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Highlights der Aachener Sonder- forschungs- bereiche SONDERHEFT 2007

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Highlights der Aachener Sonderforschungsbereiche

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Page 1: RWTH-Themen Sonderheft 2007

Highlightsder AachenerSonder-forschungs-bereiche

SONDERHEFT 2007

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Page 3: RWTH-Themen Sonderheft 2007

THEMEN

SONDER-FORSCHUNGS-BEREICHE

ImpressumHerausgegeben im Auftrag des

Rektors: Dezernat Presse- und Öffent-

lichkeitsarbeit der RWTH Aachen Templergraben 55

52056 AachenTelefon 0241/80-94327Telefax 0241/80-92324

[email protected]

Redaktion:Sabine Busse

Angelika Hamacher

Verantwortlich:Toni Wimmer

Titel:Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts

für Produktionstechnologieentwickeln Positioniersysteme

für Glasfasern in Lichtleit-systemen, die in miniaturisierten

Sensoren, hoch präzisen Messgeräten, Lasersystemen,

Telekommunikationsproduktenund in der Medizintechnik

zum Einsatz kommen.Foto: Peter Winandy

Rücktitel:Aufbau zur Untersuchung

von Transportprozessenin welligen Filmströmungen

am Lehrstuhl für Wärme- und Stoffübertragung.

Foto: Peter Winandy

Anzeigen:print´n´press, Aachen

[email protected]

Art direction:Klaus Endrikat

DTP:ZAHRENdesign,

Aachen

Druck: Druckerei Brimberg,

Aachen

Fotos:Peter Winandy

Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier

Das Wissenschaftsmagazin„RWTH-Themen“ erscheint ein-

mal pro Semester. Nachdruckeinzelner Artikel, auch auszugs-

weise, nur mit Genehmigungder Redaktion. Für den Inhaltder Beiträge sind die Autoren

verantwortlich.

Sonderheft Sommersemester2007

Vorwort des Rektors 4

Interdisziplinäre Zusammenarbeit kennzeichnet Sonderforschungsbereiche 6

Verbrennung im Regelkreis 8

Neue Behandlungsmöglichkeiten chronischer Entzündungen 10

Dem Geheimnis des Orangensafts auf der Spur 14

Textilbewehrter Beton 18

Das Kombikraftwerk der Zukunft 22

Umweltverträgliche Tribosysteme 26

Mikrosystemtechnik 30

Der Tragflügel der nächsten Generation 34

Hochfester Stahl weich wie Butter 36

Mediale Dimensionen kognitiver Prozesse 40

Zukunftstechnologien zur Herstellung komplexer Optikkomponenten 42

Quanteneigenschaften schwerer Teilchen 46

Wie der Boden das Klima beeinflusst 50

Wie werden Produkte und Prozesse optimal entwickelt? 52

Bessere Werkstoffe durch Simulation 54

AUS DEM INHALT

Page 4: RWTH-Themen Sonderheft 2007

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Nach Redaktionsschluss gab die Deutsche Forschungsgemein-schaft am 23. Mai 2007 die Bewilligung weiterer Sonderfor-schungsbereiche (SFB) bekannt. Zum 1. Juli 2007 wird an derRWTH – zusätzlich zu den in dieser Ausgabe der RWTH-THEMENvorgestellten – der SFB 761 „Stahl – ab initio. Quantenmecha-nisch geführtes Design neuer Eisenbasis-Werkstoffe“ eingerich-tet. In dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finan-zierten Großprojekt kooperieren acht Institute und Lehrstühleder RWTH mit drei Abteilungen des Max-Planck-Instituts für Eisenforschung in Düsseldorf. Federführend ist hierbei dasRWTH-Institut für Eisenhüttenkunde, dessen Leiter Univ.-Prof.Dr.-Ing. Wolfgang Bleck Sprecher des SFB ist. Ziel des Großpro-jekts ist die Entwicklung einer völlig neuen Methode für dieWerkstoffentwicklung. Die bisher genutzte „Trial and Error“Methodik soll durch die gezielte Nutzung der Quantenchemieabgelöst werden. Das Projekt ist zunächst für vier Jahre bewil-ligt, geplant ist jedoch eine zwölfjährige Finanzierung.

Im SFB/Transregio 37 „Mikro- und Nanosysteme in der Me-dizin – Rekonstruktion biologischer Funktionen“ arbeiten For-scherinnen und Forscher der Medizin, der Material- sowie Na-turwissenschaften zusammen. Mit Hilfe von Nano- und Laser-technik entwickeln sie innovative Technologien wie Therapie-verfahren für die regenerative Medizin. Es werden dabei Lösungenvon aktuellen medizinischen Problemen in der Zellbiologie, La-seranwendung, Implantattechnologie und bei der Optimierungvon Biomaterialien gesucht. Der SFB/Transregio ist in Hannover,Aachen und Rostock angesiedelt. Sprecher des SFB ist Univ.-Prof. Dr. Axel Haverich von der MH Hannover, die Beteiligungder RWTH-Institute koordiniert der Lehrstuhl für Textilchemieund Makromolekulare Chemie unter Leitung von Univ.-Prof. Dr.Martin Möller.

Die Redaktion, 24. Mai 2007

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft ermöglicht mit ihren Förderprogrammen derSonderforschungsbereiche, Transregio und Forschungskollegs interdisziplinäre Grund-lagenforschung. Eine Gruppe von Wissenschaftlern kann sich im Rahmen einer solchenFörderung über einen Zeitraum von maximal zwölf Jahren mit einem anspruchsvollenThema auseinandersetzen. Die ausgewählten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlerder RWTH arbeiten dabei nicht nur mit Kolleginnen und Kollegen der eigenen Einrich-tung, sondern auch mit denen in anderen Hochschulen und Wissenschaftseinrichtun-gen zusammen – wie etwa dem Forschungszentrum Jülich, den Fraunhofer-Institutenoder auch dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt.

Wir in Aachen wissen, wie wichtig die interdisziplinäre Zusammenarbeit ist. Sie istein Kennzeichen für die Forschungsleistung der RWTH Aachen. Seit vielen Jahren prak-tizieren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler diese auch in den so genanntenInterdisziplinären Foren der RWTH Aachen. Die Themenpalette ist breit gefächert – siereicht von Umwelt über Werkstoffe, Life Sciences, Mobilität und Verkehr sowie Technikund Gesellschaft. Von den Forschungsprojekten profitieren insbesondere die Studieren-den der RWTH Aachen – die anwendungsnahe Lehre ist ein Qualitätssiegel für dieAusbildung an der Aachener Hochschule.

In dieser Ausgabe der „RWTH-Themen“ wollen wir Sie über die vielfältigen interdis-ziplinären und spannenden Forschungsarbeiten im Rahmen der Sonderforschungsberei-che informieren.

Univ.-Prof. Dr. Burkhard Rauhut

Neue Sonder-

forschungs-bereiche bewilligt

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Editorial

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Im Forschungsbereich Motor-ische Einspritzung am Lehrstuhlfür Wärme- und Stoffübertra-gung werden Gemischbildungs-vorgänge in Verbrennungsmo-toren experimentell und nume-risch untersucht. Bei der Justa-

ge eines Laserlichtschnittes zurVermessung des vom Einspritz-strahl eines Diesel-Mehrloch-injektors induzierten Gasge-schwindigkeitsfeldes ist einehohe Präzision erforderlich.Foto: Peter Winandy

Page 6: RWTH-Themen Sonderheft 2007

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Hubertus Murrenhoff

geben wird. Lassen Sie michvielmehr auf die Frage einge-hen, was Ziel eines Sonderfor-schungsbereichs ist und wasseine Attraktivität auszeichnet.Das Erstgenannte ist wohl ambesten dadurch zu beschreiben,dass sich eine Gruppe Forsche-rinnen und Forscher zusam-menfindet, die interdisziplinäran einem in der Regel sehr in-novativen und gesellschaftlichrelevanten Thema zusammen-arbeitet. Es soll durch diesenZusammenschluss in der Sum-me ein Mehrwert entstehen,der durch eine Förderung derEinzelaktivitäten zum Beispielim Normalverfahren der Deut-schen Forschungsgemeinschaftnicht möglich wäre. Der zweiteAspekt kann am besten mitAusführungen des ehemaligenPräsidenten der Deutschen For-schungsgemeinschaft Prof. Dr.Ernst-Ludwig Winnacker zumThema charakterisiert werden,die er mit „Forschen unteridealen Bedingungen” über-schreibt.

Wie kann man sich dieseidealen Bedingungen vorstel-len? Ein Sonderforschungsbe-reich wird konzeptionell auf eine etwa zwölfjährige For-schungsperiode ausgelegt. Imdrei- beziehungsweise vier-jährigen Turnus finden Begut-achtungen statt, bei denen sichdie Forschergruppe dem kriti-schen Urteil auswärtiger Gut-achterinnen und Gutachter stel-len muss. Die Wissenschaftler-innen und Wissenschaftler kön-nen also langfristig interdiszi-plinär zusammenarbeiten unddie verfolgte Thematik nachhal-tig vorantreiben. Die Ressour-cen der Hochschule und die derbeteiligten Institutionen werdengebündelt und stärken den Son-derforschungsbereich. Durchdie bearbeitete Thematik wirddas Profil der Hochschule mitgeprägt und Studierende sowieder wissenschaftliche Nach-wuchs finden exzellente Bedin-gungen vor.

Diese Erläuterungen geben ei-nen ersten Einblick in die At-traktivität dieses sehr wichtigenFörderinstruments der Deut-schen Forschungsgemeinschaftund machen auf der anderenSeite aber auch klar, dass derKorb zur Einrichtung eines Son-derforschungsbereichs sehrhoch hängt. Bevor exzellenteund hochmotivierte Forscherin-nen und Forscher an die Ausar-beitung eines Antrags denkenkönnen, müssen sie bereits ge-meinsame Vorarbeiten und Ver-öffentlichungen in renommier-ten und begutachteten Fach-zeitschriften auf dem Wissen-schaftsgebiet nachweisen. Da-mit exzellent ausgewieseneKolleginnen und Kollegen sichtrotz hoher Hürden weiterhinaktiv um die Beantragung undEinrichtung von Sonderfor-schungsbereichen bemühen,hat das Rektorat der RWTHAachen verschiedene Maßnah-men zur Förderung beschlos-sen. Hierzu gehören unter an-derem eine Beratung jungerWissenschaftlerinnen und Wis-senschaftler durch „SFB-Erfah-rene“, eine teilweise Freistel-lung von Lehrbelastungen so-wie eine zusätzliche finanzielleFörderung bei erfolgreicher Be-antragung. Bereits nach positi-vem Beratungsgespräch bei derDeutschen Forschungsgemein-schaft wird die jeweilige Initiati-ve für einen Sonderforschungs-bereich mit einer zusätzlichenWissenschaftlerstelle unter-stützt. Des Weiteren werdenSonderforschungsbereiche hin-sichtlich ihrer Grundausstattungund durch strukturelle Maß-nahmen untermauert.

In Aachen können wir derZukunft positiv entgegensehen,da ein großes Potenzial an Hil-festellungen erarbeitet und be-reitgestellt wird, das die Aache-ner Wissenschaftlerinnen undWissenschaftler zur persönli-chen Entwicklung und gleich-zeitig zum Nutzen der Hoch-schule verfolgen mögen.

Lassen Sie mich noch aufein Aachener Spezifikum einge-hen, das viel zum Erfolg derRWTH Aachen im Hinblick aufdie Einrichtung von Sonderfor-schungsbereichen beiträgt.

