwritings. To some extent that might havebeen the case, but Frakes ignores thelarger context and does not even takeinto account such powerful reflectionson other religions as those by Abelard orRaymund Llull

He concludes with broader rumina-tions on the continuous effects of racismand intolerance on the modern mind, andthus outlines in a lucid fashion the rele-vance of the medieval narratives formodern-day issues since colonializinginstincts and the sweeping rejection of

The Other continue to hold great swayover many, if not the majority of, peopleuntil today.

This is a dense and insightful studythat will challenge many traditionalopinions particularly about Wolfram andhis attitude toward Muslims. By con-trast, the chapter on Hrotsvita and theLudus does not yield many new insights,and the one on Walther seems to short-shrift him a bit. The theoretical reflec-tions throughout appear to be almost anoverkill and overshadow the actual topica little too much. Frakes's selection oftext is very limited and ignores virtuallyeverything which was composed afterca. 1220. No wonder that he still talksabout "Neidhart von Reuenthal" (129),who has never existed (only a poetcalled 'Neidhart'). It is deplorable thatFrakes does not consider many other ex-amples that would have diversified hisobservations, such as Herzog Ernst orDie Heidin. His intensive engagementwith the relevant scholarship belies hisown claim that he is covering newground, but it is extremely helpful in itscritical stance. Despite some structuralshortcomings, this is a fascinating mono-graph future researchers will have to re-spond to with respect to the treatment ofMuslims in Middle High German litera-ture.Albrecht Classen

Mittelhochdeutsch. Beiträge zurÜberlieferung, Sprache und Literatur.Festschrift für Kurt Gärtner zum 75.Geburtstag. Hg. v. Ralf Plate undMartin Schubert zusammen mit Mi-chael Embach, Martin Przybilski und

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Michael Traut, De Gruyter, Berlin &New York, 2011, ix + 503 S.In vier Gruppen eingeteilt stehen dieeinunddreißig Beiträge dieser gewichti-gen Festschrift für Kurt Gärtner, derunter anderem für seine langjährige,noch anhaltende Arbeit an der Reihe"Deutsche Texte des Mittelalters" undam Mittelhochdeutschen Wörterbuchgeschätzt wird.

Fünfzehn Aufsätze sind der mittel-hochdeutschen Literatur gewidmet. Icherwähne zuerst diejenigen, die neueTextfunde beziehungsweise neue Editi-onen behandeln. Ernst Hellgardt legtvier parallel laufende Textstellen (v.401-630) aus des Priesters Wernher Ma-ria als Vorarbeit zu einer Gesamtausga-be synoptisch dar. Ein neues Fragment(L) einer schon durch zwei Blätter be-kannten Handschrift des König Rotharhat Nigel F. Palmer als Einbandmaterialin der Charles E. Young Research Libra-ry (Los Angeles, USA) entdeckt. Auf-fällig ist, dass L ein fragmentarischüberliefertes Blatt N (Nürnberg) ergänzt,und bisherige Aussagen über diese Be-arbeitung des König Rothars bekräftigenlässt. Zwei neue Fragmente des artur-schen Versromans Manuel und Amande(Schwaz, Konventarchiv de Franziska-nerklosters; St. Gallen, Kantonsbiblio-thek; beide Funde hier in Farbabbildun-gen) bieten zum Teil bisher unbekannteTextzeugen, die wiederum zu Fragenbezüglich des Gesamtumfangs des Ro-mans führen. Zwei Beiträge befassensich mit dem Hohen Lied. Niels Bohnertediert Vers 1,1 – 8,14 aus der OsekerWilliram-Handschrift (Prag); John L.Flood gibt die ersten acht Kapiteln auseinem zweisprachigen Inkunabeldruck

des Hohen Lieds von 1479 heraus. ZumVergleich werden verschiedene ge-druckte Übersetzungen herangezogen,die aber die Vorlage nicht sein können.Somit ist auf die doch reiche hand-schriftliche Bibelübersetzungsüberliefe-rung zurückzugreifen. Karin Schneiderholt eine ausführliche Beschreibung derEckhart-Handschrift M 1 (Cgm 133, nunwohl in die 1320er Jahre einzuordnen)nach.

Literarische Texte und Themen, diein weitern Aufsätzen behandelt werden,sind: Hartmanns von Aue Erec, V. 6125(Yoshihiro Yokoyama); Wahnvorstel-lungen in Hartmanns Iwein (im Ver-gleich zum Yvain Chrétiens, WolfgangHaubrichs); Iwein-Handschrift a alsZeugnis jüdischer Rezeption (ablehnendWerner J. Hoffmann); Hartmanns Min-nelieder als performativ/narrative Lyrik(Jens Haustein); indirekte Rede alsWahrheitsindiz in Wolframs Parzival(David Yeandle); die Sterbeszene desVivianz in Wolframs Willehelm (MartinH. Jones). Freimut Löser verfolgt dieÜberlegung, inwieweit der Österreichi-sche Bibelübersetzer neue und eigeneWege geht. Frank Shaw fragt, warumPäpste in den mittelhochdeutschen Chro-niken unterschiedlich behandelt werden.Schließlich beschreibt Bernhard Schnelldie Überlieferung des Prüller Kräuter-buchs aus dem 12. Jahrhundert, das alsNachschlagewerk allmählich durch dencirca siebzig Jahre später entstandenendeutschen Macer abgelöst wurde.

Die mittelhochdeutsche Sprache istder Gegenstand folgender zehn Studien:Rudolf Bentzinger zeigt, wie das Mittel-hochdeutsche in die niederdeutscheKanzleisprache Halberstadts eindringt.

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Die mittelfränkischen Kurzverben 'gan'und 'stan' untersuchen Thomas Kleinund Eva Bütle, wobei die PräsensformenRegularisierungstendenzen aufweisen.Birgit Herbers weist nach, wie Apokopedes Hauptverbs auf andere Formen aus-wirkt. Von einer Stelle bei Oswald vonWolkenstein (Kl 18 'Es fügt sich') aus-gehend fragt Norbert Richard Wolf nachder möglichen pragmatischen Wirkungvon 'do'-Sätzen. Neuschöpfungen imBamberger Glauben und Beichte alsVersuch, (religiös) Unsagbares zu ver-mitteln, deutet Gerhard Diehl als beach-tenswerte Leistung, auch wenn das mei-ste als Wortschatz nicht weitergelebt zuhaben scheint. Jürgen Wolf weist anhandder Kaiserchronik nach, dass die neueingeführte höfische Kultur anfangs inder sprachlichen Vermittlung doch auchohne französische Lehnwörter auskam.Im deutschen Macer findet ThomasGloning eine systematische Darstellungder Vier-Säfte-Lehre in der Prosavorre-de. Karl Stackmann bietet drei kurzeFallstudien, die den Zusammenhangzwischen Lexikographie und Herausge-bertätigkeit erhellt. Belege historischerPhraseologismen will Wernfried Hof-meister mittels einer Checkliste erstel-len. Beispiele vom Nibelungenlied undvon Neidhards Sommerlied 21 zeigen,dass die Analyse phraseologischer Ein-heiten auch Auswirkungen auf moderneÜbersetzungen haben kann. WolfgangKleiber geht onomasiologisch dem Ber-gnamen Dossen (im Schönau) nach, wo-bei galloromanischer Ursprung vermutetund mit anderen nichtgermanischenOrtsnamen erhärtet werden kann.

Drei unterschiedliche Rezeptionsbei-spiele mittelhochdeutscher Tradition in

der Neuzeit bilden einen dritten Bereichdieser Festschrift. Waltraud Fritsch-Rößler geht der Frage nach, in wie fernMarkus Werners Roman Bis bald vonHartmanns von Aue Armem Heinrich,Thürings von Ringoltingen Melusine.Walters von der Vogelweide Lied 101,5sowie Konrads von Würzburg "Der WeltLohn" entschieden geprägt wird. UlrichMüller (dessen früherer Versuch den so-eben genannten Aufsatz zu MarkusWerner angeregt hat) gibt Anweisungen,wie man sinnvoll versuchen kann, dasMittelhochdeutsche annähernd richtigauszusprechen, wobei in mehreren Fäl-len Mäßigung empfohlen wird. Die po-litischen Änderungen in Europa habenunter anderem dazu geführt, dass ver-nachlässigte Literaturen wieder salonfä-hig geworden sind: Václav Bok ver-zeichnet eine beeindruckende Listetschechischer Übersetzungen deutscherund lateinischer Texte des Mittelalters,die seit den Umwälzungen der 1990ererschienen sind.

Zum Schluss drei Studien, die nichtin die oben genannten Gruppierungenpassen. Michael Embach stellt Hilde-gards von Bingen theologische Auffas-sungen der Geschichte von Adam undEva im Kontext der Geschichtsschrei-bung, der Anthropologie und der Zeitge-schichte des Mittelalters dar. Hier tretenauch typologische Aspekte in den Vor-dergrund. Embach beschreibt (zusam-men mit Claudine Moulin und AndreaRapp) die virtuelle Rekonstruktion derAbteilbibliothek Trier-St. Matthias. DieVernetzungen schreiten atemberaubendvoran. Schließlich bietet Roy A. Boggsdie Perspektive der heutigen Studieren-den, wie sie moderne Internettechnolo-

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gie philologisch einschätzen und -setzenmögen. Auch hier -- wie des öfteren ex-plizit in den Aufsätzen -- eine gebühren-de Ehrung des Jubilars, der schon längeralthergebrachte Philologie mit modern-ster Technologie zu verbinden versteht.

Der Band bietet weder ein Verzeich-nis der Schriften des Jubilars noch einRegister. Wer sich informieren will, wasderzeit im Bereich Mittelhochdeutsch er-forscht wird, ist gut beraten, diesehübsch gedruckte Aufsatzsammlung desHauses De Gruyter zur Hand zu neh-men.Prof. Dr. John M. Jeep · German,Russian, & East Asian Languages ·Miami University · Oxford ·

Ohio 45056-1859 – USA ·[email protected]

Susanne Knaeble, Silvan Wagner,Viola Wittmann (Hg.), Gott und Tod.Tod und Sterben in der höfischenKultur des Mittelalters (bayreutherforum Transit, 10), Münster: LIT2011. ISBN 978-3-643-10868-5. 346 S.Tod und Sterben sind seit JahrzehntenDauerthemen der Mediävistik – der ge-schichts- ebenso wie der literatur-wissenschaftlichen. Unter diesen Um-ständen gerät jede neue Veröffentli-chung auf diesem Gebiet leicht unterRechtfertigungsdruck. Der hier vorlie-gende Band dokumentiert eine Tagungdes Lehrstuhls für Ältere deutsche Phi-lologie an der Universität Bayreuth, andem alle drei Herausgeber(innen) tätigsind, vom Oktober 2009. Die notwendi-ge Verortung in der bereits kaum mehrüberschaubaren mediävistischen Litera-

turlandschaft zum Thema Tod gelingtdurch eine zweifache Engführung: er fo-kussiert zum einen den Hof und dessenAkteure – und zwar explizit vor allemdie Laien –, zum anderen merklich dasHochmittelalter. Beides tut der Sachegut und trägt zur Konsistenz des Bandesbei; es wird aber nicht immer ganz kon-sequent durchgehalten. Außerdem wirdder Begriff "Fokussierung" abseits die-ser beiden klaren Schwerpunktsetzungenvon den Herausgeber(innen) leider gera-dezu inflationär benutzt. In ihrer Einlei-tung umreißen sie, streckenweise etwasumständlich, das Frageinteresse sowiedie daraus zu ziehenden Konsequenzenund setzen diese mit ausgesuchten For-schungsarbeiten der letzten paar Jahr-zehnte in Verbindung. Im Kern geht esihnen um die Frage nach den Unter-schieden zwischen einer durch Univer-sität und Kloster geprägten 'Kirchen-theologie' zu einer 'Laientheologie', de-ren besondere Wirkmächtigkeit sie mitgutem Grund am Hofe vermuten. Dieseinteressante Idee bedürfte sicher nochweiterer Ausdifferenzierung, antwortetaber auf ein berechtigtes Unwohlseingegenüber der in der älteren Forschunghäufig geübten Praxis, Lehren und In-halte der Hochtheologie vergleichsweisesimplifizierend mit literarischen – oderüberhaupt: historischen – Zeugnissen inVerbindung zu setzen. Die auf die Ein-leitung folgenden siebzehn Beiträge, diehier nicht im einzelnen besprochen wer-den sollen, gruppieren sich unter dreiThemenschwerpunkten:

Unter "Bilder und Wahrnehmungs-muster des Todes" geht es um so unter-schiedliche Themen wie die Thematisie-rung individueller Sterblichkeit in der

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Zimmerschen Chronik, die Bemühungdreier berühmter Beichtväter um dieHeiligsprechung ihrer nicht minder be-rühmten Beichttöchter, die Sakralisie-rung des Minnepaares Sigune undSchionatulander und ihrer triuwe beiWolfram von Eschenbach sowie dieIkonographie des Todes im Allgemeinenund dessen Personfikation in unter-schiedlichen bildlicher Frömmigkeits-medien im Besonderen. Etwas aus demRahmen fällt der Beitrag von IngridBennewitz über das Altern. Der zweiteThemenschwerpunkt behandelt "Hel-dentod und Inszenierung des Todes imchristlich/heidnischen Kontext". Hierdominierenen Szenenkommentare undWerkanalysen, etwa zum Nibelungen-lied, zum Eneasroman oder zum Helm-brecht. Unter diesen Beiträgen ist vorallem Ralf Schlechtweg-Jahns anregen-de Diskussion einer Szene aus dem Ro-landslied des Pfaffen Konrad hervorzu-heben, die er mit Bezug auf Homi Bhab-bas Konzept der "third spaces" analy-siert. Im dritten und letzten Themen-schwerpunkt geht es unter der Über-schrift "Denkmuster: Laien und Theolo-gie" um das Verhältnis von Theologieund Laienfrömmigkeit in einem engerenSinne. Der Hof tritt dabei als literari-sches Milieu zwar nicht gänzlich, ge-genüber den vorhergehenden Beiträgenaber doch insgesamt merklich zugunstenallgemeinerer christentumsgeschichtli-cher Ausführungen zurück.

Jenseits der einzelnen Beiträge las-sen sich vier allgemeine Beobachtungenformulieren. Zum ersten ist vielfach derVortragscharakter beibehalten worden.Manchmal wird darauf auch explizithingewiesen, manchmal spricht es nur

deutlich aus dem Stil des jeweiligenBeitrages. Das ist natürlich regelmäßigeine zweiseitige Medaille: was an Les-barkeit gewonnen wird, geht – natürlichnicht immer, aber mitunter – auf Kostender Tiefe und der Nachweise. Das hängtunter anderem auch mit einem zweitenEindruck zusammen, der sich bei derLektüre einstellt: Eine Reihe der ver-sammelten Beiträge nämlich scheinenauf Qualifikationsarbeiten, in der Regelalso auf Dissertationen, zurückzugehen.Zur Vertiefung des streckenweise nurAngerissenen muss der Leser also aufdie entsprechende Monographie zurück-greifen.

Ein dritter Punkt wären schließlichdie wenigen 'Ausreißer' aus anderenDisziplinen, die unter den vielen deut-lich literaturwissenschaftlich ausgerich-teten, zumeist als Werkanalysen ange-legten Studien ein wenig deplatziertwirken. Dabei ist etwa gerade NorbertH. Otts Aufsatz zur Ikonographie desTodes mit seinen ausführlichen Darle-gungen zum Lazarus-Motiv ausgespro-chen lesenswert – auch wenn mit Blickauf die interdisziplinäre Intention desSammelbandes ein paar allgemeinereLiteraturhinweise zur Sache, und sei esnur auf den Ariès' Geschichte des Todesbegleitenden Bildband (in dt. Überset-zung 1984 erschienen), sicher dem bild-historisch ungebildeten Leser nicht ge-schadet hätten. Aus den Fußnoten derEinleitung freilich kann man hier und daentnehmen, dass das Programm der Ta-gung ursprünglich ein noch breiteresgewesen ist und offenbar ausgerechnetdie Beiträge anderer Disziplinen, etwader Soziologie und Philosophie, nicht inden Band aufgenommen werden konn-

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ten. Das wiederum kann man mit großerSicherheit nicht den Herausgeber(inne)nzur Last legen.

Viertens schließlich haben sich nichtalle Beiträgerinnen und Beiträger wirk-lich die Mühe gemacht, sich konsequentan die Fragelinie der Herausgeber(innen)zu halten. Viele Autoren kochen ihr ei-genes Süppchen – gleich wie schmack-haft und interessant es im Einzelfallauch sein mag – und besprechen ihr je-weiliges Fallbeispiel, ohne sich intensi-ver mit der Frage nach der höfischenLaientheologie auseinanderzusetzen, dieden Band tragen sollte. Inwieweit dieserUmstand ein stückweit auch den He-rausgeber(inne)n anzulasten sei, mag einjeder, der das undankbare Geschäft derHerausgeberschaft kennt, für sich selbstbeurteilen. Schade ist es so oder so.

Insgesamt liefert der vorliegendeBand eine Vielzahl interessanter Einzel-beobachtungen, die – mit den oben ge-machten Einschränkungen – alles in al-lem einigermaßen konsequent unter ei-ner gemeinsamen Fragestellung gebün-delt worden sind, die dann aber weiterals ursprünglich formuliert ausfällt. Demeigenen Anspruch dagegen, einen spezi-fischen literarischen Raum für die inter-disziplinäre mediävistische Erforschungdes Todes und seiner Repräsentationenzu erschließen, kann er nur bedingt ge-recht werden. Dafür hätte man von derEinleitung mehr Syntheseleistung undeine klarere Argumentationslinie, vonden Beiträgerinnen und Beiträgern mit-unter mehr Disziplin, sich an eine ge-meinsame Fragelinie zu halten, erwartenmüssen. Dabei steht allerdings auch au-ßer Frage, dass das gerade für einenBand, der eine Tagung dokumentieren

soll, ein ausgesprochen undankbares Ge-schäft ist. Außerdem sollten über alleberechtigte Kritik auch die Qualitätendes Bandes nicht übersehen werden: Ge-rade in disziplinärer Hinsicht nämlich,als ein weiterer Baustein zu einer me-diävistischen Literaturgeschichte desTodes, liefert er einen dankenswertenBeitrag.Hiram Kümper · Geschichte desMittelalters und der Frühen Neuzeit,

Universitätsstraße 25 · S 4-211 ·D-33615 Bielefeld ·[email protected]

Hartmann von Aue, Iwein. Mittel-hochdeutsch / Neuhochdeutsch. Hg.und übersetzt von Rüdiger Krohn.Kommentiert von Mireille Schnyder(Reclam Bibliothek), Philipp Reclamjun., Stuttgart 2011, 656 S.Bereits die Neuausgabe des Nibelungen-lieds durch Ursula Schulze, übersetztvon Siegfried Grosse (2010), in der Rei-he "Reclam Bibliothek" hat mich begei-stert. Nun liegt Hartmanns von AueIwein im Druck vor, den Rüdiger Krohn,sehr gut bekannt und geschätzt vor allemals Hg. und Übersetzer von GottfriedsTristan (1980), neu auf der Grundlageder Hs. B herausgegeben und übersetzthat. Noch 2001 hatte Thomas Cramerdie Version der siebten Ausgabe von G.F. Benecke, K. Lachmann und L. Wolffin 4. Aufl. übersetzt und mit einemNachwort versehen, d. h., er stützte sichweiterhin auf die Hs. A. Aber die Hs. B(Gießen) genießt genauso hohes Anse-hen, ist ebenfalls sehr autornah und ist inder jüngsten Forschung zunehmend be-

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vorzugt worden, obwohl auch hier zahl-reiche Fehler und Lücken auftreten.Krohn optiert nun für B, ohne dass dieGründe dafür explizit genannt werden,und er füllt sogar die Lücken in B mitden Textpassagen aus A. In B treten eineReihe von Plusversen auf, die hier alleberücksichtigt werden. Im Grunde wärees vernünftig, den Iwein in einem Paral-leldruck von A und B neu zu edieren,aber dies würde den Platz in der vorlie-genden Ausgabe bei weitem übersteigen.Nichts spricht gegen die Entscheidung,B als die Grundlage für diese Neueditionzu wählen, aber es wäre schon hilfreichgewesen, wenn die entscheidenden Ar-gumente dafür konkret genannt wordenwären.

Die Schreiber-Eigentümlichkeitenbleiben hier alle bewahrt (z. B. i für j, chfür k im An- und Auslaut, uo für kurzesu, etc.), wenngleich die bunte Getrennt-und Zusammenschreibung modernisiertwurde. Andere Eingriffe betreffen denGebrauch von v für u, die Auflösungvon Nasalstrichen, Kürzeln und Diph-thongen. Die Eigentümlichkeiten derTextpassagen aus A bleiben ebenfallserhalten. Sowohl die Lückenfüllungenals auch die Plusverse werden deutlichin der Textausgabe markiert.

Mireille Schnyder bietet einen sym-pathischen Kommentar, wenngleich sienur sehr selten dabei auf die einschlägi-ge Forschung verweist. Wenn dies aberso ist, dann scheinen die erwähnten Titelnicht immer recht auf die jeweilige Fra-gestellung zu passen oder bieten nur sehrallgemeine Informationen zu dem spe-ziellen Thema. In ihrem gut geschriebe-nen Nachwort geht sie auf die Stilistik,die Motiv- und Stoffgeschichte des

Textes ein, behandelt die Beziehungzwischen Chrétien de Troyes und Hart-mann von Aue, die Frage nach Schuldund Sühne, die Erzählstruktur, dieSchuldfrage, die sozial- und kulturge-schichtlichen Hintergründe und anderekleinere Aspekte. Sowohl die Ausgabedes Iweins als auch die Übersetzung, dierelativ eng am Text bleibt und dochnicht zu sehr mit ihm verklammert ist,dazu der Kommentar und das Nachworterweisen sich als sehr begrüßenswert.Besonders schön ist die formale Er-scheinung dieses Buches, das sich her-vorragend in diese neue Reihe des Re-clam Verlags einfügt und noch nichteinmal so teuer ist (32.95 Euro).Albrecht Classen

Christliches und jüdisches Europa imMittelalter. Kolloquium zu Ehren vonAlfred Haverkamp. Hg. von LukasClemens und Sigrid Hirbodian. Re-daktion Miriam Weiss, Kliomedia,Trier 2011, 286 S. 1 Frontispiez.Der vorliegende Band, im wesentlicheneine erneute Festschrift, nun aber zum70. Geburtstag des bedeutenden Mediä-visten Alfred Haverkamp, beruht aufVorträgen, die vom 7. bis 9. Juni 2007an der Universität Trier gehalten wur-den. Einerseits konzentrieren sich dieAutoren auf die Sozialgeschichte imdeutschen Raum des hohen Mittelalters,andererseits widmen sie sich der jüdi-schen Geschichte, vernachlässigen aberauch nicht solche Themen wie Ehe-schließungen, Eheprozesse, Geschichts-schreibung und die Beurteilung von Ka-nonissinnen. Es wäre nicht möglich, in-

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dividuelle Gruppen unter den Aufsätzenzu etablieren, so dass uns nur übrigbleibt, einige der wichtigsten Aspekteindividuell herauszustellen.

Franz Irsigler betrachtet sich die so-zialen Probleme, die beim Zuzug Un-freier in die hochmittelalterlichen Städteentstanden, wo man sie meistens gerneunterstützte und sogar daran interessiertwar, sie selbst bei sehr hohen Geldforde-rungen der Fürsten freizukaufen. Zu-gleich zeigten sich viele fürstlichenStädtegründer daran interessiert, Men-schen in die neuen urbanen Zentren zulocken, womit es zur Konkurrenz mitden Landesherrschern kam. Wie wirheute das sogenannte 'Hochmittelalter'genauer definieren sollten, überprüftWerner Rösener, indem er das 11. Jahr-hundert als eine Umbruchsphase identi-fiziert, die zu grundlegenden Umwand-lungen in der Kultur, Wirtschaft undPolitik führten, eingeleitet von funda-mentalen Veränderungen im Agrarsys-tem (Ende der Villikationsverfassung),die sich wiederum z. T. auf die klimati-sche Erwärmung zurückführen lassen.Wichtig wäre nun gewesen, diese Beob-achtungen mit der Literatur-, Kunst-,Architektur- und Musikgeschichte inVerbindung zu bringen, was freilich beieinem kurzen Aufsatz wie diesem nichtmöglich ist. Knut Schulz untersucht dieConstitutio de expeditione Romana alseinen Versuch des Kaisers, verfassungs-rechtliche Grundlagen im Reich zuschaffen. Joachim Ehlers betrachtet sichdie Frage, wie Heinrich der Löwe mitseiner Exilierung vom Reich umgegan-gen ist, der sich zu seinem Schwieger-vater, dem englischen König begab, woman aber wesentlich mehr als ihm lieb

war über seine eigenen Kinder als Pfän-der im internationalen Heiratsgeschäftverfügte.

Franz J. Felten bietet eine kritischeAnalyse von Jakob von Vitrys Historiaoccidentalis, die sich besonders gut da-für eignet, einen Überblick der religiö-sen Bewegungen in der westlichen Kir-che des Hochmittelalters zu gewinnen.Insbesondere konzentriert sich Feltenauf Vitrys Kommentare über die Zister-zienserinnen, die er sehr positiv beur-teilte, während andere weibliche Grup-pierungen, von denen es sehr viele gab,erheblich negativer gezeichnet wurden.Thomas Zotz behandelt die Beziehungzwischen dem staufischen Königstumund städtischen Bürgertum im Reichnördlich der Alpen, während Hans-Joachim Schmidt die politischen Vor-stellungen von Aegidius Romanus unter-sucht, der einerseits die Liebe als daszentrale Fundament der Gesellschaft be-trachtete, andererseits die Fürsten dazuaufforderte, sich Erziehern zu unterwer-fen, um diese Liebe in die rechte Kanälezu leiten (Fürstenspiegel). Im Aufsatzvon Michel Parisse rücken die Kanonis-sinnen von Remiremont in den Mittel-punkt der Aufmerksamkeit, indem er de-ren Lebensrhythmus, religiöse Umwelt,Verwaltung und Alltag studiert.

Anschließend kommen im Aufsatzvon Ludwig Schmugge vielfältige Ehe-prozesse vor der römischen Pönitentiariedes Erzbistums Trier (1455-1500) zurSprache, sei es, dass es um vermeintli-che Ehehindernisse ging oder um Tren-nungsgründe. Michael Toch leitet danneinen besonderen Teil ein, in dem es umdie sozialen und ökonomischen Bedin-gungen der jüdischen Gemeinden wäh-

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rend des Mittelalter geht. Er selbst kon-zentriert sich auf jüdischen Landbesitzvom 8. bis zum 11. Jahrhundert; OraLimor und Israel Jacob Yuval behandelnden Schuldvorwurf gegen die Juden, diestets mit Judas Ischariot gleich gesetztwurden, von dem vor allem in der Ha-giographie gehandelt wurde (Legendaaurea). Hans-Jörg Gilomen geht aufSubstitutionen jüdischer Kredite imSpätmittelalter ein, weil man christli-chen Bankiers das Geschäft übertragenwollte. Allerdings konnte auch das Ge-genteil eintreten, wie das Beispiel vonFlorenz belegt. Aber auch in Zürich undin vielen anderen Städten gab es ganzunterschiedliche Bedingungen, undmanchmal wurden sogar christlicheBankiers verdrängt, weil man Juden dasKreditwesen wieder übertragen wollte.Entscheidend dürfte aber sein, dass Ver-treibungen wenig mit finanziellen As-pekten zu tun hatten, denn die christli-chen Geschäftspartner betrieben weiter-hin einen engen Handel mit Juden, not-falls auf dem Land oder in Nachbar-städten. Michele Luzzati argumentiert,dass die starke Wanderungsbewegungvon aschkenasischen Juden nach Italienwährend der Renaissance weniger mitihrer Vertreibung aus anderen TeilenEuropas zu tun hatte, sondern im Zu-sammenhang mit globalen Wanderungs-bewegungen nach Italien standen. Rein-hold C. Mueller widmet sich dem Kon-kursfalls eines jüdischen Bankiers inMestre (außerhalb von Venedig) am En-de des 15. Jahrhunderts, der deutlich vorAugen führt, wie eng jüdische Bankenmit der jeweiligen lokalen Wirtschaftverbunden waren. Robert Jütte schließtmit einer Studie über Juden als Kurgäste

in der Frühen Neuzeit, was uns hier nuram Rande interessieren soll.

Der würdig gestaltete und wissen-schaftlich sehr solide Band schließt miteinem Verzeichnis der Schriften von Al-fred Haverkamp seit dem 15. September2005 (alle früheren sind in seiner Fest-schrift von 2005, Campana pulsanteconvocati enthalten) und einer Liste allervon ihm betreuten Dissertationen undHabilitationsschriften seit 2002 (allefrüheren enthalten in einer Festgabe zum65. Geburtstag, Gemeinden, Gemein-schaften und Kommunikationsformen).Wirklich bedauerlich nur, dass ein Indexfehlt.Albrecht Classen

Henry of Ghent's Summa of OrdinaryQuestions. Articles Six to Ten onTheology, trans. and Annotated byRoland J. Teske, SJ (Mediaeval Philo-sophical Texts in Translation, 48),Marquette University, Milwaukee,WI, 2011, 226 pp.The more translations of medieval textsare made available, the better for ourteaching situation since the knowledgeof Latin is dwindling in dramatic terms.At the same time the interest in medievalliterature, philosophy, and history isrising, so we can only welcome RolandJ. Teske's English translation of Henryof Ghent's Summa of Ordinary Qestions.Henry (d. 1293) was one of the leadingphilosophers at the University of Paris atthe end of the thirteenth century, heavilyinvolved in the condemnation of thenotorious 219 theses allegedly formu-lated by some professors there. Bishop

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Etienne Tempier issued that condemna-tion in 1277, which was centrally di-rected against the teachings of Aristotle.Nevertheless, Henry in a way embracedAristotelian teachings as well and ar-gued strongly for theology as a science,and this based on Aristotle's PosteriorAnalytics, the Physics, and the Meta-physics. The present anthology containsthe English translation of a selectionfrom Henry's Summa of Ordinary Ques-tions (Summa quaestionum ordinarium).Teske focuses on the following topics:Theology in itself as a science (article6), theology in relation to the other sci-ences (article 7), the final cause of the-ology (article 8), on the author of effi-cient cause of theology (article 9), andon the authority of sacred scripture (arti-cle 10).

The introduction gives us a succinctoutline of Henry's major arguments fromarticle to article, preparing us well forthe actual study of his Summa. Teskebased his translation on the Badius edi-tion of 1520, although there are a num-ber of obvious mistakes and errors in thetext. Teske emended them as best aspossible or added a conjecture, which isall documented in the footnotes. Al-though a number of Henry's articles inthe Summa are by now available in criti-cal edition, those articles that interestedTeske are not forthcoming soon. In theEnglish text the folio numbers of theBadius edition are included, whichmakes a comparison possible for thosewho have that old edition in their library(one copy is held in the Bodleian library,Oxford, according to WorldCat; thereare a number of other copies in Germanlibraries according to the Karlsruhe

Virtual Catalogue; and there is the re-print from 1953).

Considering Teske's great reputationas a medievalist philosopher/theologian,there is no doubt that we can trust histranslation, although it is not accompa-nied by an edition on facing pages or inan appendix. The volume concludes witha select bibliography and an index ofsources cited. This little paperback givesus a great selection of Henry's essentialwritings, making it possible to includethem in teaching medieval theology andphilosophy.Albrecht Classen

Hildegard von Bingen, Physica: Libersubtilitatum diversarum naturarumcreaturarum. Textkritische Ausgabe.Hg. Reiner Hildebrandt und ThomasGloning, Band 1: Text mit BerlinerFragment im Anhang, Band 2: Appa-rate, Walter de Gruyter, Berlin, und-New York 2010, 431 und 592 S.The publication of a critical edition ofthe Physica, one of two medical-scien-tific works attributed to Hildegard ofBingen, has long been a desideratum.Until recently scholars had to rely on the1855 edition prepared by Charles Da-remberg and F. A. Reuss for the Pa-trologia Latina series. The impetus forthe edition by Reiner Hildebrandt andThomas Gloning was the 1983 discoveryof the Physica in Ms. Laur. Ashb. 1323;this Florentine manuscript provides themost complete version of the text todate. Two additional variants identifiedaround the same time, in Cod. Ferraioli921 of the Vatican Library and Ms. 178a

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in the Freiburg Universitätsbibliothek,further inform this two-volume set.

The relationship of these recentmanuscript discoveries with textual wit-nesses already known is explored in theintroduction. Hildebrandt theorizes thatthe original Physica text was created inphases under the influence of the Sum-marium Heinrici, two redactions ofwhich were used by Hildegard. Accord-ing to this account, the original work bythe magistra, no longer extant, consistedof two columns of text: the foundationaltext (Grundtext) and the additional text(Zusatztext); Hildebrandt identifies theformer as the Liber simplicis medicinaeand the latter as the Liber compositaemedicinae. He posits that only afterHildegard's death were the two com-bined: excerpted and systematized anew,the Zusatztext served as the central por-tion of the Cause et cure, the secondmedical-scientific work considered bymany, although not all, scholars today aspart of Hildegard's oeuvre. The asser-tions contained in the introduction sum-marize all too briefly Hildebrandt'sscholarship of the previous 15 years: hisedition of the Summarium Heinrici, thestudy of the Rhenish Franconian wordsin Hildegard's works, and the interplaybetween German and Latin in thePhysica, characterized as a reflex of therelationship between Hildegard and heramanuensis Volmar. The introductioncontinues with a stemma for the editionand a brief description of each of thenine manuscripts containing part or allof the Physica. A modest bibliographyfollows, and the introductory remarksconclude with addenda that detail textualparallels between the Physica and the

Summarium Heinrici as well as thePhysica and the Cause et cure.

The bulk of the first volume is de-voted to the edition of the text, whichconstitutes almost 350 pages. Ms. Laur.Ashb. 1323 serves as the lead ma-nuscript almost exclusively. Normalscript is used for the Grundtext, italicsfor supplemental text, and bolding forGerman terms. This guiding principal iseffective in allowing the reader to rec-ognize how the text evolved. Volume 1concludes with two index appendicesand a critical edition of the Berlin Frag-ment, Codex Berolin. Lat. Qu. 674, firstedited by Heinrich Schipperges in 1956.

All commentary regarding the ninetextual witnesses of the Physica is con-tained in Volume 2. The three-part appa-ratus structure employed by the editorsreflects the enormity of the task of col-lating this material. Apparatus A pro-vides textual variants in each of themanuscripts; Apparatus B details pas-sages so divergent as to necessitate theirown apparatus; and Apparatus C docu-ments variants of the German wordsHildegard employs. Although relegatingcommentary to a separate volume issomewhat cumbersome, it is the mostreasonable solution, given the scope ofthe variant readings.

In his foreword Hildebrandt notesthat a third volume of the edition, an an-notated register of the German words inthe Physica, is in preparation; this sup-plement will be a useful complement tothe volumes published to date.

The manuscript discoveries alludedto above have revived scholarship con-cerning Hildegard's medical-scientificworks in recent decades, and, remarka-

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bly, have resulted in the publication oftwo editions of the Physica within threeyears. Hildegard von Bingen: Physica:Edition der Florentiner Handschrift(Cod. Laur. Ashb. 1323, ca. 1300) im

Vergleich mit der Textkonstitution derPatrologia latina (Migne), edited byIrmgard Müller and Christian Schulze,appeared in 2008. Such a remarkablecircumstance – which appears to be anembarrassment of riches with regard tocritical editions – warrants commentary.In her introduction Müller notes thatHildebrandt is preparing a critical edi-tion, yet nowhere does Hildebrandt ac-knowledge that the single-volume edi-tion already has appeared in print – apuzzling omission. The title of the 2008work makes clear its principal purpose –a comparison to the PL text – whereasthe later, two-volume work focuses onthe relationship among the extant ver-sions and the variants inherent amongthem; each recent edition makes aunique contribution to an understandingof Hildegard's medical-scientific works.Hildebrandt devotes two pages of hisbrief introduction to the inadequacies ofthe Daremberg/Reuss edition; here, ifnowhere else, one might have expected areference to the Müller/Schulze work.Given that both editions follow Cod.Laur. Ashb. 1323, the frequent textualdivergence is surprising; alternate spell-ings, dissimilar words, syntactical varia-tions, and contradictory punctuationabound. The documentation in the Hil-debrandt/Gloning apparatuses providesclarification regarding the first threetypes of inconsistencies. Differing place-ment of commas and insertion of quota-tion marks result in some instances in

substantially different interpretations ofthe text, e.g., the identification of incan-tations involving the beech tree in BookIII (Hildebrandt/Gloning, 210; Mül-ler/Schulze, 185).

The edition by Hildebrandt andGloning is an impressive undertaking.The admirable work accomplishedwould have been enhanced by an in-depth introduction and a comprehensivebibliography. Nonetheless, this two-volume set is a notable contribution toHildegard scholarship.Debra L. Stoudt · Virginia Polytechnic

Institute and State University ·Blacksburg · VA/USA ·[email protected]

Ryan P. Freeburn, Hugh of Amiensand the Twelfth-Century Renaissance(Church, Faith and Culture in theMedieval West), Ashgate, Farnham2011, xiii, 276 pp.This dissertation is neither a life of HughIV, Archbishop of Ruoen (c. 1085-1164), nor does it contain as much ashalf a page on the 12th century renais-sance. Obviously these words have beenadded to the title only in order to catchthe potential readers' and buyers' eye.The only aim of this study is to present afull overview of the theological writingsof this prelate. True, there exists a shortintroductory summary on how the nobleAmienois climbed the ladder from themonastery of Cluny via Reading Abbeyto the important French see, a result ofhis connections to the English crown andhis decision for the more successfulpope in the schism of 1130. It is striking

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to note that, his monastic past notwith-standing, Hugh showed a marked lack ofinterest anent the monastic world afterhis election to the cathedra. Apart fromthe agenda concerning his archbishopricand the English monarchy, Hugh'sprobably most remarkable activity washis attack on another bishop, viz. Gilbertof Poitiers (de la Porré) whose analysisof the trinity he held to be heretic,thereby concurring with Peter Lombardand Bernard of Clairvaux, though itseems that none of them really under-stood the subtle semantico-logical thesesof their respective opponent (cf. P. Din-zelbacher, Bernhard von Clairvaux,Darmstadt 1998; 2nd ed. 2012, pp. 307ff., 313 ff., not consulted by Freeburn).

All other chapters, however, arededicated to Hugh's literary products, of-fering a doxography with extracts andcomparisons to some works of othercontemporary ecclesiastics. Freeburnproceeds to retell the contents of thetreaties Hugh wrote about a bag oftheological subjects, all contributions inthe fields of dogmatics and religious di-dactics of his time. If the reader shouldhave the permanent impression of déjàvu, this can be explained easily: Hughcopied his theology nearly completely –not seldom word by word – from StAugustine or other standard sources. Hewas the opposite of an innovativethinker à la Abaelard and certainly in nosense a representative of the Twelfth-Century Renaissance. On the contrary,he was an extremely conservative mindwho fell back even behind Anselm'stheology of redemption (p. 71). Subjectsof major interest for this apologist werethe exegesis of the Genesis, the free will,

the defense of churchly faith and prac-tice against heretics, and the unity of theCatholica. Only when dealing with thecanonical state of the monks (whosefrock he believed to be a sacrament:p. 89) and with the problematic power ofexcommunicated priests to bind and toabsolve (cf. Fr. v. Schulte, Die ge-schichtliche Entwicklung des rechtlichen"Character indelebilis" als Folge der Or-dination, 1901, not consulted by theauthor), Hugh did not concord with thedogmatic positions which were to be-come the norm – but in his days theseitems had not been yet the subjects of fi-nal papal or synodal decisions (as nei-ther the number of sacraments had al-ready been fixed during his lifetime).The remarkable "reprehensio" of a Clu-niac launched against Bernhard of Clair-vaux' critique of the old monasticismand usually attributed to Hugh cannot belonger considered a work of this prelate,if we follow Freeburn's reasonable ar-guments.

Apart from this theological prose,Hugh also composed a few poems espe-cially of biblical content, neither beingremarkable for their language; rather theLatinity of this author could be calledaverage for his age – educated but unin-spired. Also, we have from his pen thevita of a crusader whom he considered asaint, as the man claimed to have beenliberated from Saracen imprisonmentand transported from the Levante toFrance by the saints Mary Magdaleneand Bernard of Tiron in one single night.It can be regarded as an issue rather ex-traordinary in medieval hagiography thata writer who did not live many genera-tions after his hero but had personal

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contacts to him, as Hugh had to thisknight named Adjutor, would tell abouthim miracles of so implausible a char-acter.

The present reviewer would nothesitate to call Freeburn's work soundscholarship, given his study of unpub-lished manuscripts and the clear andcompetent way the material is presented.However, one cannot but feel surprisedat some inaccuracies easily avoidable.Though the bibliography on Hugh cer-tainly is not abundant Freeburn did notconsult the lemma dedicated to thisbishop by one of the greatest specialistson 12th-century church-history, viz. E.Vacandard, in the Dictionnaire de théo-logie catholique VII/1, 1922, cc. 205-215. It does not sound probable that thisofficious standard work on catholicdogmatics should not have been avail-able at an academic institution whichboasts itself to be "Our Lady Seat ofWisdom" in Canada and of which theauthor is a member. The use of this en-cyclopedia would have been most help-ful also in determining Hugh's theologi-cal positions because the dogmatic his-tory of all the subjects treated by himcan be found profusely documentedhere. Though Freeburn's policy of ren-dering all Latin quotations in Englishsurly is laudable, it betrays, alas, that hedid not always fully understand theoriginal texts. So he translates, e.g., "au-sus" as if it were "auditus" (p. 187), con-verts pointlessly a past tense into thepresent ("viderunt" p. 221 f.), and omitswords ("laudabilis... fidelis" on p. 205).On p. 225 an epitaph written for Hughby Arnulf of Lisieux is quoted whichcontains the line "...et ultra hominem et

magnificatus homo," the translation ofwhich is a complete blunder. Whowould not recognize at first sight that thesecond "et" must be one of the countlessmisprints of the Patrologia Latina for"est"? And that is exactly what we readboth in Migne's edition of Arnulf's lyrics(PL 201, c. 200D) and in the editiocritica by E. Könsgen (Heidelberg 2002,p. 77), none of which were checked.

To sum up, this volume will be help-ful for those readers who are specializedin the history of high medieval theology,but it is completely disappointing for allthose investigating the trend of innova-tions we are used to label the 12th-Century Renaissance. That the author ofa book on Hugh calls him "a key figureat the dawn of the age of scholasticism"(p. 2) may be understandable, thoughthis will remain, I am afraid, an opinionhardly shared by other medievalists; in-stead, another statement will continue tobe true: "When one considers the sig-nificant aspects of the twelfth century...Hugh of Amiens is not among the firstnames that come to mind." (ibid.)Peter Dinzelbacher

Jaufre Rudel, Chansons pour unamour lointain. Présentation Roy Ro-senstein. Préface, adaptation Yves Le-clair. Littérature occitane "Trouba-dours," Editions Fédérop, Gardonne2011, 85 pp.In his "Eloge de la petite édition," PierreJourde declares that without such smallpublishing houses, poetry would nothave survived in France. He describeshow small independent publishing

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houses allow young authors access topublication, ensure the publication ofworks that are not bestselling genres,bring foreign literature to France, andrepublish certain forgotten authors.1 It isdifficult to imagine a work that betterfulfills these purposes than Chansonspour un amour lointain. Published byfédérop, a small press located in thesouthwest of France and devoted chieflyto the publication of Occitan and Catalanliterature, this slim volume exemplifiesthe best kind of output of the small pub-lishing house in France, and I dare say,would easily earn Jourde's praise. Chan-sons pour un amour lointain presentsJaufre Rudel's poetry in a bilingual fac-ing page edition, with the poems newlyedited by Roy A. Rosenstein, a specialistof Occitan poetry and most notably ofJaufre, and adapted into modern Frenchby contemporary poet Yves Leclair. In-deed, Rosenstein's new edition of thesepoems is most welcome, as the most re-cent edition of Jaufre is Alfred Jeanroy'swhich, while reissued in 1974, first ap-peared in 1915, and was reedited in1924, and is only found on the shelvesof libraries rather than bookstores. Ro-senstein also provides a preface, after-word, and a discriminating, if brief, aca-demic bibliography; Leclair provides anintroduction to the historical and literarycontext of the poems and their transla-tion and adaptation. As a result, this vol-ume is not only accessible but alsoscholarly in nature.

Yves Leclair is in many ways theperfect poet to adapt these poems. Hispoetry has been described as "une poé-thique de l'errance" (particularly his1997 collection of Bouts du monde).

This neologism 'poéthique,' describing apoetics that is merged with an ethics, isquite comparable to one that we findalso in Jaufre. Moreover, Leclair's po-etry is concerned with both wanderingand irony, or a double engagement withthe insignificant and terrestrial, thenoteworthy and transcendent, in a waythat is similar to Jaufre's.2 In his reviewof Leclair's 1993 collection of poetryL'or du commun, for example, MichaelBishop writes, "the honoring of theworld's seeming insignificances entails amatching honor of language and form,tender or smiling, reflective or even sol-emn: a caressing recognition of our sim-ple creative symbols in their brushingagainst l'or du commun."3 Indeed, Le-clair's approach to translating Jaufre isself-consciously styled upon a similarpractice of conjoining. He explains, "Demême que Jaufre Rudel, en rejoignantenfin l'Aimée qu'il avait connue ou con-çue par ouï-dire, aurait recouvré l'ouïeet, à défaut de la voir, humé son essencesacrée, puisse le lecteur entendre dansles six chansons de cette édition bilin-gue, le plein chant de la vraie vie,retrouver les parfums et les sons qui rac-cordent nos vies profanes à la divinelégende" (20-21) [Just as Jaufre Rudel,in finally rejoining his Beloved that hehad met or imagined by hearsay, re-gained his hearing, and without seeingher, breathed in her sacred essence, maythe reader hear in the six songs of thisbilingual edition the plainchant of truelife, enjoy the perfumes and sounds thatjoins our profane lives to divine legend].

In his description of his approach totranslating these texts, Leclair neatlyfashions a pun based on the trope of me-

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dieval love as l'amor de lonh (love fromafar) that is best exemplified by Jaufre'spoetry: "serrer le texte de près (et nonpas de loin)" (20) [to hold close to thetext (and not from afar)]. As a result, hisintention is "recréer la prosodie" [to rec-reate the prosody] of the original. Hisadaptation, Leclair writes, "rejoue avecjoie sur les rythmes de ses mètres etainsi que sur la magie subtile de ses jeuxde rimes de Jaufre, et tente de rendrel'envoûtante musicalité de la langue dutroubadour dont la souveraine simplicitéest le fruit d'un art poétique sublime"(20) [plays anew joyfully with therhythms of its meters and also with thesubtle magic of Jaufre's play of rhyme,and attempts to render the bewitchingmusicality of the troubadour's languagewhose sovereign simplicity is the fruit ofa sublime poetic art].

Leclair notes that he has attempted torender the music of tropes and neumeswhile staying as close as possible to theliteral meaning of this new edition (19-20). This is no easy task, but one atwhich Leclair on the whole succeedsvery well. Let me point to one of themost successful renderings of two stan-zas from Jaufre's "Belhs m'es l'estius e.l.temps floritz":

Lonctemps ai estat en dolor,de tot mon afar marritz:qu'anc no fuy tan fort endurmitzque no.m rissides de paor.Mas aras vey e pes e senque passat ai aquelh turmen,e non hi vuelh tornar ja mays.

Mout mi tenon a gran honor,totz selhs cuy ieu n'ey obeditz,

quar a mon joy suy revertitz.E laus en lieys e Dieu e lhor,qu'er en lur grat e lur prezen,e que qu'ieu m'en anes dizen,lai mi remanh e lay m'apays. (32-33)

Longtemps je fus toute douleuret de mon affaire marri :jamais ne fus si endormique ne me réveille la peur.Mais là je vois et pense et saisque ce tourment j'ai dépassépour n'y retourner plus jamais.

Me tiennent en grand honneur ceuxdont les conseils j'ai bien suiviscar de nouveau à ma joie suis.Loués soient-ils, eux, elle et Dieu!Ils ont récompense et merci,quoi que je puisse en avoir dit,je reste là, là me repais.

In recreating his source text's pros-ody, Leclair also renders the literalmeaning. Moreover, even a quick com-parison of original and adaptation re-veals how very close to the lexical rootsof his source text Leclair has stayed. Heeffectively guides the reader into recog-nizing the linguistic rapprochement ofOld Occitan and modern French, despitetheir obvious differences. Leclair'sholding close to the original also resultsin a meter and rhyme that reproducesnicely that of Jaufre's poem: it followsthe poem's complicated rhyme schemeof ABBACCD, with the final word ofeach stanza providing the rhythmic tiebetween each stanza. There are, ofcourse, unavoidable losses: the height-ened alliterative and assonant features ofthe melodic line "E laus en lieys e Dieu

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e lhor " are lost in Leclair's rendering"Loués soient-ils, eux, elle et Dieu!,"which, nevertheless, retains the repeti-tive syntactic structure.

I would note that Leclair has pro-vided titles that represent each poem'sgeneral theme, such as "Chanson du malamour," "Chanson de l'amour sage," and"Croisade de l'amour chanteur." Typi-cally, medieval poets did not provide ti-tles to their lyric; in doing so, Leclairhas offered not only a guide to the indi-vidual poem, but has implied an over-arching structure to the six poems. See-ing the poems as a collection is a mod-ern imposition but, despite its artificial-ity, useful for the modern reader, espe-cially the reader of modern poetry ac-customed to reading small collections ofpoetry.

Chansons pour un amour lointainmakes Jaufre Rudel's poems accessibleto the greater French public and, in sodoing, ensures that this medieval poet,writing in the mid-twelfth century inOccitan, remains alive in the world ofcontemporary French poetry. For this,Yves Leclair and Roy Rosenstein are tobe much commended.Michelle Bolduc · French, Italian,and Comparative Literature ·University of Wisconsin-Milwaukee ·

[email protected]

1 Le Monde Diplomatique (January 2007):24. Accessible at http://www.monde-diplomatique.fr/2007/01/JOURDE/14336.

2 Peter Dorrington writes, "Mais loin dereprésenter une capitulation facile à l'il-lusion, la poésie ironique de Leclairconstitue un compromis sensible et intel-ligent: avec une désinvolture interdisanttoute naïveté existentielle comme toute

solennité poétique, cette drôle de paroleconjugant ludisme et altruisme, luciditéet charité, sourire sceptique et solidaritééthique nous encourage à assumer de fa-çon responsable la vie du hic et nunc, àhabiter ensemble ce point d'équilibremais vivable entre joie enchantée etdoute étouffant." "Solidarité et sourire:Yves Leclair." In Contemporary FrenchPoetics, ed. Michael Bishop and Christo-pher Elson. Amsterdam, New York: Ro-dopi, 2002, 187-98, at 198.

3 Michael Bishop, L'or du commun, Bookreview. World Literature Today 68:2(1994): 341.

Die Konzilien Deutschlands undReichsitaliens 1023-1059 (Concilia ae-vi Saxonici et Salici MXXIII-MLIX),hg. von Detlev Jasper, (= MGH Con-cilia VIII), Hahn, Hannover 2010,XXIV und 463 S.Der hier knapp anzuzeigende Band istder Endpunkt der Concilia-Reihe derMGH. Zwei Bände – der zeitlich direktdavorliegende (1002-1022, bearb. vonErnst-Dieter Hehl) sowie der Band zuden Konzilien der karolingischen Teil-reiche (875-909, bearb. von WilfriedHartmann und Gerhard Schmitz) stehennoch aus. Die Konzilien Deutschlandsund Reichsitaliens zwischen 1023 und1059 werden in diesem monumentalenQuellenband durch Detlev Jasper minu-tiös aufgearbeitet.

Der Band stellt dreiundvierzig Sy-noden, in einem Zeitraum von drei dut-zend Jahren, vor, die im Reich stattfan-den. Sechzehn dieser Synoden liefennördlich, siebenundzwanzig südlich derAlpen. Ordnungskriterium der Synodenist, dankenswerterweise, die Chronolo-

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gie. Die wenig einfache Überlieferungs-situation bringt mit sich, daß lediglichvon fünf Synoden die entsprechendenCanones1 erhalten sind. Mit anderenWorten: Detlev Jasper mußte aus ande-ren Quellenzeugnissen die Informatio-nen herausschälen und hier auch präsen-tieren; dies hat den Vorteil für den Be-nützer des Bandes, daß er umfassendauch die Quellen präsentiert bekommt,die von den Synoden berichten. Ob derBandbreite der Synodalthemen wirdoftmals auch die "allgemeine" Ge-schichte "bemüht"; als partes pro totosei hier nur auf zwei der Dauerbrennerder ersten Hälfte des XI. Jahrhunderts,den Hammersteinschen Ehehandel2 undden Gandersheimer Streit3 sowie in er-ster Linie innerkirchlicherseits auf dasPapstschisma (Sutri und Rom 1046; Nr.23) und Papstwahldekret (Lateran 1059– mit der Nr. 43 zugleich auch das letztepräsentierte Konzil) verwiesen.

Ein Konzil zumindest fehlt aller-dings: Die Limburger Synode vom3.XII.1038, die ein Thema behandelt,das von seiner Aktualität anscheinendkaum Brisanz verloren hat – der korrekteBeginn der Adventszeit. Dieses Konzilfehlt, wurde bereits im Vorwort (S. VI)aussortiert, ohne daß hierfür eine stim-mige Begründung genannt wurde, denndas von Jasper vorgetragene Dictum"außer man wollte die Zusammenkunftmehrerer Bischöfe als ausreichendes In-diz für eine Kirchenversammlung geltenlassen" (S. VI) überzeugt nicht. Erstaun-lich nur, daß die bisherige Forschung –mit besseren Gründen – von einer Sy-

node ausging.4 Diese Fehlstelle ist nunaber auch der einzig wirkliche Kritik-punkt an diesem Band.

Hervorzuheben ist, daß in den – na-turgemäß unterschiedlich umfangreichen– editorischen Vorbemerkungen zu dendreiundvierzig Synoden die Quellen-und Literaturlage bis hin ins Minutiöseaufgedröselt wurde. Wer zu dem Zeit-raum arbeitet sollte auf jeden Fall denBand sinnvoll nutzen – und sich dadurchmannigfache Arbeit ersparen. DetlevJasper sei's gedankt: Ultra posse nemoobligatur.Klaus-Frédéric Johannes Ingenheim ·Am Pfaffenberg 23 ·D-76831 Ingenheim ·

[email protected]

1 Es handelt sich hierbei um die Konzilienvon Seligenstadt 1023 (Nr. 3), von Tre-burg 1036 (Nr. 16), von Pavia 1046 (Nr.22), von Reims (sic!) 1049 (Nr. 27) so-wie die lateranensische Synode von 1059(Nr. 43) nebst der Papstwahldekretspro-blematik.

2 Der Konflikt wurde auf den Synoden zuMainz 1023 (Nr. 1), Seligenstadt 1023(Nr. 3) und Höchst 1024 (Nr. 4) behan-delt.

3 Gandersheim wurde auf den SynodenGrone 1025 (Nr. 6), Seligenstadt 1026(Nr. 7), Frankfurt 1027 (Nr. 10), Geisle-den 1028 (Nr. 11) und Pöhlde 1028 (Nr.12) behandelt.

4 Cf. hierzu nur MG SS XVII, 81 seq. undMG SS III, 70, also die – zugegebener-maßen späten – Speyerer Annalen bzw.die Fortsetzung der Weißenburger An-nalen ad a. 1038. Hier wird dennochrecht deutlich, daß es sich um einen Syn-odalbeschluß handelt. Cf. RI III/1 Nr.292b.

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Caroline Krüger, Freundschaft in derhöfischen Epik um 1200. Diskurse vonNahbeziehungen, Berlin und NewYork, De Gruyter, 2011, XI, 362 S.Mittlerweile hat die Forschung einmütigfestgestellt, dass das Thema der 'Freund-schaft' im Mittelalter eine große Rollespielte. Die opinio communis hat sich imLaufe der letzten zwei Jahrzehnte in derHinsicht ziemlich stark herausgeschält,und inzwischen gilt es höchstens noch,spezielle Text- und Gattungsbereicheoder kunsthistorische Aussagen darauf-hin zu überprüfen. Genau in diese Kerbeschlägt nun Caroline Krüger mit ihrerfür den Druck aufbereiteten FreiburgerDoktorarbeit von 2009, indem sie sichvor allem der Frage zuwendet, wieFreundschaft in der deutschen höfischenEpik um 1200 behandelt wurde. Nacheinem längeren, von einer akademischenArbeit gemeinhin zu erwartenden theo-retischen Einleitung, die viel und wenigauszusagen vermag, sei es, dass sie überdie Konfigurationen, sei es, dass sie überdie Kontexte handelt, beginnt die Auto-rin zunächst mit einem Kapitel zurFreundschaftsdiskussion um 1200, aberauch dies erweist sich nur als Vorge-plänkel, denn erst anschließend setztKrüger mit Reflexionen über das Themaein, wie es in der Antike und imFrühmittelalter behandelt worden ist.Cicero kommt hier viel zu kurz weg,aber auch Augustinus oder VenantiusFortunatus (gar nicht konsultiert) hättender gesonderten Betrachtung verdient.Selbstverständlich übten die Einstellun-gen zur Freundschaft, wie sie in der An-tike entwickelt worden waren, einen un-ablässigen Einfluss auf die Nachweltaus. Krüger berücksichtigt kurz auch

Cassian und Aelred of Rievalux, aberdiese Streifzüge genügen insgesamtnicht, um ein solides Fundament für dienachfolgende Diskussion zu entwickeln.Schwierigkeiten bereitet sogleich dieVermengung der erotischen Beziehungmit der homosozialen Freundschaft, wasimmer wieder in den späteren Kapitelnwie ein Quertreiber zum Ausdruckkommt und letztlich fast nur Verwirrungstiftet.

Das dritte Kapitel, mit "Case StudyIwein" betitelt, was schon drei Seitenspäter bescheidener als "Fallstudie"(104) umschrieben wird (mit fremdenFedern lässt sich schön schmücken!),widmet sich den Beziehungen Iweinsmit Gawein und dann auch den ver-schiedenen Frauenfiguren, womit aberder Begriff von 'Freundschaft' insgesamtsehr verwässert wird, ohne dass wir neueErkenntnisse über das soziale Bezie-hungsnetz des Protagonisten vorgestelltbekämen. Von Freundschaft in der Be-ziehung zwischen Laudine und Lunetezu sprechen (120ff.), oder in derjenigenzwischen Elisabeth von Thüringen undihren Bediensteten, wie sie von Konradvon Megenberg beschrieben werden(126ff.), scheint mir eine grobe Fehl-deutung zu sein. Genauso wenig gelangtSchröder weiter, wenn sie die Linse auffiktionale Herrscherinnen wie Dido inHeinrichs von Veldeke Eneit richtet(132ff.). Wahrscheinlich denkt sie hiernur noch an das Thema 'soziale Bezie-hungen' und hat 'Freundschaft' ein wenigaus dem Auge verloren, es sei denn, dassnun primär der Untertitel dieses Bucheszum Zuge kommen soll, und dies zumNachteil des Haupttitels. Dieser Ein-druck verstärkt sich in den folgenden

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Kapiteln, in denen es zunehmend um dieAspekte Ehe und Liebe geht, wobei aberdie Deutung so mancher Paarbildungen(z. B. Gahmuret und Herzeloyde oderOrilus und Jeschute) als pathologischnicht nur irritiert, sondern als anachroni-stischer und deplatzierter Ansatz zurück-zuweisen wäre (139).

Schröder geht darauf auf den Bereichder homosozialen bzw. homosexuellenBeziehungen ein, stützt sich dabei aufverschiedene Forschungen wie die vonAndreas Krass zu Dietrichs von derGletze (nicht "Glesse") Diu Borte, wie-derholt aber nur die dort vorgebrachtenMeinungen, die längst als fehlgeleitetverworfen worden sind, ohne eine eige-ne Position zu gewinnen. Das Verhältniszwischen Tristan und Brangäne in Gott-frieds Roman im Rahmen der Freund-schaft zu behandeln, führt uns ebenfallsweit ab und bringt letztlich gar nichtsein.

Im vierten Kapitel bemüht sichSchröder darum, endlich doch wiederfesten Boden unter den Füßen zu gewin-nen, indem sie von männlichen Freund-schaftstypologien spricht, wiederholtaber dabei insgesamt nur die generellenBeobachtungen, dass die epischen Pro-tagonisten oft eng miteinander befreun-det sind. Wäre es aber nicht viel wichti-ger gewesen zu überprüfen, wieso diesegerade meistens alleine operieren undnur gelegentlich auf die Kameraden(nicht wirklich Freunde!) der Tafelrundestoßen? Abstrus wird es dann, wennSchröder sich dem Nibelungenlied zu-wendet, wo von Freundschaft wahrlichnur sehr wenig die Rede ist. Nur einmal,dann aber umso intensiver, stoßen wirauf einen Mann, Rüdiger, der tatsächlich

in großartiger Weise den Charakter einesidealen Menschen an den Tag legt undvon allen als Freund geschätzt wird, dersogar im letzten Kampf seinen Schild anHagen weiterreicht. Genau diese Szenehat aber Schröder noch nicht einmal be-rücksichtigt (siehe meinen Beitrag inFriendship in the Middle Ages, s. u.).Hagen gehört zu den Einzelkämpfern,aber wenn er schon hier behandelt wer-den sollte, dann doch in Bezug auf Vol-ker, von dem in diesem Kapitel gar nichtdie Rede ist.

Gelegentlich bemüht sich Schröderanerkennenswertermaßen darum, auf dieDiskussion der Freundschaft in der zeit-genössischen lateinischen Literatur ein-zugehen, so bei Walter Map, Giselbertvon Mons oder in der Histoire de Guil-laume de Maréchal, nur gerät sie an-schließend wieder in das leidige Fahr-wasser der Gender-Studien und derThematik der Homosexualität im Mittel-alter, ohne dass sie adäquat die neuestenMännlichkeits-Studien berücksichtigthätte. Was die Beschäftigung mit demDuell (dazu jetzt Sarah Neumann, Dergerichtliche Zweikampf, 2010) in unse-rem Kontext soll, bleibt sehr fraglich.Die Bemühung, schließlich auch noch zuerörtern, inwieweit von Freundschaftenunter Frauen berichtet wird, wäre ja sehrzu begrüßen, und die Diskussion von derBeziehung zwischen Hildegard von Bin-gen und Richardis von Stade passt aus-gezeichnet hier hin, aber Schröder kannes doch nicht lassen, jegliche weiblicheBeziehungen zu integrieren, z. B. vonBrünhild und Krimhilt im Nibelungen-lied, was nur als abwegig zu bezeichnenwäre. Isolde und Brangäne in Tristansind genauso wenig Freundinnen wie

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Laudine und Lunete in Iwein (!). Die je-weils letzteren Frauen sind Vertrauteund Beraterinnen, aber eben nichtgleichgestellte Freundinnen. Verwandt-schaftliche Beziehungen unter den Pro-tagonisten treten überall auf, haben abermit dem Thema dieses Buches nichts zutun, weswegen der Abschnitt zu Markeund Tristan (Tristan) überhaupt nichtsKonstruktives beiträgt.

Vom Aufbau und der kritischen Dis-kussion her hat sich aber Schröder gene-rell schon als eine recht solide Forsche-rin bewiesen. Leider fehlt jedoch dieserArbeit innere Disziplin und Konzentra-tion, so dass sie ständig den roten Fadenaus dem Auge verliert. Worum handeltes sich hier überhaupt? Wahre Freund-schaften werden im Grunde fast nir-gends behandelt, während eine Fülle vonsozialen Beziehungen in der Hofgesell-schaft in bunter Variation das Hauptge-wicht ausmacht. Das Gebot der Beschei-denheit verbietet mir eigentlich, zuletztnoch auf den von mir im Frühjahr 2011hg. Bd. Friendship in the Middle Agesand Early Modern Age (auch bei DeGruyter erschienen) hinzuweisen, aberim Licht der dort entfalteten Forschungist der vorliegende Band nicht mehr mitVorteil zu lesen.Albrecht Classen

Laurin. Hg. von Elisabeth Lienert,Sonja Kerth und Esther Vollmer-Ei-cken. Teilband I: Einleitung, ÄltereVulgatversion, 'Walberan'. TeilbandII: 'Preßburger Laurin', 'DresdnerLaurin', Jüngere Vulgatversion, Ver-zeichnisse (Texte und Studien zur mit-

telhochdeutschen Heldenepik, 6/I undII), Berlin und New York, De Gruy-ter, 2011, LXXIII, VII, 475 S.Es handelt sich hier um den nächstenSchritt in einem langen Projekt, das esdarauf angelegt hat, die mittelhochdeut-sche Heldendichtung neu herauszugebenauf der Grundlage modernster Editi-onspraktiken. Bisher liegen bereits Neu-editionen z.B. von der Dietrichsepik undder Rabenschlacht vor. Hier geht es nunum den Laurin, dessen Neuausgabe inden Jahren 2006 bis 2009 an der Univer-sität Bremen erstellt wurde. Zwar gibt esschon eine Reihe von früheren Bemü-hungen um diesen Text bzw. diese Text-gruppe, ganz zu schweigen von den sehrverdienstvollen Ausgaben des 19. Jhs.(O. Jänicke, 1866, Adelbert von Keller,1867, Karl Roth, 1845 etc.), aber keinedavon genügt unseren heutigen Ansprü-chen. Auch das Unterfangen von ChristaHabiger-Tuczay, die 1999 einige davonediert und übersetzt hatte, ist nicht ad-äquat ausgefallen, was insgesamt diehier vorliegende zweibändige Edition alssehr begrüßenswert erscheinen lässt.

Die Herausgeberinnen bieten nun dieÄltere Vulgatversion nach der Pommers-feldener Handschrift L3, die Kurzfas-sung der Älteren Vulgatversion (Frank-furt L5), den Krakauer Laurin (L18), dieWalberan-Fortsetzung nach der Kopen-hagener Handschrift L1, den PreßburgerLaurin (L14), den Dresdner Laurin

(Dresdner Heldenbuch, L11, die ältereFassung (nach dem Erstdruck des ge-druckten Heldenbuchs (l1) und die jün-gere Fassung der Vulgatversion (nachdem fünften Druck des Heldenbuchs,l10). Dies ist eine sehr saubere Methode,die das Vorgehen wirklich transparent

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macht und dem Leser klar vor Augenstellt, auf welcher Grundlage jeder ein-zelne Text hier vorgestellt wurde. DasLeithandschriftenprinzip kommt hierüberall zur Anwendung, was sich grund-sätzlich als vernünftig und logisch er-weist, wobei je nach Umständen sinnvolleingegriffen wird. Sie ergänzen z.B. dieInterpunktion, regeln die Groß- undKleinschreibung nach der üblichen Me-thode, unterlassen es, das geschäftete 's'bzw. geschwänzte 'z' zu reproduzieren,vereinfachen die diakritischen Zeichenund bieten im Apparat zum Haupttextdie wesentlichen Lesarten. Bei den In-kunabeln bzw. Frühdrucken bleiben siepraktisch beim Originaltext, lösen aberstillschweigend die Kürzel auf und re-gulieren leicht die Groß- und Klein-schreibung und richten sich auch sonstnach den gleichen Prinzipien wie bei denHandschriften. Alle Texte werden voneinem wichtigen Varianten-Apparat zu-sammen mit Erklärungen am Fußendejeder Seite begleitet.

In der Einleitung werden die Text-zeugen vorgestellt und ausführlich be-schrieben, gefolgt von Erklärungen zuden Editionsgrundsätzen. Erstaunlicher-weise fehlen Erklärungen zu den frühe-ren Editionen, somit also auch jeglichekritische Kommentare. Bedauerlicher-weise haben die Herausgeberinnen esauch unterlassen, die Texte auch nur ir-gendwie literarhistorisch zu diskutieren.Im Anhang finden sich Namensver-zeichnisse für jeden einzelnen Text, eineListe der Abkürzungen und ein Litera-turverzeichnis. Ohne Zweifel ist dieseNeuedition wirklich zu begrüßen, aberes wirkt doch etwas verwunderlich, dasshier praktisch gar kein Wort über die

Dichtungen selber fällt. Natürlich liegtzu ihnen sehr viel Forschung vor, unddie einschlägigen Literaturgeschichtenoder -enzyklopädien reichen wohl hier-für aus, aber es wäre sehr leicht gewe-sen, zumindest ein paar Bermerkungenvorwegzuschicken, um einen verständli-chen Rahmen zu entwickeln. Davon ab-gesehen handelt es sich um einen wich-tigen Beitrag zur Laurin-Forschung, danun alle wesentlichen Texte in soliderForm zur Verfügung stehen.Albrecht Classen

Beatrice Michaelis, (Dis-) Artikulatio-nen von Begehren. Schweigeeffekte inwissenschaftlichen und literarischenTexten (Trends in Medieval Philology,Bd. 25), De Gruyter, Berlin und NewYork 2011, 313 S.Dass das Schweigen zum Reden integraldazugehört, das hat die Rhetorik eigent-lich schon immer gewußt. Den Litera-turwissenschaften mag das genauso ge-hen, sie werden sich dessen aber erst seiteinigen Jahrzehnten wieder bewußter –zumal auch auf theoretisch-reflexiverEbene. Eine spannende Arbeit, die zudieser Bewußtwerdung füglich wirdbeitragen können und deren Ergebnissedurchaus nicht nur für Literaturwissen-schaftler(innen) relevant sein dürften, istdie hier vorliegende Gießener Disserta-tion von Beatrice Michaelis, in der sichdie Vf. mit Schweigeeffekten nicht nurin literarischen, sondern auch in wissen-schaftlichen und normativen Texten desMittelalters auseinandersetzt.

Im Fokus steht dabei ein eigentlichschon häufiger, in geradezu klassischer

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Weise von Michel Foucault und seinenExegeten als solcher thematisierterSchweigeinhalt: das Begehren. Dass wires dabei mit einem ganz besonderen Ge-genstand häufig genug paradoxer Arti-kulation zu tun haben, ist sicher nichterst seit Foucault bekannt, von diesemaber besonders prominent formuliertworden: das Verschweigen ermöglichtoft genug erst das Reden über Sexualität,Körper und Begehren, der Wille zumWissen ist begleitet von einer konstantenAngst vor Artikulation. Diese Doppel-bödigkeit versucht die Vf. durch die zu-nächst etwas sperrig wirkende Klammer-formel ihres Zentralbegriffes (Dis-)Arti-kulation einzufangen. Ihre Perspektivefokussiert auf Modi solcher (Dis-)Arti-kulation von Begehren als ein "Sprechenbzw. Schreiben, das nur das simultaneSchweigen oder verschweigende An-derssagen möglich wird" (S. 2). Zu sol-chen Modi, die sich aus einzelnen rheto-rischen Figuren und Tropen zusammen-setzen und bestimmten diskursiven oderGattungsregeln folgen, gehört das lehr-hafte Sprechen bzw. Schreiben ebensowie die Übertragung des Eigenen auf einAnderes, die Beichte bzw. das Geständ-nis im weitesten Sinne, die Denunziationund die Täuschung. Während die beidenerst genannten eher der Ebene des Spre-chers und damit der Darstellung zuzu-ordnen seien, fänden die anderen ge-nannten Modi sich vor allem auf derHandlungsebene, im Bereich der Figu-ren, wieder, so Michaelis. Man müssealso durchaus unterscheiden, inwieweit(Dis-)Artikulationen eher darstellendeMittel oder eher Thema eines Textesseien. So oder so sei es gerade die unter-schiedlich artikulierte Absicht des Nicht-

Sagens, die eine spezifische Form desSprechens hervorbringe. Deshalb auchspricht die Vf. von Schweigeeffekten:denn die untersuchten Texte schweigennur auf den ersten Blick, auf den zweitengeben sie die dahinter stehende engeVerbindung von Reden und Schweigenpreis.

Um welche Texte handelt es sich da-bei? Die Vf. exemplifiziert ihre Thesevon der Dialektik der (Dis-)Artikulationanhand eines breit angelegten Korpussehr unterschiedlicher Zeugnisse deslangen 13. Jahrhunderts. Auf Seite derliterarischen Texte spannt das Spektrumvon Nibelungenlied und Eneas überGottfrieds Tristan bis hin zum Prosa-lancelot. Auf Seite der pragmatischenTexte schließen an den ThomasischenSentenzenkommentar und desselbenSumma theologiae der Liber poeniten-tialis des Robertus de Flamesburia unddie Berthold von Regensburg zuge-schriebene Predigt über die "ruofendenSünden"; es folgen die Aristoteles-Paraphrase "De animalibus" des Alber-tus Magnus und die "Quaestiones saler-nitanae", schließlich dann der "Sachsen-spiegel" des Eike von Repgow. Dabeiverwendet Michaelis große Aufmerk-samkeit darauf, nicht nur Wissensinhal-te, sondern auch deren Darstellungsfor-men in den unterschiedlichen Textsortenklar zu differenzieren.

Den Einzelanalysen vorweg geht einbewusst knapp gehaltenes Kapitel übermittelalterliche Ordnungen des Redensund Schweigens, wie sie vor allem durchhöfische und religiöse Vorstellungenkonturiert werden (S. 23-47). Michaelisspricht in diesem Zusammenhang voneinem "Reproduktionsdispositiv", das

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die unterschiedlichen das Begehren be-treffenden Diskurse ordnet, im Zweifelauch kanalisiert und zu bestimmtenSprech- und Schweigeweisen anreizt. Imdarauf folgenden zweiten Kapitel (S. 49-179) werden dann die 'pragmatischen'Texte und damit Diskurse der Theologie,der Medizin respektive Naturphilosophieund des Rechts analysiert; hier sehen wiralso das konstatierte Reproduktionsdis-positiv in konkreter Arbeit. Sehr ein-leuchtend kann die Vf. den Wechsel der(Dis-)Artikulationsmodi nicht nur zwi-schen, sondern auch innerhalb der ein-zelnen Texte aufzeigen. Die so gewonn-nenen Wissensinhalte und ihre Darstel-lungsformen dienen im anschließendendritten Kapitel (S. 171-265) als "Anker"(S. 272) für die Interpretation der fiktio-nalen Texte. Als die beiden äußeren Poleder untersuchten Texte können dabei mitBlick auf die Strategien des Sprechensund Schweigens wohl der EneasromanHeinrichs von Veldeke und der Prosa-lancelot gelten. Während ersterer sichtrotz aller dadurch erzeugter Ambivalen-zen letztlich sehr konsequent in dieRahmung des Reproduktionsdispositivseinschreibt, treibt letzterer das effekt-volle Schweigen im Tod der Hauptfigu-ren Galahot und Lancelot gleichsam aufdie Spitze. Der Tristan dagegen, der jaebenso wie der Prosalancelot dasProblem mangelnder Reproduktion undentsprechend mangelnder Herrschafts-kontinuität thematisiert, arbeitet, so kannMichaels überzeugend herausarbeiten,dagegen mit einer Multiplikation vonBegehrensstrukturen, die als je eigeneOrdnungen nebeneinander gestellt wer-den. So kann dann auch das eigentlich

gegenüber dem konstatierten Reproduk-tionsdispositiv problematische Begehrenzwischen Tristan und Isolde trotz feh-lender Ehe noch legitim werden.

Abgeschlossen wird das mit knapp300 Seiten vergleichsweise schmale,aber entsprechend dichte Buch von einer"Conclusio" (S. 267-276), die es nocheinmal unternimmt, die einzelnen Be-funde miteinander zu verknüpfen. Dasist angesichts der streckenweise sehr ge-drängten Diskussion ausgesprochen hilf-reich. Etwas enttäuschend ist dann aberdie verglichen mit der komplexen Ar-gumentation der Studie etwas flache unddeshalb gezwungen wirkende Anbin-dung an Gegenwartsphänomene, die miteinem von vielen simplen Beispielen"kirchliche[r] Don't Ask, Don't Tell-Politik" (S. 276) und damit verbundenerEntrüstung aufwartet. Was zuvor müh-sam erarbeitet wurde, so möchte manganz für die Vf. und ihr Buch argumen-tierend einwenden, geht an Komplexitätdoch weit über das allfällige Problem ei-nes fortgesetzten Festhaltens der katholi-schen Amtskirche am reproduktiven Im-perativ hinaus.

Kritisch einzuwenden bliebe schließ-lich auch, dass die breite Textgrundlagegerade der nicht-literarischen Werkebeinahe notwendig dazu führt, dass sichMichaelis bei der quellenkritischen Kon-textualisierung der behandelten Werkeauf Forschungsliteratur verlassen muß.Diese entspricht aber leider – auch dasist bei einer so großen Textgrundlagenicht ganz überraschend – nicht in allenFällen mehr vollends dem aktuellenStand respektive Konsens der For-schung. So würde sicher kein(e) Sach-

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senspiegelforscher(in) mehr so ohneweiteres Eike von Repgow als Lehns-mann Hoyers von Falkenstein anspre-chen (was absolut möglich ist, wofüraber die materiellen Nachweise fehlen)oder sollten zu Hubertus LutterbachsBußbücher-Studien sicher auch die kriti-schen Einwände von Raymund Kottjenicht übergangen werden (S. 148f.;S. 91). Weitere ähnliche Details werdenjedem, der mit einem der behandeltenTexten etwas näher vertraut gewordenist, auffallen. Aber das sind – zumal ge-messen am Erkenntnisinteresse der Ar-beit – Kleinigkeiten, die sich in denRandbereichen des Frageinteresses ab-spielen, das Ergebnis nicht maßgeblichbeeinflussen dürften und deshalb auchnicht überwertet werden sollten.