Ich denke hier an die exzellentfunktionierende Geschäfts-führung der RWTH-Sonderfor-schungsbereiche unter Leitungvon Dr.-Ing. Peter von denBrincken. Sie ist dezentral undin erster Linie zur organisatori-schen und strukturellen Bera-tung und Betreuung der Aache-ner Neu-Initiativen bis hin zurAntragstellung und Begutach-tung eingerichtet worden. Außer-dem werden von dort aus auchdie Fortsetzungsanträge undderen Begutachtungen unter-stützt sowie die wesentlichenadministrativen beziehungsweisefinanziellen Belange der Aache-ner Sonderforschungsbereichein einem kleinen aber effekti-ven Team geregelt. Die Ideehierbei ist, dass ein Geschäfts-führer gleichzeitig für mehrereSonderforschungsbereiche zu-ständig ist und dabei Synergie-effekte nutzt. Die Wahl erfolgtüber die Mitgliederversamm-lung eines jeden Sonderfor-schungsbereichs, ein Sprecher-rat der Sonderforschungsberei-che nimmt die Aufsicht überdie Geschäftsführung wahr.Gerade in Zeiten zunehmenderBürokratie muss die Geschäfts-führung in Aachen als beispiel-haft und zukunftsweisend her-ausgestellt werden.

www.sfb.rwth-aachen.de

Autor:Univ.-Prof. Dr.-Ing. HubertusMurrenhoff ist Vorsitzender des Sprecherrates der AachenerSonderforschungsbereiche und Leiter des Instituts fürfluidtechnische Antriebe undSteuerungen.

NNach gut einem Jahrzehnt seitder letzten Vorstellung der Son-derforschungsbereiche in einerAusgabe der „RWTH-Themen“ist die erneute Berichterstattungquasi überfällig. In der For-schungslandschaft der Bundes-republik Deutschland hat sich indieser Zeit sehr viel getan unddies hat natürlich bereits einge-richtete wie auch neu zu bean-tragende Sonderforschungsbe-reiche beeinflusst. Bevor ichhierauf näher eingehe, lassenSie mich zunächst eine Über-sicht der zurzeit an unsererHochschule laufenden Sonder-forschungsbereiche geben.Hierzu dient Bild 1, das im in-neren Kreis die Sonderfor-schungsbereiche aufzeigt, dievollumfänglich an der RWTHAachen als Sprecherhochschuleeingerichtet sind. An der äuße-ren Peripherie des Kreises sinddie so genannten Transregioaufgeführt, an denen Wissen-schaftlerinnen und Wissen-schaftler der RWTH Aachen be-teiligt sind. Die Sprecherhoch-schule ist in Klammern unterder Kurzbezeichnung angege-ben. Es wird deutlich, dass sichdie Transregionalität nicht nurauf Städte in der näheren Um-gebung stützt, sondern auchden Norden und Süden mit ein-bezieht. Dabei sind Disziplinender Natur-, Geistes- und Geo-wissenschaften ebenso wie dieder Ingenieurwissenschaftenvertreten. Ein Transregio ent-steht immer dann, wenn dieKompetenz zur Bearbeitung ei-nes fachübergreifenden For-schungsthemas nicht an einemeinzelnen Hochschul-Standortkonzentriert ist, sondern wenndie Know-how - sowie auch ap-parativen Ressourcen mehrererUniversitäten gebündelt werden.

Damit soll die Brücke wie-der zu den in Aachen angesie-delten Sonderforschungsberei-chen geschlagen werden. Ichmöchte an dieser Stelle nichtinhaltlich auf die Themen deraktuell neun Sonderforschungs-bereiche eingehen, da dies inden Einzelbeiträgen geschiehtund einen Einblick in die Inter-disziplinarität und die zugrundeliegenden Forschungsarbeiten

Interdisziplinäre Zusammenarbeit kSonderforschungsbereiche

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Bündelung von Kompetenzen auch über Aachen hinaus

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SONDER-FORSCHUNGS-BEREICHE

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Bild 1: Sonderforschungsberei-che der RWTH Aachen sowieTransregio mit Beteiligung derRWTH Aachen.Quelle: von den Brinken

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Norbert Peters, Dirk Abel

Durch diese hohe Ladungsver-dünnung liegen die Verbren-nungstemperaturen unter der fürdie Stickoxidbildung relevantenTemperatur, die Homogenitätdes mageren Gemisches unter-bindet die Bildung von Ruß. Ins-besondere können durch diethermodynamisch günstige Ver-teilung von Brennstoff und Lufthohe Wirkungsgrade erzielt wer-den, die den Brennstoffver-brauch wesentlich verringernkönnen.

Bei stationär betriebenen Gas-turbinen stellen sich bei einerhomogenisierten Niedertempera-turverbrennung jedoch uner-wünschte selbsterregte thermo-akustische Instabilitäten ein, diesich in hohen Druckschwankun-gen äußern. Dieser auch alsBrennkammerbrummen bezeich-nete Effekt vermindert die Le-bensdauer einer Gasturbine er-heblich. Ebenso kann die homo-genisierte Niedertemperaturver-brennung in Otto- und Diesel-

gelungstechnischer Sicht durch-aus vergleichbar – ist die magne-tische Lagerung des Transrapids:Das auf der elektromagnetischenAnziehung beruhende und da-mit vom Prinzip her instabile„Magnetpolster“ zwischen Fahr-zeug und Fahrbahn wird von ei-ner stabilisierenden Abstandsre-gelung erzeugt. Mit diesen bei-den Beispielen aus völlig anderentechnischen Anwendungsberei-chen hat die Aufgabe der Ver-brennungsregelung gemein, dass die zu regelnden Prozesseschwierig und die Regelungsauf-gaben entsprechend anspruchs-voll sind. Dies betrifft die einzu-haltenden zeitlichen Randbedin-gungen wie auch die erforderli-chen Mess- und Stelleingriffe.Vor allem sind jedoch intelligenteRegelungsgesetze gefordert, diein der Lage sind, auch zeitlichveränderliches und nichtlinearesProzessverhalten zu berücksichti-gen. Besonders der letzt genann-te Aspekt gibt Anlass, so ge-

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ICHEDDie Bereitstellung von Energie

spielt für den häuslichen Bedarf,für Prozesswärme und für denTransport von Menschen einewichtige Rolle. Voraussetzungdafür ist auf absehbare Zeit nachwie vor die Verfügbarkeit undeffektive technische Nutzungfossiler Rohstoffe wie Kohle, Erd-öl und Erdgas. Selbst alternativeKonzepte zur Energiewandlung,wie zum Beispiel die Brennstoff-zelle, benötigen weiterhin dieseEnergieträger, da der benötigteWasserstoff zu großen Teilenzunächst aus fossilen Brennstof-fen hergestellt wird. Gerade fürden Transport erscheint die Ver-wendung flüssiger Kohlenwasser-stoffe wegen ihrer großen Ener-giedichte unverzichtbar.

Im Sonderforschungsbereich686 „Modellbasierte Regelungder homogenisierten Niedertem-peratur-Verbrennung” geht esum das Aufschlüsseln der Wirk-kette, die von Strömung undMischung über die Zündung zurVerbrennung in Gasturbinen undMotoren führt. Seit dem 1. Juli2006 betreiben acht Hochschul-institute Grundlagenforschungzu Verbrennungsvorgängen inGasturbinen und Motoren. Be-teiligt sind die RWTH-Institutefür Technische Verbrennung, Re-gelungstechnik, Aerodynamik,Wärme- und Stoffübertragung,Technische Thermodynamik,Dampf- und Gasturbinen, Ver-brennungskraftmaschinen sowiedas Institut für PhysikalischeChemie I der Universität Biele-feld. Die Zielsetzung, die dabeiverfolgt wird, ist die Verringe-rung des Rohstoffverbrauchsund der bei diesen Verbren-nungsvorgängen entstehendenEmissionen wie Stickoxide, Rußund Kohlendioxid. Die genann-ten Ziele können sowohl in Gas-turbinen als auch in Verbren-nungsmotoren durch eine Ho-mogenisierung des Verbren-nungsprozesses erreicht werden.Ein homogener Verbrennungs-prozess zeichnet sich dadurchaus, dass vor Beginn des eigent-lichen Verbrennungsvorgangs ei-ne sehr gute Durchmischungvon Brennstoff und Luft erreichtworden ist, in der der Brennstoffidealerweise gleichverteilt imBrennraum von Gasturbine oderVerbrennungsmotor vorliegt.

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Motoren zu Verbrennungsinsta-bilitäten führen, die sich hier inForm von räumlich und zeitlichzufällig verteilten Selbst-zündungen äußern. Ein Phäno-men, das in vergleichbarer Formschon vom Ottomotor seit lan-ger Zeit bekannt ist und alsKlopfen bezeichnet wird.

Die homogenisierte Verbren-nung erfordert also die Beherr-schung, das heißt Stabilisierunginstabiler Verbrennungsvorgän-ge. Die Stabilisierung instabilertechnischer Prozesse gehört zuden typischen, wenn auch an-spruchsvolleren Aufgaben derRegelungstechnik. Beispiele in-stabiler Prozesse, die durch Re-gelung stabilisiert werden, findensich unter anderem in derFlugdynamik modernerKampfjets, die in Hinblick aufmöglichst agile Manövereigen-schaften instabil ausgelegt wer-den und erst durch eine Rege-lung flugfähig werden. Wenigerspektakulär – wenngleich aus re-

Verbrennung im R

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sagbar und damit online opti-mierbar macht. Die Grundlageeiner solchen Modellierung vonVerbrennungsvorgängen bildetdie Verbrennungskinetik, die denzeitlichen Ablauf chemischer Re-aktionen aufschlüsselt. An derchemischen Umwandlung derAusgangsstoffe eines Verbren-nungsvorgangs, also Brennstoffund Luft, hin zu den Endstoffeneines Verbrennungsvorgangs,Kohlendioxid, Wasser, Ruß undStickstoffoxide, sind in realentechnischen Anwendungen wieder Verbrennung in Gasturbinenoder Motoren in der Regel übermehrere hundert verschiedenechemische Komponenten und

Reaktionen beteiligt. Die Reakti-onskinetik aller an solch komple-xen chemischen Vorgängen be-teiligten Reaktionen wird in sogenannten Reaktionsmechanis-men zusammengefasst. Mit de-ren Hilfe können Verbrennungs-vorgänge qualitativ und auchquantitativ beschrieben werden,wodurch sich zum Beispiel derBrennstoffverbrauch oder dieSchadstoffemissionen berechnenlassen. Reaktionsmechanismen,die in ausreichender Genauigkeitdie Verbrennung von Diesel-oder Ottokraftstoff bei hohenVerbrennungstemperaturen be-schreiben können, sind heuteschon hinlänglich bekannt. Fürdie im Sonderforschungsbereichangestrebte Niedertemperatur-Verbrennung ist dies jedochnicht der Fall, so dass eine Über-tragung der Reaktionsmechanis-men für Diesel- oder Ottokraft-stoff aus dem Hochtemperatur-bereich hin zum Niedertempera-turbereich erforderlich ist. Dieskann sowohl mit Hilfe theoreti-scher als auch mit Hilfe experi-menteller Methoden erfolgen.Insbesondere die experimentel-len Untersuchungen erfordernals geeignete wissenschaftlicheMethoden so genannte laser-spektroskopische Verfahren undin-situ-Massenspektrometrie, wiesie am Lehrstuhl für PhysikalischeChemie I in Bielefeld angewandtwerden. In einem gemeinsamenProjekt mit dem RWTH-Institutfür Technische Verbrennung wer-den die Konsequenzen eines ver-besserten Niedrigtemperatur-reaktionsmechanismus auf dieModellierung von Verbrennungs-instabilitäten in einem homoge-nen Rührreaktor theoretisch undexperimentell überprüft. Derhomogene Rührreaktor stellt da-bei eine Versuchsanordnung dar,die es erlaubt, Verbrennungs-instabilitäten isoliert von der intechnischen Anwendungen vor-liegenden Wirkkette aus Strö-mung, Mischung, Zündung undVerbrennung zu betrachten.

Die verbesserte Reaktionski-netik wird als Teilmodellierung indie mathematischen Modelle in-tegriert, die den gesamten Ver-brennungsprozess beziehungs-weise die gesamte Wirkkette derVerbrennung in Gasturbinen undMotoren beschreiben. Ziel ist es

schließlich, die gesamte physika-lische Modellbildung erheblich zuvereinfachen, ohne dabei die fürdie Regelung relevanten Informa-tionen über den Verbrennungs-prozess zu verlieren. Die verein-fachten Modelle sollen dann ab-strahiert und online ausführbar indie Regelung einfließen.

Bei aller Grundlagenfor-schung soll die Anwendungnicht aus dem Blickfeld geraten,an der sich die Wissenschaftlerletztlich messen lassen wollen:Mit der auf dem Grundlagenwis-sen der Verbrennungskinetik ab-gestützten Modellbasierten Re-gelung sollen homogenisierteBrennverfahren in Gasturbinenund Verbrennungsmotoren mög-lich und exemplarisch umgesetztwerden. Im Bereich der motori-schen Verbrennung sind für die-se neuartigen Brennverfahrenbereits Begriffe wie HCCI, kurzfür Homogeneous Charge Com-pression Ignition, oder CAI fürControlled Auto Ignition interna-tional eingeführt worden, wo-bei der dazu zu erbringende For-schungsbedarf gerade für die –im Begriff CAI namentlich ge-nannte – Verbrennungsregelungnachdrücklich unterstrichen wird.

www.sfb686.rwth-aachen.de

Autor:Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dr.h.c. Dr.-Ing. E.h. Norbert Peters ist Sprecher des Sonderfor-schungsbereichs 686 „Modell-basierte Regelung der homoge-nisierten Niedertemperaturver-brennung“ und Leiter des Insti-tuts für Technische Verbrennung.Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dirk Abel iststellvertretender Sprecher desSonderforschungsbereichs „Modellbasierte Regelung derhomogenisierten Niedertempera-turverbrennung“ und Leiter des Instituts für Regelungstechnik.

THEMEN

SONDER-FORSCHUNGS-BEREICHE

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Modellbasierte Regelung der homogenisierten Niedertemperatur-verbrennung

nannte Modellbasierte PrädiktiveRegelungen für die Verbren-nungsregelung in Betracht zuziehen, die sich dadurch aus-zeichnen, dass ein Modell fürdas dynamische Verhalten desProzesses nicht nur in der Ent-wurfsphase, sondern explizitauch im laufenden Betrieb derRegelung benutzt wird. Mit ei-ner solchen tiefgehenden Kennt-nis über den zu regelnden Pro-zess kann eine ModelbasierteRegelung weit schwierigere Auf-gaben lösen als eine konventio-nelle Regelung, die sich auf nurwenigen Einstellparametern ab-stützt.

Grundvoraussetzung jederModellbasierten Regelung istnatürlich die Verfügbarkeit einesgeeigneten Modells, das heißtim vorliegenden Fall einer ma-thematischen Beschreibung derdynamischen Verbrennungs-vorgänge, die die Auswirkungengewählter Stelleingriffe auf denVerbrennungsvorgang vorher-

m Regelkreis

Wissenschaftler des Institutsfür Technische Verbrennung und des Instituts für Regelungs-technik erarbeiten am Prüfstandneue Algorithmen zur Regelungder Niedertemperatur-Verbren-nung im Dieselmotor.Foto: Peter Winandy

Page 10: RWTH-Themen Sonderheft 2007

Jürgen Floege, Gerhard Müller-Newen,

Peter C. Heinrich

genwärtig verfügbare Therapierichtet sich in diesen Fällen aufdie Schadensbegrenzung, dasheißt entweder symptomatischeMaßnahmen, beispielsweiseSchmerzlinderung, oder Dämp-fung der Immunantwort, waszurzeit meist nur im Sinne eines„Schrotschusses“ mit Kortisonoder Chemotherapie möglich ist.

Zytokine und WachstumsfaktorenZellen kommunizieren überkleine Eiweiß-Botenstoffe mit-einander, die Zytokine oderWachstumsfaktoren genanntwerden. Diese Botenstoffe re-geln viele grundlegende Zell-funktionen wie Wachstum, Bin-degewebsbildung oder die Pro-duktion wiederum anderer Bo-tenstoffe. Sie binden nach demSchlüssel-Schloss-Prinzip anspezifische Rezeptoren auf derZelloberfläche und üben so ihreWirkung aus, siehe Bild 1. Zy-tokine und Wachstumsfaktorensowie ihre Rezeptoren spielendaher – nicht unerwartet – einegrundlegende Rolle in der Ent-zündung, der Rückbildung ei-ner Entzündung oder der chro-nischen Organschädigung undVernarbung. Der Sonderfor-

schungsbereich 542 „Molekula-re Mechanismen Zytokinge-steuerter Entzündungsprozesse:Signaltransduktion und patho-physiologische Konsequenzen“geht von diesen Beobachtun-gen aus und versucht, durchgezieltes Ausschalten von zen-tralen Zytokinen oder Wachs-tumsfaktoren den Verlauf vonEntzündungen zu bessern.

Wer, wann und wie?Eine Grundvoraussetzung fürgezielte Eingriffe in das Zyto-kin- und Wachstumsfaktor-Sys-tem sind Kenntnisse, welcherFaktor wann und wie in dasEntzündungsgeschehen einge-bunden ist. Obwohl bereits ei-nige Daten zu diesen Fragenexistieren, ist das Verständnisnoch immer lückenhaft undverbesserungsbedürftig. Ausden zahlreichen Projekten desSonderforschungsbereichs, diesich diesem Themenbereichwidmen, seien exemplarischnur wenige genannt. Im Teil-projekt A7 wurden völlig neueErkenntnisse über den MIF-Re-zeptor und dessen zelluläre Sig-nale gewonnen. MIF, kurz fürMacrophage Migration Inhibi-tory Factor, spielt bei der Blut-

vergiftung eine essenzielle Rolle.Im Teilprojekt A9 wird die Sig-nalvermittlung von Transfor-ming Growth Factor-ß in Le-ber-Sternzellen, die zentral ander Lebervernarbung beteiligtsind, untersucht. Es konnte ge-zeigt werden, dass dieser überverschiedene Rezeptoren zweiunterschiedliche Signalkaskadenanschaltet. Diese Einsichten, dievermutlich auch für andere Or-gane relevant sind, werden da-zu beitragen, neue Ansätze ge-gen Vernarbungsprozesse zuentwickeln. In den TeilprojektenC4 und C12 wurde schließlicherstmals nachgewiesen, dassein Eiweiß namens YB-1 ausZellen ausgeschieden wird unddann in der Atherosklerose be-ziehungsweise in Nierenkrank-heiten als Entzündungs-Botefungiert. Damit bietet sich dervöllig neue Ansatz, in über-schießenden Entzündungen the-rapeutisch gegen YB-1 vorzu-gehen.

Mit Zytokinfängern gegen EntzündungenEine Grundvoraussetzung fürdas gezielte Ausschalten vonZytokinen oder Wachstumsfak-toren ist die Verfügbarkeit von

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ICHEEEine Entzündung stellt eine sinn-

volle und wichtige Antwort desOrganismus auf eine Verletzungoder Infektion dar. Normaler-weise existiert im Rahmen die-ser Antwort ein hochgradig aus-balanciertes System von zu-nächst pro- und später antient-zündlichen Vorgängen, das beiungestörtem Verlauf zur Hei-lung und zum Abklingen derEntzündung führt. Schleichensich jedoch Störungen in diesenAblauf ein oder kann die Ursa-che nicht beseitigt werden, zumBeispiel durch chronische Infek-te oder (Auto-)Immunkrankhei-ten, in denen der Körper sichselbst attackiert, resultieren chro-nische Entzündungen.

Chronische Entzündungenreduzieren nicht nur – wie bei-spielsweise im Fall des Rheumasoder chronischer Hautkrankhei-ten wie Neurodermitis – erheb-lich die Lebensqualität, sondernerhöhen oft das Risiko zu ver-sterben, meist verursacht durchHerz-Kreislauf-Probleme. Auchdie Atherosklerose ist im We-sentlichen eine chronisch ent-zündliche Erkrankung. Darüberhinaus sind chronische Entzün-dungen von enormer volkswirt-schaftlicher Bedeutung. Soführt der Ausfall von lebens-wichtigen Organen wie derNieren nach chronischen Ent-zündungen zu gewaltigen Ko-sten im Gesundheitssystem. Al-lein für die Behandlung vonderzeit etwa 80.000 Menschenohne Nierenfunktion müssen inDeutschland pro Jahr ein biszwei Milliarden Euro aufge-bracht werden, das heißt eshandelt sich hier um eine derteuersten so genannten Chroni-ker-Gruppen. Eine andere wich-tige chronische Entzündung be-trifft die Leber. Etwa fünf Pro-zent der deutschen Bevölke-rung leidet unter chronischenLeberentzündungen, die durchAlkohol, Übergewicht und Vi-rus-Infekte hervorgerufen wer-den, und auch hier werden dieBehandlungskosten auf etwaeine Milliarde Euro pro Jahr ge-schätzt.

In vielen Fällen chronischerEntzündungen können trotz er-heblich besserer Einsichten indie Krankheitsursachen diesenicht beseitigt werden. Die ge-

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Bild 1: Die Bindung eines Zyto-kins an seinen Rezeptor kannmit Hilfe eines konfokalen Mi-kroskops beobachtet werden.Ein Zytokinrezeptor wurde miteinem blau-fluoreszierendenProtein verknüpft. Daher ist derRezeptor auf der Zellmembran

der abgebildeten Zelle gut zuerkennen, zum Beispiel im rotumrandeten Rechteck. Stimu-liert man die Zelle nun mit demgelb markierten Zytokin, so rei-chert sich das fluoreszierendeZytokin innerhalb weniger Mi-nuten auf der Zelloberfläche an.

Neue Behandlungsmöglichkeiten cEine Herausforderung für M

Page 11: RWTH-Themen Sonderheft 2007

spezifischen Medikamenten, sogenannter Antagonisten, mit de-nen genau diese Faktoren, nichtaber andere, inaktiviert werdenkönnen. Im Rahmen des Teilpro-jekts A2 wurde ein neuartigerWirkstoff entwickelt, mit demdas entzündungsvermittelnde Zy-tokin Interleukin-6 ausgeschaltetwerden kann. Es wurde hierfürder neuartige Ansatz gewählt,zwei Teilbereiche des Interleukin-6-Rezeptors mit Hilfe gentechni-scher Methoden zu einem so ge-nannten Fusionsprotein zu ver-knüpfen, siehe Bild 2. Diese Teil-bereiche wurden so gewählt,dass sie den Zellen keine Signalemehr geben können, sondern alsFusionsprotein außerhalb der Zel-le „umherschwimmen“. Die Fu-sionsproteine oder Zytokinfängerdienen so als Konkurrenten fürdie Interleukin-6 Rezeptoren aufden Zellen. Wird genügend Fu-sionsprotein gegeben, bindetkaum noch Interleukin-6 an dieZellen, siehe Bild 2. In der Zell-kulturschale ist der Nachweis derentzündungshemmenden Eigen-schaften der Fusionsproteine be-reits gelungen. In Zukunft soll dieWirksamkeit dieser Zytokinfängerin relevanten Krankheitsmodellenuntersucht werden.

Die kranke Leber heilenDie Teilprojekte C1 und C15befassen sich mit der Rolle vonTumor Necrosis Factor, kurzTNF, bei Leberschäden. In derLeber deuten erhöhte TNF-Werte auf eine Entzündungoder Organschädigung hin, diebis zum akuten Leberversagenund damit zum Tod führenkann. Durch TNF werden inZellen verschiedene Signalwegeangeschaltet. Dadurch kommtes in der Zelle zu einer starkenVeränderung der normalen Ei-weißbildung und Zellfunktion.In Labormäusen wurden eineReihe von Genen gezielt zer-stört, von denen angenommenwurde, dass sie für TNF-Signalevon Bedeutung sind. Tatsäch-lich konnte gezeigt werden,dass Mäuse vor einem akuten,durch TNF-verursachten Leber-versagen geschützt sind, wennman ein ganz bestimmtes Genvorher ausschaltet. Zerstörteman allerdings ein anderesGen, wurde die TNF-verursach-te Leberschädigung sogar nochverstärkt. Diese Gene und ihreFunktion sind möglicherweiseder Schlüssel zur Behandlungakuter Lebererkrankungen.