Dies ist ein wertvolles und lesens-wertes Buch, das die Geschichte mittel-alterlichen Begehrens und der davonbetroffenen Themen (Liebe, Sexualitätetc.) um einen wichtigen Beitrag berei-chert. Man kann daraus viel über dieSprache des Begehrens lernen – auchund gerade weil sich diese Sprache häu-fig im Schweigen (dis-) artikuliert. Diehohe Verdichtung und der anspruchs-volle, fremdwortfreudige Stil der Vf.machen das Buch streckenweise zu eineranstrengenden Lektüre. In diesen Zu-sammenhang fällt auch die unnötig an-strengende Eigenart, aus der DeutschenThomas-Ausgabe in der Regel nur dielateinische Fassung, aber eben nicht diedort gegebene Übersetzung zu zitieren –nur passagenweise (S. 83ff.) tauchen aufeinmal auch die Übersetzungen in denFußnoten auf. Bei anderen Autoren feh-len Übersetzung in der Regel gänzlich.Da hätte man es den Lesern sicher hier

und da leichter machen können. Aberdie Mühe lohnt sich.Hiram Kümper · Universität Bielefeld ·Abt. Geschichte · Universitätsstr. 25 ·33615 Bielefeld ·

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Ute Nanz, Die Isolde-Weißhand-Ge-stalten im Wandel des Tristanstoffs.Figurenzeichnung zwischen Vorlagen-bezug und Werkkonzeption, Universi-tätsverlag Winter, Heidelberg 2010,IX, 339 S.In ihrer Münsteraner Doktorarbeit von2008 beschäftigt sich Ute Nanz mit einerrelativ unwichtigen, aber wahrscheinlichvon der Forschung doch etwas zu Un-recht vernachlässigten Figur, der IsoldeWeißhand, also mit der Frau, die Tristannach der endgültigen Vertreibung vomHof König Markes heiratet, obwohl ersie nicht liebt. Die Problematik entstehtdadurch, dass diese Isolde den gleichenNamen wie die irische Prinzessin trägtund Tristan vermeintlich um sie wirbt,obwohl er nur sehnsüchtig an seine wah-re Geliebte denkt, die Frau Markes.Tristan lässt es aber nicht zum Ge-schlechtsverkehr kommen und enthülltschließlich seinem Schwager den wah-ren Grund dafür. Später wird Tristantödlich von einem verwundeten Speerverletzt und droht zu sterben, hat abernoch die irische Isolde zur Rettung her-beigerufen. Diese kommt sogar undkönnte Tristan tatsächlich durch ihremedizinischen Kenntnisse helfen, wasdurch ein weißes Segel angezeigtwird. Tristans Ehefrau täuscht ihn aberaus Eifersucht und sagt, dass das Segel

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schwarz sei, was für ihn bedeutet, Isoldesei nicht seinem Ruf gefolgt. Aus tieferEnttäuschung bricht sein Herz bzw. er-liegt er seiner Krankheit. Als die irischeIsolde schließlich doch eintrifft, findetsie nur noch den toten Tristan und wirftsich sterbend auf seine Leiche.

In allen Tristan-Versionen findensich Hinweise auf dieses tragische Ende,sehen wir von Gottfrieds von Straßburgfragmentarischem Tristan ab. Bisher hatsich die Forschung nur relativ wenig mitIsolde Weißhand beschäftigt, und dieswohl auch ganz verständlich, wirkt sie jaeigentlich nur wie ein Nachgedanke.Trotzdem widmet sich Nanz auf über300 Seiten dieser Figur und verfolgt, wiesie in den einzelnen Texten von Thomasvon Bretagne bis hin zu Ulrich von Frei-burg gestaltet wird. Zum Einstieg unter-sucht sie in theoretischer Hinsicht dasgenerelle Thema von Figurenzeichnung,die Unterscheidung von Haupt- und Ne-benfiguren und den Aspekt von Hand-lungsrollen, was für sich genommenrecht beeindruckend wirkt, für ihre da-rauf folgende Untersuchung aber keineRelevanz besitzt.

Der größte Teil von Nanz' Studie be-steht darin, von Text zu Text zu wandernund so genau wie möglich die Präsenta-tion von Isolde Weißhand nachzuzeich-nen. Es wäre unzutreffend, hierbei vonParaphrase zu sprechen, aber auf weiteStrecken liest sich ihre Analyse wirklichso. Sie überwindet dann aber diese Ge-fahr, indem sie spezielle sozialhistori-sche Aspekte wie die Rolle einer Ehe-frau, die Möglichkeit eines Mannes, sichden sexuellen Erwartungen seitens derFrau zu entziehen, und die Handlungs-mächtigkeit dieser weiblichen Nebenfi-

gur genauer in den Blick nimmt. Im ein-zelnen kommen die Tristan-Versionenvon Thomas von Bretagne, Eilhart vonOberg, Gottfried von Straßburg, Ulrichvon Türheim, Heinrich von Freiburg unddes Anonymus, der den Tristan alsMönch verfasste, zur Sprache. Wennüberhaupt, dann hätte ich erwartet, denbreiteren europäischen Kontext berück-sichtigt zu sehen, anstatt nur die deut-sche Tradition in den Mittelpunkt zustellen.

Nanz vermag durchaus zu belegen,dass Isolde Weißhand doch einen größe-ren Handlungsspielraum besitzt, als wirgemeinhin vermuten würden, insbeson-dere wenn wir an die Elemente Eifer-sucht und das listenreiche Verhaltendenken, die am Ende deutlich auftreten,wenn sie behauptet, das Segel seischwarz. Zweifelhaft scheinen mirmanchmal gewisse Interpretationen, diedeutlich über das Mögliche hinausschie-ßen, so die Behauptung, bei Thomas ver-rate Ysot innere Unbeherrschtheit, alssie über das kalte Wasser lacht. An-sonsten wird man aber kaum mit neuenoder überraschenden Einsichten kon-frontiert, vielmehr bestätigt sich durch-weg, was schon von Anfang an der Ein-druck von Isolde Weißhand gewesen ist.Sie bleibt eine Nebenfigur, die zwar einegewisse Bedeutung besitzt, aber der iri-schen Prinzessin doch nicht das sprich-wörtliche Wasser zu reichen vermag.

Man kann aber Nanz generell Aner-kennung dafür aussprechen, eine solideDoktorarbeit vorgelegt zu haben, diesich auf sicherem Gebiet bewegt, trotz-dem darum bemüht ist, zumindest dieseNebenfigur ein wenig aus dem Schattenzu holen, was aber nicht zu ihrer 'Ehren-

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rettung' führt. Wenngleich die Autorinumfassend recherchiert zu habenscheint, gibt es doch immer wieder pein-liche Lücken, besonders in Bezug aufTristan als Mönch (siehe meine Studien:"Humor in German Medieval Literature:With Special Emphasis on the Grotesquein Tristan als Mönch and Heinrich vondem Türlin's Diu Crône," Tristania XXI(2002): 59-91; "Moriz, Tristan, and Ul-rich as Master Disguise Artists: Decon-struction and Reenactment of Courtli-ness in Moriz von Craûn, Tristan alsMönch, and Ulrich von Liechtenstein'sFrauendienst," Journal of English andGermanic Philology 103, 4 (2004): 475-504). Es fehlt bedauerlicherweise einRegister.Albrecht Classen

Linda Paterson. Culture and Societyin Medieval Occitania (Variorum Col-lected Studies 970), Ashgate Publish-ing Company, Farnham, Surrey/Bur-lington, VT, 2011, xii , 328 pp.Linda Paterson's position as a leadingfigure among British Occitanists needsno explanation–an active scholar whose"retirement conference" brought to-gether colleagues from around theworld, she participated in the edition oftroubadour Marcabru with Simon Gaunt,Ruth Harvey and John Marshall (Wood-bridge: D. S. Brewer, 2000), and whopublished the massive collection of me-dieval Occitan dialogue poems, TheTroubadour tensos and partimens: aCritical Edition, edited with Ruth Har-vey (Woodbridge: D. S. Brewer, 2010).Her edition, with Carol Sweetenham, of

The Canso d'Antioca: an Epic Chronicleof the First Crusade (Farnham, Sur-rey/Burlington, VT: Ashgate, 2003), of-fers historians and literary scholars gristfor their mills. Her first book, Trouba-dours and Eloquence (Oxford: TheClarendon Press, 1975), remains a stan-dard; her book on Occitan civilization,The World of the Troubadours: Medie-val Occitan Society c. 1100-c. 1250(Cambridge: Cambridge UniversityPress, 1993), has been translated into anumber of European languages (Span-ish: El mundo de los trovadores [1997,rpt. 2004]; French: Le monde des trou-badours: La société médiévale occitanede 1100 à 1300 [1998]; Italian: Nelmondo dei trovatori. Storia e cultura diuna società medioevale [2007]).

Paterson has regularly participated inscholarly conferences and presented herresearch in those venues. The great meritof the volume under review is to collecta large number of her conference papers,published in congress acts, and bringthem together where these importantcontributions to the discipline may bemore easily found. Twenty items are re-printed in Culture and Society, of whichfive appeared in scholarly periodicals;the rest are taken from conference pro-ceedings.

It is the nature of the Ashgate Vari-orum series to reprint articles and bookchapters using the exact formatting,fonts and pagination of the original.Each essay receives a roman numeral toidentify the essay in the volume; thevolume itself is not truly paginated; theindividual essays could be cited as if thescholar had consulted this research in itsfirst publication venue. Such a presenta-

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tion offers the disadvantage that the typefaces and fonts change with each piece.This defect is overridden by the greatbenefit of having access to many ofPaterson's essays, some of which mightbe difficult, if not impossible, to find onlibrary shelves.

The essays included in this volumerange in publication date from 1982 to2009; they address issues of identity,women, marriage and property, knightsand chivalry, court culture, medicine,and Paterson's most recent focus, trou-badours and the crusades. It says muchabout the currency of these contributionsthat the Addenda and Corrigenda to alltwenty essays fit on two pages of thebook–there was little need to add oremend. Copyright issues may well ex-plain why two of the essays, originallypublished in French, are offered here inEnglish translation (of the twenty essaystotal, eleven are in English, nine in theiroriginal French). I offer below a briefsummary of each of the essays so thatreaders of Mediaevistik will be encour-aged to read them in their entirety.

In "Was there an Occitan identity inthe Middle Ages?" Paterson uses theepic poem, the Canso d'Antiocha, to ar-gue that southern France in the twelfthcentury had "a failed political identity,but a long-term cultural identity" (I, 11).

With 'L'épouse et la formation con-jugal selon la littérature occitane du XIeau XIIIe s.: mutations d'une institution etcondition féminine," Paterson uses thetales of Girart de Roussillon, Jaufre, andFlamenca to support her argument that,over time, the condition and power ofwomen declined in medieval Occitania."Women, Property and the Rise of

Courtly Love" is concerned with womenas holders of power over property (III,41). Paterson concludes that women'slegal power was not related to the rise ofCourtly Love (III, 52).

Paterson's work as editor of Mar-cabru can be seen in "L'obscénité duclerc: le troubadour Marcabru et lasculpture ecclésiatique au XIIe siècle enAquitaine et dans l'Espagne du nord." Inthis essay, she argues that Marcabru wasa satiric poet whose interest in obscenityrelated to his desire to criticize. Giventhe number of sculptures mentioned inthis essay, it would have been useful toinclude a few images of them. AnotherMarcabru essay is "Marcabru et le lig-nage de Caïn: 'Bel m'es cant son li frugmadur' (PC 209.13)," a detailed discus-sion of this lyric and its Biblical allu-sions to Cain and Lamek.

Shifting gears, the next essay, titled"The Concept of Knighthood in theTwelfth-Century Occitan Lyric" consid-ers the differing perceptions of knightsand chivalry. Paterson finds evidence of"Southern indifference to military glory"(VI 125), particularly when compared toattitudes in medieval northern France. Asimilar motif is found in "La Chanson dela croisade albigeoise: mythes cheva-leresques et réalités militaires." Here,Paterson suggests that the mythology ofchivalry may have led to the southerndefeat at the 1213 battle of Muret, whenleaders of the southern cause preferredto behave as epic heros, rather than aspragmatic military chiefs (VII 202)."The Occitan Squire in the Twelfth andThirteenth Centuries" continues histori-cal analysis using literary texts. In thiscase, Paterson again uses literary texts to

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prove that the job of squire, escudier,was one way, but not the only way, that"a young man of good birth could entera lord's service" (VIII 149); the positionwas also recognized as an end in itself.This observation comes into play in "Apropos de la datation de Raimon d'An-jou." Raimon is discussed by fourteenth-century Italian author Francesco de Bar-berino; all we know of Raimon comesfrom Barberino. Paterson invites readersto reconsider the dates previously as-signed to Raimon, putting him in thethirteenth rather than the twelfth century(IX 317).

"Tournaments and Knightly Sports inTwelfth- and Thirteenth-Century Occi-tania" continues the discussion of differ-ences between medieval northern andsouthern France. Paterson argues thattournaments are "essentially Northern,"not really documented in Occitania (I79). Related to the discussion of tour-neys is "Great Court Festivals in theSouth of France and Catalonia in theTwelfth and Thirteenth Centuries," inwhich Paterson assembles evidence fromacross Western Europe to prove thatgreat festivals were not at all the norm inOccitania, Beaucaire notwithstanding,concluding, "Courtly life in the Midiwas characterized above all by its inti-mate scale" (XI 221).

Having recently completed the mas-sive edition of troubadour tensos andpartimens (two different kinds of debatepoetry), Paterson includes a number ofarticles relating to this effort. "Les Ten-sons et partimens" is intended for a moregeneral audience than the other essays.She explains these two debate genres,offering readers tidbits designed to en-

tice them to discover troubadour songsand these lyrics in particular. Morescholarly is "Jeux poétiques et commu-nication de valeurs: les tensos et parti-mens des troubadours." Paterson sug-gests that Occitan debate poems arewindows on that society, a constant formof play (in the sense proposed byHuizinga) and "une façon de proclamerdes conflits pour mettre en scène la con-corde" (citing Jan Rüdiger) (XIII 520).She considers one tenso in particular in"Insultes, amour et une trobairitz: latenso de Raimbaut de Vaqueiras et Al-bert Malaspina (PC 15.1)," concludingthat the debate was probably real, com-posed as entertainment for the court atMontferrat. Paterson's last essay in thissection, "Writing the Present: BonifaceII of Montferrat and Frederick II Hohen-staufen" was a preview of the masterfuledition of tensos; the author considers adebate between Joan d'Albuzon andNicolet de Turin (PC 265.2) and its his-torical circumstances.

The theme of medicine unifies thenext section, with "La médecine en Oc-citanie avant 1250," a summary of whatwe know on the topic, notably insofar aspractitioners are concerned. "MilitarySurgery: Knights, Sergeants, and Rai-mon of Avignon's Version of the Chi-rurgia of Roger of Salerno (1180-1209)"discusses Occitan versions of this im-portant work–the verse text published in1941; the prose version unpublished atthe time Paterson wrote this essay(1988). The multiple illustrations thataccompany the essay, taken from OldFrench versions of the text, makePaterson's arguments all the more com-pelling.

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The last section of the book is called"Troubadours and the Crusades."Paterson opens with "Occitan Literatureand the Holy Land," a discussion of lit-erary production in Palestine in the firsthalf of the twelfth century. The essay in-cludes an appendix of troubadour textsthat refer to the crusades or to the HolyLand (XVIII 97-98). "Legal Agreementsin the Occitan Canso d'Antioca" consid-ers how the Canso uses legal vocabu-lary; Paterson suggests that the Occitantext "has transmitted some otherwiseunknown details through a witness closeto Bohemond [of Taranto]" (XIX 10).

"Syria, Poitou and the reconquista(or Tales of the undead): Who was thecount in Marcabru's Vers del lavador?"builds on Paterson's work toward theedition of Marcabru; Paterson musters aremarkable set of evidence to demon-strate that Marcabru composed his cru-sade song between February 1149 and"before the news of Raymond [ofAntioch]'s death in June arrived in theWest later in the year" (XX 145).

The book is completed by an Index(1-11), which includes authors, titles,and place names.

Let us thank Ruth Harvey, creditedby Paterson with suggesting the idea forthis volume (xii), Linda Paterson herself,for her important contributions to Occi-tan scholarship, and Ashgate Press foradding this volume to their set of Vari-orum Collected Studies.Dr. Wendy Pfeffer · Professor ofFrench and Assistant Dean · Graduate

Education · College of Arts andSciences · University of Louisville ·Louisville, KY 40292 ·

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Michael Prestwich, Ritter: der ulti-mative Karriereführer. Trans. JörgFündling, ed. Jan Keupp. PrimusVerlag, Darmstadt 2011, 232 pp., 80b/w ill.Modern popular culture loves to glancefancifully back at the remote past and topresent, through various artistic media,its versions of "authentic" life as peoplelived it long ago. One of the most pro-ductive eras for such treatments is theMiddle Ages, and of the numerous so-cial groups that modern art celebratesperhaps the most represented is theknightly class. Amidst the plethora ofmodern tales, both in print and in film,that attempt to relate aspects of the me-dieval knight's lifestyle, very few canclaim a factual and scholarly basis fortheir representations of how the knightactually lived, what daily life may havebeen like, or even, after peeling awaysome of the myth and makeup of Holly-wood or the modern romance novels,how dangerous the profession of themartial arts could be during the MiddleAges. Professor Michael Prestwich ofthe University of Durham, UK, an aca-demic authority on military history ofthe Middle Ages, has done this admira-bly, and his publication in English ofKnight: the Medieval Warrior's (Unoffi-

cial) Manual (London: Thames andHudson, 2010) provides the readingpublic with a highly entertaining look,backed by solid research, at the materialelements of knighthood.

The work we are examining here isthe translation into German of this text.In the original, Prestwich gives us theopportunity to experience visually andverbally what daily life in the Middle

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Ages was like for a very significantstratum of society, economically, politi-cally and pragmatically. He addressesquestions regarding the clothing, cus-toms and culture of medieval knight-hood as well as the experience ofknights on the battlefield: armor, prac-tices, events, and even their retinues andhorses. The German translator thus facesthe prodigious task of rendering Knightinto a German work of equivalent elo-quence, edification and interest; how-ever, Fündling completes this task admi-rably.

The table of contents of the Germantext directly translates the English ver-sion's table, yet the German text is sometwenty-four pages longer; several uniquesupplements to the German translationaccount for this expansion. The cases inpoint that Prestwich cites in the Englishversion to illustrate aspects of knight-hood also appear in the German; thetranslator offers, however, a few inter-esting additions, enhancing the volume'svalue for a specifically German readingpublic. For example, when providing in-stances of knights' individual careers,the German text includes the Englishversion's original trio of de Charnay,Hawkwood and Boucicaut; but they alsoadd the figure of Oswald von Wolken-stein, a Tyrolian knight of the early fif-teenth century, whose parallel career asa poet has drawn a good deal of criticalattention, and whose name thereforewould resonate strongly with Germanmedievalists as well as members of thereading public interested in medievalculture.

Beyond this, however, the translationcaptures many essential aspects of Prest-

wich's English text remarkably well.One of the attractive characteristics ofthe original work is the author's sense ofhumor, which permeates almost everypage and often depends on nuances ofexpression that could pose a significantproblem for any translator. Adequatelycapturing the tone and register, let alonethe intrinsically cultural and historicalkind humor, of this text requires that thetranslator possess an ability to appreciatesubtle nuances of the source language,plus command the skill to bring intoplay a similar kind of humor in the targetidiom. Chief among such textual ele-ments are Prestwich's irony and under-statement, which provide an importantsource of the book's humor, and whichpose particular translation challenges.For example, while speaking of a mer-cenary's life, Prestwich suggests in theoriginal that "a career as a mercenary isparticularly tempting if you are not quitefrom the top drawer" (118, my empha-sis); avoiding some obvious pitfalls, thetranslator adroitly renders this "eineSöldnerkarriere ist besonders reizvoll,wenn Sie nicht gerade zur ersten Gar-nitur gehören" (136 [note the particularuse of third person plural), thus choosinga hypernymic but still sufficiently equi-valent expression that conveys with itthe French term's original military flavorin German, as well as the understate-ment implicit in Prestwich's expression.The text is rife with such examples ofgood translational strategies, and nu-merous instances of Prestwichian litotesand irony come through effortlessly inRitter.

One of the delightful qualities of theoriginal English version of this volume

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is its collection of 113 beautiful illustra-tions, twenty-two of which appear invivid color in two separate sections ofglossy plates. The German translationprovides most (88) of these illustrationsas well; however, there are no sectionsof plates, and all of the images are inblack-and-white. While the lack of coloris disappointing, it is nevertheless com-mendable that both texts provide thelarge number of illustrations that theydo, and while it is unfortunate that in thetranslation they lack the radiance of theoriginal, they are most helpful for under-standing the appearance and function ofthe objects that Prestwich describes inhis text. The most important desideratumfor subsequent editions would thus bethe preservation of color plates in thetranslation.

Finally, as in the original, the trans-lator appends a glossary, a time line forknighthood, suggestions for furtherreading, sources for the many directquotations in the text, credits for the il-lustrations, and a brief, but still usefulindex. The German translation lacks adust cover, but is beautifully bound, andits cover is nicely illustrated. The pub-lishers employ a substantial paper stockthat presents both text and illustrationsclearly and cleanly. Thus, the translationof Prestwich's Knight into German byJörg Fündling retains the qualities of ac-cessibility and erudition that mark theoriginal: it is highly recommendable as adelightful work that will appeal to aca-demics and the reading public alike.Christopher R. Clason · 352 O'DowdHall · Oakland University · Rochester ·Michigan 48309 · [email protected]

Projektion – Reflexion – Ferne:Räumliche Vorstellungen und Denkfi-guren im Mittelalter. Hg. von SonjaGlauch, Susanne Köbele und UtaStörmer-Caysa, De Gruyter, Berlinund New York 2011, VII, 477 S., Ill.Freunde und Kollegen von HartmutKugler trafen sich vom 26. und 27. März2007 im Erlanger Schloss zu einer Ta-gung anlässlich seines 65. Geburtstagsund behandelten auf diesem Symposiumein recht spannendes, z.Zt. sowohl theo-retisch als auch philologisch intensivbehandeltes Thema, nämlich die Raum-wahrnehmung im Mittelalter. Allerdingsgeht es hier nicht um die zugrundelie-gende Theorie (siehe den "spatial turn"und "ecocriticism"), vielmehr bemühensich die Beiträger weitgehend vor allemdarum, anhand von literarischen Bei-spielen und von mittelalterlichen Kartenspezielle Perspektiven auf die räumlicheVorstellung im Mittelalter zu entwi-ckeln. Die einundzwanzig Aufsätze er-scheinen in den folgenden Themengrup-pen: 1. Räumlichkeit erdachter Welten,2. Umgang mit wirklichen Räumen, und3. in Räumen denken.

Das Problem bei solchen ehrenvollenVeranstaltungen besteht manchmal da-rin, dass zwar solide philologische Ar-beit geleistet wird, aber bei genaueremHinblick relativ wenig Innovatives zuTage kommt. Dies ist auch hier ziemlichso der Fall. Friedrich Michael Dimpelbeobachtet, dass Wirnt von Gravenbergin seinem Wigalois sorgsam darauf be-dacht gewesen war, die Veränderungvon König Jorams Reich, sobald derZaubergürtel verschwunden ist, ins Zen-trum der Aufmerksamkeit zu rücken.

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Stephan Fuchs-Jolie behandelt dieRaumgestaltung in Ortnit, während Do-rothea Klein noch einmal den Toposvom locus amoenus anhand von einerReihe von Beispielen untersucht. Katha-rina Philipowski geht auf den Naturein-gang in der Lyrik des 13. bis 15. Jahr-hunderts ein, während Elisabeth Schmiddie Bedeutung von Raumorientierung imhöfischen Roman feststellt. Nur mit et-was Mühe vermag man nachvollziehen,wieso Franz Josef Worstbrocks Untersu-chung des Motivs der Fernliebe in die-sen thematischen Rahmen passt. Aber erbietet in einem Anhang auch ein Ver-zeichnis von Fernliebe-Exordien in la-teinischen Briefen. Ulrich Wyss verfolgtdas Phänomen der Fernliebe in der ok-zidentalen Dichtkunst, wobei deutlichein Raumbewusstsein zum Ausdruckkommt.

Im zweiten Abschnitt beginnt KarlBertau damit, die von Wolfram vonEschenbach entwickelte Raumkonzep-tion abzustecken, gefolgt von IngridBaumgärtner, die die Präsentation vonJerusalem in mittelalterlichen Kartenuntersucht, in denen stets bei genauerBetrachtung ein narrativer Raum entste-he. Dass Nürnberg vor allem im Spät-mittelalter eine zentrale Rolle spielte, istbekannt, und so auch hinsichtlich der li-terarischen Produktivität, die hier vonHorst Brunner noch einmal kompaktvorgestellt wird. Klaus Herbers behan-delt das reiche Beziehungsgeflecht zwi-schen den verschiedenen Religionsgrup-pen in Spanien, die je nach örtlichenVerhältnissen relativ gut kooperierten,dann aber auch im militärischen Kon-flikt zueinander standen. Dirk Niefangergeht auf eine ungewöhnliche Anekdote

über einen Walfisch, den Albrecht Dürerpersönlich auf seiner Reise durch dieNiederlande gesehen hatte, ein, woraufwir mit René Pérennec erneut ins Mittel-alter zurückkehren, der die Darstellungder Provence und der Provenzalen inWolframs von Eschenbach Parizval undWillehalm analysiert. Antje Willing be-handelt die Präsentation der Christus-Figur auf der Ebstorfer Weltkarte, wasviel oder wenig mit Raumkonzeption zutun hat. Claudia Brinker-von der Heydestellt vielfache Überlegungen zur Ge-staltung von Genealogien und Stamm-bäumen in mittelalterlicher Literatur undvisuellen Darstellungen an. GüntherGörz will zwar die Funktion der allent-halben auftauchenden Figur Alexandersdes Großen auf mittelalterlichen Karten(mappae mundi) kritisch mittels desKonzept der kognitiven Karte erörtern,erschöpft sich jedoch weitgehend intheoretischen und technischen Reflexio-nen.

Wie der Aufsatz von Andreas Haugüber die Möglichkeiten, die Melodie fürdas okzitanische Lied "De ramis caduntfolia" durch den Vergleich mit dem be-merkenswerten Lied Wilhelms IX. überdas Nichts ("Farai un vers de dreytnien") zu rekonstruieren, in den themati-schen Rahmen passen soll, bleibt mir einRätsel. Immerhin ist seine These zu be-achten, dass hier wahrscheinlich eineMelodie vom Herzog zu einem Klerikerweitergereicht wurde, der daraus dannein geistliches Lied schuf. Hierauf folgtder Beitrag Dieter Kartschokes überHimmelsstraßen in Otfrids Evangelien-buch, auf denen sich die Engel bewegen,der aus chronologischen Gründen ganzam Anfang dieses Bandes hätte erschei-

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nen sollen. Dietmar Peschel setzt sichmit der Spannung zwischen sexuellerVerlockung und christlichem Bewusst-sein in Wolf-Dietrich D in der Hand-schrift b auseinander, obwohl er ständigvon "Otnit" (korrekt: 'Ortnit') spricht.Der Aufsatz wirkt noch recht unfertig,bedenkt man z.B. die vielen sprachli-chen Wiederholungen und fragmentari-schen Sätze. Von Raum ist jedenfallsauch hier nicht die Rede, dafür von per-sonalen Beziehungen und philologischenFragen, die etwas beliebig auftauchen,umso mehr. Karl Stackmann beschäftigtsich mit der Konzeption von Meister-kunst in Heinrichs von Mügeln CronicaVngarorum, die er vorsichtig als "Pro-simetrum" identifiziert, insoweit als hierder Dichter mit immer neuen metrischenFormen aufwartet und so seine Kunstvor Augen führt.

Zuletzt setzt sich Heidrun Stein-Kecks mit dem Bildmotiv von der Meer-fahrt des Hl. Cuthbert auseinander, dasin einer Handschrift vom Ende des 12.Jhs. auftaucht, die das Leben des Heili-gen enthält. Hier kommt endlich Räum-lichkeit konkret zur Sprache, insoweitals sich die Autorin Gedanken darübermacht, wie diese in bildlicher Form aus-gedrückt wurde. Der Vergleich mit mys-tisch inspirierten Bildern etwa in denHandschriften der Hildegard von Bingenscheint mir aber nicht ganz gut zuzutref-fen, auch wenn beidesmal das visionäreZiel angedeutet werden soll.

Dieser Band, der durchaus als eineFestschrift zu identifizieren wäre,schließt mit einem Namen- und Ortsre-gister sowie mit einem Sachregister. DerTitel des Buches verspricht erheblichmehr, als eingehalten wird. Dietmar Pe-

schel mag also z.T. stellvertretend füralle ehrlich zugegeben haben, worin dasProblem besteht: "Von räumlichen Vor-stellungen und räumlichen Denkfigurendes Mittelalters verstehe ich so gut wienichts" (415). Manchmal wird zwar dasThema oberflächlich angesprochen, aberim Wesentlichen geht es nur einige Maledarum, wenn es sich um die Darstellungder Welt auf der Karte oder um die Be-wegung von literarischen Figuren imRaum handelt.Albrecht Classen

Gianluca Raccagni: The LombardLeague 1167–1225 (British Acade-my Postdoctoral Fellowship Mono-graphs), Oxford University Press, Ox-ford et al., 2010, XIV, 231 S., Abb. u.Karten.Eine moderne Monographie über den"ersten" Lombardenbund ist ein Deside-rat der Forschung. Über eine Zusam-menfassung des Forschungsstands ins-besondere für den englischen Sprach-raum hinaus beabsichtigt Raccagni eineUntersuchung des Lombardenbundesaus eigenem Recht, losgelöst von dertraditionellen Folie der ItalienpolitikFriedrich Barbarossas. Es ist ihm einschlankes, flüssig geschriebenes undklar gegliedertes Buch gelungen: Im An-schluss an die Darlegung der geographi-schen und politischen Grundlagen wirddie Bildung und Etablierung des Bundesbis zum Konstanzer Frieden (1183) ge-schildert. Dann folgen thematisch orien-tierte Kapitel zur politischen und rechtli-chen Struktur des Bundes, zu seinen Tä-tigkeitsfeldern und zur zeitgenössischen

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Konzeptionalisierung. Den Abschlussbildet die weitere politische Geschichtebis zur Bildung der "zweiten" LegaLombarda 1226, die nicht mehr Gegen-stand des Buches ist.

Die thematischen Kapitel sind derKern der Darstellung. Raccagni hat dieBefunde der neueren Forschung umfas-send rezipiert und zu einem in diesemRahmen neuen Gesamtüberblick inte-griert. Besonders erwähnenswerte As-pekte sind die Rolle der nichtstädtischenBundesglieder (Landgemeinden undLehnsherren), die Mechanismen der in-ternen Konfliktlösung, die Überliefe-rungsgeschichte der dokumentarischenÜberreste aus der Tätigkeit des Bundesund das Selbstverständnis als corpus imSinne des römischen Rechtes, dessenRechtsnatur über einen bloßen Städte-bund hinausging. Hier zeigt sich die tra-gende Rolle der Juristen in den kommu-nalen Führungszirkeln. Man hätte in die-sem Zusammenhang den Bogen von denNotaren zurück zur Überlieferungsge-schichte schlagen können; die Bedeu-tung der pragmatischen Schriftlichkeitfür die Funktionstüchtigkeit der Legawird aber nicht ausgeleuchtet.

Es gelingt Raccagni, aus vielen in-struktiven Beobachtungen ein plasti-sches und recht vollständiges Bild desLombardenbundes zusammenzusetzen,aber nicht, dessen Geschichte von derItalienpolitik Friedrich Barbarossas zulösen. Die Versammlung der verstreutenQuellenbelege kann der Schwundstufeder späteren Jahre kein Leben einhau-chen. Die Lega hatte mit dem Sieg überBarbarossa ihren politischen und militä-rischen Daseinsgrund erfüllt und ver-kümmerte zu einem Mailänder Sonder-

bündnis gegen rivalisierende Kommu-nen. Dessen ist sich auch Raccagni be-wusst, die Konzeptionalisierung als cor-pus mit regionaler Identität trägt abernicht darüber hinweg. Die in diesem Zu-sammenhang angestellten Vergleichedes Lombardenbundes mit NATO, EUund Arabischer Liga (S. 201) sind zwei-felhaft. Warum für die Zeit der Mailän-der Hegemonie nicht auch mit dem War-schauer Pakt?

Problematisch ist die Belegtechnik,die sich meist auf Quellennachweise be-schränkt. Es ist nicht immer ersichtlich,wie sich Raccagni in Einzelfragen mitder Literatur auseinandergesetzt hat, diein der umfassenden, auch die deutscheForschung berücksichtigenden, aller-dings unübersichtlichen Bibliographienachgewiesen ist. Auch deshalb entstehtan einigen Stellen der Eindruck, hier seidas Rad durch intensive Quellenarbeitzum zweiten Mal erfunden worden, wiebei der Eingrenzung des hochmittelal-terlichen Lombardei-Begriffs (S. 7–11),den Andenna bereits gründlich erforschthat. Ausführliche Paraphrasen von Do-kumenten der Lega anhand der Quellen-publikationen Vignatis und Manaresiskommen der Plastizität, aber nicht deranalytischen Schärfe zugute. In For-schungskontroversen vermeidet Raccag-ni eine Positionierung, auch wenn sienach menschlichem Ermessen geklärtsind, etwa hinsichtlich der Fiktionalitätder "Kompanie des Todes" in derSchlacht bei Legnano (S. 90). Anderer-seits begegnen Abschweifungen, z. B.zur Diplomatie Alexanders III. im Schis-ma (S. 92–94).

Dieses Buch ist nicht der große Wurfzur Geschichte des Lombardenbundes.

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Den Anspruch einer Überblicksdarstel-lung auf dem Stand der Forschung löstes größtenteils ein, auch durch die sorg-same Rückbindung der interkommuna-len Beziehungen auf deren Binnenver-hältnisse. Eine gewinnbringende Benut-zung setzt allerdings eine grundlegendeKenntnis des Forschungsstandes bereitsvoraus.Dr. Holger Berwinkel · AuswärtigesAmt · Politisches Archiv und

Historischer Dienst · 11013 Berlin ·[email protected]

Christian Schuffels, Das Brunograb-mal im Dom zu Hildesheim. Kunstund Geschichte einer romanischenSkulptur (Quellen und Studien zurGeschichte und Kunst im Bistum Hil-desheim, 4), Verlag Schnell & Steiner,Regensburg 2012, 160 S.Die abbildungsreiche, großformatigeMonographie widmet sich umfassendder kunsthistorischen und theologischenDeutung eines besonders qualitätsvollenmittelalterlichen Grabmals im Kreuz-gang des Hildesheimer Doms. Im Zen-trum steht die Grabplatte für presbyterBruno, einen Hildesheimer Domherrnund Archidiakon des späten 12. Jahr-hunderts.

Die kunstvoll gefertigte, von Schuf-fels auf ca. 1190 datierte Grabplatte ausSandstein zeigt in drei Bildfeldern 11Figuren, die von einem Inschriften-Bandeingerahmt werden. Im oberen Feldthront Christus als Weltenrichter desJüngsten Tags mit Segensgestus und ei-ner Steinplatte, die die folgende Inschriftträgt: Venite, benedicti patris mei. Das

mittlere Bildfeld schildert die elevatioanimi des Domherrn: Zwei Engel tragendie figürliche Seele des Toten in einemTuch in den Himmel. Das untere Bild-feld zeigt die Aufbahrung Brunos imHildesheimer Dom. Die dominante Ge-stalt des Leichnams wird flankiert vonsechs kleineren Assistenzfiguren: zweiGeistlichen, zwei trauernden Krankenund zwei Bettlern, Letztere zu FüßenBrunos kniend. Die umlaufende Inschriftlautet: Brunoni, cuius speciem monstratlapis iste, qui sua pauperibus tribuit, dagaudia, Christe. Sie würdigt den Dom-herrn als barmherzigen Helfer der Ar-men. Der Kreuznimbus der Christus-Figur wird eingerahmt von den Buchsta-ben Α und Ω, unter der Figur steht derneutestamentliche Satz Quod uni ex mi-nimis meis fecistis, mihi fecistis (nachMt 25,34). Die Grabplatte führt demBetrachter somit vor Augen, dass Brunogemäß dem Liebesgebot Christi gehan-delt habe und deshalb beim Jüngsten Ge-richt den Lohn ewigen Lebens empfan-gen solle.

Schuffels ordnet das hinsichtlich sei-nes ausgearbeiteten Bildprogramms be-merkenswerte Brunograbmal in die epi-graphische und ikonographische Traditi-on des 12. Jahrhunderts ein, zieht dabeineben anderen Kunstschätzen des Hil-desheimer Doms (u. a. der Bernward-säule) auch zahlreiche europäische Se-pulkralplastiken zum Vergleich heranund deutet das außergewöhnliche Kleri-kergrab als Bekräftigung der besonderenGroßzügigkeit (caritas) Brunos gegen-über den pauperes, die im unteren Bild-feld auffällig präsent sind. Das wahr-scheinlich noch zu Brunos Lebzeitenentstandene Epitaph ist insbesondere ein

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Appell an die Armen, für den verstorbe-nen Domherrn zu beten, damit er derhimmlischen Seligkeit teilhaftig wer-de. Unter Zurückweisung älterer For-schungspositionen konstatiert Schuffels:"Durch die Grabplatte hat Bruno wederseine eigene Heiligsprechung propagiertnoch einen 'Götterzwang' ausgeübt. Ihmging es vielmehr um das Gebet für daseigene Seelenheil. Die Armen sollten anihren Anspruch auf die karitativen Lei-stungen gegen die jährlich im liturgi-schen Rahmen der Anniversarfeiern sichwiederholenden Fürbitten für den Ver-storbenen erinnert werden. Zugleichwurden die lesekundigen Domherrenaufgefordert, die eingegangenen Ver-pflichtungen zu erfüllen." (S. 104) Bru-no hat sich mit seinem Grabmal also diememoria gesichert, d. h. dauerndes Ge-betsgedenken, das als Voraussetzung fürdas ewige Leben im Angesicht Gottesgalt.

Schuffels Monographie bietet mehrals nur eine kunsthistorische Einzeldar-stellung. Am Beispiel des herausragen-den Grabmals im Hildesheimer Dom er-hält der Leser vielmehr einen tiefen Ein-blick in das theologische Weltbild unddie Memorialkultur des Mittelalters. DasBuch ist gut geschrieben, sorgfältig ge-setzt und mit einem exzellenten Tafelteilausgestattet. Im Anhang ediert Schuffelszusätzlich die in der Jüngeren Hildes-heimer Briefsammlung überliefertenBriefe des Domherrn (lat./dt.) sowie auf-schlussreiche Quellenberichte der Neu-zeit, in denen das Grabmal beschriebenwird. Nicht zuletzt das umfassendeQuellen- und Literaturverzeichnis ma-chen diese hochinteressante Neuerschei-nung zu einem wichtigen Werk, das je-

der Mediävist, gleicher welcher Diszi-plin, mit Gewinn lesen wird.Dr. Heiko Hartmann ⋅ Händelstr. 70 ⋅14513 Teltow ·[email protected]

The Song of Roland, trans. Joseph J.Duggan and Annalee C. Rejhon, Bre-pols, Turnhout 2012, 519 pp.The anonymous Chanson de Rolandbelongs to the canon of medieval Frenchtexts and has exerted an enormous influ-ence in all of medieval literature. Wehave many editions and translations of itavailable, such as the edition by EdmondFaral (1967) or Cesare Segre (1989). In2005 it was re-edited by Joseph J. Dug-gan (as the general editor). That one wasdivided into the various importantmanuscripts, so the Oxford Version wasedited by Ian Short, the Venice 4 Ver-sion by Robert F. Cook, etc. Here wehave available the new English transla-tion of the Oxford and the Venice 7manuscript versions, carried out byDuggan and Annalee C. Rejhon. It is notclear why we really needed a new Eng-lish rendering of this famous text, as thenumber of already good efforts in thisregard is simply legion, except for thefact that the authors take the new texteditions as the basis of their translations.

In the introduction they discuss theessential aspects pertaining to the manu-script transmission, the differences be-tween these two versions, the composi-tional techniques, and the historicalbackground, which is actually far re-moved from what the anonymous poetmade out of the battle in the Pyrenees in

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778. Oral versions of the original mythmust have existed already since 1000, ifnot earlier, but they already reflected theconsiderable changes from the historicalaccount. The Chanson de Roland formspart of a large number of chansons degeste (ca. 120 in French, Spanish, andFranco-Italian), but there were manyvernacular romances in the same tradi-tion in other European languages, whichDuggan and Rejhon do not consider inthis brief introduction.

They also offer a few comments ontheir approach to the task at hand, suchas the preference for the historical pres-ent and the present perfect for the mainnarrative, but they do not go into furtherdetails. The translation itself reads well,stays close to the original, and yet ren-ders the Old French into a smooth mod-ern English. Explanatory notes, an indexof personal names and an index of placenames conclude this pleasant volume.

The book proves to be a bibliophileproduct, beautifully printed, on good pa-per, with a nice hard-cover binding, anda most welcome ribbon bookmark.However, at the price of 120 Euros, onewonders who the targeted audiencemight have been. Students and the gen-eral public will be equally well servedwith countless and much cheaper paper-backs, most of them of high standards.Scholars will turn to the critical edition;libraries will not need this edition either.Duggan and Rejhon have certainly pro-duced an excellent translation, and theycan be praised for their accomplishment,but for practical matters this all seems abit redundant.Albrecht Classen

Claude Tuot, Christiane Fournier, Lethéâtre des gargouilles de la cathé-drale de Reims, Éditions Créer, Florat2011, 56 S. mit meist farbigen Abb.Claude Tuot, Les masques de la ca-thédrale de Reims. La chair dans lapierre, Éditions Créer, Florat 2011, 64S. mit meist farbigen Abb.Diese beiden einander ergänzendenschmalen Publikationen beschäftigensich v.a. mit der sog. marginalen Bau-plastik der berühmten gotischen Kathe-drale; sie machen vielleicht eines vorallem deutlich: wie viel gerade in diesemBereich nicht mehr mittelalterlich ist,was auf den ersten Blick – und auchimmer wieder in Fachpublikationen – alssolches gilt. Denn die Katastrophen, de-nen diese Kirche so oft ausgesetzt war,von dem großen Brand von 1481 bis zuden Kriegszerstörungen 1914, habenschon seit dem 16. Jahrhundert immerwieder dazu geführt, daß die steinernenWasserspeier, Konsolfiguren, Masken-applikationen usw. erneuert wurden,wobei es sowohl zu mehr oder mindergetreuen Nachbildungen der ursprüngli-chen Skulpturen kam als auch zu völli-gen Neuschöpfungen (so brachten z.B.Angehörige der Bauhütte 2010/11 Köpfemit aktuellen Porträts bzw. Selbst-porträts an: Masques S. 36). Die vonKunsthistorikern oft unbeachtete 'Le-bendigkeit' solcher Riesenbauten solltealso immer mitbedacht werden.

Die Verfasserin, eine heimatverbun-dene Literaturhistorikerin, behandelt indem einen Band die Wasserspeier derKathedrale, nicht alle 88, sondern eineAuswahl, wobei ihr Text zwischen sach-lichen Informationen, Gemeinplätzen

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und ganz spekulativen Erwägungen os-zilliert; der Anmerkungsapparat und dieBibliographie sind ziemlich bescheidenund natürlich rein frankophon. Eine Be-sonderheit von Reims ist in den neuzeit-lichen metallenen Ergänzungen derKopfpartien der steinernen Objekte zusehen. Ikonographisch wird einiges Be-kannte über die Tiersymbolik gesagt,dann werden die Bachtin'schen Karne-valsthesen herangezogen, was unter Li-teraturhistorikern immer noch à la modeist, obwohl bisher jeder Nachweis ausden mittelalterlichen Quellen fehlt, daßdie Gestaltung der Bauplastik irgendet-was mit den in der Fastnacht auftreten-den Figuren hätte zu tun haben können.Die wenigen Texte, die Tuot zitiert, sindalle nachmittelalterlich.

Was die Vorgangsweisen bei den"masques" betrifft, gilt desgleichen daseben Gesagte. Freilich sind unter diesemTitel alle Bauskulpturen inbegriffen –wer an das bekannte, aber wenig bedeu-tende Buch von Wilhelm Fraenger: DieMasken von Rheims (1921) denkt, findetdieser Thematik nur wenige Seiten bzw.Abbildungen gewidmet. Tuot beschreibtverschiedene Gruppen von Menschen,die dargestellt wurden, etwa Bauern,Wunderempfänger, Tote, Dämonen etc.,thematisiert gern den bekleideten vs. dennackten Körper und meint, Porträts undGesellschaftskritik als behandelte The-men annehmen zu können, letztere inZusammenhang mit dem städtischenAufstand gegen den Bischof in den drei-ßiger Jahren des 13. Jahrhunderts. Auchhier lassen Bachtin, der Karneval unddas Narrenfest wieder ausführlich grü-ßen.

Die Bände bieten so eine Mischungan wissenschaftlich brauchbaren Infor-mationen und kirchenführerartigen All-gemeinerwägungen zusammen mit in-teressanten Abbildungen von Objektenvom 13. bis zum 21. Jahrhundert.Peter Dinzelbacher

Visio Anselli. Il racconto di AnselloScolastico e dell'Anonimo sulla visioneinfernale di Oddone di Auxerre, éd.Roberto Gamberini, Ed. del Galluzzo,Firenze 2008, CVIII, 78 pp.Unter den zahlreichen visionärenJenseitswanderungen des Mittelaltersnimmt die hier wiederum edierte eineSonderstellung ein, schon was ihren üb-lichen Namen betrifft, denn AnsellusScholasticus ist der Aufzeichner, nichtwie sonst der Visionär, bei dem es sichum Abt Otto von Auxerres handelt. DieNiederschrift seines Berichts scheintbald nach dem Erlebnis um 1045 getätigtworden zu sein. Ungewöhnlich ist auchdie Überlieferung, nämlich sowohl imGeschichtswerk des Radulfus Glaber alsauch separat in Gedichtform, auf demerst die Prosafassung beruht. Nicht min-der ungewöhnlich der Inhalt des Trau-mes: Christus steigt vom Kreuz undnimmt den Mönch zur Hölle mit, wo erSeelen erlöst (Descensus-Motiv/Quasi-Purgatorium). Dann schickt er ihn inBegleitung eines Teufels nach Hause,wo der Böse sich zu dem Religiosen insBett legt. Folgt eine animierte theologi-sche Diskussion, die sich v.a. um dieConditio des ehemaligen Engels dreht.Aufgrund dieses Inhalts, der m.W. imzweiten Teil keine Parallele hat, möchte

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ich dabei bleiben, daß dieser Text wohlaus Anlaß einer erlebten Traumvisionverfaßt wurde, was aus dem Widmungs-brief an Otto hervorgeht, doch im We-sentlichen fiktiv ist. Es ist anzunehmen,daß schon Otto seinen Traum entspre-chend erweiterte, als er ihn öffentlich er-zählte. Nicht nur propagiert er offen-sichtlich die damals in Cluny entwik-kelten Lehre von den abgeschiedenenSeelen (Stichwort: Allerseelen), sondernauch die zahlreichen gelehrten Zitateweisen in diese Richtung. Wie in derGeschichtsschreibung wurden auch inder Visionsliteratur die Reden der Seherund der jenseitigen Personen großteilsnur dem Sinne nach wiedergegeben.

Gamberini bietet nun in diesergründlich gearbeiteten Florentiner Dis-sertation eine auf mehr als den bislangbekannten Manuskripten basierendeAusgabe aller drei Texte, denen eineÜbersetzung gegenübergestellt ist. Dieausführliche Einleitung behandelt sämt-liche zu erwartenden Themen, von derEntstehungsgeschichte der einzelnenTexte bis zur Kodikologie; das Schwer-gewicht liegt deutlich auf den philologi-schen Gegebenheiten; der Erhellung die-ser dient auch der Kommentar (v.a. Zi-tate, Parallelformulierungen, Gramma-tik, Graphien usw.). Im Vergleich zu ih-rer geringen inhaltlichen Bedeutung istdieser Traumvision also viel editorischerFleiß gewidmet worden. Gamberini er-weist sich auch als guter Kenner der ein-schlägigen Sekundärliteratur, doch seiein Titel ergänzt, "Allerseelen" von Jür-gen Bärsch (Münster 2004), der dieTheologie der Seelenfürbitten in Clunybeleuchtet.Peter Dinzelbacher

Die mittelalterlichen Wandmalereienzwischen Rhein, Neckar und Enz, hg.von Klaus Gereon Beuckers (Heimat-verein Kraichgau, Sonderveröffentli-chungen, 35), Verlag Regionalkultur,Ubstadt-Weiher und Heidelberg 2011,512 pp., Abb.Dieser sehr schön illustrierte Sammel-band bemüht sich darum, die mittelal-terlichen Wandmalereien im Kraichgauzu erfassen, worunter in erweiterter Fas-sung der Raum zwischen Rhein, Neckarund Enz verstanden wird, was freilichbei näherer Betrachtung als eine etwaskünstliche Abgrenzung ausmacht, dennes handelt sich nicht um ein in sichkunsthistorisch oder sonst irgendwie insich geschlossenes Gebiet. Die Absichtbesteht darin, den doch erstaunlich gro-ßen Schatz an Wandgemälden der Ro-manik und der Gotik aufzuarbeiten, dersich häufig in kleinen Kirchen in Städtenund Dörfern findet. Der Herausgeber hataber nicht einfach die individuellen Bei-träger ihre jeweilen Kunstwerke vorstel-len lassen. Statt dessen entwickelt sichanhand konkreter lokaler Punkte eingrößeres thematisches Netz, anhand des-sen wesentliche theologische Aspekteder christlichen Religion vor Augen ge-stellt werden können. Nach einer Ein-leitung und einem übergreifenden Auf-satz zur Maltechnik und Restaurierungs-geschichte mittelalterlicher Fresken (alfresco (oder a secco) behandeln die Au-toren die folgenden theologischen Vor-stellungen: Martinszyklus, Marienkrö-nung, Passionsgeschehen, SepulchrumChristi, die Evangelisten, Propheten undKirchenväter, Pankratius, Credo-Apos-tel, Fronleichnam, Strahlenkreuzmadon-na, die Heiligen, wie sie in der Refor-

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mation dargestellt wurden, und Ran-kenmalerei. Dazwischen tauchen aucheinige Aufsätze auf, die primär lokalge-schichtlich orientiert sind und z.B. dieWandmalerei in den Kirchen von Ober-grombach, Mosbach, Kleingartach, St.Martin in Zeutern etc. kritisch behan-deln. Andere Untersuchungen beziehensich auf kunsthistorische und -sozio-logische Aspekte wie die Grablegen desKraichgauer Adels, Sakramentsnischen,die Kraichgauheilige Notburga in Hoch-hausen am Neckar und das Patronats-bild.

Jeder Beitrag erweist sich als gut re-cherchiert und von Fachleuten verfasst,denen es insgesamt gut gelingt, immerwieder aus dem lokalen kunsthistori-schem Bestand auf größere Tatbeständehinzuweisen, was sowohl für die Reli-gions- als auch die Kunstgeschichte sehrhilfreich ist, wobei hier auf Einzelheiteneinzugehen unzulässig wäre. BesonderenReiz besitzt dieser Band, weil jeder Au-tor sich darum bemüht hat, so umfassendwie möglich wesentliche Szenen be-gleitend abzubilden. Die Fresken sindnatürlich ziemlich verblasst, aber den-noch angesichts ihres hohen Alters wei-terhin in einem recht guten Zustand.Man fragt sich freilich, ob nicht mitden heutigen photographischen Mittelnmanchmal eine höhere Qualität der Il-lustrationen hätte erreicht werden kön-nen. Anstatt uns mit vielen relativ klei-nen Photos zu bedienen, wäre uns dochmit weniger aber großformatigen undbestechenden Abbildungen etwas mehrgedient gewesen. Insbesondere Chor-gewölbe erweisen sich photographischgesehen als eine große Herausforde-rung, und die erwünschte Bildauflösung

scheint doch manchmal etwas zu niedrigzu liegen. Manchmal spiegelt sich sogardas Scheinwerferlicht am Gewölbe, oderdie Entfernung vom Boden aus wurdetechnisch nicht gut genug überwunden.Manche Photos sind zu dunkel geraten,andere wirken ein wenig unscharf. Manfreut sich natürlich über die großartigeDokumentation, die hier geboten wird,aber häufiger bleibt das Ergebnis unterden Erwartungen (besonders schlecht dieAbb. 105-113). Andererseits ist die hoheAnzahl von Illustrationen sehr beacht-lich, womit jeder einzelne hier be-sprochene Kirchenraum eindrucksvollvor Augen tritt. Dennoch hätte ich mirmehr Qualität und weniger Quantitätgewünscht.

Der Band endet mit einem Gesamt-Literaturverzeichnis und mit den Abbil-dungsnachweisen. Sowohl der Heraus-geber als auch die Mitarbeiter sind fürihre solide Forschung zu loben.Albrecht Classen

From the Ark to the Pulpit. An Edi-tion and Translation of the "Transi-tional" Northumberland Bestiary(13th century), Cynthia White (ed.),Louvain-la-Neuve 2009, XXX, 436 S.,32 s/w Abb.Die Erforschung der Bestiarien gehörtzu den besonders beliebten Themen derMediävistik, und so stehen auch schonzahlreiche mittellateinische und vulgär-sprachliche Texte in kritischen Ausga-ben zur Verfügung. Diesen reiht sichnun das hier anzuzeigende, in Englandin der Mitte des 13. Jahrhunderts zu-sammengestellte Beispiel an, das "Aln-

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wick Bestiary", welches sich bis 2007weitgehend unzugänglich in Privat-sammlungen befunden hat. Der Erwerbder Handschrift durch das Getty-Mu-seum in Malibu machte es dem Publi-kum zugänglich und ermöglichte Whitedie Publikation des Textes, allerdings,wie man gleich hinzufügen muß, leiderohne die Mehrzahl der insgesamt 112farbigen Federzeichnungen (obwohl sievon White alle beschrieben werden).

Das Manuskript stellt eine ziemlichumfängliche Kompilation aus zahlrei-chen älteren Informationen unterschied-licher Herkunft v.a. über die religiös-moralische Symbolik der Tiere dar, einBuch, das offenbar Kanzelredner mitkurzen Exempla versorgen sollte; manliest die seit Plinius und Isidor immerwieder rekapitulierten Geschichten vomBiber, der sich bei Verfolgung die Ho-den abbeißt, dem Hirsch, der die Schlan-ge in seine Nüstern einsaugt usf., mit ei-nem Wort das ganze wohlbekannte Pro-gramm dieser Textsorte, natürlich er-gänzt mit den entsprechenden geistli-chen Interpretationen und moralischenNutzanwendunge. Der unbekannte Ver-fasser hatte auch keine Probleme damit,die Seiten mit langen wörtlichen Ex-zerpten aus der Bibel oder anderen Wer-ken zu füllen. Doch gibt es hier zusätz-lich zu den Tier-Kapiteln auch Ab-schnitte anderer Thematik, nämlich überden Menschen, seine Körperteile undAltersstufen sowie über die Bäume. Oh-ne Zusammenhang eingeschoben wurdeeine kurze allegorische Predigt, in derenAdressaten wohl Geistliche zu sehensind. Die Illuminationen repräsentierenikonographisch genauso das Übliche undsind von mittlerer Qualität (von den

S. VII angekündigten Farbtafeln findetsich allerdings keine einzige in dem mirvorliegenden Exemplar). Dem (an-spruchslosen) lateinischen Text hatWhite eine englische Übersetzung ge-genübergestellt, die erfreulicherweisekorrekter ausgefallen ist als jene, dieClark 2006 zu einer anderen Versiondieser Thematik ("Book of Beasts")publiziert hat (auf S. 112-115 stimmtdurch einen Satzfehler die Korrespon-denz zwischen dem originalen Text undder Übersetzung nicht). Außerdem istder Edition eine Einleitung vorange-stellt, die alle erforderlichen Informatio-nen zu diesem Werk bietet, und jedemKapitel ein Anmerkungsapparat beige-geben. Dieser weist gründlich die Her-kunft der einzelnen Passagen nach undbietet gelegentlich Parallelstellen. Eingutes Register ist vorhanden, bei demfreilich zum Leidwesen des Mittellatei-ners auf die Aufnahme ungewöhnlicherTermini verzichtet wurde, vgl. etwaS. 167, Anm. 278 zu "guaranis" u. Ä.

In summa eine gründliche Ausgabeeines der reichhaltigsten Zeugen diesesbeliebten allegorischen Zweiges der pa-ränetischen Literatur des Mittelalters.Peter Dinzelbacher

Wolfram von Eschenbach, Parzival.Aus dem Mittelhochdeutschen über-setzt von Peter Knecht. Nachwort vonVolker Mertens. Mit Bildern von Die-ter Asmus, Philipp Reclam jun.,Stuttgart 2011, 427 S., 18 farbige Ill.Mit etwas Verwunderung nimmt mandiesen großformatigen Band in dieHand, erneut Wolframs von Eschenbach

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Parzival, diesmal aber nur in der Über-setzung von Peter Knecht, die dieser be-reits 2003 bei De Gruyter, 1993 aberschon bei Reclam veröffentlicht hatte.Hier fehlt jedoch der originale mittel-hochdeutsche Text, und so fehlt auch dergesamte wissenschaftliche Apparat. Im-merhin, Knechts Version liest sich gut,bleibt relativ nahe an der Vorlage,braucht aber hier nicht mehr besprochenzu werden, ist dies ja schon vielfach ge-schehen. Der Verlag wollte offensicht-lich eine Ausgabe auf den Markt brin-gen, die sich von der äußeren Aufma-chung prachtvoll gibt und attraktiv auchfür denjenigen wirkt, der solch ein Werkauf den Sofatisch oder sonst wo zur Prä-sentation legen möchte. Schließlichkostet dieser Parzival nach dem Ablaufder Subskriptionszeit (29. 2. 2012) ge-schlagene 118 Euro. EntscheidendeNeuerung sind hier nur die Illustrationenvon Dieter Asmus, die durchaus faszi-nieren mögen, aber letztlich die Qualitätvon solchen Bildern besitzen, wie sie aufden Karten von "Magic" oder "Imagina-tion" auftauchen, also Computergrafik.Sehr fantasievoll, stark farblich geprägt,effekthaschend und theatralisch, wiegute Bühnenbilder vielleicht. Über Ge-schmack kann man streiten, mir kom-men sie jedenfalls, auch wenn sie tech-nisch sehr beeindruckend sind, einfachtrivial und unangemessen vor. Wie dasvom Verlag beigefügte Werbeblatt in-formiert, hat sich Asmus durchaus vonder Bewegung des "Mittelalterrevivalsund Rittterfilme" inspirieren lassen, undhöchstwahrscheinlich den Computer zurHilfe genommen, um diese Bilder zukreieren. Warum hat man denn nichtAbbildungen aus einer der Wolfram-

Handschriften gewählt? Was Asmusleistet, ist völlig anachronistisch und un-passend.

Um dem Leser einen besseren Ein-stieg zu ermöglichen, wurde der gleicheFamilienstammbaum im Anhang abge-druckt, der auch in der Ausgabe von2003 erschien. Volker Mertens steuertein paar Bemerkungen zum Text bei, diesich nach den Bildern richten, was alleinan das zahlende Publikum gerichtet zusein scheint und oftmals nur Inhaltszu-sammenfassung ist, ohne wirklich diewesentlichen Punkte, wie sie in der For-schung bisher erarbeitet worden sind,kritisch zu Tage zu bringen. Abschwä-chend wäre höchstens vorzubringen,dass sich Mertens um eine Ausdeutungder Bilder bemüht, aber kann denn derheutige Leser/Betrachter noch nichteinmal diese Aufgabe selbst durchfüh-ren?

So sehr man sich darüber freuenmag, dass Wolframs Meisterwerk hiernoch einmal in neuhochdeutscher Über-setzung präsentiert wird, bleibt es dochein sehr fragliches Unterfangen, dennwissenschaftlichen Wert besitzt es nicht,und pädagogisch gesehen auch nicht,vermag man ja diesen teuren Band nichtim Seminarunterricht einsetzen. Alsodoch nur bibliophiles Repräsentations-stück, das letztlich gar nicht mehr gele-sen werden soll? Oder besteht die Ab-sicht darin, den Parzival durch äußerli-che Kunstkniffe erneut zu einem ganznormalen, auch für den heutigen Leserinteressanten Lesestoff zu gestalten?Jedes Kapitel beginnt mit einem Zitat imOriginal, gefolgt von der Übersetzung,sicherlich aus dem Grund, um demWerk einen mysteriösen Klang zu ver-

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leihen. Es handelt sich gewiss um einbibliophiles Prachtwerk, schön gebun-den in Feincanvas, geliefert in einemBanderolenschuber, begleitet von einemLesezeichen. Wer noch mehr Geld aus-geben möchte, kann sich den Parzival ineiner Vorzugsausgabe im Leinenschuber(nur 100 Exemplare) zulegen. Ichfürchte freilich, hier wird ein mittel-hochdeutscher Klassiker schlichtwegvermarktet.Albrecht Classen

Wolfram von Eschenbach: Ein Hand-buch. Hg. von Joachim Heinzle. BandI: Autor, Werk, Wirkung. Band II:Figuren-Lexikon, beschreibendes Ver-zeichnis der Handschriften, Biblio-graphien, Register, Abbildungen, DeGruyter, Berlin und New York 2011,1445 S., 60 Abb.Es bedarf kaum besonderer Worte, umdie Publikation eines umfassendenHandbuchs zu Wolfram von Eschenbachzu rechtfertigen, denn er gehört ja zu dengroßen 'Klassikern' des deutschen Mit-telalters, auch wenn Gottfried von Straß-burg eher ein abschätziges Urteil überihn fällte. Die Bedeutung Wolframskann man auch daran ablesen, dass dieFlut wissenschaftlicher Studien über ihnnicht abreißen will, von Neueditionenund Übersetzungen ganz zu schweigen.Allerdings liegen längst schon detail-lierte und breit ausgreifende Gesamtdar-stellungen und wissenschaftliche Über-blicke vor, woran sich dieses Handbuchmessen müsste, doch hat sich JoachimHeinzle weder in dem sehr knappenVorwort noch sonst wo genauer dazu

geäußert. Die einschlägige Forschungkommt gewiss umfangreich zur Sprache,und in zwei gesonderten Kapitelnwerden wir über den Katalog von The-men und Motiven (Heinzle) bzw. überPerspektiven der Interpretation (FritzPeter Knapp) informiert. Immerhin ver-weist Knapp auf die wichtige Arbeit vonJoachim Bumke (2004) und diejenigevon Greenfield/Miklautsch (1998), aberhier wie auch sonst sehr häufig, wenn-gleich ganz zu Unrecht, wird u.a. derwichtige Beitrag von Henry Kratz(Wolfram von Eschenbach's Parzival.

An Attempt at a Total Evaluation, 1973)einfach verschwiegen (immerhin in derBibliografie genannt). Wäre es nichtauch sinnvoll gewesen, gleich zu Beginneinen Blick darauf zu werfen, wo diedeutschsprachige Forschung zu Wolframsteht im Vergleich zur internationalen?

Uns liegt aber ein Handbuch vor, dasnicht primär die wissenschaftliche For-schungsgeschichte aufarbeiten möchte,sondern dem wissenschaftlich orientier-ten Leser und auch anderen einen sehrsoliden Einstieg ermöglicht ("Summeaus zweieinhalb Jahrhunderten For-schung", VII). Dieses Ziel wird, das seigleich vorweg gesagt, durchaus und er-freulich umfassend erreicht. Bernd Schi-rok bietet einen einleitenden Aufsatzüber die Stellung Wolframs und seinerWerke im Mittelalter, gefolgt von einerbesonderen Studie von Franz-JosefHolznagel über Wolframs Lieder. Derdritte Abschnitt, sehr kompetent verfasstvon Heiko Hartmann, untersucht souve-rän die Darstellungsmittel und Darstel-lungsformen in Wolframs erzählendemWerken. Anschließend widmen sich je-weils eine Gruppe von Autoren den ein-

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zelnen Texten: Parzival, Titurel undWillehalm, wobei die Aspekte 'Überlie-ferung' und 'Handschriften', abgesehenvon 'Interpretation' und 'Themen undMotive, eine zentrale Funktion einneh-men.

Anschließend geht es um die Rezep-tionsgeschichte Wolframs in der Neu-zeit, wozu sich Volker Mertens, PeterWapnewski, Ursula Schulze, ClaudiaHattendorf und Hartmut Kugler äußern.Im zweiten Band bieten Elke Brüggenund Joachim Bumke ein durchaus hilf-reiches Figuren-Lexikon, denn obwohluns mittlerweile ein guter Stammbaumder von Wolfram präsentierten Großfa-milie vorliegt, nützen diese biografi-schen Abrisse in vielerlei Weise, sicheinen schnellen Überblick zu verschaf-fen (so aber schon längst, wenn auchwesentlich kürzer, in der englischenÜbersetzung durch A. T. Hatto, 1980).Sehr zu begrüßen ist dann das beschrei-bende Verzeichnis der Handschriftenvon Wolfram und seiner Fortsetzerdurch Klaus Klein, doch handelt es sichhierbei bloß um eine z.T. recht kompri-mierte Fassung der Informationen, dieonline im Marburger Repertorium zufinden sind (zu Parzival: http://www.handschriftencensus.de/werke/437. Dengrößten Umfang nimmt die Bibliografieein, die nach den einzelnen Werken bzw.Autoren in der Nachfolge Wolframs ge-gliedert ist. Ein sich anschließendes For-schungsregister ermöglicht die schnelleIdentifizierung einzelner Titel, solangeman sich bewusst ist, dass die Nummernsich auf die Seitenzahlen, nicht auf dieEinträge beziehen, die ja ebenfalls num-meriert sind. Darauf folgt noch einHandschriftenregister. Den Abschluss

bilden vorzügliche s/w und farbige Ab-bildungen von relevanten Bauten, Hand-schriftenillustrationen, Manuskriptsei-ten, von neuzeitlichen Bildern zu Wolf-ram (einschließlich Wandgemälden) undvon der Wolfram-Skulptur in Wolfram-seschenbach.

Ohne Zweifel, die wesentlichen In-formationen zu Wolfram und seinemOpus sind hier gut zusammengestelltworden. Dies ist ein sehr zu begrüßendesHandbuch, das allerdings fast 300 Eurokostet. Wenn man freilich bedenkt, wieumfangreich bisher schon, jedenfalls inTeilbereichen, diese Informationen zu-sammengetragen worden sind, wievielselbst online frei zur Verfügung steht,dann dass die kumulative Bibliografieweitgehend aus den Bibliografien zu-sammengestellt wurde, die stets imWolfram-Jahrbuch erscheinen, beschlei-chen einen allerdings manche Zweifel.Mich überrascht das Fehlen bzw. Ge-ringachtung vieler heute so intensiv dis-kutierter Themenbereiche wie: Frauen,soziale und religiöse Minderheiten (z.B.Juden), ökonomische und politische As-pekte, Kirchenkritik, medizinischeKenntnisse, Sexualität, Oralität, dieRolle der Lektüre an sich (hinsichtlichTiturels), Fremdsprachenkenntnisse,Kindheit, Alter, Mentalität, Alltagsge-schichte etc. Allerdings setzt sichHeinzle ausgewogen und sympathischmit solchen Fragen aus wie nach demOrient, der Ritterschaft und Liebe,Krieg, Leid, Rache und Zorn, Verwandt-schaft und "Toleranz" und Schöpfungund Heilsgewissheit.

Man wird also durchaus gut bedient.Die Autoren verdienen allesamt hoheAnerkennung für ihre wirklich wissen-

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schaftlich hochqualifizierte Arbeit. Mankann sofort auf die einzelnen Aufsätzezurückgreifen, da sie mehr oder wenigerden letzten Forschungsstand reflektierenund z.T. sogar darüber hinaus gehen.Absolute Vollständigkeit ist natürlichauch hier nicht zu erwarten, schließlichhandelt es sich um ein Handbuch, daspragmatisch und griffig gestaltet seinmuss. Bedenkt man diese Aufgaben-stellung, kann man mit dem Endergebniszufrieden sein, auch wenn der Heraus-geber sich einleitend über die "nichtnur erfreuliche Entstehungsgeschichte"(VIII) beklagt. Der Wolfram-Expertewird jedoch weniger profitieren können,gibt es ja kaum neue Erkenntnisse oderMaterialien, während die solide Zusam-menfassung unseres heutigen Kenntnis-standes durch die Beiträger sehr zu be-grüßen ist. Leider fehlt ein Sach- undNamenregister, was auch durch die guteGliederung der einzelnen Themen- undSachbereiche sowie das Inhaltsverzeich-nis nicht kompensiert wird.Albrecht Classen

A Companion to Marie de France. Ed.by Logan E. Whalen (Brill's Compa-nions to the Christian Tradition, 27),Brill, Leiden and Boston 2011, xiv,335 pp.As much as research has worked hard tocome to terms with the works by Mariede France (late twelfth century), as diffi-cult it often seems to be to identify trulycomprehensive, reliable, and scholarlyintroductions and discussions of herwork. The best study still might be GlynS. Burgess's The Lais of Marie deFrance: Text and Context (1987), while

I find R. Howard Bloch's The Anony-mous Marie de France (2003), despiteits holistic approach, too much marredby speculation and errors. Logan E.Whalen's Marie de France & the Poeticsof Memory (2008) pursues a more spe-cific approach, while Anna Kukułka-Wojtasik's La dame et l'amour au

Moyen Age (2007) seems a bit too gen-eralist. The present Companion to Mariede France represents a most welcomeanswer to many questions, offering de-tailed and yet comprehensive studies onmany of the crucial aspects in Marie'sworks. The authors have all previouslymade significant contributions to Marieresearch and can be identified as theleading experts on this writer at ourtime.

This Companion addresses both thelearned and the broader audience, givingexcellent background information andoffering detailed discussions of highcaliber. The intention was not to explorenecessarily new features in Marie's nar-ratives, but to summarize our currentunderstanding and to discuss the seminalaspects. The reader will quickly observetwo most pleasant elements that makethis book to such a welcome enrichmentof Marie-research. The contributorsprove to be deeply informed and alsoknow well how to present their material.Each article impresses us with its com-prehensive and yet in-depth analysis,which means that both a student and ascholar can profit from this pleasant vol-ume. The cited research is up-to-dateand represents most of the relevant re-search from past and present.

The themes covered are as follows:Logan E. Whalen examines the specifics

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of the various prologues and epiloguesin Marie's lais, followed by Emanuel J.Mickel, Jr.'s study of the learned tradi-tion on which Marie relied, contrasting itwith the folkloric culture (Breton), towhich she regularly refers. Roberta L.Krueger revisits the range of themes oflove as touched upon by Marie, situatingthem in a broader cultural context. Ju-dith Rice Rothschild probes what we canlearn from Marie's narratives about thesocial context, pertaining, for instance,to the social roles played by the variousindividual figures. Glyn S. Burgesscompares the themes and motifs in thelais by Marie with those contained in anumber of lais by anonymous contem-poraries. Matilda Tomaryn Brucknerhighlights the role played by speakinganimals in Marie's fables, while CharlesBruckner investigates the fable traditionupon which Marie relied. Subsequently,he also compares Marie's fables with thetradition of fable literature. June HallMcCash analyzes the differences in thecharacterizations of the two genders inMarie's L'Espurgatoire seint Patriz andLa Vie seinte Audree, which now canalso be identified as having been writtenby Marie. As she correctly emphasizes,Marie was most careful in portraying herworld in a balanced manner, not givingthe female gender any particular prefer-ence, "revealing in her works the limitedchoices and societal pressures of noblelife" (266).

Robert Pickens offers a sensitivereading of La Vie seinte Audree andMarie's strategies to translate that hagi-ographical text from Latin, while KeithBusby concludes this great volume witha survey of the manuscripts containing

Marie's works. The editor adds a shortbibliography of frequently cited worksand an index. All contributions providevaluable and reasonable insights, solidinterpretations, and good overviews.Only one time would I disagree with aspecific reading, when Roberta L. Krue-ger claims that the young man in "Lesdeus amanz" "forgets the potion" (70)when he carries his beloved up themountain. In reality, he is repeatedlyreminded by her to take the potion, buthe arrogantly refuses to use it in order toprove his extraordinary strength, whichleads, however, to his death and that ofhis beloved.

I am certain that I will regularly con-sult this book and that I will recommendit to my students in future classes.Albrecht Classen

Soll man um Tote Trauern? Eine Ant-wort aus dem Jahre 1141 in der Con-solatio des Laurentius von Durham.Edition und Übersetzung von UdoKindermann, Verlag Palm & Enke,Erlangen 2010, 98 S.Lebenshilfe aus dem Mittelalter? Philo-sophische Reflexionen mediävistischerArt für die Gegenwart? So überraschenddies auch sein mag, so stoßen wir dochhier auf ein Werk, das genau dieseMöglichkeit in Griffweite bringt. Lau-rentius von Durham wurde 1114 inWaltham, Essex geboren, trat ca. 1128in das Benediktinerkloster in Durhamein und bewies sich bald als ein hochin-telligenter Mensch, der im Lauf seinesLebens eine Reihe von durchaus wichti-gen Schriften verfasste, so die Vita der

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Heiligen Brigitte oder die BibeldichtungHypognosticon. Darüber hinaus schrieber ein Emmaus-Spiel und die hier über-setzte Consolatio (1141), die einerseitsstark von Boethius' De consolationephilosophiae beeinflusst ist, andererseitsdeutlich Reflexe auf dramatische Ereig-nisse in Laurentius' Leben anzeigt, dennin jenem Jahr geriet er in einen heftigenKonflikt mit dem neuen Bischof Wil-liam Cunin, der ihn sogar 1143/1144verbannte. 1152 aber, lange nach CuninsSturz, bot man ihm selbst die Stelle alsBischof von Durham an, aber er ver-zichtete darauf, reiste dagegen nachRom und starb auf der Rückkehr im Jahr1154.

Udo Kindermann hatte die Consola-tio bereits 1969 kritisch herausgegebenund bietet nun den originalen Text (imzweiten Teil) zusammen mit einer deut-schen Übersetzung. Es wäre zwar hilf-reicher gewesen, wenn beides auf ge-genüberliegenden Seiten gedruckt wor-den wäre, aber der Leser kann stets ganzleicht von der jeweiligen Paragraphen-nummer ausgehend hin- und herblättern.An der Übersetzung kann man nichtrütteln, auch wenn man hie und da ev.stilistisch andere Formulierungen vorge-zogen hätte, aber es handelt sich dannnur um Geschmacksfragen, wie genauman aus dem Mittellateinischen überset-zen soll. Gerade bei den Gedichten hätteeine einfache Übersetzung, die nicht denoriginalen Versfuß zu imitieren bemühtist, besser gewirkt, aber auch darüberkann man streiten. Im Anhang findetsich sogar ein Verzeichnis der Versmaßeder lateinischen Gedichte, was sicherlichausgereicht hätte.

Entscheidend ist vielmehr, dass die-ser durchaus aussagekräftige Text nun ineiner sehr sympathischen Ausgabe zu-sammen mit dem Original vorliegt. Sol-che philosophischen Reflexionen ver-dienen es auch heute noch, angesichtsunserer schnelllebigen Zeit sorgfältigbeachtet zu werden. Kindermann hatdies nun auch der breiteren Öffentlich-keit möglich gemacht. Für den wissen-schaftlich Interessierten stört es etwas,dass die Einleitung so kurz gehalten,keine separate Bibliografie angefügt undkeine Diskussion zum Verhältnis zwi-schen Laurentius und seinem wichtigenZeitgenossen Aelred von Rievaulx (gest.1167) z.B. angestellt wurde, der ja einenzentralen Traktat über die Freundschaftverfasst hatte, auf den aber Kindermannnicht eingeht.

Es liegt also nun ein beachtlichesWerk des 12. Jahrhunderts zugänglichvor, in dem einerseits boethisches Ge-dankengut, andererseits zisterzienischeIdealisierung der Freundschaft und zu-letzt auch stark christliche Ideale mitein-ander verschmelzen. Es ist eine Freude,diesen schönen Band in die Hand zunehmen und den spannenden Dialog ge-nauer zu studieren.Albrecht Classen

Michaela Schmitz, Der Schluss desParzival Wolframs von Eschenbach.Kommentar zum 16. Buch, AkademieVerlag, Berlin 2012, 292 Seiten, 6 s./w.Abb.Zu Wolfram existieren zahlreiche Ein-führungen und Überblicksartikel, insbe-

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sondere der Parzival ist intensiv aufge-schlüsselt und erschlossen. Einzig imBereich des Werkkommentars findetsich ein "Vakuum",1 das zu füllenSchmitz' Dissertation helfen möchte: Esist also sowohl eine Arbeit am Bewusst-sein für die Textsorte Kommentar alsauch eine Hilfestellung für die Ausein-andersetzung mit Buch XVI des Parzi-val zu erwarten, das durch seine "nastysting[s] in the tail of the work"2 der For-schung seit langem Kopfzerbrechen be-reitet.

Schmitz' Kommentar ist es allerdingsnicht darum zu tun, den "Erkenntnisvor-gang"3 des Wolfram-Forschers neu zubefördern, vielmehr will Verf. eine"Kommunikationsbasis zwischen Autorund Leser"4 erst ganz grundlegend her-stellen. Es fehlen deshalb umfangreiche-re theoretische Vorüberlegungen zuVoraussetzung und Möglichkeiten desKommentars (Kapitel I, S. 9-13 bleibtsehr vage) ebenso wie eine angekündigteintensivere "Methodendiskussion" (S.15). Stattdessen arbeitet Schmitz mehr-heitlich anhand bereits publizierterKommentare, insbesondere den Anmer-kungen Nellmanns5 zur Klassiker-Ausgabe, die Realien, intra- und in-tertextuelle Verweise sowie allgemeinehistorische Verortungen heraus. Gebotenwird so für eine Erstrezeption des Bu-ches XVI ein Kommentar, der das auf-hellt, was Fuhrmann als "sekundäreDunkelheit"6 bzw. als "Vergilbung" be-zeichnet hat – im Sinne einer "Rehistori-sierung" (S. 11, dort ebenfalls in Anfüh-rungszeichen) will Schmitz den Abstandzwischen heutigem Rezipienten undEntstehungszusammenhang des Werkesverringern. Dieses Unterfangen wird mit

viel Fleiß und Ausführlichkeit ge-meistert. Bisweilen kommt es zu Redun-danzen in den Kommentaren, einigeEinträge erscheinen zu vereinfachend(etwa zu den Konzepten von triuwe[S. 32f.] und âventiure [S. 44-46]), ins-gesamt wird aber zuverlässige Sachin-formation geboten.