Nierenversagen verhindernIm Teilprojekt C7 wird derWachstumsfaktor Platelet Deri-ved Growth Factor, kurz PDGF,untersucht, der offenbar einezentrale Rolle bei überschießen-dem Zellwachstum und Vernar-bungsvorgängen spielt. In Tier-modellen von schweren ent-zündlichen Nierenerkrankungenkonnte nachgewiesen werden,dass die Hemmung von PDGFmit spezifischen Antikörpernnicht nur den Verlauf dieserNierenerkrankungen in derakuten Phase sehr günstig be-einflusst, sondern auch Lang-zeitfolgen, wie die Vernarbungder Nieren, erheblich reduziert.Diese Erkenntnisse haben injüngster Zeit dazu geführt, dassPDGF-Antikörper bei Patientenmit Nierenerkrankungen getes-tet werden. Eine erste klinischeStudie mit dem PDGF-Antikör-per verlief erfolgreich.

www.ukaachen.de/content/folder/1844206

Autoren:Univ.-Prof. Dr.med. JürgenFloege ist Sprecher des Sonder-forschungsbereichs 542 „Mole-kulare Mechanismen Zytokin-gesteuerter Entzündungspro-zesse: Signaltransduktion undpathophysiologische Konse-quenzen“ und Leiter der Medizinischen Klinik II. Prof.Dr.rer.nat. Gerhard Müller-Newen ist Sekretär des Sonder-forschungsbereichs 542 undMitarbeiter im Institut für Bio-chemie. Univ.-Prof. Dr.rer.nat. Peter C. Heinrich ist Stellvertre-tender Sprecher des Sonderfor-schungsbereichs 542 und Leiterdes Instituts für Biochemie.

THEMEN

SONDER-FORSCHUNGS-BEREICHE

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Bild 2: EntzündungsförderndeZytokine werden mit Rezeptor-Fusionproteinen eingefangen.(A) Der Interleukin-6-Rezeptorin der Zellmembran besteht auszwei verschiedenen Teilen,gp130 (blau) und IL-6R (grün),die das Zytokin Interleukin-6

n chronischer Entzündungen: r Mediziner und Biochemiker

(IL-6, orange) an der Zell-oberfläche binden. Nach der Zy-tokinbindung löst der Rezeptorim Zytoplasma eine Signalkas-kade aus (angedeutet durch dengelben Stern), die entzündlicheVorgänge vorantreibt.

(B) Im Rahmen des Sonderfor-schungsbereichs 542 wurdenFusionproteine entwickelt, indenen die Zytokin-bindendenAbschnitte des IL-6-Rezeptors(dunkler eingefärbte Bereiche)durch einen so genannten Lin-ker (rote Linie) miteinander

verbunden sind. Diese löslichenProteine können IL-6 einfangenund somit die Bindung des Zy-tokins an den membranständi-gen Rezeptor verhindern. Aufdiese Weise wird die entzündli-che Wirkung von IL-6 unter-drückt.

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Bild 3: Wissenschaftler der Me-dizinische Klinik II – Nephro-logie und Klinische Immunolo-gie – suchen nach Proteinen,die sich als neue Therapie-An-griffspunkte bei chronischenNierenerkrankungen eignenkönnten. Die Abbildung zeigtdie Beladung eines „Fluore-

scene 2-D Difference Gel Electrophoresis”(DIGE)-Gelszur zweidimensionalenAuftrennung und späteren Identifizierung von einzelnenProteinen aus komplexenProteingemischen.Foto: Peter Winandy

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André Bardow, Georg Dietze, Reinhold Kneer, Viacheslav Lel,

Wolfgang Marquardt, Claas Michalik

den Ball im Netz und wollendaraus bestimmen, von wo wiegeschossen wurde – und am bes-ten auch von wem.“ Bei dieserForm der Problemstellung gehtman also rückwärts in der Kausa-litätskette und berechnet die Ur-sache für eine beobachtete Aus-wirkung, was um ein Vielfachesschwieriger ist, als die Betrach-tung des direkten Problems.

Die inversen Probleme spie-len dabei in den vier großenThemengebieten des Sonderfor-schungsbereichs eine zentraleRolle. So werden in einem For-schungsschwerpunkt Grundla-gen des diffusiven Stofftrans-ports, der auch in einem ablau-fenden Flüssigkeitsfilm einewichtige Rolle spielt, erforscht.Ein weiterer Themenkomplex istmit dem Titel Tropfen über-schrieben. Hier werden Phä-nomene an einzelnen Tropfenuntersucht, die in einer anderen

Flüssigkeit in der Schwebe ge-halten werden. Aus der Überla-gerung von mehr als 30.000 mitmodernster Messtechnik ge-wonnener Bilder können Strö-mungszustände, Wärme- undStofftransport im Tropfen detail-liert rekonstruiert werden. Wiein den anderen Bereichen istauch dabei die enge Verzah-nung von Messtechnik, Model-lierung und Optimierung mit ei-ner hoch effizienten NumerikVoraussetzung für überzeugen-de Ergebnisse. Im dritten For-schungsbereich kommt zu Stoff-und Wärmetransport noch diechemische Reaktion als weitereskinetisches Phänomen hinzu.Zentrales Ziel ist hier das kom-plexe Wechselspiel von Trans-port und Reaktion, wie es dasVerhalten von mehrphasigenReaktionssystemen in nahezu al-len verfahrenstechnischen Appa-raten bestimmt, zu beleuchten.

Der vierte Themenbereich be-schäftigt sich mit der Erforschungder schon angesprochenen ab-laufenden Flüssigkeitsfilme.

Um mit Hilfe dieser so ge-nannten Fallfilme zum Beispieldie oben genannten Fruchtsaft-konzentrate möglichst kosten-günstig, mit guten Geschmacks-eigenschaften und hohen Vita-minkonzentrationen zu erzeu-gen, wird die gesamte Expertisebenötigt: Wissenschaftler vomLehrstuhl für Wärme- und Stoff-übertragung können die Ge-schwindigkeits- und Tempera-turverteilung in Filmen nume-risch simulieren, siehe Bild 2,und mit örtlich und zeitlichhochaufgelösten Messdatenvergleichen. Am Institut für Ver-fahrenstechnik wird die Konzen-trationsverteilung unterschiedli-cher Komponenten gemessen.Mitarbeiter des Lehrstuhls fürNumerische Mathematik unddes Lehrstuhls für Hochleis-tungsrechnen helfen bei der Lö-sung der mathematischen Mo-delle der Ingenieure mit numeri-schen Algorithmen. Durch denLehrstuhl für Prozesstechnikwerden systemwissenschaftlicheMethoden zur Optimierung desintegrierten Forschungsprozes-ses beigetragen.

„Nur die interdisziplinäre Zu-sammenarbeit zwischen Verfah-renstechnikern, Messtechnikern,Mathematikern und Informati-kern bringt uns bei vielen Fra-gestellungen weiter. Vor allem,wenn man an seine fachlichenGrenzen stößt, können die Kol-legen der anderen Institute oftmit wichtigem Hintergrundwis-sen helfen oder eröffnen durchihre Sichtweise neue Lösungs-strategien“, beschreibt ClaasMichalik die Arbeit im Sonder-forschungsbereich.

So erlaubt die fachübergrei-fende Kooperation bereits gänz-lich neue Einblicke in das Ver-ständnis von Fallfilmen. Wäh-rend eigentlich die Vorgänge imFlüssigkeitsfilm von Interessesind, liefern klassische Messtech-niken nur Informationen zurTemperatur auf der Rückwanddes Aufbaus. Die Experimenta-toren schauen sprichwörtlich„vor die Wand“. Die numeri-schen Mathematiker entwickelndaher ein detailliertes dreidimen-

Dem Geheimnis des Orangensafts

S„Schmeckt wie frisch gepresst –ist aber aus Konzentrat “ – sopries die Werbung lange einenOrangensaft an. Die wenigstenVerbraucher werden sich beimKauf Gedanken machen, wieaus Fruchtsaft eigentlich Kon-zentrat wird. Eine Frage, dieClaas Michalik beantwortenkann. „Auf einer großen Ober-fläche, die von der Rückseite herbeheizt wird, fließt ein dünnerFlüssigkeitsfilm herunter. Wenndiese Schicht zum Beispiel ausFruchtsaft besteht, verdampftauf der Strecke das enthalteneWasser und man gewinnt Kon-zentrat. Dabei muss die Tempe-ratur genau kontrolliert werden,um Vitamine und andere wert-volle Inhaltsstoffe nicht zu zer-stören“, erklärt der Verfahrens-techniker vom Lehrstuhl für Pro-zesstechnik.

Aufgabe der Wissenschaftlerist es, genaue Modelle für sol-che Abläufe zu erstellen. Mitdem so gewonnenen grundle-genden Verständnis könnenProduktionsschritte analysiert,der Einfluss von Betriebsbedin-gungen untersucht und schließ-lich die Herstellung effektivergestaltet werden. Zu dem The-menkanon des Sonderfor-schungsbereichs 540 „Modell-gestützte experimentelle Analy-se kinetischer Phänomene inmehrphasigen Reaktionssyste-men“ gehören beispielsweiseauch chemische und biotechno-logische Verfahren, die unteranderem für die Herstellung vonPharmaprodukten oder für dieReinigung von Kraftwerksabga-sen gebraucht werden. Die in-terdisziplinäre Forschung hat da-bei neben grundlegenden Fra-gestellungen auch stets den An-wendungsbezug im Blick. Daseng verzahnte Wechselspiel vonmoderner Messtechnik, mathe-matischer Modellierung undOptimierung, siehe Bild 1, istwesentliches Kennzeichen allerArbeiten.

Im Kern der Betrachtungenstehen dabei so genannte inver-se Probleme. André Bardow er-klärt diese am einfachen Beispieleines Fußballs: „Die Berechnungder Flugbahn des Balles bei ge-gebenen Abschussbedingungenist das direkte Problem; beim in-versen Problem sehen wir nur

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Bild 1: Integration unterschiedlicher Techniken im Sonderforschungsbereich 540.

Modellgestützte Analysekomplexer Prozesse in der Verfahrenstechnik

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gemeinsam auf der Spur

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Bild 2: Ergebnisse der numeri-schen Simulation des Wärme-transportes in Fallfilmen mit unterschiedlichen Stoffeigen-schaften; die Farbkodierung

Bild 3: Die Infrarot-thermografie, einesvon mehreren imSonderforschungsbe-reich angewandtenMessverfahren, hilftbei der Beantwortunggrundlegender Fragen.Die Farbkodierunggibt den örtlich ver-änderlichen Tempera-turverlauf an: blau – niedrige Temperaturen, rot – höherer Temperaturen.

gibt den örtlich veränderlichen Temperaturverlauf an; Blau –niedrige Temperaturen, rot –höhere Temperatur.

sionales Modell des Ver-suchsaufbaus, die Prozesstechni-ker stellten dann neue Optimie-rungsmethoden bereit, so dassjetzt die Vorgänge im Film selbstrekonstruiert werden können.„Durch die Hilfe unser Kollegenkönnen wir jetzt praktisch durchdie Wand gucken”, freuen sichdie Messtechniker über die er-folgreiche Zusammenarbeit.

Mittlerweile kann der ganzeFallfilm durchleuchtet werden.Die Untersuchungen helfen sobei der Beantwortung von Fra-gen, die Verfahrenstechnikerschon seit Langem interessieren.Wie in Bild 3 zu sehen ist, zeich-nen sich Fallfilme durch die Aus-bildung von Oberflächenwellenaus, welche durch eine Schichtsehr geringer Dicke getrenntsind. Stromab jeder Wellenfrontsind so genannte Kapillarwellenmit geringer Amplitude zu un-terscheiden. Diese wesentlichen,charakteristischen Phänomenedefinieren in unterschiedlichemMaße die Transportvorgänge inFallfilmen.