Der "Erkenntnisvorgang" (Rickleffs)kommt dabei jedoch (entgegen dem aufS. 13 formulierten Anspruch) zu kurz,die "primäre Dunkelheit" (Fuhrmann),also die Eigenheit der Dichtung, erhelltder Kommentar nur in Ausnahmefällen.Zumeist bleibt das Forschungsreferatknapp, nur selten werden Interpretati-onsmöglichkeiten und Querverbindun-gen aufgezeigt, die den Leser zur eigen-ständigen Auseinandersetzung mit demText anleiten, statt ihm "nur" Sachwis-sen zu vermitteln. Die Metaebene desKommentars,7 das Konfrontieren derDichtung mit ihrem Ungesagten unddem für den Autor noch nicht Denkba-ren, fehlt.

Schmitz wiederholt Vieles, was be-reits an anderer Stelle gesagt und aufge-führt worden ist, so auch die Hand-schriftenbeschreibungen im dritten Teilder Arbeit; immer wieder setzt derKommentar damit voraussetzungslos an.In den Passagen, in denen sich Schmitzvon dieser Voraussetzungslosigkeit löstund in produktiver Auseinandersetzungmit der Forschung Deutungsmöglich-keiten aufzeigt (so zur Figur der Repan-se oder zur Loherangrin-Episode), kom-men die Stärken ihres Buches zum Tra-gen, das konzise Beobachtungen undDenkanstöße zu liefern vermag. Auchdie Berücksichtigung der Bildzeugnisse8

als Teile der "Werk-Rezeption"9 bietet

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innovative Deutungsimpulse, denen wei-ter nachzugehen sein wird.

Grundsätzlich zu fragen ist, was einParzival-Kommentar vor dem Hinter-grund und in Auseinandersetzung mitder umfangreichen Wolfram-Forschungder letzten Jahrzehnte leisten muss –diese Frage stellt sich angesichts desUmstandes, dass für die nächsten Jahreweitere Kommentare angekündigt sind(vgl. S. 15, Anm. 41), umso drängender.Sicherlich ist mehr theoretische Grund-legung notwendig und muss stärker überdie bloße Beseitigung von "Vergil-bungen" hinausgegangen werden, alsSchmitz dies tut. Wie weit dabei derKommentator über den Aspekt derSinnvermittlung hinaus Anleitung zureigenständigen Sinnermittlung gebensoll, ist immer neu zu entscheiden; vonSchmitz' Kommentar zum hochkomple-xen XVI. Buch des Parzival hätte mansich in dieser Hinsicht mehr Mut ge-wünscht.Dr. Stefan Seeber ⋅ Deutsches Seminar ⋅Universität Freiburg ⋅

D-79085 Freiburg i. Br. ⋅ [email protected]

1 Hans-Gert Roloff, Zur Geschichte deseditorischen Kommentars, in: editio 7(1993), S. 1-17, S. 12.

2 Annette Volfing, Welt ir nu hoeren für-baz? On the function of the Loherangrin-episode in Wolfram von Eschenbach's

Parzival (V. 824,1-826,30), in: PBB 126(2004), S. 65-84, S. 65.

3 Ulfert Rickleffs, Zur Erkenntnisfunktiondes literaturwissenschaftlichen Kommen-tars, in: Probleme der Kommentierung:Kolloquien der Deutschen Forschungs-gemeinschaft Frankfurt am Main, 12.-14.Oktober 1970 und 16.-18. März 1972.Referate und Diskussionsbeiträge, hg. v.Wolfgang Frühwald et al., Weinheim1975, S. 33-74, S. 37.

4 Gunter Martens, Kommentar – Hilfe-stellung oder Bevormundung des Le-sers?, in: editio 7 (1993), S. 36-50, S. 44.

5 Eberhard Nellmann, Kommentar, in:Wolfram von Eschenbach, Parzival(Band II). Nach der Ausgabe Karl Lach-manns revidiert und kommentiert vonEberhard Nellmann. Übertragen von Die-ter Kühn, Frankfurt 1994, S. 411-790.

6 Manfred Fuhrmann, Kommentierte Klas-siker? Über die Erklärungsbedürftigkeitder klassischen deutschen Literatur, in:Warum Klassiker? Ein Almanach zur Er-öffnungsedition der Bibliothek deutscherKlassiker, hg. v. Gottfried Honnefelder,Frankfurt 1985, S. 37-57, S. 44.

7 Hans Gerhard Senger, Der Kommentarals hermeneutisches Problem, in: editio 7(1993), S. 62-75, S. 62.

8 Vgl. neuerdings auch zusammenfassendBernd Schirok, Parzival. Die Bilderhand-schriften und Bildzeugnisse, in: Wolframvon Eschenbach. Ein Handbuch, Band I:Autor, Werk, Wirkung, hg. v. JoachimHeinzle, Berlin 2011, S. 335-365.

9 Wolfgang Frühwald, Formen und Inhaltedes Kommentars wissenschaftlicherTextausgaben, in: Probleme der Kom-mentierung [Anm. 3], S. 13-32, S. 23.

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Kurt Andermann: Die Urkunden derFreiherrlich von Gemmingen'schenArchive aus Gemmingen und Fürfeld– Regesten 1331-1849 (Sonderveröf-fentlichung 37), Heimatverein Kraich-gau e. V., Heidelberg, Ubstadt-Wei-her, Basel 201, S. 184.Der Autor, der schon mehrere Regesten-editionen zur oberrheinischen Territori-en und Familien herausgegeben hat unddaher ausreichende Erfahrung besitzt,stellt in diesem Band die Urkunden deroberrheinischen Adelsfamilie vonGemmingen zusammen. Einleitend gibter einen historischen Überblick über dieadelige Familie, die in weitverzweigtenHauptstämmen Guttenberg (seit 1449)und Hornberg (seit 1612) zu den bedeu-tendsten Vertretern des Ritteradels imKraichgau, im nördlichen Schwarzwaldund am Oberrhein gehört. Der 769 erst-mals bezeugte und durch eine Schen-kung des Klosters Lorsch entstandeneOrt Gemmingen kann erst urkundlich im13. Jh. mit der Familie von Gemmingenin Verbindung gebracht werden. DieseFamilie stand allerdings schon in den80er Jahren des 13. Jahrhunderts in kö-niglichem Dienst, so war der RitterSchweickard von Gemmingen Land-richter zu Wimpfen. Im Laufe der Zeitvergrößerte sich der Familienbesitzdurch Erwerb verschiedener Gebiete undLehen und so entstanden die drei Schlös-ser der von Gemmingen in diesem Ge-biet.

Das Archiv aus Gemmingen undFürfeld entstand erst Mitte des 17. Jhs.durch eine vereinbarte Teilung zwischenden Linien (1659). Von den Beständendieses Privatarchives wurde zu Beginndes 20. Jhs. im Auftrag der BadischenHistorischen Kommission erstmals einVerzeichnis angelegt. Die letzten Ange-hörigen der Familie Gemmingen-Gemmingen verkauften das Archiv imJahre 1962 an das Land Baden-Würt-temberg (heute in Karlsruhe). Die Ur-kunden des Archives betreffen durch-wegs Besitz- und Herrschaftsverhältnis-se in den Orten Gemmingen, Stehbach,Streichenberg und Ittlingen.

Kauf- und Schenkungsverträge sindin der ganzen Bearbeitungszeit vom14. bis zum 19. Jahrhundert nachzuwei-sen. Entsprechend der mittelalterlichenFrömmigkeit waren auch die Herren vonGemmingen, um ihr Seelenheil besorgt,und so stifteten sie in den ersten hundertJahren einige Kapellen und Altäre inKirchen. Diese Stiftungen wurden auchmeist vom Bischof von Worms bestätigt.In einem Schreiben von 1446 erklärteder Kartäuserorden seine Bereitschaft,die Familie von Johann von Gemmingenwegen ihrer Verdienste um den Orden indie gottesdienstlichen Fürbitten aufzu-nehmen und nach dem Ableben im gan-zen Orden für ihr Seelenheil beten zuwollen. Daneben werden in den erstenUrkunden vielfach Lehen (im 16. Jh.von Kurfürsten Ludwig von der Pfalz

Spätmittelalter

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bekundet), der Zehent und damit ver-bundene Rechte und Pflichten behandelt.Die Bedeutung der Adelsfamilie zeigtsich auch in den von den Herrscherngewährten Privilegien. So wurde denvon Gemmingen im April 1497 von Ma-ximilian I. die Hoch- und Blutgerichts-barkeit durch ein königliches Privilegbestätigt, und dieses Recht attestierteKaiser Ferdinand I. Anfang Juli 1558.Zur Förderung von Gewerbe und Wirt-schaft gewährte Kaiser Maximilian II.im November 1570, künftig in Gemmin-gen zu Maria Himmelfahrt (15. August)einen Markt abhalten zu dürfen. KaiserLeopold I. bestellte im Juli 1683 aufAntrag des Kammergerichtes Dietrichvon Gemmingen zum Vormund vonPhilipp Adam von Neippergs. Die Über-nahme von Vormundschaften wurde üb-licherweise durch den Herzog vonWürttemberg bestätigt (Juli 1613). Mit-glieder der Familie bekleideten auch öf-fentliche Funktionen: Karl Rudolf vonGemmingen wurde 1768 von KaiserinMaria Theresia zum Kämmerer ernanntund ihr Sohn Joseph II. beförderte imNovember 1781 Karl Baron von Gem-mingen zum Obersten zu Pferd. ZurAbwehr der durch die Französische Re-volution hervorgerufenen Unruhen wur-de von dieser deutschen Adelsfamilieeine Hilfsmannschaft aufgestellt.

Unter den Privaturkunden zeigen dieHeiratsurkunden seit dem Beginn derFrühen Neuzeit eine steigende Tendenz.Private Zwistigkeiten mussten nicht nurin der Familie, sondern auch im MarktGemmingen beigelegt werden, wie etwader Vaterschaftsnachweis eines unehe-lich geborenen Kindes einer Dienstmarkt(Juni 1602).

Unter den kurz gefassten Inhalt derDokumente findet sich ein Hinweis zurÜberlieferungsart, wie Pergamenturkun-de oder nur spätere Abschrift, Vorhan-densein von Siegel und Editionsanga-ben. Das Literaturverzeichnis ist auf dieFamilie und das eng begrenzte Territo-rium zugeschnitten und daher nicht sehrumfangreich. Ein detailliertes Personen-und Ortsverzeichnis und ein Sachindexerleichtern die Benützung dieses Re-gestenbandes.Christine Maria Grafinger · BibliotecaVaticana · Manoscritti · 00120 Cittàdel Vaticano · [email protected]

Andreas Speer / Lydia Wegener(Hgg.), Wissen über Grenzen. Arabi-sches Wissen und lateinisches Mittel-alter (Miscellanea Mediaevalia. Veröf-fentlichungen des Thomas – Institutsder Universität Köln, hg. v. AndreasSpeer, Bd. 33), Berlin, New York2006, XXIII und 838 SeitenDer, wie der Titel anzeigt, interkulturellund interdisziplinär angelegte Band ver-sammelt 44 Beiträge zur 34. Kölner Me-diaevistentagung vom 7.- 10. 9. 2004zum Thema Rezeption und Wirkungarabischen Wissens und Wissensver-ständnisses im lateinischen Mittelalter.Schon die 8. und die 24. Mediaevisten-tagung (1957 bzw. 1984) waren demÜberthema Orient – Okzident gewidmet.Die Beiträge sind zu 10 Themenkreisengeordnet, an denen die Intention desUnternehmens abgelesen werden kann:I. (1-86) " Zu den Bedingungen derÜbertragung arabischen Wissens", II.(87-164) "Übersetzung, Rezeption und

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kultureller Kontext", III. (165-216)"Philosophie und Religion", IV. (217-304) "Kulturelle Leitbilder und Polemi-ken", V. (305-376) "Arabische Medi-zin", VI. (379-466) "Arabische Philoso-phie", VII. (467-544) "Der arabischeEinfluß auf das lateinische Wissen-schaftsverständnis", VIII. (545-654)"Arabische Einflüsse in der Philosophiedes lateinischen Mittelalters", IX. (665-716) "Arabische Philosophie im Wider-streit", X. (717-806) "Arabisches in derKunst". Angesichts der Fülle des Gebo-tenen muß wohl jeder Rezensent vonseiner Warte aus kommentieren. In mei-nem Fall sind dies mediaevistische Ger-manistik und Wissenschaftsgeschichte,insbesondere Geschichte der Medizin.

I. Die Übernahme der arabischenForderung nach 'ratio' statt Autoritä-tengläubigkeit in den Wissenschaftendurch die Lateiner (Adelard von Bath'Quaestiones naturales') im 12. Jahrhun-dert bildet die Grundlage , so auch Speer(XVII-XIX), des rationalen Wissen-schaftsverständnisses in der europäi-schen Zivilisation über die Aufklärunghinaus bis heute. Dimitri Gutas siehtzwar die Übersetzer in Spanien nachgriechischem Erbe suchen, überbetontjedoch die Rolle ihrer arabischsprachi-gen Gehilfen bei der Auswahl der Texte.Adelard von Bath beispielsweise ver-folgte selbständig seine "arabica studia"und Gerhard von Cremona suchte gezieltnach dem 'Almagest'. Charles Burnett,dessen gesammelte Aufsätze (1990-2002) kürzlich erschienen (Farnham u.a.2009), zeigt, wie der Humanismus des11./12. Jahrhunderts im griechisch-lateinisch-arabischsprachigen Unterita-lien, so in Salerno (Alfanus, Constanti-

nus Africanus) und vor allem in derSchule von Chartres und in deren Um-kreis mittels Übersetzungen aus demArabischen in Gang gebracht wurde(u.a. Hermann von Kärnten, Robert vonKetton, Adelard von Bath). Zu korrigie-ren ist, dass in der Schule von Char-tres nicht "Plato's Timaeus" gelesenwurde, sondern der platonisch-aristote-lische 'Timaeus' des C(h)alcidius , dennder 'Timaios' von Plato lag seinerzeitdort jedenfalls nicht vor. Von großerBedeutung für die 'Parzival' – Interpre-tation sind die Ausführungen Burnettszu arabischen Wörtern, die in lateini-schen wissenschaftlichen Werken Ein-gang fanden, u.a. wegen "the prestige ofArabic" (30), denn Wolfram vonEschenbach, ohnehin nach Toledo aus-gerichtet, verwendet dort, also in derFiktionalliteratur, z.B. arabische Plane-tennamen (vgl. v.a. Paul Kunitzsch).Max Lejbowicz weist auf die unüber-brückte Kluft zwischen christlichemDogmatismus und einer Assimilation(vgl. Heinrich Schipperges) arabischenWissens hin anhand der Beispiele vonPetrus Venerabilis, Bewunderer arabi-scher Wissenschaft und Förderer vonÜbersetzungen aus dem Arabischen, undThomas von Aquin, der die Lateiner auf-fordert, die Averroes-Diskussion so zuführen, als seien sie Fremde in ihrer ei-genen Religion. Mehr Toleranz findetman indes in der Fiktionalliteratur um1200, so bei Wolfram von Eschenbachbesonders im 'Willehalm' , wo die Mus-lime als Geschöpfe Gottes geachtet wer-den. Thomas Ricklin attestiert zwar denÜbersetzern im Spanien des 12. Jahr-hunderts als Hauptimpetus "Arabes con-tigit imitari" (Hugo Sanfallensis), die in

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ihren Prologen angesprochene "imitatioArabum" liege jedoch weit "jenseits al-ler historischen Realität". Man fragt:Sind diese Prologe also ohne histori-schen Quellenwert? Dag Nikolaus Hasseversucht denn auch mehr Licht in diegesellschaftlichen Voraussetzungen derarabisch-hebräisch-lateinischen Überset-zungsbewegung im damaligen Spanienzu bringen. Anders als Gutas und Le-jbowicz betont er (68) den intellektuel-len Impetus der Übersetzer. Er behandeltdie Handschriftenfrage, stellt Mäzenevor, beleuchtet die Rolle mozarabischerÜbersetzer und Übersetzungshelfer undbeschreibt die Übersetzer des 12. Jahr-hunderts (s. auch Anhang, 806). Werallerdings Robert von Ketton / RobertusCastrensis (69) war, bleibt weiterhin of-fen, und dasselbe gilt von DominicusGundissalinus trotz der Nachforschun-gen von Alexander Fidora (s.u. VII.).Waren die Übersetzer im Spanien des12. Jahrhunderts meist Kleriker im Um-kreis der Kathedralen, so übersetzen inder Renaissance ab 1480 meist Ärzte.Gegen Hasses Ansicht, die Rezeptionder Übersetzungen sei langsam vor sichgegangen, sprechen in diesem Buch dieBeiträge von Gotthard Strohmaier , Ma-rie Bláhová und Ivan Hlavácek (s. alle u.II.). Hierzu anfügen möchte ich denHinweis, dass beispielsweise die wir-kungsmächtige, von Gerhard von Cre-mona übersetzte 'Chirurgia' des Abulca-sis bereits im 13. Jahrhundert altfranzö-sisch rezipiert wurde (vgl. Haage,Volkssprachige Abulcasis-Rezeption im13.Jahrhundert, Würzburger medizin-historische Mitteilungen 19, 2000, 525-527).

II. Strohmaier versteht die Rezeptionaus dem Arabischen als Symptom desgeistigen Aufschwungs in der 'urbanitas'(Städte, Lateinschulen, Kathedralschu-len, Universität Paris) des Abendlandes,nicht als Ursache dieser Entwicklung(übrigens lebte Galen nicht bis 216, son-dern bis um 199). Bláhová sieht dieUniversität Prag als wichtiges Zentrumlateinischer Übersetzungen aus demArabischen (besonders Astronomie,Astrologie, Medizin, Philosophie) undmit ähnlichem Ergebnis untersuchtHlávácek die mittelalterlichen Biblio-theksbestände in Böhmen. Hier anzu-schließen wäre Melitta Weiss Adamson,die den Weg diätetischer Anweisungendes konvertierten Christen Ibn Gazla(gesprochen: Dschasla) aus dem 11.Jahrhundert über lateinische und deut-sche Translationen nach Bayern (Cgm415, 1r-20v, 1.Hälfte 15. Jahrhundert)verfolgt (s.u. V). Die Frage von Hassenach Übersetzern und deren Helfern inder spanischen arabisch-jüdisch-lateini-schen Mischkultur vertiefen Maria RosaMenocal und Mauro Zonta, wobei derletztere eine ausgezeichnete Tabelle jü-discher Übersetzer vom 12. bis zum 14.Jahrhundert bietet (93-99: Zeit, Ort, ara-bische Quelle, Thema, lateinischer Mit-übersetzer, Umstände der Übersetzung,chronologisch geordnet, reich belegt:wenig Philosophie, dafür 2/3 Astrono-mie, Astrologie, Medizin).

III., IV., VI., VIII., IX. Diese The-menkreise befassen sich mit arabi-scher Religion und Philosophie. RémiBrague (III) stellt 5 Bereiche islamischerPhilosophie vor: 1. Rezeption des Neu-platonismus, 2. Struktur des Kosmos,

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3. menschlicher Intellekt, 4. Ewigkeitoder Entstehung der Welt, 5. Ethik undPolitik. Ulrich Rudolph (III) sieht, wieNicolaus Cusanus wegen seiner Dog-mengebundenheit beim Brückenschlagscheitert, trotz seiner negativen Theolo-gie und trotz seines Hinweises auf denNeuplatonismus als gemeinsames isla-misch-christliches Fundament. Nicht an-ders Raimundus Lullus, wie Markus En-ders (III) ausführt. Wie zu erwarten,kommt es nicht nur zum Kulturaus-tausch, sondern auch zu religiöser Pole-mik, so bei Petrus Venerabilis (vgl. I.:Lejbowicz), und entgegen der Weisungdes Religionsstifters nur zu einer be-schränkten Toleranz islamischer Herr-scher gegenüber unterworfenen Leutendes Buchs (Juden, Mozaraber), wie diesLudwig Vones (IV) beschreibt. JosepPuig führt plastisch vor Augen, wie weitdie Polemik gegen den Islam anhandvon Lügen, z.B. über Mohammeds an-geblich ausschweifendes Liebesleben,gehen konnte, so in der 'Collectio Tole-tana' (enthält u.a. die weit verbreiteteApologie des al-Kindî) und insbesonderebei Pere Pasqual. Wie Wolfram Drews(IV) aufzeigt, fehlten jedoch antijüdi-sche und antiislamische Polemik in der'Primera Crónica General' , geschriebenauf Geheiß des kastilischen Königs Al-fonso X., von Rodrigo von Toledo. DemVerfasser geht es nämlich um ein tragfä-higes Konzept der Nation unter Ein-schluss des spanischen Islam, der Judenund der Mozaraber, jedoch unter Aus-schluss der barbarischen Berber ausNordafrika. Diese Art christlich-islami-scher Zusammenarbeit spiegelt sich inder Fiktionalliteratur (vgl. Gahmuret imHeer des Baruk von Baldac im 'Parzival'

Wolframs von Eschenbach). Um Tole-ranz fremden Kulturen gegenüber gehtes auch in den fingierten 'Reisen' desJean de Mandeville, wie Fabienne L.Michelet (IV) betont, die aber gleichzei-tig feststellt, dass dort von einem wirkli-chen Dialog mit dem Fremden keineRede sein kann.

Die Bereiche VI., VIII., IX. wendensich dezidiert der arabischen Philosophieund ihrer Rezeption durch die Lateinerzu. Cristina d'Ancona (VI) führt den To-pos einer Harmonie (eigentlich: Harmo-nisierung) zwischen Plato und Aristote-les über al-Kindî auf Plotinos zurück.Jean-Marc Mandosio und Carla di Mar-tino (VI) untersuchen die bislang wenigerforschten lateinischen Übersetzungender 'Meteorologie' des Avicenna ('Buchdes Heilmittels' V). Im Mittelpunkt stehtdie Teilübersetzung des Aristoteles-Kenners Alfred von Sareshel, die weitverbreitet war, wohl auch, weil sie voll-ständig 'De mineralibus' des Aristotelesenthält unter Einschluß der Theorie vonder Entstehung der Metalle aus feuchtenAusdünstungen der Erde, ein Zentral-thema der Alchemie. Matteo di Giovanni(VI) zeigt, dass Averroes mit Hilfe dersynonymen Analogie und der gradua-listischen Ontologie Platos das Problemlöst, dass Himmelskörper zwar (nachAristoteles) Substanzen und als solcheabgrenzbar sind, jedoch keine gemein-same Art (genus) noch Unterschei-dungsmerkmale (differentiae) besitzenund daher nicht abgrenzbar sein dürften.Averroes dagegen: Die gleiche Essenzwird realisiert in verschiedenen Stufendes Seins. Als Materie befinden sich diePlaneten auf rotierenden Sphären, ihreEssenz sind jedoch Einzelintellekte, die

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immer eine Art (genus) haben. JörnMüller (VIII) verfolgt den Einfluß derarabischen Intellektspekulation (Aver-roes, Kommentar zu Aristoteles 'Deanima' ; Avicenna, Alfarabi) auf Alber-tus Magnus. David Wirmer (VIII) stelltdie Antworten von Avempace (in derÜberlieferung des Averroes) und dieje-nigen des Thomas von Aquin auf dievon Aristoteles ('De anima', Buch 3) of-fen gelassene Frage, ob der menschlicheIntellekt die separaten Substanzen (d.h.die von jeher immateriellen Substanzen)erkennen kann, einander gegenüber.Thomas von Aquin verneint dies austheologischer Sicht und kritisiert Avem-pace, der einen Mechanismus der Ab-straktion bei der Erkenntnis der 'quiddi-tates' (d.h. Essenzen der Dinge) von derMaterie bis hin zu den separaten Sub-stanzen annimmt, denn der Aquinate po-stuliert einen fundamentalen Unter-schied zwischen der 'quidditas' eines er-kennbaren Dinges (Form und Materie)und der reinen immateriellen 'quidditas'der separaten Substanzen (Engel, Gott).Gérard Sondag (VIII) erklärt den Ein-fluß der 'Metaphysik' Avicennas auf Jo-hannes Duns Scotus: das Sein sei dasadäquate Objekt des menschlichen In-tellekts, und 'Natur' sei nicht identischmit dem Konzept dieser Natur, das nurim Geist existiert. Den Einfluss der 'Me-taphysik' des al-Ghazali auf die antiato-mististische Beweisführung bei DunsScotus spricht Robert Podkonski(VIII) an, aber nur als eine der Quellenneben Roger Bacon ('Opus maius' , be-sonders was die geometrischen Argu-mente betrifft) und wohl auch Maimoni-des ('Dux neutrorum'). Mischa von Per-ger (VIII) sieht Walter Burley Avicenna,

Algazel und Averroes (dessen Theorieder Stufung von Univokation und Äqui-vokation) heranziehen bei der Unter-scheidung von Synonymität (d.i. Univo-kation), Homonymität (d.i. Äquivoka-tion) und Analogie (ausgehend vonAristoteles 'Kategorien' bzw. 'Metaphy-sik' , Buch 4), und Marek Gensler (VIII)weist hin auf den kritischen Umgang mitAverroes in Walter Burleys Kommentarzu 'De generatione et corruptione' desAristoteles und kommt zu dem Schluss,dass Burley dem 'Kommentator' zwarRespekt zollt, jedoch nicht als "LatinAverroist" angesehen werden kann.

Um Gegensätze in der arabischenPhilosophie selbst geht es im Themen-kreis IX. Mieczyslaw Markowski be-schreibt, wie nach der Wende der PariserPhilosophen 1341 gegen den Zeichen-nominalismus des Wilhelm von Ockhamhin zu einem dogmenkonformen aver-roistischen Aristotelismus auch 1360/70in Erfurt in einer für den Unterricht be-stimmten Quästionensammlung dieseraverroistische Aristotelismus vertretenund sogar als "via communis" der Philo-sophen apostrophiert wird.

Sven K. Knebel verfolgt die Diskus-sion über den 'Zufall' bei den Lateinernausgehend von Aristoteles ('Physik',Buch 5), die vor allem von Averroes (soAlbertus Magnus, Thomas von Aquin,Aegidius Romanus) und von Avicenna(vgl. Johannes Buridan: "volo magis sta-re cum Avicenna") bestimmt ist. Ari-stoteles definiert den Zufall als Bedin-gung P mit Folge Q jedoch nur meistens,daher gilt 'Zufall' als Ursache der Ab-weichung von der Regel. Avicennameint, Aristoteles habe P ohne Folge Qnicht ausgeschlossen, und Averroes hält

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dagegen, dass Avicennas P mit Folge Q,aber auch nicht Q, nicht in den aristoteli-schen Begriff des Zufalls gehöre. BerndRoling entwirft ein neues Bild von Pie-tro Pomponazzi (gestorben 1525) zwi-schen Avicenna, Averroes und jüdi-schem Averroismus stehend, dem Ratio-nalisten, der die Unsterblichkeit leugneteund den goldenen Weg der 'DoppeltenWahrheit' für Glaube und Philosophie('Tractatus de immortalitate animae',1516) betonte. Marwan Rashed unter-sucht den Averroismus des veneziani-schen Humanisten Lauro Quirini (ge-storben 1479), der in drei Abhandlungenüber den Adel ('De nobilitate') den Blut-adel ("nobilitas generis") gegen PoggioBeaccidini von Florenz (sieht Adel als'virtus') verteidigt und sich dabei vonAverroes beeinflusst zeigt, obgleich erihn nicht zitiert, dagegen Aristoteles (be-sonders 'Politik') u.a. oft heranzieht. Esfinden sich jedoch viele Averroes-Zitateals Marginalien in Handschriften ausseinem Besitz (z.B. Cod.Paris.gr. 1850).

Der Themenkreis V bietet Beiträgezur arabischen Medizin. Derjenige vonMelitta Weiss Adamson wurde (s. II) be-reits vorgestellt, und denjenigen von Io-landa Ventura über die Dioskurides-Rezeption muß ich leider wegen man-gelnder italienischer Sprachkompetenzausklammern. Raphaela Veit beschäftigtsich mit einem der letzten großen ara-bisch-lateinischen Übersetzer, AndreaAlpago (gestorben 1522), Arzt, 30 Jahrelang Diplomat an der venezianischenBotschaft in Damaskus, Humanist, derjedoch nicht insgesamt die arabisch-lateinischen Übersetzungen zugunstengriechisch-lateinischer ablehnte. Be-rühmt wurde er wegen seiner korrigie-

renden Bearbeitung des 'Canon' Avicen-nas in der Übersetzung Gerhards vonCremona, mit einem arabisch-lateini-schen Glossar von über 2000 Stichwör-tern. Görge K. Hasselhoff kann mit Si-cherheit den Arzt Armengaud Blaise(gestorben um 1312), Neffe des Arnaldvon Villanova, als Übersetzer medizini-scher Schriften des Maimonides(1294/1302 Asthma-Traktat, 1305/1307'De venenis') vorstellen, der im 25. Buchder Aphorismensammlung Galen kriti-siert. Symptomatisch ist der Überset-zungsvorgang: Ein Jude als Mitarbeiterübersetzt vom Arabischen in die Lan-dessprache und Blaise aus dieser insLateinische. Johannes von Capua (Jude,konvertierte vor 1278 zum Christentum)wird von Hasselhoff als Übersetzer fol-gender Werke des Maimonides wahr-scheinlich gemacht: 'Regimen sanitatis' ,verfasst 1198 (341 fälschlich: 1298), 'Devenenis' , 'De causis accidencium', 'Dehemorrhoidibus' und 'De asmate'.

Die zentrale Thematik (s.o.I) desSammelbandes, den arabischen Einflußauf das lateinische Wissenschaftsver-ständnis, fasst der Themenkreis VII innuce. Alexander Fidora umreißt den Ein-fluss der arabischen Wissenschaftstheo-rie auf Dominicus Gundissalinus, werimmer unter diesem Namen zu verstehensein mag (s.o. I). Der Aristoteles-Über-setzer ('Corpus aristotelicum arabum')hinterließ auch fünf eigene Werke, vondenen 'De divisione philosophiae') amwirkungsmächtigsten war. Seine Wis-senschaftstheorie ist aristotelisch ausge-richtet: 1. Wissenschaften grenzen sichdurch ihr Objekt voneinander ab. 2. Diewissenschaftliche Erkenntnis strebt denBeweis an. 3. Jede Wissenschaft hat ei-

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nen unbewiesenen Anfang (z.B. dieMathematik das Phänomen 'Zahl'). Gun-dissalinus geht von Boethius aus, der dasVoraussetzungswissen (d.h. die logi-schen Axiome des Aristoteles) betontund daher die Wissenschaften rein de-duktiv sieht, dabei jedoch die Induktionvon Existenzhypothesen bei Aristotelesvernachlässigt. Auch Duns Scotus gehtes bei seiner Rezeption der wissen-schaftlichen Methodologie des Alhazen,wie Roberto Hofmeister Pich nachweist,um die innere Differenzierung und Stu-fung der Wissenschaften in unterord-nende (z.B. Geometrie mit ihrem Sub-jekt: Linie) und untergeordnete (hier:Optik mit der sichtbaren Linie) . Die Er-kenntnis in den untergeordneten Wissen-schaften erfolgt durch Erfahrung ausplanvoll angelegten Experimenten, dieüber die aristotelische ' empeiria' hin-ausgehen, "per experientiam" , sowiedurch Übernahme der Prinzipien derübergeordneten. Dieses Erkenntnisprin-zip "per experientiam" wurde bislangvon der Scotus-Forschung gänzlichignoriert. Hofmeister Pich kann nach-vollziehbar machen, dass Duns Scotus esvon Alhazen ('Opticae thesaurus Alha-zeni') übernommen hat, denn Alhazen('Optik', Buch 4) behandelt die Optik alseine experimentelle Wissenschaft: DieReflexionstheorie, also Einfallswinkelgleich Reflexionswinkel, wurde der Op-tik "per experientiam" bekannt, beweis-bar ist sie jedoch erst durch die Prinzi-pien der übergeordneten Geometrie. In-duktion ist somit der erste Schritt zurErkenntnis der Prinzipien. Duns Scotussteht damit in der Experimentialismus-Tradition der Oxforder Franziskaner(Robert Grosseteste, Roger Bacon). Er

rezipiert Alhazen über Johannes Peck-hams 'Perspectiva communis'. Es sinddie untergeordneten Wissenschaften, dieseit dem 17. Jahrhundert die heutigeWissenschaft einläuten.

Man sieht am Beispiel der Optik,und dies ist auch für die germanistischeFachliteratur-Forschung wichtig, wieseit dem 12. Jahrhundert durch arabi-schen Einfluss das aus der Antike über-kommene Raster der Septem artes li-berales in der Theorie vertieft und mitneuen Wissenschaften (z.B. Alchemie,Optik) ausgebaut wurde. Symptomatischerscheint, und dies sei ergänzend hinzu-gefügt, dass bereits Hugo von St.Victor(gestorben 1141) die untergeordnetenWissenschaften in seinem Artes mecha-nicae – Schema ('Didascalicon de studiolegendi' , Buch 2) eben wegen ihrestheoretischen Überbaus als "scientiae"der Philosophie zurechnet (vgl. Haage,Alchemie im Mittelalter, Düsseldorf u.a.1996, 2.Auflage 2000, 44-50). Es seiauch hier darauf hingewiesen, dass Ger-hard Eis in den mittelalterlichen Artes-Reihen mit Recht ein praktikables Rastersah, die Massen mittelalterlicher deut-scher Fachliteratur in eine Ordnung zubringen, von der er sehr wohl wusste,dass sie in dieser monolithischen Formin der Realität nie existierte. Dies zeigtauch ein Blick auf den EnzyklopädistenVinzenz von Beauvais. Adam Fijal-kowski weist nach, dass bei ihm dieWissenschaftsbereiche Medizin, Astro-nomie, Alchemie, Biologie und Mine-ralogie stark arabische Rezeption auf-weisen, und dass sein Wissenschafts-system von Isidor von Sevilla (für dasTrivium) ,vom 'Didascalicon' Hugos vonSt.Victor ("the general sytematization of

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sciences", "the famous classification ofarts and sciences", vgl. 483 und 492)sowie von Alfarabi ('De scientiis') be-stimmt wurde. Zitate sind den übersicht-lichen Tabellen Fijalkowskis zum 'Spe-culum doctrinale' (487-490) zu entneh-men. Häufiger treten Zitate aus demArabischen in den Bereichen Medizin,Alchemie und Mathematik auf, meistaus Hali Abbas, Avicenna, Rhazes. VonAlfarabi übernimmt Vinzenz von Beau-vais die Aufteilung der 'scientia civi-lis' in Staatskunde, Königstugenden und'scientia legum' . Mit der 'virtus regia'eröffnet er die Fürstenspiegelliteraturdes Mittelalters, die ihren Ursprung al-lerdings bei Aristoteles in der 'Nikoma-chischen Ethik' hat. Guy Guldentops be-obachtet, wie sich arabische Wissen-schaften in der philosophischen Enzy-klopädie 'Speculum Divinorum' desHenry Bate (gestorben um 1310) spie-geln. Während die übrigen Enzyklopä-dien des 13. Jahrhunderts (Thomas Can-timpratensis, Bartholomaeus Anglicus,Vinzenz von Beauvais) eher auf christli-chen Quellen aufbauen, hielt sich Batemehr an Werke arabischer Autoren zurNaturphilosophie des Aristoteles (inschlechten lateinischen Übersetzungen):Averroes, Avicenna, Alhazen u.a., teil-weise in abstrusen Verdrehungen. Auchsein Harmonisierungsversuch zwischenAverroes und Avicenna misslang. Insge-samt waren ihm jedoch griechischeQuellen wichtiger als arabische. Erwollte die griechischen durch Vergleichmit den arabischen besser verstehen.

In diesem reichhaltigen Sammelbandwurde auch Arabisches in der Kunst (X)nicht vergessen. Johannes Zahlten be-leuchtet Averroes-Darstellungen in der

christlichen Kunst. Sehr einseitig wirdder Sieg über den 'Kommentator' darge-stellt. Fast überall erscheint Averroes,orientalisch gekleidet, klein gegenüberdem übergroßen Albertus Magnus be-ziehungsweise Thomas von Aquin, aufgleicher Höhe lediglich in der Bibel ausLüttich (1420 / 40; London, BritishLibrary, Add. 15254, Bl. 13). DavidKnipp sieht im Torre Pisana in Palermoein ehemals arabisches Konzept, dasspäter byzantinisiert wurde. Als Kopieeiner gesüdeten arabischen Weltkarte,stumm, also ohne Beischriften, erkenntAnna-Dorothee von den Brincken einDokument im Bodleian Douce 319. We-nig bekannt dürfte außerhalb der Mu-sikwissenschaft der Olifant sein, denAvinoam Shalem beschreibt. Das Blas-instrument, das nur wenige Töne zulässt,und dessen Name wohl von vulgärlatei-nisch 'elephantus' herzuleiten ist, bestehtaus meist orientalisch dekoriertem El-fenbein. Literarische Berühmtheit er-langte der Olifant seit dem 11. Jahrhun-dert ('Chanson de Roland': "olifan", Ro-lands Horn). Heute erhalten sind etwa 90Olifante, oft in mittelalterlichen Kir-chenschätzen. Abb.5 (790) zeigt zweiMusiker aus dem Orchester der BerlinerOper beim Spielen des Olifants.

Dem monumentalen Sammelband istein Bildanhang beigegeben (805-808:Adelard von Bath, Übersetzung derastronomischen Tafeln des al-Khwâriz-mî; Itinerar wichtiger Übersetzer immittelalterlichen Spanien- s.o. Hasse; diestumme gesüdete Weltkarte; Darstellun-gen aus dem 14.Jahrhundert von Au-gustinus und Thomas von Aquin – s.o.Zahlten), darüber hinaus ein Verzeichnisder Handschriften und Frühdrucke (809-

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814) sowie ein umfangreiches Namenre-gister (815-838).

Der vorliegende Band stellt nicht nureine Fülle von Einzelinformationen be-reit, sondern verfolgt, interdisziplinärausgerichtet, Entwicklungslinien der Re-zeption und Assimilation arabischenWissens im lateinischen Mittelalter unddarüber hinaus zum Teil bis in unsereZeit. Eine Fundgrube und ein Impuls füralle Mediaevisten.Prof. Dr. med. Dr.phil. BernhardDietrich Haage · Von-Berlichingen-Straße 15 · 97980 Bad Mergentheim

Arnaud de Villeneuve, Le Livre desvins, traduit du latin, présenté et an-noté par Patrick Gifreu, Les Éditionsde la Merci, Perpignan, 2011, 163 pp.This is a charming and, to some exent,useful French translation of Arnaud deVilleneuve's Liber de vinis or Tractatusde vinis from ca. 1309-1311. It waswritten while Arnaud spent time innorthern Africa and it was dedicated toKing Robert of Naples. It has survivedin a manuscript in the Bibliothèque Na-tionale in Paris and in a late-medievalmanuscript from the fifteenth century,today housed in the Universitätsbiblio-thek Leipzig. In 1517 the treatise wasincluded in the complete works by Ar-naud, printed in Lyon. A Udah benSalomon Nathan translated it into He-brew in 1358 and Wilhelm von Hirnko-ken did the same, translating it intoGerman in the fifteenth century. Thelarge number of printed versions pro-duced between 1478 and 1500 in Ger-many, and then also in the sixteenth

century (close to thirty), confirms itsgreat popularity.

This treatise belongs to the largecorpus of medical texts that focuses onthe healing powers of all kinds of wines,especially spiced wines and spirits. Thewines that Arnaldus recommended in hisrecipes were aperitif wines, laxativewines, procreative wines, cosmeticwines, ophthalmological wines, andwines for specific ailments (loss ofmemory, old age, etc.). Many times hespecifically referred to distillation, andalso focused heavily on the propertiesand powers of herbs to be added to theliquids. As Patrick Gifreu rightly em-phasizes, all these approaches to winesfrom a medical point of view, and alsothe distillation process looked back to along tradition, but Arnaud was an ex-cellent compiler and innovator as well,which explains why his treatise enjoyedsuch a popularity in the late MiddleAges. Another reason certainly proves tobe the amalgamation of alchemy, theol-ogy, medicine, theology, and politics inthis treatise, and the fact that he identi-fied the medical doctor as Christ's disci-ple, hence as parvulus Christi, whichwas to become a standard trope in muchof medieval and early modern medicaldiscourse (such as in Theophrastus vonHohenheim, known as Paracelsus).

Arnaud, drawing heavily from an-cient writers, attributes to wine manydifferent healing properties, clearing upthe blood, reducing fat, strengtheningthe heart and giving support to all or-gans. Moreover, wine creates a happymood, so dispels sorrowfulness. Wine,as he says, "creates the perfect harmonyof all parts of the body" (45-46). Fol-

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lowing Galen's theory of the humors, heclaims that wine warms the body and theheart, and refreshes the body affected byfever. His conclusion: "Wine is the bestfriend of people" (47).

The present book offers a brief intro-duction, outlining both Arnaud's biogra-phy and work as a medical researcherand practitioner, followed by the Frenchtranslation of the text. Gifreu includes avery short list of research literature, andbriefly comments the text from time totime, but otherwise this booklet onlyserves the general French reader. If Gi-freu at least had accompanied the trans-lation with the original text, this bookwould also be useful for researchers.Nevertheless, it is a pleasant paperbackand reflects well both on the translatorand the publishing house.Albrecht Classen

Stephen Partridge and Erik Kwakkel,ed., Author, Reader, Book: MedievalAuthorship in Theory and Practice,University of Toronto Press, Toronto,Buffalo, and New York, 2012, 306 pp.Many of us still remember the dayswhen writing about authors and author-ship was considered a sign of methodo-logical naïveté, if not lunacy. For manya critic, the idea that the author still ex-isted or mattered in a post-Barthesian,post-Foucauldian world was both passéand sacrilegious. Fortunately, we nowlive in a different world, and the veryabundance of recent books dedicated tothe notion of authorship in general, andmedieval authorship in particular, isproof of this new—more analytical and

less ideological—attitude toward theauthor.

The current volume is indeed a mostwelcome addition to the series of recentreassessments of medieval authorship.Although the editors of the current vol-ume do not mention all of the recentpublications on medieval authorship(their admittedly "partial list" does notinclude important studies written and/oredited by Danielle Buschinger, PeterDronke, Catherine Emerson, PatrickCheney and Frederick de Armas, ClaudeCalame, and Roger Chartier), it isnonetheless obvious that they see them-selves as part of this larger conversation.In the introduction, Stephen Partridgerightly claims that there are essentiallythree possible approaches to the medie-val author. The first approach consists offinding authorial "traces" in the text it-self (prologue, epilogue, narrative orself-referential passages). Secondly, onecan discuss authorship from a codi-cological standpoint and try to establishwhether or not the name of the authorhas been preserved by the scribes in thetext or the paratext, whether genre orauthorship is its organizing principle,and so on. Finally, critics can also ex-amine the literary, social, and politicalrelationships between the author and hisreaders, patrons, disciples, imitators ordetractors.

Naturally, the essays included in thisvolume analyze the medieval authorfrom all of these angles. Partridge's oth-erwise fine introduction would haveperhaps benefitted from a more detaileddiscussion of the notion of the author,knowing that medieval and moderndefinitions of authorship do not always

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coincide. This does not fundamentallyaffect the high quality of the volume, butit would have certainly been preferableto have a few paragraphs on fundamen-tal issues such as, for instance, themeaning of the word auctor in the clas-sical and the medieval world, or the dif-ferences and the overlaps between me-dieval "authors" and the modern notionof "narrators."

In the first essay, Alastair Minnisdiscusses the relationship betweensecular poetry and theology in the cen-tral and late Middle Ages. Although therelationship between the two was by andlarge mutually beneficial, Minnis is rightto point out that theologians always feltthey had to defend the "scientific nature"of their endeavors to prevent theologyfrom being associated with poetry, i.e.,the art of beautiful lies. This is a fasci-nating article coming from a major spe-cialist of medieval authorship whosemonograph, Medieval Theory of Author-ship, remains an essential and indispen-sable milestone for our understanding ofmedieval authors. However, I believe itis a somewhat unusual editorial choiceto select as the first chapter of this vol-ume a piece that addresses the issue ofmedieval authorship in a rather indirectmanner.

Sebastian Coxon's essay is an excel-lent study of Walter Map's ludic author-ity. Indeed, humor and wit are means toachieve authority that most critics tendto neglect, and that is why Coxon's con-tribution is quite welcome, both in thisvolume and in the broader discussion onauctoritas in general. Coxon is right toclaim that Map's bons mots (curiouslyspelled "bon mots" on pp. 40, 41, and

43) constituted an important genre inantiquity, which allowed Map to placehimself in a venerable tradition. Withregard to Map's self-presentation in theDe nugis curialium, readers will appre-ciate Coxon's analysis of the medievalwriter's self-reference in both the firstand the third person. On the one hand,the use of the first person conveys asense of immediacy, whereas the thirdperson suggests an objectifying, his-toricizing distancing from the eventsnarrated. This alternation of the first andthird persons constitutes yet anotherstrategy that, as Coxon correctly sug-gests, help bolster Walter Map's author-ity.

In the next essay, Erik Kwakkel of-fers a codicological perspective on com-posite manuscripts from the autumn ofthe Middle Ages. Kwakkel proposesfour terms which could help us betterdefine composite manuscripts. A "pro-duction unit" is a set of quires forming acodicological unity, whereas an "ex-tended production unit" is a unit whichhas been modified at a later stage of theproduction. The "usage unit" is a part ofthe composite manuscript which wasadded to the manuscript later, while the"usage phase" denotes "the variousstages of use of a production unit" (p.61). Based on this terminology, ErikKwakkel divides late-medieval single-author text collections into 1) ma-nuscripts copied in one go (or copiedcontinuously, often by a single hand orby a group of collaborating scribes); 2)the "booklet" copied in one go, whichconsists of a series of texts copied with-out interruptions; 3) texts copied in ses-sions, which are bundles of production

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units; 4) texts copied in sessions in orderto extend an existing production unit.Without a doubt, these terms are veryuseful and one can only hope that theywill be adopted by codicologists in thefuture.

Next, Anita Obermeier argues that inthe Manciple's Tale, Chaucer adaptedOvid's Metamorphoses in order to a) de-pict himself in the auctorial tradition ofthe Latin poets, Ovid in particular; b) toportray Richard II in an unfavorablelight; and c) to warn the more outspokenJohn Gower. By portraying himself inthe auctores tradition, Chaucer naturallysought to enhance his own auctoritas.However, Chaucer also admits thatwriting in the Middle Ages entailed acertain number of risks, especially whenpower rested in the hands of hot-bloodedkings such as Richard II. According toObermeier, in the Manciple's Tale,Apollo is no other than Richard II,whereas the manciple and the crow em-body the poet; and poets, as Ovid's ex-ample shows, can be easily sent to dis-tant shores if they become cumbersome.Obermeier suggests therefore that Chau-cer wrote this story as a cautionary talefor poets in general and for his friendGower in particular.

In another essay dedicated to Chau-cer, Stephen Partridge argues that "theRetraction and its rubric work togetherto […] assert Chaucer's status as author"(p. 107). Partridge is aware of the diffi-culty of this task, since we possess virtu-ally no manuscripts written by Chaucerhimself, perhaps with the exception ofthe Equatorie of the Planetis. However,Partridge believes that the Retractioncreates "a fiction of Chaucer's direct su-

pervision and control over the transmis-sion of his text" (p. 130). Moreover,Partridge suggests that Chaucer did notsee himself as a "mere compiler."Knowing that French culture influencedChaucer to a great extent, the word"compiler" in French also meant "awriter's ordering his own works and di-recting their disposition on the page" (p.133). Partridge is not wrong to make thisclaim but it is somewhat surprising thathe chose not to back his claim with moreexamples (although he does give an ex-ample taken from Christine de Pizan). Afew examples taken from Godefroy'sDictionnaire de l'ancienne langue fran-çaise (vol. II, p. 207) would have con-vinced any reader that "compileor" is in-deed both a compiler and an "author."Thus, like French writers such as Chris-tine de Pizan, Chaucer seems to use"compiler" to imply (or rather make usbelieve) that he oversaw the manu-script's production, in the sense that hewas responsible for the ordinatio and thematerial production of his book.

In what probably constitutes one ofthe best pieces in this volume, DeborahMcGrady focuses on Christine de Pi-zan's attempts to establish her authorityby portraying herself as a thorough andsophisticated reader. In the Chemin delongue étude, for instance, she speaks ofher readings from Boethius, which con-soled her in times of sorrow. Christinethe reader also appears in the Cité desdames, which opens with her image aftera long day of study in her cell. Not onlyis Christine reading here, but she revealsthat she can perform several types ofreading: light reading, regular reading,and profound reading which leads to

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contemplatio (Hugh of St. Victor con-sidered the latter as the highest form ofstudy). McGrady is thus right to contendthat "before ever claiming herself anauthor, Christine shaped her authorialidentity around her status as an unparal-leled reader" (p. 175), whose workswere in turn appreciated by powerfulreaders.

In the next essay, Kirsty Campbellprovides an interesting analysis of thewritings of Reginald Pecock (ca. 1390-1460). Campbell correctly contends that"Pecock's works are full of confidentclaims to authority, a strong sense ofauthorial identity, and claims to origi-nality" (p. 185). Numerous quotationsfrom his writings prove indeed that Pe-cock was not by any means a modestauthor. After all, this is a writer who be-lieved that his works explained theologi-cal issues "more plainly and more fully"than the Bible. Elsewhere, Pecock noteshumbly that he is not "a quartir so good"as Saint Jerome or Gregory, although hehas no qualms about criticizing ancientauctores. One can only agree withCampbell's claim that Pecock attempteda minima to level the playing field be-tween himself and famous authors, and amaxima to prove that contemporarywriters such as himself could in somecases be more credible even than ancientauthors.

Iain Macleod Higgins's analysis ofRobert Henryson's 15th-century MorallFabillis of Esope is a welcome contribu-tion, all the more since this text has beenrelatively neglected so far. Henryson'stext is a typical example of a medievaladaptation of a classical text. Not con-tent with being the medieval mouthpiece

of an ancient author, Henryson at-tempted to modernize Aesop by inter-polating Reynardian material and mixingin his own additions. Add to this thescene where Henryson meets Aesopus,and it is already quite clear that we arefar from the Aesopic original. Duringthis encounter, Aesopus seems to be fa-miliar with the Scot writer and sits nextto him as if Henryson were his equal.Henryson does call Aesopus "father"and he is called "my sone" by the vener-able auctor, but the relationship betweenthe two seems very cordial—not hierar-chical. Higgins is therefore right to ar-gue that medieval writers were eager toenter a Pantheon of letters that was pre-viously open to classical auctores only.

The final essay in this volume, writ-ten by Mark Vessey, discusses Eras-mus's Lucubrationes. The fascinating ti-tle-page of the 1515 edition of Erasmus'sLucubrationes presents the author as aman "most learned on all sides," sur-rounded by King David, the prophetIsaiah, the apostle Paul, Jerome, Am-brose, Augustine, and Gregory theGreat. Thus, Erasmus is introduced as anauctor under whose pen the lucubratio-nes are no longer a minor genre (variousconsiderations penned by a writer burn-ing the midnight oil) but a synonym forhis opera omnia. This is a very fine es-say but, like in the case of the openingpiece, the author seems to have had ahard time articulating how his piece fitswithin the volume (it does fit in quitewell, but it is rather up to the readers tofind the common denominators).

Overall, this is an excellent volumewhich discusses authors and authorshipboth in Latin and vernacular contexts,

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and it is, once again, a very useful con-tribution to the growing (and muchneeded) debate on medieval authorship.Cristian Bratu · Baylor University ·Division of French & Italian · One BearPlace #97392 · Waco, TX 76798-7392 ·[email protected]

Matthias Johannes Bauer, LangesSchwert und Schweinespiess. Die an-onyme Fechthandschrift aus den ver-schütteten Beständen des HistorischenArchivs der Stadt Köln, AkademischeDruck- und Verlagsanstalt, Graz2009, 173 S., Faksimile, 4 Abb.Es gibt auch Glück im Unglück. Obwohlam 3. März 2009 das Gebäude des His-torischen Archivs der Stadt Köln ein-stürzte und 27 Regalkilometer an mittel-alterlichen und neuzeitlichen Archivali-en verloren gingen, war die kleineFechthandschrift schon im Oktober 2008komplett digitalisiert worden, so dass siejetzt Matthias Johannes Bauer sowohlals Faksimile wie auch als Edition neuvorlegen kann. Damit stehen wieder ei-nige der vielen Sachtexte des Spätmit-telalters neu zur Verfügung, die wichtigeEinblicke in die adlige Alltagskultur ver-mitteln.

Nach einer genauen Beschreibungder Handschrift, einschließlich derSchrift und Schreiberhand, Signaturenund Vorbesitzgeschichte analysiertBauer die sprachlichen Aspekte, denAufbau und dann den Inhalt der Sam-melhandschrift. Diese beginnt mit einemmetallurgischen Rezept, gefolgt von derfünfteiligen Fechtlehre, einer Fechtlehreim langen Schwert, einer Ringlehre,

Fechtlehre im (langen) Messer), Fechtenim Schweinespieß und einem Stangen-fechten. Während bisher die Aufmerk-samkeit der Forschung überwiegend aufden Fechtlehren des Johannes Liech-tenauer ruhte (ca. 1389), repräsentierendie hier versammelten Texte eine ande-re, eigenständige Tradition, auch wennes sich hier nur um eine "einfache Ge-brauchshandschrift" handelt (23). Wäh-rend die Handschrift aus dem 1. Dritteldes 16. Jahrhunderts stammt, lässt sichdas Kopert, also der Pergamenteinband,auf die 2. Hälfte des 12. Jahrhundertsdatieren (zweiseitig beschriebenes Blattaus einem lateinischen Lektionar). ImGegensatz zu allen anderen mehr als 50überlieferten deutschsprachigen Fecht-und Ringhandschriften und -drucken des14. bis 16. Jahrhunderts reflektiert dieseHandschrift einzigartig den niederdeut-schen (ripuarischen) Sprachraum (Köln),beweist sich aber zugleich als das Pro-dukt einer zunehmenden Mischsprach-lichkeit gerade im Umkreis von Köln.Abgesehen von einer Zeichnung gibt esin dieser Kölner Handschrift nur textli-che Erläuterungen, die recht einfach ge-staltet sind.

Bauer erläutert jeden einzelnen Text,indem er sowohl die 'literarische' Tradi-tion durchleuchtet als auch sprachlicheund technische Aspekte berücksichtigt.Das Faksimile gibt das Original ohnejegliche Verzerrungen wieder, was daskleine Format dieses Buches erklärt.Zum besseren Verständnis folgt demFaksimile eine Edition, und dieser wie-derum ein umfangreiches und sehr nütz-liches Glossar, in dem vor allem dialek-tale, technische und soziolinguistischeAspekte zur Sprache kommen. Das klei-

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ne aber sehr schön gestaltete Bändchenschließt mit einer Bibliografie und demAbbildungsverzeichnis. Es wäre nützlichgewesen, das Glossar enger mit demText zu verbinden, was den fehlendenIndex hätte ersetzen können.Albrecht Classen

Die Begegnung der drei Lebendenund der drei Toten. Eine Edition nachder maasländischen und ripuarischenÜberlieferung. Hg. von Helmut Ter-vooren und Johannes Spicker (Textedes späten Mittelalters und der frühenNeuzeit, 47), Erich Schmidt Verlag,Berlin 2011, 152 S., 20 s/w und farbigeAbb.Jedes Bemühen, mittelalterliche Texteneu durch kritische Editionen zugänglichzu machen, kann nur begrüßt werden. Imvorliegenden Fall handelt es sich um DieBegegnung der drei Lebenden und derdrei Toten, eine Dichtung, die nahe mitdem Totentanz verwandt ist und gemei-neuropäisch seit dem späten 13. Jahr-hundert verbreitet gewesen ist. Trotzdemhat es bisher nur sehr wenige Ansätzegegeben, diesem Desideratum Abhilfezu verschaffen. Umso mehr ist die nunvorliegende, von Tervooren und Spickererstellte Edition willkommen, die sichaber nicht damit begnügt, einfach denText in zwei handschriftlichen Fassun-gen vorzustellen. Zunächst liefern diebeiden Autoren eine ausführliche undsogar kulturhistorisch umfassende Ein-leitung, die sich auch auf die reiche iko-nographische Überlieferung in Italien,England, Frankreich, den Niederlanden

und Deutschland bezieht. Mit großerFreude entdeckt man dann am Ende desBandes zwanzig schwarz-weiße undmeistens farbige Abbildungen davon,die eine recht gute, leider nicht ganz zu-friedenstellende Qualität besitzen (häu-fig zu körnig). Weiterhin behandelnTervooren und Spicker die literarischeÜberlieferung im europäischen Kontext,was natürlich bei der globalen Thematiknicht überrascht.

Anschließend bieten sie eine genauerBeschreibung der handschriftlichenÜberlieferung der Begegnung, wobei siees auch nicht unterlassen, sprachhistori-sche Erläuterungen einzuflechten unddafür auch Sprachkarten hinzuzufügen.Das zentrale Anliegen besteht aber dar-in, den Text aus den Handschriften Gund K hier diplomatisch abzudrucken,wobei aber für G eine moderne Inter-punktion hinzukommt, um die Lesbar-keit zu erhöhen. Darauf schließt sich so-gar eine Übersetzung an, die solide ge-staltet ist und wegen der sprachlichenSchwierigkeiten, die die zwei Text-grund-lagen bieten könnten, durchauswillkommen ist. Der folgende sehr um-fangreiche Kommentar geht detailliertauf kulturhistorische, sprachliche undüberlieferungsgeschichtliche Aspekteein, was mit einer Seite zur Metrik undzum Versbau abschließt. Nach demweitgehend erschöpfenden Literaturver-zeichnis erscheinen im Anhang noch dieTexte in weiteren deutschen und nie-derländischen Handschriften.

Es handelt sich um eine zufrieden-stellende Edition einer wirklich wichti-gen Dichtung, die aber bisher erstaunlichvernachlässigt worden ist.Albrecht Classen

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Begert, Alexander: Die Entstehungund Entwicklung des Kurkollegs. Vonden Anfängen bis zum frühen 15.Jahrhundert. Duncker & Humblot,Berlin 2010, 229 S., 3 genealogischeTafeln.Die Entstehung des Kurfürstentums giltals "Fundamentalrätsel der deutschenVerfassungsgeschichte" (Hugo Steh-kämper, HZ Beiheft 2 NF, 1973, 6-8).Mit diesem Zitat beginnt Begert (künftigB.) seine Untersuchung. Nach einemkritischen Überblick über die zahlrei-chen bisherigen Theorien, die er alle ab-lehnt, entwickelt B. die Entstehung desKurkollegs in sechs Schritten.

I: Der vierköpfige Wahlausschuss:B. geht von dem vierköpfigen "Wahl-ausschuss" aus, den Roger von Hovedenbei der Wahl Ottos IV. 1198 nennt undden die Erzbischöfe von Köln undMainz, der Herzog von Sachsen und derPfalzgraf bei Rhein bildeten. Dies sei dieerste namentliche Nennung von vier"Kurfürsten" (25-27). Der Ausschusshätte paritätisch aus zwei geistlichen undzwei weltlichen Fürsten zusammenge-setzt werden müssen. "Dies ist der ent-scheidende Punkt" (29). "Ausschlagge-bend für die konkrete Auswahl der Für-sten" war für B. "die Tatsache, dass siedem welfischen Lager angehörten."(57).Nicht eigens behandelt B. jedoch die 62Fürsten, die 1198/99 als Wähler (elegi-mus) Ottos von Braunschweig oderPhilipps von Schwaben urkundlich be-zeugt sind (Q 7-11; Q bezieht sich aufden Quellenanhang in: Armin Wolf, DieEntstehung des Kurfürstenkollegs 1198-1298, Idstein ²2000). In diesen Urkun-den ist von keinem "Wahlausschuss" dieRede.

II: Das sechsköpfige Hauptwähler-gremium: Die Zusammensetzung desvon Roger von Hoveden überlieferten"Hauptwählergremiums" sei bald "vonder Geschichte überholt" worden (33).Durch eine "Verfassungsänderung", dieB. auf den Würzburger Hoftag im Mai1209 datiert, sei der Vierer-Ausschusszum Sechser-Gremium erweitert wor-den. "Ein konstituierender Akt, ein Be-schluss oder ein Reichsgesetz, über dieZahl und die Personen der Hauptwählersowie ihre Funktion und den Ablauf ei-nes künftigen Wahlaktes ist prinzipiellwahrscheinlich, ja erscheint aufgrundder Materie des Hoftages zwingendnotwendig, wenngleich er durch keineQuelle bezeugt ist" (39). Damals seiender Erzbischof von Trier und der Mark-graf von Brandenburg in das "Haupt-wählergremium" aufgenommen wurden.

Auf diese Weise sei der Kreis ent-standen, der dann im Sachsenspiegel alsdie sechs êrsten an deme kore erstmalsbezeugt ist. B. überspielt aber, dass imlateinischen Ursachsenspiegel, dem Auc-tor vetus (um 1220/24) die Liste vonsechs Fürsten, die die Ersten bei der Kö-nigswahl sind (qui primi sunt in eiuselectione) gerade noch nicht steht (Q29). B. betont, dass seine Datierung der"Erweiterung und rechtlichen Etablie-rung des Prinzipalwählergremiums" aufdas Jahr 1209 "nur eine Vermutung auf-grund einer Indizienkette" ist (41). NachB. blieb der "konstitutierende Rechtsakt"von 1209 und "das von Eike beschriebe-ne Gremium der Erstkieser" bei denWahlen Friedrichs II. 1211 und 1212"wohl wirklich nur reine Theorie" (43).Erst bei der Wahl Heinrichs (VII.) 1220beweise die vielzitierte (und unter-

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schiedlich gedeutete) Stelle von den votatam electorum quam etiam omniumprincipum et nobilium Teutonie" (Q 27)"unzweifelhaft" die Existenz einer vonder Gesamtheit der Reichsfürsten zuunterscheidende Gruppe von Wahlfür-sten. Es sei "irrelevant, dass das Haupt-wähler-Gremium nicht in der von Eikeüberlieferten Zusammensetzung agierte"(44).

Auffallenderweise entsprechen diebei der nächsten Königswahl 1237 ge-nannten Wähler ebenfalls nicht denzweimal drei (= sechs) êrsten an demekore der Sachsenspiegel-Stelle (Q 58).Im Wahldekret für Konrad IV. bean-spruchten nämlich elf Fürsten, die Stelledes römischen Senats einzunehmen undden König zu wählen (Q 33). B. umgehtdas Zeugnis dieses Wahldekrets, indemer dieser Urkunde die quellenkritischnachrangige, undatierte Fortsetzung derMarbacher Annalen vorzieht (Q 34).Diese nennt nur vier Wähler, paritätischzwei Geistliche und zwei Weltliche(Mainz und Trier; Böhmen undBaiern/Pfalz). Daher meint B., die Wahlvon 1237 zeige, "wie etabliert das Gre-mium der Erstkieser als Institution be-reits damals war" (44-45).

III: Das Alleinwähler-Gremium dersieben Kurfürsten: In der NachwahlWilhelms von Holland auf dessen Hof-tag in Braunschweig 1252 sieht B. "ei-nen Bruch in der Wahlgeschichte", weil"damals ausschließlich" nur die Stim-men der "Prinzipalwähler" zugelassenworden seien. Der Böhmenkönig, der"bis dahin kein Angehöriger dieses(Sechser-)Gremiums" gewesen sei, seijetzt hinzugenommen worden. Der Böh-me ließ in Braunschweig durch seine

Gesandten Geschenke in signum electio-nis überreichen (47). Die Voten der üb-rigen Reichsfürsten seien "in letzterKonsequenz nicht mehr rechtsbegrün-dend und damit faktisch überflüssig"gewesen (48). Für B. handelte es sichbei der "Reduktion des Wahlrechts aufdie sieben Kurfürsten" (79) "um keinenschleichenden Prozess, sondern um ei-nen konkreten Akt" (68).

Fünf Jahre später, bei der Doppel-wahl Richards von Cornwall und Alfons'von Kastilien 1257 wählten anstelle desSechser-Gremiums "nur noch die siebennachmals so genannten Kurfürsten" (58).Die Hinzunahme des Böhmen als Sie-benten sei "mit Sicherheit" auch davonbeeinflusst worden, dass der Böhme imSachsenspiegel nach den sechs êrsten andeme kore genannt wurde (Landrecht III57,2). Dabei wurde die kore des Böhmendort aber gerade ausgeschlossen (50).Eher ist anzunehmen, dass die Sachsen-spiegel-Stelle mit dem Ausschluss desBöhmen 1257 noch überhaupt nichtexistiert hat. Wahrscheinlicher erschienemir nämlich die Deutung, dass derBöhme gar nicht neu hinzugenommenwurde, sondern schon zuvor unbestrittenein Königswahlrecht besessen und esauch 1199, 1211, 1237 und 1252 ebensowie 1257 und dann wieder 1292 und1298 ausübte (Q 11, Q 20-22, Q 33, Q42, Q 49, Q 70, Q 75). Allein bei derWahl Rudolfs von Habsburg 1273 wur-de dem gegen dessen Wahl protestieren-den Ottokar von Böhmen das Wahlrechtbestritten (Q 58-60).

Der konkrete Akt der Begrenzungdes Königswahlrechts auf die siebenKurfürsten fand für B. "in Form einesreichsrechtlich relevanten Beschlusses

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auf dem Hoftag Wilhelms von Hollandin Braunschweig im Jahre 1252" statt(102) und wurde in einem "Reichsge-setz" (103) oder einer "Kodifikation"(104) festgelegt. Er begründet dieExistenz des von ihm "erschlossenenReichsgesetz(es)" (153) mit sieben Ar-gumenten (102-103), die jedoch nichtüberzeugen. Es ist B. hoch anzurechnen,dass er selbstkritisch zugesteht: "Einförmlicher Verzicht der Gesamtheit oderder Mehrheit der Reichsfürsten auf ihrWahlrecht wurde in Braunschweig 1252nicht eingeholt… Dies mag als Schwä-che der These vom Reichsgesetz desJahres 1252 über das Alleinwählergre-mium gewertet werden". (103) Dem istmit Nachdruck zuzustimmen. Ein gülti-ges Reichsgesetz über die Kurfürsten istnämlich erst mit der Goldenen Bulle1356 zustande gekommen.

IV: Die Wahl von 1273 als einmaligeUnregelmäßigkeit: Für B. bestand dasGremium der sieben Kurfürsten seit1252. Dass Rudolf von Habsburg 1273nicht vom Böhmenkönig gewählt wurde,aber wohl vom Herzog von Baiern, warfür B. nur eine "Unregelmäßigkeit","einmalig", "keine Translation einer Kurim Sinne einer Verfassungsänderung",ein "befristeter, willkürlicher Austausch"(153). Dass es sich dabei bloß um eineeinmalige Unregelmäßigkeit handelnsollte, wird nicht zeitgleich bezeugt.Wer hätte denn schon vorausahnen kön-nen, dass der Böhmenkönig rund 15 Jah-re später wieder zur Kur zugelassenwerden würde, als König Rudolf aufdem Hoftag in Augsburg 1275 eine sie-bente Stimme für das Herzogtum Baiern(racione ducatus) beurkundete? Solltedies nur ein "befristeter, willkürlicher

Austausch sein? Der 1275/76 ebenfallsin Augsburg entstandene Schwabenspie-gel hielt gleichfalls – zusätzlich zu dendrei ersten weltlichen Küren im Sach-senspiegel – eine vierte weltliche Stim-me für den Herzog von Baiern fest, ohneauch nur die Andeutung einer Einmalig-keit oder Befristung zu machen (Q 61)?

Wenzel, dem Sohn des 1275 geäch-teten Königs Ottokar von Böhmen, wur-de 1289 von König Rudolf allein und1290 auf einem Hoftag Schenkenamtund Kur wieder verliehen. Damit habe"neben der Siebenzahl auch die Beset-zung des Gremiums endgültig" festge-standen (105). In den beiden Urkundenist allerdings von der Siebenzahl garkeine Rede (Q 65), es geht vielmehr umdie Wiederzulassung der Königswahl-stimme des Böhmenkönigs und auchvon seinen Erben (heredibus). B. er-wähnt nicht, dass Schenkenamt und Kurlaut der Urkunde von 1290 schon Wen-zels Vorfahren, Ururur-Großvätern, Ur-ur-Großvätern, Ur-Großvätern undGroßvätern mit vollstem Recht (proge-nitoribus, abavis, attavis, proavis et avisiure plenissimo) zugestanden hatten (Q65). Hätte man sich 1290 auf dieses seitvielen Generationen bestehende (nurdurch den nicht genannten Vater Ottokarunterbrochene) Erbrecht berufen kön-nen, wenn der Böhmenkönig erst 1252die Kur erhalten hätte?

Den Zeitraum, in dem "sich das sie-benköpfige Kurkolleg endgültig eta-bliert" hat, bemisst B. sehr weit: "ImInterregnum bzw. während der Regie-rung Rudolfs von Habsburg" (58), d.h.zwischen 1250 und 1291! Also nicht al-lein durch die angebliche "Kodifikation"von 1252!

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V: Die Kurfürsten als collegium um1300: "Definitiv" war 1273 "das Gre-mium der Kurfürsten noch keine abge-schlossene Korporation und damit keinKollegium" (157-158). Erst 35 Jahrespäter, bei der Wahl Heinrichs von Lu-xemburg 1308, verstand man sich "un-verkennbar als abgeschlossener Wahl-körper, als corpus electionis, als Kolle-gium, und handelte entsprechend" (159).Nach B. "war der kollegiale Status, dasin seiner Zusammensetzung abgeschlos-sene Gremium, schließlich Anfang des14. Jahrhunderts unumstritten" (169). ImÜbrigen beachtet B. die m.E. entschei-denden Ereignisse von 1298 relativ we-nig, obwohl in diesem Jahr die siebenKurfürsten erstmals in einer gemeinsa-men, mit ihren sieben Siegeln bekräf-tigten Urkunde eine Königswahl bestä-tigten (Q 75) und auf dem ersten Hoftagdes neuen Königs erstmals alle sieben inpersona zusammentrafen und ihre Ämterausübten. Dies hatte es seit Menschen-gedenken nicht gegeben (Q 81).

VI: Von der "multiplen" zur "singu-lären" Kurwürde in der Goldenen Bulle1356: In einem eigenen, besonders ge-lungenen Kapitel stellt B. kenntnisreichdie häufigen Fälle zusammen, in denendie Kur von mehreren Mitgliedern einerDynastie bis ins 14. Jahrhundert hinein"gemeinsam und einvernehmlich" aus-geübt wurde, "auch wenn 'zeremoniell'letztlich nur einer agierte!" (116, vgl.124, 128 135). Bei den "weltlichenElektoren von der Pfalz, Sachsen undBrandenburg" konnte es bis 1356 "meh-rere Kurfürsten nebeneinander geben"(149). "jeder von ihnen war ein im glei-chen Maße berechtigter Fürst als Teilderselben Rechtsperson" (150). Be-

kanntlich hat erst Karl IV. 1356 auf denHoftagen von Nürnberg und Metz in derGoldenen Bulle (cap. VII, XX, XXV)die Gesamthands- durch die Primogeni-turkur ersetzt.

VII: Zusammenfassung: Die Schwä-chen von B.s. Theorie zur Entstehungdes Kurkollegs scheinen mir in Folgen-dem zu liegen: Für die Wahlen von1198/99 folgt sie dem Vierer-Schieds-gremium in einer englischen Chronikund nicht den deutschen Wahlurkunden.Für die Wahl von 1237 beruht sie aufder undatierten Fortsetzung der Marba-cher Annalen und nicht auf dem als Ur-kunde quellenkritisch höherrangigenWahldekret. Sowohl der (angebliche)Rechtsakt von Würzburg 1209, der dasSechser-Gremium geschaffen habe, alsauch das "Reichsgesetz" oder die "Kodi-fikation" von Braunschweig 1252, wo-mit das ausschließliche Königswahlrechtder sieben Kurfürsten begründet wordensei, sind nicht überliefert. B. hat dieExistenz dieser beiden Kernstücke seinerTheorie lediglich aus (schwachen, z. T.widerlegbaren) Indizien erschlossen.Obwohl die umstrittene zweite Königs-wählerstelle im Sachsenspiegel (Land-recht III 57,2) mehr und mehr – v. Da-niels 1853, Castorph 1978, Wolf 1990und 1998, Thomas 1992, Willoweit2005 und Assing 2010 – als spätere Er-gänzung erkannt wird, hält B. weiterhinan der Autorschaft Eikes von Repgow andieser Stelle fest. Deren Datierung ist fürdas "Fundamentalrätsel der deutschenVerfassungsgeschichte" zentral. Fernergeht B. – wie die meisten der im 20.Jahrhundert vertretenen Theorien seitZeumer 1905 – davon aus, dass die sie-ben im Prozess Alfons von Kastilien vs.

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Richard von Cornwall vor der Kurieherangezogenen Königswähler bereits1257 die einzigen Wahlberechtigten ge-wesen seien.

B.s Theorie hat mich nicht über-zeugt. Da ich nur ungern negative Kriti-ken schreibe, hätte ich diese Rezensionnicht übernommen, wenn AlexanderBegert mich nicht ausdrücklich darumgebeten hätte. Eine ausführlichere Fas-sung ist für die Zeitschrift für Rechtsge-schichte, Germ. Abt. vorgesehen.Armin Wolf · Frankfurt am Main ·[email protected]

Giovanni Boccaccio, Das Decameron.Mit den Holzschnitten der veneziani-schen Ausgabe von 1492. Aus demItalienischen übersetzt, mit Kommen-tar und Nachwort von Peter Brock-meier (Reclam Bibliothek), PhilippReclam jun., Stuttgart 2012, 1069 S.,Ill.Zur Bedeutung von Boccaccio und sei-ner großartigen Erzählsammlung, De-cameron (ca. 1350) braucht hier nichtviel gesagt zu werden. Der ReclamVerlag hat es darauf angelegt, in der"Reclam Bibliothek" mehr oder wenigereine Auswahl der Weltliteratur vorzule-gen. Kurz zu besprechen gilt nun dasDecameron, das Peter Brockmeier hierin einer neuen deutschen Übersetzungpubliziert. Dergleichen Bemühungenwurden bisher schon zahllos angestellt,und meistens sehr erfolgreich, was ebenbei Klassikern der Literatur ganz ver-ständlich ist. Peter Brockmeier gelingtdiese Aufgabe in sehr ansprechenderund sensibler Weise, wenngleich diesangesichts der ungemein vielen Muster

und Beispiele nicht weiter überraschendsein dürfte. Der Text wird von den Holz-schnitten der venezianischen Ausgabevon 1492 begleitet. Im Anhang findensich ein umfangreicher Kommentar, eineBibliografie (Primär- und Sekundärlite-ratur zusammen) und ein Nachwort, indem Brockmeier Boccaccios Biografienachzeichnet, eine breitere Diskussionoder Interpretation wichtiger Themenbietet und zuletzt die Originalität Boc-caccios beurteilt. Ich vermute, dassBrockmeier sich bei seiner Arbeit aufdie Ausgabe des Decameron von VittoreBranca von 1976 stützt, auf dessenKommentar er hinweist, ohne explizitanzugeben, ob dies wirklich der Fall ist.Es wäre schon nötig gewesen, zumindestAnmerkungen darüber zu machen, wiesodiese Edition als maßgeblich anzusehenist und nicht andere, liegt uns ja Boccac-cios Werk in 92 Handschriften vor.Branca hat Brockmeier die wesentlichenInformationen geliefert, während dieinternationale Forschung hier nur be-schränkt berücksichtigt wird, vielleichtweil die Buchreihe nicht so sehr denWissenschaftler im Auge hat, sondernden allgemeinen Leser. Trotzdem machtdieser Band einen wunderbaren Ein-druck, liegt herrlich in der Hand undkann von nun an ohne weiteres als einerichtungsweisende deutsche Überset-zung des Decameron konsultiert und zi-tiert werden. Das Buch ist wie alle ande-ren Bände dieser Reihe sehr schön ge-bunden und im klassischen Stil gestaltet.So müssen Bücher aussehen, und mangewinnt neue Hoffnung für das Buch ansich, wenn man diesen neuen Deca-meron in die Hand nimmt.Albrecht Classen

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William Caxton, The Game and Playeof the Chesse, ed. Jenny Adams(TEAMS Middle English Texts Se-ries), Medieval Institute Publications,Kalamazoo 2009, 151 pp., ill. in b/wNotwithstanding the enormous interestAnglicists have paid to Caxton, theprinter of Chaucer and Malory, his mi-nor works (there are 107 books, taking itall in all, which are due to his letter-press) have been much less studied. Sothis is the first edition of his "Game andPlaye of Chesse", a text which until nowhad to be consulted in one of the threeLondon facsimiles (1860, 1883, 1976).This treaty is, of course, no manual onthe board game, but a description andmoral instruction of the diverse estatesof medieval society, being a mostlyfaithful translation of the Dominican Ja-cobus de Cessolis' political allegorywritten in about 1330. The very success-ful book of the Lombard inquisitor wastranslated from the Latin original intonearly all vernacular languages ofEurope and printed at an early date;there is no need to introduce it to thepublic of our journal.

Caxton published two slightly differ-ent English versions in 1474 and 1483; itis the latter one that Adams transcribedpresenting the text to which the printerhad put the finishing touches, besidescontaining a number of attractive wood-cuts. These, representing the typicalknight, taverner, merchant etc., fortu-nately have been included in the presentedition.

Following the aim of the TEAMS se-ries, viz. to enable even the uninitiatedreader to enjoy Middle English textswithout facing serious problems, Adams

supplied in calce translations of all themore difficult words; the glossary, how-ever, gives a rather strange impressionas it contains but one single page. Forscholarly use the editor compiled an ap-pendix of explanatory notes that pro-vides information on the realia men-tioned in the treaty and quotes thesources of the many short exempla, his-torical narrations, and Biblical motivesJacobus used to keep alive his readers'attention (as did most of his colleaguesin their sermons). It goes without sayingthat the short introduction offers thenecessary basic information on Caxtonand his book; it is mostly taken overfrom Adams 2006 monograph on the lit-erature and politics of chess in the laterMiddle Ages. Rightly the author demon-strates scepticism regarding the manyfar-reaching interpretations which to tryto illustrate the slight differences be-tween the two editions. We are con-vinced that also this volume in the largeseries of Middle English texts will meetwith a very positive response and will behelpful both for teaching and researchpurposes.Peter Dinzelbacher

Chrétien de Troyes in Prose. TheBurgundian Erec and Cligés. Trans.by Joan Tasker Grimbert and CarolJ. Chase (Arthurian Studies), D. S.Brewer, Woodbridge, Suffolk, andRochester, NY, 2011, vii, 158 pp.Chrétien de Troyes's Arthurian ro-mances did not simply disappear in thelate Middle Ages. Instead, they experi-enced their renewed welcome by the

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courtly and urban audiences, although,or just because, they were then availablein prose versions. Traditional scholar-ship has paid very little attention tothose prose works, dismissing them gen-erally because of their allegedly muchlower literary quality. The present viewapproaches these prose adaptations quitedifferently, especially because they weremostly produced for high-rankingprinces, such as Duke Philip the Good ofBurgundy, who might have commis-sioned Chrétien's Erec and Cligés some-time during the middle of the fifteenthcentury. Maria Colombo Timelli haspublished critical editions of both texts,and here we have finally available theEnglish translations. Some of the rea-sons for the great interest in prose ren-derings of Arthurian romances in verseduring the fifteenth century might be thegeneral desire to find literary alterna-tives to the horrors of the HundredYears' War, the considerable effort byaristocrats, especially when organized inchivalric societies, to maintain tradi-tional ideals and values, and the rise ofthe urban centers where the leading citydwellers tried hard to adopt traditionalcourtly customs, and hence literary texts.But why would those prose versionshave been much more popular than theconsiderably more complex and intricateverse romances?

The anonymous prosifiers eliminatedChrétiens's name, his prologue, and 'ac-cultured' the texts in a number of smallerdetails, justifying both their re-editionand translation. In the case of Erec, forinstance, the protagonist's behavior to-ward his wife is motivated much moreexplicitly and even differently than in

Chrétien's original. We learn, for in-stance, that Erec really wants to test hiswife when he takes her on his adven-tures during the second course. When hefalls of his horse, seemingly dead, mak-ing Enite cry out loudly and think of sui-cide, he only feigns death. In the verseCligés, the empresses were henceforthimprisoned as punishment for employingruses; but in the prose version Cligésand Fenice enjoy their married life to-gether quite happily. The prose authorsemphasize knightly aspects much moreso than their source, to the detriment ofthe theme of love. We observe the inclu-sion of personifications, or allegoricalfigures of Love and Despair, and in Cli-gés the adaptor added a whole new epi-sode (chapter 53). In their introductionGrimbert and Chase outline further dif-ferences between the verse and the proseversions, and also admit the loss of thetypical wit and irony in Chrétien's ro-mances, but they insist on the innovativequality of these late-medieval versions.Overall, there is no question for the greatneed to have good access to these prosetexts, especially in English translation, ifwe want to teach them to our students.

The two translators add a very wel-come lengthy note on their approach tothe task at hand, explaining how andwhy they intervened to streamline andadapt the text for modern tastes, withoutoverstepping their boundaries as trans-lators (somewhat simplifying sentences,avoiding constant changes in tense, dou-ble negatives, if mostly reasonable, etc.).They also briefly discuss the manuscriptsituation (Cligés only one; Erec three),and then turn to their actual task, whichthey carry out in a straightforward man-

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ner, pleasantly making both texts avail-able in a solid and trustworthy approach.Of course, since the original was not re-produced here, direct comparisons can-not be made. The volume concludeswith a glossary of medieval terms, a se-lect bibliography, and an index.Albrecht Classen

Andrew Cole, Literature and Heresyin the Age of Chaucer, CambridgeUniversity Press, Cambridge, UK2008, xi-xvi, 297 pages, $90, cloth.England in the late 14th and early 15thcenturies experienced unprecedentedpolitical, social, economic, and religiousupheavals that sent seismic shocksthrough the cultural life of the realm.One of the most profound of these cata-clysmic disturbances was the eruption ofwhat has become known as Wycliffism,a distinctly English heresy named afterthe religious reformer John Wycliffe. AnOxford theologian who instigated thetranslation of the Latin Vulgate Bibleinto English, Wycliffe also becamewidely known for his open rejection oftransubstantiation and other centralteachings of the Roman CatholicChurch. Moreover, he attacked clericalabuses in the 1370s, thus becoming as-sociated with

the popular pre-Reformation move-ment known as Lollardism. Not surpris-ingly, this disruptive faction was metwith condemnation from the religioushierarchy of the Lancastrian Church,which swiftly deployed strong institu-tional measures to quell it. Despite ec-clesiastical attempts to eradicate the new

movement, remnants of its doctrinespersisted in literary and other works fordecades afterwards.

In his study of Wycliffism's impacton writers of the period, Andrew Coleadvances the provocative thesis that, farfrom being merely a prominent culturalphenomenon in late medieval England,Wycliffism was the most important in-fluence that shaped English literatureafter the 14th century. To develop hisargument, he traces the historical andliterary scope of the Wycliffism in latemedieval England in five sections: I.The Invention of Heresy; II. The LateFourteenth Century: Canonizing Wy-cliffism; III. The Early Fifteenth Cen-tury: Heretics and Eucharists; IV. Feel-ing Wycliffite; and V. Epilogue.

Appropriately, Cole opens with adetailed historical account of the Black-friars Council of 1382, arguably the bestchapter of the book. What follows is afascinating narrative of the EnglishChurch's oblique response to Wycliffe'sdoctrinal transgressions. Nominally con-vening the council to investigate sometwenty-four "errors" that a papal bullleveled against Wycliffe, ArchbishopWilliam Courtenay took the opportunityto deploy the full resources of his officeto denigrate both Wycliffe's teachingand the practices of his followers. Aftercarefully analyzing the evidence, Colepersuasively reaches the conclusion that"Courtenay pursued a course of canoni-cal action that ushered in a cultural hys-teria about the ubiquity of heresy and themultitude of heretics doing illicit thingsanywhere and everywhere" (20). His ac-count of the ecclesiastical constructionof the Wycliffism heresy is an important

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addition to the church history of medie-val England.

The two chapters that constitute partII—2. "The Invention of "lollardy":William Langland" and 3. The reinven-tion of "lollardy": William Langland andhis contemporaries"—are less successfulin furthering Cole's case. Essentially, hemakes the claim that these chapters willoffer new insights into Langland andlollardy by showing that "the poet goesto bat for Wycliffites by neutralizing themost widely circulated bit of polemicagainst them, the accusation that they are"lollards'—i.e., heretics" (26). How ex-actly Langland's extensive use of thischarged term "neutralized" the ascriptionof "lollard" to "Wycliffism" remains un-clear. More credibly, Cole ends ChapterThree with the observation that Lang-land can be said to have "Lollard sym-pathies on account of his intense han-dling of 'lollare' discourse in the C text"(70-71). This reading squares with theevidence he presents, thus correctingearlier critical pronouncements thatLangland sympathized with Wycliffism.

In "Intermezzo," a three-page transi-tion between his discussion of Lang-land's ideas about lollardy and the otherwriters treated in the study, Cole takestime to correct the scholarly error ofconflating the terms "Wycliffite" and"lollard." His observations are useful forclearing away much of the confusionthat has hampered critical discussion ofthe period's literature on these matters.What is missing, unfortunately, is an ex-position of the precise elements of Wy-cliffe's theological position to contrast itwith lollardy and settle the matter de-finitively.

Chapter Four: "Geoffrey Chaucer'sWycliffite text" is, however, disap-pointing. It argues by suggestion ratherthan by amassing compelling textualevidence. This is the case with Cole'scomments about the Host's smelling alollard in the wind in the Endlink to TheMan of Law's Tale. Likewise, he con-tends that Chaucer's use of such Wyclif-fite phrases as "naked words" and "su-perfluity of words" in his Prologue onthe Treatise of the Astrolabe indicatesthat he was influenced by the Oxfordtheologian's theory of translation, whichuses the same phrases in the Prologue tothe Wycliffe Bible. A much more seriousshortcoming is Cole's failure to dealwith the Wife of Bath's lollardy, a topicthat has attracted a good deal of criticalcommentary from scholars. Alcuin Bal-mires' "The Wife of Bath and Lollardy,"(Medium Aevum 68 (1989), 224-242),Peggy Knapp's "Alisoun Looms" inChaucer and the Social Context (Rout-ledge, 1990), and Francis M. McCor-mack's "Chaucer and Lollardy" in Chau-cer and Religion, ed. Helen Phillips (D.S. Brewer, Cambridge, 2010), to name afew, all raise important issues aboutChaucer's complex response to the her-esy in Alisoun's prologue. A thoroughinvestigation of The Wife of Bath's Pro-logue to see if a lollard reading of it ispossible seems indispensible in a chapterarguing that Chaucer has a Wycliffitetext.

In the next two chapters. Cole findsno lollard elements in the poetry of Hoc-cleve and Lydgate. What he discoversinstead are Hoccleve's sympathies forJohn Badby and Sir John Oldcastle inhis poetic accounts of their prosecutions

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for heresy and Lydgate's subtle accep-tance of a Wycliffite figural theology inhis religious poetry, especially in hisProcession of Corpus Christi. His treat-ment of Margery Kempe in ChapterSeven, "Feeling Wycliffite," closely ex-amines her interactions with Church of-ficials, arriving at the intriguing conclu-sion that lollard shame is an essentialconcept for understanding her particularbrand of affective piety.

All in all, Cole's study does notemerge as a satisfying treatment of thishuge, complex subject. For one thing,his selection of authors is too narrow tosupport the claim that late medievalEnglish literature was fundamentallyshaped by the Wycliffe heresy. Surely asurvey of other important writers—JohnGower, Julian of Norwich, the PearlPoet, and others writing during thistime—is required if only to dismiss theirrelevance to his subject. And whileCole's book is graced with a phenomenalamount of very valuable research (al-most 100 pages of notes and bibliogra-phy), it frequently suffers from overlyconvoluted arguments that simply fail tobe credible. Moreover, his prose is oftenturgid—one sentence, for instance,stretching out to 130 words—thus set-ting up an unnecessary hurdle for areader trying to follow his exposition ofcomplicated religious ideas embedded innarrative and religious poetry.

Literature and Heresy in the Age ofChaucer simply does not live up to thepromise of its opening chapters.Ronald Stottlemyer · Dept. of Langs &Lits. · Carroll College, Helena,MT 59625 · [email protected]

Alighieri, Dante. The Divine Comedyof Dante Alighieri. Vol. 3, Paradiso.Edited and translated by Robert M.Durling, introduction by Robert M.Durling, notes by Ronald L. Martinezand Robert M. Durling, Oxford Uni-versity Press, Oxford 2011, pp. 873.Robert M. Durling's translation of Para-diso is the third volume in the completetranslation of Dante's Divine Comedy.Durling published Inferno over a decadeago (1996), and eight years have passedsince his translation of Purgatorio(2003). Yet his Paradiso is consistentwith the previous volumes. Like them, itcontains: endnotes after each canto; fif-teen illustrations; a section after thetranslation entitled "Additional Notes,"for topics requiring further explanation;a list of textual variants; a bibliography;and four indices. Of its almost nine hun-dred pages, the vast majority are dedi-cated to the commentaries and explana-tions by Durling and Ronald L. Mar-tinez, both highly acclaimed Dantescholars. Perhaps more than any othertranslation currently in print, Durling'svolumes are geared toward scholars,with highly erudite explanations of pas-sages and cantos. With all their criticalapparatus the books are an ideal starting-point for a critical study of Dante's mag-num opus.

Durling's facing-page translation ofParadiso is also consistent with the pre-vious cantiche. Typographically, it givesthe appearance of being a verse transla-tion of the poem. Durling's poetic linesseem to correspond to Dante's, and eachtercet is indented. Thus, it is easy to cor-relate the English to the Italian. But ap-

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pearances can be deceptive. In English,the line breaks themselves have no par-ticular significance. In reality, Durling'sis a prose translation given the sem-blance of poetry. Indeed, in some in-stances Dante's tercets are rendered inEnglish with two verses; at others, withfour (although the majority consist ofthree lines). That's because Durling'stranslation is probably the most literal ofall the translations of the Divine Comedyon the market. For people who need theutmost precision in meaning, it probablyis the best translation.

But fidelity isn't always a virtue intranslations. The narrative action andsymbolic topography of Dante's hell andpurgatory benefited from Durling'shighly accurate translation. And the ac-tion and descriptions of Dante's heavenare clearly delineated in Durling's Eng-lish. As Dante's readers know, however,the style of Paradiso differs radicallyfrom Inferno and Purgatorio. In additionto its action, its speakers engage inlengthy philosophical, theological, andmoral discourses. There are discussionsranging from the nature of moon spots,the science of astrology, the categoriesand questions of angelology, and thecorruption of monastic orders, to thenature of Faith, Hope, and Charity.Overall, the style of the last cantica ismore elliptical and allusive, on the onehand; more technical and precise, on theother. It is in these passages that Dur-ling's accuracy becomes a vice.

By remaining faithful to the meaningof Dante's words, Durling at times doesnot render their sense. In short, the dis-courses sometimes become quite diffi-

cult to follow. For instance, in canto 3,the soul of Piccarda Donati explains whythe souls with the least amount of bless-edness do not yearn for more:

If we desired to be higher up, our de-sires would be discordant with the willof him who assigns us here,

which you will see is contradictoryto these spheres, if to be in charity ishere necesse, and if you consider well itsnature. (ll. 73-78)

The phrase "if to be in charity is herenecesse" renders literally Dante's"s'essere in carità è qui necesse" (l. 77);but its meaning is obscure. Reference totwo of the canto's endnotes are neces-sary to understand the line: one whichparaphrases it ("For Piccarda, any de-viation from charity would be a contra-diction of the order of the planets them-selves"); and another which explains ne-cesse ("Latin necesse means logical ne-cessity"). Sadly, this is not an isolatedoccurrence in Durling's volume. By re-maining literal, Durling's translationmakes Dante's dense language in thesediscourses even denser.

Of course, no translation is perfect.Translators must often make difficultchoices in their work. There are un-doubtedly readers who would preferDurling's highly faithful rendition ofParadiso. But by adhering to faithful-ness, Durling lost some of the readabil-ity of the final portion of Dante's mas-terpiece.Fabian Alfie · Head, Dept. of Frenchand Italian · Modern Languages, 549 ·University of Arizona · Tucson,AZ 85721 · [email protected]

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Anne H. van Buren, and Roger S.Wieck, ed., Illuminating Fashion:Dress in the Art of Medieval Franceand the Netherlands, 1325-1515, GilesLtd. in association with the MorganLibrary & Museum, New York, 2011,464 pp., 298 color illustrations.This dazzlingly illustrated volumeemerged from the database of nearly athousand precisely dated or datable artimages collected by the late art historianAnne Hagopian van Buren over morethan thirty years. The book form wasproposed and later edited by her col-league Roger Wieck, with text based onher lectures at the Morgan Library justbefore her death in 2008. The result is akind of fashion album: each given datepresents a set of one to six images fromFrance and the Low Countries (usuallymanuscript paintings, but occasionallywall paintings or sculptures), describedin prose reminiscent of classic fashionmagazines: "Young men are now wear-ing…" While this type of prose risksover-generalizing, the timeline does notimpose artificial structures, e.g., group-ing by decades, but rather is dendro-chronological: like tree rings, someyears are thick with fashion changes,while other periods appear as droughts.1361-1363 and 1382-1383 for instancewere "fallow" years of war, scarcity, andfew extant manuscripts of any quality.The book presents a highly useful toolfor seeing the rate of fashionable changeamong elites, and also for grasping bothvisually and descriptively the incre-mental changes, which often do not cor-respond to an entirely new lexical term.The houppelande, for instance, appearsfirst around 1390 in long and shorter

versions, is then adapted for women aswell as men, gains fanciful and oftenasymmetrical decoration by 1402, re-tains its signature vertical pleats but be-gins to be called a "robe" in the 1420s,and is worn in short and long forms witha myriad of sleeve variations throughoutthe fifteenth century.

France, and Paris in particular, ispresented almost unequivocally as thecenter of fashion in this period (1325-1515), with a number of explanationsenumerated: the widespread unity ofthought created by the transmission ofFrench cultural hegemony since thethirteenth century, Philip IV's liberationof the serfs which ended the feudal sys-tem and brought nobles permanently tocourt, international capitalism of com-merce, the exile of the papacy in Avi-gnon, the fourteenth-century advent ofplate armor which led to the "invention"of the set-in sleeve, the extraordinaryluxury of the French court, and theFrench lack of sumptuary laws, whichshe argues impeded fashion in Italy,England, and Germany. Some of theseexplanations, along with much of theintroduction, rely heavily on sourcesfrom the nineteenth- and early twentieth-centuries that first presented medievalFrench dress as a costume narrative,many of which have been interrogated inlively interdisciplinary inquiries in re-cent decades. While it is reasonable tolimit an already hefty tome to a particu-lar geographical area, the cultural andmercantile influence on fashion by othercountries should not be summarily dis-missed. The claim that new fashions al-ways originated in the reigning court de-serves some scrutiny as well. Surely

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kings were not designers. The materialswere procured through specialized ser-vants and artisans trained to respond tothe request of elites, yet who made manyor most of the technical decisions them-selves, using what fabulous materialsmight be procured from merchants fromItaly and elsewhere. Occasionally the textundermines that claim, for instance in amention of the "new bowl haircut," whicharound 1397-1398 was "no longer re-stricted to servants" (90), an example of afashion which was apparently not strictlytop-down in origin. On the other hand,the argument that men were the principlearbiters and consumers of fashion in thisperiod is amply demonstrated in both im-ages and documentary analysis.

To differentiate between images pre-senting the "latest" fashions and charac-ters representing historical figuresthrough more symbolic costumes, VanBuren presents three principles main-tained by illustrators, apparently ac-cording to custom: 1) biblical and otherreligious figures are given long tunicsand mantels reminiscent of the earlyChristian era; 2) "current fashions" maybe discerned on lay persons, nearly all ofwhom are shown in the dress of the art-ist's time; and 3) particular schemata in-dicated a wearer's identity, such as old-fashioned clothes for the virtuous,"high" fashion and dagging for the sin-ful, crowns for royals, wide borders andturbans for pagans, and beards andpointed hats for Jews (17). Van Burenargues that the rule of artistic realismthat characterizes this period dictatedthat copying a text or image almost al-

ways meant updating it, making thesedated texts fairly reliable witnesses tocurrent fashions, as long as the lay dressis carefully distinguished from the sym-bolic. This system is quite cogent andhelpful for analyzing medieval images.It requires the viewer to take the contextof the image and attached story into thecontext, and this book usually does thatwell, showing significant acquaintancewith the texts being illustrated.

The book presents a number of help-ful primary source texts in the introduc-tion (for instance, a broadside of a"Ballade on the Fashion for High Bon-nets" is a perfect text for illustrating thefashion mentality, and excerpts from therecords of the Parisian tailor "de Lor-moye" offer quantitative insights into thepurchases of a broad clientele), the proseanalyzing the images, and also a glos-sary. Some translation choices could bequestioned (for example why call a cotea "kirtle"? why not use the French wordto designate a specifically French fash-ion which has no modern Englishequivalent?), and the glossary reliesheavily on dated lexical sources as men-tioned above. This is ultimately art his-tory aimed at art historians, with the at-tendant rigors and biases. It is nonethe-less a fine resource, a sumptuous addi-tion to the scholarship on fashion, whichitself was (and is) capricious and infinitein its variety.Sarah-Grace Heller · The Ohio StateUniversity · Department of French andItalian · 200 Hagerty Hall · 1775College Rd. · Columbus OH43210 · [email protected]

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Urban Federer, Mystische Erfahrungim literarischen Dialog. Die BriefeHeinrichs von Nördlingen an Marga-retha Ebner (Scrinium Friburgense,25), Walter de Gruyter, Berlin undNew York 2010, 496 S., ISBN 978-3-11-020629-6.Die Freiburger (Schweiz) Dissertationvon Urban Federer bietet viel mehr alsder Titel andeutet. Das Werk enthältnicht nur eine ausführliche Diskussionder Briefe Heinrichs von Nördlingen anMargaretha Ebner und eine genaue Ana-lyse ausgewählter Briefe, sondern aucheine vielschichtige Beschreibung ihrerBedeutung im historischen Kontext. Sogibt sie Einblick in die Wichtigkeit derBriefsammlung sowohl für die beidenKorrespondenten als auch für einen brei-teren Lesekreis; das Verhältnis der Brie-fe zu Margarethas Werken; die Rolle desBriefwechsels innerhalb der deutschenmystischen Tradition im 14. Jahrhun-dert; und die Entstehung, Datierung undRezeption der Londoner Handschrift.

Obwohl die Briefsammlung schon1882 herausgegeben wurde – PhilippStrauchs Edition mit ihrer chronologi-schen Reihenfolge dient Federer als Ba-sis der Textbesprechung und -interpre-tation – blieb sie wenig erforscht, wieder Autor gleich im Vorwort bemerkt.Es sind das wiedererwachte Interesse ander mystischen Tradition des Hoch- undSpätmittelalters, die vielen in den letztenJahrzehnten erschienenen Studien zudiesem Themenkomplex und die Ent-deckung neuer Handschriften, die diesenBand ermöglichen. Im ersten Kapitelgibt Federer einen Überblick über denderzeitigen Forschungsstand und skiz-ziert die Lebensläufe der beiden Brief-

partner sowie die Chronologie der Brie-fe. Aufbauend auf die neuere Forschunguntersucht er in den folgenden Kapitelnausgewählte Schwerpunkte.

Während Federer den intimen Cha-rakter der Briefe oft betont, behandelt ersie vor allem als literarische Zeugnisse,die von Anfang an "auch für die Öffent-lichkeit des Freundeskreises um Hein-rich und Margaretha bestimmt und da-rum Teil des spätmittelalterlichen An-dachtsschriftums" waren (19). Diese He-rangehensweise bestimmt die gesamteStudie.

Das zweite Kapitel bietet eine exem-plarische Analyse des Briefes XI. DerAutor fasst das Wichtigste bezüglichHeinrichs Sprache, Stil und Thematik imersten Teil seiner Interpretation zusam-men, während er im zweiten die Bezie-hung zwischen Autor und Adressatinnäher betrachtet. Die Bildlichkeit vonausgewählten Briefen wird im drittenKapitel untersucht, mit Überlegungen zubiblischen Stellen, der Rolle des Liturgi-schen und der Figur Marias. Der Autorvermutet eine bewusste Kombinationvon Einzelmetaphern aufseiten Hein-richs, die im Dienste des mystischen In-halts der Briefe steht.

Im folgenden Kapitel bettet Federerdie Analyse des Briefes XLVIII in seineDiskussion der Briefe als geistlicheMinneliteratur ein. Hier untersucht erVerbindungen zum Fließenden Licht derGottheit Mechthilds von Magdeburg, zuHeinrich Seuses Büchlein der ewigenWeisheit und zu Werken der HelftaerSchwestern. Die vom Autor angeführtenBeispiele weisen auf eine gemeinsameThematik hin, die in Heinrichs BriefenAusdruck findet.

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Der einzelne Brief tritt im fünftenKapitel in den Hintergrund, wenn derAutor die verschiedenen Funktionen derBriefe untersucht, einerseits als Minne-Lehre für Margaretha und andere Leserund andererseits als hagiographischeDarstellung der verehrten MedingerNonne. Vor allem beschäftigt sich Fede-rer mit Heinrichs Freundeskreis, wobeidie Gottesfreunde eine wichtige Rollespielen.

Der einzige erhaltene Brief von Mar-garetha an Heinrich, Brief LXVII, wirdim folgenden Kapitel analysiert; er dientals Anlass dafür, das Verhältnis und dieverschiedenen Rollen der Briefpartnerzu untersuchen. Etwas unerwartet fürden Leser sind die ausführlichen Diskus-sionen zu Margarethas Offenbarungenund "Paternoster." Die Details zu erste-rem Werk sind zwar interessant, aberführen manchmal weg vom Thema die-ser Studie; erst gegen Ende des Kapitelswird ihre Relevanz deutlich, z.B. durchdie Erwähnung von Heinrichs redaktio-neller Bearbeitung der Offenbarungen.

Daraufhin wendet sich der Autor derPerson Heinrichs und dessen Beziehun-gen zum Kloster Medingen sowie zu an-deren geistlichen Gemeinden zu. Erleb-nisse in Basel und die rege mystischeSzene dort werden ausführlich bespro-chen. Federers detaillierte Beschreibungzweier Handschriften mystischer Texte(Cod. 277 und 278 der StiftsbibliothekEinsiedeln) führt wiederum etwas aufAbwege, wie der Autor selbst zugibt(339), stellt aber deutlich die Parallelenzwischen diesen Texten und den Schrif-ten Heinrichs und Margarethas dar.

Handschriftliches bleibt im Mittel-punkt: Im letzten Kapitel nimmt Federer

British Library Add. 11430 unter dieLupe. Besonders ergiebig ist der Ver-such des Autors, die Reihenfolge derBriefe in dieser Sammelhandschrift zuerklären. Federer nach hat sie das Ziel,sämtliche Leser – Margaretha und dasbreite Publikum – zur contemplatio zuführen. Auch die Funktion der Briefe imAllgemeinen wird wieder aufgegriffen:Sind sie im Geist der Ordensreform odereher als Ausdruck der Verehrung Mar-garethas entstanden? Beigefügt sind Be-schreibungen der Londoner Handschrift,der vom Autor neu entdeckten AargauerHandschrift, die Margarethas Werke so-wie die Briefsammlung enthält, und dervermutlich ältesten Quelle der Briefe,Cod. 1925 (1200) der Melker Stifts-bibliothek. Aufgrund seiner Analysegelangt der Autor zu der Erkenntnis,dass die Londoner Handschrift aus derMitte des 18. Jahrhunderts stammt undnicht vom Ende des 16., wie bisher be-hauptet wurde.

Die umfangreiche Bibliographie be-weist, wie sehr das Interesse an diesemThema gewachsen ist Der Band schließtmit sehr hilfreichen Registern, einemAnhang mit der Reihenfolge der Briefein der Handschrift Add. 11430 und Ab-bildungen, die hauptsächlich mit denverschiedenen Handschriften zu tun ha-ben.

Federers genaue Auslegung zeigt dieReichhaltigkeit und Mannigfaltigkeitvon Heinrichs Briefen. Die kritische Zu-sammenfassung der neueren Forschungund die Fortführung ausgewählter As-pekte tragen viel zur Qualität der Studiebei. Allerdings wirken einige Diskussio-nen wie Abschweifungen, da ihre Bezie-hung zum Thema nicht sofort deutlich

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gemacht wird, und eine abschließendeZusammenfassung der ganzen Studiewäre sicherlich wünschenswert gewesen.Zu der Reihenfolge der Briefe und denneu entdeckten Handschriften lässt sichnoch viel sagen. Der Autor verbindetaber erfolgreich das Neue mit demWohlbekannten und bietet so stichhalti-ge Argumente für seine These. Eine um-fassende Untersuchung von HeinrichsBriefsammlung ist seit langem überfäl-lig, und mit seiner Studie leistet Federereinen wesentlichen Beitrag zur Aus-wertung und zum Verständnis der Briefeund der deutschen mystischen Traditiondes 14. Jahrhunderts.Debra L. Stoudt · Virginia PolytechnicInstitute and State University ·Blacksburg · VA/USA ·[email protected]

Jacques Ferrand, De la maladie d'a-mour ou mélancolie érotique (Textesde la Renaissance, 153). Edition deDonald Beecher et Massimo Ciavolel-la, Editions Classiques Garnier, Paris,2010, pp. 450.1

This work is a labor of love, the productof a long-standing international collabo-ration between two professors, fromCanada (Carleton University) and theUnited States (University of Californiaat Los Angeles). Following their Englishtranslation of a 1623 French text byJacques Ferrand as A Treatise on Love-sickness (Syracuse 1990), DonaldBeecher and Massimo Ciavolella hereintroduce, edit, and copiously annotatethe original French of this key work onthe theme of obsessive passion. Fer-

rand's first,1610 Toulouse version, enti-tled Traité de l'essence et guérison del'amour ou de la mélancholie érotique(ed. Gérard Jacquin and Eric Foulon,Paris, Anthropos, 2001) had been cen-sured by the conservative local ecclesi-astical authorities, no doubt because itaddressed the sufferers themselves partlyas an early self-help book. It was ulti-mately recalled and burned in 1620 as anassault on public morals for providinggay blades with love potions and otheraphrodisiac solutions to their amorousstalemates. Ferrand's longer, more clini-cal 1623 Paris work, although still in thevernacular, is by a more mature andwary, even professedly loyal RomanCatholic. This time he soberly targets anacademic audience, especially physi-cians like himself, indeed he dedicateshis revised work to medical students inthe capital where it was published. In thesecond text there may be less on how toplease the ladies since there is perhapsmore Galen than Ovid, but both medi-cine and literature are amply repre-sented. This time Ferrand questions theefficacity and appropriateness of someof his earlier free-wheeling advice to thelovelorn, whether for moral or religiousor medical reasons.

Ferrand is an epigone: the last, great-est syncretist in a long tradition of liter-ary-medical scholarship around thequestion of lovesickness. In his com-prehensiveness he most resembles thecompulsively erudite Robert Burton,who by the time of the fourth edition(1632) of his own Anatomy of Melan-choly was alone among Ferrand's con-temporaries to cite him conspicuously.But the unacknowledged import of Fer-

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rand's second work was such that it wasprofessionally translated into English byEdmund Chilmead for publication atOxford in 1640, much as Mario Equi-cola's more influential 1525 treatise onthe nature of love had been turned intoFrench by Gabrielle Chappuys. Equi-cola's book has never been reprinted orre-edited since his century but at leastthe 1584 French version is now availableon Gallica. Beecher and Ciavolella havewisely chosen to devote their attentionsto Ferrand, who knew Equicola's Italiantext well but surpasses it in his global-izing review of the malady of love.

In 1610 as in 1623, Ferrand's ambi-tions are encyclopedic. His doubleagenda as humanist and physician is topresent a panoramic perspective on theo-ries of erotomania or love madness, withits origins and nature, as well as a criti-cal and practical survey of its diagnosisand prognosis. The study benefits fromhis compendious readings and usuallyclear presentation of the often contra-dictory opinions spanning antiquity tothe present which he will attempt toanalyze and integrate for his contempo-raries and future readers. Amor hereoshad reached epidemic proportions in theRenaissance, or at least in Petrarchan lit-erature. But Ferrand refers also to casehistories he has seen in his practice, justas do his predecessors all the way backto Galen and Hippocrates.

Ferrand thus is following and build-ing on a medieval and Renaissance tra-dition already some five hundred yearsold but still squarely anchored in Galenand "son maistre Hippocrate," the Fatherof Medicine, with many salutes to Aris-totle, as ever Prince of Philosophers, the

divine Plato, and even Avicenna, not tomention "la docte Sappho," who wasfirst to treat love symptomatology in theWestern literary tradition. There wereEgyptian antecedents, but Ferrandknows better the deceptive charms ofmodern Egyptians, by which he meansRoma. For more contemporary, post-1580 masters, in 1623 Ferrand turns tofellow Renaissance French doctorsFrançois Valleriola and André DuLaurens. Those whom he more readilytakes to task at times include some me-dievals unmentioned in 1610, like thebetter-known Arnauld de Villeneuve,another author of an important treatiseon romantic melancholy.

The first part of this hefty book isconstituted by the welcome liminarystudy of Beecher and Ciavolella on"Jacques Ferrand et la tradition de lamélancolie érotique dans la culture occi-dentale" (9-183), presenting the authorand contextualizing him with his twobooks before devoting eight chapters toa survey of lovesickness in antiquity, theMiddle Ages, and the Renaissance. Sub-sequent sections address definitions, di-agnostics, and remedies. In lieu of aconclusion to their extended introduc-tion, Beecher and Ciavolella then turn tothe early psychology of sex and its placein Renaissance literature.

The 1623 text is then presented (184-375) with compulsive scholarly annota-tions that do justice to the author's andthe editors' equally voracious readings.Here Beecher and Ciavolella are at theirbest. The late Michel Simonin said thatFerrand's work is most remarkable forits bibliographical detail. And one wouldlike to say the same of Beecher and Cia-

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volella's edition, which fully and admi-rably documents the sometimes incom-plete or mistaken references in Ferrand.Where the author abundantly cites hissources in the worlds of literature andmedicine, the reader appreciates Beecherand Ciavolella's admirable thoroughnessin tracing or tracking the precise modelsdrawn on by Ferrand, whether an-nounced or not.

The hugely useful bibliography (377-425) is closest to a list of works cited,with a treasure of sixteenth-century textslikely known to Ferrand but completedby modern editions and scholarship ex-amined also by Beecher and Ciavolella.It might have been helpfully divided intoprimary and secondary materials, sincehere Sir Ronald Syme and Russell HopeRobbins share alphabetical space withsources from Tertullian and Ronsard, notto mention modern scholarship, such asby the editors. But that would be quib-bling. Any serious reader of Ferrand willstudy Beecher and Ciavolella's bibliog-raphy as closely as their introduction andtext.

Frustratingly, the bibliography doesnot systematically pick up all the workscited in the notes, including some relatedpublications by the modest editors, suchas Ciavolella, La "Malattia d'Amore"dall'Antichità al Medioevo (Rome, Bul-zoni, 1976) or his Italian translation of1623 as Malinconia erotica: Trattato sulmal d'amore (Venice, Marsilio, 1991).Missing under Ferrand is a reminder ofthe 1978 reprint of his 1623 title orBeecher and Ciavolella's English trans-lation of it, which surely deserves men-tion alongside the 1640 Chilmead ver-sion. Indeed, one might wonder whether

the bibliography and index were not rushcommand performances to meet the highexpectations of the series and its editor,Mireille Huchon. Perhaps they wereprepared chez Garnier by some devil ofa sub-sub, to use Melville's term. Whatis clear is that both reference tools aresadly marred not just by omissions butby typos and other errors which are notthe work of Beecher and Ciavolella andmay be an embarrassment to them.

The editors tell us that the author sawthe proofs of his work and prepared anerrata page. No doubt Beecher and Cia-volella did also, such as where an earlierjoint publication by Ciavolella wasadded in a note by the editors but notpicked up in the bibliography. But thatthe editors had any control over the endmaterials is doubtful, given the longtally of errors.

These reservations notwithstanding,it is a source of satisfaction to readersand authors alike to see again in print,after its English and Italian translations,the French text in its 1623 revision. Un-til now, those impatient to consult theFrench were obliged to turn to the re-edition of the 1610 text or the 1623original imprint or the 1978 reprint or avery partial facsimile (Collection Ana-lectes, Paris, Théraplix, 1975). Readyaccess to more than the 1610 version ortranslations of the 1623 revision shouldlead to a renewed interest in Ferrand andhis work. At least one such critical studyis already announced, by the presentauthor ("Entre deux Nostredame, Jean(1575) et César (1614): Jean Nicot deNîmes (1606) et Jacques Ferrand d'Agen(1610), lecteurs des Italiens," in La ré-ception des troubadours en Languedoc

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et en France (XVIe-XVIIIe siècles), Tou-louse, forthcoming).Roy Rosenstein · The AmericanUniversity of Paris · 31 avenueBosquet · 75343 Paris 07 · France ·[email protected]

1 Editor's note: Normally reviews of stud-ies on topics, writers, or works from thepost-medieval world would not appear inour journal, but in this case I made anexception because of the long traditionfrom the Middle Ages to the seventeenthand eighteenth centuries.

Krijn Pansters, Franciscan Virtue.Spiritual Growth and the Virtues inFranciscan Literature and Instructionof Thirteenth Century (Studies in theHistory of Christian Traditions 161),Brill (Leiden, Boston) 2012, XIV,310 S."Die Tugenden sind zurück. (The virtuesare back.)" (1) Mit diesem Satz eröffnetKrijn Pansters, Assistant Professor amFranciscaans Studiecentrum der Univer-sität von Tilburg, sein Buch über Tu-gendkonzeptionen ausgewählter franzis-kanischer Autoren des 13. Jahrhunderts,und man wird ihm kaum widersprechen.Dem Gegenstand wurde im Bereich me-diävistischer Forschung in jüngster Zeiteine verstärkte Aufmerksamkeit zuteil,und auch darüber hinaus hat die syste-matische Beschäftigung mit Tugenden inden zurückliegenden Jahrzehnten eineneue Konjunktur erfahren. Gelehrte, wieMartha Nussbaum, Amartya Sen, Alas-dair MacIntyre – auf letzteren beruft sichauch Pansters – und viele mehr, habenzu zeigen versucht, daß insbesondere dieentsprechenden Konzeptionen des Aris-

toteles durchaus geeignet sind, Antwor-ten auch auf ethische Fragen der Ge-genwart zu geben.

Ob sich jedoch – wie Pansters betont– die gegenwärtige Moralphilosophietatsächlich so uneingeschränkt von"emotivism, non-necessity, and liberalindividualism" verabschiedet und derTugendethik zugewandt hat, und ob ne-ben der aristotelischen auch ein "Revi-val" thomistischer Philosophie zu kon-statieren sei, darf zumindest bezweifeltwerden. Und es bleiben nicht die einzi-gen Zweifel, die sich bei der Lektüreseines Buches einstellen.

Gegliedert ist die Studie in dreiHauptteile: eine Einleitung, überschrie-ben mit "Virtue" (1-44), die Präsentationdes Quellenmaterials unter dem Titel"Virtues" (45-169) und den Versuch ei-ner Analyse "The Virtue of Virtue"(170-204). Es folgen Appendices zu"Virtues in the opuscula sancti FrancisciAssisiensis" (207-265), wobei es sichum einen Abdruck der einschlägigenQuellenbelege aus den Schriften desFranziskus handelt, ein bibliographi-scher Überblick franziskanischer Studi-en zum Gegenstand (266-268) sowie ei-ne schematische Übersicht der "Instan-ces of habitus datus" (269-280). Be-schlossen wird der Band von einer Bi-bliographie und einem erfreulich um-fangreichen Register.

Im ersten, einleitenden Teil benenntPansters die Leitfragen seiner Arbeit,bemüht sich, die von ihm getroffeneAuswahl der Quellen wie der Untersu-chungsgegenstände zu begründen, ver-weist auf einige Probleme, die sich beider Beschäftigung mit Tugendkonzep-tionen stellen, und erklärt knapp den

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methodischen Ansatz seines Werkes.Dabei reklamiert er für sich, mit seinerStudie eine "dringend gebrauchte neuePerspektive" (2) eingenommen zu ha-ben, die – so läßt sich den knappen Aus-führungen zur Methode entnehmen –darin bestehe, die Quellen zu Wortkommen zu lassen (23f.). Ein solches,ohne Frage berechtigtes ad fontes als"fresh perspective" oder gar "inventory"(24) zu titulieren, zeugt jedoch nicht nurvon wenig solider Kenntnis der For-schungstraditionen gerade auch zur Tu-gend- und Lasterlehre, sondern auch undmehr noch von eklatanter Selbstüber-schätzung. Zudem demonstriert der Ver-fasser bei Vorstellung dieser seiner"Methode" auch eine gewisse herme-neutische Naivität: Zwar rücke er durchseine nicht chronologische Betrachtungder Quellen diese aus ihrem historischenund theologischen Zusammenhang; die-ser Nachteil gereiche jedoch zugleichwieder zum Vorteil, da er so zugleichdas Problem einer "hagiographischenVerzerrung" der Quellen vermeiden undihren moralisierenden Tenor umgehenkönne. Irritierend ist bereits die impliziteAnnahme, derzufolge institutionelleEntwicklungen chronologisch-genetischverlaufen. Worauf Pansters aber auf die-se Weise zu stoßen hofft, muß ebenfallsdahingestellt bleiben. Rätselhaft bleibtvor allem auch, wie dieses Vorgehenihm bei der Beantwortung seiner dreiLeitfragen helfen soll. Diese sind – manrufe sich hierzu nur den Titel des Buchesin Erinnerung – dezidiert historische,auch wenn Pansters dies scheinbar ausdem Blick verliert. Sie lauten: Wie ha-ben Franziskus und seine Nachfolger diewesentlichen Tugenden der vita evange-

lica abgegrenzt, beschrieben und festge-setzt? Wie konnten Menschen in derPerspektive der Franziskaner diese Tu-genden erwerben, bewahren oder auchwieder verlieren? Und schließlich: Inwelcher Weise konnten Tugenden zurVollkommenheit des Einzelnen wie zumWohl der Gemeinschaft beitragen? (2)

Zu Beantwortung dieser Fragen wer-den als Quellen neben den Schriften desOrdensstifters Franziskus von Assisi diezweier prominenter Vertreter der fran-ziskanischen Gemeinschaft der zweitenGeneration herangezogen: die "soge-nannten mystischen" sowie die das fran-ziskanische Ordensleben betreffendenSchriften des Bonaventura von Bagno-reggio (Auflistung der Werke: 6) undder umfangreiche Werkkomplex De ex-terioris et interioris hominis compositio-ne des David von Augsburg. Pansters istsich wohl bewußt, daß seine Auswahlwie jede andere ihre Schwächen hat, in-sofern soll an dieser Stelle nicht weiterdarauf eingegangen werden. Es sei ein-zig darauf hingewiesen, daß er unterdem Namen Bonaventuras mit den De-terminationes quaestionum circa re-gulam fratrum minorum, der Expositiosuper regulam fratrum minorum sowieder Epistola de tribus quaestionibusauch auf Texte zurückgreift, deren Bo-naventurianische Urheberschaft seit ge-raumer Zeit als widerlegt gilt.

Die Auswahl der von ihm näher un-tersuchten zehn Tugenden trifft Panstersim Ergebnis einer Frequenzanalyse:Diejenigen, die am häufigsten in den ge-sammelten Schriften des Franziskus, inzwei ausgewählten des Bonaventura so-wie in Davids opus vorkommen, sind"die bedeutendsten Tugenden" (14). So

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fällt denn die Wahl auf: charity, obe-dience, goodness, truth, faith, humility,joy, poverty, penance und peace. Wennman bedenkt, daß gerade im Bereich derEthik so manches Phänomen statt durcheine eindeutige terminologische Fixie-rung auch durch Umschreibungen be-grifflich gefaßt wird, stellt sich auch hierwieder die Frage nach dem Nutzen.Darüber hinaus gilt es zu bedenken, daßvirtutes gerade im Bereich des geistli-chen Schrifttums selten definitorischpräzise Verwendung finden, sonderndurchaus auch homonym auf analytischunterscheidbare Inhalte prädiziert wer-den. Dabei benennt Pansters diesen Um-stand sogar (17), nur findet seine richti-ge Beobachtung keinen Niederschlag imWerk.

Und so ist für den Hauptteil der Ar-beit zu konstatieren: Fehlt der Begriff,findet auch das Phänomen keine Be-rücksichtigung. Dies ist wohl nicht zu-letzt auch darauf zurückzuführen, daßPansters keine für ihn forschungsleiten-de Bestimmung von virtus entwickeltoder auch nur gewählt hat, und er somitgar nicht in der Lage ist, Tugendkon-zeptionen zu eruieren und zu analysie-ren. Er muß notwendig auf der Ebenedes bloßen Wortes bleiben und so stelltsich das gesamte Werk denn auch alseinzige große Zitatensammlung dar. Zukeinem Zeitpunkt löst sich Pansters vondieser Objektebene, und selbst dort, wodoch einmal Analysen in den Text ein-fließen, sind es keine eigenen, sondernZitate (neben dem 3. Teil sei nur als einbesonders illustres Beispiel auf S. 142verwiesen). In diesem Zusammenhangstellt sich auch die Frage nach demZweck des zweiten Annex der Franzis-

kus-Quellen, die sämtlich in voller Län-ge in den Fußnoten zitiert werden.

Pansters hatte es sich neben der Be-antwortung der bereits genannten Fragenzum Ziel gesetzt, eine "theory of thir-teenth-century Franciscan virtue" zuentwickeln. Dieses Ziel muß er auchdeshalb verfehlen, weil er seinen Gegen-stand nicht akzentuiert. Weder gibt eseine Abgrenzung zum Vorher, noch einezum Nachher, es werden keine zeitlichparallelen, aber vielleicht differentenKonzepte vorgestellt. Stattdessen begeg-nen fragwürdige Modelle und irritieren-de Erkenntnisse: David von Augsburgwird etwa zum "key project manager"der Institutionalisierung des Franziska-nerordens (181). "Franciscan virtue"wiederum sei eine "historical virtue",weil sie den Menschen zeit seines Le-bens wandele ("it transforms people du-ring the various stages of their lifes")(203). Allerdings stellt sich angesichtsder ausschließlichen Verwendung desSingular "virtue" in der Zusammenfas-sung überhaupt die Frage, was dennhiermit gemeint sein könnte: nicht ge-meint sind wohl Tugenden oder auchTugendkonzeptionen – eher scheint hiereine numinose Hypostase von Tugendunterstellt zu werden, bei der es sich umdie gesuchte "franciscan virtue" handelt.Die Antwort darauf, was an ihr franzis-kanisch ist, bleibt der Autor, wie so vie-les andere auch, leider schuldig. Wersich also für Tugendkonzeptionen beiFranziskus, Bonaventura und David vonAugsburg interessiert, sollte lieber wirk-lich ad fontes gehen.Mirko Breitenstein · TU Dresden ·FOVOG-Dresden · D-01062 Dresden ·[email protected]

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Shannon Gayk, Image, Text, and Re-ligious Reform in Fifteenth-CenturyEngland, Cambridge University Press,Cambridge 2010, pp. viii, 254.Shannon Gayk's fascinating book ex-amines "ideas about the religious image"(3). Images "seduce" (10), Gayk ob-serves, as she traces clerical attitudestoward them, the affective venerationthey induce, and the conspicuous meta-phors of visuality adopted by fifteenth-century English authors. In the openingchapter on "Lollard Iconographies"Gayk identifies how textual ekphrasiscould be deployed in criticism of clericalexcess and distortions of biblical events.Hence, architectural grandeur in Piercethe Ploughman's Crede distracts Peresfrom his quest, largely through sensualseduction (32). Gayk's delightful read-ings show how Peres can "read the sen-sory realm" (38) and that "friars arecompared to the soulless buildings they… inhabit … beautifully but deceptivelypainted and adorned" (39). Ultimately,"ocular seduction leads to spiritual cor-ruption," a statement upheld in Gayk'sdiscussion of "fairness." In Lollardrhetoric, according to Gayk, people re-place things as true "images" worthy ofone's gaze—for which reason "to devotemoney or veneration to objects craftedby humans to the neglect of living im-ages is to commit idolatry" (43).

The chapter entitled "Thomas Hoc-cleve's Spectacles" considers "physicaland metaphysical forms of seeing" (46).Gayk cleverly proposes that Hoccleve's"writing becomes a set of textual specta-cles" (47). Alluding to medieval opticaltheory that images are interpreted andinternalized, Gayk elucidates Hoccleve's

famous image of Chaucer as an object ofdevotion. Images, when perceived, in-fluence one's own gaze. Hence, Hoc-cleve's distinctive term "unsighte" con-veys a detrimental moral blindness. InHoccleve's Remonstrance against Old-castle, the absent "heretic" Sir John re-sembles an idol capable of deludingthose with "unsighte." At this momentHoccleve draws an analogy to spectaclesthat Gayk construes: like lenses used forapprehending spiritual truths in words,images focus the mind on spiritual es-sences underlying the objects, and for-mulated in the mind. Gayk brilliantlyconnects hermeneutics to seeing. In atruly ingenious discussion of the Com-plaint, Hoccleve's sickness—a meta-phorical lens—is said to focus his vi-sion, while the visible exterior (Hoc-cleve's deportment) does not convey theinvisible interior (his madness). Gaykascribes Hoccleve's self-consciousnessover his madness to "ocular skepticism"(67), the gulf between seeing andknowing. A discussion of "How to Learnto Die" highlights affective versusspeculative apprehension, imagery thatis "exemplary rather than expository …visual rather than textual" (77).

In a chapter devoted to Lydgate,Gayk makes the point that readingguides seeing, that idolatry originates inundirected visionary experience. Imagespowerfully instruct, as mirrors or specta-cles that enhance perception and there-fore understanding. Lydgate has in minda visual literacy that includes mnemonicas well as hermeneutic aims. His poem"On the Image of Pity" directs the eyethrough the ear by narrative interven-tions centered on a penitential ego. Fur-

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thermore, the Virgin is a celestial queen,not an object of identification, leading"the reader from a simply affective vis-ual experience to participation in theecclesiastically regulated act of confes-sion" (100). Emotions are channeled, notjust stimulated. Similarly, the imagopietatis or "Man of Sorrows" lacks his-torical context (it is often depicted in il-luminations of the Mass of St. Gregory).Lydgate exploits this atemporality in his"Dolorous Pyte of Crystes Passioun" notby emphasizing affective devotion forChrist as sufferer but by "[praying] forsalvation from the suffering of hell"(103). Lydgate conveys a hermeneuticalcatachresis in this lyric that has troubledsome interpreters, but Gayk makes astrong case for Lydgate's bivalent treat-ment of a textually constructed image.She concludes this chapter with a superbdiscussion of text-as-image: a poem in-scribed as a document to be displayed onone's heart, ekphrastic verses literallypainted on a wall, the Fifteen O's tran-scribed in Christ's blood. So, too, doesLydgate's "Testament" objectify docu-mentary forms of inscription. His visionof a bleeding crucifix demands theviewer's gaze with the term VIDE—"see"!

A chapter on Capgrave's Life of St.Katherine "argues that at the heart ofCapgrave's representation of idolatry liesnot only a concern about the sometimesopaque and duplicitous forms that em-body memory but also a commitment tohistoricizing form" (123). Unpackingthis theoretical summation, Gayk por-trays idols as deceased humans, euhem-erized. Memorials extend remembranceand therefore alleviate grief. Idols there-

fore console—powerfully—but the dan-ger of credulous worship exposes thedelusion of agency attributed to idols.Gayk notes Capgrave's emphasis on thehuman response to idols and situates ananxiety in re-presentations of a historicalpast. By contrast, Capgrave's bookishKatherine exists in historical pseudo-reality and challenges pagan gods de-picted on idols as euhemerized kings.Poets have mythologized deeds, castingthem as divine, but chronicle history (in-cluding Katherine's saintly vita) dele-gitimizes fictional inventions. Gayk as-serts, "for Capgrave … writing sacredhistory serves as a way of historicizingmaterial form" (154).

Reginald Pecock contrasts "visualand literary experience" (155) by scruti-nizing the symptoms of reading versusseeing. Vernacularity is intimately tiedto Pecock's self-conscious understandingof affect in reaction to images, and Pe-cock is exceptional in ostensibly pro-ducing "a comprehensive theologicalcurriculum for lay readers" (159). Sur-viving texts are dialogic. Privilegingdialogues over sermons implicitly chal-lenges clerical authority, and Pecock'sheresy was to elevate reason over reve-lation as a guide to Scriptural truths.Gayk contends that Pecock interpretedimages as sites of social cohesion in rit-ual display—illusionistic memorials re-main more immediate and more ubiqui-tous than verbal descriptions in manu-scripts: "Devotional images and pilgrim-ages, like the mass and the drama, aresocial texts" (169). At least in his atti-tudes toward images, Pecock evokesanti-Lollard sentiments, although heprovides a rich heuristic exposition of

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images in his Repressor, which Gaykanalyzes confidently.

This searching, immensely reward-ing, and beautifully written book offersbold new perspectives about images infifteenth-century English writings. Itwill become iconic for medievalistsworking in many fields: art history, lit-erature, religious studies, and so on. ButI have to register one frustration: thereare no illustrations. Gayk explains why,of course, but the magnificent dustjacket challenges her theoretical justifi-cation for omitting plates. In fact, interalia, the book references a Nativityscene from a Book of Hours, a Cruci-fixion, the Gnadenstuhl Trinity, and theMass of St. Gregory/Man of Sorrows.Admittedly, however, the lack of illus-trations can only be deemed trivial for soconsequential and erudite a book as thisone. Gayk has delivered an extraordi-nary and original study.Dr. Scott Gwara · Dept. of English ·University of South Carolina ·Columbia, SC 29208 ·[email protected]

La goberananza de la ciudad Europeaen la edad media, ed. Jesús Ángel So-lórzano Telechea and Beatriz ArízagaBolumburu, Instituto de Estudios Rio-janos, Logroño 2011, 619 pp., ill.The present volume (not a monograph,as we read in the dedication by the mi-nister for education of the region LaRioja, Luis Ángel Alegre Galilea) isbased on a conference on the history ofthe medieval city that took place inNájera from July 27 to 30, 2010,

Twenty-four scholars from Spain, Por-tugal, France, Italy, and England con-tributed with detailed studies on the fol-lowing larger topics: 1. the medieval cityas the meeting place of the regionalpowers, that is, the nobility, the Church,and the municipal communities; 2. themanagement of political space in medie-val cities; 3. the urban government, itspower establishment, and the mainpower players; and 4. urban self repre-sentation, propaganda, communication,and representation of urban power. Thepapers are composed in Spanish, Italian,French, Portuguese, and also in English,and there are abstracts for each at theend of the volume, but unfortunately inthe same language as the article,whereas it would have been really help-ful if those abstracts would have beentranslated either into French, English, orGerman. They also differ considerablyin length. There is no index for this vol-ume, which proves to be a considerabledisappointment in light of the largenumber of studies.

Two major aspects are missing, aswe can note right at the start. The editorshave not found contributors who wouldhave addressed specifically economicaspects, so both the urban markets andthe world of craftsmanship are not con-sidered. Secondly, the world of urbanwomen seems to play no role here at all,and by the same token the role of Jewishcommunities, not to mention other mi-norities, is also ignored completely. Butthe topic of late-medieval urban life isreally huge, and we could easily listmore issues or themes not included herewithout saying anything about the qual-ity of this volume. The present plethora

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of articles by itself signals already howcomplex the discourse on the medievalcity can be, and so the range of ap-proaches possible (see Städtische Räumeim Mittelalter, ed. Susanne Ehrich andJörg Oberste, 2009; Urban Space in theMiddle Ages and the Early Modern Age,ed. Albrecht Classen, 2010; neither oneconsulted here). As Sofia Gustafsson il-lustrates, the comparative approachmight be truly the first step, since me-dieval cities all over Europe emergedfairly in conformity, especially since thetwelfth century. However, her study isthe only one to pursue such a methodol-ogy, while most other authors focus onspecial cases in medieval Spain, Italy,France, occasionally in Portugal, andonce in Croatia (Ragusa/Dubrovnik).

The individual sections do not differfrom each other much since the domi-nant interest focuses on public spaces,government, the interaction of the socialclasses, and the relationship betweencity and the surrounding territories andlands (such as in the article by PieroGualtieri on Pistoia). As to be expected,the development of urban councils inter-ests many of the authors, but there is nocontribution that would explore the rela-tionship between the merchant guildsand the craftsmen (and their wives). In-stead, which is equally significant, theemphasis rests on political structures,public functions, urban assemblies(Lorenzo Tanzini), taxation (Ana MaríaRivera Medina), negotiations betweenthe various social classes (José AntonioJara Fuente, as to Cuenca), conflicts(Beatriz Majo Tomé), and the like.

Many times, however, apart fromdealing with specific local conditions,

the authors address issues that have beenthe focus of research for a long time,such as Carlos Estepa Diez, who posits,once again, that cities emerged as thecentral points of power in the late Mid-dle Ages. The investigations, however,of the relationship between city andcountry, as in the case of PieroGualtieri's article on Pistoia in thetwelfth and thirteenth centuries, repre-sent pretty much cutting edge and de-serve further attention. Similarly, thosestudies that concentrate on public com-munication and sharing of information(Christian Liddy concerning Englishtowns; Jessica Huyghe concerningFrench towns) also prove to be of moregeneral value.

Although the authors provide exten-sive scholarly notes, there is no clearsense anywhere about past research,previous approaches, results, or method-ologies. The history of research does notseem to exist; instead we are quicklyconfronted with the historical conditionsand asked to follow the contributors intheir individual discussions without anyconcern about the most critical questionswhether those topics might have beenexamined before or not, whether theremight be new insights or not. The articleby José Ignacio Ortega Cervigón on therole of the nobility and the city countilof Cuenca and Huete in the fifteenthcentury might illustrate this issueclearly. He is certainly aware of previ-ous studies on these cities, as the refer-ences in the footnotes indicate. But hedoes not, as is typical throughout thisvolume, engage with other opinions andinstead jumps into media res. Neverthe-less, the results of this volume overall

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are impressive, since it nicely expandsour understanding of urban governmentespecially in southern Europe during theMiddle Ages. The quality of the illustra-tions is very good, and we can givepraise to the editors for their great ef-forts in bringing this large diversity ofstudies so well together. Since there is somuch research primarily on northernEuropean cities, this volume representsgood complementary perspectives fromsouthern Europe.Albrecht Classen

Andrea Denke, Konrad GrünembergsPilgerreise ins Heilige Land 1486: Un-tersuchung, Edition und Kommentar(Stuttgarter Historische Forschungen,11), Böhlau Verlag, Köln, Weimarund Wien 2011, XI, 587 S., 16 farbigeAbb.Das Interesse an historischen Reisebe-richten ist groß, zu Recht, denn die Au-toren dieser Werke vermitteln ungemeingute Einblicke in Mentalitätsgeschichte,Xenologie, Alltagsgeschichte und Reli-gionsgeschichte. Diese Berichte mögenzwar nicht unbedingt in die Kategorieder Literaturgeschichte fallen, gehörensie ja primär in den Bereich des prag-matischen Schrifttums, aber eine klareGrenze hier ziehen zu wollen wäreschon beckmesserisch. Einer der schonvielfach zitierten und z.T. auch schonedierten Reiseberichte ist derjenige desKonstanzer Patriziers Konrad Grünem-berg, der 1486 eine Pilgerreise ins Heili-ge Land unternahm. Der Text liegt inzwei Handschriften (Karlsruhe undGotha) sowie in zwei Abschriften der

Karlsruher Hs. (Aarau und Luzern) vor.Trotz der opinio communis über denWert von Grünembergs Pilgerreise füllterst Andrea Denkes Neuedition, beglei-tet von ausführlichen Kommentaren undErläuterungen, dieses Desiderat. Es han-delt sich dabei um eine Stuttgarter Dis-sertation von 2006/2007, in der ur-sprünglich auch der Karlsruher Textenthalten war, während die Druckausga-be diesen fallenlassen musste, wenn-gleich die Abweichungen zum GothaerText in den Anmerkungen aufgeführtwerden. Denke entschied sich für dieGothaer Hs., weil sie ausführlicher ge-staltet ist.

Mehrere Aspekte verdienen es, vonvornherein genannt zu werden. Grünem-berg stieg wohl 1485 vom Patrizier zumRitter auf, reflektiert aber trotzdem inseinem Werk die Vorstellungen beidersozialen Schichten. Außerdem beweister sich als ein sehr aufmerksamer undrealistischer Beobachter, der großes In-teresse sowohl an den kulturhistorischenPhänomenen als auch an den Fremd-sprachen hatte. Zudem fügte er seinerDarstellung kolorierte Federzeichnungenhinzu, die eine hohe Qualität besitzen(mit Zentralperspektive!), von denenhier immerhin 16 abgebildet wurden(von insgesamt 51).

Denkes Untersuchungsteil ist erheb-lich länger als die Edition des Textes,was damit zusammenhängt, dass dieserAutor und sein Bericht außerordentlichviel Aussagewert besitzen. Ohne größerauf Details einzugehen, die nicht unbe-dingt einzelt kommentiert werden müs-sen, hier ein kurzer Streifzug durch dievorliegende Arbeit. Die Autorin behan-delt die Biografie Grünembergs, seine

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anderen Werke (Wappenchronik undWappenbuch), die hs. Überlieferung desReiseberichts, Parallelberichte des Jah-res 1486, die Quellen (vor allem HansTucher und Bernhard von Breydenbach),die konkrete Reise mit ihrem Verlaufund Erlebnissen, die Wahrnehmung desFremden (einschließlich der Religionen,Sprachen, Frauen und Tiere) und dieAbbildungen. Im Anhang zur Edition er-scheinen ein Stammbaum des Verfas-sers, von ihm kopierte arabische Schrift-zeichen, das Itinerar, ein Abkürzungs-verzeichnis, etc., dann ein Quellen- undein Literaturverzeichnis sowie ein Per-sonen- und Ortsregister. Ein Sachindexwäre unbedingt notwendig gewesen. Ei-ne große Hilfe stellt die Liste mit arabi-schem Vokabular dar, auf die Grünem-berg häufig eingeht, aber die Autorinstützt sich hierbei ganz auf die Vorar-beiten von Kristian Bosselman-Cyran(1994)

Erst nach wiederholter Lektüre wur-de mir wirklich deutlich, dass im vorlie-genden Band nur die Hs. Gotha Chart. A541, fol. 2r-97v abgedruckt wurde (kei-ne diesbezügliche Anmerkung auf demTitelblatt), denn im Verlauf der Untersu-chung erscheinen immer wieder, was jadurchaus positiv ist, Hinweise auf dieHs. Karlsuhe, aber da diese hier nichtmit aufgenommen wurde (wahrschein-lich wegen der Druckkosten), verwirrtdies alles zunächst etwas. Sehr bedauer-lich finde ich, dass im Inhaltsverzeichnisnicht die einzelnen Kapitel im Reisebe-richt aufgelistet wurden. Überschriftenim Text helfen zwar weiter, aber manmuss sehr viel hin- und herblättern, umsich zurechtzufinden. Will man z.B.schnell die berühmte Badebeschreibung

in Jerusalem finden, vermag man diesnicht ohne weiteres durchzuführen, dennes fehlt eben das Sachregister. Geradeim ersten Teil der Untersuchung kommtes häufiger zu Wortwiederholungen undTippfehlern (z.B. S. 1, 21), die bei derLektorierung hätten eliminiert werdensollen. Abgesehen davon handelt es sichum eine wertvolle, eine wichtige Lückefüllende Studie und Textausgabe zu-gleich.Albrecht Classen

Guido of Monte Rochen, Handbookfor Curates: A Late Medieval Manualon Pastoral Ministry, trans. Anne T.Thayer and Katherine J. Lualdi. (Me-dieval Texts in Translation), CatholicUniversity of America Press, Wa-shington [D. C.], 2011. xliv, 350 pp.The Manipulus curatorum or Handbookfor curates was one of the best knownguides to pastoral care produced in thelater Middle Ages. It was written in theearly 1330s in the Aragonese diocese ofTeruel. Guido's life is sparsely recorded,but he seems to have been an ecclesias-tical official. Whatever his background,the Manipulus was remarkably success-ful. At least 250 manuscript copies sur-vive, and 122 printed editions are identi-fiable. The work combines practical ad-vice for the pastor with occasional ex-cursions into unlikely contingencies ofparish life. Thus Guido discusses the es-sentials of the rite of baptism but spendstime on all the possible alternatives ifpure water is not available. Readers ofthe Manipulus revealed their own inter-ests in the marginalia of surviving cop-ies. Clearly parish priests who owned

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the work were most concerned with howmass was to be celebrated and how theywere to hear confessions.

The Manipulus is divided into threeparts. The first covers six of the sevenacknowledged sacraments and how theywere to be administered. They appear inthis order: baptism, confirmation, theEucharist, holy orders, extreme unctionand matrimony. The first four especiallyfit together since baptism, reinforced byconfirmation, opened the way for Chris-tians to receive the Eucharist. Com-munion, however, could not be receivedunless a properly ordained priest cele-brated mass. (This reviewer was sur-prised that Guido did not address, asmany canonists and diocesan bishopsdid, the elevation of the consecratedhost.) All the faithful were likely to re-ceive extreme unction, and many wouldbe married in the manner required by theChurch. The second part was concernedentirely with the sacrament of penance.Guido discussed not just confession butthe contrition to be felt by the sinner andthe satisfaction that might be requiredwhere a sin required it. Guido said thatthree acts of satisfaction addressed"three roots of sin" (p. 245): almsgivingremedying avarice; fasting remedyinglust, and prayer remedying pride. Thelast section lays out a simple form ofcatechesis, requiring that the faithfullearn to understand the Lord's Prayerand the Ten Commandments. The Ma-nipulus ends with a brief discussion ofthe gifts to be enjoyed by the blessed.The table of contents found in the edi-tion employed also has been translated.

This translation is based on the Lyon1486 printing by Guillaume LeRoy.

Wherever that text is defective, which israrely the case, the Strassburg 1499printing by Martin Flach has been con-sulted. The result is a clear and well an-notated text, wherever the text of theManipulus itself is clear. The translatorshave aimed at providing clarity withoutmaking Guido a better writer that hewas, and they have succeeded in that.The footnotes identify sources – biblical,theological, and legal, and the translatorsexplain their occasional resorting to the1499 edition (e.g., p. 176 n. 48). Thetranslators have added an Appendixidentifying key authors and sources em-ployed by Guido, a brief bibliography, aGeneral Index, and an index of scripturaltexts cited in the Manipulus. This re-viewer is happy to have this translationand will use it frequently in research andconsultations with students.Thomas M. Izbicki ·Rutgers University ·[email protected]

Anthony J. Hasler, Court Poetry inLate Medieval England and Scotland:Allegories of Authority (CambridgeStudies in Medieval Literature), Cam-bridge University Press, Cambridgeand New York, 2011, x + 253 pp.In surveys of British literature, the po-etry of the English court, so vital to thereigns of Elizabeth I and her successorJames I, is usually taken back to the so-called Company of Courtly Makers inthe time of Elizabeth's father, HenryVIII. At the furthest remove, it is tracedto England's first official poet laureate,John Skelton (ca. 1460-1529), whose

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annual pay was said to have been ahogshead of wine (more than sixty gal-lons of the King's finest). A learnedLatinist and wicked satirist, Skelton hadtutored King Henry in his youth.

Skelton wrote in short rhyming lines,now known as Skeltonics, and in thelanguage of the people, sometimesstaying just this side of doggerel. He isaccessible to modern students withoutmuch editorial apparatus of the sort theyneed to read Chaucer. However, he hadfour younger contemporaries who alsoexcelled in English poetry, but are verylittle known outside of their nativeScotland. William Dunbar, GavinDouglas, Alexander Barclay, and SirDavid Lindsay, in the order of theirbirth, were all associated with the courtof James's grandfather, James V ofScotland, and the last two lived to writeduring the younger James's regency.Dunbar especially was long associatedwith the so-called Scottish Chauceri-ans—a group of poets dating back to thereign of James I of Scotland (1394-1437), who had imitated the form andstyle of Chaucer's Troilus in his ownpoem The Kingis Quair (ca. 1424). Al-though these poets require as much an-notation as Chaucer, the extent of theirimitation has been questioned, and theyare now more often called Middle ScotsPoets or Scottish Makars (i.e., makers ofpoems). Hasler's book is a major contri-bution to the rethinking of poetry onboth sides of Hadrian's Wall.

Hasler discusses themes of powerand politics in courtly literature writtenduring the last fifteen years of the fif-teenth century and the first quarter of thesixteenth. Within this time span, he also

crosses the border between medieval andEarly Modern studies. Historically ori-ented anthologies invariably place Dun-bar in the Middle Ages and Skelton inthe Renaissance or Early Modern period.However, Hasler cleverly links the peri-ods and nations by starting out with theNeo-Latin writer Bernard André, whocame to England in 1485, when theWars of the Roses ended with the acces-sion Henry Tudor to the throne as HenryVII. The Tudor claims to legitimacywere limited, and Henry brought Andrefrom France to be his court historian.We would now call André a publicist orpropagandist, and Hasler shows how heall but created the office in texts com-paring the new king to the triumphantJulius Caesar in carefully chosen allu-sions to the Roman historians and occa-sional verse paeans. Whatever his jobdescription, André claimed that his Latinpoetry made him the king's laureatus.

Hasler employs the concept of cul-tural poetics put forth in Stephen Green-blatt's influential Renaissance Self-Fashioning (1980), which includes achapter on the first Courtly Maker, SirThomas Wyatt (1503-1542). LikeGreenblatt, he is much taken by theideas of Michel Foucault, by the re-working of Marx and Freud on powerrelations. Specifically, Hasler andGreenblatt want to see how gifted writ-ers have used the printed page to enacttheir struggles with authoritarian po-wer—struggles that forced Wyatt to bowhis head to the crown and, ultimately, tolay it on the chopping block.

To his credit, Hasler has deeply em-bedded his readings in the grand histori-cal drama of England and Scotland. The

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real story of power starts with Dunbar'spoem "The Thrissle and the Rois" (TheThistle and the Rose), written in thestanza form of Chaucer's Troilus andbased on a dream vision like that in hisParlement of Foules). The poem antici-pates with some trepidation the union ofthe Tudor and Stewart houses in 1502.The story ends a quarter-century laterwith Skelton's "Speke Parrott" (Speak,Parrot), which denounces CardinalThomas Wolsey, the Lord Chancellor ofEngland and anticipates his downfall. Inbetween there is much information onSkelton and his younger contemporariesnorth and south of Hadrian's Wall Theemphasis on authority helps one to ap-preciate the predicament of authors whosought patronage in courtly circles.

In the late Middle Ages, poets werewell aware of the connections betweenauctor and auctoritas. The first could bea founder or historian as well as anauthor; the second, a judgment or poweras well as an authority. In the role ofauthor, they had at least a tenuous lin-guistic link to authority. What theywrote about the deeds and claims oftheir royal patrons could also in somesense apply to themselves. In so far asthey were true poets in the literal senseof "makars" or "makers," their poemscould have a second or allegorical levelof meaning, concerned with their ownlegitimacy. Competing with other mem-bers of their courtly "company," theynaturally had room for anxious intro-spection and for fears as well as exalta-tion. Anthony Hasler follows their con-cerns as well as those of their patronsand, in doing so, helps to show how the

late medieval world became the earlymodern one.Thomas Willard · Dept. of English ·University of Arizona · Tucson,AZ 85721 · [email protected]

Heinrich von dem Türlin, Diu Crône.Kritische mittelhochdeutsche Lese-ausgabe mit Erläuterungen. Hg. vonGudrun Felder, De Gruyter, Berlinund Boston, De Gruyter, 2012, XVI,442 S.Heinrich von dem Türlin, Die Krone.Unter Mitarbeit von Alfred Ebenauer† ins Neuhochdeutsche übersetzt vonFlorian Kragl, De Gruyter, Berlin undBoston, De Gruyter, 2012, X, 509 S.Wenngleich schon seit einigen Jahrender gesamte Text der Crône Heinrichsvon dem Türlin in einer kritischen Aus-gabe vorliegt, ist damit bis heute nochnicht das Bedürfnis nach einer breiterzufriedenstellenden Edition gestillt wor-den. Man kann über diejenige Ausgabevon Fritz Peter Knapp und ManuelaNiesner (2000) bzw. von Alfred Eben-bauer und Florian Kragl (2005) viel dis-kutieren, vor allem weil sich die Her-ausgeberteams offensichtlich nicht einigwerden konnten, welcher Handschrift sieden Vorzug geben sollten. Dies bedeutetaber nicht, dass wir deswegen auf dieAusgabe von Gottlob H. F. Scholl von1852, gestützt nur auf die jüngere Hei-delberger Handschrift P, zurückgreifenkönnten. Eine pragmatische Alternative,die vor allem auch den Universitätsbe-trieb im Auge hat, besteht in dem vonGudrun Felder verfolgten Ansatz, die

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ältere Wiener Handschrift V und dasLinzer Fragment D (Scholl damals nochunbekannt) als die Leithandschriften zubenutzen, und nur dort, wo Lücken auf-treten, die jüngere Handschrift P einzu-schalten. Damit kommen hier ca. 1200zusätzliche Verse hinzu, die bisher imVerborgenen geschlummert haben. AberFelder weicht nicht wesentlich von derneuen ATB-Ausgabe (s.o.) ab, folgt beiden Versen 1-1221 der Hs. V, bei denVersen 12898-13503 und 14116-14721dem Fragment D, und bei den übrigenAbschnitten, den Versen 12282-12897,13504-14115 und 14722-30042 derHs. P.

Felder strebt primär danach, denText so verständlich und lesbar wiemöglich zur Verfügung zu stellen, wasbedeutet, dass sie eine Normierung nachder Schreibweise der Wörterbücherdurchführt, Längenzeichen einsetzt, dieGroß- und Kleinschreibung regelt, dieSchreibweise der Namen einheitlich ge-staltet, die Buchstaben i/j und u/v nachVokal- bzw. Konsonantfunktion ein-richtet, von weiteren leichten und sehrpragmatischen Eingriffen in den Texthier zu schweigen. Sie hatte ja bereits2006 einen Kommentar zur Crône vor-gelegt, auf den sie sich im zweiten Ap-parat am unteren Rand jeder Seite ge-wissermaßen stützen kann, während dererste die handschriftlichen Abweichun-gen wiedergibt.

Diesem Band schließt sich nun dieneuhochdeutsche Übersetzung von Flo-rian Kragl an, die ganz in Prosa gestaltetist und im Allgemeinen durchweg zubegrüßen ist. Es treten aber ein Mengeleichter Ungenauigkeiten und stilisti-scher Probleme auf, wie einige Stich-

proben schnell zu Tage fördern, wobeiaber wohl auch stilistische Überlegun-gen u.U. eine Rolle spielen. "Der bot,der des kopfes phlac" (2154) – "DerBote, der über den Becher verfügte"(36); "er begôz in vil sêre" 2162) – "Erschüttete ihn ziemlich an" (36); "Sîn orser dannen vuorte / ze sîner gegenwurte /und lie in in der wende ligen" – "Erführte sein Pferd vor seinen Augen [wosteht dies denn?] davon und ließ ihn inder Wegkrümmung liegen" (63); "sîngruoz, der was lobessam, / den der ritterhovelîchen nam" (4055-56) – "SeinGruß war zu loben. Der Ritter nahm ihnauf höfische Weise an" (63); "daz siegienge dâ hin, / dâ ir allr liebest wære"(10999-11000) – "dorthin zu gehen, woes ihr beliebte" (159); etc. Es handeltsich nicht um wirkliche Fehler, aberKragl hätte vielleicht doch näher amText bleiben sollen. Ein spätes und zu-gleich schwieriges Beispiel wäre: "Mitime zôch ez in hin în / mit gewalt durchdie erde hin / ganz, als er dâ reit, / daz ezdar an niht vermeit. / dâ mit daz viureverswant" (28395-99) – "Es zog ihngründlich und gewaltig mit sich in dieErde hinein und durch sie hindurch, wieer so dahinritt. Damit verschwand dasFeuer" (427). Der Vers "daz ez dar anniht vermeit" scheint nicht berücksich-tigt worden zu sein. Aber man mussKragl allemal zu Gute halten, dass essich keineswegs um einen leichten Texthandelt, und vielmals sind einfach Kom-promisse oder Umstellungen nötig, umder Aufgabe des Übersetzens gerecht zuwerden. Global gesehen ist ihm sogareine gute Übersetzung gelungen, undihm leichte Abweichungen vorzuwerfen,die um der Verständlichkeit oder Sti-

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listik willen verfolgt wurden, wäre fastbeckmesserisch, ist Kragl ja die Proble-matik selbst nur zu deutlich bewusst,wie er mehrfach in Anmerkungen no-tiert.

Mit großem Interesse liest man seinNachwort, in dem er einerseits dieStruktur des Versromans, andererseitsseine mögliche Poetik aufzuspürensucht, was sich aber nicht als einfacherweist, handelt es sich ja um einen dervertracktesten Werke des Spätmittelal-ters. Dankbar registriert man die Hand-lungsanalyse, wenngleich der Klein-druck eigentlich unnötig gewesen wäre,werden ja die meisten studentischen Be-nutzer dieser Übersetzung genau daraufzurückgreifen wollen, um eine Lesehilfezu erhalten. Obwohl der Gürtel des Fim-beus als das zentrale Handlungsmotivdienen sollte, fällt es schwer, dies wirk-lich nachzuvollziehen, treten ja zu viele"ausfransende Handlungsecken undgerissene Handlungsfäden" (467) auf.Kragl nennt dieses Phänomen, etwasaufgebauscht, ein "Dispositionspro-blem", das auch damit zusammenhängt,dass der Dichter umfangreich auf Er-zählmotive verschiedenster Art zurück-griff, d.h. vor allem auf den PercevalChrétiens (wieso?) und dann sogar aufso wenig oder gar nicht verbreitete Wer-ke wie den mittelenglischen Sir Gawainand the Green Knight (473), was ichaber sehr bezweifeln möchte und gehtsowieso aus chronologischen Gründengar nicht. Man kann Kragl wohl zu-stimmen darin, dass Heinrich seine Vor-gänger ziemlich satirisch betrachtete undeinige der traditionell ehrfürchtig beur-teilten Dichtungen wie gerade WolframsParzival sogar desavouierte (475), aber

es wäre doch zu berücksichtigen, wie-viele neue Themen, Episoden, Motiveund Stoffelemente hier auftreten, diekeine Vorlagen besitzen. Es könnte sein,wie Kragl zu Recht vermutet, dass Hein-rich mehr Interesse am erzählerischenKommentar oder am narrativen Detaildenn am eigentlichen Handlungsablaufbesaß, vor allem was die Großstrukturangeht, während die Einzelszenen meistdoch geschickt und interessant gestaltetsind. So fällt Kragl richtig auf, wie un-gewöhnlich die Behandlung des Winters(s. jetzt meinen Aufsatz zum Winter inMediaevistik 24, 2012) oder die Gestal-tung einer alpinen Landschaft ist, be-denkt aber nicht z.B. die brutale Szene,in der Galoein versucht, Ginover zu ver-gewaltigen (s. dazu meine MonographieSexual Violence and Rape, 2011; hiernoch nicht konsultiert). Begriffe wie"Dramolette" und "Pasticcio" könntenvergleichsweise durchaus zur Bestim-mung des Genres der Crône nützlichsein, aber sehr weit kommt man damitauch nicht, denn dafür gibt es doch zuviele innere Zusammenhänge und ent-behrt der Roman eben nicht so sehr derthematischen Geschlossenheit, gestütztauf die Figur des Gawein. Trotzdemstimmt es, die Crône zeichnet sich durchein "labile[s] Handlungsgerüst" aus(494), was uns letztlich zurückwirft aufdie Grundfrage, was eigentlich einen li-terarischen Diskurs ausmacht und wor-um es insgesamt eigentlich geht, wasletztlich sogar die theoretische IntentionHeinrichs gewesen sein könnte.