Aus der Praxis ist bekannt,dass die Prozesse der Wärme-und Stoffübertragung zwischendem Fallfilm und der begrenzen-den Wand beziehungsweise der

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umgebenden Gasphase durchdie Ausbildung von Ober-flächenwellen maßgeblich inten-siviert werden. Eine Fragestel-lung ist die Aufklärung der do-minierenden physikalischen Ur-sache dieses Verhaltens. Eingrundsätzliches Verständnis derZusammenhänge ist dabei fürdie Auslegung verfahrenstechni-scher Anlagen von zunehmen-der Bedeutung. So führen diegünstigen Bedingungen für denTransport in Fallfilmen zu we-sentlich reduzierten Anlagen-größen und damit zu einemsparsamen Umgang mit Energieund Rohstoffen.

Eine weitere Beobachtungaus der Praxis ist die Entste-hung trockener Flecken auf derHeizfläche. An diesen trockenenStellen steigt die Temperatur inkurzer Zeit deutlich über Wertein den flüssigkeitsbenetzten Be-reichen. In verfahrenstechni-schen Prozessen unter Einsatztemperaturempfindlicher Sub-stanzen, wie zum Beispiel dieoben genannte Aufkonzentrie-rung von Fruchtsäften, kanndieses Verhalten zur Schädigungbis hin zur Zerstörung der In-haltsstoffe oder gar der Heiz-fläche und damit der Anlageselbst führen. Aufgabe ist es,diese technisch relevanten Phä-nomene aufzuklären, um grund-legendes Verständnis zu schaf-fen, das die Entwicklung mathe-matischer Modelle erlaubt, diefür die genaue Auslegung derAnlage benötigt werden. Hierzuwerden sowohl numerische alsauch experimentelle Methodeneingesetzt, die der Anforderunghoher zeitlicher und örtlicherAuflösung gerecht werden.

Zur experimentellen Bestim-mung des Temperaturfeldes in-nerhalb der Filmströmung wer-den temperaturempfindlichePartikel verwendet, die in derFlüssigkeit verteilt werden. Diesestreuen einfallendes weißes Lichtin Abhängigkeit der lokalenTemperatur selektiv, so dass ausder resultierenden Farbvertei-lung auf die Temperaturvertei-lung in der Flüssigkeit geschlos-sen werden kann, siehe Bild 4.Zur Messung der Temperatur-verteilung auf der Filmober-fläche wird eine Infrarotkameraverwendet. Hiermit kann der

Entstehungsprozess für trockeneFlecken auf der Heizfläche un-tersucht werden, wie Bild 3 illus-triert. Zu sehen sind gleichmäßi-ge Längsstrukturen, die im Be-reich der dünnen Schicht zwi-schen zwei Oberflächenwellenentstehen und zum Aufreißendes Films führen. Wie ein engli-sches Sprichwort besagt: „thethread breaks where it is theweakest“.

Dieses Prinzip gilt auch fürdie Arbeit im Sonderforschungs-

bereich selbst, denn nur das ab-gestimmte Zusammenwirkenvon Messtechnik, Modellierungund Optimierung erlaubt dieAufklärung der für Ingenieurewichtigen Phänomene und sorgtdamit für verbesserte Herstell-ungsverfahren. Eine besondereBedeutung kommt dabei auchdem Einsatz moderner Compu-tertechnologie zu, die es in zu-nehmendem Maße erlaubt, auchkomplexe Vorgänge nachzubil-den. Voraussetzung ist auch hier

eine enge Vernetzung zur Ma-thematik, Modellierung und Op-timierung. Im Sonderforschungs-bereich existiert der Fruchtsaftvon übermorgen also vielleichtschon morgen im Computer.

www.sfb540.rwth-aachen.de

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Autoren:Univ.-Prof. Dr.-Ing. WolfgangMarquardt ist Sprecher des Son-derforschungsbereichs 540„Modellgestützte experimentelleAnalyse kinetischer Phänomenein mehrphasigen Reaktionssyste-men“ und Inhaber des Lehr-stuhls für Prozesstechnik. Dr.-Ing. André Bardow und Dipl.-Ing. Claas Michalik sind Wissen-schaftliche Mitarbeiter am Lehr-stuhl für Prozesstechnik.

Univ.-Prof. Dr.-Ing. ReinholdKneer ist Inhaber des Lehrstuhlsfür Wärme- und Stoffübertra-gung. Dipl.-Ing. Georg Dietzeund M.Sc. Viacheslav Lel sind Wissenschaftliche Mitarbeiteram Lehrstuhl für Wärme- und Stoffübertragung.

Bild 4: Aufbau zur Messungder Temperaturverteilung inFluiden mit thermotropenFlüssigkristallen.Foto: Peter Winandy

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SONDER-FORSCHUNGS-BEREICHE

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Josef Hegger, Norbert Will

Das Tragverhalten textilbe-wehrter Bauteile wird im Son-derforschungsbereich durch Va-riation der textilen Bewehrunghinsichtlich Material, Menge,Orientierung, Aufbau, Beschich-tung und der Feinbetone an Bie-ge- und Dehnkörpern syste-matisch untersucht. Da in vie-len Bauteilen Abweichungenzwischen Bewehrungs- undKraftrichtung auftreten, sindUntersuchungen zu den Aus-wirkungen mehrdimensionalerSpannungszustände auf dieTragfähigkeit ein weiterer zen-traler Aspekt. Detaillierte Dar-stellungen der nationalen undinternationalen Untersuchungensind in [1] und [2] zu finden.

Nach den bisherigen Ergebnis-sen kann anders als bei einerBetonstahlbewehrung die Zug-festigkeit der Textilien im Ver-bundwerkstoff Textilbeton nichtimmer ausgenutzt werden. Ur-sachen hierfür sind Schädigun-gen des Fasermaterials infolgetextiler Fertigungsprozesse, dieVerbundeigenschaften der Fa-serbündel im Beton, die Be-wehrungsausrichtung und dieOberflächenbeschaffenheit derFasern. Die Forschungsergeb-nisse zeigen, dass die Trag-fähigkeit vor allem durch dieWechselwirkung zwischen in-nerem und äußerem Verbundder Filamentgarne bestimmtwird. Der direkte Kontakt der

Filamente mit der Betonmatrixliefert einerseits hohe Verbund-festigkeiten und ist andererseitsverantwortlich für die Schädi-gung der Filamente. Die her-vorragende Eignung von textil-bewehrtem Beton für die Reali-sierung von Gebäudefassadenund Tragkonstruktionen wurdein den letzten Jahren in einigenProjekten gezeigt, [1] und [2].

FassadenVorhangfassaden aus beton-stahlbewehrtem Sichtbeton sindübliche Bauteile im allgemeinen

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ICHEDDie Entwicklung des Verbund-

werkstoffes Textilbewehrter Be-ton ermöglicht ein neues archi-tektonisches Erscheinungsbilddes Baustoffs Beton. Häufig ge-stellte Anforderungen nachhochwertigen Sichtbetonober-flächen mit scharfkantigen Rän-dern lassen sich bei gleichzeiti-ger Schlankheit und Leichtigkeitrealisieren. Zur architektoni-schen und ingenieurmäßigenAnwendung sind Grundlagenim Bereich der Auswahl undHerstellung der Ausgangsmate-rialien, der mechanischen Mo-dellierung des Verbundwerk-stoffes, der Dauerhaftigkeit so-wie der Herstelltechnik erfor-derlich. Die hierzu notwendigenForschungsarbeiten werden seitJuli 1999 maßgeblich durch denSonderforschungsbereich 532„Textilbewehrter Beton – Grund-lagen für die Entwicklung einerneuartigen Technologie“ ge-stützt.

Technologische Grundlagen Textilbewehrter Beton bestehtaus einem hochfesten Feinbe-ton mit einem Größtkorndurch-messer von etwa einem Millime-ter und einer Bewehrung austechnischen Textilien siehe Bild1.Seine Entwicklung baut aufdem Glasfaserbeton mit demZiel auf, den Wirkungsgrad dereingelegten Fasern zu steigern.

Die Textilien werden aus al-kaliresistentem Glas, Carbonoder synthetischen Kunststof-fen hergestellt. Hunderte odertausende Einzelfilamente mit ei-nem Durchmesser von zehn bis30 Mikrometer werden zu ei-nem Filamentgarn, dem so ge-nannten Roving, zusammenge-fasst. Diese Rovings werden zuflächigen oder dreidimensiona-len Strukturen siehe Bild 2 ver-arbeitet, die eine optimale Aus-richtung und Anordnung derFasern im Bauteil entsprechendder Zugbeanspruchung ermög-lichen. Hieraus ergeben sich ge-genüber Kurzfaserbeton höhereTragfähigkeiten bei gleichemFasergehalt. Da die eingesetz-ten Fasern im Gegensatz zurBetonstahlbewehrung keine Be-tondeckung zur Sicherstellungdes Korrosionsschutzes benöti-gen, ist die Herstellung sehrschlanker Bauteile möglich.

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Textilbewehrter Beton Bild 1: Textilbewehrtes Betonelement und Glasfasertextil.

Bild 2: Dreidimensionale textile Bewehrung als Abstandsgewirk.

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stalterischen Umgang mit demneuen Material gewonnen wer-den. Durch die Ausbildung vonoffenen Fugen prägen dieScharfkantigkeit der Elementeund das Fugenbild die Gestaltder Fassade. An den Gebäu-deecken werden durch denRücksprung der benachbartenAluminiumblechverkleidung dieKopfseiten der Fassadentafelnsichtbar und so ein eleganterÜbergang zur Glasfassade ge-schaffen.

RautenfachwerkDie Verwendung rautenförmi-ger Gitterstrukturen zur Her-stellung von Bogentragwerkenstellt ein effizientes und be-

Hochbau, haben aber bei Ar-chitekten, Bauherren und Be-völkerung wegen der Ober-flächengestalt, der notwendi-gen Plattendicken sowie denfür die heute üblichen Wärme-dämmungen erforderlichen auf-wändigen Edelstahlankersyste-men an Akzeptanz verloren.Der Einsatz von textilbewehr-tem Beton ermöglicht bei Plat-tendicken von weniger als 25Millimetern extrem leichte undschlanke Konstruktionen, diemit herkömmlichen Befesti-gungsmitteln befestigt werdenkönnen. Weiterhin sind glatteOberflächen und scharfkantigeProfilierungen und Fugen reali-sierbar, die zu einem neuen Er-

scheinungsbild von Beton-flächen führen. Eine erste An-wendung von Textilbeton alshinterlüftete Gebäudefassadeerfolgte bei der Erweiterung derVersuchshalle des Instituts fürMassivbau der RWTH Aachen.Dabei handelt es sich um eineFassade, die vor eine Tragkon-struktion gehängt wird. Zwi-schen der Tragkonstruktion undder Fassade wird die Wärme-dämmung und eine Luftschichtangeordnet. Die Gesamtfassa-denfläche von 240 Quadratme-tern besteht aus Einzelelemen-ten mit Sichtbetonoberfläche,siehe Bild 3.

Im Projekt konnten erste Er-fahrungen im konstruktiv-ge-

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SONDER-FORSCHUNGS-BEREICHE

Von der Idee zur Anwendung

Bild 3: Vorhangfassade zur Erweiterung der Versuchshalle des Instituts für Massivbau der RWTH Aachen.

währtes Konstruktionsprinzipim Hallenbau dar. Im Zuge derBauteilentwicklung wurdenMöglichkeiten für den Einsatzvon Textilbeton in diesen Trag-werken untersucht. Bild 4 zeigtden Prototyp eines Rautenfach-werkes aus diagonal kreuzen-den Bogenscharen. Das Fach-werk im Bild 4 setzt sich aus 36rautenförmigen Grundelemen-ten mit Außenabmessungenvon 1000 mal 600 mal 160Millimeter, einer Wandstärkevon 25 Millimetern und einemGewicht von etwa 23 Kilo-gramm zusammen. DurchKopplung der Rauten an denabgeschrägten Schmalseitenwird die Bogenform als Poly-

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gonzug angenähert. DurchWahl eines anderen Winkelslassen sich beliebige andere Bo-gengeometrien erzeugen.

SandwichbauteileSandwichbauteile bilden eineMischform aus Fassade undTragwerk. Als integrale Wand-bauteile erfüllen sie gleichzeitigdie aktuellen bauphysikalischenAnforderungen zur Energieein-sparung und lastabtragendeFunktionen. Sie sind damit so-wohl im kostengünstigen Woh-nungsbau als auch bei Indus-triebauten einsetzbar. Erste Ent-wurfs- und Konstruktionsstudi-en zeigen diese Einsatzmöglich-keiten am Beispiel eines zwei-geschossigen Systemhauses inBild 5. In Bauteilversuchenkonnte die ausreichende Trag-fähigkeit von Sandwichelemen-ten, die aus einem 14 Zentime-ter dicken PUR-Hartschaum-kern und 1,5 Zentimeterdicken Deckschichten aus Tex-tilbeton bestehen, nachgewie-sen werden. Die Umsetzung ineinem Prototyp für das System-haus soll im Jahr 2007 erfolgen.

Die Beispiele verdeutlichen,dass bereits heute materialge-rechte Anwendungen für denneuen Baustoff existieren. Ein-fache Verbindungstechniken,komplex formbare Textilien undstatische Bemessungsmodellebilden die Grundlagen zur Ent-wicklung von Strukturen, beidenen die konstruktiven undgestalterischen Eigenschaftendes neuen Werkstoffes wie

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Bild 4: Prototyp und Detailausschnitt des Rautenfachwerks.

Bild 5: Ein Systemhaus aus Textilbeton-Sandwichelementen(oben, Animation des Lehrstuhlsfür Baukonstruktion 2), undAusbau eines Sandwichelements(unten).

sind die Bauindustrie und ins-besondere die Hersteller vonFertigteilen und Bauproduktenaufgerufen, neue Wege zu be-schreiten und sich aktiv an derEntwicklung zu beteiligen.

http://sfb532.rwth-aachen.de

Autoren:Univ.-Prof. Dr.-Ing. Josef Hegger ist Sprecher des Sonderforschungsbereichs 532„Textilbewehrter Beton – Grund-lagen für die Entwicklung einerneuartigen Technologie“ undLeiter des Instituts für Massiv-bau. Dr.-Ing. Norbert Will istOberingenieur am Institut fürMassivbau.

Literatur:[1] Brameshuber, W. (Editor): Textile Reinforced Concrete.State-of-the-Art Report of RILEM Technical Committee201-TRC. RILEM Report 36, RILEM Publications, Bagneux, France, 2006.

[2] Hegger, J.; Brameshuber,W.; Will, N. (Editors): TextileReinforced Concrete. Procee-dings of the 1st InternationalRILEM Symposium (ICTRC), Aachen, 05.-07.09.2006, RILEM Proceedings 50,RILEM Publications, Bagneux, France, 2006.

Bauteilschlankheit, scharfkanti-ges Erscheinungsbild und her-vorragende Betonoberflächenzum Tragen kommen. In Kom-bination mit der Herstellung alsFertigteil und der damit einher-gehenden einfachen Montageund Demontage von Bauwer-ken werden auch die Forderun-gen nach einer nachhaltigenBauweise erfüllt. Ziel der lau-fenden Untersuchungen ist es,die Zugtragfähigkeit zu er-höhen und in Sicherheitskon-zepte eingebundene Nachweis-modelle für die Tragfähigkeit,Gebrauchstauglichkeit undDauerhaftigkeit bereit zu stel-len. Erheblicher Entwicklungs-bedarf besteht noch bei denHerstellungstechniken. Hier

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Bild 6: Am Institut fürMassivbau werdenTextilbetonbauteile unterverschiedenen Belastungs-situationen untersucht.Foto: Peter Winandy

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Zukunft in Aluminium

In jahrelanger Erfahrung haben wir uns auf die Produktion von hoch-wertigem Aluminium-Halbzeugspezialisiert. Wir sind der einzige deutsche Hersteller von Aluminium-platten für die internationale Luft- und Raumfahrtindustrie.

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Dieter Bohn

die die Belastungsgrenzen dereingesetzten Werkstoffe errei-chen oder gar überschreiten, sodass ein sicherer und langlebi-ger Betrieb bei hoher Verfüg-barkeit der Anlagen nur überkomplexe Kühlverfahren, an-spruchsvolle Konstruktionenund Revisionsvorschriften mög-lich wird.

Die zur Erzielung eines Ge-samtwirkungsgrads von 65 Pro-zent erforderlichen hohen Pro-zesstemperaturen können nurdurch die Entwicklung von neu-en Werkstofflösungen, einschließ-lich Wärmedämmschichten, inKombination mit verbessertenKühlkonzepten beherrscht wer-den. Für die Gasturbine bedeu-tet das die Verwirklichung ef-fektiverer Kühltechnologien,wie zum Beispiel der Effusions-kühlung für die Brennkammerund für die Beschaufelung.Im Sonderforschungsbereichsollen deshalb die aero-thermo-mechanischen, strukturmecha-nischen, werkstoffkundlichenund fertigungstechnischenGrundlagen für hochbelasteteKomponenten von ressourcen-schonenden und umwelt-freundlichen Kombikraftwerkender übernächsten Generationgeschaffen werden. Die Ent-wicklungsschritte der erforderli-chen neuen Technologien fürein zukünftiges Kombikraftwerk

mit einem Wirkungsgrad von65 Prozent wurden für diesenSonderforschungsbereich be-reits frühzeitig projektiert. DieZiele können dabei nur durcheinen interdisziplinären Ver-bund verschiedener Institutemit jeweils speziellen Fachkom-petenzen erreicht werden, sieheBild 1. Über die mit allen Teil-projekten verbundene Prozess-analyse wird darüber hinausgewährleistet, dass die in einemProjektbereich erzielten Ergeb-nisse dem gesamten Sonderfor-schungsbereich zur Verfügunggestellt und somit Synergieef-fekte systematisch genutzt wer-den können.

Grundsätzlich wird die Wir-kungsgradsteigerung für denGesamtprozess durch Erhöhungder Differenz zwischen der ma-ximalen und der minimalenProzesstemperatur erreicht. Da-her wird eine Steigerung derTurbineneintrittstemperaturenals Beitrag zur Wirkungsgrad-verbesserung angestrebt, sieheBild 2. Mit dem Einsatz vonWärmedämmschichten auf Ke-ramikbasis wäre zwar ein Anhe-ben der Gasturbineneintritts-temperatur um 150 Grad Celsiusprinzipiell möglich, doch kanndieses Potenzial heute nochnicht genutzt werden, weil dieLebensdauer dieser Schichtennoch nicht reproduzierbar

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ICHEDDie Schonung der natürlichen

Brennstoffressourcen und dieReduzierung der Emission um-weltschädlicher Gase sind dietreibenden Kräfte zur Verbesse-rung der thermischen Wir-kungsgrade zukünftiger undneuer Kraftwerke. Die wirt-schaftliche und umweltfreundli-che Produktion von elektrischerEnergie ist eine der grundsätzli-chen technologischen Heraus-forderungen, deren Lösungnachhaltig über den Lebens-standard und das Wohlergehender Menschheit in der moder-nen Welt entscheidet. Die Her-ausforderung an die Energiewirt-schaft des beginnenden 21.Jahrhunderts wird aber sein, so-wohl den Forderungen nachhöherer Effizienz nachzukom-men als auch die zu erwarten-den strengen Umweltauflagenzu erfüllen und dennoch Ga-rantien für den Anlagenwir-kungsgrad wie auch für dieVerfügbarkeit bei reduziertenBetriebskosten zu übernehmen.Daher sind angewandte Grund-lagenarbeiten bei der univer-sitären Forschung von Nöten. Der Sonderforschungsbereich561 „Thermisch hochbelastete,offenporige und gekühlteMehrschichtsysteme für Kombi-kraftwerke“ hat sich zum Zielgesetzt, die heutigen techni-schen und wissenschaftlichenErkenntnisse zu erweitern undneue wissenschaftliche Grund-lagen zu schaffen, um in einemKombikraftwerk der Zukunftetwa ab dem Jahr 2025 Ge-samtwirkungsgrade von 65Prozent zu erreichen. Durch dieSteigerung der Effizienz vonKraftwerken, nicht nur von ein-zelnen Komponenten sondernim Zusammenspiel aller Kom-ponenten, kann ein wesentli-cher Beitrag zur Schonung derBrennstoffressourcen und Emis-sionsreduktion geleistet wer-den. Heute können modernekombinierte Gas- und Dampf-turbinen Kraftwerke bei Feue-rung mit Erdgas Gesamtwir-kungsgrade von 58 Prozent er-reichen. Dabei werden mit Ein-trittstemperaturen von etwa1230 Grad Celsius in Gasturbi-nen und maximal 600 GradCelsius in Dampfturbinen be-reits Fluidtemperaturen erreicht,

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quantifiziert werden kann. Nurdurch die Kombination von Ef-fusions- beziehungsweise Tran-spirationskühlung mit Wärme-dämmmaßnahmen wird sichdie angestrebte Wirkungsgra-derhöhung realisieren lassen.

Zur Erreichung des ange-strebten Wirkungsgrades müs-sen zusätzlich für die Dampf-turbine Ausführungsprinzipienzur Beherrschung der Frisch-dampftemperaturen von rund700 Grad Celsius mit höchstenDrücken gefunden werden. Da-bei müssen Kühlmöglichkeitenfür das Gehäuse der Hochtem-peratur-Dampfturbinen erarbei-tet werden. Zur Vermeidungdes Einsatzes von Nickel-Basis-Legierungen, der mit ferti-gungstechnischen Problemenund sehr hohen Kosten verbun-den wäre, wird schwerpunkt-mäßig an der Realisierunggekühlter Strukturen aus ferriti-schen Werkstoffen gearbeitet.Ein weiterer Schritt zur Steige-rung des Gesamtwirkungsgra-des ist die Reduktion der Verlus-te beim Entwässerungsvorgangdes Sattdampfes am Ende desExpansionsvorganges in derNiederdruck-Dampfturbine. ZurVermeidung von erosiven Schä-digungen durch auskondensier-

Bild 1: Kompetenz der RWTH Aachen.

Kühltechnologie für die Gasturbine

Forschung für das

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THEMEN

SONDER-FORSCHUNGS-BEREICHE

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te Wassertropfen soll durch einflächiges Absaugen des Was-sers über Schäume der Anteilder Tropfen in der Strömungreduziert werden. Durch diegegenüber den heutigenSchlitzabsaugungen glättereOberfläche werden die Strö-mungsverluste reduziert unddamit eine weitere Wirkungs-

Bild 2: Umsetzung derVision des Sonderfor-schungsbereichs 561 in technologisch logischeSchritte.

Bild 3: WissenschaftlicheReduzierung der techno-logischen Herausforderungenauf Modelle.

gradsteigerung erzielt. In Bild 3ist der prinzipielle Aufbau vonoffenporigen Strukturen undderen Einsatzmöglichkeiten imKraftwerk dargestellt. Denschematischen Aufbau einer ef-fusions-/transpirationsgekühl-ten Gasturbinenwandung zeigtBild 3, oben. Der Strukturwerk-stoff führt über ein Kammersys-

tem das Kühlfluid einer offen-porösen Zwischenschicht zu dievor direktem Heißgaskontaktdurch eine permeable Wärme-dämmschicht geschützt ist. Aufder Heißgasseite tritt das Kühl-fluid flächig aus, so dass sichein kontinuierlicher Kühlfilmausbildet. Die Außenhaut einerzukünftigen Gasturbinenschau-

Kombikraftwerk der Zukunft

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die Kühldampf geleitet wird,der das Bauteil konvektiv kühlt.Durch die Gewebelage wird dieTurbulenz innerhalb der Struk-tur und dadurch der Wärmeü-bergang in der Hohlstruktur er-höht, so dass eine effektivereKühlwirkung erzielt wird.