Kragl bedient sich eines eigen-tümlich bunt gemischten Sprachstils,manchmal extrem stark englische undlateinische Ausdrücke integrierend, dann

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umgangssprachlich formulierend, waserheblich Unruhe stiftet. Die Crône ei-nen "Spätzünder" (458) zu nennen, gehtja noch an, aber dann hören wir von"Motivationslakunen" (467), "aleatori-sch[en]" Episoden (469), "konvenabel"(470), von "[t]hematischen Nester[n] . . ., über denen Erzähler und Figuren im-mer wieder brüten können" (473) und"alludieren" (479). Barockhaft fügt ereine "Kautel" (485) ein, spricht von"diegetischer Lokalisierung der Kom-mentare" (486) oder "Contenance"(488), was irgendwie noch akzeptabelsein mag, nicht aber "durativer Muren-abgang" (491), "Detraktion der Auf-merksamkeit" (494) und "Exkulpation"(495). Daneben stehen: "Wunderge-klimper" (476), "auszuwischen" (476),"Verpuffen der Gralswelt" (476), seinFett abbekommen (479), "ungekannt"(492) oder "zusammenmanschen" (495).Offensichtlich liebt Kragl die figuraetymologica ("wer weiß, wissen doch",490).

Den Abschluss bildet eine Auswahl-bibliographie, die aber doch stärkereLücken aufweist, die weder bei den zweifrüheren Bänden der Textausgabe nochin Felders Kommentar ganz geschlossenwerden. Trotzdem erfüllt diese Selektionihre wesentliche Aufgabe. Das ausführ-liche Inhaltsverzeichnis am Ende bieteteinen zusätzlichen Schlüssel, um relativeinfach die wesentliche Struktur desTextes schnell zu erfassen.

Insgesamt kann man die Leseausga-be von Felder und die Übersetzung vonKragl nur begrüßen, denn auf dieserGrundlage vermag nun jeder deutscheLeser, wissenschaftlich oder nicht ori-entiert, sich auf das Abenteuer einzulas-

sen, sich mit diesem Riesenroman ver-traut zu machen (s. aber schon die engli-sche Übersetzung von J. W. Thomas,1989).Albrecht Classen

Mathias Herweg. <i>Wege zur Ver-bindlichkeit: Studien zum deutschenRoman um 1300</i>. Imagines MediiAevi. Interdisziplinäre Beiträge zurMittelalterforschung, 25. Wiesbaden:Reichert Verlag, 2010. Pp. 516. 98 Eu-ros. ISBN 978-3-89500-725-5.At the end of the thirteenth century and alittle beyond a number of Middle HighGerman romance authors launched a se-ries of significant romances in whichtheir protagonists operate in new narra-tive frameworks, thinly distanced fromhistorical reality, and in which thethemes of travel and the exploration ofthe East gain in preponderance. KingArthur and his court, and so the Grail dono longer play any role. These romancesare Ulrich von Etzenbach's <Alexander-roman</i> and his <i>Wilhelm vonWenden</i>, Heinrich von Neustadt's<i>Apollonius von Tyrlant</i>, Johannvon Würzburg's <i>Wilhelm von Öster-reich</i> , the anonymous <i>Reinfriedvon Braunschweig</i>, and <i>Lohen-grin</i>. Germanist scholars have turnedtheir attention to this corpus for quitesome time now, as reflected by a consid-erable body of critical studies. For hishabilitation (2nd doctoral thesis in Ger-many granting the 'venia legendi'), sub-mitted to the University of Würzburg in2007, Mathias Herweg, now teaching atthe University of Karlsruhe, investigatedall of these texts once again in light of a

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fundamental reorientation in the attitudetoward the historical and political con-text. Most importantly, he wants to findout what their status might be in terms offictionality versus factuality. He doesnot venture into a critical debate with thearguments by Hayden White and othertheoreticians or historians, although he iscertainly aware of the former's importantstudies. Instead, Herweg limits himselfto a mostly Germanist approach, re-viewing, debating, and digesting opin-ions voiced by German scholars over thelast several decades regarding thesetexts. This vetting process is somewhatlimited, however, since he pays virtuallyno attention to non-German scholarship,whether written in German or in anyother language. The other problemseems to be that he mentions a numberof closely related texts, such as<i>Friedrich von Schwaben</i>, butopts against including them into his spe-cific text corpus. Similarly, he mostlypasses over the various romances by fa-mous Konrad von Würzburg (121-25),and also excludes a number of othercontemporary romances with a stronglyemotional slant, such as <i>Mai undBeaflor</i> or Konrad Fleck's <i>Floireund Blanscheflur</i>. Certainly, he ad-duces a number of reasons for his deci-sion, but these do not fully convince me,as valid as they might be all by them-selves.

Herweg identifies a number of spe-cific narrative features and motifs thatjustify us to group together the texts inhis selection. They all focus on the de-velopment of a princely leader—that is,however, also the case in <i>Mai undBeaflor</i>—and they are all charac-

terized by a tendency to hybridize thegeneric framework, allowing a variety ofexternal elements, often historical innature, to enter the narrative plot.Moreover, all the authors pursue a uni-versal historical perspective, favor refer-ences to encyclopedic knowledge, andplace great emphasis on the performanceof a ruler in his early years. These threeaspects are subsequently discussed inextensive details, with a number of ex-cursions and digressions to neighboringgenres, not to forget the modern theo-retical aspects underlying the debateconcerning fictionality and factuality.The author brings to light many ele-ments in this universal debate, and suc-cessfully problematizes the generic cate-gories that characterize the romancesunder discussion. However, this is not anew debate at all, considering that me-dieval historians and literary historiansin many neighboring disciplines haveinvestigated those issues before. Onedramatic case might illustrate how muchthe author simply revisits the same oldquestions and texts, reviews some of thecritical research literature, and thenclaims to have reached new insights, notrealizing the true complexity and depthof the scholarly discourse. He refers, forinstance, to Jans Enikel's world chroni-cle in which a number of literary textsplays a significant role, although we asreaders do not find any narrative mark-ers alerting us to the change in genre.Graeme Dunphy has covered this fieldalready at great length more than eightyears ago, but Herweg does not seem tohave noticed his research (<i>History asLiterature: German World Chronicles ofthe Thirteenth Century in Verse</i>

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2003; see also Albrecht Classen, "Liter-arische Diskurs-Bricolage als liter-arische Strategie (Textallianz) in spät-mittelalterlicher Chronistik: der Fall vonJans Enikels Weltchronik," <i>Struk-turen und Funktionen in Geschichte undGegenwart: Festschrift Franz Simmlerzum 65. Geburtstag</i>, ed. ClaudiaWich-Reif, 2007, 425-44). Herweg re-fers quite extensively to Fritz PeterKnapp's work (e.g., <i>Historie undFiktion in der mittelalterlichen Gattungs-poetik</i>, 1997), and yet then there isno clear sense to what extent he mightdiffer from his approach or what he him-self might contribute to the topic beyondKnapp's findings.

In the lengthy second chapter theauthor once again traces the develop-ment of historicizing fiction in MiddleHigh German literature from the elev-enth through the thirteenth century,which Walter Haug (<i>Literaturtheorieim deutschen Mittelalter</i>, 1985) hadalready covered quite extensively (seealso Douglas Kelly, <i>The Art of Me-dieval French Romance</i>, 1992, forFrench literature; here not consulted).We can, however, clearly support Her-weg's conclusion that the absence of thehistoriographical references to an an-cient King Arthur, as in French litera-ture, led to different developments inMiddle High German romances. In orderto cover all his bases, Herweg toucheson most major narrative text composedduring the thirteenth century in order toexamine the relationship between factand fiction. In this process he demon-strates an impressive level of close fa-miliarity even with many of the moreobscure romances, although I find his

constant digressions rather cumbersomeand distracting. It might also have beenimportant to consider representatives ofshorter genres, such as the verse novella<i>Mauritius von Craûn</i> becausethere the anonymous author discussesthe protagonist's personal developmentclosely in correlation with the history ofknighthood both in antiquity and in theearly Middle Ages.

Insofar as Herweg posits that Rudolfvon Ems's works with their strong histo-riographical interest proved to be an im-portant source for the authors from thelate thirteenth century, it seems difficultto comprehend where the unique char-acter of their romances then might befound. If there was such a strong line oftradition, which Herweg convincinglyoutlines, then it seems problematic toclaim that such a unique and innovativeattitude or worldview had suddenly en-tered <i>Wilhelm von Österreich</i> or<i>Reinfried von Braunschweig</i>.However, we could mostly agree withthe author that his text corpus is deter-mined by a particular interest in workingwith specific names, literary sources,and a reference to an external chronol-ogy extending from Genesis to the pres-ent. But a careful reading might also un-dermine this claim to some degree be-cause the narrative interest in <i>Apol-lonius von Tyrus</i>, for instance, doesnot lend itself quite to this kind of read-ing, which Herweg recognizes himselfwhen he admits that the reference to thecity of Troy is not automatically associ-ated with the classical narrative allusionsto the mythical account (163).

Almost in the middle of his studyHerweg suddenly turns away from the

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original texts and embarks on a lengthycritical debate with contemporary liter-ary scholarship and theory on fictional-ity. Hegel arises once again as a majorauthority figure in this debate, whereasnon-German research seems to fall sim-ply by the wayside. We have to plowthrough a number of sub-chapters inwhich these issues are all re-digestedand examined over and over again,while there is no real interest to look be-yond the disciplinary boundaries and toconsider what historians, for example,might have to contribute to the issue.However, we would have to attest to theauthor an impressive knowledge of pri-mary German texts to which he regularlyrefers throughout his certainly sophisti-cated and comprehensive study.

The third chapter focuses on thebroad genre of encyclopedic writing inthe Middle Ages in order to underscorethe interstices between fictional litera-ture and factual accounts. It might havebeen quite useful to include also thehuge corpus of travel literature (MarcoPolo, John Mandeville, etc.), even if thismight have increased the danger of di-gression. Nevertheless, considering theemphasis on traveling in these Germanromances, the parallels are quite strik-ing, and a comparative analysis mighthave helped to clarify a number of as-pects in quite a meaningful manner.Herweg emphasizes how much theauthors demonstrated a strong interest inincluding factual information in theirromances. However, what would bethe difference between, say <i>Rein-fried</i> and Wolfram von Eschen-bach's <i>Parzival</i> or The Stricker's<i>Daniel von dem Blühenden Tal</i>?

There is no doubt that the poets revealeda great fascination with new exoticspaces in the Orient, but again we wouldhave to ask what the difference might beto much earlier goliardic epics, such as<i>Herzog Ernst</i>. After all, bothhere and there the motif of the loadstonemountain (magnetic mountain) plays amajor role, and it even figures in the he-roic epic poem <i>Kudrun</i>.

In subsequent chapters Herweg ex-amines the noteworthy emphasis on theexotic world in the east, the miracles andwonders of the east, the monster peo-ples, the experience of getting to the endof the world (this already of great im-portance in Priest Lamprecht's <i>Ale-xander</i> from ca. 1170), and on theencounter with creatures and people inIndia. Undoubtedly, there is also an on-going effort to include encyclopedicknowledge, such as in <i>Apolloniusvon Tyrlant</i>, but the most importantfeature of all these romances proves tobe the protagonist's growth into a leaderfigure responsible for his people. Her-weg also observes the importance ofcritical reflections on the role which theroyal councils play, and how advisorsfunction at court (the important study byJoseph M. Sullivan, <i>Counsel in Mid-dle High German Arthurian Roman-ce</i>, 2001, is not even mentionedhere!). Subsequently he uncovers theemphasis on dynastic genealogy, but thiswas of great interest already to Wolframvon Eschenbach. Nevertheless, thesetwo aspects might truly constitute themost remarkable features differentiatingthose romances composed at the latethirteen century from those composed atthe turn of the twelfth to the thirteenth

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century. There are also critical com-ments about the failings of the maleprotagonists to live up to the expecta-tions of a leader figure in the politicalarena, which should be viewed also inlight of contemporary political theory, atask for future research, especially be-cause several of these romances implyan imminent or potential collapse of thekingdom left behind because of the ab-sent ruler. (Again, however, I wouldhave to ask what the difference might beto the same debate implied in Hartmannvon Aue's Arthurian romances).

Many of these aspects have alreadybeen discussed at great length in previ-ous research, to which Herweg explicitlyrefers, although he favors to be selective,deliberately ignoring specific approa-ches to his topics without giving us anyexplanation for his decisions (e.g., p.392, review of Cramer's study from1974, to the disadvantage of Kohl-mayer's study, also from 1974). Granted,Herweg is dealing with very extensiveromances with vast narrative material,which is difficult to digest in all the nec-essary brevity, especially in a compara-tive analysis. Nevertheless, his goal is toestablish a synthesis which requires adiscussion on a fairly abstract level,which can be rather frustrating for thereaders who are familiar with individualtexts.

As becomes clear only at the end ofhis voluminous monograph, for Herwegthe entire corpus indicates the termina-tion of a cultural period in which theverse romance could still operate as areference work for historical informa-tion. By contrast, in the fourteenth cen-tury the verse chronicles take off and

leave the romances far behind, a thesiswhich Herweg supports with a few dataabout the manuscript tradition. There isa clear indication that this observationmight hold true, but the present studydoes not answer many of the criticalquestions raised at the very end. This isactually a positive sign because we canattest Herweg that he successfully crys-tallized (once again) a literary-historicalphenomenon from the time around 1300in German literature and challenges us(as others have done already) to probefurther whether his hypothesis of a sig-nificant paradigm shift can be main-tained.

As the author admits himself, hedoes not cover much new territory; in-stead he is trying to reach a more ab-stract plateau in order to comprehendsocial-political changes occurring at thattime. However, this study does not in-clude any significant examination of thehistorical background, and it also opensitself up to much criticism regarding theclaim of the uniqueness of many of thethemes contained in the texts. Could wenot raise the same issue as to dynasticproblems in Wolfram von Eschenbach'sworks as in <i>Reinfried</i>, for in-stance? What are the differences be-tween <i>Herzog Ernst</i> and <i>Wil-helm von Wenden</i>? Then we alsowould have to question why the femalefigures are not considered in any par-ticular fashion?

The scope and depth of this study areimpressive, even though much of theground covered here has been dealt withat length in numerous previous studies,including literary histories, such as thoseby Gervinus (!) and Helmut de Boor.

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The structure of the book could havebeen organized differently, putting thetheoretical discussions more at the frontand building the case for his argumentsmore centrally. The numerous digres-sions confuse the reader and water downthe major thrust. The wealth of specificobservations is impressive, but at acloser analysis Herweg does not reallyreach new shores. Nevertheless, the ul-timate comparison with fourteenth-century world chronicles as the newgenre that superseded those courtly ro-mances promises to yield important in-sight. That, however, would be the topicof another study.Albrecht Classen

Hlaváček, Petr: Die böhmischenFranziskaner im ausgehenden Mittel-alter. Studien zur Kirchen- und Kul-turgeschichte Ostmitteleuropas (For-schungen zur Geschichte und Kulturdes östlichen Mitteleuropa, 40), FranzSteiner Verlag, Stuttgart 2011, 230 S.,12 Abb.Böse Zungen behaupten, die Frühzeit somancher monastischen Neugründungendes hohen Mittelalters sei "ausge-forscht". Neben den Zisterziensern wirdhier immer wieder der Franziskaneror-den genannt, dessen Genese aufgrundseiner charismatischen Gründergestaltstets das Interesse der Ordensforschungauf sich ziehen konnte. Die Fokussie-rung auf das 13. Jahrhundert führte je-doch oftmals zu einer Vernachlässigungder nachfolgenden Jahrhunderte. Seitwenigen Jahren ist nun eine erfreulicheHinwendung zu diesen "dunklen Jahr-

hunderten" der mittelalterlichen Ordens-geschichte feststellbar. Davon profitier-ten bisher vor allem die beiden großenMendikantenorden der Franziskaner undDominikaner.

Die neue Arbeit des ausgewiesenentschechischen Ordensspezialisten PetrHlaváček beschäftigt sich mit den böh-mischen Franziskanern im ausgehendenMittelalter, einer Zeit, die von tiefenVerwerfungen innerhalb des Ordensselbst geprägt war. Vertreter einer laxe-ren Regelinterpretation trafen auf Perso-nen, für die ein secundum regulam vive-re nichts anderes bedeutete, als sichbuchstabengetreu an die von Franziskusabgefasste Regula bullata zu halten.Konventualen – zum ersten Mal ver-wendete Papst Eugen IV. im Jahr 1431diesen Begriff – standen den Observan-ten gegenüber, wobei letztere aufgrundihrer für weite Kreise überzeugenderen,weil unverfälschteren Lebensweise biszu den Umwälzungen der lutherischenReformation immer mehr an Einflussund Ansehen gewinnen konnten.

Ähnlich kompliziert präsentiertensich die kirchlich-politischen Verhältnis-se in Böhmen selbst, wo seit dem Be-ginn des 15. Jahrhunderts eine andere"Reformation" dabei war, die "katholi-sche" Kirche ins zweite Glied zu ver-weisen. Einer derartigen Bedrohunghatte sich die Kirche mit dem Papst ander Spitze zuletzt zu Beginn des 13.Jahrhunderts in Südfrankreich gegen-übergesehen, wo es den Katharern ge-lungen war, eine Gegenkirche zu instal-lieren und weite Gebiete zu dominieren.Griff man damals offiziell zum Mitteldes Kreuzzugs, versuchte man rund 200Jahre später auf böhmischem Gebiet, die

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Wogen auf dem Verhandlungswege zuglätten. Nach den Hussitenkriegen ge-langte man auf dem Konzil von Basel1433 zu einem Verständigungsfrieden inGestalt der sog. Kompaktaten, in denendie "böhmischen Ketzer", d.h. die Utra-quisten, als wahre Mitglieder der Kircheanerkannt wurden.

Hlaváček gelingt es in seiner knap-pen Einführung (7-19) die spezifische,durch Hussitentum und Bikonfessiona-lität geprägte Situation in Böhmen ohneallzu große Detailverliebtheit zu be-schreiben. Dies kennzeichnet auch seinweiteres Vorgehen: nahezu sämtlicheKapitel – die meisten stellen überarbei-tete Versionen andernorts publizierterArtikel dar, die zu einem kohärenten undstimmigen Ganzen verbunden wurden –bestechen durch klare Sprache undstringente Gedankenführung, was dasVerständnis der mitunter komplexenThematik nicht unerheblich erleichtert.

Die Arbeit gliedert sich in vier großeAbschnitte und behandelt nacheinander1. die böhmische Observanz und ihreStrukturen (19-41), 2. den nationalenPartikularismus bei den böhmischenFranziskanern (41-66), 3. die Ambiva-lenz zwischen Bildung und Antiintel-lektualismus in der böhmischen Franzis-kaner-Observanz (66-91) und schließlich4. die Franziskaner-Observanten zwi-schen böhmischer und europäischer Re-formation (91-121). Vier kleinere Ex-kurse behandeln anschließend das Wir-ken bedeutender Observanten im böhmi-schen Gebiet. Insbesondere der zweiteExkurs über Gabriel Rangoni von Vero-na und sein Engagement in Ostmitteleu-ropa und Italien wartet mit neuen Er-kenntnissen zur Biographie dieses für

die Frühzeit der böhmischen Observanzenorm einfußreichen Franziskaners auf(135-153). Erklärtes Ziel von HlaváčeksDarstellung ist es, mithilfe einer syste-matischen Strukturanalyse zur Beleuch-tung der Probleme beizutragen, die ander Wende vom 15. zum 16. Jahrhundertim Leben der böhmischen Franziskanereine wesentliche Rolle spielten. Dreigrundlegende Problemkreise werden da-bei behandelt. Neben dem Problem derKoexistenz unterschiedlicher Nationali-täten innerhalb des böhmischen Obser-vantenvikariats wird dem Verhältnis derObservanten zu Bildung, zum Studiumund zu Büchern und ihrem Wirken in ei-nem Gebiet, in dem nonkonforme Chris-ten nicht nur toleriert wurden, sondernauch die Mehrheit bildeten und die poli-tische Führung innehatten, nachgegan-gen. Chronologisch bewegt man sich ineinem Zeitraum, der von 1451 (dem Be-ginn der Predigtmission in Mitteleuropadurch Johannes Kapistran) bis 1530(dem Aufeinandertreffen der bisher iso-lierten böhmischen Reformation auf dieeuropäischen Reformationen) reicht. Mitdieser, an dem Konzept der longue du-rée ausgerichteten Darstellung, stößtHlaváček in eine Forschungslücke.

Die Entwicklung des böhmischenObservantenvikariats verläuft alles ande-re als linear. Obwohl ordensintern allzugroße Konkurrenz in Böhmen nichtzu befürchten war – nahezu sämtlicheKlöster der Konventualen waren in denHussitenkriegen untergegangen –, wardie Entwicklung des Vikariats keine rei-ne Erfolgsgeschichte. Eindrücklich be-schrieben wird, wie die zu Beginn ge-forderte und durch die Einsetzung italie-nischer Guardiane sichergestellte Supra-

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nationalität sich sehr schnell verflüch-tigte und eine Entwicklung beförderte,die sehr viel stärker das "nationale"Element berücksichtigte – national we-niger im Sinne einer postulierten Zuge-hörigkeit zum böhmischen, polnischenoder deutschen Königreich, sondern imSinne einer Sprachzugehörigkeit. Insbe-sondere die Rivalität zwischen Deut-schen und Tschechen innerhalb der Ob-servanz führte zu einem Partikularismus,der dem auf universalen Idealen grün-denden Orden eigentlich fremd war.Man machte sich selbst das Lebenschwer und musste nicht unerheblicheEnergie darauf verwenden, in den Jahr-zehnten bis 1530 zu einer befriedigen-den Lösung des Sprachenstreits und da-mit auch des territorialen Zuschnitts derOrdensstrukturen zu gelangen. Demnach außen deklarierten christlichenUniversalismus und der supranationalenStruktur des Franziskanerordens standim Inneren ein zunehmendes nationales,vor allem aber sprachnationales Be-wusstsein einzelner Brüder gegenüber.

Hatte sich die Frühobservanz pro-grammatisch um eine Rückkehr zu denursprünglichen Idealen des Franziskusbemüht und deshalb bestehende Kon-takte zu Universitäten und Ordensstudi-en abgebrochen, suchte man spätestensseit den 30-er Jahren des 15. Jahrhun-derts unter dem Einfluss der führendenPersönlichkeiten im Orden, darunter Jo-hannes Kapistran und Bernardino vonSiena, nach neuen Zugängen zu Bildung,Kunst und Kultur. Bei den böhmischenObservanten, die grundsätzlich als bil-dungsfeindlich galten, verlief dieserProzess äußerst schleppend. Dies wirdu.a. am Streit um die Einrichtung eines

Provinzstudiums illustriert. Die lutheri-sche Reformation machte dem zartenPflänzchen der Observanz ein jähes En-de. Hatten im böhmischen Raum zu-nächst nicht wenige Franziskaner mitden Ideen Luthers sympathisiert, führtenenergische Gegenmaßnahmen seitensdes Generalministers wieder zu einerzumindest oberflächlich einheitlichenLinie innerhalb des Gesamtordens. Die-se Maßnahmen trugen letztendlich dazubei, dass die Ordensprovinz in "klägli-che Trümmer" (118) zerfiel.

Mitunter hätte der Blick auf ähnlichgelagerte Probleme in anderen Regionen(wie in den in der Bibliographie nichtangeführten Arbeiten von Anne Müllerund Uwe Israel über Franziskanermis-sionen bzw. die multinational zusam-mengesetzten Klöster im Mittelalter be-schrieben), zu einer Schärfung derSichtweise beigetragen. Und die Tatsa-che, dass mit Michaels von Kärnten(gest. 1534) noch unedierter ChronicaFratrum Minorum de Observancia Pro-vincie Bohemie lediglich eine Haupt-quelle zur Verfügung steht, sollte Anlasszu besonderer methodischer Vorsichtsein – testis unus, testis nullus.

Festzuhalten bleibt, dass sich dieböhmische Observanz des späten Mittel-alters als Minderheitenkommunität inder Dauerkrise präsentiert, der es nichtgelingt, die für die Bewältigung der Kri-se nötigen Mittel zu finden. War mandurch den ständigen, konfliktträchtigenKontakt mit dem Anderen und Fremden,war man durch die stete Konfrontationmit einer großen ethnischen Vielfaltschlichtweg überfordert? Der Autor lie-fert zwar keine abschließende Antwort –zu viel bleibt hier noch im Forschungs-

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dunkel –, der Weg hin zu einer Beant-wortung dieser Frage wurde freilichüberzeugend gewiesen.Ralf Lützelschwab · Augsburger Str. 29 ·D-10789 Berlin ·[email protected]

Jacob Klinger, Minnereden im Druck.Studien zur Gattungsgeschichte imZeitalter des Medienwechsels (Philo-logische Studien und Quellen, 226),Erich Schmidt Verlag, Berlin 2010,448 S., 25 Abb.Die Geschichte der mittelhochdeutschenMinnerede gelangte nicht mit dem Be-ginn der Buchdruckzeit an ihr Ende.Zwar hat sich die bisherige Forschung(insbesondere Ingeborg Glier, Artesamandi, 1971) weitgehend auf dieseVorstellung geeinigt, aber die hier vor-liegende, 2005 an der FU Berlin vertei-digte Dissertation von Jacob Klingner,jedoch erst fünf Jahre später in denDruck gelangte Arbeit weist anderePerspektiven auf, die uns dazu zwingen,zum einen den Werdegang der Gattunginsgesamt neu zu beurteilen, zum ande-ren die globale Konzeption des Me-dienwechsels (Medienrevolution) z.T. zuhinterfragen, weil einzelne Genres wiedie Minnerede keineswegs speziell fürden breiten Buchmarkt bestimmt warenund daher nicht nach Publikations- undVerkaufszahlen beurteilt werden sollten.Bei Minnereden, die primär ein adligesPublikum anzielten, müssen wir vonvornherein eine sehr geringe Auflageannehmen, von Ausnahmen abgesehen,da ja hier gerade durch die stets wieder-holte Gestaltung des gleichen Motivs ein

traditionelles Tugendmuster durchge-spielt wird, auf das sich die kleine adligeoder patrizische Lesergruppe einschwö-ren soll. Dies erklärt recht gut, wiesoviele dieser gedruckten Minnereden nurunikal überliefert sind, was nichts überihre Bedeutung auszusagen hätte.

Klingner behauptet zwar keineswegs,dass die Minnereden des 15. und 16.Jahrhunderts ausschließlich aristokrati-sche Ideale verbreiteten, aber er insistierthier doch überzeugend darauf, dass dieseTexte ein elitäres Gruppenbewusstseinpropagierten, insoweit als hier häufig ei-ne geradezu utopische Gesellschaft ent-worfen wird, die sich der Minne gewid-met hat und daher ein ideales Verhaltenan den Tag legen muss. Manche Minne-reden verfolgten aber auch die Strategie,zwei Frauen miteinander über das wahreWesen der Liebe diskutieren zu lassen,wobei die eine häufiger rein materielleZiele anstrebt und sich somit gewisser-maßen als Prostituierte erweist.

Klingner beginnt mit einer Diskus-sion der Minnereden, die im Spätmittel-alter in gedruckter Fassung erschienensind. Darauf wendet er sich denjenigenzu, die speziell in Nürnberg, geschaffenvon Hans Folz und seinen Nachfolgern,gedruckt wurden. Das dritte Kapitelwidmet sich der Minnerede "Der neuenLiebe Buch" aus Ulm, worauf er dieje-nigen Minnereden behandelt, die inSimmern entstanden. Im fünften Teilfasst er die Ergebnisse seiner Untersu-chung zusammen, indem er vor allemauf die Problematik der so genanntenMedienrevolution hinweist. Nach demwissenschaftlichen Apparat (Literatur-verzeichnis) folgt noch ein umfangrei-cher Anhang, in dem neben den Druck-

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programmen von Hans Folz, KonradDinckmut und Hieronymus Rodler vorallem einige der interessantesten Minne-reden abgedruckt werden, d.h. "DerTraum", "Werbungszene", "Ein lustigerSpruch von der Buhlschaft" vonh JohannII. von Simmern und "Der Traum".

Neben den oben skizzierten Global-zielen strebt Klingner immer wieder an,die einzelnen Drucke genauer nachWerkzuschreibung, Autorschaft, Ziel-publikum, Textgestalt im Druck undnach dem Verlagsprogramm zu kontex-tualisieren. Am spannendsten erweisensich hierbei seine Untersuchungen zuden programmatischen Intentionen HansFolz' und Johanns von Simmern, diezwar ganz unterschiedlichen sozialenGruppen zuzuweisen sind (Handwerkerin der Stadt vs. Adliger), die aber trotz-dem mittels der Minnerede ganz bewussttraditionelle höfische Ideale verfochtenoder darstellten. Speziell für Ulm ver-mag Klingner zu konstatieren, dass dortalter Adel mit der neuen intellektuellenElite (Humanismus) verschmolz, wassich am gemeinsamen Interesse an derMinnerede zu erkennen gebe. Dort tratendaher auch wesentlich stärkere Distan-zierungsbemühungen des Patriziats ge-gen die Zünfte ins Rampenlicht. Kling-ner widmet sich natürlich auch umfang-reich den Verhältnissen in Heidelberg,wo ja bekanntlich sich ein bedeutenderLiteraturkreis gebildet hatte, der eben-falls Interesse an der Minnerede demon-strierte. Auffallenderweise ergeben sichrelativ wenige thematische Motive, sodie Minne als Jagd, das Gespräch zwi-schen zwei Frauen und das Bild der uto-pischen Gesellschaft, die der Minne ge-widmet ist und sich ironischerweise in

einem Kloster aufhält. Bedenkt man sichdiese inhaltlichen Bedingungen, er-scheint es sehr verständlich, dass es beidiesen Texten nicht um Massenproduktegehen sollte, denn das intendierte Publi-kum war von vornherein sehr be-schränkt. Hans Folz z.B. dürfte keines-wegs mittels seines Buchdrucks einenmateriellen Gewinn geschöpft haben,vielmehr erlaubte ihm sein anderweitigerworbenes Vermögen, als Buchdruckertätig zu sein.

Der Autor verfährt pragmatisch so,dass er neben den umfassenden und ver-gleichenden Darstellungen Spezialunter-suchungen durchführt, in denen er sorg-fältige Einzelanalysen von bedeutende-ren und aussagekräftigen Minneredenentwickelt. Diese beziehen sich abernicht nur auf die textlichen Aussagen,sondern sind stark literatursoziologischausgerichtet, insoweit als es immer wie-der um den oder die Drucker geht, dasIllustrationsprogramm und die Ver-marktung eines Textes. Klingner machtuns aber auch darauf aufmerksam, wiesehr gerade adlige Auftraggeber oderAutoren den Buchdruck dafür benutzten,um ein repräsentatives Prestige-Objektzu schaffen, womit diese Gattung derMinnereden eine recht hohe sozialhisto-rische Bedeutung erwarb. Klingner ent-wickelt nicht nur eine Reihe von bedeut-samen Einsichten in die Gattungsge-schichte der Minnerede weit bis ins 16.Jahrhundert, sondern bietet uns zugleicheine Fülle an neuen Einsichten zu vielenTexten, die bisher entweder nur sehrwenig oder noch niemals von der For-schung beachtet worden sind. Die Grün-de dafür liegen fast auf der Hand, dennes mangelt eigentlich allen Vertretern

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dieser Gattung an Innovation, geht esihnen ja vielmehr um die Bestätigungalter Wertvorstellungen, wie sie für denAdel typisch gewesen sind, und um dieEntwicklung eines Textcorpus, das demadligen Publikum zur Selbstbestätigungdienen sollte. Die Dichter realisierten ei-ne spezielle Option des Buchdrucks, lite-rarisches Material relativ einfach inkleiner Auflage zu reproduzieren, igno-rierten aber bewusst eine ganz andere,die der großen und finanziell erfolgrei-chen Vermarktung eines Buches. Mitdieser Einsicht ist zwar die These vonder Medienrevolution nicht einfach vomTisch gefegt, aber klug argumentierenddifferenziert worden.

Wirklich bedauerlich ist bei dieserumfangreichen und gründlich recher-chierten Arbeit das Fehlen eines Index.Eigenartig wirkt auch, dass Klingnerzwar immer wieder und durchaus zuRecht Kritik an der früheren Forschungübt, aber dann stets so viel Zurückhal-tung an den Tag legt, dass es nicht ganzklar wird, worin seine Gegenpositionwirklich besteht (so in der Auseinander-setzung mit Glier oder Werner Wunder-lich). Unpraktisch ist auch die Anord-nung des Apparats, denn die Bibliografiehätte ganz am Ende erscheinen sollen,nicht etwas versteckt vor den Textab-drucken, Druckprogrammen, Registernetc. Als sehr beeindruckend erweist sichaber ingesamt, wie es dem Autor gelun-gen ist, anhand eines doch ziemlichtrockenen und traditionell literarischenMaterials bedeutsame und weitreichendeErkenntnisse über die literarhistorischenBedingungen im späten 15. und 16.Jahrhundert zu gewinnen.Albrecht Classen

Der Königsegger Codex: Die Fecht-handschrift des Hauses Königsegg.Faksimile und Kommentarband, vonS. E. Johannes Königsegg-Aulendorf,André Schulze, Verlag Philipp vonZabern, Mainz 2010, 216 S. mit zahl-reichen farbigen Abb.Diese großformatige Edition einer derinzwischen weithin bekannten Fecht-handschriften des Hans Talhofer teiltsich in einen fest gebundenen Faksimile-Band und einen broschierten Kommen-tar. Wie auch in den anderen Kodizes, indenen dieser Fechtmeister die Methodenund Tricks des Nahkampfes beschreibt,wird sein Wissen hier ebenfalls durchgroßformatige farbige Zeichnungen ver-mittelt, die von knappen deutschen Bei-schriften erläutert werden. Themen derohne künstlerischen Anspruch hinge-worfenen Bilder sind Zweikämpfe mitund ohne Rüstung, mit und ohne Waf-fen, zu Fuß und zu Pferd. Das in dervorliegenden Ausgabe faksimilierteWerk ist um 1455 entstandenen; insge-samt haben sich fünf Originalma-nuskripte und neun Kopien der Talhof-schern Bücher erhalten; im heutigenBuchhandel würden sie wohl unter "Le-benshilfe" rangieren (vgl. G. Keil imVerfasserlexikon IX, 1995, Sp. 592-595,der unverständlicherweise nicht im Lite-raturverzeichnis aufscheint).

Der Kommentar bietet auf seinen 88Seiten bemerkenswert vielseitige Zu-gänge. Zunächst die Kodikologie unddie Transskription nebst Übersetzungder Texte finden sich hier, man stößt al-lerdings auf kleinere Ungenauigkeiten,auch versteht man nicht, weswegen Ge-reimtes nicht wie in der Handschrift zei-lengerecht abgedruckt ist. Weiter kom-

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men Abschnitte mit Geschichtlichemüber den Verfasser und seinen Beruf, dieGrafen zu Königsegg, die verwendetenRüstungen und Waffen (einschließlichdes Anlegens und der Handhabung), dieKampftechniken. Da der vorliegendeKodex auch eine historische Episode be-schreibt, nämlich den siegreichen Zwei-kampf des Junkers Lutold III. mit einemunbekannten Gegner, bei dem Talhoferals 'coach' wirkte, wird auch diese Pas-sage näher analysiert, von den Anfangs-ritualen bis zur Einsargung des Verlie-rers und zur ehrenvollen Verabschie-dung des Fechtmeisters. Auch auf dasheute so beliebte und publikumswirksa-me Medium der experimentellen Ar-chäologie haben die Herausgeber zu-rückgegriffen, indem die verschiedenenKampfsituationen für den Photographennachgestellt wurden (wobei dem Femi-nismus gehuldigt wird, indem auch eineKämpferin mitwirkt, was Talhofer höch-lich verwundert hätte).

Das Werk ist, wie angesichts dersonstigen phantastischen Usancen indiesem Metier hervorgehoben werdenmuß, bei ausgezeichneter Qualität zu ei-nem sehr guten Preis im Handel. Insge-samt eine geglückte Ausgabe dieser mi-litär- und kulturgeschichtlich interes-santen Handschrift, die man auch fürwissenschaftliche Fragestellungen alsQuelle heranziehen kann.Peter Dinzelbacher

Hartmut Kokott, "...singen fa, sol la /und tichten hoflich von den schönenweiben": Die Frauen des Oswald vonWolkenstein (Göppinger Arbeiten zur

Germanistik, 761), Kümmerle Verlag,Göppingen 2011, 106 S.Die Lieder Oswalds von Wolkensteinbieten sich immer wieder dazu an, neuekritische Fragestellungen zu entwickeln,denn sie erweisen sich sowohl formal alsauch inhaltlich als höchst bemerkens-werte literarische Zeugnisse des 15.Jahrhunderts. Nun legt Hartmut Kokotteinen etwas längeren Aufsatz in Buch-form vor, in dem es um die Darstellungund Behandlung von Frauen in den Lie-dern Oswalds geht. Bedenkt man, wiebreit gefächert das Gattungsspektrum beiOswald ist, überrascht es wenig, dasswir häufig von Frauen bei ihm hören,angefangen mit der Jungfrau Maria,worauf es um weibliche Heilige, Köni-ginnen und Fürstinnen sowie andereAdlige geht. Oswald setzte sich intensivmit der für ihn so unheilvollen AnnaHausmann auseinander, thematisiertenatürlich seine eigene Ehefrau, Marga-rete von Schwangau, um dazu in vielenLiebesliedern unterschiedliche Frauenfi-guren auftreten zu lassen. Kokott reflek-tiert kurz darüber, ob die Hinweise auf"Gret" oder "Grett" so verstanden wer-den könnten, dass dahinter Margarete zuverstehen sei oder nicht, was ich mehr-fach entschieden vertreten habe, wasaber Johannes Spicker immer wieder alsreine Spekulation abzulehnen versuchthat. Auch wenn Kokott in der 7. Anm.keine eigene Stellung dazu bezieht, ver-steht er dann durchweg die einschlägi-gen Lieder als eindeutige Belege dafür,dass Oswald auf seine Braut bzw. Ehe-frau einging. Können wir damit die Hy-pothesen Spickers ad acta legen? Esscheint mir an der Zeit zu sein.

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Oswald lässt auch einige Frauen ausdem bäuerlichen Stand auftreten und zö-gert auch nicht, über die Damen in derStadt sowie über Prostituierte zu han-deln, wie Kokott in seinem Überblicknoch einmal vorstellt (er nennt sie nur"käufliche Frauen"). Wieso er in diesemZusammenhang nicht auf das bedeuten-de Lied Kl. 25 eingegangen ist, wo jasowohl eine Kupplerin als auch, etwasversteckt, eine Hure auftreten, ist mir einRätsel. Dass die Tradition Neidharts fürOswald natürlich eine gewichtige Rollespielt, bedarf kaum der besonderen Er-wähnung.

Kokott verdient Anerkennung dafür,in dieser kleinen Studie das Thema'Frau' in den Liedern Oswalds gebündeltvorgestellt und sympathisch dargestelltzu haben, nur vermag man nicht so rechtzu erkennen, inwieweit hier neue Er-kenntnisse entwickelt werden. Wedertheoretisch noch philologisch entdeckeich hier innovative Perspektiven.Albrecht Classen

Justin E. A. Kroesen, Seitenaltäre inmittelalterlichen Kirchen. Standort –Raum – Liturgie, Schnell u. Steiner,Regensburg 2010, 151 S. mit 113 far-bigen Abb.Eine zusammenfassende Darstellung derNebenaltäre im Rahmen der innerenSakraltopographie des mittelalterlichenKirchenbaus fehlte bis jetzt; sie liegt nunhier aus der Feder des bekannten Gro-ninger Kunsthistorikers vor und ergänztbesonders seine umfangreiche Publika-tion zu den Dorfkirchen von 2004 (vgl.Mediaevistik 19, 2006, S. 484 ff.). Der

Verfasser geht von einer beneidenswer-ten gesamteuropäischen Denkmäler-kenntnis aus, die sich auch auf Objektein so abgelegenen Gegenden wie Nord-norwegen oder dem oberösterreichenMühlviertel erstreckt. Ausgezeichneteund eigens für diesen Band erstellte Ab-bildungen illustrieren einläßlich dieTexte. Diese schildern die Möglichkei-ten, im Mittelalter – und ganz besondersim späten Mittelalter – Seitenaltäre imKirchenraum zu positionieren (in man-chen Gotteshäusern waren es mehrereDutzende, wie einleitend nachgewiesenwird). Man fand sie vor der Reformationund den katholischen Liturgiereformenim Langhaus an den Pfeilern, in denSeitenkapellen, an den Seitenwänden;vor dem Lettner oder den Chorschran-ken, im Querschiff, an der östlichenLanghauswand; und schließlich auch imChor. Einige eher selten genutzte Räumewaren die Sakristei und die Krypta (mankönnte ergänzen: und der Nonnenchorwie z.B. in der Nonnberger Stiftskirchein Salzburg, sowie der Kreuzgang wiez.B. im St. Marien-Stift in Trier-Pfalzel).Auch auf einige spezielle Entwicklungwird man aufmerksam gemacht, so diein die Wand eingelassenen Altarnischen,die kleinen Fenster zur Beleuchtung vonSeitenaltären und die sog. Squints, klei-ne Öffnungen, durch die der am Neben-altar zelebrierende Priester die Vorgängeam Hauptaltar beobachten konnte.

Die im Untertitel angekündigtenThemen Standort und Raum werden mitzahlreichen Beispielen abgehandelt, aberInformationen über die Liturgie und dieGründe für die Vervielfältigung dieserElemente im ausgehenden Mittelalter(Zunahme der Privatmessen) hätte man

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sich ausführlicher gewünscht. Ein Altarkonnte ja selbstverständlich nur imRahmen des kanonisch-rechtlich Vorge-gebenen errichtet werden, wie stand esdamit? Gab es doch Synodalbschlüssewie jenen Mainzer von 1261, die dieZahl der Altäre pro Kirche beschränkten,wie in diesem Falle auf drei1? Undtrotzdem schon damals diese Überzahlan Nebenaltären! Auch hatte in jenerEpoche der Altar keineswegs nur liturgi-sche Funktion, wie doch kürzlich von S.Viek ausführlich dargelegt2.

Kroesens Ziel aber war es, deskriptiv"die visuelle Wirkung, die die großeZahl von Seitenaltären im späten Mittel-alter auf den Kirchenraum hatte, an-schaulich darzustellen" (S. 141). Dies istihm mit dem vorliegenden Band hervor-ragend gelungen, und zwar sowohl inkunstwissenschaftlicher3 als auch in äs-thetischer Hinsicht.Peter Dinzelbacher

1 Heinrich Otto, Handbuch der kirchlichenKunst-Archäologie des deutschen Mittel-alters I, Leipzig 5. Aufl. 1883, 129. Die-ses ungemein reichhaltige und keines-wegs überholte Werk sollte endlich alsReprint wieder zugänglich gemacht wer-den!

2 Der mittelalterliche Altar als Rechtsstät-te: Mediaevistik 17, 2004, S. 95-184.

3 S. 128 Anm. 213 ist eine nirgendwo auf-gelöste Abkürzung verwendet.

Rosemarie McGerr, A LancastrianMirror for Princes: The Yale LawSchool New Statutes of England, In-diana University Press, Bloomington2011, xv, 212 pp., 80 color and black-and-white illustrations.

Rosemarie McGerr's A Lancastrian Mir-ror for Princes is an in-depth study of alavishly-illustrated copy of the 15th-century legal compendium called theNew Statutes of England. McGerr'sstated purpose in discussing this par-ticular manuscript is "to offer a new ex-ploration of what kind of 'work' a fif-teenth-century legal manuscript mightdo and what forms of representation andrhetorical strategies it might share withmedieval manuscripts in other genres"(1-2). This she does quite well in a clear,well-researched, scholarly study.

McGerr begins by laying out thehistory of legal compendia in England.Statute books such as the New Statutesof England were records of all the legaldecisions in post-conquest English his-tory, organized by king and regnal year.There was a massive increase in copiesover the 15th century, due largely,McGerr argues, to an increased desireamong the wealthy and educated classesto know their rights in a tumultuous pe-riod. McGerr discusses the companionvolume, the Old Statutes of England, avolume entirely in Latin that contained"a selection of important statutes fromprior to the reign of Edward III" (17).After Edward III, all parliamentary deci-sions were recorded in French andwidely disseminated. In many cases,editions of the "new," (i.e., post-Ed-wardian) statute book contained blankquires at the end, allowing the book togrow as English law did, and attesting tothe importance of such legal compendiafor a large audience eager for legalknowledge.

McGerr argues that this manuscriptis specifically important because of its

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unique illustrations which are thus ex-plicitly pro-Lancastrian. This, she ar-gues, is an example of how "medievaltexts—including legal texts—take someof their meaning from their manuscriptcontexts" (39). The specific context forthe Yale New Statutes is Lancastrian, asattested through both the repetition ofMargaret of Anjou's arms and the royalportraits that appear throughout themanuscript. The latter, McGerr believes,"suggests a unified sequence of kings inwhich Henry VI participates but EdwardIV does not—a major theme of Henry'ssupporters" (45). Moreover, as theseportraits show only the king and few orno advisors, these portraits emphasizefor McGerr the role of the king in mak-ing English law while downplaying therole of parliament, reflecting "Lancas-trian concerns about parliamentarypower after 1453" (51). She spends agreat deal of time dissecting the portraitof Henry VI, demonstrating how it per-forms Lancastrian claims about both themagnanimity of Henry VI's reign andthe sanctity of Henry himself. Her caseis well made, highlighting how neces-sary it is to pay attention to the interplaybetween text and image in a givenmanuscript.

This chapter is followed by two closestudies, one on the relationship betweenthis manuscript and Margaret of Anjou,and the other on the relationship be-tween the New Statutes manuscript andthe speculum regis genre. McGerr ar-gues that the Yale manuscript has twofunctions for Margaret. On the one hand,it seems to fit in series of propagandamaneuvers, including both literarycommissions and staged pageants, de-

signed to link Margaret to the concept ofDivine Grace. On the other hand, itseems to have been part of a larger pro-gram by Margaret of Anjou to prepareher son Edward for the throne as early aspossible. McGerr concludes that Marga-ret's political and textual history makeher a likely candidate for "including lawin Prince Edward's studies and commis-sioning a statute book for her son thatwould also serve as a mirror for princeshighlighting the integral connectionbetween law and good kingship" (98).McGerr points out the Lancastrianovertones of the Yale New Statutes fitwell in a household that was known tocontain instructive works such asKnyghthode and Bataile, as well as nu-merous works specifically addressed toPrince Edward, including Ashby's Deactiua pollecia principis and possiblyFortescue's De laudibus legum Angliae.Its role in the self-construction of theLancastrian court cannot, therefore, beoverlooked.

Yet it is worth remembering, asMcGerr points out, that "both the evi-dence of the Yale Nova statuta and theknown historical circumstances of 1470-1471 suggest that the manuscript maynever have been presented" (121). Allthe same, McGerr's argument about theimportance of a manuscript's visualcontext remains a valid one. Too oftenmedievalists—especially younger ones—are presented with clean, blank textsfrom which to draw our conclusions;even those of us who go back to thesources rarely pay attention to, say, theinteraction between tale and portrait inthe Ellesmere Canterbury Tales, or therole of illuminations in the Pearl manu-

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script. McGerr has done an excellent jobin reminding her audience to pay atten-tion not only to the words in the manu-script, but their margin as well.McGerr's prose is fantastic, too, flowingnaturally and being free from unneces-sary jargon. I was most pleased by hercareful handling of doubt—many things"seem to be" or "suggest" rather than"are" a certain way. This rhetoric makesfor a refreshingly honest lack of cer-tainty that seems to be rare in modernscholarship, and is all the more powerfulfor the way that she prefaces and quali-fies her arguments clearly and concisely.Jacob Lewis · University of Arkansas ·331 Kimpel Hall · Fayetteville ·AR 72701 · [email protected]

William Langland, Piers Plowman. AParallel-Text Edition of the A, B, Cand Z Versions, ed. A. V. C. Schmidt,I: Longman, London 1995, xv, 762 S.,II: Medieval Institute Publications,Kalamzoo 2008, xiii, 950 S.Schon längst ist der Umschlag der erstenBandes verblaßt, als, kaum noch erwar-tet, sein indispensables Komplementdoch noch die Druckpresse verließ.Überflüssig zu betonen: Diese beidenmonumentalen Bände sind ein Ereignisfür alle Experten des Mittelenglischen.Wenn Schmidts Interesse auch deutlichim sehr spezialisierten Bereich derTextphilologie und Wortkunde liegt –die im größten Teil des Kommentarban-des abgehandelt werden –, so darf hierdoch gefragt werden, worin der Nutzendieser Edition für den Allgemeinmediä-visten liegt. Natürlich einmal in der Be-reitstellung der vier wichtigsten Tradi-

tonsstränge des bekanntlich vom Autorselbst mehrmals publizierten Werkes imBand I. Die "Vision Peters des Pflügers"liegt nun im Paralleldruck mitsamt denvariae lectiones vor und natürlich unterEinbezug aller heute bekannten Text-zeugen von Relevanz.

Der umfangreichere zweite Bandenthält die Beschreibung und Bewertungder Handschriften, die editorischenGrundlagen und einen Essay über denAutor, die allegorische Vision und ihreRevisionen. Die textphilologischen No-ten umfassen fast 170 S., der – für dasallgemeine Publikum besonders wichti-ge – Sachkommentar etwa 250. Esdürfte kaum möglich sein, diese diffizileAllegorie des 14. Jahrhunderts ohne diegenannten Erläuterungen wirklich zuverstehen. Eine umfängliche Bibliogra-phie und ein vollständiges Glossar run-den den Band ab. Dann folgen noch vierAppendices u.a. über das Metrum desGedichts.

Man wird wohl ohne Übertreibungsagen können, daß Schmidts metikulöseAusgabe für das 21. Jahrhundert vonderselben Bedeutung ist, die Skeatsgroßartige Arbeit für das 19. hatte.Peter Dinzelbacher

Lawrin Armstrong and Julius Kir-shner, eds., The Politics of Law in La-te Medieval and Renaissance Italy:Essays in Honour of Lauro Martines(Toronto Studies in Medieval Law),University of Toronto Press, Toronto,Buffalo, and London 2011, x, 229 pp.The sixties witnessed a renewed interestin Gramsci and his modified Marxistmodel founded on overdetermination of

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the social superstructure relative to eco-nomic base, which revision engenderedthe theory of hegemony, or ideologicalpower. This concept was not absentfrom the mind of Martines, as he himselfadmits in the introductory essay to thisnew tome from Toronto, when he en-gaged in research to locate Florence'slearned lawyers as agents and actors inthe social and political context of theItalian Renaissance, his endeavors re-sulting in the landmark work, Lawyersand Statecraft in Renaissance Florence(Princeton, 1968). Were one to poll thecontributors to the present volume, Mar-tines's overarching and, to borrowKirshner's phrase from his critical re-view herein, "unapologetically instru-mentalist" conclusion in Statecraft, thatFlorentine lawyers at least from 1434onward dedicated their professionalskills to enhancing executive power andhence facilitating the principate, seemsto have yielded to a more nuanced visionof the independence of the legal profes-sion. Rather, his great contribution hasproven to be the reliance on extensivearchival research and utilization of cor-respondence, notarial records, guild rec-ords, minutes of the Signoria, tax andfiscal records, diplomatic exchanges, li-bri di famiglia, and perhaps most im-portant for present purposes, consilia,pro parte and sapientis, i.e., partisanbriefs and advisory opinions penned bythe learned lawyers who were the sub-ject of his original study. Not surpris-ingly, therefore, this Festschrift on thefortieth anniversary of Martines's semi-nal work evokes a certain sentiment akinto Nietzsche's critique of Schopenhauerthat the errors of great men are vener-

able because more fruitful than the truthsof little men. Nonetheless, perhaps evenbecause of this, it seems fitting that thepublisher has chosen the present volumeto inaugurate its new series in MedievalLaw.

As already noted, this book beginswith a brief reflection in the nature ofapologia by Martines on the composi-tion of Statecraft accompanied by JuliusKirschner's thirty-odd page perspica-cious retrospective on that work, situat-ing Martines's efforts in the context ofthe field as it existed, and also raising ashe says, "contextual challenges attendingconsilia as a historical source." (38)What follows are papers by seven of thebrightest of the succeeding generation ofscholars dealing with the interplay oflaw and politics in late medieval andRenaissance Italy and depending signifi-cantly upon consilia.

The first of these, Sara Menzinger's"Consilium sapientum: Lawmen and theItalian Popular communes," examinesthe role of learned lawyers during theperiod of innovation that witnessedwidespread adoption of the podestasystem and emergence of "popular"government, two turning points of thethirteenth century antedating and indeedprecursory to the focus of Martines'swork. Examining the import and contentof consilia, Menzinger argues that whilelearned lawyers tended overwhelminglyto stem from noble families, their opin-ions were integral to legitimization ofregimes founded on "legality" and to ju-dicial systems capable of rationalizingan increasingly complex politico-judicialsystem. At the same time, the dedicationof learned lawyers to what essentially

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constituted a legal culture frequentlymanifested what the author labels "anemerging affinity" (50) between learnedlaw and democratic principles.

In "from Rule of Law to EmergencyRule in Renaissance Florence," MoritzIsenmann alone among the contributorsto this volume raises a voice harmoniz-ing with the instrumentalism of its dedi-catee, arguing that learned lawyers, bydeveloping doctrines of "necessity" or"Public safety" as justifications foremergency legislation departing fromnormal legal procedures, ultimately pro-duced a state of institutionalized emer-gency. Whether or not, as Isenmanncontends, this was the unavoidable con-sequence of contradictions inherent inthe legal and political culture, particu-larly between rule of law and state ofexception, he makes an interesting casethat "[b]y legitimizing the suspension ofaccountability . . . . . and therefore of le-gality for the sake of preserving the re-gime (stato), medieval jurists liberatedstatecraft from the restraints imposed bythe law and paved the way for a concen-tration of power that would lead in thelast instance to the constitution of themodern state" (76).

Susanne Lepsius contributes a fasci-nating miniature of "Paolo di Castro asConsultant: Applying and InterpretingFlorence's Statutes," analyzing the fif-teenth-century jurist's approach tostatutory construction in a series of con-silia dealing with the subject of dowry,in which the proprietary resolutionswere not infrequently of great state aswell as private concern. The emergingportrait is one of subtlety quite at oddswith either gross generalizations by

some legal historians regarding strict ornarrow interpretation of statutory lawvis-à-vis the ius commune, or Martines'sfunctionalist conclusion that jurists were"to iron out difficulties in the existing set[of laws] so as to make for a more effi-cient and smoother execution of thetasks of government."

Another miniature as it were is pre-sented in Lorenzo Tanzini's "An 'Oracleof the law': Tommaso Salvetti and HisAdnotationes ad statuta florentina," de-tailing the drafting of his commentary onthe long-lived book 2 of the Statutum,and arguing that regardless of class andstate, for learned lawyers "there re-mained a significant space in which theywere able to express their professionalidentity."

Thomas Kuehn in "Lawyers andHousecraft in Renaissance Florence: ThePolitics of Private Consilia," also deal-ing de dote with particular regard to Resquae and the issue of surety, comparestwo consilia, one from 1403, the otherten years later. Each was the creation ofa panel of jurists, the earlier beingsomewhat more Florentine than the sec-ond. According to Kuehn, while the con-silia reach the same conclusion, the useof authority may suggest that the moreFlorentine panel wished to display itsknowledge of the ius commune, themore "foreign" panel itsfamiliarity withFlorentine law and practice. More im-portant, however, is the manifest con-cern of both for equity, and the effort tolend authority by numbers in a systemdevoid of binding doctrines of stare de-cisis.

The precarious guild government ofthe Florentine populo from 1378-82

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provides the setting for Robert Fredona's"Baldus de Ubaldis on Conspiracy andLaesa Maiestas in Late Trecento Flor-ence." Analyzing consilia hinging on is-sues of the city's claims of maiestas andhence, complaints of treason, Fredonaargues that Baldo crafted reasonedopinions maintaining the separation ofius commune and municipal statute,thence protecting both private rightsfrom capricious and unrestrained publicaction and the independence of law frompolitical expedience.

Finally, Osvaldo Cavallar turns againto the issue of treason, this time "Laesamaiestas in Renaissance Lucca," and theuse of the concept as a sword againsttyranny and a means of confiscation ofgoods. More particularly, the authoranalyzes two consilia by BartolomeoSozzini, the first dealing with the si-gnoria of Paolo Guinigi, the second witha plot involving Andrea di Biagio Mei tobetray the city into Florentine hands.Once again, the lawyerly product sug-gests an independence and a dedicationto equitable concerns, denying claims ofthe state treasury in favor of ascendants,descendants and collaterals of the ac-cused retaining at least part of the wealthat issue.

The tendency of the foregoing sub-missions to depend on Martines's archi-val focus and to depart from his morejaundiced view of learned lawyers andtheir role in the political development ofthe Renaissance Italian city-state doesnot escape Lawrin Armstrong in hisbrief afterword, in which he expresseshis own skepticism of the relative auton-omy of the legal profession, noting, "Iremain unconvinced, because the rela-

tive autonomy of lawyers and law rarelyseems to threaten the political and socialstatus quo . . ." One could argue suchdubeity borders upon Pyrrhonism and isborn of the failure to recognize that lawas a restraint on power is bound to actreflexively. Regardless, this volumestands as a fitting monument to the con-tribution of Martines as an innovator inRenaissance history and archival re-search, and is to be much recommendedfor anyone interested in the current stateof Renaissance legal history and itsevolution over the last four decades.Scott L. Taylor · Pima CommunityCollege · Tucson, Arizona ·[email protected]

Living Saints of the Thirteenth Cen-tury. The Lives of Yvette, Anchoressof Huy; Juliana of Cornillon, Authorof the Corpus Christi Feast; and Mar-garet the Lame, Anchoress of Magde-burg. Ed. and with an Introduction byAnneke B. Mulder-Bakker. Transla-tions by Jo Ann McNamara, BarbaraNewman, and Gertrud Jaron Lewisand Tilman Lewis (Medieval Women– Texts and Contexts, 20), Brepols,Turnhout 2011, ix, 414 pp.Late-medieval religious devotion grewin leaps and bounds, and increasinglyalso laypeople were in the position togain highest respect for their personaldedication and piety, whether we thinkof beguines/beguards, who were, how-ever, often attacked and criticized, oranchorites/anchoresses. In fact, espe-cially the latter group was often regardedas holy people, which subsequently mo-

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tivated their confessors or others, suchas James of Vitry, to write down theirvitae. As research has already observed,many of those mulieres religiosae en-joyed highest authority, far supersedingthat of the local priests, especially whenthey voluntarily entered an anchoriticcell for the rest of their lives. Whilesome of them established an existencewithin a monastery, the majority lived aslay people in the city and there gainedgreatest respect for their spirituality andlife as a recluse because the interest inprivate devotion was intense especiallyin the Low Countries where we find themost anchoresses/anchorites (WalterSimons, Cities of Ladies, 2001). As An-neke B. Mulder-Bakker emphasizes inthe introduction to the present volumewith English translations of three vitae,the enclosure took place in complex pro-cess or ritual, in which the pious womanwas publicly transformed into God'sherold and identified as a companion ofall the angels (25).

These vitae were written out ofgreatest respect for those holy people,and they obviously appealed to widercircles of devout readers/listeners in theurban communities where "faith was acommunal affair" (39). The present bookcontains, in English translation, the Lifeof Yvette, Anchoresse of Huy, written byHugh of Floreffe (trans. by Jo AnnMcNamara on the basis of the editionprepared by Mulder-Bakker), the Life ofJuliana of Cornillon (trans. by BarbaraNewman), and the Life of Margaret theLame, anchoress of Magdeburg, com-posed by Friar Johannes O.P. of Magde-burg (trans. and rev. by Gertrud JaronLewis and Tilman Lewis on the basis of

an edition prepared by Mulder-Bakker).Following the lengthy introduction byMulder-Bakker, who nicely summarizeswhat we know about the institution ofthe anchorites/anchoresses, we comeacross a complete list of all the thir-teenth-century southern Netherlandishsaints' lives (Newman and Mulder-Bakker), which then leads to the trans-lated texts. Each time we find an exten-sive introduction to the recluse in whichthe authors pursue a critical perspective,analyzing carefully what we really knowabout those individuals and how they ledtheir lives. After all, being bricketed indid not simply mean to be completelyshut off from the world; on the contrary,those holy women (and some men) con-tinued to enjoy great public respect andauthority; moreover, they continued tomanage their personal finances and theyserved their community well as advisorsand peace-makers. Of course, it wouldhave been a big plus if the original texthad been published side by side with thetranslation, but this would have forcedthe editor to limit the text selection toonly one or two vitae. This very pleasantvolume concludes with a select bibliog-raphy and an index.Albrecht Classen

Tanja Mattern: Literatur der Zister-zienserinnen. Edition und Untersu-chung einer Wienhäuser Legenden-handschrift, A. Francke Verlag, Tü-bingen und Basel 2011, 446 S.Die niederdeutsche Handschrift 3 derKlosterbibliothek Wienhausen enthältauf der Basis der Legenda aurea des Ja-

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cobus de Voragine neben einer Auswahlweiblicher Heiligenviten einen liturgi-schen Teil, der sich aus einem Text überdie Kirchweihe (ebenfalls Legenda au-rea) und einem Messerklärungstext zu-sammensetzt. Obwohl die WienhäuserLegendenhandschrift zu den älterenvolkssprachlichen Zeugnissen der Klosterbibliothek gehört, hat sie in derForschung bislang wenig Beachtung ge-funden.

Die Kölner Dissertation von TanjaMattern schließt diese Lücke. Die um-fang- und detailreiche Studie beleuchtet,klar strukturiert und gut nachvollziehbar,die Einbettung der Wienhäuser Legen-denhandschrift in ihren kultur- und lite-raturhistorischen Kontext. Ausgangs-punkt bietet dabei in einem ersten Teildie Erschließung der Handschrift (S. 5-24) und ihre diplomatische Edition(S. 25-122), der zudem ein kurzerKommentar beigegeben wird. An Stellenschlechter Lesbarkeit hat die VerfasserinKorrekturen vorgenommen, die im Ap-parat verzeichnet sind. Im Kommentarist die Auswahl jener Verse, die über-setzt wurden, nicht immer nachvollzieh-bar. Eine Übersetzung im Ganzen bötesich möglicherweise an.

Im zweiten Teil der Arbeit stehen dieAnalysen des Messerklärungstextes, derLegenden und des Kirchweihtextes imMittelpunkt, die vor allem das Rezepti-onsverhältnis zur Legenda aurea genau-er aufzeigen sowie die Vermittlungs-und Translationsstrategien untersuchen.Der Nachweis der Abhängigkeitsver-hältnisse zur Legenda aurea wird exem-plarisch anhand einer Synopse derAgneslegende vorgeführt. Wünschens-

wert wäre hier, aus Gründen bessererVeranschaulichung, eine übersichtliche-re Präsentation (beispielsweise: der Ver-gleich auf der Basis des lateinischenTextes, die direkte Gegenüberstellungder "gleichen" Textpassagen, die Ver-wendung von Kursivierung für Abwei-chungen in beiden Texten etc.).

Die mittelniederdeutschen Legendenstimmen, so das Analyseergebnis, aufder Handlungsebene mit der Version derLegenda aurea überein. Abweichungenbestehen in der mnd. Version durch dasFehlen der Namensetymologie am Be-ginn und der Datierungen am Ende. Obvon einem "narrativ höheren Stellenwertdes Innenlebens der Figuren" (S. 176)gesprochen werden kann oder ob gene-rell ein stärkerer Fokus auf Affekte imRahmen der mittelalterlichen Wir-kungsästhetik sichtbar ist, bleibt nur an-gedeutet und bietet Raum für weitereUntersuchungen. Entscheidend ist, dassanders als in den Quellen, so Mattern,eine empathische Textlektüre beabsich-tigt war, denn auch in der Messliturgiesteht die Identifizierung mit dem LeidenJesu im Vordergrund. Anhand dieserhier nur in Kürze skizzierten und weite-rer Indizien geht Mattern davon aus,dass der Bearbeitung ein gemeinsamesKonzept zugrunde lag (S. 185) und derText sich entsprechend an ein Laien-publikum, aber auch an ein klerikalesPublikum richtete.

Um die Spezifik der einzelnen Texteherauszustellen, wird in einem drittenTeil (S. 189-206) die literaturhistorischeSituierung untersucht, an die sich in ei-nem vierten Teil (S. 207-276) Überle-gungen zum kulturhistorischen Kontext

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anschließen. Dabei stehen vor allem dieFragen nach dem Entstehungs- und Ge-brauchszusammenhang sowie den litera-rischen Interessen der Frauenklöster imFokus. Obwohl kein definitiver Rezi-pientenkreis festgelegt werden könne,setze jeder Umgang mit den Texten, soMattern, ein umfangreiches Grundwis-sen, Sprachkenntnisse, theologische undrhetorische Kompetenzen voraus(S. 211). Das literarische Interesse derNonnen ist durch weitere Texte, wiedem im 14. Jahrhundert entstandenenFragment eines Osterspiels oder demWienhäuser Liederbuch sowie durch dieneun vollständig erhaltenen Bildteppicheim Kloster bezeugt. Den "Beginn volks-sprachiger Literatur im Kloster Wien-hausen" (S. 230) sieht die Verfasserinmit der Legendenhandschrift um 1300,was auf die Existenz weiterer Texteschließen ließe. Entsprechende Indizienfindet sie in Eintragungen des Totenbu-ches, in dem u.a. Schenkungen deutscherBücher erwähnt wurden (S. 232f.). Zu-dem hebt Mattern den Text-Bild-Bezug,der auch auf eine im Kloster bestehendeTradition hinweisen könnte, zwischenden Ausmalungen des Wienhäuser Non-nenchors und dem Legendar hervor, dain beide Programme die Legenden vonCäcilia, Lucia, Agatha, Agnes und Ka-tharina eingebunden sind (S. 273).

Die frühe Rezeption der LegendaAurea im niederdeutschen Raum wirddurch die Wienhäuser Legendenhand-schrift und die Bruchstücke der ZeitzerLegenda Aurea, auf die Christoph Fas-bender kürzlich hingewiesen hat, bestä-tigt.1 Obwohl zwischen den Hand-schriften keine eindeutige Abhängigkeit

besteht, ist eine gemeinsame Vorlagenicht auszuschließen. Vor allem aber be-stätigen beide Texte eine Präferenz derVersrezeption im Niederdeutschen ge-genüber den Prosafassungen im Süden.Hier ließen sich weitere Überlegungenzum Gebrauchszusammenhang und zuRezeptionstraditionen anschließen, dieMattern unberücksichtigt lässt.

In einem fünften Schritt, (S. 277-340), erweitert die Autorin ihren Fokusauf andere Zisterzienserinnenklöster, in-dem sie die Wienhäuser Legendenhand-schrift mit dem Buch von den heiligenMägden und Frauen, Hs. L 69, derLichtenthaler Nonne Regula vergleicht(S. 277-340). Dabei zeichne sich in bei-den Texten die Extrapolation von Vitenweiblicher Heiligen aus übergreifendenWerken ab, so dass, wie die Verfasserinmeint, die Rolle der Frau im Christen-tum betont wird und wie im WienhäuserNonnenchor Frauen gleichberechtigt ne-ben den Männern erscheinen. Sie resü-miert, dass die Zusammenschau weibli-cher Heiligenbiographien in der variie-renden Ausfaltung des immer gleichenThemas die wesentlichen Aspekte einesHeiligenideals hervortreten lasse, das fürein frauenmonastisches Publikum at-traktiv sein sollte.

Die umfassende Arbeit erschließtnicht nur den Text, sondern leistet einenwesentlichen Beitrag für die Erfor-schung der deutschsprachigen Literaturdes Zisterzienserordens. Die Zisterzi-enserinnen in Wienhausen erbrachten, sostellt Mattern abschließend fest, "wich-tige kulturelle Transferleistungen"(S. 387) an der Schnittstelle zwischenLatein und Volkssprache einerseits und

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zwischen Kleriker- und Laienkultur an-dererseits.Dr. Gesine Mierke · Institut fürGermanistik und Kommunikation ·Thüringer Weg 11 · 09107 Chemnitz ·[email protected]

1 Vgl.: Christoph Fasbender, Die Zeitzer'Legenda aurea'. Fragmente einer unbe-kannten niederdeutschen Versübertra-gung. In: Niederdeutsches Jahrbuch 131(2008), S. 7-17.

The Medieval Chronicle VII. Guested. Juliana Dresvina and NicholasSparks. General Ed. Erik Kooper,Editions Rodopi, Amsterdam andNew York 2011, ix, 266 pp., 1 fron-tispiece, 1 ill.The seventh volume of The MedievalChronicle consists of the papers thatwere presented at the first CambridgeInternational Chronicle Symposiumfrom July 11-13, 2008 (the 2012 confer-ence took place in Oxford). There aretwelve papers (all written in English)and one edition of a fifteenth-centuryMiddle English verse chronicle, Arthur(ca. 1412- ca. 1428), edited by MarijePots and Erik Kooper, who also providea detailed introduction. The focus of thisvolume rests exclusively on chroniclesfrom the British Isles and Ireland.Nicholas Evans examines early-medie-val Irish chronicles in light of the ques-tion what sources they might have drawnmaterial from. Sally Lamb investigatesthe impact of omissions and inclusionsin the Anglo-Saxon Chronicle for theeighth and ninth centuries. NicholasSparks revisits the famous Parker Chro-

nology as to the internal problems andcontradictions regarding chronology.Thea Summerfield pays close attentionto the presentation of Brutus in the His-toria Brittonum, in the Anglo-SaxonChronicle, and in Geoffrey of Mon-mouth's Historia Regum Britanniae.Alain Cooper studies Walter Map's Denugis curialium in light of his portrayalof Henry I as a positive contrast imageto that of his grandson, Henry II. JaneRoberts investigates Laзamon's treat-ment of the brothers Ældad and Aldolfin his Brut as illustration how much thechronicler tried to inject a sense of theurgency to embrace the idea of the cru-sade. Helen Fulton analyzes the MiddleWelsh (fourteenth-century) YstoryaDared, which represents a vernacularversion of the Latin version of De Ex-cidio Troiae Historia, and suggests thatthe author/s perceived it to be a chroni-cle in its own terms, building a smoothbridge in the chronology of the Britishpeople. Meredith Clermont-Ferrand dis-cusses several late-medieval Englishchronicles in which the figure of Joan ofArc played a significant but negativerole, while in the English Chronicle1377-1461 she is simply left out as un-worthy of note. Sarah L. Peverley ex-amines the wide range of literary andhistorical sources which John Hardyngused when he composed his MiddleEnglish verse chronicle (ca. 1457). Thelast two entries by Matthew Phillpottand Anna Seregina address sixteenth-century English chronicles.

The volume is introduced by JuliaBolton Holloway's wide-ranging articleon the 'bricolage,' as I have called it("Literarische Diskurs-Bricolage . . .,"

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Strukturen und Funktionen in Geschich-te und Gegenwart, 2007), which deter-mines much chronological writing in theMiddle Ages, especially because theboundaries between literary and histo-riographical writing were rather low.Her topic is a large one, but the discus-sion proves to be a bit short, withoutadding too many new insights. Modernmyth-makers who identify PresidentKennedy as the avatar of King Arthurbasically pursue the same strategy today.Employing the term 'hypertexting' seemsquite appropriate here, which intrigu-ingly links modern-day informationprocessing and presentation online withmedieval chronicle writing.

There is no index. All articles havefollowed the same formal criteria and donot seem to go much beyond the originaloral presentation. Nevertheless, this is aworthy continuation of the series editedby Erik Kooper.Albrecht Classen

Freimut Löser, Hg., Meister Eckhartin Augsburg. Deutsche Mystik desMittelalters in Kloster, Stadt undSchule. Katalog zur Handschriften-ausstellung in der Schatzkammer derUniversitätsbibliothek Augsburg (18.Mai bis 29. Juli 2011), Universitätsbi-bliothek Augsburg, Augsburg 2011,216 S, zahlreiche Ill.Dieser wunderbare Ausstellungskatalogführt uns durch die Welt Meister Eck-harts, wie sie durch mittelalterlicheHandschriften gespiegelt wird, die einst-mals in Augsburg lagerten oder heutedort noch zu finden sind. Der größte Teildavon wird heute natürlich in München

aufbewahrt, aber die Organisatorenkonnten viele Leihgaben von dort er-halten, was diese Ausstellung besondersattraktiv macht. Die Handschriften ausAugsburg stammten alle von Frauenklö-stern und waren insgesamt mittelhoch-deutsch geschrieben. Lateinische Werkevon ihm gab es nicht, und auch nichtsolche aus Männerklöstern, aber dieslässt sich z. T. mit dem Abbrennen z. B.des Franziskanerklosters erklären. Auchim städtischen Privatbesitz und in derUniversitätsbibliothek befanden sichEckhart Handschriften.

Der Katalog beginnt mit einer sehrsympathischen Einführung Freimut Lö-sers in das Leben und Werk Eckharts,gefolgt von einem Aufsatz Günter Hä-geles über bestimmte Handschriften-gruppen in der Oettingen-Wallerstein-schen Bibliothek. Bettina Wagner wid-met sich dem Korpus der Eckhart-Hand-schriften in der Bayerischen Staats-bibliothek München, während KlausVogelgsang und Ulrike zuckerschwertdie einzelnen Klöster, Konvente undStifte vorstellen, aus denen die Augs-burger Eckhart-Handschriften stammten.Der wesentliche Teil des Katalogs um-fasst die Beschreibung der Textzeugen,zu denen am Ende auch noch eine Hand-schrift der Gertrud der Großen vonHelfta aus St. Stephan in Augsburgkommt, die belegt, welchen großen Ein-fluss die Mystik auf den schwäbischenRaum ausübte. Den Abschluss bilden ei-ne Konkordanz der Handschriften undDrucke, das Verzeichnis der abgekürz-ten Literatur, Autorsiglen und der Ab-bildungsnachweis.

Die Qualität der Handschriften-Ab-bildungen ist wunderbar und so klar,

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dass man meistens die Texte mühelosentziffern kann. Mit Befriedigung stelltman auch fest, dass bei jeder Beschrei-bung auch eine ausführliche Bibliogra-phie angefügt worden ist. Besondershervorheben möchte ich zum Schlussnoch einmal den Aufsatz von Löser,dem es außerordentlich gut gelingt, aufrelativ wenigen Seiten die wesentlich-sten Aspekte im Leben Eckharts vor un-sere Augen zu führen. Dieser Katalogbeeindruckt in jeder Hinsicht.Albrecht Classen

Jean-Marie Moeglin, Kaisertum undallerchristlichster König 1214 bis 1500(Deutsch-französische Geschichte, 2),Wissenschaftliche Buchgesellschaft,Darmstadt 2010, 384 S.Das Verfassen von Überblicksdarstel-lungen, die sowohl auf ein Fachpubli-kum als auch auf den Kreis der "interes-sierten Laien" abzielen, ist ein ausge-sprochen anspruchsvolles Unterfangen.Vorausgesetzt wird nicht allein eine(zumeist durch jahrzehntelange For-schungen erworbene) Vertrautheit mitder Materie, sondern die Fähigkeit, miteiner überbordenden Stofffülle so umzu-gehen, dass Wichtiges erwähnt, ein in-ternes Beziehungsgeflecht konstituiertund Kohärenz geschaffen wird, der Le-ser gleichzeitig aber nicht verzweifeltvor der Fülle der Details kapituliert. Mitanderen Worten: Gabe der Dispositionund Mut zur Lücke sind untrennbar mit-einander verbunden. Der discretio desVerfassers obliegt es, darüber zu befin-den, was an modernen Forschungstrendsbleibt und was eher allgemeinen "Mo-

den" geschuldet ist. Schließlich gilt es,den Stoff in angemessene sprachlicheForm zu kleiden. Ältere von uns erin-nern sich (zumeist mit sehr gemischtenGefühlen) an die mit Details überfrach-teten, sprachlich sperrigen Bleiwüsten,die lange Zeit den – deutschen – Marktder Handbücher und anderer Über-blicksdarstellungen dominierten. Das zurBesprechung vorliegende Werk ist si-cherlich nicht letzterer Kategorie zuzu-ordnen, im Gegenteil. Es präsentiert sichals Teilband einer groß angelegten Rei-he, in der – der Bedeutung der deutsch-französischen Beziehungen angemessen– die gemeinsame Geschichte vom frü-hen Mittelalter bis in die Gegenwart ei-ner detaillierten, sich auf der Höhe deraktuellen Forschung bewegenden Ge-samtschau unterzogen werden soll. Vonden geplanten elf Bänden sind inzwi-schen acht lieferbar. Immerhin zweiBände sind dem Mittelalter gewidmet.2005 legte Rolf Große den ersten, VomFrankenreich zu den Ursprüngen derNationalstaaten betitelten Band der Rei-he vor. Nach dieser fulminanten, maß-stabsetzenden Darstellung war es nun anJean-Marie Moeglin, Professor für Mit-telalterliche Geschichte an der Univer-sité Paris IV (Sorbonne) und einer derbesten Kenner der Materie, den Blickauf das späte Mittelalter zu richten. An-ders als es der Titel des Bandes sugge-riert, handelt es sich nicht um eine Dar-stellung "klassischen Zuschnitts", in derdie Institutionen- bzw. Politikgeschichtedominiert. Moeglins Anspruch an einemoderne Darstellung ist hoch: er will ei-nen Beitrag zur Kulturgeschichte beiderLänder leisten – etwas, was ihm (sovielsei bereits vorweggenommen) gelingt.