Für die Gasturbinenlauf-

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fel kann nach dem gleichenPrinzip wie die Brennkammer-wand aufgebaut werden. ZurAbsaugung des auskondensie-renden Wassers in der Nieder-druck-Dampfturbine soll eben-falls ein Kammersystem reali-siert werden. Hierbei wird dasPrinzip der Kühlung umgekehrt

und das Wasser durch dieporöse Schicht in die Kammerngeleitet, siehe Bild 3, rechts unten.Die grundsätzliche Methodikder offenporigen Strukturen sollim Hochtemperaturbereich derDampfturbinen durch Gewebe-strukturen realisiert werden,siehe Bild 3, links unten, durch

Bild 4a: Ergebnisse des Sonder-forschungsbereichs 561 im Be-reich Herstellung und Prüfungneuer Werkstoffe.

Bild 4b: Ergebnisse des Sonder-forschungsbereichs 561 im Be-reich Modellierung der aerother-momechanischen Phänomene.

Page 25: RWTH-Themen Sonderheft 2007

schaufel wird unter alleinigerVerwendung poröser Materiali-en keine ausreichende Zeit-standfestigkeit zu erzielen sein.Daher wird für dieses Bauteilein Konzept verfolgt, das einefaserverstärkte NiAl-Legierungals lasttragenden Kern derSchaufel vorsieht, der von ei-nem NiAl-Mantel umschlossenwird, der das äußere Profil derSchaufel bildet. Der Mantelwird durch eine Wärmedämm-schicht geschützt und mit Bohr-lochfeldern versehen sein. Auf dem Wege zur Realisierungder flächigen Bauteilkühlungund der flächigen Wasserab-saugung sind in einem erstenSchritt die Fertigungstechnolo-gien für die offenporösenWerkstoffe zu entwickeln. Un-ter anderem wurden hierzu bis-lang folgende Erfolge erzielt,siehe Bild 4a:

Zur Herstellung von offen-porösen Strukturen für Brenn-kammerauskleidungen wurdedas SchlickerReaktions-SchaumSinter-Verfahren ent-wickelt. Bei diesem Verfahrenbilden sich in dem Schaumgrößere Primärporen, die durchkleinere Sekundärporen mitein-ander verbunden sind.

Zur Herstellung von Kühl-bohrungen in Mehrschichtsys-temen, bestehend aus einemSubstrat, einer Bindeschichtund einer keramischen Wärme-dämmschicht, wird ein Laser-bohrverfahren eingesetzt, beidem das Austreiben derSchmelze über den Bohrungs-eintritt erfolgt.

Für den lasttragenden Kerneiner zukünftigen Gasturbinen-

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SONDER-FORSCHUNGS-BEREICHE

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schaufel wurde ein Konzeptund ein Herstellverfahren zurEinbindung von Keramikfasernin eine NiAl-Matrix entwickelt.

Auf dem Gebiet der Fein-gusstechnologie zur Herstellungvon Gasturbinenkomponentenaus neuen Werkstoffen undWerkstoffverbunden wurdenumfassende Ansätze zur Ent-wicklung neuer Formschalenke-ramiken und adäquater Kern-materialien umgesetzt und aufdie Herstellung von Probenma-terial angewendet.

Die detaillierte Bestimmungder mechanischen Eigenschaf-ten ist eine notwendige Voraus-setzung für die realitätsnaheModellierung der offenporigenStrukturen. Somit können Mo-delle entwickelt werden, mitderen Hilfe unter anderem:

die Interaktion von Außen-und Kühlluftströmung,

die mechanischen Belastungen verschweißter Gitterbleche,

die kombinierte Berechnung von Strömung und Festkörper sowie

die äquivalenten Werkstoff-eigenschaften gekühlter offenporiger Strukturen unter Verwendung der experi-mentell bestimmten Werkstof-feigenschaften detailliert unter-sucht werden können, sieheBild 4b. Durch die gezielte Kon-turierung und die geometrischeAnordnung von geneigtenKühlbohrungen wird auf derBauteiloberfläche ein homoge-ner Kühlfilm erreicht, der die zukühlende Struktur vor demKontakt mit Heißgas schützt.Die jeweils erforderliche Kühl-luftmenge kann durch den Ver-

gleich mit der aus Prozessrech-nungsdaten ermittelten not-wendigen Kühleffektivität be-stimmt werden.

Da sich die RANS-Modellezwar durch eine hohe Rechen-geschwindigkeit auszeichnen,das Ergebnis jedoch in erhebli-chem Maße von der Wahl desTurbulenzmodells abhängig ist,muss sichergestellt sein, dassdas verwendete Modell diephysikalischen Phänomene beider Interaktion von Heißgasund Kühlluftstrahl vollständigerfasst. Dazu wurden zusätzlichhochgenaue, aber deutlich re-chenintensivere LES-Untersu-chungen durchgeführt und dieErgebnisse beider Methodenmiteinander verglichen.

Für die Bewertung der er-reichbaren Wirkungsgradver-besserung durch die entwickel-ten Kühl- und Entwässerungs-technologien wurde als Basisdas Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerk Tapa-do-Outeiro inPortugal gewählt, das den heu-tigen Stand der Technik wieder-spiegelt. Auf Basis dieses Refe-renzkraftwerks wurde ein Mo-dell für die Prozessanalyse er-stellt, das derart detailliert ist,dass die Beiträge der einzelnenProjekte des Sonderforschungs-bereichs zur Steigerung des Ge-samtwirkungsgrades bewertetwerden können. Durch dieseBewertung der Ergebnisse wer-den der derzeitige Stand unddie notwendigen weiteren Fort-

Bild 5: Beitrag der Tech-nologien zur Entwicklung des Kraftwerk-Gesamt-wirkungsgrades.

schritte zum Erreichen des Zielseines Gesamtwirkungsgradesvon 65 Prozent bestimmt. Durch eine weitere Verbesse-rung der Technologien – insbe-sondere durch Einführung derGradierung – können die weite-ren Potenziale der neuen Kon-zepte noch erschlossen werden,so dass bei Reduktion der Kühl-fluidströme und Steigerung derzulässigen Materialtemperatu-ren ein Wirkungsgrad von 65Prozent erreicht werden kann,siehe Bild 5.

Im Bereich der Strömungs-mechanik, Werkstoffwissen-schaften und Fertigungstechnikzur Entwicklung thermisch hoch-belasteter offenporiger Kompo-nenten für ein Kombi-Kraftwerkder Zukunft wurden im Rahmendes Sonderforschungsbereichserhebliche Fortschritte erzielt.Durch die Umsetzung der ge-wonnenen Erkenntnisse ergibtsich für Kombi-Kraftwerke derZukunft somit ein Wirkungs-gradpotenzial um etwa zwölfProzent und ein CO2-Minde-rungspotenzial von etwa 15Prozent gegenüber dem heuti-gen Stand der Technik.

Autor:Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dieter Bohnist Sprecher des Sonderfor-schungsbereichs 561„Ther-misch hochbelastete, offenpori-ge und gekühlte Mehrschicht-systeme für Kombikraftwerke“und Leiter des Instituts fürDampf- und Gasturbinen.

Wirkungsgradsteigerung

1.Phase 2.Phase 3.Phase 4.Phase

Höhere Materialtemperaturen

Dampfturbinehöhere DampfparameterDampfkühlung

Gasturbinebessere Strömungsführung

Referenz-Kraftwerk

www.sfb561.rwth-aachen.de

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Hubertus Murrenhoff

Neue Beschichtungen und Schmierstoffe werden entwickeltZur Durchführung der For-schungsaufgaben sind Tribome-ter entwickelt worden, an de-nen hoch belastete Kontakteaus Maschinen nachgebildetwerden und anhand verein-fachter Modelluntersuchungenanalysiert und den Zielen fol-gend entwickelt werden kön-nen. Ein Beispiel ist der in Bild 1gezeigte Kolben einer Hoch-druck-Axialkolbenmaschine.Aufgrund der Querkraftbelas-tung am Kolben ist dieser hin-sichtlich seiner Mikro- und Ma-krogeometrie neu gestaltetworden, die konturierte Ober-fläche ist mit bloßem Augenicht zu erkennen und verlangthöchste Präzision in der Ferti-gung. In Bild 2 sind die Ergeb-nisse interdisziplinärer Forschungam Beispiel der Kolben-Buchsedargestellt. Im Prüfstand sowieim späteren Einsatz im Getriebewird ein biologisch schnell ab-baubares Schmiermittel undDruckübertragungsmedium ein-gesetzt, das von Wissenschaft-lern im Institut für Technischeund Makromolekulare Chemieentwickelt wurde. Zum Nach-weis der toxischen Unbedenk-lichkeit ist von den beteiligtenWissenschaftlern vom Institut fürHygiene und Umweltmedizin ei-ne Methodik entwickelt worden.

Ein wesentliches Ergebnis istin der Entwicklung gradierterKohlenstoffschichten zu sehen.Hier sind von den Materialwis-senschaftlern des Lehrstuhls fürOberflächentechnik im Maschi-nenbau neue Beschichtungensowie deren Applikationspro-zesse erforscht worden. Siewerden aus der Gasphase aufden Oberflächen abgeschieden,physikal vapor deposition, kurzPVD. Diese Schichten zeichnensich durch eine mit zunehmen-der Tiefe angepasste Härte aus.Ein Beispiel hierfür sind gradier-te Zirkonkarbidschichten, ZrCg.Der Index g steht für die Koh-lenstoffgradierung, mit der dasgewünschte Eigenschaftsprofilerzeugt wird. Man kann sichden Einlaufvorgang so vorstel-len, dass weiche Partikel vomGegenkörper auf den Grund-körper der im Kontakt stehen-

den Tribopartner übertragenwerden. Nach kurzer Einlaufzeitkommt dieser Verschleiß durchzunehmende Schichthärte zumErliegen und der gewünschteEffekt der Eigenschaftsübertra-gung von Additiv-Eigenschaf-ten direkt in die Oberfläche desTribopartner ist gelungen.

Im Betrieb einer Maschineist von Bedeutung, dass diePVD-Schicht prozesssicher aufdem Bauteil haftet und sichbeim Betrieb der Gleitpaarungnicht verbraucht. Ein Einlauf-vorgang ist gewollt; er muss je-doch zeitlich begrenzt sein. DieMikrogeometrie sorgt dafür,dass die Rauigkeitsspitzen inder Oberfläche mit dieser An-forderung in Einklang stehen.Die Makrogeometrie ist dafürverantwortlich, dass maximalzulässige Spannungen zwischenden berührenden Teilen nichtüberschritten werden. Hier sinddie Wissenschaftler der Ingeni-eursdisziplinen mit ihren For-schungsarbeiten gefragt.

Umweltverträglichkeit wird getestetIm Rahmen der Forschungsar-beiten am Institut für Hygieneund Umweltmedizin ist eineMethodik angepasst worden,die es mit einem schnellen Testermöglicht, eine Abschätzungder Wirkung der entwickeltenFluide auf menschliche Zellenzu erforschen. Hierzu wird un-ter anderem der „Comet as-sey“-Test mit in Kultur gehalte-nen Leberzellen durchgeführt,Bild 3. Bei diesem Test werdenmit Hilfe einer elektrophoreti-schen Technik mögliche Schädi-gungen an der DNA und Repa-raturen in einzelnen Zellen de-tektiert. Die exponierten Zellenwerden in eine Gelmatrix ein-gebunden, die Zellmembranwird zerstört und es erfolgt ei-ne Elektrophorese. Währendder Elektrophorese wandert dienegativ geladene DNA zumPluspol. Die geschädigte, bruch-stückhafte DNA ist in der Lage,aus dem Zellkern herauszuwan-dern. Die Bruchstücke trennensich der Größe nach auf, da klei-nere Bruchstücke in bestimmterZeit eine weitere Strecke zu-rücklegen als die größeren. Un-ter dem UV-Mikroskop erschei-

nen die beschädigten Zellen,welche vorher mit einem Flu-oreszenzfarbstoff wie Ethidium-bromid behandelt wurden, nunmit einem Schweif aus DNA-Bruchstücken, welcher ihnendas Aussehen eines Kometengibt.