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Mit sicherem, die Quellen in all ihremthematischen Reichtum souverän über-blickendem Zugriff gelingt ihm dasKunststück, Geschichte wissenschaftlichzuverlässig und gut lesbar zum Sprechenzu bringen. Dass sich die Darstellunggroßteils geradezu spannend präsentiert,ist als weiterer Pluspunkt zu vermerkenund dürfte einer weiten Verbreitung si-cherlich nicht im Wege stehen.

Abgedeckt wird ein Zeitraum vonrund 300 Jahren, beginnend mit derSchlacht von Bouvines 1214, in der derfranzösische König einen glanzvollenSieg über den mit dem römisch-deutschen Kaiser verbündeten engli-schen König davontrug und endend mitder Epochenwende vom 15. zum 16.Jahrhundert. Dem Problem des zu be-handelnden geographischen Raums be-gegnet Moeglin pragmatisch geschickt.Die problematischen Gebiete wie Flan-dern oder Burgund werden zwar nichtins Zentrum der Betrachtungen gerückt,ihre Versuche, aus unklaren Zugehörig-keiten je nach politischer Großwetterla-ge Gewinn zu ziehen, jedoch sehr wohlthematisiert. Der Stoff wird zunächst indrei große Abschnitte unterteilt – Über-blick (I), Fragen und Perspektiven (II),Bibliographie (III) –, die jedoch, um denVerfasser selbst zu zitieren, "alleAspekte der bestehenden Beziehungenzwischen beiden Ländern während derletzten Jahrhunderte des Mittelalters"(10) berücksichtigen. GeographischeKarten der beiden Königreiche (12) bzw.des nordfranzösisch-flandrischen Raums(364) erleichtern ebenso wie eine Zeitta-fel (365-368) den inhaltlichen Zugang.

Im ersten Abschnitt finden sich An-gaben zum Grenzverlauf zwischen bei-

den Ländern, zu den politischen undwirtschaftlichen Beziehungen und zumkulturellen Austausch. Die hier auf rund190 Seiten gelieferten, stets zuverlässi-gen Informationen können getrost unterder Rubrik "Bestandsaufnahme" ver-bucht werden. Ungleich spannender prä-sentieren sich jedoch die im zweiten Ab-schnitt aufgeworfenen Fragen und Per-spektiven. Hier geht es beispielsweisedarum, was eine "Grenze" tatsächlichkonstituiert. Angesprochen wird nichtmehr nur ein geographisch mehr oderminder stabiler Grenzverlauf, sondernauch die "Grenze in den Köpfen", diebeispielsweise aus unterschiedlicherSprache resultiert. Vorliegende Darstel-lung versteht sich als Beziehungsge-schichte: Beziehungen zwischen Staatensind solche zwischen Menschen. Folge-richtig wird so dem Problem der Bevöl-kerungsbewegungen anhand punktuellerBewegungen auf Reisen oder Pilger-fahrten, zeitlich begrenzter Aufenthaltebeispielsweise zu Studienzwecken undendgültiger Niederlassungen nachge-gangen. Aus unterschiedlichsten Kon-takten entsteht der "Blick auf den Ande-ren", der nicht zuletzt angesichts massiveingeschränkter Mobilität im spätenMittelalter jedoch immer defizitär seinmusste. Moeglin thematisiert den Be-reich von Klischees und Stereotypen da-bei ebenso wie die Problematik einerStärkung nationaler Identität mit denMitteln gegenseitiger Konfrontation.Zuletzt wird hier auch eine Antwort aufdie Frage "Franzosen und Deutsche:Erbfeinde?" versucht. Hervorzuhebenist, dass Moeglin nicht der Versuchungerliegt, Einzelbelege in den Quellenüberzubewerten – insbesondere im Be-

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reich der gegenseitigen Wirtschaftskon-takte ist diese Gefahr durchaus gegeben.

Die umfangreiche Bibliographiefolgt in ihrer Gliederung der in den bei-den Hauptabschnitten zuvor behandeltenKapitelstruktur, was das Auffinden vonLiteratur mitunter unnötig erschwert.Auch wenn jeder den ein oder anderenForschungsbeitrag vermissen wird, sosind doch sämtliche, für die Thematikrelevanten Monographien und Artikelangeführt.

Und selbstverständlich gibt es – un-vermeidlich bei einem derartigen Projekt– auch thematische Lücken. Kritik hättehier freilich den schalen Beigeschmackdes Besserwisserischen. Der Verfasserhat Mut zur Lücke bewiesen – und bleibtauch hier überzeugend.

Summa summarum: ein sehr gut les-bares, solides Wissen vermittelndes undweitere Forschungsperspektiven auf-zeigendes Überblickswerk, das Be-ziehungsgeschichte in bestem Sinneschreibt.Ralf Lützelschwab · FU Berlin ·[email protected]

Mittelhochdeutsche Sangspruchdich-tung des 13. Jahrhunderts. Mittel-hochdeutsche / Neuhochdeutsch. Hg.,übersetzt und kommentiert von Theo-dor Nolte und Volker Schupp, PhilippReclam jun., Stuttgart 2011, 515 S.Die vorliegende Anthologie bemühtsich, im Gegensatz zu früheren Editio-nen, die mittelhochdeutsche Sangspruch-dichtung nicht nach dem Handschriften-prinzip oder nach Dichtern geordnet inAuswahl anzubieten, sondern themati-

sche Gruppen zu entwickeln, um so ei-nen möglichst repräsentativen und aus-sagekräftigen Überblick zu verschaffen.Diese schließen ein: 1. Religion, 2. Poli-tik (König, Reich und Papst), 3. Politik(Preisstrophen und Totenklagen), 4.Spielmännisches, 5. Gnomik, 6. Sängerunter sich, 7. Tugendlehre, Hoflehre undHofkritik, Kunst, 8. Minne, Frau, Ehe,9a. Unterhaltung (Rätsel), 9b. Unterhal-tung (Priameln), 9c. Unterhaltung (Sinnund Unsinn). Im Anhang finden sichAngaben bzw. Kommentare zu den Au-toren (Biografien) und zu den Texten,ein Verzeichnis der Handschriften undder -siglen, ein Nachwort, ein Abkür-zungsverzeichnis der Literaturangaben,die Bibliografie und ein Autorenregister.Innerhalb der einzelnen Textgruppenbemühen sich die Herausgeber, annä-hernd eine chronologische Sequenz ein-zuhalten, was aber auf Grund mangeln-der Daten, die wir eben nicht über diemeisten Dichter verfügen, nur rechtschwer durchzuführen ist. Die Überset-zung der Sangsprüche zielt darauf, sonahe wie möglich am Text zu bleiben,zugleich aber in Prosaform den heuteüblichen Sprachfluss und -klang zu be-obachten. Viele Stichproben bestätigen,dass Nolte und Schupp hier sehr solideArbeit geleistet haben, erweisen sich jadie Übersetzungen durchweg als solideund vertrauenserweckend.

Das Auswahlprinzip dieser Antholo-gie erweist sich als überraschend abersehr ergiebig, denn damit wird der Leserendlich mit dem spezifischen Diskurskonfrontiert, der die spätmittelalterlicheSangspruchdichtung beherrschte. Wal-ther von der Vogelweise erscheint z. B.nicht mehr als der einzige, der sich über

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politische oder kirchliche Dinge äußerte.Die vorliegende Sammlung erlaubt also,den breiteren Kontext besser wahrzu-nehmen, allerdings wäre es doch hilf-reich gewesen, zumindest dort, wo wirungefähr eine Datierung vornehmenkönnen, diese auch anzubieten, dennsonst bleiben gerade die politischen Lie-der in einem etwas seltsamen Vakuum.Die knappen Angaben in den Anmer-kungen kommen zu spät oder sind zuverborgen gehalten. Insgesamt aber ge-fällt mir diese Anthologie ungemein gut,halte ich sie ja für extrem hilfreich gera-de für den Seminarunterricht. Der Leserwird mit großem Erstaunen feststellen,wie modern so manche dieser Sangsprü-che klingen, die zeitlose Probleme undThemen ansprechen. Leider fehlt hierein Sach-Index, und sogar ein Registerder Liedanfänge ist uns vorenthaltenworden.Albrecht Classen

Historicizing the "Beyond": TheMongolian Invasion as a New Dimen-sion of Violence? Ed. by Frank Krä-mer, Katharina Schmidt, and JulikaSinger (Transcultural Studies), Uni-versitätsverlag Winter, Heidelberg2011, 187 S., 27 b/w and color ill.The attack of Europe by the Mongolscontinues to be most shocking andamazing for most historians. It was sucha surprise, and was so effective, withvirtually no European force being able toresist the Asian attackers. The same, ofcourse, had applied to the entire Asiancontinent, including the Middle and the

Near East. Only Japan, which the Mon-gols attacked in 1274 and 1281, success-fully resisted, although the Japanesecertainly suffered from a deep trauma aswell. There are many reasons for thisunbelievable military history, whetherwe think of the structure built by Ghen-gis Khan, the highly mobile operations,the Mongols' extraordinary adaptabilityand flexibility in waging their wars, andthe incredible degree of brutality withwhich they decimated their enemies andprisoners.

The contributors to the present vol-ume are particularly interested in evalu-ating the form of violence exerted by theMongols and in analyzing its particularfeatures. Surprisingly, there is hardlyany theoretical reflection on violence assuch and on violence in the MiddleAges, not to speak of violence as em-ployed by specific cultural groups (Cru-saders vs. Mongols, for instance). Onlyon the basis of one fleeting reference byJuliane Schiel can we assume that thepapers were originally presented in aworkshop at the University of Heidel-berg (35), but the editors do not shedany light on the institutional set up andthe time frame of their project.

The fairly thin volume is divided intothree larger groups, 1. Theories and Stra-tegies of Extraordinary Violence; II.Nomadic Violence under the Micro-scope, and III. Historicizing Extraordi-nary Violence. We can for our purposesmostly ignore the third section because itdeals with the history of reception of theMongol wars especially in modern Japa-nese history (19th and 20th century) andliterature, and in recent western histori-cal novels.

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Juliane Schiel begins the range ofarticles by discussing the concept of"creative destruction" developed bythe Austrian economist Joseph AloisSchumpeter in the 1940s. Capitalismworks only well if, so Schumpeter, therehappens to be from time to time devas-tating destruction, which leads to newcreativity and innovation. Schiel tries toapply this idea to the Mongol wars andthen also to the defeat and conquest ofConstantinople in 1453. One could pos-sibly accept this hypothesis for the lattercase since massive numbers of Greekscholars subsequently fled to Europe andthereby launched the much more inten-sive study of Greek, which in turnhelped to promote the Renaissance. Butthe Mongol wars had virtually no impacton western Europe, since the attackswere regarded as so outlandish and un-believable and did not target the landswest of Hungary, or at least refrainedfrom that at the end. Especially theMongols' quick withdrawal after Ghen-gis's death in 1227 left the observersrather baffled. Although Schiel empha-sizes that the Mongols' violence was notnecessarily of a new dimension, bothprevious scholarship and the contribu-tions by other scholars to this volumepretty much contradict her in strongterms.

Already the next paper by KatharinaSchmidt highlights the specific orienta-tion toward violence within Mongol so-ciety which allowed them to establishextraordinary military discipline and tohorrify their enemies, whom they oftendefeated and subjugated simply by ter-rorizing them psychologically throughreports of indiscriminate massacres of

the inhabitants of those cities or castlesthat had dared to resist the Mongols.Schmidt also resorts to the ethno-socio-logist Georg Elwert's concept of the"market of violence" typical of such so-cieties, but it seems rather problematicto transfer that idea developed on the ba-sis of violence in modern-day Africannations to thirteenth-century Mongolia.This approach she contrasts with theideas that form the basis of NorbertElias's concept of the process of civili-zation, who had viewed the Crusade asan attempt to channel and suppress vio-lence in Christian Europe, for instance,which is, however, both completelywrong as we know now in light of Cru-sade historiography and as regards thearguments of this paper.

Johannes Giessauf studies the wayhow western witnesses responded to theastounding degree of violence exertedby the Mongols, such as the chroniclerRoger of Torre Maggiore and John ofPiano Carpine, who consistently under-scored the extreme form of cruelty andbrutality, which resulted in "total war-fare and deliberate terror" (63).

In the second section Charles R.Bowlus discusses the early history of theMagyars as a parallel case of a nomadicpeople establishing itself between 860and 955 (when they were actually de-feated by Otto I at the battle of Lech-feld). But the comparison quickly endsthere because none of those early-medieval nomadic people, including theHuns or Avars, had the same resourcesand manpower as the Mongols had.This, however, allows him to argue quiteconvincingly that the Mongols realizedquickly that the land mass west of Rus-

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sia was too underdeveloped and impov-erished as to sustain their own extensivemilitary operations, particularly in lightof their conquests of Poland and Hun-gary. However, considering the Mon-gols' superior logistics and advance un-derstanding of their enemies, it seemsunlikely that they were unaware of therelatively well-developed Holy RomanEmpire, France, or Italy. Ironically,Bowlus explicitly rejects the notion thatthe 'creative destruction' brought aboutby the Mongols led to the rise of thewestern world, undermining Schiel's ar-guments even further, without engagingwith her points in any specific way.

Reuven Amitai discusses individualcases of Mongol tactics, looking at theirtaking of a city in the Jazīra and innorthern Syria: Martyropolis (in Greek,Silvan in modern Turkish; ancient capi-tal of the Kingdom of Armenia), andAleppo. He draws primarily from con-temporary Arabic sources representingthe etic (outside) perspective (with emicbeing the inside, subjective, perspec-tive). Frank Krämer examines the con-ditions that led to the fall of Bagdhadinto Mongol hands in 1258. But insteadof pursuing a catastrophic viewpoint, heemphasizes that the city had previouslysuffered from a steady decline for manyyears and was in part already in ruinswhen the enemies arrived. There hadbeen devastating fires, floodings, and acivil war; hence the 1258 event was, soto speak, only the last straw. Neverthe-less, as Krämer's analysis elucidates, theway how Hülegü prepared and carriedout his military campaign for years since1253, indicates that the Mongols did notsimply sweep in, took, and left again.

They were most impressive masters ofthe art of warfare and demonstratedamazing military leadership, movingforward in a highly systematic way,squashing all resistance on their way,like a tsunami.

As far as our interests are concerned,Judith Fröhlich concludes the relevantsections of this book with an article onthe Mongol invasion of Japan in 1274and 1281, which failed, of course, asnoted above, though the fear of the in-vaders stayed behind ever since. Thevolume is rounded off with studies onmodern reception history written by JuleNowoitnick and Julika Singer. StefanWeinfurter presents a brief preface onthe intentions pursued by the new series"Transcultural Studies," while the edi-tors offer a good introduction. Oddly, awhole paragraph on p. 13 is literally re-peated on, or lifted from, p. 42. The vol-ume concludes with a register for peopleand one for places. Again, oddly, whileeverything else is kept in English, heresuddenly German words have been used.Otherwise, this volume was excellentlycopy-edited. The only shortcoming thatreally would have to be addressed is thelack of critical engagement with recentstudies on violence in the Middle Ages,see, for instance, the contributions toViolence in Medieval Courtly Literature,ed. A. Classen, 2004; extensive bibliog-raphy there).Albrecht Classen

Carsten Morsch, Blickwendungen.Virtuelle Räume und Wahrneh-mungserfahrungen in höfischen Er-zählungen um 1200 (Philologische

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Studien und Quellen, 230), ErichSchmidt Verlag, Berlin 2011, 303 S.Obwohl es nirgends im Vorwort oder inder Bibliografie vermerkt wird, handeltes sich hier um eine Berliner Disserta-tion von 2010. Morsch wendet sich einerReihe von sehr bekannten höfischenTexten um 1200 zu, in denen er spezielleStrategien wahrnimmt, mittels des Bli-ckes durch den Protagonisten Räumewahrzunehmen und sie epistemologischzu durchdringen. Damit möchte er eine"Poetik der Visualität" herauskristallisie-ren und illustriert dies anhand der fol-genden Texte bzw. Passagen: HerzogErnst B, Hartmanns von Aue Der armeHeinrich, die Gawan-Handlung in Wolf-rams von Eschenbach Parzival, die rele-vanten Szenen im gleichen Roman, wodie Figur Keie auftritt, ein Text vonBaudri de Bourgeuil, der StraßburgerAlexander, Mauritius von Craûn, Kon-rads von Würzburg Partonopier undMeliur, Pleiers Meleranz und eine Reiheanderer, auf die er zur Unterstützungseiner Thesen zurückgreift.

Morsch strebt danach, visuelle Ope-rationen als wesentliche Handlungsvor-gänge in den Texten zu identifizieren,beschreibt daher solche Aspekte wieteilnehmende Beobachtung, Orientie-rungsversuche der Protagonisten, detail-lierte Einblicke in Innenräume wieSchlafzimmer, wie sie uns die Dichtervermitteln, und deklariert das Aufdeckendes Zeichens als das entscheidende Ele-ment der Visualisierungsmethoden inden höfischen Verserzählungen. Gleicheingangs erfahren wir, dass damit dieAugenzeugenschaft gemeint sein soll,die uns über die materielle Präsenz vonObjekten oder Figuren hinausführen

mag. Dann aber postuliert er, es gehedarum, den "Raum nicht als euklidi-sche[n] Behälterraum, sondern vor demHintergrund eines performativen Raum-verständnisse" (11) wahrzunehmen. Mirist nicht ganz klar, was damit wirklichgemeint sein soll, wie es überhauptschwerfällt, tatsächlich zu greifen, wor-um es in dieser zwar recht umfangrei-chen Arbeit gehen könnte. Weder dietheoretische Einleitung noch die aus-führlichen Diskussionen bestimmterSzenen oder Kapitel in den jeweiligenTexten helfen da wirklich weiter, dennschließlich präsentiert uns jeder Dichterin einer oder anderen Weise das Vorge-hen seiner Protagonisten und situiert siestets in ganz konkreten Räumen, was wirauch so ganz selbstverständlich begrei-fen, ohne eines großen theoretischenKonstrukts zu bedürfen.

Wenn Morsch das Verhältnis vonKörper und Schrift abwägt, klingt dieszwar vielversprechend, führt aber ei-gentlich nur in eine sehr undefinierbareRichtung. Es trifft ja gar nicht zu, dassBeobachter das Feld bestimmten, wenn-gleich natürlich überall geschaut wird,was zum Wesen des Menschen gehört.Für Morsch spielen die "Wahrneh-mungserfahrungen" (34) eine zentraleRolle, doch handelt es sich dabei um ei-nen kaum tragfähigen theoretischen An-satz, wirklich das Element der Visuali-sierung im performativen Kontext zugreifen.

Hinsichtlich der größeren Texte, diehier zur Sprache kommen, gilt leider,dass der Autor praktisch kaum über eineinhaltliche Zusammenfassung hinausgelangt, wenngleich er immer wiederversucht, interpretativ vorzugehen. Der

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theoretische Jargon täuscht darüber hin-weg, dass wir eigentlich keine neue Ein-sicht vorgesetzt bekommen, z. B. wennMorsch erklärt: "Begreift man die vonErnst mitgeführten wunder in diesemSinne auch als mnemonische Bilder,können ihre Deformationen als weiteredem Körper eingeschriebene Semanti-sierungen gelesen werden" (85-86). Na-türlich blicken und erblicken die Prota-gonisten immer etwas, aber was sollenwir damit weiterhin anfangen? Mit Er-staunen stellt man fest, dass genau die-jenige Stelle, wo eine Person durch denBlick in einen Raum ihre innere Trans-formation erlebt, nämlich in HartmannsDer arme Heinrich, nicht angemessenberücksichtigt wird, weil sich der Autordann gleich wieder in abstrakten Refle-xionen über Medialität verliert und,hübsch neudeutsch, über die "Involve-ment" des Helden spricht (129). Ich er-laube mir, um meine Kritik auf denPunkt zu bringen, auf meine eigene Ar-beit zu diesem Thema hinzuweisen, dieMorsch wohl nicht bekannt gewordenist: "Herz und Seele in Hartmanns vonAue "Der arme Heinrich." Der mittelal-terliche Dichter als Psychologe?," in:Mediaevistik 14 (2003): 7-30.

Was mag wohl der Begriff "Körper-raum" (136) hinsichtlich Gawans Ope-rationen im Parzival besagen? Oder"Ordnungsraum" (139). Hier raunt einJargon des jüngsten Visualitätsdiskurses,der aber nach meiner Meinung letztlichkaum festen Boden unter den Füßen ge-winnt. Ein letztes Beispiel, zur Obîe undObilot Szene: "Der Text wird dabeidialogisch und offeriert zugleich demRezipienten in diesem . . . verdichtetenaudio-visuellen Raum ein Präsenz-Ge-

fühl unmittelbaren Belauschens" (145).Besonders interessant hätte die Diskus-sion zum Mauritius von Craûn werdenkönnen, erzeugt ja der Held seine eige-nen Räume mit dem künstlichen Schiff,durchdringt Räume und zerstört dabeidie traditionelle Idylle, aber Morsch be-schränkt sich auf die erneute Beschrei-bung des eleganten Bettes und gelangtzu der doch reichlich bedenklichen,gänzlich irrelevanten Schlussfolgerun-gen: "Zumindest bislang erscheinen die-se Räume komplexer als die Cyber-space-Architekturen der Virtual Reality,die das Hyper-Medium des Computerszwar in Echtzeit errechnen, aber ohnekreative Blickwendung seiner User nuroberflächlich animieren kann" (236).

So geht es dann immer weiter, undman legt diese Arbeit verärgert wiederhin. Gut, als Doktorarbeit kann sie si-cherlich bestehen, und der Autor ver-dient sogar Anerkennung für den wis-senschaftlichen Stil und die theoretischeAbsicherung seiner Beobachtungen. Esbleibt aber insgesamt bei einer bedauer-lich wenig aussagekräftigen Arbeit, dievieles wiederkäut, ohne tatsächlich neueErkenntnisse vorzulegen. Das Buchschließt mit einer Bibliografie, es fehltaber ein Index. Wenn man nicht ganzgenau hinschaut, hat man immerSchwierigkeiten, genau zu wissen, wel-cher Text gerade wo besprochen wird.Albrecht Classen

Nadia Margolis, An Introduction toChristine de Pizan (New Perspectiveson Medieval Literature: Authors andTraditions), University Press of Flo-

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rida, Gainesville et al. 2011, xxiv, 273pp.The importance of Christine de Pizan asa writer, as a feminist, and also as thefirst female French Humanist, as NadiaMargolis rightly points out in the intro-duction to her new book, is unquestion-able. The number of editions, transla-tions, introductions, and biographies isactually legion, and yet Christine hasproven to be fairly resistant against anyprevious attempts to provide a completeand comprehensive survey and discus-sion of her works. But this is preciselywhat Margolis attempts to do, and, notto hold back, she does so quite success-fully, especially considering her targetedaudience, newcomers to Christine, andadvanced students. However, compara-tists will certainly welcome her insight-ful and precise summaries of each of thepoet's many texts as well, and the bib-liographical guide at the end, the resultof extensive and exhausting research(not exhaustive, as she hastens to addherself), actually offers excellent schol-arly tools in approaching specific poemsby Christine (critical edition, Englishtranslation).

Margolis endeavors to write in afashion that aspires to be as straightfor-ward as possible, keeping the endnotesto a minimum, although she is in fullcommand of the relevant research lit-erature. Scholars will find this approacha bit frustrating, especially since it doesnot seem likely, considering the modernmedia culture, that beginning studentswould still consult introductory studiesin print kept in libraries. On the otherhand, the information presented here onall of Christine's works would be very

hard to find, if at all, on the web. More-over, the presentation of that informationis done in a masterful and authoritativeway.

In the first chapter Margolis dis-cusses Christine's life and time, then sheturns to her early works, especially herlyric poetry and debates. The thirdchapter is dedicated to historical, politi-cal, and religious treatises and narra-tives, while the fourth chapter examinesChristine's sources and the kind of re-ception history which she experienced.The volume concludes with a very ex-tensive glossary, the bibliographicalguide, notes, and an index. I particularlylike the efforts to contextualize Chris-tine's life to some extent, giving us thehistorical and cultural background sorelevant for all of her work. The sectionon the sources appears to be a little toothin, such as the discussion of Boethius'sDe consolatione philosophiae (ca.524/525), upon whom Christine reliedheavily, but which is not adequately in-troduced here. The same applies toThomas Aquinas or to travel accounts.Nevertheless, the newcomer to Christineabove all is very well served, and we canonly hope that this pleasant introductorymonograph will find many readersamong the younger or older studentpopulation. Apart from that, Margolis'serudition never fails, so we will be ableto rely on her biographical sketch in fu-ture research.Albrecht Classen

Nevra Neçipoğlu, Byzantium Betweenthe Ottomans and the Latins. Politicsand Society in the Late Empire, Cam-

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bridge University Press, Cambridge2009, XXII + 350 pp., 3 carte illustra-tive. ISBN 978-0-521-87738-1.Il libro di Nevra Neçipoğlu – rielabora-zione della sua tesi di dottorato di ri-cerca – concerne gli atteggiamenti po-litici dominanti con cui i diversi stratidella società tardo-bizantina guardavano,da una parte, al sempre più forte regnoosmanico e, dall'altra, all'Occidente la-tino. L'arco temporale preso in esame siestende per quasi un secolo, dal 1382fino alla caduta dell'Impero Bizantino(1453) e delle sue ultime propaggini nelcontinente europeo (1460). Dopo unabreve illustrazione del tema e delle fontiprese in considerazione (pp. 3-17), cosìcome dell'evoluzione storica dell'ImperoBizantino a partire dal 1204 (pp. 18-38),l'autrice analizza attraverso un casestudy i diversi orientamenti politicipresso i maggiori centri dell'età tardo-bizantina: Tessalonica, Costantinopoli ela regione della Morea.

Nella scelta e nella lettura delle fontistoriche si muove in un ambito già bennoto alla precedente bizantinistica,tranne che nella valutazione dello storio-grafo Critobulo. Infatti N. ritiene cheCritobulo sia stato un rappresentante diquel gruppo sociale che nell'Impero"riconobbe il sultano Maometto II comeil legittimo successore degli imperatoricristiani bizantini"1, sebbene taleconclusione risulti troppo azzardata o,quantomeno, suscettibile di frainten-dimenti, poiché la dedica introduttiva delΣυγγραφ¾ ἱστοριῶν indirizzata a Mao-metto II2 non si lascia così facilmenteinterpretare in questa direzione.

Nella parte seguente il lettore vieneintrodotto alla storia dell'Impero in età

tardo-bizantina. Sotto il concetto parti-colarmente calzante, anche in sensogeopolitico, di "Byzantine dilemma",viene chiarita l'ardua situazione politicaed economica del regno, soprattutto inrapporto ai vari popoli che si oppone-vano alla supremazia di Bisanzio. Illento, progressivo e sempre più profondoallontanamento fra l'Occidente latino el'Oriente greco, iniziato già in epocaprecedente e accentuatosi poi in etàbizantina (soprattutto dopo l'esperienzatraumatizzante della conquista latina diCostantinopoli nel 1204 e dopo l'ascesadelle Repubbliche Marinare nei territoriitalici riconquistati all'Impero nel 1261),viene qui spiegato nella sua "contrad-dittorietà", in riferimento all'immagina-rio del mondo latino affermatosi aBisanzio fra risentimento e stretto con-tatto quotidiano, economico e commer-ciale. A questo punto della trattazione, epiù in generale in tutto il libro, vienedato particolare valore all'esatta defini-zione delle dimensioni concettuali: siaquando cita i "latini", sia quando parladegli "osmanici", N. non si riferisceesclusivamente al contenuto religioso diqueste definizioni, bensì anche allediverse connotazioni politiche e geo-grafiche ad esse sottese. Inoltre alcuneconsiderazioni introduttive gettano lucesulla relazione fra i bizantini e l'appenainstaurato regno osmanico, ripercorren-do brevemente alcuni punti ancora sen-sibilmente controversi nella storia deglistudi. Questo excursus inizia dalla primaformazione della società osmanica comeuna comunità di guerrieri ghazi a partiredai primi piani di conquista di Costan-tinopoli di Bayezid I (pp. 24-25), per poiarrivare al tributo fiscale dovuto dai

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bizantini agli osmanici nei primi anni '70del XIV secolo ed alla caduta delle areeancora sotto il controllo bizantino. L'au-trice riesce, dunque, ad illustrare tutte leimplicazioni politiche e sociali di questomomento storico, incluse le proble-matiche religiose legate all'unità dellaChiesa, fornendo un quadro particolar-mente organico ed esaustivo dell'altale-nante dialettica "avvicinamento / crisi"nelle relazioni fra bizantini e primaciviltà osmana nell'ultimo secolo diBisanzio

Successivamente vengono presi inconsiderazione i fattori storici che hannoinfluenzato profondamente l'evoluzionedel pensiero presso i diversi ceti sociali aTessalonica (pp. 41-55), corredando iltutto con numerosi esempi che arricchis-cono la ricerca delle concezioni politichedominanti. Punto di partenza è ilparticolare carattere della città, già inpiena crisi economica sul finire del XIVsecolo (p. 56). L'autrice cerca dirintracciare la causa fondante di tale crisiin una circostanza esterna, ravvisata neicontinui scontri bellici con gli osmanicie nello sviluppo delle RepubblicheMarinare. Il risultato a cui giunge N. èche, il tramonto della 'seconda cittàdell'Impero' – isolata tanto politicamentequanto economicamente, nonché scissaal suo interno – iniziato nel XV secolo,sia da ricondursi principalmente alleattività militari degli osmanici nel suohinterland (p.63). Nonostante leconsistenti perdite di terreni subite, ilceto ricco bizantino mantenne la propriaposizione grazie al commercio a distan-za e agli affari finanziari, riuscendo cosìad accumulare ingenti capitali. A tal pro-posito diventa fondamentale l'atteggia-

mento politico reciproco fra i diversistrati sociali di Tessalonica, sottoposti inquesto periodo ad un duro carico diprova. Infatti mentre i più agiatiarchontes – pur avendo subito più deglialtri le perdite economiche provocatedalla conquista osmana – tentavano dicontrastare l'aggressore perseguendo unapropria via indipendente daCostantinopoli, fra i ceti più bassi dellapopolazione crebbe l'insofferenza versola classe dirigente. Secondo N. questadiscordia interna, ancora persistentedurante i primi anni dell'occupazioneosmanica (p. 85), portò le frange socialieconomicamente più deboli di Tessalo-nica verso un'apertura al compromessoin senso 'pro-osmanico'; era opinionediffusa che una pace esterna con gliosmanici avrebbe migliorato lecondizioni di vita interne della città. Alcontrario l'atteggiamento 'pro-latino'degli arconti si prefiggeva una soluzionepiù efficace a lungo termine, puntandoall'eliminazione definitiva della minac-cia ottomana attraverso la collaborazionecon Venezia e tenendo conto dieventuali sgradite intromissioni dellaChiesa di Roma (p. 113). Di certo talesoluzione non avrebbe dato risultaticoncreti in tempi celeri. Inoltre fra il1423 e il 1430 crebbe nelle cerchieecclesiastiche e monastiche tessalonicesiil risentimento contro i "latini" poichéquesti, a differenza della prassi diconquista osmanica tendenzialmenteneutrale in ambito religioso, andavanoad ingerire le aree di competenza dellaChiesa bizantino-ortodossa (pp. 114-115).

Nel capitolo inerente Costantinopoliviene sottolineato che la struttura sociale

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della città era analoga a quella diTessalonica, laddove sussisteva unadivisione estremamente marcata fra'poveri' e 'ricchi'. La differenza conTessalonica consisteva nel fatto cheCostantinopoli era la capitale e quindi illuogo delle decisioni politiche. Questocomportò che l'opinione pubblica dellaprima città dell'Impero, diversamente daquanto accadeva a Tessalonica e negliesigui territori ancora sotto controllobizantino, fosse più facilmente influen-zabile. Il coinvolgimento diretto dellapopolazione nelle immediate conseguen-ze della politica imperiale e il ruolocentrale di Costantinopoli – fonti didiatribe in questo periodo di scontribellici – condizionarono qui più chealtrove la costruzione delle concezionipolitiche (pp. 117-118). Accadde cosìche durante i disordini verificatisi aBisanzio alla fine del XIV secolo, gliabitanti della città svilupparono un certogrado di insoddisfazione sia verso laclasse dominante che verso le condizionidi vita. Inoltre la pressione militareottomana sulla città si fece sempre piùdifficile da sostenere. Così come aTessalonica anche a Costantinopoli sidiffuse fra la popolazione l'opinione cheil diritto di conquista islamico, lasciandoal nemico la possibilità di consegnarsisenza dover temere peggiori conse-guenze in caso di sconfitta (ad es.schiavitù), fosse la migliore alternativapossibile. Sembra, invece, che le ten-denze 'pro-turche' affermatesi fra le élite,sarebbero da ricondurre alla maggiorefacilità con cui la corte osmanica, rela-tivamente aperta, avrebbe permesso aibizantini stessi una più agile ascesa so-ciale. Per via dei disordini politici

(anche durante il conflitto fra GiovanniV e Andronico IV) un tale avanzamentodelle carriere non era ormai affatto piùperseguibile a Bisanzio (pp. 144-148).Perciò l'autrice spiega che persino nellaprima città dell'Impero le idee politichedi base erano estremamente fluttuanti.Così anche l'area di Pera, espansasiininterrottamente fino al 1352, hacostituito un fattore particolare che aTessalonica non sussisteva in manieraparagonabile, sebbene anche qui vifossero numerosi collegamenti commer-ciali con la penisola italica (p. 162). Unaparte dell'élite costantinopolitana, chegrazie a tali contatti aveva accresciuto omantenuto le proprie ricchezze, erafautrice di un orientamento 'pro-latino' e'anti-osmanico', che non si può certogeneralizzare a tutti i membri di questanobilitas. Infatti almeno fino all'assediodi Bayezid alcuni di loro ambivano aduna pacifica coesistenza con gli osmani-ci. Per quanto attiene gli strati inferioridella popolazione, è ancora più difficilegiungere ad uno schema univoco: da unaparte essi sposavano un indirizzo 'anti-latino', dall'altra la loro relazione con gliottomani non era affatto chiara come aTessalonica. L'autrice motiva questadifferenza fra le due città riflettendo sulfatto che Tessalonica era continuamentesottoposta alla pressione militare delnemico, mentre Costantinopoli nellaprima metà del XV secolo avrebbeancora vissuto periodi relativamentepacifici. A ragione viene rimarcato chequesta situazione si ravvisa nelle stessefonti contemporanee ai fatti, i cui autorisi cimentano molto di più con le diatribeinerenti l'unione della Chiesa che noncon la minaccia osmanica. Allo stesso

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tempo non si può trascurare che nellavita quotidiana di Costantinopoli eranospesso possibili forme di collaborazionefra i bizantini e gli osmanici. Dopo ilvittorioso conflitto contro Bayezid, aseguito del quale sembrò ai bizantini chel'elemento turco della popolazione diCostantinopoli fosse passato in secondopiano, i mercanti ottomani poterononuovamente stabilirsi nella città dopo lapace del 1424. Attraverso questa day-to-day communication si creò un'immaginediversa dei turchi, differente da quellacircolante nelle alte sfere della politicadi corte.

Il rigoroso atteggiamento 'anti-latino', imperversante fra le cerchieecclesiastiche e monastiche, non è qui datenere molto in considerazione, inquanto si configurava come un movi-mento 'reazionario' basato su questionipuramente teologiche e diretto contro gliunionisti bizantini che speravano in unaiuto dall'occidente. Perciò la maggio-ranza dei membri della cerchia eccle-siastica favorì una politica di compro-messo con gli osmanici (pp. 230-232).

Nella regione rurale della Moreabizantina, più che in qualsiasi altroluogo dell'Impero, gli atteggiamentipolitici sembrano essere stati asserviti algioco della creazione del dissensointerno a Bisanzio. In questo caso adapprofittarne fu ovviamente la potenzaosmanica che si andava sempre più con-solidando. Per soffocare qualsiasigermoglio di aspirazione ad una rinno-vata unità ed alla centralizzazione(possibili persino agli occhi di Costan-tino (XI) Paleologo), essa si servì anchedi espedienti, sfruttando – ad esempio –la cooperazione di aristocratici bizantini

come nel caso più noto di DemetrioPaleologo (p. 278). I tentativi degliarchontes o toparchai – proprietariterrieri in Morea – di distaccarsidall'amministrazione centrale costituiva-no il problema fondamentale di questaregione, che in questo modo andavaprogressivamente indebolendosi (pp.237-238). La conseguenza, già alla finedel XIV secolo, fu il passaggio di alcuniaristocratici peloponnesiaci dalla partedegli osmanici, nella speranza diriottenere le terre a loro sottratte dalleconfische del primo despota di Morea,Teodoro I. Tanto interessante quantoparadigmatico appare qui il caso dellafamiglia (forse) peloponnesiaca deiMamonadi, i cui membri esemplificanonel succedersi degli eventi le ambiguitàpresenti all'interno della classe aristo-cratica. Mentre l'uno durante la sua lottaper l'indipendenza dal governo centralepassava agli osmanici sotto il comandodi Bayezid, gli altri sembra si sianotrasformati da 'proprietari terrieri' in'mercanti', orientandosi verso una colla-borazione con i genovesi ed i veneziani(p. 247). Dal momento che moltibenestanti moreoti trasferirono parti deiloro capitali nei territori veneziani, èpossibile intravedere in età tardo-bizantina una certa tendenza dell'aristo-crazia – sia urbana che rurale – adavvicinarsi ai latini, così come è giàstato messo in luce anche per Tessa-lonica e Costantinopoli, seppure lecondizioni del Peloponneso bizantinorisultano variabili. N. connette tutto ciòalla particolare situazione sociopolitica esocioeconomica della Morea, in cuialcune famiglie emergenti non oppone-vano resistenza politica e militare solo ai

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loro pari, bensì anche all'autorità cen-trale dell'Impero rappresentata dalrelativo despota. Per tutelare i loropropri interessi quasi esclusivamentemateriali, esse agirono secondo unmarcato opportunismo politico edeconomico che per sua natura nonpermette generalizzazioni sugli atteggia-menti politici della regione. Eccezionicome quella della famiglia Eudaimo-noiannes, che a partire dalla conquistafranca nel XIII secolo intrattenne semprestrette relazioni con i latini (pp. 263-264), sono da considerare straordinarieper la loro coerenza. N. ritiene fonda-mentale sottolineare come la Morea difatto si fosse già distaccata da qualsiasiordine istituzionale superiore e come ilsuo ambiente sociale interno funzionassesecondo regole proprie. In base a quantodetto si possono rintracciare i segniprecursori che hanno determinato ladiversa evoluzione storica della Morearispetto a Tessalonica e Costantinopoli:l'assenza ancora nel primo quarto delXV secolo di un concreto pericoloottomano, così come una generale un-ruliness sull'aristocrazia locale, porta-rono questa classe a curare esclusiva-mente i propri interessi. Una chiarapresa di posizione da parte degli stratipiù umili della popolazione risulta altresìpiù difficile da rintracciare poiché,mancando vere minacce di occupazionee schiavitù – anche per via della posi-zione geopolitica della Morea, divisa inpotentati latini e bizantini –, lapossibilità di un'opzione 'pro-turca' nonaveva ragion d'essere.

La monografia riveste particolarevalore per la ricerca in quanto prende inconsiderazione le relative fonti osmani-

che dell'epoca, ponendosi così al di fuoridell'attuale orientamento sul tema, finoranon ancora esaustivamente trattato per ilperiodo prescelto. Infatti sono proprio lefonti osmaniche a rendere la trattazionepiù precisa, costituendone l'elementoinnovativo. Quindi, rispetto agli studisinora pubblicati, viene restituito unquadro decisamente perfezionato delleragioni e degli scenari che motivaronol'azione politica degli interessati nellerispettive città e regioni; al lettore vienedata la possibilità di attingere molto daquesto "quadro", anche in virtù dellinguaggio vivido e comprensibile. Lamarcata distinzione fra i diversi punti divista dei singoli strati della popolazioneproposta dall'autrice apporta un impor-tante contributo ad una più completacomprensione della confusa situazionepolitica dell'epoca e di come all'internodi un più ampio gruppo sociale si for-massero opinioni e consenso. Il lavoroviene arricchita dedicando attenzioneanche alle componenti sociali subalterneall'élite bizantina. Inoltre va dato parti-colare risalto all'ampio intervento di N.che, non limitandosi alla storia politica,dedica lunghe ed accurate parti dellatrattazione anche alla storia economica ecommerciale della tarda età bizantina, lacui comprensione è fondamentale perseguire gli ulteriori sviluppi storicidell'impero. Ne risulta una fedeleimmagine delle condizioni di vita e dellemotivazioni che ne derivarono per idiversi ceti sociali, laddove l'estremameticolosità nell'analisi dei presuppostieconomici si deve agli interessi per-sonali dell'autrice.

Ad ogni modo non è stato possibile(e non si è dovuto) giungere una

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focalizzazione conclusiva delle posizionidi uno o più gruppi sociali all'interno diuna precisa cornice 'anti-/pro-latina' o'anti-/pro-osmanica'. Proprio questoviene dimostrato dalla nota di N., cioèche i membri della società bizantina –per lo più le classi altolocate – ritennerotalvolta vantaggioso accordarsi contem-poraneamente con gli osmanici e con ilatini (pp. 288-289). Ciò non valse allostesso modo per tutti i ceti, in quanto leposizioni politiche potevano esseresoggette a fluttuazioni. Del resto l'uni-vocità degli atteggiamenti all'interno deisuddetti gruppi sociali, intesi come unitàpolitiche, non ha rappresentato la veritástorica.

Il lavoro di N. evidenzia e getta lucesulla diversità e la multisfaccettaturadelle ombreggiature insite nelle veritàstoriche del complesso "fenomenoBisanzio".Dominic Mertzanis · RheinischeFriedrich-Wilhelms-Universität Bonn ·Institut für Griechische und LateinischePhilologie · Abteilung Byzantinistik ·Am Hof 1e · D-53113 Bonn ·[email protected]

1 "[...] Kritobulos was a representative ofthe group [...] that recognized SultanMehmed II as the legitimate successor ofthe Christian Byzantine emperors", pp.10-11.

2 Critobuli Imbrotiae Historiae, rec. D.REINSCH (Corpus Fontium HistoriaeByzantinae, vol. 22), Berlin — NewYork 1983, p. 3, ll. 7-11; si veda ancheibidem p. 20*, nota 5. Che Maometto IIlegasse alla conquista di Costantinopoliuna rivendicazione prettamente territo-riale delle regioni un tempo appartenuteall'Impero Bizantino, è ormai fuoridubbio, v. ibidem I 5, 1; 13, 1-2 (nell'am-

bito degli studi osmanistici cfr. anche H.ĐNALCIK, The Policy of Mehmed II to-ward the Greek Population of Istanbuland the Byzantine Buildings of the City,in: Dumbarton Oaks Papers 23/24,1969/1970, pp. 229-249, in particolarepp. 233-234). Sull'autorappresentazioneche Maometto II aveva della propriopretesa (universale) di dominio vedianche C. KAFADAR, Between twoWorlds: The Construction of the OttomanState, California 1995, p. 152); alcontrario, il riconoscimento di MaomettoII come legittimo successore dell'impera-tore da parte dei bizantini o anche solo diCritobulo, non può essere affatto di-mostrato (cfr. da ultimo D. REINSCH,Mehmet der Eroberer in der Darstellungder zeitgenössischen byzantinischen Ge-schichtsschreiber, in: ASUTAY-EFFEN-BERGER N./REHM U. (edd.), SultanMehmet II. Eroberer Konstantinopels –Patron der Künste, Köln — Weimar u. a.2009, pp. 15-30, v. in particolare p. 22).

Balázs J. Nemes, Von der Schrift zumBuch – vom Ich zum Autor: Zur Text-und Autorkonstitution in Überliefe-rung und Rezeption des 'FließendenLichts der Gottheit' Mechthilds vonMagdeburg (Bibliotheca Germanica,55), A. Francke, Tübingen & Basel.2010. X, 535 S.Diese 2008 eingereichte Freiburger Dis-sertation (Eya here got, wer hat diesbuoch gemachet? Textstatus und Autor-schaft des 'Fließenden Lichts der Gott-heit' Mechthilds von Magdeburg) wurdefür die Veröffentlichung leicht, vor al-lem bibliographisch überarbeitet. DasLiteraturverzeichnis ist in seiner Füllebeeindruckend. Unter Umständen könnteman nach der Lektüre, wenn auch au-

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genzwinkernd, für den ursprünglichen[sic] Titel plädieren, handelt es sich javor allem um die wohl komplizierte Ent-stehungsgeschichte, die die Überliefe-rung zum Teil schwer entschlüsselnlässt. Seit einigen Jahren tritt Nemes in-nerhalb der Mechthild-Forschung her-vor. Eine große neue Edition der lateini-schen und alemannischen Fassung desWerkes ist seit Jahren in der Vorberei-tung. Diese Studieuntermauertwesentli-che Aspekte der neuen Ausgabe.

Auf eine ausführliche Einleitung, diesich eingehend mit der germanistischenForschung um Mechthild und ihr Werkauseinandersetzt, folgen zwei Haupttei-le: Die zwei Versionen des 'FließendenLichts' – eine deutsch, eine lateinisch –werden akribisch mit einander vergli-chen. Daran schließt sich die Darstellungder als "vom Ich zum Autor" bezeich-neten Autorkonstitution. Nach einer kur-zen Zusammenfassung (mit methodolo-gischem Ausblick) bringt Nemes imAnhang elf ungedruckte Texte, die das'Fließende Licht' teilweise bzw. in Aus-zügen enthalten. Ein zweiter Anhang mitAngaben zu von Nemes für unwahr-scheinlich bzw. falsch gehaltenen Hin-weisen auf Mechthild hätte auch in derEinleitung Aufnahme finden können.Ein recht umfangreiches Literaturver-zeichnis neben hilfreichem Handschrif-tenregister, Namen- [eher Personen-],Werk- und Ortsregister und schließlichStellenregister runden dieses gewichtigeWerk ab. DieArbeitdient als Vorstudiezu der oben angesprochenen neuen Aus-gabe des lateinischen Texts, die man alsÜbersetzung einer früheren, verscholle-nen mittelhochdeutschen Version auf-fasst, und einer sogenannten Rücküber-

setzung, die etwas zwei Jahrhundertespäter als das Original angefertigt wor-den sei.

Mit Hilfe von einem Diagramm, dasNemes in siebenfacher Ausführung vor-legt, kann man einen Entstehungspro-zess nachvollziehen, in dem – dies imEinklang mit der Überlieferung – eineverschollene Fassung des entstehendendeutschen Texts ins Lateinische übertra-gen wurde, nach welchem Zeitpunkt einsiebentes deutschsprachiges Buch in ei-ner Folgefassung entsteht. Bei aller Vor-sicht argumentiert Nemes, dass dieProduktionsweise der Textüberlieferungentspreche. Es kann sich bei der Freile-gung des Ausgangtextes um einen mitMarginalien und sonstigen Revisionenversehenen Texts handeln, den Mecht-hild selbst und/oder sonst jemand bear-beitet haben mag.

Die Vergleichsmomente der lateini-schen und deutschen Version führen zuEinsichten, die die Überlieferung unddie Autorenrollen auch zum Teil gegen-seitig beeinflussen. Es empfiehlt sich,auch in Anlehnung an die Erfahrungenmit mittelalterlichen Gattungen – erspricht Lyrik, Heldenepik und höfischeEpik, Dramen und Predigtsammlun-genan – moderne Vorstellungen vonTextgenese (samt Autorenrolle) zu un-terdrücken, um möglichst unvoreinge-nommen die Daten zu deuten. Nemesberücksichtigt die in der lateinischenund deutschsprachigen TextzeugenBuch- und Kapitelfolge, bespricht akri-bisch Umstellungen, Ergänzungen undÜbersetzungsstrategien und erwägt amSchluss im dominikanischen UmfeldBasel als möglichen Ort der Überset-zung.

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Die Rollen, die Mechthild zuge-schrieben werden können, schließen Ur-heberin, Schreiberin, Autorin, Kom-mentatorin ein, was einenlängeren Ent-stehungsprozess einschließt. Die Über-lieferung wird vor allem aus derPerspektive einer spätmittelalterlichenRezeptionsästhetik beleuchtet. Andersals bei den deutschsprachigen Genres(Minnesang, höfische Epik, Heldenepik)ist bei Mechthild die lateinische Überlie-ferung als gleichwertig mit? zu erachten,was wohl in der Vergangenheit nicht derFall war, zielte man ja bisher hauptsäch-lich darauf, die als verloren gehalteneursprüngliche deutsche Fassung zu re-konstruieren.

Unter den elf ungedruckten Texten,die Nemes hier veröffentlicht, befindetsich eine Gruppe von bis zu acht Hand-schriften, die aus dem 'Fließenden Lichtder Gottheit' folgende Auszüge bringen:I,22,38,21 – 40,19; V,16,350,12f.;V,29,392,16f.; V33,402,14-18. Dieszeugt nicht nur von einer auffälligenVerbreitung des Textes, sondern auchvon einer Faszination von gerade diesenStellen. Es zeigt sich immer wieder, dassauch heute noch in den BibliothekenNeues zu Tage gefördert werden kann.

Die zusammen mit Ernst Hellgardtund Ekle Senne bearbeitete Ausgabe von'Lux Divinitatis' – 'Das Liecht der Go-theit steht laut Verlagsanzeige Novem-ber 2012 bevor. Unter den von Nemesgenannten Herausgebern tritt inzwischenUllrich Bruchhold hinzu.

Mehrere andere bibliographische An-gaben sind inzwischen zu korrigieren,zum Teil mit anderem Titel und/oder mitanderem Datum, so etwa: Ullrich Bruch-hold, Deutschsprachige Beichten im 13.

und 14. Jahrhundert. Editionen und Ty-pologien zur Überlieferungs-, Text- undGebrauchsgeschichte vor dem Hinter-grund der älteren Tradition; Jörg Voigt,Beginen im Spätmittelalter: Frauen-frömmigkeit in Thüringen und im Reich,2012; Madlen Doerr, inVermitteln –Übersetzen – Begegnen. Transferphä-nomene im europäischen Mittelalter undder Frühen Neuzeit. InterdisziplinäreAnnäherungen (Hg. Nemes), 2011; Fe-derer (2011).

Noch nicht erschienen ist wohl einevon Nigel Palmer besorgte kommen-tierte Textausgabe zusammen mit ei-ner vollständigen Farbreproduktion derHandschrift Bern, Burgerbibliothek,Cod. 801 (dazu Regina Cermann, 2012,http://www.mr1314.de/7774); ferner ei-nigeSammelbände (mit Angabe der erst-genannten Herausgebern): The Gottes-freunde and the textual culture of ver-nacular mysticism in the Rhineland andthe Low Countries (Scheepsma); Com-panion to medieval German Northernmysticism (Andersen); Codex im Dis-kurs (Haye); Transferphänomene (Ne-mes).

Zu den Angaben im für die For-schung sehr hilfreichen Handschriften-recensus: es wäre wohl angebracht, sieunter dem/den Namen der Unterzeich-nenden aufzuführen. Naturgemäß wer-den diese Seiten bei Gelegenheit er-neuert. Zur Klärung einer Angabe beiNemes: die Federzeichnung (ob sieMechthild von Magdeburg oder Mecht-hild von Hackeborn darstellt, ist unklar)in der Handschrift 801 in Bern, Burger-bibliothek, befindet sich auf Folio 174r.

Im Zusammenhang mit der bald zuerwartenden neuen Ausgabe des 'Flie-

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ßenden Licht der Gottheit' stellt dieseArbeit von Nemes einen Meilenstein derMechthild-Forschung dar.Prof. John M. Jeep · German, Russian,& East Asian Languages · MiamiUniversity · Oxford, Ohio (USA) ·[email protected]

Morimichi Watanabe, Nicholas of Cu-sa – A Companion to His Life and HisTimes, ed. Gerald Christianson andThomas M. Izbicki, Ashgate, Farn-ham, Surrey, and Burlington, VT,2011, xliv, 381 pp., 6 fig., 3 maps.Nicholas of Cusa (1401-1464) does notneed any particular introduction, sincehe was such a well-known and influen-tial member of the Catholic Church, aphilosopher, theologian, and politician.His fame among scholars has grown inleaps and bounds over the last five or sixdecades, and most of his works are nowavailable in good critical editions andalso translations. The North AmericanCusanus Society, among others, wasinitiated in 1981 and formally foundedin 1983. Morimichi Watanabe producedmany important documents for theAmerican Cusanus Society Newsletterbetween July 1984 and December 2007,which have now been updated, revised,and republished in the present, marvel-ous companion volume to Nicholas ofCusa. The volume begins with achronological survey of main events inthe life of Cusa, followed by a list of hisworks, but limited to those that are "eas-ily available" (xix). Would it not havebeen better to present the completenumber of all of his writings? Next we

are given a list of contributors to thisvolume, apart from Watanabe, yet thereis no indication anywhere what sectionsmight have been written by them.

The individual articles fall into threecategories: 1. ideas and events; 2. per-sons; 3. location. Anyone interested inthe intellectual history of the late MiddleAges will be well informed by the arti-cles in the first section, since they dealwith canon law, the Schism, con-ciliarism, the Devotio Moderna, Islam,Humanism, Neoplatonism, and negativetheology. The list of persons dealt within the second section reads like a "Who'sWho in the Fifteenth Century," althoughEmperor Sigismund is missing (probablyfor chronological reasons), while RamonLlull (1232/33-1315/16) made the cutsince he was of great influence on Cusa.With the help of the short entries on im-portant places we can easily get all therelevant background information neces-sary to understand the significance of atown for Cusa's life. Watanabe and hiscolleagues have always added selectbibliographies for each entry, which arehighly useful und more or less up-to-date. There was an obvious attempt toensure that international scholarship iswell represented, with a clear focus onGerman, French, and Italian publica-tions. However, a more careful copy-editing of the non-English titles wouldhave avoided a number of errors and ty-pos.

Some of the articles on ideas andevents are too short or limit themselvesto formal aspects, without going deeplyenough into the ideological issues. Thechapters, for instance, on the DevotioModerna and on Neoplatonism are not

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sufficiently developed and do not offerall the desired information about thespecific points characterizing them. Theexplanation for the ultimate fall of Con-stantinople during the siege by the Ot-tomans in 1453 does not make full senseand would have required quite a numberof additional details. Nevertheless, thisvolume provides an excellent first ap-proach, greatly supported by very help-ful bibliographies.

Apart from some small points ofcriticism, this is a very impressive anduseful companion to Nicholas of Cusaand promises to support further researchand especially teaching of this influen-tial figure.Albrecht Classen

Ulrike Volkhardt, Hans-Walter Stork,Wolfgang Brandis, Nonnen, Engel,Fabelwesen. Musikdarstellung in denLüneburger Klöstern. Hg. von derKlosterkammer Hannover, GeorgOlms Verlag, Hildesheim, Zürich undNew York 2011, 160 S., Ill.Der vorliegende Band beweist eindring-lich, wie umfangreich und auf welchegroßartige Weise Kunst und Musik inspätmittelalterlichen Frauenklöstern be-trieben wurde. Die Autoren konzentrie-ren sich auf Textilien, Handschriften-illustrationen und Freskos in den soge-nannten Lüneburger Klöstern, d.h. aufEbstorf, Isenhagen, Lüne, Medingen undWienhausen, die in den letzten Jahrensowieso schon wegen der dort vorhan-denen sehr beeindruckenden Quellenstark ins Zentrum der Forschung und desöffentlichen Interesses geraten sind. Erst

2008 war Ulrike Hascher-Burgers In-ventar der handschriftlich überliefertenMusik in diesen Klöstern im Druck er-schienen (Verborgene Klänge; siehemeine Rez. in Mediaevistik Bd. 24), undhier nun richtet sich die Aufmerksamkeitauf die Darstellung von Musikinstru-menten, von denen eine unglaublich ho-he Zahl zu entdecken ist.

Nach einem historischen Überblickzur Geschichte der Heideklöster vonWolfgang Brandis reflektiert UlrikeVolkhardt über die individuellen Instru-mente und ihre Funktion bzw. ihrenpraktischen Einsatz in den Klöstern,worauf Hans-Walter Stork noch kunsthi-storische Beobachtungen beisteuert. Wieer erläutert, finden sich solche Musik-darstellungen auf Altären und Textilien,Wand- und Deckenmalereien, sakralenGeräten und in Handschriften für denliturgischen und privaten Gebrauch. Derentscheidende Teil dieses Bandes be-steht aber in den Abbildung und Be-schreibungen der relevanten Darstellun-gen. Man blättert zunächst voller Stau-nen über diesen ikonographischenReichtum durch diesen Band, lässt sichvon einzelnen Szenen fangen, liest dieeinzelnen Angaben darüber und kannnur über die hohe künstlerische Qualitätdieser textilen und malerischen Kunst-werke staunen. Dass in diesen Lüne-klöstern intensiv Musik betrieben wurde,steht nun ganz fest, aber dass auch Mu-sikinstrumente und musikalische Szenenso freudig und intensiv abgebildet wur-den, überrascht letztlich doch, was aberangesichts des großartigen Schatzes vonKunstwerken, die hier systematisch zu-sammengetragen wurden, unabweisbarist.

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Technisch wurde so vorgegangen,dass einerseits z.B. der Sibyllenteppichals ganzes photographiert, andererseitsdie entscheidenden Medaillons detail-liert parallel dazu gedruckt wurden. Sokönnen wir u.a. schön die Gestaltung ei-nes eher humorvollen Esels in der linkenRandbordüre entdecken, aber es ist fastunmöglich, diesen auf der Gesamtabbil-dung zu entdecken. Nur mit dem Ver-größerungsglas findet man ihn zwischenden zwei unteren Medaillons. Das glei-che Problem tritt überall auf, wofür esvielleicht keine gute Lösung gibt. Aberman hätte ein Koordinatennetz aufstellenkönnen; alternativ dazu wäre es viel-leicht ratsam gewesen, auf eine Reiheder kleinen Abbildungen zu verzichten,dafür den Teppich viel größer wiederzu-geben. Der wunderbare Osterteppichvom Kloster Lüne (1504), heute imHamburger Museum für Kunst und Ge-werbe, besticht ungemein, aber die klei-nen Detailbilder mit musizierenden En-geln sind jedenfalls für meine Augennicht gut genug. Gerade weil es um dieMusikinstrumente geht, die minutiös ge-staltet sind, wäre hier ein anderer An-satz, vielleicht zu kostspielig, sehr emp-fehlenswert gewesen. Das gleiche Pro-blem macht sich bei den Handschriftenbemerkbar, und es ist geradezu bedau-ernswert, dass nicht insgesamt ein grö-ßeres Format und eine höhere Resoluti-on gewählt wurden. Dieser Band erreichtaber ohne Zweifel sein Ziel schon ein-mal darin, diese Fülle an wichtigen Dar-stellungen versammelt zu haben, unddann wirkt er so verlockend, dass manauf jeden Fall diese Kunstwerke vor Ortbesichtigen möchte.

Den Abschluss bildet ein recht um-fangreiches Literaturverzeichnis. Ichfreue mich, dass im Vorwort endlich aufden Begriff vom "Gesamtkunstwerk"eingegangen wird, den ich schon 2002 ineinem Aufsatz (hier nicht konsultiert)für das Phänomen gewählt hatte ("TheMedieval Monastery as a 'Gesamtkunst-werk.' The Case of the 'Heideklöster'Wienhausen and Ebstorf," in: Studi me-dievali XLIII, Fasc. II [2002]: 503-34).Albrecht Classen

The Meanings of Nudity in MedievalArt, ed. Sherry C. M. Lindquist, Ash-gate, Farnham, Surrey, and Burling-ton, VT, 2012, xx, 354 pp., b/w photosand color plates.While the nude has been commonlyidentified as a glorified object of classi-cal art and then in the modern world, thequestion how to evaluate nude/nakedfigures (note the difference in these twoepithets, esp. according to KennethClark's seminal study The Nude, 1956)has never been fully tackled, apart fromgeneric comments that medieval aes-thetics generally rejected the body andonly aimed for the spirit that longed forits liberation in the afterlife. The presentvolume takes aim at this question, com-bining a large number of significant arti-cles that address a wide range of possi-ble avenues highlighting the issue atstake. Clearly, medieval artists fashionedmany scenes and images with nakedbodies, Christ's suffering body on thecross, above all, and medieval viewerswere normally invited to gaze intently

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on the tortured body as a symbol of HisPassion. The Virgin Mary is oftenshown exposing her breasts and sharingher milk with the viewer, which must beread as a spiritually nourishing gesture.But what are we to make of isolatedgenitals, pornographic or obscene mar-ginal drawings, Sheela-na-gigs, andmany other presentations of humanflesh? There is no doubt that we can findnumerous coded allusions to homosexu-ality, but then we also would have to bevery careful in recognizing too specific,perhaps anachronistic, associations withthe sexual act whenever a body or bodypart is exposed.

As Sherry C. M. Lindquist demon-strates in her excellent introduction tothe present volume, we continue to facemore questions as to the meaning of thenaked body in medieval art than an-swers, and many of the attempts by thecontributors to this collection do notnecessarily establish firm or simple con-clusions since we might have to acceptthat medieval nudes could have eliciteda variety of responses from the sameviewer or a group of patrons. After all, anude scene might have served very spe-cific religious purposes and yet alsocould have carried, on a secondary level,erotic meaning. To quote Lindquist sen-sitive observation, "The representationof nudity in the Middle Ages stagedmultiple discourses about the nature ofsexuality, spirituality, sin, virtue, hu-manity, gender, and the 'other'" (31).

Jane C. Long begins with a discus-sion of the figure of the classical nude,Venus, who was not only represented ina variety of art works also in the MiddleAges, but also in literary texts, such as

the Carmina Burana, and it would bequite erroneous, as Long confirms, to as-sume that Venus was rediscovered onlyin the fifteenth and sixteenth centuries.Kirk Ambrose investigates the depictionof male nudes in Romanesque sculp-tures, which figured more often than wemight have assumed, without necessarilyplaying on sexual themes. On the con-trary, here we recognize a symbol ofhumility because the naked male wascommonly regarded as a "pauper." Nev-ertheless, the range of possible othermeanings still remains to be fathomedmore definitively. By contrast, the figureof the nude jongleur in the margins ofmedieval manuscripts is well known,though its meaning also escapes our un-derstanding because he was, as ElizabethMoore Hunt emphasizes, a "multivalentsignifier" (89). Whether we could agreewith her, however, that "t]he performingflesh of the naked jongleur simultane-ously articulates the gendered values ofthe courtly viewer and assigns greatervalue to the terms of status found in thetext and image" (96), seems a bit ques-tionable.

Well-known Madeline H. Cavinesscoins the phrase of "viriliphobia" in or-der to examine the presentation ofdrunken, naked Noah whose sons differ-ently respond to that embarrassingsituation. It could well be that here wecome across a case of hypo- or hyper-virility, as she calls the phenomenon,which is represented in numerous manu-script illuminations, stained glass win-dows, and mosaics. But many laterviewer then committed a case of phallo-clasm in response to their own embar-rassment and shame. With regard to

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Noah, the issue seems to pertain to thegood sons' desire to identify with thefather without challenging him in sexualterms. To be sure, the questions whichCaviness raises here are quintessentialboth for the Middle Ages and, curiously,still for our own society.

Martha Easton probes the meaning ofnudity in the Belles Heures of Jean,Duke of Berry, where female saints, ex-posed from the waste up, regularly ap-pear less eroticized, or not at all, whileclothed females were regarded as sexu-ally threatening temptresses, ever readyto disrobe for male pleasures. But nudebodies could also be covered by long,flowing hair, which, although normallyassociated with the erotic, chastely pro-tect a female saint. However, the imagesin the Belles Heures could also haveserved, depending on the context andselection, as a medium to stimulateerotic thoughts for the married couple,the patrons, who desired to have chil-dren, which never happened, unfortu-nately for them.

A most unusual topic in this contextproves to be the presentation of bodyhair in late medieval art, which PennyHowell Jolly studies, bringing to beargender definitions, medical discourse onsexual maturity, and art works, demon-strating that artists especially since thefifteenth and sixteenth centuries paidconsiderable attention to bodily hair(arm pits, pubic areas, chests, etc.) for avariety of purposes. These could also in-clude the interest in bringing to lightman's bestiality, especially in the earlymodern age, although there was already,here not considered, a strong tradition ofpresenting the literary figure of the

werewolf. A couple of issues arise herethat mar this otherwise well-researchedpaper. Peter Floetner's woodcut of theAllegory of Truth (first half of the six-teenth century) could be an example ofdepilation, but scholars have commonlyidentified her with the chastity built thatshe tries to remove in vain (see A. Clas-sen, The Medieval Chastity Belt, 2007).And the apparatus contains a number ofstrange references that do not seem tomake sense, not to mention referencesthat cannot be verified here. The authormight have relied too much on secon-dary literature for back-up of her other-wise excellent selection of art objects.

Linda Seidel researches the way howAdam's and Eve's nudity was presentedand interpreted in medieval and earlymodern art. She observes, above all,how much Jan von Eyck and Hugo vander Goes worked ingeniously to presentthe first couple as intimately integratedinto nature and, because of their nudity,is presented as being on the threshold ofcreating progeny on their own. Vero-nique Dalmasso discusses the presenta-tion of the nude body in baptismalscenes in Tuscan art from 1300 to 1450.Corine Schleif investigates the meaningof Christ's naked body in his disrobingscene in medieval art, illustrating thewide variety of possible meanings, allserving to underscore His suffering in-nocently as God in human form, wherethe phenomenon of virilophobia (Cavi-ness) can be regularly observed. Schleifintroduces the heretofore ignored discus-sion of the naked Christ in writings bythe Saint Birgitta of Sweden and in re-lated woodcuts, but perhaps a referenceto Agnes Blannbekin, the only Austrian

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mystic, would have helped her tostrengthen her argument. Diane Wolfthaloffers a careful study of the image of afull-page nude bather in a Flemish bookof hours from ca. 1480-1490, the loca-tion of which, unfortunately, is unknowntoday. The female nude assumes, as sheobserves, a variety of functions, for in-stance to counterposition death on thefollowing page. But the specific eroticelement can also not be denied in thisscene, especially because there are sig-nificant biblical parallels, such as toBathsheba. If Wolfthal had also includedsome references to the famous woodcutsof Raymond gazing through a hole in thedoor to his wife Melusine's bathroom inthe eponymous prose novel, she mighthave found that this narrative motifwould have helped her to strengthen thealready well developed argument thatthe boundaries between the sacred andthe secular, or the spiritual and theerotic, were rather thin in the late MiddleAges and could easily be transgressed.

Strongly rejecting Kenneth Clark'sfamous comments in his book from1956, Paula Nuttall points out howmuch, at least since 1400, the nude en-joyed great popularity also in the coun-tries north of the Alps, particularly inconnection with bathing scenes (see nowAlbrecht Classen, Sex im Mittelalter,2011). After all, as this article and all theother contributors clearly demonstrate,nudity was of great significance in theMiddle Ages, whether for religious orerotic purposes. Madeline H. Caviness,in her intelligent epilogue, thus can drawthe devastating conclusion that modern-

day prejudice against nudity proves to bea result of contemporary fundamental-ism mostly born in the US at the end ofthe twentieth century, not rooted in me-dieval culture. In light of much new evi-dence regarding the naked body, shewarns of too simplistic binary interpre-tations, encouraging us, instead, to em-brace a multiplicitous approach to thestudy of the artistic representation of theunclothed human body. To what extentshame mattered, or what the exposedbody had to say as to the individual's so-cial rank, depends very much on thecontext, the time frame, and the culturalconditions (see now also the contribu-tions to Sexuality in the Middle Ages andEarly Modern Times, ed. Albrecht Clas-sen, 2008). We can only concur withCaviness that "the unclothed body hasbeen problematically unstable" (331)and continues to be so until today. Couldwe perhaps from here on move awayfrom the traditional, straightforward andbinary interpretations of the countlessgargoyles, misericords, and corbels atmedieval churches and cathedrals andaccept their multifunctional purposes,being apotropaic or moral and erotic atthe same time?

This wonderful collection of articlesconcludes with an index for modernauthors and a general index. It would beextremely important, however, that arthistorians engage more with their col-leagues in literature departments, andvice versa, as happened in the case ofSexuality in the Middle Ages (seeabove).Albrecht Classen

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Sheilagh Ogilvie, Institutions andEuropean Trade. Merchant Guilds,1000-1800, Cambridge, 2011, vi,493 p.This important book is not a generalhistory of the merchant guilds but ratheran exhaustive study whose purpose is toexamine whether they exerted a benefi-cial or baneful impact on economic effi-ciency and growth. In almost every casethe author finds that "when merchantguild privileges were introduced orstrengthened, trade declined" (p. 87).The goal of guilds was to give theirmembers greater profits, not to increaseoverall trade. Merchant guilds were mostprominent in the cities of Europe be-tween 1000 and 1500, but they contin-ued strong thereafter only in placeswhose trade was stagnating. In Englandand the Low Countries they were re-placed by other associations that ful-filled many of the same purposes, suchas merchant companies, while the oldmerchant guilds became mainly socialclubs. Alien merchant guilds, however,declined virtually everywhere in themodern period, although they did not goout of existence. Most of Ogilvie's expo-sition is thus based on medieval evi-dence for traditional merchant guildsand early modern evidence for the com-panies.

The basic issue posed by the book iswhether the merchant guilds were effi-cient and/or developed social capital thatcould be used profitably for the econ-omy. Ogilvie rejects recent "efficiencytheory," which has been applied to themerchant guilds to argue that they de-veloped to fill a need, finding insteadthat they restricted free access to trade

by non-members. Few merchant guildswere completely closed, but all hadfixed criteria for membership. The guildmonopolies thus tried, albeit unusuallyunsuccessfully, to restrict the economicactivity of others, for individual traderswho were not organized into guilds wereable to circumvent restrictions on theiractivity and move goods more cheaplyand rapidly than the guilds. The mer-chant guild monopolies were gained bylobbying and enforced by state power,and from this perspective had an adverseaffect on commercial security. Far fromdeveloping in opposition to the rulers,the merchant guilds depended on themfor contract enforcement and physicalsecurity. Antwerp, for example, gave se-curity guarantees to all merchants, notjust members of merchant guilds. Ogil-vie's evidence of merchant guild restric-tions on trade are compelling, but shenever specifies what alternatives shethinks could have been developed to themerchant guilds abroad, whatever thecase may have been about their role intheir home cities. Her approach is in-variably pragmatic, for example in herargument that given the amount of lob-bying that the companies undertook togain and keep monopolies from princes,it is unlikely that the monopolies wouldhave developed naturally as an efficientmeans to an end. Ogilvie does not drawcontemporary analogies from these ob-servations, but she is clearly arguing thatmonopoly will not develop without spe-cial privileges granted under law, andthese privileges constitute restrictions ontrade.

A consistent theme is that in almostevery case the local merchant guild pre-

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ceded guilds of "alien" merchants whoresided abroad. The alien merchantguilds were dependent for legitimacy ontheir home city governments, specifi-cally their merchant guilds. Ogilvie de-fines as "merchant" guilds as "all corpo-rative associations formed by merchants(i.e. wholesalers), while paying heed topossible differences between guilds of'pure' wholesalers and those of 'mixed'traders" (p. 20). Unfortunately, she uses"merchant guild" rather loosely. Exceptin the Hanse region few cities had singleguilds of merchants who traded in a va-riety of goods. Most were mixed, suchas the shippers of Ghent, who includedgreat shipping magnates and dockwork-ers, which she discusses as a merchantguild, and the grocers of London (inex-plicably, she does not include PamelaNightingale's important book on thiscompany).

This is an exhaustive summary andcritique of the literature on the guilds,most of it recent. From this perspectiveit will probably not be surpassed in thelifetime of anyone reading this review.Ogilvie organizes the book aroundquestions derived in most cases fromeconomic theory that have been appliedto the medieval and early moderneconomies. Within each chapter andsub-chapter she arranges chronologicallythe examples from actual practice sup-porting her conclusions, taking care toprovide cases from all parts of Europe.She is thus making a point of compara-tive history by arguing that despite localvariations, merchant guilds were in prin-ciple similar same everywhere. The styleis reminiscent of a medieval dialectician:she frames the theoretical question,

which she then says that she is rejecting,finally giving reasons for her opinion,drawing all together in chapter conclu-sions. This style is very clear, but herperceived need to examine the problemstheoretically leads to some thematicrepetition.

My only significant criticism ofOgilvie's book is that I am bothered bythe vagueness of her definition of mer-chant guilds. Virtually all nominally ar-tisan guilds were in fact dominated bymerchants, but most merchants, or theirancestors, had started as artisans whodid well. Many of the monopolistic fea-tures that she discerns in the merchantguilds, including restraint of trade andwidespread evasion, are also true of craftguilds, mainly their high entry fees andpriority given to sons of existing mas-ters, but within as well as outside them itwas possible to move up; someonewhose guild affiliation was differentcould become a merchant. She is onfirmer ground, however, with the alienmerchant guilds, which had stricter entryrequirements than the local guilds andconsisted solely of merchants. Further,virtually all recent work on medievaleconomic history has shown that the ex-treme monopolies of the monopoliesguilds were circumvented in practice.David Nicholas · Clemson University ·Emeritus · 105 Creekview Drive ·Clemson · SC 29631

Oswald von Wolkenstein. Leben –Werk – Rezeption. Hg. von UlrichMüller und Margarete Springeth, DeGruyter, Berlin und New York 2011,XVIII, 394 S., 50 Abb., kart.

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Dass Oswald von Wolkenstein einer derwichtigsten deutschen Dichter des 15.Jahrhunderts gewesen ist, bedarf nichtmehr der besonderen Betonung. DieForschung hat dies in unglaublicher Fül-le mittlerweile mehr als deutlich vorAugen geführt. Die einschlägigen Bio-grafien und Texteditionen, die uns in-zwischen vorliegen, beweisen, als wiewichtig Oswald angesehen wird. Daherbegrüßt man nur mit großer Freude die-ses Handbuch zu ihm, in dem eine großeZahl von Forschern sich zu den wesent-lichsten Aspekte in Oswalds Œuvre äu-ßern, die Grundlagen erörtern und dasentscheidende wissenswerte Materialzusammenstellen. Der historische Rah-men wird von Heinz Dopsch ausgelotet,während Alexander von Hohenbühel ei-nen geneaologisch-heraldischen Über-blick bietet. Hans Moser zeichnet genaunach, wie die Werke Oswalds im 15.und 16. Jahrhundert überliefert wordensind, während Anton und Ute MonikaSchwob die Lebenszeugnisse vorstellen,die sie ja immer noch persönlich edito-risch betreuen (Bd. 4 ist jüngst erschie-nen, Bd. 5 steht noch aus).

Eine Menge weiterer Aufsätze wen-det sich unterschiedlichsten Fragestel-lunge zu, sei es Oswalds Kindheit (MaxSiller), die Geschichte der künstleri-schen Selbstdarstellung (Leo Andergas-sen) und das Auftreten des Adels in derTiroler Wandmalerei (Helmut Stamp-fer), oder sei es die Beziehung Oswaldszur europäischen Musik (SieglindeHartmann), sei es das Wortspiel imWerk des Dichters (Alan Robertshaw),seien es seine einstimmigen Lieder(Horst Brunner), seine mehrstimmigenLieder (Marc Lewon), oder sei es die

erotische Thematik bei Oswald (UlrichMüller). Elisabeth De Felip-Jaud studiertPilgerreisen im Spätmittelalter, UlrichMüller behandelt Oswalds Reiselieder,Freimut Löser geht auf Oswalds geistli-che Lieder ein, während das Rechtswe-sen von Martin P. Schennach berück-sichtigt wird.

Darauf schließt sich noch eine Grup-pe von Untersuchungen über die Rezep-tionsgeschichte Oswalds an, so in derLiteratur und Musik (Ulrich Müller), inmodernen Übersetzungen (Cora Dietl),in neuen Einspielungen seiner Lieder(Martin Schubert), in der Forschung(Wernfried Hofmeister) und generellunter Jugendlichen heute (SiegfridSchmidt). Damit sind noch immer nichtalle Themen genannt, die in diesem sehrsympathischen Sammelband eingeflos-sen sind, aber wir können so schon fest-stellen, dass hier wirklich ein systema-tisch gestaltetes, wenn auch nicht voll-ständig erschöpfendes Arbeitsbuch ent-standen ist. Man hätte z. B. noch gerneeine Studie über mhd. Quellen, die Os-wald benutzt hatte, gesehen, oder einenAufsatz über die Bauern bzw. die Adli-gen während des frühen 15. Jahrhun-derts. Die Einstellung Oswalds zu Jo-hann Hus bzw. den Hussiten hätte ge-nauso Berücksichtigung verdient wieseine Beziehung zu den Fürsten bzw.dem deutschen Kaiser. Denkbar wärenauch Ausflüge hin zur Stadtgeschichte,zum Konzilswesen, zur Feme oder zurLandwirtschaft gewesen, denn OswaldsŒuvre ist reich. Dies wäre jetzt aberschon beckmesserisch, denn so wie die-ser Band gestaltet ist, beweist er sichschlagartig als eine ungemein willkom-mene Grundlage für zukünftige Leser

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und muss sich schlicht auf die zentralenPunkte beschränken, die selbst schonden Rahmen des Möglichen zu sprengendrohen.

Man mag durchaus bei Einzelpunk-ten oder Interpretationen anderer Mei-nung sein, etwas mehr erwartet habenoder Lücken feststellen, aber das vorlie-gende Ergebnis befriedigt doch weitge-hend. Dieses Handbuch verdient es, injede wissenschaftliche Bibliothek aufge-nommen zu werden, wo überhaupt diedeutsche Literatur des Spätmittelalterseine Rolle spielt.

Mit großer Befriedigung wendet mansich der sehr umfangreichen Bibliografiezu, während man das Fehlen eines Indexbedauern wird. Sehr schön ist auch diegroße Sammlung von s/w. Abbildungen,die das gesamte wesentliche Material zuOswald von Wolkenstein zusammen-stellt. Ein farbiges Frontispiez, das Os-walds Selbstproträt in der Hs. B. zeigt,ziert diesen wichtigen Band. Generellscheint mir aber der Druckspiegel insge-samt etwas blass zu sein.Albrecht Classen

Owen Davies, Grimoires: A History ofMagic Books, Oxford UniversityPress, Oxford and New York, 2009(cloth), 2010 (paper), xii + 368 pp. , 44b/w ill. (27 in text + 17 on glossy pa-per)Historians tend to think of grimoires ascuriosities once owned by medieval ma-gicians like Virgil of Toledo but nowhidden away in collections of the Vati-can, a few large research institutions,and perhaps schools attended by the

likes of Harry Potter and Buffy theVampire Slayer. According to the Ox-ford English Dictionary, a grimoire is "amagician's manual for invoking demons,etc." That etc. is ambiguous, however.(Does it refer to the invoking of beingsother than demons, to manuals of magicperformed by means other than invoca-tion, like divination, or to both?) Thedictionary's historical examples suggestonly that the grimoire is a witch's Biblewith at least a hint of brimstone.

Owen Davies, a Reader in SocialHistory at the University of Hereford-shire, uses the word in the widest possi-ble sense. He gives a very informative,well documented account of Ancient andMedieval Grimoires, but that is only thefirst chapter. In the seven chapters re-maining, he extends the discussion fromearly modern accounts of magic like theFaustbuch (1587) to contemporary fic-tion like The Da Vinci Code (2002). Inthe process, he accounts for changingattitudes toward magic from the earlymodern period through the Enlighten-ment and from the Old World to theNew. He is equally interested in aristo-cratic readers and middle-class Freema-sons, on the one hand, and their colonialsubjects, on the other—in efforts to es-cape the routine of modernity, in the firstinstance, and the tyranny of an oppres-sive life, in the second.

Above all Davies likes a good story,even if the connection to any specificmagic book is only tenuous, and indeedhe is a good storyteller. There is, for ex-ample, the story of a law student inBeruit in the late fifth century CE.Smitten with love for a beautiful but un-responsive woman, he decides to sum-

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mon a demon by sacrificing his Africanslave. The story gets out, he is arrested,and in court he pleads that he has onlygiven in to a popular student obsessionwith magic. His rooms are searched, andmagical formulas are found hiddenthere. The local church undertakes acampaign to seize similar material andmake students attend to their propersubjects. They find an itinerant fromThessaly—an area long known for itspractitioners of magic, as witness theMetamorphoses of Apuleius. They learnhe has engaged a local scribe to copy agrimoire, presumably for sale, and pro-ceed to a public burning of his manu-scripts.

The problem, of course, was how torecognize a grimoire. The elders ofBeruit said they saw "barbaric" namesand "perverse" drawings. But how werethey to know? The British antiquarianElias Ashmole (a benefactor of Oxford'sAshmolean Museum) bemoaned theburning of old books during the closingof the monasteries in the time of HenryVIII: "Indeed (such was Learnings mis-fortune, at that great Devastation of ourEnglish libraries, that) where a RedLetter or a Mathematical Diagram ap-peared, they were sufficient to intitle thebook to be Popish or Diabolicall"(Theatrum Chemicum Britannicum,1652, A2v).

In earlier books and articles, Davieshas concentrated on the continuation ofmagical practices in England during theEnlightenment and Victorian Era andinto recent times. He has now expandedhis reach in both directions, going backto the ancient Middle East, at the one

end of Grimoires, and forward to thepopular magic books read by Rastafari-ans in Jamaica and Wiccans in NorthAmerica and Britain, on the other. Heeven reaches beyond books discussingmagic one way or another on the princi-ple that books of magic help to explainthe magic of books.

By a turn that befits the derivation ofgrimoire from French grammaire, thehistory of grimoires turns out to be ahistory of writing and literacy. From theclay tablets of Babylon to the papyrusscrolls of Egypt, the parchment codicesof medieval Europe, the cheap "pulp"paperbacks of disenfranchised people,and the Internet sites dedicated to NewAge guidance, Davies gives equallycareful attention to the material he de-scribes. Famous books of magic like thePicatrix, translated from Arabic intoLatin at the instruction of Alfonso X, ElSabio, get only passing mention. Indeed,only two medieval texts, The Key ofSolomon and the Book of Honorius, areincluded in Davies's "top ten" list of in-fluential grimoires, drawn up for TheGuardian shortly after the present book'sappearance. However, the famed gri-moires of old are placed in a context thathelps one to appreciate their origins,transmission, and influence.

Davies has given us a comprehen-sive, scholarly, and very well written ac-count of the ever-popular books of prac-tical magic.Thomas Willard . Department ofEnglish . University of Arizona .

Tucson, AZ 85721-0067 .

[email protected] .

http://willard.arizona.edu

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Robert Henryson, The CompleteWorks, edited by David J. Parkinson(TEAMS Middle English Texts Se-ries), Medieval Institute Publications,Kalamazoo 2010. viii + 289 pages. Pa-perback.This edition is something of a mystery.The prestigious TEAMS Middle EnglishTexts Series seeks to present the mostimportant works of early English litera-ture in accessible, affordable studenteditions, and the inclusion in the seriesof the complete works of Robert Henry-son is only to be expected. After all,Henryson stands alongside WilliamDunbar as one of the two most signifi-cant Scottish poets of the later MiddleAges. What perhaps was not to be ex-pected was the inclusion in the series ofa second complete edition of the samepoet; for only thirteen years had passedsince TEAMS released The Poems ofRobert Henryson, edited by Robert L.Kindrick with Kristine A. Busby (1997).While the Medieval Institute is indeed tobe commended for an enthusiasm forScottish medieval classics which appar-ently knows no bounds, readers whosefinancial resources do know bounds maybe forgiven for asking, why anotherone?

At the very least, the reader wouldexpect some kind of up-front explana-tion. Is the Kindrick edition out of dateso soon? Does it have some fatal flawrequiring its replacement? (Reviewers in1997 did not think so.) Or are there twodifferent constituencies, perhaps twokinds of classroom with varying needswhich justify having two separate edi-tions simultaneously on the lists of thesame series? David Parkinson never tells

us. The opening sentence of the prefacedoes acknowledge in passing that theKindrick edition is part of the landscapein which the new edition must locate it-self, but no explanation is given of howthe two differ. Indeed, unless I havemissed it, Kindrick is not mentionedagain throughout the volume, apart froma pro-forma listing in the bibliography.This is troubling because both in peda-gogical support and in scholarly insightParkinson owes a deep debt to Kindrickwhich should have been acknowledged.

Parkinson's edition is certainly verypleasant and easy to use. The texts areclearly laid out, and almost all difficultvocabulary is then glossed on the rightside of the page. Sometimes indeed, somuch help is given that these glossescome close to a parallel translation.Good introductions and ample explana-tory notes contextualize the materialwell and add greatly to the enjoyment ofthe stories. Henryson's delightful animalfables, his important continuation ofChaucer's Troilus and Criseyde and hissometimes surprising occasional poetryare thus presented in a form eminentlysuitable for the non-specialist or for theclassroom. The experienced reader willof course still prefer the critical editionby Denton Fox, but Middle Scots can betough going, and this volume comes asclose to a comfortable ride as we mightreasonably expect, and if the grammati-cal notes for the linguistically uninitiatedare a little thin, the beginner will begrateful for the guide to pronunciation.

If we understand the volume as theupdating and reworking of Kindrickwhich it appears to be, the most impor-tant difference from the student's per-

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spective is that the notes are very sub-stantially fuller. John Martin's review ofKindrick in The Medieval Review (on-line) recommended that textual notesand notes explaining content should beseparated, and this has been done. Park-inson himself suggests that the merit ofhis edition over previous ones is the ac-count taken of newer research; not onlythat published since 1997 but also that ofthe previous two decades which, heseems to imply, Kindrick had not famil-iarized himself with. And indeed, Park-inson's bibliography is roughly six timeslonger. The introductions are completelynew, but as far as I can tell from randomsampling, in the majority of disputedcases the text of the poems themselvesretains Kindrick's choice of readings; butof course they both are heavily depend-ent on Fox. Parkinson has generally pre-ferred a less dominant approach topunctuation, which allows the readermore scope for interpretation. The orderof the texts within the two volumes isthe same except for the shorter poems,which Parkinson separates not unhelp-fully into two groups, "stronger attribu-tions" and "weaker attributions." Kin-drick's glossary is fuller, but Parkinson'svery usefully gives verse numbers, sothat the glossary serves as also as a con-cordance. Taken together, Parkinson'sversion must be judged a significantlymore substantial resource, yet also morestudent-friendly, and for this it is muchto be commended.

One slight irritation, for which nei-ther editor nor publisher can be held re-sponsible: barely a year after its appear-ance, Parkinson's edition is already citedin a whole series of online sources as

having been published in 2008. This isnot the case. But it is to be anticipatedthat the wrong date will haunt referencesto the volume for years to come.Graeme Dunphy · Department ofEnglish · Universty of Regensburg ·Universitätsstrasse 31 ·D-93053 Regensburg ·[email protected]

Noëlle-Laetitia Perret, Les traductionsfrançaises du De regimine principumde Gilles de Rome. Parcours matériel,culturel et intellectuel d'un discourssur l'éducation. Leiden and Boston:Brill, 2011, pp. 465.In this dense and meticulously-research-ed volume based on her doctoral disser-tation, Noëlle-Laetitia Perret examinesthe multiple French translations of Gilesof Rome's seminal mirror for princes,the De regimine principum (henceforthDRP). The DRP was composed ca. 1279for the future Philip the Fair, and wasthe first mirror for princes to integratesystematically and to promulgate thepolitical thought of Aristotle, whosePolitics and Economics had been firsttranslated into Latin in the mid-thirteenth century by William of Moer-beke. The DRP was an overwhelmingsuccess. The Latin text survives in closeto 350 manuscripts, and during the Mid-dle Ages it was translated into Italian,Castilian, Catalan, Portuguese, Hebrew,German, Flemish, English, and Swedish,not to mention French. Perret attributesthe work's success to its integration intothree important vectors of cultural pro-duction and diffusion: the Augustinian

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order with its network of houses, theCapetian court, and the University ofParis.

The first and most well-knownFrench translation of the DRP is that ofHenry de Gauchy, executed in 1282 forPhilip the Fair, which survives in 36manuscripts and which forms the basisfor the only modern edition of theFrench translation of the DRP, that ofSamuel Molenaer (1899). In fact, sixother French translations of the DRPwere carried out, from 1330 to the mid-fifteenth century, each of which survivesin a single manuscript. One of the mainobjectives of Perret's book is precisely toexamine and compare these various ver-sions of the DRP. Perret recognizes thespecificity of each manuscript, and paysclose attention to the circumstances ofeach manuscript's production, includingwho commissioned, carried out, andconsumed it, the physical and materialqualities of a given manuscript, and anysigns of ownership or of study that itmight bear. Each manuscript is a "privi-leged witness" of its social, political, andcultural context. Perret's research hasenabled her to expand the catalogue ofpreviously-known copies of the DRP,for a new total of 42. She has identifiedseveral previously-unrecognized ver-sions of the text, and has corrected somemisidentifications. Her new catalogue,including detailed notes on each ma-nuscript, constitutes Part three of thebook.

In Part one Perret discusses themanuscripts themselves, first the who,when, and where of the various transla-tions, second the material characteristicsand contexts of the manuscripts, and

third the commissioners, owners, andreaders of the translations. The majorityof the translations were produced andconsumed in courtly settings. Perret af-firms that the prestige of the work'soriginal patron, Philip the Fair, con-ferred a kind of reflected glory upon allsubsequent translations of the work.Moreover, although Giles of Rome'sprivileged reader was the future king, hiswork's concrete guidance for ethicalliving was also useful for a broader pub-lic. Consequently the DRP was both anart of governing with clear utility for itsnoble owners and readers, as well as apractical moral guide for non-noblepublics. Interestingly, translations of theDRP were sometimes carried out in non-noble contexts. Guillaume de BelesVoies, "citizen" of Orleans, commis-sioned one of the translations, while thenon-noble Gylliam Sonnyng owned oneof the most heavily-annotated versionsof the DRP that survives.

Part two of Perret's work focuses onthe sections of the DRP that addresseducation. Perret provides an excellentoverview of medieval theories of educa-tion, including the types of instructionthat were considered appropriate at vari-ous life stages, as well as the educationthat was deemed fitting for female chil-dren. In addition, Perret's meticulouscomparisons of various passages providea valuable case study of medieval prac-tices of translation and adaptation, aseach translator mediates between hissource and the expectations of a differ-ent public in order to produce a workthat meets a particular set of needs. Thesource is far from sacrosanct. On thecontrary, Giles's text furnishes a pres-

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tigious and valuable point of departurefor the creation of a new text that isadapted to, and reflects, the cultural andintellectual setting in which it is pro-duced. Henry de Gauchy, for instance,abridges and simplifies his source,making Giles of Rome's popularizationof Aristotle's political philosophy evenmore accessible to his lay public; JeanWauquelin's 1452 translation provides aversion of Giles's text that is more faith-ful to the original Latin than that ofHenry de Gauchy, and in an "updated"French more readable to his fifteenth-century readers; the anonymous transla-tor of the Staatsbibliothek in Berlinmanuscript endows Giles's text with adecidedly theological bent by insertingBiblical exempla and citations, and bysystematically replacing the term "na-ture" with "God." In annexes 1 and 2Perret provides the text of the prologuesof two of the translations, which furnishus with insight concerning the circum-stances of a given translation, and thattranslator's understanding of his task.

Perret loses an opportunity to exam-ine more holistically some of the court-based reading communities that consti-tuted the DRP's primary consumers.Chapter 4, which focuses on owners andreaders of the text, is organized (mostly)alphabetically by owner, which makesthe reader skip, oddly, from Louis X toLouis XI and then to Louis d'Orleans.Since manuscripts, as Perret so effec-tively shows, were both valuable andprestigious material objects, and impor-tant symbolic affirmations of socialstanding and political power, it wouldhave been useful to trace the ownershipof various manuscripts among and be-

tween families, courts, and in the case ofmanuscripts transferred as part of thespoils of war, political enemies. This is arelatively minor point however, andoverall Perret has provided us with arich and well-written contribution to thehistory of the book and of material cul-ture, one that deepens and particularizesour understanding of medieval theoriesand practices of translation and adapta-tion.Daisy Delogu · University of Chicago ·Dept. of Romance Languages andLiteratures · 1050 East 59th Street ·Chicago, IL 60637 ·[email protected]

Carl Pfaff, Nonnen streben nach Au-tonomie. Das Frauenkloster Engel-berg im Spätmittelalter, Nomos Ver-lag, Zürich 2011, 287pp., 25 ill.Im Zentrum der Monographie steht derSchwesternkonvent St. Andreas des um1120 gestifteten benediktinischen Dop-pelklosters Engelberg. Carl Pfaff, eme-ritierter Professor an der Universität Fri-bourg und Herausgeber des Corpus In-scriptionum Medii Aevi Helvetiae, hatsich zum Ziel gesetzt, in Teil A die Ge-schichte des Frauenkonvents "anhanddes Quellenmaterials … in neuer Per-spektive" darzustellen – nämlich derje-nigen des titelgebenden Autonomiestre-bens – und in Teil B "das ausserordent-lich weit gespannte Beziehungsnetz desFrauenklosters unter dem geografischen,sozialen und politischen Aspekt auf derBasis der nekrologischen und urkundli-chen Quellen zu rekonstruieren" (S. 10).Da das Phänomen der mittelalterlichen

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Doppelklöster noch vergleichsweise we-nig erforscht ist, sind Publikationen zudiesem Thema sehr zu begrüßen. Engel-berg ist zudem ein gut gewähltes Bei-spiel, nicht nur wegen seiner reichenÜberlieferung an Schrift- und Sach-quellen, sondern auch, weil es im Ge-gensatz zu den meisten Doppelklösternweit über das Mittelalter hinaus – bis zurVerlegung des Schwesternkonvents nachSarnen im Jahr 1615 – in dieser Formbestehen blieb.

Anders als Pfaffs Aussagen zur Ziel-setzung vielleicht vermuten lassen, liegtdie größere Innovation des Bandes in derUntersuchung des Beziehungsnetzes, dadie Nekrologien und Anniversarien desKlosters bislang kaum ausgewertet wur-den1, während für den ersten Teil etlicheneuere historische und germanistischeUntersuchungen herangezogen werdenkonnten. Die verwendeten Quellen – ne-ben den genannten sind dies vor allemdie Urkunden und Chroniken desKlosters – liegen größtenteils ediert vor,allerdings überwiegend in oft fehlerhaf-ten oder unvollständigen Drucken des19. Jahrhunderts.

Pfaff gibt zunächst einen knappenÜberblick über die allgemeine Entwick-lung des Doppelklosters im 13.-15.Jahrhundert (A.I). Obwohl die Abtei ihreursprünglich solide wirtschaftliche Basisdurch Stiftungen und Zukäufe noch er-weitern konnte, zogen sich durch ihreGeschichte Klagen über materielle Nöte.Als Gründe werden in den Quellen ne-ben den klimatischen und geologischenGegebenheiten wie üblich Brände, Krie-ge und die Pest genannt. Doch habe vorallem die andauernde "Überbesetzungdes Frauenkonvents", so die Überschrift

von Kap. A.I.4, das Kloster an den Randdes Ruins getrieben. Diese kann durcheindrucksvolle Zahlen belegt werden. Sokamen zu Beginn des 13. Jahrhunderts80 Nonnen auf 40 Mönche, im Jahr 1325wurden sogar 139 neue Schwestern ge-weiht, und nachdem die Pest von 1349der Klosterchronik zufolge 116 Frauendahingerafft hatte, musste deren Zahlschon 1353 wieder auf 100 beschränktwerden (S. 19).

Die Gründe für dieses Ungleichge-wicht, das bei allen Problemen, die esmit sich brachte, doch auch als Zeichengroßer Beliebtheit des Frauenkonventsbetrachtet werden kann, spricht Pfaff indiesem Zusammenhang nicht an. Dochstellt er in Kap. A.I.5 verschiedene Maß-nahmen dar, mit denen Abt und Män-nerkonvent versuchten, die wirtschaftli-che Lage zu verbessern. Allerdings seiendiese, nicht zuletzt aufgrund internerAuseinandersetzungen, nicht in der Lagegewesen, "das zentrale ökonomischeProblem zu lösen" (S. 37). Tatsächlichstand es um die Mönchsgemeinschaftüber lange Zeiträume nicht zum Besten,davon zeugen schon die chronikalischenNachrichten über mehrere Äbte, diewegen Unfähigkeit abgesetzt wurden.Angesichts der offenkundigen "Hand-lungsunfähigkeit des Männerkonvents"(Überschrift Kap. A.II.1) hätten die denMännern zunächst gänzlich untergeord-neten Klosterfrauen zu Beginn des 14.Jahrhunderts "die Initiative zur Verbes-serung ihrer materiellen Lage" ergriffen(S. 39) und sich zugleich auch eine be-dingte Autonomie erstritten. Die Ent-wicklung des Frauenkonvents zumeigenständigen Rechtssubjekt mani-festierte sich zunächst in einigen Urkun-

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den: Vor 1282 seien die Frauen in an dasKloster gerichteten oder von diesemausgestellten Urkunden und Briefenmeist gar nicht erwähnt, in den wenigenanderen Fällen nicht in der Intitulatio,also "nicht als mithandelndes Subjekt"genannt worden (S. 37). 1305 habe sicherstmals eine Urkunde ausschließlich anMeisterin und Schwestern des Frauen-konvents gerichtet, nämlich eine Bulleüber die Inkorporation einer Pfarrkirche,die Papst Clemens V. auf Bitten derMeisterin (S. 153) ausgestellt hatte.Pfaffs Einschätzung dieses Schritts als"gewisse Rebellion" (S. 39) und "er-staunlich couragiert" (S. 153), ist aller-dings insofern zu relativieren, als seitdem späteren 13. Jahrhundert auch fürandere von Männerklöstern abhängigeFrauenkonvente Belege für selbständi-ges wirtschaftliches Handeln von Mei-sterinnen einsetzen2.

Wie Pfaff immer wieder betont, bliebdie wirtschaftliche und rechtliche Eigen-ständigkeit der Frauengemeinschaft auchin der Folgezeit eng begrenzt, doch wur-den um 1325 eigene Zinsbücher für sieangelegt, und die Führung von Nekrologund Anniversar des Gesamtklosterswurde ihr übertragen. Auch tauchte dieMeisterin gelegentlich neben dem Abtals Mitausstellerin von Urkunden auf,und es wurden immer wieder Verträgezwischen dem Männer- und Frauenkon-vent zur Regelung der wechselseitigenVerpflichtungen geschlossen. In diesemZusammenhang konstatiert Pfaff aucheinen wesentlichen Wandel im Verhal-ten der Stifter: Während diese bishermeist nur die Männer oder allgemein dasKloster bedacht hätten, sei im 14. Jahr-

hundert das Gros der Vergabungen ge-zielt an die Frauen gerichtet worden.

Nachdrücklich gefördert wurde derFrauenkonvent in der ersten Hälfte des14. Jahrhunderts von Elisabeth, der Gat-tin König Albrechts I., und von beiderTochter Agnes, die ihrerseits mit An-dreas von Ungarn verheiratet war. Be-sonders Agnes und ihren Verdienstenum den Konvent widmet Pfaff breitenRaum, wobei er ihr Handeln klar poli-tisch motiviert sieht. Dass die Stiftungender Königin Agnes von der politischenLage beeinflusst wurden, ist anzuneh-men und die Erhellung dieser Zusam-menhänge daher zu begrüßen, doch diebloße Fokussierung auf machtpolitischesTaktieren auf Seiten der Förderer dürfteein allzu eindimensionales Bild ergeben.

Zudem scheint es doch etwas ana-chronistisch, wenn in Kap. A 6 statt vonden Habsburgern ständig vom HausÖsterreich oder auch nur von Österreichdie Rede ist (besonders prägnant S. 54:"Es konnte dem Haus Österreich geradein der Phase seiner grössten Erniedri-gung nach der Gefangennahme seinesOberhaupts und gekrönten Königs Fried-richs des Schönen … keinesfalls gleich-gültig gewesen sein, wenn durch denverlängerten Arm Ludwigs möglicher-weise versucht wurde, auf das von denEidgenossen umschlossene AlpenklosterEinfluss zu gewinnen."). Auch leidet dieÜberzeugungskraft der Argumentationdurch etliche Unstimmigkeiten in dengenannten Daten und Namen (vgl. bes.S. 49). Einen Widerspruch birgt schließ-lich Pfaffs Annahme, die Initiative derFrauen habe sich ganz auf die Behebungder wirtschaftlichen Notlage ausgerich-

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tet. Wie lässt sich damit die – von ihmselbst an anderer Stelle als Beispiel fürdie ökonomisch problematische Überbe-setzung des Konvents herangezogene –Weihe von 139 neuen Nonnen vereinen,die 1325 in Anwesenheit der KöniginAgnes vorgenommen wurde?

Kap. A.III gibt Einblicke in die "in-ternen Verhältnisse" des Konvents, etwadie soziale Zusammensetzung (über diesich nicht allzu viel sagen lässt, weil fürdie große Mehrheit selbst der namentlichgenannten Schwestern eine Bestimmungder geographischen und familiären Her-kunft nicht möglich ist), Versorgung,Unterbringung und Alltag der Kloster-frauen. Wie in den meisten Klöstern sindauch für St. Andreas notorische Abwei-chungen von den Idealen des gemein-schaftlichen Lebens in persönlicher Ar-mut feststellbar, doch wurde den Frauenimmer wieder eine fromme Lebensfüh-rung attestiert, was wohl auch ein we-sentlicher Grund für die anhaltende Be-liebtheit des Konvents war. Seinen mate-riellen Niederschlag fand das geistlicheLeben der Frauen in der Produktionhochwertiger Stickereien für die liturgi-sche Verwendung und einer Bibliothekmit einem ansehnlichen Bestand deut-scher Handschriften, die teilweise im ei-genen Skriptorium entstanden. Letzteresei mangels Ausbildung und geeigneterVorbilder zwar nicht von bester Qualität,der "Wille zu eigener skriptorischer Lei-stung" aber doch "höchst beachtenswert"(S. 91). Sowohl die Handschriften alsauch die aus ihnen sprechende Spiritua-lität sieht Pfaff nicht vom EngelbergerMännerkonvent, sondern von der neuenmystischen Frömmigkeit dominikani-scher Prägung gekennzeichnet. Dies

macht er u.a. dadurch plausibel, dass erdie engen Verbindungen aufzeigt, dienicht wenige Zürcher Familien sowohlmit den dominikanischen Konventen derStadt als auch mit Engelberg pflegten.So ordnet Pfaff die v.a. im 14. Jahrhun-dert blühende Textil- und Manuskript-produktion der Schwestern in den Kon-text des postulierten Autonomiestrebensein, betont jedoch auch hier immer wie-der die materiellen wie geistigen Gren-zen der Eigenständigkeit. Etwas proble-matisch wird dieser ansonsten durchausnuancierte Abschnitt durch die unhin-terfragte Annahme einer spezifischenFrauenfrömmigkeit, die auch die Engel-berger Nonnen erfüllt habe. Sie äußertsich immer wieder in Sätzen wie "DieSehnsucht nach einer das Herz bewe-genden, mitleidenden Marien- und Pas-sionsfrömmigkeit erforderte unweiger-lich entsprechende innige Gebete, dieden weiblichen Empfindungen sprach-lich keine unüberwindbaren Hindernisseentgegensetzten" (S. 95).

Anders als im Vorwort angekündigtwird schon in Kap. A.IV der zweitethematische Schwerpunkt des Buchesangegangen, indem nach einer kurzenEinführung in die Eigenheiten klösterli-cher Memoria und die Verhältnisse inEngelberg im 13. Jahrhundert das Be-ziehungsnetz des Klosters nach Regio-nen und Städten gegliedert analysiertwird. Die Entwicklung dieser Beziehun-gen spiegelt die politischen Zeitläuftewider, indem die Habsburger und derihnen zugewandte Adel ihren dominan-ten Einfluss auf das Kloster an stadtbür-gerliche und bäuerliche Mitglieder eid-genössischer Führungsschichten verlo-ren.

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Nach einer Zusammenfassung derErgebnisse (Kap. A.V) wird in Teil Bdas Material für die Rekonstruktion derklösterlichen Beziehungen ausgebreitet.Im ersten Kapitel (S. 161-176) werdendie Nekrologien und Anniversarien desKlosters beschrieben und kurz im Hin-blick auf verschiedene Aspekte wie Ar-ten von Stiftungen, das eingebrachteKapital oder "sozialgeschichtlicheAspekte" ausgewertet. Die Kapitel II.-IV. bieten nach einem erneuten knappen"Rückblick" ins 13. Jahrhundert einenständisch und geographisch gegliedertenKatalog der in den Nekrologien ge-nannten Personen des 14. und 15. Jahr-hunderts , indem zunächst jeweils einNekrologeintrag zitiert wird, dann diedort genannten Personen identifiziertwerden. Die Gliederung ist nicht ganzstringent, da teils soziale, teils regionaleUnterscheidungen übergeordnet werden.Auch wären das dritte und vierte Kapitel("Bürgerliche und oberbäuerliche Ge-schlechter" sowie "Hochrhein undOberrhein") eigentlich Unterkapitel vonII. ("Das Beziehungsnetz gemäss dennekrologischen Quellen"). Störender alsdiese Inkonsequenz ist jedoch, dass inKap. A.IV mit einem summarischenVerweis auf Teil B weitgehend auf An-merkungen verzichtet wird. Das liegtnahe, ist in dieser Form aber problema-tisch. Ganz abgesehen davon, dass dieallgemeinen Informationen über die hiergenannten Städte und Gegenden in TeilB auch nicht belegt sind, ist zu den Per-sonen dort zwar reichhaltiges Materialvorhanden, doch die Suche danach ge-staltet sich mühsam, da die Einträgenicht nummeriert sind und die Gliede-

rung in A.IV nicht ganz der des Katalogsin Teil B entspricht. Das Personenver-zeichnis kann diesen Mangel nur teil-weise ausgleichen, weil es große Lückenaufweist. Bedauerlich ist auch PfaffsEntscheidung gegen "die Erstellung ei-ner Nonnenliste…, "weil sie mit allzuvielen Mängeln und Unsicherheiten be-haftet wäre" (S. 120). Der Vorbehalt istzwar nicht von der Hand zu weisen,doch wäre eine systematische Zusam-menstellung der in den Quellen genann-ten Klosterfrauen der Transparenz derUntersuchung zuträglich und ein nützli-ches Instrument für die weitere Erfor-schung des Konvents und seiner Außen-beziehungen.

Neben den genannten inhaltlich-me-thodischen Schwächen fallen etlichesprachliche und formale Mängel auf, dieein gutes Lektorat hätte abfangen kön-nen. Sperrige Konstruktionen wie "Ineinem bis in jedes Detail dokumentier-ten, für die überhandnehmende (!) Ver-schriftlichung zeugenden, über zehnMonate sich hinziehenden Prozedere…"(S. 27) und ziemlich viele Flüchtigkeits-fehler mindern streckenweise die Freudean der Lektüre. Die häufigen Unge-nauigkeiten, Inkonsequenzen und Lü-cken in den Anmerkungen und Ver-zeichnissen strapazieren auf die Dauernicht nur die Geduld der Leser, sie sindauch ein echtes Hindernis für alle, diesich intensiv mit der Materie beschäfti-gen möchten.

Die größtenteils farbigen Abbildun-gen geben u.a. Einblicke in die Tex-til- und Handschriftenproduktion desKlosters und sind mit instruktiven Bild-unterschriften versehen. Leider wird im

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Text nicht auf sie verwiesen, obwohl ei-nige der gezeigten Stücke in der Argu-mentation eine nicht unwesentliche Rol-le spielen.Iris Holzwart-Schäfer · Eberhard KarlsUniversität Tübingen

1 Vgl. dazu Rolf De Kegel, Das Doppel-kloster Engelberg – eine vergesseneForm monastischen Zusammenlebens, in:Studien und Mitteilungen zur Geschichtedes Benediktinerordens und seiner Zwei-ge 111 (2000), S. 347-380. Eine quanti-tative Auswertung des Nekrologs von1345 im Hinblick auf die Anzahl derSchwestern nahm Elsanne Gilomen-Schenkel vor, vgl. dazu u.a. dies., FrühesMönchtum und benediktinische Klösterdes Mittelalters in der Schweiz, in: Hel-vetia Sacra III/I,1, Bern 1986, S. 33-93,dort S. 75.

2 Gilomen-Schenkel, ebd., S. 81.

"Melerantz von Franckreich" – DerMeleranz des Pleier. Nach der Karls-ruher Handschrift. Edition – Untersu-chungen – Stellenkommentar. Hg. vonMarkus Steffen (Texte des späten Mit-telalters und der frühen Neuzeit, 48),Erich Schmidt Verlag, Berlin 2011,LV, 451 S.Der Meleranz des Pleier, wohl im späten13. Jahrhundert verfasst, gehört zu denrecht vielen spätmittelalterlichen Vers-romanen, die zwar manchmal behandeltwerden, von denen es auch Ausgaben,erstellt im 19. Jahrhundert, gibt, um dieman sich aber sonst kaum kümmert. Inletzter Zeit hat man aber verschiedent-lich sehr begrüßenswerte Bemühungenunternommen, zunächst einmal dieTexte neu herauszugeben und sich dabei

weitgehend nach der handschriftlichenÜberlieferung zu richten, bevor manüberhaupt ein Urteil fällen möchte. Mar-kus Steffen hat nun für seine MünchenerDoktorarbeit von 2009/2010 Anstren-gungen unternommen, des Pleiers Mele-ranz neu herauszugeben. Einfach wurdeihm aber diese Arbeit, weil der Textunikal in einer Papierhandschrift ausdem letzten Viertel des 15. Jahrhundertsüberliefert ist, nach der sich Steffen ganzrichtete. Diese war im Auftrag von Jo-hann Werner dem Älteren von GabrielLindenast-Sattler 1480 geschrieben wor-den, aber das Original dürfte im späteren13. Jahrhundert entstanden sein, ohnedass wir uns bis heute genau festlegenkönnen. Der Enkel von Johann Werner,Froben Christoph, verfasste die be-rühmte Zimmerische Chronik. DessenSohn Wilhelm Werner der Jüngere ver-schenkte die Handschrift mit dem Mele-ranz 1576, zusammen mit einer großenAnzahl anderer an den Erzherzog Ferdi-nand von Tirol, so dass der Text zu-nächst über Schloss Ambras schließlichnach Wien gelangte. Ohne Zweifel fälltdieser Versroman in die nachklassischeArtusepik, fehlen ja der Doppelweg, dieKrise des Helden und seine zweifacheBewährung, und treten märchenhafteZüge auf, die Verbindungen zum alt-französischen Lai de Graelent und zumlai "Lanval" der Marie de France nahe-legen, wenngleich das Motiv der Mar-tenehe nicht verfolgt wird.

Steffen verfolgt bei seiner Editioneine fast diplomatische Methode, verän-dert er ja kaum etwas am handschriftli-chen Text, markiert aber Eingriffe durchspitze Klammern. Namen werden nichtstandardisiert, dafür aber immer großge-

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schrieben, die Verszählung von KarlBartsch bleibt erhalten, denn bei nurzwei Plusversen (6314b und 10942b)wäre eine Neuzählung vor allem für dieForschung schlecht gewesen. Steffenbietet am Rand immer die Folioangaben,was als sehr hilfreich anzusehen ist. Erlöst alle Abkürzungen auf, benutzt im-mer ein normales 's' (kein Schaft-s) undführt eine moderne Interpunktion ein.Weiterhin vereinfacht er diakritischeZeichen und verfolgt die Zusammen-und Getrenntschreibung, wie sie in derHandschrift auftaucht. In der Einleitungdiskutiert er den kodikologischen Be-fund, die Provenienz und die Spracheund Graphie des Textes. Im Anhang fin-den sich ein z. T. etwas verwirrenderStellenkommentar (Hinweise auf Se-kundärliteratur sind manchmal nichtganz verständlich), ein Namensverzeich-nis, ein Literatur- und Abkürzungsver-zeichnis, eine Bibliografie und ein Re-gister. Gelegentlich hat sich Steffen beider Primärliteratur nicht auf die neuestenoder besten Editionen gestützt, ignoriertz. B. die neue Edition von Mai undBeaflor (hg. A. Classen, 2006), hat aberansonsten solide Arbeit geleistet, wofürman ihm sehr dankbar sein muss. Nunsteht nichts mehr im Wege, sich neu undkritischer als bisher mit diesem etwasseltsamen Werk des Pleiers auseinander-zusetzen.Albrecht Classen

Denys Pringle, Pilgrimage to Jerusa-lem and the Holy Land, 1187-1291(Crusade Texts in Translation), Ash-

gate, Farnham, Surrey, und Burling-ton, VT, 2012, xxiv, 463 pp., 9 fig.Considering that pilgrimage in the Mid-dle Ages was an international phenome-non, and that we have a huge corpus ofrelevant texts available dealing with pil-grimage (cf. the Encyclopedia of Medie-val Pilgrimage, ed. Larissa J. Taylor etal., 2009), modern students and scholarsalike will welcome the present collectionof relevant excerpts from pilgrimage ac-counts in English translation from ca.1187 to ca. 1291. In 1187 Saladin beatthe Christian army at the Horns of Hat-tin, and in 1291 the last Christian for-tress, Acre, fell into Saracen hands. Irre-spective of the military developments,however, there were many possibilitiesfor pilgrims to visit the numerous holysites in Palestine, and subsequently thosetravelers often composed detailed ac-counts, as we all know. Pringle at firstoffers a detailed discussion of the insti-tution itself, drawing from the primarysources presented here in English trans-lation, which can well be used as a gen-eral introduction for the newcomer.

The decision to compile the presentanthology was based on the fact thatprevious efforts in this regard, JohnWilkinson's Egeria's Travels to the HolyLand (1971, rev. 1981), Jerusalem Pil-grims Before the Crusades (1977), and,together with J. Hill and W. F. Ryan, Je-rusalem Pilgrimage, 1099-1185 (1988),break off with the end of the twelfthcentury, while Pringle extends his timeframe by ca. hundred more years.Moreover, most of his texts have so farbeen available only in nineteenth-cen-tury Latin, Old, French, or Greek edi-tions. In the case of Wilbrand of Olden-

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burg's Journey in the Holy Land, cover-ing the years 1211 to 1212, he couldeven establish a new manuscript base(Paris, BN, Fonds français, 10130), fromwhich he translated his text anew (un-fortunately, due to space limitations, notwith the Latin original). Following theintroduction, each individual text orauthor is discussed in depth, and here wealso find the relevant information aboutthe manuscript situation and previouseditions and translations.

This collection contains the texts byWilbrand, Thietmar (1217-1218), Ernoul(ca. 1231), an anonymous Holy Pilgrim-age (1229-1239), another anonymoustext IX and X (ca. 1229-1239), theanonymous All the Land that the SultanRetains (ca. 1239), the report by Geof-frey of Beaulieu (1251), a text by aGreek anonymous (1253-1254), the textby Matthew Paris (1250-1259), then TheWays and Pilgrimages of the Holy Land(1244-1265), Pilgrimages and Pardonsof Acre (1258-1263), the account byFriar Maurice (1271-1273), the one byBurchard of Mount Sion (1274-1285),Philip of Savona (1285-1289), and byRiccoldo of Monte Croce (1288-1289),the anonymous These are the Pilgrim-ages and Places of the Holy Land (13thc.), and the Greek anonymous II (ca.1250-ca. 1350).

Undoubtedly, this proves to be ahighly pragmatic and valuable sourcebook attractive both for historians andreligious scholars alike. The volumeconcludes with a list of sources, maps(see also the ten maps at the beginning),then a bibliography first with other pri-mary, and thereupon secondary sources.Pringle tried hard to accompany all ref-

erences to the critical editions with Eng-lish and other translations, but at timeshe ignored both the original edition andother translations, as in the case of FelixFabri, or he was not aware of new edi-tions, such as in the case of Godfrey ofViterbo (Pantheon, now available in the2010 online ed., though still based onWaitz). I do not understand why he citesthe famous study by Joshua Prawer, TheLatin Kingdom of Jerusalem (1972), inits French trans. from 1975. The volumeconcludes with an extensive and verywelcome index. There is no doubt thatPringle's efforts will be greeted withgreat satisfaction by many differentreaders, since this anthology proves tobe a wonderful contribution to Pilgrim-age Studies.Albrecht Classen

Alexandra Gillespie and Daniel Wa-kelin, The Production of Books inEngland 1350-1500, Cambridge:Cambridge University Press, 2011.The fifteen contributors to this meticu-lous compendium have prepared an ac-cessible yet satisfyingly gritty synopsisof vernacular manuscript studies in latemedieval England. A fifty-page Biblio-graphy, reference to 500 manuscripts,and 44 BW illustrations confirm the vol-ume's breadth and erudition. The topicscover the professionalization of booktrades, decoration and illumination,mise-en-page, materials and constitu-ents, linguistic artifacts, book structures,scripts and scribal identities, compila-tions and anthologies, bindings and cov-ers, commercialization and economic

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innovation, private or personal manu-facture, continental and Insular book-commerce, and censorship. While theeditors' Introduction situates the essaysin social contexts, they emphasize theproduction over use: What can the cul-tural artifacts tell us about aesthetic, so-cial, and mechanical processes of manu-facture?

In "Materials" Orietta Da Roldshows how variant ink coloration revealscopying by quire in a Canterbury Talesmanuscript (Cambridge, CUL Dd.4.24),rather than mere fading. Sometimes thethickness, drape, and uniformity ofparchment disclose the way books werefabricated, and thicker vellum foliosmay correspondingly reveal how Ox-ford, Corpus Christi College MS 198(Canterbury Tales) was structured. Thedistribution of paper stocks in the Win-chester Malory (London, BL MS Add.59678), by two collaborating scribes,reinforces the view that Malory com-piled separate tales. Daniel Wakelinoutlines the time spent on copyingmanuscripts, focusing on textualis as aformal script more laborious to producethan the ligatured cursiva, with its ab-sence of pen-lifts and serifs. Scribesmixed elements to yield different grades,in defining "image"—the appearance(formality, readability, etc.) of a script.Interested in the rate of error, Wakelinhighlights dittographic evidence of accu-racy. He concludes with an examinationof printer's interventions in manuscriptcopy. Simon Horobin details scribal in-terventions in vernacular texts, and re-connoitering the Linguistic Atlas of LateMedieval England, he explores Misch-sprachen, accidental copy-dialects.

Nonetheless, dialects can reveal dis-semination: early manuscripts of Go-wer's Confessio Amantis show traits ofSuffolk and Kent, where Gower's familyhad land or connections. Horobin'streatment of Chancery Standard spell-ings shows their gradual adoption andthe "official tolerance of dialect usage."

Stephen Partridge covers page designin manuscripts of Chaucer, Gower,Langland, Hoccleve, and Lydgate. Os-tensibly derived from exemplars, layoutsfollow familiations. Patridge valuablydescribes how manuscripts were fin-ished, identifying instructional signs.Access to exemplars mattered, and evi-dence of collation complicates howscribes signaled ways of reading. Designhierarchies follow perceived degrees ofluxury. Martha Driver and Michael Orrcollaborated on "Decorating and Illus-trating the Page," which describes a"fully painted style … pen-and-inkdrawing, or a coloured drawing style."Initials are categorized as "champ,sprynget, vinet and demi-vinet," all de-fined and described with examples. Byreference to Huntington Library MS HM28561, Driver and Orr show how limn-ing began with a sketch filled in withsubsequently darker washes, the outlinessharpened later in ink. Modeling camelast. Discussion of limners centers on lo-cale or relationships with patrons. Col-laboration between workshops or be-tween artists and apprentices representsan economic reality, and specialization(borders, initials, miniatures) seems es-sential. Extant images show consider-able variety even in the most commonpicture types: author portraits, narrativescenes, and allegorical images.

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Margaret Connolly highlights thecirculation of manuscript archetypes andthe derivative organization of contents.The topic of devotional miscellanies fo-cuses on extraction, compilation, andanthologizing. "A favoured method ofbook production in the transmission ofsecular poetry," the booklet may havebeen useful for informal or personalizedgatherings of assorted short texts. Con-nolly proposes that "single-text books"represent the norm for vernacular writ-ings in the period, at least according torecorded legacies. Alexandra Gillespiecontrasts chemise bindings with limpbindings (and tacketing), suggesting thatlimp vellum structures can be elaborate.Gillespie's excellent photographs revealthe small artifacts so admirably de-scribed. Eric Kwakkel's piece on manu-script commerce describes the speciali-zation of manufacture and sale, as wellas concomitant social networks, in me-dieval urban economies. Kwakkel ex-plores the trade of stationer, a role chal-lenging to document. Working from anexpense account recorded in Cambridge,Peterhouse MS 110, Kwakkel observesthat copying could cost five times morethan parchment, depending on the gradeof script and quality of media. Vellum"off-cuts" like those in Oxford, Bodl.Lib. MS Douce 25 could help econo-mize.

While Linne Mooney focuses on theLondon scribes of vernacular literarymanuscripts, she likewise outlines theevidence—with caveats—for provincialscribes, such as Canterbury Tales manu-scripts whose spellings may reflect ori-gins in Lincolnshire or Yorkshire. Hav-ing identified Chaucer's scrivener Adam

Pinkhurst in 2004, Mooney profiles himas copyist of the Ellesmere and HengwrtCanterbury Tales, a Piers Plowman, andpart of a Confessio Amantis. The so-called "Petworth Scribe" produced alarge body of late Middle English verseand prose, as well as accounts for theGuild of Skinners. Professionals obvi-ously migrated from the provinces or thecontinent. Frenchmen would arguablycopy French more proficiently than na-tive Englishmen, and the Franco-Flemish script illustrated on page 205makes the case for itinerant labor.Mooney explains the relevance beforetracing even more scriveners throughvarious manuscript exemplars, copies, orprinters' copy-texts. Jean-Pascal Pouzetinvestigates both the domestic (monasticor aristocratic) and amateur scribe, ob-serving that print was necessarily com-mercial. Larger religious foundationsproduced books in this period. Avail-ability of quality media, and of qualityexemplars, constrained the trade. Privatecommercial networks must have flour-ished in Oxford and Cambridge, wherestudents had skills, exemplars, motiva-tion, and clients. A combination of traitsidentifies the non-professional scribe ofBL MS Royal 17.C.xxxiii. In a fasci-nating and seminal assessment of cen-sorship focused on Lollard writings,Fiona Somerset shrewdly observes that"the owners … of heretical books will beanswerable for the views in them asmuch as their authors." Parliamentaryand ecclesiastical statutes issued underChichele reveal public anxieties felt for"suspicious books." Though identifiableby language, conceit, and theme, Lollardtracts circulating in miscellanies could

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be disguised by their inclusion withmainstream writings. Books, Somersetreveals, were not investigated unless as-sociated with an alleged heterodox.Textual suppression through self-policing affected circulation. Somersetexamines subtle aspects of self-censorship that Nicholas Watson allegesfor the decades following Arundel'sConstitutions: concealment, expurgation,copying of orthodox compendia in Lol-lard formats, alterations of recognizablyLollard design.

John J. Thompson contributes"Books beyond England," in part focus-ing on BL MS Harley 913 (ca. 1330), afascinating compilation of at least fivediscernible booklets with lullabies, rid-dles, didactic verse, and more, in threelanguages, some copied separately in1608. Thompson brilliantly speculatesthat James Butler, fourth Earl of Or-mond (d. 1452) and a promoter of Irishcultural heritage, commissioned JamesYonge to translate a redaction of theSecreta Secretorum as The Governanceof Princes. The translation has links toother texts in a group of manuscripts.Thompson surveys other sources pro-duced in Anglophone Ireland, somecentered on regional geographies, histo-ries, and personalities. David Rundleconsiders foreign scribes on English soil,one of whom—Theodore Werken ofAppenbroek, south Netherlands--joinedWilliam Gray's entourage and is docu-mented in London, ca. 1440-1478. Ad-mirable is the charming vignette of JohnGunthorp buying an Italian manuscriptcopied by "V f I," a scribe employed byJohn Tiptoft, Earl of Worcester, whilethe earl was stationed in Ferrara with

Gunthorp in his entourage. The second-hand book trade receives welcome at-tention, as Thompson reflects on the rea-sons for dispersals. Finally, WendyScase frames the status quaestionis in asuccinct Afterword that richly contextu-alizes the essays, but adding original ob-servations, too.

This handsome, thorough, absorbing,and intellectually virtuosic book hascharted the landscape of book history inlate medieval England. We are indebtedto Gillespie and Wakelin for a notableachievement essential not just for spe-cialists but for any scholar of MiddleEnglish or medieval English history.Scott Gwara · Department of English ·1620 College St. · University of SouthCarolina · Columbia, SC 29208 ·[email protected]

Stefan Fischer, Hieronymus Bosch.Malerei als Vision, Lehrbild undKunstwerk (Atlas – Bonner Beiträgezur Kunstgeschichte 6), Böhlau, Köln2009, 385 S., 114 s/w Abb.Ein wagemutiges Unterfangen, geradeals Dissertationsthema eine umfassendeMonographie zu einem einerseits sohäufig untersuchten und andererseitsimmer noch so rätselhaften Maler wieIheronymus Bosch zu wählen! Unver-meidlich ist es somit, daß zahllose In-formationen wiederholt werden, die manbereits aus der bisherigen Literaturkennt; bei den Abbildungen wurde garnicht erst versucht, einem der pracht-vollen Bildbände des Mercatorfondsoder des Hirmer-Verlags Konkurrenz zumachen, es handelt sich hier nur um

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kleine schwarz-weiße Photos, derenAufgabe bloß die Unterstützung beimAufrufen der bereits im Bildgedächtnisdes Lesers gespeicherten Werke ist.

Vier Abschnitte sind der Biographie(I), dem Stil (II), der Bildrhetorik (III)und der religiös-moralischen Aussage(IV) gewidmet, woran sich unter dem ir-reführenden Titel 'Eschatologie' noch ei-ne Studie v.a. der Antonius-Versuchunganschließt (aber nicht, wie zu erwarten,der Tafeln im Venezianischen Dogen-palast). Um es vorwegzunehmen: dieserBand kann sich durchaus in vordererReihe unter den Bosch-Monographiensehen lassen, der Umgang mit denQuellen, die Kenntnis des Umfeldes, dieInterpretationsvorschläge basieren aufeiner gründlichen Beschäftigung undi.d.R. einwandfreier Methodik. Freilichwerden keineswegs alle Kenner dieMeinung teilen, die bei Fischer immerwieder zum Ausdruck kommt, Bosch seifast überall und meist eindeutig zu ent-schlüsseln (ähnlich optimistisch eineGeneration zuvor etwa schon W. S. Gib-son). Biographisch erscheint Bosch v.a.als Angehöriger der lokalen Oberschichtund der Liebfrauenbruderschaft, d.h. alsdezidiert orthodox. Der geistig-geistlicheHintergrund war bestimmt von urbanenReligiosen und Semi-Religiosen mit ih-rer entsprechenden (volkssprachigen)Didaktik. Mehrfach betont erscheint diehochadelige Herkunft der Auftraggeberdes Malers. Fischer führt als Analyse-mittel die Begrifflichkeit der humanisti-schen Rhetorik ein, was wohl innovativist, doch überspannt wird (z.B. Unter-zeichnung als "memoria" – wie dennnicht?) und kaum zu neuen Ergebnissenführt, abgesehen davon, daß nicht nach-

gewiesen wird, Bosch habe diese Termi-nologie überhaupt gekannt. Die Misch-wesen werden v.a. unter dem moraldi-daktischen Gesichtspunkt gedeutet, derGarten der Lüste als die Menschheit vorder Sintflut, als Verkehrung des Paradie-seszustandes (255).

Im Einzelnen bleibt gewiß eine Rei-he von Kritikpunkten. Leider zeigt auchFischer öfters die für Mittelalter-Kunst-historiker offensichtlich obligatorischeSchlampigkeit beim Übersetzen der alt-sprachlichen Quellen. Ein lateinischeSatz (S. 156), der mit "Utinam" beginnt,kann kein Konditionalsatz sein, es han-delt sich um einen irrealen Wunsch("wenn doch...")! Der mittelniederländi-sche Satz S. 251 ist falsch übersetzt, da"ghelijc" nicht "sogleich" heißt, sondern"ebenso wie"; mnld. "quam" ist Imper-fekt, nicht Präsens (270); S. 317 ist einTeil des Zitates nicht übertragen usf.Angenommen, das Wort auf dem Buchdes Dämons im Antonius-Triptichon be-deute wirklich "protestatio" (311) – wasmir paläographisch nicht so sicher er-scheint – , dann ist dies jedenfalls keinVerb und kann weder grammatikalischnoch semantisch "ich klage an" heißen.

Methodisch unpassend ist der Rekursauf eine mittelhochdeutsche Christopho-rus-Legende (113) statt auf eine nord-westliche Version.

Die Literaturliste ist reichhaltig, aberdaß die 2006 zugleich auf Englisch,Französisch und Deutsch publiziertegroße Monographie von Larry Silver ineinem drei Jahre später gedruckten Buchüberhaupt nicht berücksichtigt wurde,läßt sich kaum verteidigen1, und garnicht das Fehlen des gründlich gearbei-teten Werkverzeichnisses von Buzzati/

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Contini (Milano 1966). Da Fischer im-mer wieder auf die allgemeinen Zeitum-stände und v.a. die Religiosität des 15.Jahrhunderts rekurriert, irritiert die Un-kenntnis von grundlegenden Werken,nicht nur der "Herfstijd" Huizinga's,sondern auch des "Dictionnaire de spi-ritualité" und des "Handbuchs der Reli-gionsgeschichte im deutschsprachigenRaum" (wo ja die Niederlande mit be-rücksichtigt sind).

Selten sind Informationen einfachfalsch, so die, daß der "Dialogus" desCaesarius von Heisterbach etwas wie ei-ne Naturenzyklopädie sei (148) oderBernhard von Clairvaux Visionen als"Autorität tragende Mittel" betrachtethätte (285) – gerade seine Einstellungwar solchen Phänomenen gegenüberrecht skeptisch!

Verlagsseitig hat der Verfasser kaumviel Hilfe erhalten, wie die nicht selte-nen Druck- und gelegentlichen PC-Satz-Fehler zeigen. Daß das Register einge-spart wurde, ist bei einer so reichhalti-gen Arbeit umso bedauerlicher.

Viele der Detail-Interpretationenwird man mit Zustimmung lesen, man-che allerdings erscheinen zumindestüberzogen, so die "Themen und Ele-mente der Mystik", die selbst "in kleine-ren Werken ausgeprägt" seien (48), dennmit Motiven der theoretischen Mystik àla Ruusbroec hat Bosch überhaupt nichtsim Sinn, und mit denen der praktischen àla Hadewijch schon gar nicht (vgl. jetztdie Monographie des Rezensenten zurdeutschen und niederländischen Mystikdes Mittelalters, Berlin 2012). Kaum einBetrachter wird "die Forderung nach derKeuschheit" erkennen, die Boschs Bilder– auch im Garten der Lüste – erfüllt ha-

ben sollen (133), welcher eine "moral-theologisch ausgerichtete Ehelehre" zumVorwurf hätte (269). Schon gar nichtsind Boschs Teufelsmischwesen "grund-sätzlich als lesbar" konzipiert (235). DerJungianer A. Ribi, Die Dämonen desHieronymus Bosch (Küsnacht 1990),von Fischer nicht herangezogen, war daganz gegensätzlicher Meinung. Natür-lich gibt es in Kunstäußerungen immerElemente des Primär- und des Sekun-därprozesses, der bloß historisch-positi-vistische Reduktionismus Fischers ver-zerrt genauso wie der bloß tiefenpsy-schologische Ribis. Doch sind dies, essei wiederholt, nur Einzelpunkte in ei-nem umfassenden Werk, das vieleAspekte des Menschen und der KunstBoschs treffend behandelt und das künf-tig nicht ohne Gewinn konsultiert wer-den wird.Peter Dinzelbacher

1 Diesem Buch hat Fischer inzwischen ei-ne überkritische Rezension gewidmet:http://www.sehepunkte.de/2008/06/11886.html.

Yela Schauwecker, Die Diätetik nachdem 'Secretum secretorum' in derVersion von Jofroi de Waterford:Teiledition und lexikalische Untersu-chung (Würzburger medizinhistori-sche Forschungen Bd. 92). Königs-hausen & Neumann, Würzburg 2007,435 S.In der hier besprochenen, als Buch ver-öffentlichten Dissertation von YelaSchauwecker wird zum ersten Mal dievollständige Diätetik des Secretum Se-cretorum in der altfranzösischen Version

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von Jofroi de Waterford ediert. BeimSecretum Secretorum handelt es sich umeinen beliebten und weitverbreitetenText des Mittelalters, eine "Sammlungenzyklopädischer Informationen, ge-nauer von Instruktionen im Bereich derMoral, der Gesundheitspflege, der Er-nährung und der Physiognomie" (S.8),die möglicherweise syrischen Ursprungsist und Anfang des 9. Jahrhunderts insArabische übertragen wurde (S. 9). DerText ist pseudo-aristotelisch: Er be-hauptet, "es handle sich um Hinweise,die Aristoteles an Alexander geschickthabe, als ihm seine körperlichen Kräfteim Alter nicht mehr erlaubten, Alexan-der persönlich zu betreuen" (S. 8). Gera-de diese Unterstellung, so Schauwecker,könnte für die Popularität des SecretumSecretorum im Abendland verantwort-lich sein, auch wenn "sie seit dem 14. Jh.als falsch entlarvt war" (S. 8). Der arabi-sche Text wurde in den folgenden Jahrenbearbeitet und erweitert, im 12. sowie im13. Jahrhundert wurden verschiedeneVersionen des Secretum Secretorum insLateinische übersetzt. Ausgehend vonder lateinischen Übersetzung übertrugman den Text auch in die abendländi-schen Volkssprachen (S. 9f.; vgl. zum"Secretum Secretorum" auch den Artikelvon Gundolf Keil im Verfasserlexikon,Bd. 8, 1992, Sp. 993-1013),.

Eine der bisher bekannten, von ein-ander unabhängigen zehn altfran-zösischen Prosaversionen, nämlichSecrSecPr2, ist das Secré des segrez oderGovernemens de rois des irischen Do-minikaners Jofroi de Waterford – dieseVersion des Secretum Secretorum giltnicht wenigen Forschern als die interes-santeste französische (S. 7). Jofrois

Übersetzung liegt zwar in keiner Hand-schrift vollständig vor, aber in der Hand-schrift Paris BN fr. 1822 ist ein Großteildes Textes enthalten, im "Vorsatz derHandschrift Nr. 101 der London Societyof Antiquaries ein kleines Fragment(…), welches sich zum Teil mit dem inBN fr. 1822 erhaltenen Text deckt, stel-lenweise aber auch über ihn hinausgeht"(S. 18). Nach der Handschrift Paris BNfr. 1822, entstanden ca. 1300, dem "überweite Strecken (…) einzig[] bekannte[n]Textzeuge[n]" von Jofrois Secré des se-grez, wird in der hier besprochenen Ar-beit der "inhaltlich in sich geschlosse-ne[.] mittlere[.] Teil, die Diätetik" ediert(S. 19). Die Autorschaft Jofrois hältSchauwecker für "sehr wahrscheinlich"(S. 30). Doch aufgrund ihrer dialektalenund lexikalischen Analyse des Textesund einiger Fehler des Schreibers sei dieHandschrift kein Original Jofrois, son-dern eine Kopie, angefertigt von dempikardisch-wallonisch-sprachigen Ser-vais Copale, der im Gegensatz zumanglo-normannischsprachigen Jofroi,welcher im Prolog als Urheber genanntwird, erst im Kolophon von BN fr. 1822erwähnt wird und "der überwiegendSchreiber war und nur hie und da Ergän-zungen seiner Vorlage vornahm." (S.30).

Die Editorin vergleicht Jofrois Secrémit dem lateinischen Text des RogerBacon, der um 1259 vier Handschrifteneiner bereits revidierten lateinischenFassung edierte, und erklärt, dass es sichbeim Secré des segrez Jofrois nicht al-lein um eine rein buchstabengetreueÜbersetzung des lateinischen SecretumSecretorum handelt. Jofrois Übersetzungder lateinischen Textstellen zeigt eine

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sehr hohe Übereinstimmung mit BaconsEdition, doch Jofrois Diätetik geht übereine Übersetzung hinaus: Jofroi über-setzt den lateinischen Text "offenbar nurzu Beginn ... fast wörtlich" – nur in 16von 111 edierten Kapiteln – und nutztdann weitere Quellen wie den Liber dedietis universalibus et particularibusvon Isaak (den er als Quelle benennt)oder womöglich Arnaldus' de VillanovaTraktat De conferentibus (den er nichtbenennt), verfasst möglicherweise aucheinen Teil seines Secré selbst (S. 31 f.).Deshalb hält Schauwecker fest, die Diä-tetik in Jofrois Text sei "der vom Secre-tum unabhängigste Teil, von dem nurknapp 20 Prozent (6 von 32 Folios) demlateinischen Text folgen, wohingegender Anteil für den Gesamttext bei etwasüber 40 Prozent liegt" (S. 31).

Was den Inhalt von SecrSecPr2 be-trifft, so wendet sich der Text "in seinerfiktiven Situation an Alexander, dem ergrundlegendes medizinisch-physiologi-sches Wissen vermitteln möchte, damiter selbst auf seine Gesundheit achtenkönne … Ausgelassen sind solche Pas-sagen der Vorlage(n), deren Inhalt als zuschwierig oder als problematisch emp-funden wurde" (S. 43). Obwohl es sichum einen einführenden Text handelt,enthält er aber auch "anspruchsvolle,sehr differenzierte Abhandlungen ver-schiedener Provenienz … (Exzerpte, ei-gene Erfahrung wie im Weintraktat undzusätzliche Fachtexte wie den vonIsaak)", S. 43 f. . In Jofrois Text wirdauf Verschiedenes hingewiesen, was denjeweiligen Organen nutzen oder schadenkönne: Nahrungsmittel, aber auch "nichtmedikamentöse Einwirkungen (wie z.B.für das Gehirn: gute Luft, Freude, Haa-

rekämmen etc.)", S. 34. So gilt etwaSenf gemäß der Humoralpathologie alsheiß und trocken und soll u.a. den Ma-gen reinigen (S. 137), Kirschen hinge-gen kühlen – ähnlich wie reife Pflaumen– u.a. den Magen und löschen den Durst(S. 132). Jofrois Diätetik ist Beispiel da-für, wie im Mittelalter Pflanzen, Le-bensmittel und Drogen für die Gesund-heit eingesetzt wurden.

Bezüglich der Edition, des Glossarsund der Wortliste ist anzumerken, dassich keine Romanistin bin und romanisti-sche Urteile deshalb naturgemäß nichtfälle. Als Germanistin und Medizinhi-storikerin kann ich auf die romanistisch-philologischen Analysen in Schauwe-ckers ausführlichem und interessantemGlossar nur verweisen: Im Glossar wer-den altfranzösische Wörter lexikalischuntersucht, "denen die Lexikographiebislang aus verschiedenen Gründen nichtgerecht wurde, oder für die bislang keineoder nur sehr wenige Belege erfaßt sind"(S. 139). So taucht eine Basilikum-Art(Basilikum wird im modernen Franzö-sisch als "basilic" bezeichnet) im Begriff"basilicon" erstmals bei Jofroi auf(S. 170). Ebenso ist Lavendel, der demSecretum Jofrois zufolge "das Herzkräftige und gut für Magen und Milz sei,was sich weitgehend mit der Einschät-zung der Pflanze durch die moderneMedizin deckt", in der Form "lavende"Erstbeleg in SecrSecPr2 – noch heutewird die Pflanze im modernen Franzö-sisch so bezeichnet (S. 283).

Auch Begriffe, deren Bedeutung sichverändert hat, führt Schauwecker auf: Sobezeichnet etwa "pomade" im SecretumSecretorum des Jofroi de Waterfordnoch ein alkoholisches Apfelgetränk

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(und ist zudem Erstbeleg), doch weiternur in Texten bis zum 16./17. Jahrhun-dert. Danach ändert sich der Zeichenin-halt: Unter "pomade" wird salbenartige"Pomade" verstanden (S. 332). Die Au-torin weist auch auf Schwierigkeiten beider Wort-Identifikation verschiedenerBegriffe hin: So etwa bei "pome citrine",was zwar in anderen Handschriften mit"Orange" glossiert wird, aber womög-lich (vergleicht man die medizinischeWirkung, die pome citrine bzw. derOrange in Mittelalter und Gegenwart be-scheinigt wird) – dies ist nicht abschlie-ßend zu klären – eine Unterart der Zitro-natzitrone oder die Limettenart Citrusaurantifolia bezeichnet (S. 332 f.).

Um Begriffe zu identifizieren, ar-beitet Schauwecker eben nicht nur phi-lologisch: Wie im eben genannten Bei-spiel vergleicht Schauwecker zudem beivielen Artikeln (etwa Pflanzen- undFruchtnamen) des informativen Glossarsdie medizinische Wirkung, die denFrüchten, Pflanzen usw. in der moder-nen Drogenkunde bescheinigt wird, mitden Anwendungsempfehlungen Jofrois(und weiteren alten Begriffsbelegenbzw. "den verschiedenen in den Wörter-büchern vorgeschlagenen Identifikatio-nen"), S. 141. Auch einige medizinischeTermini werden entsprechend auf einenBedeutungswandel geprüft (S. 141). Da-durch wird neben der romanistischenWortanalyse aufgezeigt, welche Ge-meinsamkeiten oder Unterschiede vonJofrois Diätetik zur modernen Pharma-kognosie und Medizin bestehen.

Bei der vorliegenden Arbeit handeltes sich um eine aufschlussreiche Veröf-fentlichung, die für die philologischeFachliteraturforschung sowie die Medi-

zingeschichte des Mittelalters einenwichtigen Beitrag leistet.Dr. phil. Christine Knust M.A. · ImLinsenbusch 17 · 67146 Deidesheim ·[email protected]

Michel Roquebert, Die Geschichte derKatharer. Häresie, Kreuzzug und In-quisition im Languedoc. Aus demFranzösischen übersetzt von UrsulaBlank-Sangmeister unter Mitarbeitvon Erika Ries-Proksch, ReclamVerlag, Stuttgart 2012, 533 S., 37 s/wIll., 6 Karten.Die Ereignisse um die Katharer gehörenzu den aufregendsten und dramatisch-sten in der Geschichte der christlichenKirche und sind daher bereits vielfachkritisch untersucht und studiert worden,wie ein Blick in jeglichen wissenschaft-lichen Katalog nur zu gut bestätigt. Beider Arbeit von Michel Roquebert von1999, die jetzt neu ins Deutsche über-setzt wurde, handelt es sich aber um ei-nes der grundlegenden Forschungspro-jekte, das sich überwiegend auf die Pri-märquellen stützt und tatsächlich einhöchst ausgewogenes Bild dieses tiefeinschneidenden Phänomens vermittelt.Insoweit als dieses Buch hier nur in sei-ner deutschen Übersetzung besprochenwerden soll, bedarf es nicht der umfang-reichen kritischen Reflexionen über denInhalt oder die Ergebnisse. Zu betonenist hingegen, was wahrscheinlich auchden Verlag dazu ermutigt hatte, dieseÜbersetzung in Auftrag zu geben, wiekenntnisreich und gut organisiert diesesBuch wirkt. Roquebert verdient größteAnerkennung dafür, das Katharertumeinsichtsvoll in den größeren Kontext

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seiner Zeit gestellt und die Gründe fürden immer schärfer werdenden Konfliktmit der katholischen Kirche eindrucks-voll ausgeleuchtet zu haben. Es bereitetaußerdem wirkliches Vergnügen, diesehistorische Darstellung zu lesen, dennzum einen erweist sich Roquebert als einvorzüglicher Autor, zum anderen ver-dienen die Übersetzerinnen unsere An-erkennung dafür, den Text in ein vor-zügliches Deutsch übertragen zu haben.

Roquebert gelingt der Nachweis,dass es sich bei den Katharern keines-wegs um Exoten oder Esoteriker gehan-delt hatte, vielmehr um eine theologi-sche Gegenbewegung innerhalb der Kir-che, die schon von Augustinus heftigbekämpft worden war (Dualismus, Ma-nichäismus, etc.), die sich aber ganz aufdas Neue und Alte Testament stützte,freilich eine radikal anders gestaltetepolitische und wirtschaftliche Strukturanstrebte und gerade deswegen von Romals solch eine große Gefahr angesehenwurde. Die Katharer – der Begriff selbsterweist sich als Schimpfwort, das vonden Gegnern geschöpft worden war –fühlten sich tief im Urchristentum ver-wurzelt, waren aber zugleich wenigerdogmatisch hinsichtlich der normalenLebenspraxis, solange nur der Menschzumindest kurz vor dem Tode sich demStand der Religiosen einreihte (absoluteAskese, kein Fleisch, kein Sex). Vondaher erweist sich die Beschäftigung mitden Katharern als ungemein spannendesThema, das uns Roquebert eindringlichnahebringt, vor allem weil er sich ihmganz nüchtern und höchst solide, quel-lengestützt widmet.

Das Buch gliedert sich in die folgen-den Kapitel: 1. die Entstehung der duali-stischen Häresie, 2. der Kreuzzug, 3. dieInquisition. Jedes einzelne Kapitel istdann wieder sorgfältig untergegliedert,wobei stets die historischen Quellen zumSprechen gebracht werden. Auf die De-tails hier einzugehen, also die globalenSpannungen, die Rolle des französischenKönigshauses, die Ambitionen des nord-französischen Rittertums, die Aufgabeder Inquisitoren und der Bettelmönche,schließlich vor allem die einzelnenSchritte im Kreuzzug, wäre unnötig,handelt es sich ja mittlerweile, wie mansagen dürfte, fast schon um einen 'Klas-siker' in der Katharer-Forschung. Leidersetzt sich aber Roquebert fast nirgendskritisch mit der Sekundärliteratur aus-einander, was auch die Übersetzung jetztnicht nachholen kann. Immerhin, unddies ist dem Verlag hoch anzurechnen,findet sich am Ende eine ca. 3-seitigeBibliografie mit deutscher und engli-scher Forschungsliteratur, die von JörgFeuchter ungefähr bis 2009 geführt wur-de. Die Karten am Ende sind zwar sehrdetailliert, aber es fehlt stets der Kon-text, was zur Verwirrung führt. Den Ab-schluss bildet ein Personenregister. Dies/w Abbildungen sind zwar alle rechtkleinformatig, aber erstaunlich scharf inihrer Auflösung. Die Geschichte derKatharer ist eines derjenigen Bücher,die größte wissenschaftliche Anerken-nung verdienen, die aber zugleich denSpagat schaffen, den nichtakademischenLeser ungemein zu interessieren.Albrecht Classen

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Holger Runow, Rumelant von Sach-sen. Edition – Übersetzung – Kom-mentar, (Hermaea, GermanistischeForschungen, Neue Folge, 121), DeGruyter, Berlin und New York 2011,329 S., 2 Ill.Leider ist es immer noch der Fall, dassviele spätmittelalterliche Dichter nursehr stiefmütterlich behandelt werden.Oftmals liegen uns ihre Werke nur inAusgaben des 19. Jahrhunderts vor, ob-wohl doch die Forschung global längsterkannt hat, welche literarischen Perlendort verborgen sein können. Ganz gleichaber, wie wir einzelne Dichter oderTexte beurteilen mögen, literarhistorischgesehen gibt es gar keinen Grund, dieAugen vor denjenigen zu schließen, dienach der sogenannten 'klassischen' Phaseab ca. 1220 kreativ tätig wurden. DerSangspruchdichter Rumelant von Sach-sen gehört zu denjenigen, über die weit-gehend geschwiegen worden ist. HolgerRunow argumentiert zwar hier nicht,dass es sich um einen vergessenen undaußerordentlichen Meister seines Fachesgehandelt habe, insistiert aber darauf,weswegen er sich auch um die Editionseiner Lieder bemüht, dass Rumelantdurchaus Eigengewicht besitzt. Er ist indie Zeit zwischen ca. 1273 und 1286/1287 zu datieren, war also ein Zeitge-nosse Konrads von Würzburg. Es findensich einige politische Hinweise in seinenLiedern, aber darüber hinaus fehlen unsbiographische Hinweise.

Wenn auch Rumelants relativ wenigeMinnelieder (3) etwas blass und sche-matisch wirken, enthalten seine Sang-sprüche (108 Strophen) viele bemer-kenswerte Elemente. Insbesondere das

Lied "Got in vier elementen" (I, 1) be-eindruckt durch seine bäuerliche Meta-phorik, insoweit als Christi Passion mitdem Pflügen eines Feldes verglichenwird. Aber auch "Got hât in allen nichtgegeben" (VIII, 7) erweist sich als sehrinteressant, insoweit als hier Kritik anden Reichen geübt wird, die ihren Wohl-stand nicht demütig als Geschenk Gottesauffassen. Es lohnt sich also, die Sangs-prüche Rumelants endlich sorgfältigerzu beachten, nachdem die einzige Ge-samtausgabe seiner Werke schon 1838(von der Hagen) erschienen war, worausaber kaum nennenswerte Forschung ent-stand, sehen wir von einigen neuen Ver-suchen Freimuth Lösers u.a. ab.

Besondere Probleme bei der Editionergeben sich kaum, denn die meistenLieder sind unikal in der Jenaer Lieder-handschrift überliefert. Allerdings machtsich hier stärker das Mitteldeutsch-Niederdeutsche bemerkbar, was man-chen Lesern wegen ungewohnter Va-rianten einige Schwierigkeiten bereitenkönnte. Runow strebt vor allem an, dieTexte Rumelants auch denjenigen zurVerfügung zu stellen, die nicht ein engesphilologisches Interesse haben, weswe-gen er z.T. doch recht umfangreich edi-torisch eingegriffen hat, ohne aber je-mals über das Zulässige hinauszugehen.Die Zahl der Konjekturen und Emenda-tionen ist ziemlich groß, aber Runowbietet genaue Erklärungen dafür, wie erbei seinem Projekt vorgegangen ist, undfügt Lesartenapparate an, die seine Aus-gabe gut transparent werden lassen. DieDetails brauchen hier nicht besprochenzu werden, handelt es sich ja weitgehendum übliche Methoden bezogen auf die

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Abbreviaturen, Diakritika, die Schreib-weise des 's', Groß- oder Kleinschrei-bung, Getrennt- und Zusammenschrei-bung, den Konsonantismus und den Vo-kalismus, die Gestaltung einzelnerBuchstaben, Pronomina etc. Auffallendist der Kasustausch (Dativ/Akkusativ)bei Rumelant, den Runow korrigierendausgleicht, wobei er jedoch nicht ver-nachlässigt, seine Eingriffe kenntlich zumachen.

Die Sangspruchdichtung erscheinthier nach der Jenaer Liederhandschrift,die Minnelieder werden nach der Gro-ßen Heidelberger Liederhandschrift wie-dergegeben, und die Rumelant zuge-schriebenen Meisterlieder nach der Kol-marer Liederhandschrift. Im Anhang er-scheint noch eine lateinische Cantio inRumelants Ton I aus der AugsburgerCantionessammlung, und darauf folgtder umfangreiche Kommentar zu jedemeinzelnen Lied bzw. Spruch. DieserKommentar bezieht sich vor allem aufsprachliche Aspekte, weniger auf inhalt-liche, was ein wenig abträglich wirkt.Aber dies ist ja auch die Aufgabe deszukünftigen Interpreten. Der sympathi-sche Band endet mit einem Abkür-zungsverzeichnis, der Bibliographie, ei-nem Verzeichnis der Strophenanfänge,einem Register und einem Wortver-zeichnis. Nicht zu vergessen dazu nochdie etwas zu klein gedruckte Überset-zung von Rumelants Liedern jeweils amFuß jeder Seite.

Insgesamt muss man diese Neuaus-gabe sehr begrüßen, es fehlt ihr eigent-lich gar nichts.Albrecht Classen

Stefan Schröder, Zwischen Islam undChristentum. Kulturelle Grenzen inden spätmittelalterlichen Pilgerbe-richten des Felix Fabri (Orbis me-diaevalis. Vorstellungswelten des Mit-telalters 11), Akademie Verlag, Berlin2009, 459 S.

Das ansprechende und lesenswerteBuch Stefan Schröders greift aus der un-überschaubaren Menge spätmittelalterli-cher Reiseberichte die vier Texte desUlmer Dominikaner Lesemeisters FelixFabri heraus. Schröder rückt dabei dieWahrnehmung des Fremden in den Vor-dergrund, die er detailliert und im Ver-gleich mit anderen Berichten analysiert.

Nach der Einleitung zu 'fremd' und'eigen' im Mittelalter im Allgemeinenund in Reise- und Pilgerberichten imBesonderen legt er seine Methodik dar:es geht um eine vergleichende, stark ander theoretischen Literatur der letztenJahrzehnte orientierte, literaturwissen-schaftlich ausgerichtete Lektüre der Be-richte Fabris zu seinen Pilgerfahrten insHeilige Land und nach Ägypten von1480 und 1483-84. Schröder vergleichtdie für unterschiedliche Zielgruppen ver-fassten Texte (das kurze "gereimte Pil-gerbüchlein" über die erste Reise, dasausführliche lateinische "Evagatorium"für seine dominikanischen Ordensbrüderund die deutsche "eigentliche Beschrei-bung" für adlige Reisegefährten über diezweite Reise, sowie schließlich die "Si-onspilger" als eine Art Anleitung für'lehnstuhlreisende' Dominikanerinnen)mit anderen Reiseberichten von Jerusa-lempilgern v.a. aus dem ausgehenden15. Jahrhundert.1 Er beschränkt sich da-

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bei auf lateinisch-christliche Reisebe-richte, was angesichts zeitökonomischerund sprachlicher Probleme vertretbar ist.Doch der Auslotung der Kategorien 'ei-gen' vs. 'fremd' (zumal lateinisch-christ-lich und 'europäisch' mit 'eigen' gleich-gesetzt werden, cf. 18-20) hätte es zu-sätzliche Schärfe verliehen, wenn er denenglisch (seit Kurzem auch deutsch)vorliegenden Bericht von MeshullamBen R. Menahem aus Volterra stärker indie Analyse einbezogen hätte. 2

Zunächst geht Schröder auf dieWahrnehmung fremder Städte von Ve-nedig über Jerusalem bis Kairo imLichte der laudes urbium ein und analy-siert Fabris Strategien von Fremddar-stellung. Er zeigt, wie Fabri die Erfah-rung fremder Umwelt mit spirituellerHeimat in Einklang bringt ('whatness'vs. 'whereness').3 Man mag sich fragen,ob Fabris Beschreibung von JerusalemsZerfall und herumliegenden Kadaverntatsächlich v.a. Erzählstrategie sei (156)4

und hätte gerne gewusst, wie viele Ein-wohner Kairo nun 'wirklich' aufwies(mit 250-300 Tausend war die Stadt tat-sächlich massiv grösser als etwa Vene-dig5), um die Beschreibungen schier un-fassbarer Größe besser einordnen zukönnen (166).

Schröder untersucht dann FabrisWahrnehmung der Menschen geordnetnach Venezianern, Italienern, Juden undMuslimen. Letztere unterteilt er in Mam-luken und Sarazenen6 und geht beson-ders auf die Darstellung des Islams alschristliche Häresie ein. Er betont die(ober-)deutsche Identität und (zumindestsprachlichen) ÜberlegenheitsgefühleFabris (229-234, 308).7 Vielleicht hätteSchröder den sozialen Beziehungen in

einer nicht nur sprachlich und religiös(=kulturell?) sondern eben auch sozialbzw. ständisch ausdifferenzierten Weltnoch mehr Beachtung schenken kön-nen.8

Der geographisch-historisch interes-sierte Leser hätte sich vielleicht im Ka-pitel zu fremden Räumen eine vertiefteAnalyse der Raumbeschreibungen inBezug auf die konkret bereisten Räumemit verdeutlichenden Karten gewünscht.Angesichts der langen, differenziertenLandschaftsbeschreibungen z.B. des Si-nais wirkt der Schluss, Fabri ginge esnur um heilsgeographische Belehrung,etwas überzogen (334, 356, 364).9

Schröder ordnet Fabris Texte akri-bisch in den Kontext vergleichbarer(christlicher) Reiseberichte seiner Zeitein und analysiert die Beschreibung vonStädten, Menschen und Räumen unterminutiöser Berücksichtigung v.a. derneueren deutschen Forschungsliteratur.10

Überdosiert bergen deren Ansätze viel-leicht die Gefahr, in ihrem mitunter et-was überspitzten DekonstruktivismusFabris trotz allem recht scharf beobach-tende Berichte hinter Begriffen wieSpiegelung, Erzählintentionen, Kon-struktion des Anderen etc. als Quelleversiegen zu lassen. Aber darum ging esSchröder ja auch: Nachdem Fabris Textebisher mitunter recht unkritisch als Da-tenlieferanten zu allen möglichen The-men genutzt wurden, analysiert er dieTexte minutiös als literarische, theolo-gisch-humanistische Konstruktionen,was klug dosiert der kritischen LektüreFabris nur zuträglich sein kann.11

Man wird Schröder sicherlich zu-stimmen, wenn er abschließend fest-hält, dass Fabris Berichte sich nicht in

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ein einfaches Eigen-/Fremdschema vonchristlich vs. islamisch pressen lassen(379) und dass der Dominikaner, demein "vornehmlich wissensorientiertesInteresse am Fremden" (383) attestiertwerden kann, als erstaunlich unabhängi-ger Beobachter präzise beschrieb, er-gründete und zu recht freien Urteilenkommen konnte.

Schröder legt ein solide gearbeitetes,ein lesenswertes und kenntnisreichesBuch vor, an dem kein Fabri-Leser mehrvorbeikommt und das auch dem an Rei-sebeschreibungen im Allgemeinen inter-essierten Leser empfohlen sei.Georg Christ · Transkulturelle Studien ·Marstallstr. 6 · 69117 Heidelberg ·[email protected]

1 Wobei das Konzept der kulturellen Gren-zen vielleicht noch etwas präziser zu fas-sen wäre.

2 Schröder führt den Bericht in seinemQuellenverzeichnis auf: Elkan NathanAdler (ed.), "Meshullam Ben R. Me-nahem of Volterra, 1481", in Jewish Tra-vellers in the Middle Ages: 19 FirsthandAccounts, (London: Routledge, 1930,zahlreiche Nachdrucke), 156-208, jetztauch vollständig und deutsch: Meshullamdi Volterra, Von der Toskana in denOrient. Ein Renaissance-Kaufmann aufReisen, hg. und übersetzt von DanielJütte (Göttingen: Vandenhoeck & Rup-recht, 2012). Schröder ist sich des Poten-tials bewusst, siehe z.B. 260, Fussnote301.

3 Roger M. Downs and David Stea, Mapsin Minds : Reflections on Cognitive Map-ping (New York: Harper and Row,1977), 58-59.

4 Städte im Mamlukenreich zerfielen tat-sächlich im Zuge der demographischenund ökonomischen Veränderungen im15. Jahrhundert, cf. Georg Christ, "Eine

Stadt wandert aus. Kollaps und Konti-nuität im spätmittelalterlichen Alexan-dria", Viator 42 multilingual (2011): 145-168.

5 Ca. 6-9% der Bevölkerung des Niltals,was außerordentlich ist für die Zeit, Juli-en Loiseau, Reconstruire la Maison dusultan 1350-1450. Ruine et recomposi-tion de l'ordre urbain au Caire, EtudUrb8 (Kairo: Institut français d'archéologieorientale, 2010), t. 1, IX.

6 Wobei dieser Begriff kritisch zu verortenwäre. Steht er für muslimische, sesshafteAraber?

7 Cf. ergänzend: Caspar Hirschi, The Ori-gins of Nationalism: An Alternative His-tory from Ancient Rome to Early ModernGermany (Cambridge: Cambridge Uni-versity Press, 2012).

8 Die Pilger wurden wohl belästigt, be-wegten sich aber gleichwohl in den höhe-ren Gesellschaftsschichten und unter-standen auf höherer Stufe der ständisch(anstatt religiös) diskriminierenden ma-z'âlim bzw. taczîr Gerichtsbarkeit, cf.Georg Christ, Trading Conflicts. Vene-tian Merchants and Mamluk Officials inLate Medieval Alexandria (Leiden: Brill,2012), 143-153; Baber Johansen, Con-tingency in a Sacred Law: Legal andEthical Norms in the Muslim Fiqh (Lei-den: Brill, 1999), 260, 398-400.

9 Vielleicht ist dies die positive Kehrseitevon Fabris 'Geschwätzigkeit' (VolkerReichert und Margit Stolberg-Vowin-ckel, Quellen zur Geschichte des Reisensim Spätmittelalter, Ausgewählte Quellenzur deutschen Geschichte des Mittelalters46 (Darmstadt: Wiss. Buchges., 2009),64), dass ihm unweigerlich auch einigeunreflektierte, unmittelbare, ja geradezuunbeabsichtigte (und daher für den Histo-riker besonders spannende) Einblicke aufdie Wachstafel und v.a. ins Evagatoriumgerieten.

10 Einige Ergänzungen, z.B. Benjamin Ar-bel, "The Port Towns of the Levant inSixteenth-Century Travel Literature", inMediterranean urban culture, 1400-

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1700, ed. Alexander Cowan (Exeter:University of Exeter Press, 2000), 151-164; Oueded Sennounes akribisch re-cherchierter Corpus von Reiseberichtenist hilfreich, wenn er auch nur Alexandriabetreffende Stellen erfasst, http://www.cealex.org/sitecealex/navigation/FENETR_NAVvoyageurs_F.htm (letzter Zugriffam 04.09.2010) cf. ihre thèse de doctorat:Oueded Sennoune, "Alexandrie et les ré-cits de voyageurs du VIe siècle à 1798"(Lyon: Université Lumière Lyon 2,2008); David Jacoby, "Christian Pilgri-mage to Sinai until the Late FifteenthCentury", in Holy Space, HallowedGround: Icons from Sinai, ed. RobertS. Nelson (Los Angeles: Getty Publica-tions, 2006), 79-93 ; id. "Pèlerinage mé-diéval et sanctuaires de Terre Sainte: Laperspective vénitienne", Ateneo venetoCLXXIII (=XXIV n.s.) (1986): 27-58;Bleser, Paul und Erik Hornung, Zum BildÄgyptens im Mittelalter und in der Re-naissance = Comment se représente-t-onl'Égypte au moyen âge et à la renais-sance? Orbis biblicus et orientalis 95(Freiburg/Schweiz: Univ. Verlag/ Göt-tingen: Vandenhoeck und Ruprecht,1990); Albrecht Classen, "Travel Spaceas Constructed Space: Arnold von HarffObserves the Arabic Space," GermanStudies Review 33.2 (2010): 375-88.

11 Cf. die Besprechung durch einen Fabri-Spezialisten und Literaturwissenschaftlervon Jacob Klingner: "Rezension zu:Schröder, Stefan: Zwischen Christentumund Islam. Kulturelle Grenzen in denspätmittelalterlichen Pilgerberichten desFelix Fabri. Berlin 2009," H-Soz-u-Kult,11.08.2010, <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2010-3-099>.

Ursula Schulze, Geistliche Spiele imMittelalter und in der Frühen Neuzeit.Von der liturigschen Feier zumSchauspiel. Eine Einführung, Erich

Schmidt Verlag, Berlin 2012, 263 S.,12 Abb.Wenngleich die Forschung zum geistli-chen Spiel im Mittelalter und in der Frü-hen Neuzeit schon eine sehr lange Tra-dition aufweist, hat diese Gattung des-wegen nicht das wissenschaftliche In-teresse daran ermüden lassen, wie viel-fach Editionen, Tagungen, Tagungsbän-de, Kataloge und Monographien vorAugen führen. Ursula Schulze bemühtsich hier nun darum, wohl mehr ein stu-dentisches Publikum im Sinn, einegrundlegende Einführung zu bieten, wasangesichts der großen Zahl von geistli-chen Spielen durchaus sinnvoll und hilf-reich erscheint. Der Experte weiß aber,dass die wesentlichen Informationen zuden individuellen Stücken schon längstgut und in großer Detailfreude im Ver-fasserlexikon versammelt wurden, wodann auch wesentlich gründlicher z.B.die handschriftliche Tradition kritischbehandelt wird. Dem ungeachtet ver-spricht die Arbeit Schulzes, einerseitseinen schnellen Einstieg, andererseitsdie wichtigsten Fragestellungen, die bis-her zu dieser Gattung aufgeworfen wor-den sind, klar strukturiert zu durchden-ken und die wichtigsten Einsichten über-sichtlich zusammenzufassen.

Nach einer Einleitung zur Definitionund Terminologie, zur Beziehung vonKult und Spiel (sie lehnt die These War-nings entschieden ab), behandelt dieAutoren zunächst die sprachlichen, mu-sikalischen und strukturellen Charakteri-stika (z.B. Gesänge, Spielanweisungen),wendet sich dann den Aufführungsortenund Aufführungsweisen zu, um darauf,was den zentralen Teil ausmacht, dasumfassende Spektrum von Osterspie-

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len, Weihnachtsspielen, Passionsspielen,Marienklagen, Maria Magdalenenspie-len, Fronleichnamsspielen, Endzeitspie-len, Legendenspielen und anderen Spie-len, in denen alttestamentarische Stoffeverarbeitet, Moralität behandelt wirdund Christi Himmelfahrt oder Pfingstengestaltet werden, solide zu durchleuch-ten und systematisch zu diskutieren. Soschlicht diese Zusammenfassungen auchsein mögen, fast ein wenig zu mecha-nisch durchgeführt, ohne dass hierbei diewissenschaftliche Literatur abgesehenvon einigen Ausnahmen behandelt wür-de, werden sie jedem, der einen schnel-len Überblick gewinnen möchte, einegute Hilfestellung bieten.

Anschließend geht Schulze auf the-matische Schwerpunkte ein, wobei sieErkenntnisse aus verschiedenen Spielenzusammenfasst. Dabei handelt es sichum die Vergegenwärtigung, Erinnerungund das Mitleiden, die Funktion derAbendmahlsszenen, die Funktion vonFrauen als Vermittlerinnen und Exem-pelfiguren (positiv und negativ), dieEntmachtung des Teufels, die Bedeu-tung bzw. heftige Verurteilung der Judenund die Reflexion des mittelalterlichenStrafvollzugs. Gerade die letzten zweiAspekte sind aber nicht so glücklich ge-staltet worden, argumentiert ja hier dieAutorin recht holzschnittartig und hatvielfache neuere Forschung, von derje-nigen im nichtdeutschen Ausland ganzzu schweigen, leider zu wenig oder garnicht berücksichtigt. Von der PassionChristi in den Spielen so schnell auf diePraxis des spätmittelaltlichen Gerichts-vollzugs zu schließen – sollte die Weltwirklich so mir nichts dir nichts "vomBösen [ge]reinigt[ ] werden" (217)? –

oder die Geschichte der Juden so global,allein auf der Grundlage dieser Spiele,zu beurteilen, geht nicht gut an, und manfragt sich, ob Schulze wirklich von derKritik an dem von ihr 2002 herausgege-benen Sammelband Juden in der deut-schen Literatur des Mittelalters gelernthaben mag. Zweifelhaft kommt es mirauch vor, dass im Spätmittelalter diesegeistigen Spiele wirklich als komple-mentär oder parallel zum Gottesdienstgesehen werden dürfen, auch wenn ge-nau dieser Begriff in Begleitschreibenoder Gesuchen auftaucht, denn dies wäreein gar zu krasser Bruch mit der heiligenMesse gewesen. Zugleich hat aberSchulze durchaus Recht in der Annah-me, dass das Auftreten von Komik austheologischer Sicht problematisch gewe-sen sein mochte, dennoch ein wesentli-ches Element dieser Spiele ausmachte.Obwohl diese Aspekte jüngst ungemeinintensiv diskutiert worden sind, kommthier aber gar keine kritische Stimme insSpiel und müssen wir uns ganz mit dermanchmal etwas zu schlichten MeinungSchulzes zufrieden geben.

Erfreulicherweise hat die Autorin ih-ren literarhistorischen Überblick auchauf die geistigen Spiele der Frühneuzeit(Oberammergauer Spiele) und sogar das20. Jahrhundert erstreckt (SalzburgerJedermann-Spiel). Der Band endetmit einem Abkürzungsverzeichnis, derBibliografie, die sich aber nicht ganz aufdem neuesten Stand befindet, einem Re-gister und Abbildungsverzeichnis. Auchwenn Schulze sicherlich an manchenStellen um einiges kritischer an ihreAufgabe hätte herangehen können, ver-dient ihr Buch doch Anerkennung dafür,mit klarer Systematik und sauberer Dik-

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tion das Thema für ein studentischesPublikum gut bearbeitet zu haben. Nurselten verfällt sie, wie es heute in derdeutschen Literaturwissenschaft so be-liebt ist, auf die seltsame Idee, ganznormale Ausdrücke plötzlich auf Eng-lisch wiederzugeben (z.B. "spirituelleEssentials", 16). Ob sie bei der Diskus-sion von Juden im Spiel anstatt von"Versteinerung" ev. "Steinigung" (213)gemeint haben mag?Albrecht Classen

Sir Gawain and the Green Knight.Trans., with notes, by Joseph Glaser.Introduction by Christine Chism,Hackett Publishing Company, India-napolis and Cambridge 2011, liii, 83pp., 1 ill.This is a new effort to provide studentsand other readers with a good modernEnglish translation of the famous latefourteenth-century alliterative romanceSir Gawain and the Green Knight. Wecould easily refer to numerous other,equally valuable modern translations,but this one has the great advantage ofbeing very affordable ($10.95) and beingsolid and trustworthy at the same time.The next time that I will teach this text Iwill certainly resort to Glaser's transla-tion to save my students money, withoutcompromising scholarly quality of thetranslation.

Let us first look at the basic structureof this little book. Christine Chism(author of the excellent monograph Al-literative Revivals, 2002) introduces usto the critical issues relevant for thistext. These address authorship, the mat-

ter of Britain, the literary context (thetradition of the Arthurian myth), the so-cial-historical context of fourteenth-century England, the narrative's plot andstructure, the unique feature of the pro-tagonist Gawain as a fallible hero (whichreally makes all heroes to what they are;otherwise they would be god-like su-permen), the essential topic in the text,how to survive in this horrendous de-capitating wager, the importance of theliturgical calendar for the understandingof the romance, the relevance of the twosymbols used by Gawain, the pentacleand the knot, and the literary charmwhich this text exerts. Glaser then offersextensive comments on his translationapproach, emphasizing how difficult it isto render alliterative verse into modernEnglish. But he notes that he took quitea bit of latitude to free himself from theconstrains exerted by the medieval lan-guage, though not by moving freelyaway from the original text. He reliedfor his translation on the critical editionprepared by J. R. R. Tolkien (1925) inits revised version by Norman Davisfrom 1967.

In order to help his readers under-stand how he rendered the original textinto modern English, Glaser offers somesample lines in the original MidlandMiddle English, accompanied by exten-sive glosses. The actual translationstands by itself, but any reader can easilyfind the original text in virtually everyacademic library. Basically, there are noreal problems, and the difference toVantuono's translation (1991), for in-stance, is only minimal or in stylistics.To illustrate this, I parallel vv. 60-65:Glaser: "When the old year was dead,

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the first day of the new, / Doubled-updishes were served on the dais / Whenthe king and his company came in thehall. / The chants in the chapel soonceased to resound, / And calls clatteredup from the clerks there and others: /'Noel!' they cried noisily, and 'Noel!'again." Vantuono: "With the New Yearstill young, having newly come, / Thatday on the dais were they doubly served. / After the king had come with courti-ers to the hall, / The chanting in thechapel having achieved its end, / Loudcry was there cast by clerics and others, /'Noel' named anew, nobly proclaimed."

Occasionally, in some footnotes ex-tra explanations are offered. This pleas-ant and really affordable new translationconcludes with suggestions for furtherreading. Quite fittingly, the front covershows us the miniature of January in theTrès riches heures by the LimbourgBrothers.Albrecht Classen

Uneasy Communion: Jews, Chris-tians, and the Altarpieces of MedievalSpain, ed. Vivian B. Mann, Museumof Biblical Art (MOBIA), London2010, 176 pp., 67 b/w and colored ill.The present volume accompanied theexhibition with the same name at theMuseum of Biblical Art in London, Feb.to May 2010. It must have been a splen-did exhibition, judging by the wonderfuland first-rate illustrations in this book.As the title indicates, the purpose was toinvestigate the extent to which Jews andChristians lived in some form of con-vivencia in medieval Spain until the

former's expulsion in 1492. Nowhere inmedieval Europe did Jews experience aneasy time, and more often than not didthey suffer from pogroms, expulsions,hatred, and all kinds of persecutions.However, we have to be careful in ourassessment of the historical records (in-cluding literature and the arts) becausesensationalist, dramatic reports from thepast, often deeply infused with a kind ofhysteria, regularly sound much more ap-pealing (because shocking) today thanthose that reflect on ordinary, day-to-dayrelationships between the representativesof both groups.

The contributors to the present vol-ume investigate what Spanish art works,specifically retablos, can tell us aboutthe coexistence of Jews and Christiansbefore 1492. Thomas Glick, well knownfor his studies on convivencia, outlinesin his article what we know in historicalterms about that precarious cohabitationin the medieval kingdom of Aragon. Ashe points out, and as we have alsolearned from many other areas in medie-val Europe (such as Austria), the Jewishpopulation was rather important for thekings because of the taxes and financialbusinesses, and yet it constantly facedthreats and severe challenges, as re-flected by public disputations, especiallythe one in Barcelona in 1263 and the onein Tortosa in 1414. A disputation can in-dicate that an open forum existed, butthe actual conditions of those disputa-tions clearly signaled that the Christianside did not embrace tolerance at all andwas only interested in humiliating theJewish counterparts and gaining the up-per hand. Pogroms that erupted in 1391speak for themselves and reveal how

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thin that veneer really was keepingChristians from committing crimesagainst their neighbors (similarly as inAustria; see now Birgit Wiedl's contri-bution to Crime and Punishment in theMiddle Ages and Early Modern Time,ed. A. Classen and Connie Scarborough,2012). Nevertheless, the exchanges be-tween Jewish and Christians scholarsthroughout the entire time period con-tinued and played a major role in the de-velopment of sciences and philosophy.

Since the exhibition focuses on Ara-gonese art, Carmen Lacarra Ducay of-fers (translated by Claudia Nahson) asurvey of the Aragonese altarpieces pro-duced in the fourteenth and fifteenthcenturies, but she does not address thespecific topic of this volume. This is notto say that her piece would not be highlyinformative, on the contrary, especiallybecause it is beautifully illustrated andvery specific as to the artists' names andtheir workshops. The central study,however, the heart of the entire book,proves to be Vivian B. Mann's article on"Jews and Altarpieces in MedievalSpain." While she certainly acknowl-edges the horrible history which Jewshad to suffer in late-medieval Iberianhistory, especially the pogrom in Valen-cia and in the Crown of Aragon, aboveall in Barcelona, in 1391 (as discussedby Glick above), she still emphasizesthat there is plenty of evidence of intri-cate and sometimes even astoundinglyclose collaboration between Jews andChristians in the creation of altarpieces.Her evidence is striking and convincing,since she can document a large numberof Jewish silversmiths, for instance, thenalso artists, who were charged with cre-

ating a variety of those retablo pictures.Some Jewish craftsmen worked forChristians, and in some Jewish work-shops Christians were employed. Apartfrom concrete data as to Jewish artists,many altarpieces also contain accurateHebrew inscriptions and Jewish objects,such as the Torah case, the tik. Irrespec-tive of the religious orientation, many ofthe late-medieval artists demonstrated asolid understanding of the other religionand culture, and there is good reason toassume that in many of the small townswith a large Jewish population the inter-action between both groups must havebeen quite intense and relatively free oftensions and conflicts. For instance,Jewish women can be easily identified inimages created by Christian artists basedon their clothing and headgears. Never-theless, as Mann also admits, this did notprevent conflicts to erupt. After all, in1242 James I of Aragon gave his royalpermission to members of the mendicantorders to preach in synagogues, andmost of the Christian paintings portrayJews as the perennial culprits whose an-cestors had killed Christ. We can con-firm in light of Mann's evidence thatconvivencia was a reality, at least inmany small Aragonese towns far into thelate fifteenth century. Tragically, how-ever, even that reality did not prevent thefinal expulsion in 1492.

Marcus B. Burke offers a survey ofJewish studies in Spain, and the volumeconcludes with a brief glossary, which isuseful, but a bit short, especially on He-brew terms for specific objects, laws,and books, as mentioned throughout thisvolume. Finally there is a checklist forall exhibition objects, a list of brief biog-

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raphies of the four contributors, a selectbibliography, and even an extensive in-dex. Both the endnotes and the index areprinted in a too small size and very hardto read. The images, both black andwhite and in color prove to be exquisitein their quality. The volume altogetherproves to be a wonderful publication, adelight both for the eye and the mind.Albrecht Classen

Michael van Dussen, From England toBohemia: Heresy and Communicationin the Later Middle Ages, CambridgeStudies in Medieval Literature, Cam-bridge University Press, Cambridge,2012, pp. 217.One of the common misconceptionsabout late-fourteenth century Anglo-Bohemian relations is that contact be-tween the two nations was groundedsolely in the transmission of heterodoxdoctrine, precipitated by the marriage ofAnne of Bohemia to King Richard II in1382. In From England to Bohemia, Mi-chael van Dussen deftly challenges thisperception, offering new and excitingmanuscript evidence edited and trans-lated as appendices that shed significantlight on the traffic of information andideas between these kingdoms. In thiscompelling work, van Dussen examinesthe communication routes between Eng-land and Bohemia, the actors involvedand the doctrines at stake, and the resid-ual effects on the English Reformationin the sixteenth century.

The Great Schism (1378–1417) pro-vides the backdrop for understanding thecomplexities and nuances of Anglo-

Bohemian communication that facili-tated and promoted the dissemination ofWycliffite and Hussite texts. In the in-troduction, van Dussen sets the stage forhis first-person narrative study of textualtransmission and reception from Lol-lards in England to Wycliffite sympa-thizers in Bohemia, with particular em-phasis on specific episodes in this proc-ess. At times the narrative style is en-gaging, at others distracting, but overallthe argument is clearly and succinctlypresented and ably supported with awealth of textual evidence.

In Chapter 1, van Dussen reevaluatesthe role Queen Anne actually played inopening up avenues of communicationbetween Lollards and their sympathizersin Bohemia. He argues that her reputa-tion as a patroness of heterodoxy is theproduct of Reformation propaganda, notcontemporary accounts, offering newevidence found in the archives of Pra-gue—the first-hand account of a Bohe-mian traveller in England. Part of thisnarrative includes three verse eulogiesfor Anne (d. 1394) that do not surviveanywhere in England. Assigning a datebetween ca. 1402 and ca. 1413 to thesepoems, van Dussen provides a closeanalysis of the texts and concludes thatthey portray Anne in orthodox, hagiog-raphical terms. Van Dussen comparesthese eulogies to contemporary accountsof Anne by Chaucer and Gower, andsituates her within the political frame-work of Anglo-Bohemian cultural com-munication during Richard's reign. Ul-timately, van Dussen finds that while thelines of contact between the two coun-tries opened up because of the marriagealliance, Anne was not necessarily a

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major conduit for heterodox texts, norwere Lollard texts the only manuscriptsthat passed onto the Continent.

Building on the textual foundation ofthe first chapter, Chapter 2 explores thecultural exchange between England andBohemia that had nothing to do withheterodoxy, but with the disseminationof Richard Rolle's extremely popular,and decidedly orthodox, works. VanDussen investigates the cultural contactas a way of redefining the Lollard-Hussite "transmission network" (p. 37).Rolle's Incendium, in addition to hisother religious tracts, introduced Bohe-mian audiences to the range of Englishtexts, exemplified by the unique compi-lation found in the Vienna and Praguecopies of the treatisestudied in depth forthe first time here. Some of Rolle'sworks were transmitted via Rome, othersby Lollards, highlighting the varied na-ture of textual dissemination.

Still one of the most significant re-sults of this cross-cultural exchange wasthe introduction of Wycliffite texts intoBohemia, and their effect on Jan Husand Jerome of Prague. Chapter 3 turns acritical lens to the formation of the Lol-lard-Hussite fellowship, increased trafficin Wycliffite texts, and the expansion ofthe largely one-way network betweenEngland and Bohemia. This process ofcommunication was not merely based inissues of religious faith, but political andnational identity. The desire to containand control the heterodox polemic con-cerned English Church officials whoonly found out about this exchange oftexts and ideas late in the game andstruggled to suppress it and restoreEngland's reputation for orthodoxy. The

actions of Church officials like Arch-bishop Arundel are the focus of Chapter4, which examines how diplomatic mis-sions provided a means for gaining theupper-hand over the Lollard-Hussite nar-rative in the time leading up to theCouncil of Constance (1414–1418)where Wyclif, Hus, and Jerome of Pra-gue were officially condemned.

The fifth chapter investigates the af-termath of the Council of Constance, theensuing religious revolution in Bohemia,the Hussite Wars, and the implicationsfor Henry VIII's reform in England. Thischapter assumes a certain amount of pre-existing knowledge, but it elucidates theattempts by anti-Lollard polemicists whoconflated Hus and Luther to removeEngland from any culpability in Bohe-mian unrest. It alsoexplainshow HenryVIII drew on discussions about Bohemiain his establishment of an Englishchurch, and how John Foxe manipulatedthat history into Protestant propaganda.The Afterword recaps the precedingchapters and makes some final observa-tions.

A relatively short monograph, FromEngland to Bohemia skillfully creates aframework for understanding and inter-preting the new texts presented as ap-pendices, which are an immense contri-bution to the field on their own. The in-dividual chapters are a comprehensiveintroduction to reading the wealth ofsurviving textual material from this tu-multuous period; at times, however, vanDussen seems to shy away from asser-tive or definitive conclusions, preferringinstead to let the textual analysis speakfor itself. Overall, van Dussen makes animportant contribution to understanding

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the diversity of English textual transmis-sion and provides an invaluable resourcefor situating that transmission in thelarger European context.Larissa Tracy · Department of Englishand Modern Languages · Grainger 202 ·Longwood University · Farmville ·VA 23909 · [email protected]

Vocabularius Thetonicus. Überlie-ferungsgeschichtliche Edition des mit-telniederdeutsch-lateinischen Schul-wörterbuchs. Edited by Robert Dam-me (Niederdeutsche Studien, 54,1-3),Böhlau, Cologne, Weimar, and Vien-na 2011. 3 vols., pp. 532 + 1046.Medieval glossaries and dictionaries,with their unusually complicated textualhistory and high level of textual vari-ance, are hard texts to edit. When we dofind an edition of these texts that man-ages to present the text in clear fashion,give insight into the textual tradition,and offer the necessary apparatus tomake the text accessible and usable, itdeserves our highest admiration. Thepresent edition is the example of such anedition.

The Vocabularius Theutonicus wasauthored at the beginning of the fifteenthcentury by one Johannes Egbert fromEinbeck, about whom little else isknown. Evidence for his authorshipcomes not only from one of the manu-scripts, but also from one of the lemmasin the dictionary: "Swingebret" (porkroast) is thought to be an anagram forthe author's name, "Egbertinws." The di-rect source for the Vocabularius Theu-tonicus was the fourteenth-century legal

glossary Liber ordinis rerum. In contrastto the former, the latter was themati-cally, not alphabetically, organized,probably because it was used in con-junction with a legal text. Thus theauthor created a multi-functional Ger-man-Latin dictionary, which, in additionto the primary word signification, givesmore encyclopaedic information onplants and animals (such as "Alrune.Mandragora; dat ys eyn krut"), as wellas geographical names. (As, for exam-ple: "Aken. Aquisgrani; vnde ys ein statby demme ryne, dar me den romeschenkonnink kronet." Interestingly, however,Aachen is not exactly 'on the Rhine.')Most of this information is in German,thus making German, rather than themore common Latin, into the "meta-language" of this dictionary.

Starting with texts such as theeighth-century glossary Abrogans, Ger-man-Latin dictionaries have been an im-portant source for our knowledge of theGerman language in the Middle Ages.Similarly, the present edition contains awealth of information about the late-medieval development of middle-lowGerman, and specifically the dialects ofWestphalia. The dictionary is preservedin seventeen manuscript witnesses; itsfirst printed edition saw the day light in1509, in Münster (Westphalia). The two-volume edition (with ample textual ap-paratus) is accompanied by one volumecontaining a general introduction, a de-scription of the manuscripts and printededition, as well as a description of thefive recensions the work's transmissionknew. The foreword mentions that thetranscription of the text was facilitatedby electronic reading technology; no

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doubt this accounts for the relativelyshort period (seven years) in which thismonumental edition was accomplished.Frans van Liere · History Department ·Calvin College · 1845 KnollcrestCircle SE · Grand Rapids MI 49546 ·[email protected]

Burghart Wachinger, Lieder und Lie-derbücher. Gesammelte Aufsätze zurmittelhochdeutschen Lyrik, De Gruy-ter, Berlin und New York 2011, VIII,439 S., 4 farbige Abb.Der Name Burghart Wachinger ist untermediävistischen Germanisten sehr gutbekannt, und wir können ihn gut undgerne als den Nestor in unserem Fachbezeichnen, wie die sehr lange Liste sei-ner wichtigen Publikationen nur zu gutdemonstrieren würde. Einer gewissenTradition folgend legt er nun eineSammlung von achtzehn Aufsätzen nocheinmal vor, die zwischen 1970 und 2007im Druck erschienen sind. Zwei weitereArbeiten wurden hinzugefügt, die bishernoch nicht veröffentlicht worden waren,einmal "Natur und Eros im mittelalterli-chen Lied" und "Neidhart-Schwänke imBild", aber weder hier noch da stößtWachinger zu wirklich neuen Erkennt-nissen vor.

In Anbetracht der Tatsache, dass die-ser Band also im Wesentlichen eineAuswahl der besten Analysen Wachin-gers darstellt, bedarf er nicht der detail-lierten Besprechung. Dafür soll aberkurz umrissen werden, worin dieSchwerpunkte von Wachingers For-schungen bestanden haben, um den Wertdieser neuen Sammlung deutlich vor

Augen zu führen. viele seiner kritischenUntersuchungen haben sich als federfüh-rend erwiesen und werden auch einenbleibenden Wert behalten, so dass mansich über diese Zusammenführung seinerwichtigsten Studien nur freuen kann.Ausgehend von den Fragen danach, wasAutorschaft angeht und was wirklichunter Minne zu verstehen wäre, behan-delt Wachinger die Carmina Burana, dieLieder Neidharts, die Entwicklung vonder Figur des Tannhäusers zur Tann-häuser-Ballade, die Herausformungvon spätmittelalterlichen Liederbüchern,Sprachmischung bei Oswald von Wol-kenstein und dann dessen lyrische Spra-che, Gattungsprobleme beim geistlichenLied des Spätmittelalters, Heinrich Lau-fenberg, Michel Beheim und, besondersaussagekräftig, das Liedschaffen imschwäbischen Raum, exemplifiziertdurch die Schreiberin Clara Hätzlerin.

Mit Hilfe von Kollegen wurden diealten Drucke neu eingescannt und ver-einheitlicht. Die ursprünglichen Seiten-angaben bleiben aber am Rande erhal-ten. Die Ersterscheinung wird stets vorder ersten Fussnote angegeben. Es han-delt sich durchweg um das Lied und sei-ne historische Entwicklung vom hohenMittelalter bis zum 15. Jahrhundert. Os-wald von Wolkenstein taucht immerwieder auf, und so auch das Thema 'Lie-be' als Grundkonstante dieser Gattung.

Um diesen Sammelband erschließbarzu machen, erscheinen im Anhang eineListe zitierter Textausgaben und Hand-bücher, eine Siglenliste für Handschrif-ten und Drucke und ein Register für Per-sonennamen und Werktitel. Dieses istaber nicht vollständig, wie einige Stich-proben sofort offenlegen (es fehlen z.B.:

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Pfullinger Liederhandschrift, die St.Katharinentaler Liedersammlung oderEin Lied von dem Nuwen Jor). Auch dasam Ende auftauchende Sachregister istnicht ohne Lücken (z.B. Kirchenhym-nen). Insgesamt gesehen freut man sichaber darüber, dass all diese wertvollenAufsätze Wachingers nun geschlossen ineinem Band vorliegen.Albrecht Classen

David Wallace, Strong Women: Life,Text, and Territory, 1347-1645, Ox-ford University Press, Oxford andNew York 2011, xxxi, 288 pp., 34 b/will.This book is based on a series of Claren-don lectures given at Oxford in October2007, dedicated to four outstandingwomen from the late Middle Ages andthe early modern age: the Prussian mys-tic Dorothea of Montau (1347-1394), theEnglish mystic Margery Kempe (ca.1373-ca. 1440), Mary Ward of York-shire (1585-1645), and Elizabeth Cary ofDrury Lane, Vice Queen of Ireland (ca.1585-1639). I will focus only on the firsttwo writers. As Wallace wonderfullyremarks at the very beginning, "Litera-ture is the truest history. Historianscompile data to fashion an account thatis uniquely their own, told in their ownvoice. Literary scholars, however, mustgive way to voices fromt he past" (1).This is the case as well with these fourwomen whom he discusses in his fourlong chapters, but he could have easilyextended his discussion to many otherwomen, such as tenth-century Hrotsvitaof Gandersheim who explicitly identi-fied herself as a 'strong voice.' A big is-

sue with mystical authors always provesto be whether they composed their owntext (mostly not) and to what extent thetext preserved their own voices. This isthe case with Dorothea and Margery aswell, but even though we have to acceptthe significant role of the male scribes(in the case of Dorothea: Johannes vonMarienwerder; in the case of Margery: abit uncertain, perhaps her son), each textreveals remarkably strong women whopursued their own strategies to gainauthority. Dorothea turned to a highlyupsetting form of self-mutilation and in-flicted enormous pain upon herself,while Margery utilized crying and trav-eling, certainly an odd coupling ofmethods to gain visions.

Wallace approaches his task of ex-amining these women through a mostwelcome dedication to the original texts,which he almost always cites first, be-fore he provides the English translation(strange exception on p. 8; occasionallyhe trusts the printed translations toomuch, such as when he renders "eyneasche" as "a speck of dirt" according tohis source, Ute Stargardt, 21, although itshould be: ash). He also situates eachwoman very much in the historical con-text, and then, which comes as a surpriseeach time, in the modern context whentheir works were first rediscovered in the1930s.

As to Dorothea, he identifies, aboveall, two most remarkable narrative fea-tures in that the mystic presented herown body as a field which the mysticalexperience and the physical pain hadplowed, and in that she imitated, at leastindirectly, the Griseldian tradition of thecompletely obedient woman. Dorothea

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tried to be as much a martyr (but by herown hands) as the many virgin saints inthe early history of the Church. ForWallace, the critical question as to allfour women pertains to what they reallywanted (perhaps in an adaptation ofFreud's famous formulation?), and hesuggests that all of them intended to es-tablish their own identity and power po-sition as a mystic, traveler, and writer.

As interesting as Wallace's reflec-tions on modern responses to these writ-ers might be, especially with respect totheir ideological functionalization, theytake us far afield and do not need to bediscussed here. He begins his chapter onMargery by focusing on this very issue(the mystic as an English Joan of Arc),intriguing by itself, but it has nothing todo with the literary-historical issue athand. Wallace offers fascinating obser-vations as to Margery's irresistible urgeto travel, which is always closely associ-ated with the death of a man in her fam-ily (her father, her husband, her son inGdańsk). When she went to Gdańks, forinstance, the ship is virtually trans-formed into a church, although Margerydid not preach there and so did not as-sume the position of a priest. BothDorothea and Margery were strong ad-mirers of Bridget of Sweden and triedhard to imitate her visions and her mys-tical life.

Wallace also examines at greatlength the role of the Teutonic Knightsand of the city of Gdańks, but he tendsto go on extensive digressions whichmake it hard to follow his major argu-ments, which often remain somewhatelusive. But I could not agree more withhim when he emphasizes how many dif-

ferent genres Margery utilized in thecomposition of her book (see my Powerof a Woman's Voice, 2007; here not con-sulted). And the difference between bothwomen is also very clear, as Wallaceemphasizes, the Prussian being an an-chorite, completely subject to the Teu-tonic Knights, the English a free spiritwho experienced many of her visions onher extensive and multiple travels. Iwould have difficulties with Wallace'sclaim that we would be dead-wrong inidentifying Margery as hysterical, sinceshe was, as he underscores, a good rep-resentative of her time (36-37). Consid-ering how much her contemporaries re-coiled at her public performances incrying, there is no doubt that Margerystood out of the ordinary, whether wecall this phenomenon hysteria or some-thing else.

A small point of criticism pertains toWallace's claim that, apart from himself,all interpreters of Dorothea have beenmen. He acknowledges, of course, Star-gardt's English translation, but has ig-nored, for instance, her study, "MaleClerical Authority" in Women as Pro-tagonists and Poets, ed. A. Classen,1991), then Else Budnowski 's Diefremde Frau (1974), Ariane West-phälinger's Der Mann hinter der Heili-gen (2007), or Cordelia Heß's Heiligemachen im spätmittelalterlichen Ost-seeraum (2008; cited in the bibliogra-phy, but overlooked here), and finallythe various studies by Dyan Elliott (for asummary, see her article in Women inthe Middle Ages, ed. K. M. Wilson andN. Margolis, 2004).

Altogether, there are wonderful in-sights and comments about these two

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women and their social-historical con-text in this book. It is clear—but whowould have questioned that today?—thatthey emerge as strong-minded andhighly devout women, both deeply mys-tical in their experiences. But scholar-ship has long established this observa-tion, so it remains rather elusive whatWallace ultimately intends to achievehere. To claim that they "showedmarked awareness—through travel andlocal knowledge—of the limits and bor-ders of Catholic faith" (xxvi) is ratherquestionable, especially with regards toDorothea, and neither one of them ar-gued about the essence of the Catholicfaith. Wallace demonstrates an impres-sive knowledge about medieval andmodern literary history, freely movingfrom Dorothea and Margery to GünterGrass and Christa Wolf, a characteristicfeature, so it seems of British lecturingstyle. The outcome, however, remainsrather elusive, since there is no real the-sis or arguments. There are many goodpoints, much impressive close reading,but I do not recognize any really inno-vative ideas or conclusions.Albrecht Classen

Marek Wejwoda, Die Leipziger Ju-ristenfakultät im 15. Jahrhundert.Vergleichende Studien zu Institutionund Personal, fachlichem Profil undgesellschaftlicher Wirksamkeit (Quel-len und Forschungen zur sächsischenGeschichte, 34) Franz Steiner Verlag,Stuttgart 2012, 174 S.Mit seiner Studie zur Leipziger Juristen-fakultät hat Marek Wejwoda nicht allein

einen Beitrag zur spätmittelalterlichenRechtsgeschichte, sondern ganz allge-mein zur Universitätsgeschichte gelei-stet. Aufgrund häufig fehlender Quellensind neue Erkenntnisse nur schwer zugewinnen. Die vom Vf. genannten Über-lieferungssituationen an den Universitä-ten Erfurt, Rostock und Köln (S. 10)sind daher nicht nur vergleichbar mit je-ner in Leipzig, sondern repräsentierenvielmehr den Regelfall. Dennoch ist esdem Vf. möglich, sowohl auf Grundlagejüngerer Studien zur Leipziger Juristen-fakultät (S. 13) als auch insbesonderedank eines Quellenfundes, durch den dieRekonstruktion des Lehrkörpers im Jahr1457 ermöglicht wurde, deutlich überdie Darstellung Emil Friedbergs (DieLeipziger Juristenfakultät, ihre Doktorenund ihr Heim, Leipzig 1909) hinauszu-gehen. Der zeitliche Rahmen erstrecktsich dabei hauptsächlich von der Grün-dung der Universität im Jahre 1409 biszum Ende des Ordinariats Dietrich vonBocksdorfs 1463 (S. 17), wobei fürletzteres Datum eine genauere Erläute-rung wünschenswert gewesen wäre.Auch ist bereits jetzt schon anzumerken,dass eine Folgestudie erstrebenswert wä-re, die hier anknüpfend den Zeitraumetwa bis zur Reformation untersuchteund über Kontinuität oder Diskontinuitäturteilte; auf diese Weise erführe die hiergeschilderte Entwicklung unter Um-ständen eine ganz andere Bewertung.Schließlich ist als einziger Kritikpunktdes zu besprechenden Titels das immerwieder und allzu oft zu beobachtendeBestreben, die untersuchte Fakultät dereigenen Alma Mater in möglichst gutemLicht erscheinen zu lassen. So resümiertder Vf. z.B.: "Gerade die Frühzeit der

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Leipziger Juristenfakultät war bei wei-tem nicht so bescheiden, wie es sich bis-her dargestellt hat." (S. 99) und suchtvielerorts Rainer Christoph Schwinges1

zu widersprechen, dass etwa der sächsi-sche Adel die Leipziger Universität ge-mieden und stattdessen seine akademi-sche Ausbildung in Prag gesucht habe(S. 62-65). Daraus resultiert wohl auchder häufige Vergleich mit den Universi-täten Köln und Erfurt,2 der hier rechteinseitig wirkt, da es sich um die füh-renden Universitäten in den deutsch-sprachigen Reichsgebieten handelte –zumindest was den juristischen Bereichangeht, die Leipziger Fakultät aber le-diglich in der Anzahl immatrikulierterStudenten ebenbürtig zu sein schien(S. 57). Zur Untermauerung seiner The-se einer bislang fehleingeschätzten Be-deutung der juristischen Fakultät inLeipzig beruft sich Vf. auf sämtlich un-veröffentlichtes, weil teilweise nochnicht abgeschlossenes Material (S. 65).Seine Argumentation wird daher insbe-sondere in den Kapiteln 3 ("Umfang undQualität des Lehrkörpers und finanzielleAusstattung im Vergleich", S. 36-48)und 7 ("Äußere Wirksamkeit", S. 74-94)nachvollziehbarer. Es zeigt sich hier,dass die Leipziger Fakultät im Vergleichzu jenen in Köln und Erfurt finanziellweitaus weniger gut ausgestattet war (S.42). Dennoch war die Anzahl an besol-deten Stellen der Lehre im gesamten 15.Jahrhundert ungefähr auf dem gleichenNiveau (S. 43). Was für akademischeLehrer nahezu jedweder Disziplin indieser Zeit zu beobachten ist, zeigt sichauch im Falle der Leipziger juristischenOrdinarien: Gemäß dem humanistischenGedanken hatten sie ihre eigene Ausbil-

dung in aller Regel in Italien, dem ge-lobten Bildungsland, genossen, bevor siein der Heimat Anstellung im akademi-schen Bereich fanden (S. 44). Inwiefernsie und ihre Lehre zum Ansehen der Fa-kultät beitrugen, wie der Vf. in Kapitel 6("Soziale Qualität und Ansehen der Fa-kultät und ihre Stellung innerhalb derGesamtuniversität", S. 62-73) darzule-gen versucht, lässt sich nur schwer mes-sen und noch schwerer mit denen an an-deren Universitäten vergleichen. Inner-halb der Universität Leipzig erlebte diejuristische Disziplin jedenfalls bereits im15. Jahrhundert eine– wie auch ander-norts zu beobachtende – deutliche Auf-wertung, so dass "auch die LeipzigerRechtsgelehrten schließlich an dem all-gemein gehobenen Selbstbewusstseindes Juristenstandes Anteil hatten"(S. 67). Außerhalb der Universität wirddies nicht zuletzt an verschiedenenrechtspraktischen Tätigkeiten von Fa-kultätsangehörigen deutlich, die sichvom anwaltlichen Beistand vor Gericht-bis zur Anfertigung von Gutachten undUrteilenerstreckte. Akzeptanz und An-sehen der Leipziger Juristen verdeutli-chen sodann auch ihre zunehmende Prä-senz im Stadtrat, familiäre Beziehungeninnerhalb der städtischen Führungs-schicht (S. 85) oder Ämter im kirchli-chen Bereich (S. 100). Dass "bald nachder Gründung der Universität Leipzighier auch ein Reservoir juristischerKompetenz[entstand], an dem der Lan-desherr durchaus einiges Interesse hatte"(S. 75), ist leicht nachvollziehbar, weilnicht unüblich. Während der sächsischeKurfürst die finanzielle Ausstattungder Fakultät mehrfach verbesserte undmanch einem Ordinarius den Erhalt ei-

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ner Pfründe in Aussicht stellte, standendie Juristen ihm mit ihrer Expertise zurVerfügung (S. 75).

Der große Mehrwert des zu bespre-chenden Bandes findet sich im Anhangin Form von "Materialien und Editio-nen" (S. 101-151). Der Vf. bietet zu-nächst ein Verzeichnis aller juristischenDoktoren von der Gründung der Univer-sität bis zum Jahr 1463 (S. 102-118).Die insgesamt 35 Personen sind nachChronologie ihres Wirkens in der Fa-kultät geordnet, wobei nicht eine Be-schränkung auf ihre Dienstzeit in Leip-zig erfolgt, sondern auch alle notwendi-gen Informationen zu ihrer akademi-schen Ausbildung und Vorkarriere sowiezu verschiedenen Tätigkeiten außerhalbder Universität gegeben werden. Hin-weise zu gedruckten und ungedrucktenQuellen wie auch zu weiterführenderLiteratur schaffen einen komfortablenAusgangspunkt für Folgeuntersuchun-gen. So könnte beispielsweise in einemnächsten Schritt danach gefragt werden,welche sozialen Hintergründe die aufge-führten Doktoren aufwiesen, wie starkdie einzelnen Ausbildungsorte vertretenwaren oder wie viele von ihnen später inden klerikalen Bereich wechselten. Auchhier bietet sich erneut ein Blick über dengewählten Zeitrahmen hinaus an.

In einem weiteren Anhang wird demAspekt der juristischen Tätigkeiten au-ßerhalb der Fakultät so Rechnung ge-tragen, indemder Vf. eine Auswahl von19 "Gutachten und Urteilssprüche[n]"(S. 119-124) vorlegt. In manchen Fällenwerden Auszüge aus Handschriften ge-boten, wobei eine ähnlich editorischeKorrektheit an den Tag gelegt wird wieim letzten Anhang, der vier, bislang

nicht edierte juristische Schreiben ent-hält (S. 125-151). Durch die Erschlie-ßung der Quellen wird die vielfältigeBeratertätigkeit der Leipziger Juristendemonstriert. Umfangreiche Quellen-und Literaturverzeichnisse (S. 152-167)sowie ein Register (S. 168-174) rundenden 34. Band der 'Quellen und For-schungen zur sächsischen Geschichte'ab, der durch die vom Vf. gebotenenAuswertungen, mehr noch aber durchdie im Anhang befindlichen Materialiensowohl die Entwicklung einer Fakultätim Spätmittelalter exemplarisch nach-zeichnet wie auch als vorbildlicheGrundlage für verschiedene Folgeunter-suchungen dienen kann.Dr. des. Christoph Galle · Philipps-Universität Marburg · FachbereichEv. Theologie · Lahntor 3 ·D-35032 Marburg ·[email protected]

1 Vgl. Rainer Christoph Schwinges, Rek-torwahlen. Ein Beitrag zur Verfassungs-,Sozial- und Universitätsgeschichte desalten Reichs im 15. Jahrhundert, mitRektoren- und Wahlmännerverzeichnis-sen der Universitäten Köln und Erfurtaus der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts,Sigmaringen 1992.

2 Auf beide Universitäten hatte sichSchwinges in seiner vergleichenden Stu-die konzentriert.

Aus der Werkstatt Diebold Laubers.Hg. von Christoph Fasbender unterMitarbeit von Claudia Kanz undChristoph Winterer, De Gruyter, Ber-lin und New York 2012, VI, 384 S.,s/w Abb. und 18 Farbtafeln.Unter dem Schlagwort der Interdiszipli-narität, das der Herausgeber zunächst

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sehr kritisch unter die Lupe nimmt, be-müht sich hier eine Reihe von Wissen-schaftlern, einerseits die Beziehung zwi-schen Text und Bild, andererseits dasVerlagsprogramm des Elsässers DieboldLauber zu untersuchen. Wie wir in derEinleitung erfahren, geht es primär dar-um, zunächst eine "Befundung" anzu-streben, was zu einem Lieblingswort desganzen Bandes wird, streben ja alle Au-toren konsistent danach, einen Befundherzustellen. Gemeint ist damit, dasshier Primärforschung anhand von Hand-schriften und Frühdrucken durchgeführtwerden soll, die bis heute noch sehrwenig kritisch untersucht worden sind.Ausgangspunkt ist dabei meistensdie Monographie Lieselotte Saurma-Jeltschs, Spielformen mittelalterlicherBuchherstellung (2001), und einige derBeiträger scheinen sich sogar bei ihrenStudien persönlich mit ihr konsultiert zuhaben. Einerseits konzentrieren sie sichauf die Frage danach, inwieweit einBildprogramm mit dem Text korreliert,andererseits erkunden sie das Publikati-onsprogramm Laubers, bewegen sich al-so auf sehr speziellem Gebiet, das un-mittelbaren Zugang zu den Handschrif-ten bzw. Drucken verlangt, um stetsganz nachvollziehbar zu sein. Wie unsFasbender von vornherein zu Rechtwarnt, wird man kein vollständig konsi-stentes Arbeitsprogramm in der Lauber-Werkstatt erwarten können, dennmanchmal zeigt sich, wie eng Illustrato-ren auf den Text eingegangen sind, unddann ergibt sich wieder das Gegenteil.Lauber war natürlich keineswegs dereinzige Verleger, und es stellt sich im-mer wieder heraus, dass man sich Vor-lagen teilte, oder diese ungefragt von

anderen Verlagen/Werkstätten für dieeigenen Zwecke übernahm.

Die Gedankengänge und Argumente,die jeweils entwickelt werden, beziehensich auf sehr konkrete, spezifischeAspekte in den einzelnen Texten, dienicht gut in einer Rezension nachvollzo-gen werden können. Irina Merten fragtz.B., ob der 'Straßburger Anhang' zurLegenda aurea des Cod. Pal. germ. 144aus der Lauber-Werkstatt stammenkönnte. Stefanie Schmitt widmet sichder Alexander-Handschrift Cgm 203 ausdem Lauber-Umkreis und bietet einenAbdruck. Der Herausgeber selbst lieferteinen Beitrag zu den Tituli im Textre-gister in der Papierhandschrift des Wil-helm von Orlens, heute in Kassel, derenwesentlichen Charakteristika daraufschließen lassen, dass sie in einer Werk-statt um 1418 sozusagen als Gruppenar-beit entstanden ist, wobei man sich neu-artig nach diesen Tituli richtete. WalterKofler widmet sich der Produktion vonSpielmanns- und Heldendichtung im El-sass des 15. Jahrhunderts, die bewusstals volkstümlich aufgefasst bzw. ver-marktet wurde, v.a. indem nun ein Bild-programm hinzukam, das den Absatzsteigerte, aber nicht unbedingt speziellePerspektiven auf die Texte vermittelte.Er konstatiert auch, dass am Ende desJahrhunderts handschriftliche Vorlagenzunehmend unwichtiger wurden unddurch andere Drucke als Modelle ersetztwurden. Cordula Kropik untersucht dasIllustrationsprogramm zur Virginal ausder Werkstatt Laubers und beobachtetziemlich die gleichen Veränderungen inder Marktstrategie mit solchen Heldene-pen. Wie Jens Haustein in Bezug auf denBrüsseler Tristan (einschließlich des

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Tristan als Mönch) kommentiert, be-weist das Bildprogramm, dass man sichdort um die Textaussage gekümmert ha-ben muss; das gleiche konstatieren Mi-chael Stolz und Gabriel Viehhauser hin-sichtlich der drei Parzival-Handschriftender Lauberwerkstatt, so problematischdas Ergebnis auch sein mag.

Anschließend widmet sich ChristinePutzo der Frage, welche Vorlagen Lau-ber benutzte, was sie v.a. anhand desFlore und Blanscheflor und des Parzivalüberprüft, es bleibt aber vieles sehr imVagen stecken, weil handfeste Belegesich nicht einstellen wollen. Wie der Er-zählrhythmus der Bilder in Laubers Flo-re und Blanscheflor abläuft, überprüftChristoph Winterer in seinem Beitrag, indem er den Begriff "Zeitlupeneffekt"einführt, um die eigentümliche Gestal-tung der Illustrationen zu erklären. Obwir aber beim Ausbleiben von einerReihe von Bildern von einer Aposiopesesprechen dürfen, scheint mir doch etwaszweifelhaft zu sein. Wolfgang Achnitzverfolgt, welche literarische Kleinfor-men im Angebot (ca. 80 Hss.) des Buch-händlers Laubers auftraten, die eine sehrgroße Zahl umfassten. Bei Arnold Ottogeht es um geistliche Werke im Ver-lagsprogramm Laubers, bei René Wetzelum die Aesop-Tradition, mit speziellemBlick auf eine Boner-Handschrift in derBibliotheca Bodmeriana. Ulrike Bode-mann untersucht die Zusammenarbeitvon Lauber mit Hans Schilling alsSchreiber, während Christoph Mackertdie Handschrift mit der Leipziger Mar-garethe behandelt und ihren Sondersta-tus aufweist, insoweit als hier "Texteunterschiedlicher Provenienz zusam-mengebunden und von einem dem Lau-

ber-Kreis assoziierten Künstler um dieBildausstattung ergänzt wurden" (322).

Der Band endet mit schönen Farbta-feln, dem Literaturverzeichnis (warumaber die Verdoppelung, sind ja die In-formationen schon komplett in den Fuss-noten enthalten), einem Register histori-scher Personen, Werke und Orte und ei-nem solchen der Handschriften und, se-parat, der Drucke.

Es wäre sehr hilfreich gewesen,wenn entweder in der Einleitung oder ineinem gesonderten Aufsatz das Ge-samtwerk Laubers und die Geschichteseiner Werkstatt behandelt worden wä-ren. Insgesamt handelt es sich um einenBand mit wirklich weiterführenden Auf-sätzen, die viele Fragen aufwerfen undVorschläge entwickeln, aber ohne dassüberall definitive Antworten entstehen,was jedoch bewusst in Kauf genommenwird.Albrecht Classen

Nigel Wilking, Words and Music inMedieval Europe, Ashgate Variorum,Farnham 2011, 364 p., IQuesta raccolta di diciannove articoli,correlata a una serie di precedenti mo-nografie e edizioni musicali, rappresentail centro focale della produzione storio-grafica di Nigel Wilking nel campo dellaricerca musicologica. Gli studi qui nuo-vamente pubblicati riaffermano la vali-dità metodologica del suo approccio in-terdisciplinare allo studio del repertorioarsnovistico, enfatizzando in particolareil connubio aulico "musica-poesia" cherimane uno degli aspetti ergenti. Tale la-voro può collocarsi oltre i ristretti confi-

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ni della conoscenza epistemologica sto-rico-musicale, abbracciando sia sottol'aspetto teoretico sia meramente positi-vistico, aspetti di paleografia, letteratura,e poesia. Una discussione dettagliata deisingoli contributi inclusi nel presentevolume non è indicata in questa sede, milimiterò quindi a esporre brevementealcuni punti salienti.

Le indagini presentate, riflettono ilrisultato di molti dedicati anni di ricerca,rivelando gli interessi accademico-scientifici dell'autore, che in taluni casitrapassano valentemente la circoscrittasfera ontologica della musicologia. Unalinea di pensiero logica e coerente con-giunge in modo trasparente la successio-ne dei saggi, questi ultimi rimanentisaldamente ancorati a un contesto dianalisi specialistico, ma allo stesso tem-po collocabili in un panorama didattico edivulgativo più ampio. Il testo si pre-senta con una suddivisione tematica de-gli argomenti in quattro principali areed'esame: letteratura Francese, lirismopoetico e musica del tardo quattrocento,iconografia musicale, e aspetti musicaliattigui sotto l'influsso della linguistica efilologia letteraria.

I due articoli "Guillaume de Ma-chaut, 1300-1377" e "Machaut andFroissart," offrono un succinto ma esau-stivo excursus biografico – musicaleconcernente il compositore. Ponderandol'inconfutabile contributo di Machautalla crescita del movimento arsnovistico,Wilkings si prefigge un nuovo spunto diriflessione sulla vita e l'opera di musici-sti coevi e posteriori i quali gravitandointorno all'orbita stilistica del "maestro"(da cui direttamente o indirettamente fu-rono influenzati), presero parte attiva-

mente al fiorire della "poesia musicale"transalpina. La pratica esecutiva e ilprocesso compositivo rimangono duepunti contingenti intrinsecamente legatiall'indagine qui documentata, insieme anuovi aspetti inerenti il mecenatismomusicale di corte ed ecclesiastico, conspecifici riferimenti allo status sociale dipoeti-musicisti appartenenti alla genera-zione successiva a Machaut . Quest'ul-timo argomento, in particolare, appare inmodo chiaro nel saggio "The Post-Machaut Generation of Poet-Musicians,"in cui Wilkings, dopo una breve parente-si concernente la coltivazione di musicaprofana in ambito aristocratico, proponeuna sintesi schematica dei principalicompositori in prevalenza attivi nell'area della Francia meridionale.

Uno dei mutamenti più rilevantinell'evoluzione della musica medievaleFrancese di stampo vernacolare avvenneattraverso la fusione collaborativa tra lafigura del poeta e quella del musicista,risultante come causa di notevoli riper-cussioni sulla struttura metrica – musi-cale delle formes fixes, quali ballades,rondeaux e virelais. E' proprio in que-st'ambito che Wilkings sviluppa un mo-tivato e innovativo dibattito sullo scam-bio inter-musicale tra Francia e Inghil-terra per la nascita di uno stile elegiacocomune, che trova maggior risonanza in"En regardant vers le païs de France: theBallade and the Rondeau, a cross-Channel history." In conformità a ele-menti riscontrabili nelle fonti ma-noscritte, contenenti in gran parte unica,Wilking pone all'attenzione degli studio-si l'esistenza di un repertorio inesploratodi liriche musicali Inglesi e Francesi, il-luminando il sussistere di una mutuale

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influenza nella pratica compositiva. Ilsovente apparire di ballades e rondeauxdi chiara origine franca nel repertorioanglofono testimonia l'occorrere diun'osmosi artistica ulteriormente mani-festatasi con l'emergere di versioni poe-tiche d'origine anglosassone contenentiinserzioni di rubriche in lingua Francese.Indicativo a riguardo è il caso del DucaCharles d'Orléans, personaggio di note-vole interesse storico. Un dibattito atti-nente la disseminazione della formapoetico- musicale Francese sul territorioBritannico, confermata dal rilevamentosistematico di contrafacta, è inoltre am-piamente riproposto in "Music and poe-try at court: England and France in thelate Middle Ages."

Un elogio particolare merita lo studiopioneristico di Wilkings sul codiceReina, uno dei tre principali repertoriFrancesi tardi quattrocenteschi di musicaprofana pervenutici. Secondo le convin-centi deduzioni dell'autore la compila-zione del manoscritto implicò la stesuradi quattro diversi scribi e non sei comein precedenza sostenuto, una conclusio-ne scaturita dal riscontro di comuni tratticalligrafici ricorrenti nelle molteplicipagine costitutive del manoscritto inesame. Più in particolare quelli riferitidall'autore come scribi A e E sembranoal contrario corrispondere allo stesso co-piatore. Un simile paradigma è sosteni-bile per gli scribi C e D, mentre gli ulti-mi due fascicoli nell'indice originale fu-rono molto probabilmente inseriti da unamano successiva.

Nell'articolo seguente l'attività delmusicista Philipoctus de Caserta è ri-tracciata attraverso un'attenta ricostru-zione biografica. Una nuova interessante

ipotesi riguardante Il periodo di compo-sizione della ballade Par le grant senz èavanzata; secondo Wilkings il branosembra, infatti, celare indirette encomia-stiche allusioni alla regina Joanna. Lavita e l'output musicale di de Caserta so-no poi riesaminati alla luce d'inferenzecongetturali, vedasi la probabile associa-zione del compositore con la corte ara-gonese di re Alfonso V che allo statoattuale delle ricerche rimane del tuttoplausibile. Quest'ultima ipotesi trova ap-parentemente conferma in alcuni altri ri-ferimenti al musicista contenuti nell'epi-stolario dello stesso monarca, nonchèdalle esigue menzioni fornite da Cousse-maker in Scriptorum de musica mediiaevi. Wilkings infine identifica nel de-cennio 1380-90 il periodo cui sarebbepossibile far risalire gran parte dell'operacompositiva del musicista, in considera-zione oltre ciò della presenza di due sueballades all'interno del codice Reina.

Per lo studioso particolarmente inter-essato alla musica medioevale, soprat-tutto per quanto concerne il trecento mu-sicale francese al di fuori della prassi li-turgica, la presente antologia rimanesenza dubbio un punto di riferimento es-senziale. L'approccio metodologicodell'autore si manifesta grazie ad unostile narrativo chiaro e versatile. Questovolume oltre a rappresentare un tributoverso uno dei più prolifici studiosidell'ars nova musicale, costituisce un'in-dispensabile risorsa informativa e offreaccesso a una collezione di studi setto-riali altrimenti non facilmente reperibili.Valerio Morucci · University ofCalifornia Davis · 3419 Koso Street ·Davis, CA 95618 ·[email protected]

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Heinrich Wittenwiler, Der Ring. Text– Übersetzung – Kommentar. Nachder Münchener Handschrift hg.,übersetzt und erläutert von WernerRöcke unter Mitarbeit von AnnikaGoldenbaum. Mit einem Abdruck desTextes nach Edmund Wießner, DeGruyter, Berlin und New York 2012,XVII, 516 S.So wichtig Heinrich Wittenwilers Ringauch sein mag, so wundert man sichdoch, wieso nun erneut eine Ausgabeund kommentierte Übersetzung in denDruck gekommen ist. Mit den Arbeitenvon Bernd Sowinski (1988) und HorstBrunner (2007) müsste es doch eigent-lich genügen, wie man auf dem erstenBlick zu urteilen geneigt sein mag.Brunner verließ sich ganz auf die Aus-gabe von Edmund Wießner (1931), wäh-rend Sowinski nur ein paar an den Fin-gern abzuzählende Korrekturen einfügte.Blickt man jedoch genauer in die Hand-schrift, entdeckt man eine schier unüber-sehbare Fülle von (winzigen) Abwei-chungen, Konjekturen und Emendatio-nen, die Wießner stillschweigend durch-geführt hatte. So sehr seine Ausgabeauch hohes Ansehen in der Forschunggenossen hat, stellt sich jetzt freilichheraus, dass es vernünftiger sein dürfte,erneut ganz zur Handschrift zurückzu-kehren und auf der Grundlage eine neueEdition mitsamt einer Übersetzung vor-zulegen. Genau dies ist das Ziel vonWerner Röckes Arbeit, die es hier zu be-sprechen gilt. Einige Wissenschaftlerhaben mittlerweile heftige Kritik anWießners Ansatz geübt, was hier nochverschärft zum Ausdruck kommt. Röckedeutet sogar an, dass es fast sinnvollerwäre, auf die erste Ausgabe von Ludwig

Bechstein (1851) zurückzugreifen, aberer lässt dagegen die Handschrift selbstzu Wort kommen, die hier weitgehenddiplomatisch reproduziert wird. Dies be-deutet, dass z.B. die Abbreviaturen nichtaufgelöst, Groß- und Kleinschreibunghingegen vereinheitlicht wird. Die Ge-trennt- und Zusammenschreibung in derHandschrift bleibt erhalten, während diegraphematischen Zeichen ebenfalls ver-einheitlicht werden.

Weil die Forschung sich bisher sostark auf die Ausgabe von Wießner ge-stützt hat, druckt Röcke sie hier parallelzu der neuen fast diplomatischen Editionnoch einmal ab, während die Überset-zung auf der rechten Seite erscheint.Dies kommt mir ein wenig wie zu vieldes Guten vor, insbesondere da auch ei-ne moderne Interpunktion wegfällt, wäh-rend Wießner diese eingefügt hatte. EineReihe von Stichproben erweisen freilich,dass das Vorgehen Wießners keineswegsso falsch gewesen ist und die globaleVerurteilung ziemlich als voreilig er-scheint. Unterschiede zur Handschriftsind zwar zu beobachten, aber ich ver-mag den wissenschaftlichen Vorteil derneuen Ausgabe nicht unbedingt nachzu-vollziehen, denn dann wäre eigentlichbesser gewesen, ein Faksimile vorzule-gen, und das gibt es ja schon (1990/1991). Immerhin, die genau Markierung,welche Verszeile rot und welche grünmarkiert ist (Wahrheit vs. Lüge, so wieder Erzähler behauptet), erweist sich alseine wichtige Hilfestellung, aber auchSowinski und Brunner hatten dies in ih-ren Ausgaben reproduziert.

Die Übersetzung erweist sich alsdurchweg gelungen, elegant und flüssigverfasst, ohne sich wesentlich von dem

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Original zu entfernen. Man könnte aberan vielen Stellen noch genauer formulie-ren, auch wenn dies stilistisch manchmalholperig geklungen hätte. Ein paar Bei-spiele seien dafür genannt: "Den swayssans tischtuoch streichent" (5854; diesnach Wießner, der nur die Superskriptaaufgelöst hatte): "seinen Schweißschmierte er ans Tischtuch" – 'wischen'wäre treffender. "Also sofrent vnd sogfuog" (5860; Wießner ändert zu "sor-fent"): "schlürfte ... so gepflegt aus ei-nem Krug," was etwas zu frei ausgefal-len ist und die Satire zu drastisch ansLicht bringt. Bei Brunner heißt es: "soschlürfend und gebildet" und bei Sowin-ski: "so schlürfend und gesittet." Syn-taktisch etwas abgehackt wirkt im Ori-ginal: "Daz vberig durch den puosemran / Dem lekt sey mit der zuongennach," was hier so (vielleicht zu frei)übersetzt wird: "Der Rest floss ihr in denBusen, / doch leckte sie ihm mit derZunge nach." Ob die "weisen" mit"Schlauen" richtig übersetzt sein mag,bleibt der Diskussion überlassen, aberRöckes Wortwahl macht auch hier dieSatire zu drastisch offenbar. Vergleichtman weiter, treten viele Fälle auf, woman sich stilistisch streiten kann, vorallem wenn gelegentlich der Tonfall zuumgangsprachlich wird: "assen auf dievische gar" (5933) als: hatten alle Fischeverdrückt." Insgesamt aber liest sich die-se Übersetzung sehr zufriedenstellend;die Anmerkungen sind durchweg hilf-reich, überschneiden sich z.T. mit denenvon Sowinski und Brunner, weichenaber von ihnen auch ab, d.h. liefern häu-figer neue oder zusätzliche Informatio-nen oder Erklärungen.

Besonders sympathisch wirkt dasNachwort, in dem Röcke insbesonderedas grundsätzliche Element der Trans-gression behandelt und den Ring als ei-nen "Text der Verunsicherung" (496)bezeichnet, was u.a. einer der Gründefür die vollkommen ausgebliebene Re-zeption gewesen sein mag. Der Bandschließt mit einer umfangreichen, abersicherlich nicht vollständigen Bibliogra-fie. Es handelt sich gewiss um einenwissenschaftlichen Fortschritt, aber diemeisten Interessierten werden trotzdemweiterhin gut mit der Arbeit von Brun-ner oder, wenn noch erhältlich, von So-winski bedient. Selbst Wießner ist damitnicht ganz aus dem Rennen geworfen,aber die neue Ausgabe von Röcke reprä-sentiert sowohl die neueste Forschungzum Text als auch die gegenwärtig übli-che Editionsmethode.Albrecht Classen

Das St. Viktor-Stift Xanten: Geschich-te und Kultur im Mittelalter. DieterGeuenich und Jens Lieven (Hg.). Ver-öffentlichungen des Historischen Ver-eins für den Niederrhein. Neue Folge.Band 1. Böhlau, Köln, Weimar, Wien2012, 270 S. + 8 S., Abbildungen zw.240/241.Die elf Beiträge neben einem Vorwortbasieren auf einer Tagung (Untertitel:Bilanz und Perspektiven interdisziplinä-rer Forschung, November 2009), die vonsechs regional tätigen Organisationengefördert wurde, von denen die GerdaHenkel Stiftung auch die Druckkostendecken half. Die Veröffentlichung selber

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setzt eine Reihe zur Geschichte des Nie-derrheins neu fort, die zuletzt 2000 er-schien. Ein reichhaltiges Stiftsarchiv, ei-ne große Stiftsbibliothek, die Stiftskir-che und der Kirchenschatz bilden zu-sammen eine Konstellation, die zu inter-disziplinären Untersuchungen geradezueinlädt. Das Vorwort ortet die Beiträgein den kulturgeschichtlichen Zusam-menhang ein, wobei vor allem neue Er-kenntnisse aufgrund Forschungsergeb-nissen hervorgehoben werden. Hier ver-einen sich Studien aus der Religionsge-schichte, der Kunstgeschichte, der Poli-tik, der Archäologie, der Liturgiewissen-schaft, der Philologie, der Sozialwissen-schaft usw..

Imiza von Xanten, eine große Wohl-täterin des Xantener Stifts und dort inder Krypta begraben, kann von Edel-traud Balzer sowohl als NachkommeKarls des Großen als auch als Ahnfrauder westfälischen Familie von Cappen-berg nachgewiesen werden. Akribischstellt Balzer Stammtafeln von Irmin-trud/Imiza über ihre Großeltern und überihren Gemahl und von den Grafen vonCappenberg auf, geht dann der Fragenach, wie man das Cappenberger Reli-quienkreuz und einen silbernen Barba-rossakopf in Beziehung zu Imiza und ih-ren Verehrern setzen kann.

Zwei Studien sind vornehmlichkunstgeschichtlich ausgerichtet. AnnaPawlik untersucht die verlorene GoldeneTafel des Xantener Viktorstifts in denKontext frühmittelalterlicher Altarstif-tungen, und erweitert damit den Blickauf vergleichbare Kunstwerke (Mailand,Köln – auch verlorene aus Köln und an-dere), die zum Teil nur etwa in Heili-genviten beschrieben wurden. Dort zu

entnehmenden Informationen lassen er-kennen, welche Prinzipien beispielswei-se Bilderzyklen im größeren Kontext derottonisch-salischen Kunstgeschichte be-stimmten. Die Gemälde BartholomaeusBruyns für den Xantener Hochalter(1529-1534) werden sowohl philolo-gisch-ikonisch als auch politisch vonSusanne Ruf interpretiert, wobei Bezügezu Texten der Zeit und zu Vorgängerbil-dern in einem benachbarten Museum(Köln) herangezogen werden. Die dabeigewonnenen Einsichten erklären einge-hender als vorher das soziale und politi-sche Verhältnis zwischen Stift und StadtXanten und erhellen überhaupt das Ver-hältnis Kunst und Wirklichkeit deutlich.Dieser Beitrag ist mit farbigen Abbil-dungen gut ausgestattet.

Texte sind der Gegenstand der fol-genden Studien. Insbesondere nimmtMs. 101 der Universitäts- und Landes-bibliothek Münster, das neben einemMartyolog-Nekrolog (bis zum Jahr1185) und einer Anordnung über Ge-betsleistungen weitere, weitgehend un-beachtet gebliebene Texte enthält, einebeachtenswerte Stellung ein. Als Xante-ner Totenbuch ist diese wohl in Xantenentstandene Handschrift weithin be-kannt, da sie im Laufe der ereignisrei-chen Jahre zum Teil neben Reliquien desHeiligen Viktors sehr hoch geschätztwurde. Die kopiale und inhaltliche Über-lieferung des Martyrologs zeichnet Ca-roline Horch nach. Typisch für dieMartyrolgien war neben der Angabe desSterbetags auch die Grabstätte, die alsOrt der memoria galt. Nekrologen sindals Gebetsverbrüderungsverträge zu ver-stehen. Der forschungsgeschichtlicheUmgang mit diesen Namenslisten zeigt

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auch unterschiedliche Geschichtsauffas-sungen, die von historischem und histo-risierendem Interesse sein sollen. JeanLieven stellt den Liber officii capituli inden Kontext der Kirchenreform desspäten 11. und 12. Jahrhunderts. So be-ziehen sich die Texte etwa auf die da-mals gültige Aachener Regel durchNachträge und Kommentare. Insgesamtbildet die kirchengeschichtlich bedeu-tende Diskussion um die Rolle Romsgegenüber weltlichen Machtansprüchenden Hintergrund. Die Xantener StellungHeinrichs IV. gegenüber wird durch die-se und verwandte Texte ersichtlich, jaüberhaupt, dies entgegen der Meinungder bisherigen Forschung, dass eine regeDiskussion geführt wurde. MichaelOberweis untersucht die Gebetsverbrü-derungen des Xantener St.Viktor-Stifts(ebenfalls UB- und LB Münster, Ms.101) mit Rücksicht auf geistige undmaterielle Aspekte. Es zeigt sich, dassdie Texte ganz unterschiedlicher Natursein können, was Aussagen über dasVerhältnis der Stifte zu- und unter ein-ander erlauben.

Ein bislang unbekannter Text vonHermann Cric, die Einleitung zu einemRegistrum redituum et pensionum, wirdvon Dieter Scheler gedruckt und über-setzt. Hier wird die Bedeutung der Li-turgie erklärt, wobei der organisatori-sche Aufbau auch in Bezug zu der Wirt-schaftsführung des Stifts gesetzt wird,also eine Art bürokratische Wirtschafts-wissenschaft. Katarina Hülscher unter-sucht die Statutenbücher, die StiftsdekanArnold Heymerick in der zweiten Hälftedes 15. Jahrhunderts angelegt hat. Hierwerden die Aufgaben der Stiftsämterumschrieben, wobei Urkunden und an-

dere Werke zitiert werden. So entstehteine reiche Beschreibung des Stiftsall-tags. Entgegen anderen Dokumentenführt nichts in Arnold Statutenbuch, dasauch ein Nachleben haben sollte, auf dieInstitutio Canonicorum (a. 816, in Hs.Münster 101 in Nachschrift).

Textbezogen ist zum Schluss auchder Beitrag von Helmut Tervooren, derdie Geschichte der Bibliotheken desStifts darstellt. Vor allem das 15. Jahr-hundert (Arnold Heymerick) und späterdas 18. und 19. Jahrhundert bilden Hö-henpunkte. Tervooren fragt nach dersprachlichen Verteilung und nach Moti-ven, die die Interessen des Lesepubli-kums kenntlich machen. Tervooren legtevor einigen Jahren eine erste Literatur-geschichte des Niederrheins vor (dazuder Rezensent, Mediaevistik 22:313-315).

Die Entwicklung des St. Viktor-Stifts als Grundherrschaft vom Früh- bisins Spätmittelalter diskutiert Bert This-sen. Neben örtlich bestimmten Vor-kommnissen (Deichanlagen) spielten na-türlich auch allgemeine Entwicklungen(Städtewesen) eine sich ändernde Rolle,auf die Stift und Stadt eingehen mussten.Dass trotz der Wichtigkeit des Stiftes esnie zu einer Bistumsgründung gekom-men ist, erklärt Frank Engel mit Hinweisauf geographische, kirchen- und staats-politische und rechtsgeschichtliche Um-stände.

Alles in allem ein sehr schöner Band,der die Lebendigkeit der Forschungsin-teressen in und um Xanten herum über-zeugend darlegt, sowohl die Wichtigkeitdes Stifts wie die Notwendigkeit weite-ren Studiums zur Schau stellend. In-teressant und diskussionswürdig bleibt

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vielleicht noch eine im Buchtitel gegen-über der Tagungsüberschrift hinzuge-fügte Differenzierung: Geschichte undKultur. Der vorliegende Band verdeut-licht mehrfach, dass die Beziehungenreichhaltig und als solche interpretierbaraussagekräftig sind. Um das Offensicht-liche doch noch zum Ausdruck zu brin-

gen: Kultur ist Teil der Geschichte, Ge-schichte Teil der Kultur. Das alles stehtunter dem Begriff Mediävistik.Prof. John M. Jeep · German, Russian,and East Asian Languages · MiamiUniversity · Irvin Hall 166 ·Oxford,OH 45056-1852 (USA) ·[email protected]