Die Leberzellen wurden 24Stunden gegenüber den wässri-gen Eluaten der Schmierstoffe„60.HISM” und „60.HISM +Additive + Metalle” exponiert.Es wurde der alkalische Komet-Test bei einem pH-Wert von 13durchgeführt. Unter diesen pH-Bedingungen können Strang-brüche, Exzisions-Reparaturstel-len, alkalilabile Stellen und cross-links detektiert werden. ZurÜberprüfung des Testablaufeswurden bei jedem Test eine Ne-gativ- und eine Positivkontrollemitgeführt, die die minimalebeziehungsweise maximaleWirkung auf die Zelle wieder-geben. Die Testauswertung er-mittelt den Olive tail moment,kurz OTM, das heißt das Pro-dukt von Schweiflänge undSchweifintensität des Kometen. Wie in Bild 3 deutlich wird,zeigt das wässrige Eluat von„60.HISM” keine DNA-schädi-gende Wirkung bei den Leber-zellen, da die Werte nicht signi-fikant höher sind als die Werteder Negativkontrolle.

Die gleiche Wirkung konnteauch bei „60.HISM + Additive+ Metalle” beobachtet werden.Hier liegen die Werte deutlichunterhalb der Negativkontrolle,damit zeigt das Eluat keineschädigende Wirkung auf dieDNA der Leberzellen. Mit die-sem Biotest sowie mit weiterenToxizitätstests konnte die Um-weltverträglichkeit der ent-wickelten Schmierfluide aufge-zeigt werden.

Die Beispiele sollen einenkleinen Einblick in Ergebnisseaus den Forschungsarbeiten desSonderforschungsbereichs er-möglichen. Die noch verblei-bende Zeit bis zum Ablauf desSonderforschungsbereichs imJahr 2009 wird genutzt, um dieErgebnisse an ganzen Prozes-sketten aufzuzeigen. Mit diesenProzessketten sind sowohl Pro-zesse zur Herstellung von Flui-den, Metallverbunden und sol-che, die auf Werkzeugmaschi-

Werkstoffe übernehmen Schmier- und Verschleißschutzeigenschaften

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ICHERReibungsbehaftete Kontaktstel-

len von relativ zu einander be-wegten Bauteilen werden Tri-bosysteme genannt und sindgrundsätzliche Bestandteiletechnischer Geräte. Sie kom-men in unterschiedlichsten Aus-führungsformen im Maschinen-bau zum Einsatz. Dieser ist inder Bundesrepublik Deutsch-land ein traditionsgemäß star-ker Wirtschaftsfaktor mit einemhohen Anteil am Export unddamit von Innovationen abhän-gig, bei denen Rohstoffe einge-spart und intelligenter einge-setzt werden können.

Die Anwendungen der Tri-bosysteme liegen sowohl imBereich der Leistungsübertra-gung als auch bei den formge-benden Prozessen. Dort tragensie nicht nur zur Funktionserfül-lung bei, sondern beeinflussensignifikant sowohl die ökono-mische als auch ökologische Bi-lanz der technischen Systeme.Diese wird insbesondere durchdas hohe ökotoxikologischeGefährdungspotenzial der mi-neralölbasierten und mit Additi-ven legierten Zwischenstoffegeprägt. Denn durch Leckagenkönnen die Zwischenstoffe indie Umwelt gelangen und dortzu Schäden führen. Aber auchdurch unsachgemäßen Umgangmit den Schmierstoffen im wei-teren Sinn werden Verschwen-dungen von Ressourcen inenormer Höhe verursacht.

Der für den Sonderfor-schungsbereich daraus abgelei-tete Leitgedanke besteht in derÜbertragung tribologischer Funk-tionen von den Fluiden auf dieWerkstoffe der Tribopartner.Dies bedeutet, dass biologischschnell abbaubare und nicht to-xische Fluide entwickelt undeingesetzt werden, die nur ge-ring und umweltverträglich ad-ditiviert sind. Die dann dem Sys-tem fehlenden Schmier- undVerschleißschutzeigenschaftenmüssen von den Materialiender Tribopartner übernommenwerden, wozu Verbundwerk-stoffe erforscht und entwickeltwerden.

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Umweltverträgliche Tribosysteme im Blick

Page 27: RWTH-Themen Sonderheft 2007

nen ablaufen, gemeint. Zusätz-lich werden auch Prozesskettenzur Herstellung bestimmterBauteile wie Zahnräder oderganze Getriebe sowie der Auf-bau und Betrieb eines Alte-rungsprüfstandes betrachtet.Als Ziel steht ein Expertensys-tem zur Auslegung umweltver-träglicher Tribosysteme zur Ver-fügung, das den Zugriff auf dieForschungsergebnisse möglichmacht, so dass der Sonderfor-schungsbereich über die Exper-tise im Umwelt- und Werkstoff-forum auch dann weiter lebt,wenn die Förderung durch dieDeutsche Forschungsgemein-schaft ausläuft.

http://www.sfb442.rwth-aachen.de/

Autor:Univ.-Prof. Dr.-Ing. HubertusMurrenhoff ist Sprecher desSonderforschungsbereichs 442„Umweltverträgliche Tribosys-teme durch geeignete Werk-stoffverbunde und Zwischen-stoffe am Beispiel der Werk-zeugmaschine“ und Leiter desInstituts für fluidtechnische Antriebe und Steuerungen.

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Bild 1: Beschichtete Kolben werden im Reibungs-

prüfstand am Institut für fluidtechnische Antriebe

und Steuerungen getestet.Foto: Institut für Fluidtechnische

Antriebe und Steuerungen.

Bild 2: Erzielte Ergebnisse am Beispiel des Tribokontaktes

Kolben-Buchse.

Bild 3: Comet assey Test zum Nachweis möglicher

Toxizitäten.

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Bild 4: Am Institut für Fluidtechnische Antriebe undSteuerungen werden hydrau-lische Verdrängereinheitenentwickelt, die sich durch einesehr gute Umweltverträglich-keit auszeichnen und somiteinen unbedenklichen Einsatzin unterschiedlichen Einsatzge-bieten ermöglichen.Foto: Peter Winandy

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Ulrich Dilthey, Thomas Dorfmüller

zu fügen. Dabei müssen dieunterschiedlichen produktions-spezifischen Randbedingungender Mikrosystemtechnik berück-sichtigt werden. Für die Erarbei-tung der sehr speziellen Frage-stellungen bei der Montage hy-brider Mikrosysteme haben sichsechs Aachener Forschungsein-richtungen aus unterschied-lichen Disziplinen zusammenge-funden: die Institute für Kunst-stoffverarbeitung in Industrieund Handwerk, für Schweiß-technik und Fügetechnik, fürWerkstoffe der Elektrotechnik,der Lehrstuhl für Oberflächen-technik im Maschinenbau so-wie die Fraunhofer-Institute fürLasertechnik und Produktions-technologie. In enger Zusam-menarbeit dieser Institute wer-den grundlegende Fragestellun-gen zur Handhabung und zumFügen der Teilkomponentenvon Mikrosystemen mit Mikro-meter-Genauigkeit bearbeitet.Im Folgenden sind beispielhafteinige Forschungsaufgaben undErgebnisse dargestellt.

Entwicklung eines „Flexogrip“Einen wesentlichen Beitrag zurMontage hybrider Mikrosyste-me liefert die Handhabung. So-wohl vor als auch nach demFügeprozess müssen Bauteilegegriffen, positioniert, justiertund magaziniert werden. Auf-grund der geringen Baugrößeder Bauteile können die aus dermakroskopischen Handhabungbekannten Verfahren nicht oh-ne weiteres auf die Mikrosys-temtechnik übertragen werden.Dies hängt beispielsweise mitdem deutlich größeren Einflussvon Adhäsionskräften beimGreifen von Mikrobauteilen zu-sammen. Daher sind bekannteTechniken anzupassen oderneue zu entwickeln. Eine flexibleAutomatisierung der Mikro-montage beispielsweise erfor-dert Greifwerkzeuge, die angeänderte Aufgaben angepasstwerden können. Dieser Forder-ung entsprechend wurde derGreifer „Flexogrip“, siehe Bild 1,zur Handhabung und Feinjusta-ge von biegeschlaffen Mikro-bauteilen entwickelt. DieserGreifer zeichnet sich durch einGesamtgewicht von etwa 350Gramm und Abmaßen von 115mal 75 mal 40 Kubikmillimetersowie einer integrierten Vier-achsigen Feinjustage-Einheitaus. Die zwei integrierten Line-arachsen weisen einen Verfahr-weg von 140 Mikrometer beieiner Schrittweite von 0,1 Mi-krometer auf. Die zwei rotato-

rischen Achsen ermöglichen dieAusrichtung mit einer Auflö-sung von 0,001 Grad. DerFlexogrip ist zudem mit einemhydrostatischen Wegübertra-gungssystem ausgestattet, daseinen sehr kompakten und ro-busten Achsaufbau ermöglicht.Die hoch genau justierbareGreiferspitze besteht aus einemV-Nut-strukturierten Vakuum-Greifer zur präzisen Bauteilauf-nahme. Die Führungen der Li-nearachsen sowie die Lagerungder Kippachsen sind über rei-bungs- und wartungsfreie Fest-körpergelenke realisiert. DieAuslegung dieser Elemente er-folgte mittels Finite-Elemente-Methode.

Lotsysteme im BlickDie Schwerpunkte der Untersu-chungen im Projektbereich„Werkstoffe“ beinhalten nebender Entwicklung, Optimierungund Bereitstellung von Füge-werkstoffen vor allem derengrundlegende Charakterisie-rung im Hinblick auf ihre Eig-nung für Fügeaufgaben in derMikrosystemtechnik. Hierzuwerden für die VerfahrenWeichaktivlöten an Atmosphä-re und das Transient-Liquid-Phase-Bonding grundlegende,für den Montageprozess rele-vante Eigenschaften ermitteltund entsprechend der spezifi-schen Fügeaufgaben modifi-ziert. Wichtige Kennwerte fürdie Entwicklung mikrotechnischrelevanter Fügewerkstoffe sindzum Beispiel die Duktilität oderDehnbarkeit einer Lotmatrixund die Härte und Breite inter-metallischer Phasen, die einenentscheidenden Einfluss auf dieFestigkeit von Fügeverbindun-gen haben. Als Beispiel für dieunterschiedlichen Anforderun-gen an Lotwerkstoffe sei derenEntwicklung für einen Hochleis-tungsdiodenlaser genannt, wiein Bild 2 dargestellt. DieserHochleistungsdiodenlaser be-steht aus einer Kupfer-Wärme-senke, dem Laserbarren ausGalliumarsenid und der Linse.Der Laserbarren setzt minde-stens 60 Prozent seiner Leis-tung in Wärme und maximal40 Prozent in Laserleistung um.Die derzeitige maximal erreich-bare Laserleistung hängt vonder Kühlung ab. Die Verbin-dung Laserbarren-Wärmesenkemuss den Transport der Tempe-ratur vom Laserbarren zur Wär-mesenke gewährleisten und da-bei stabil bleiben. Außerdemerfolgt die elektrische Kontak-tierung über die Wärmesenke.

Forschungsziel Punktionsnadel Die in Bild 3 abgebildete Punk-tionsnadel stellt einen der bear-beiteten Demonstratoren dar,an denen einerseits die engverknüpfte gemeinsame Arbeitder Forschungseinrichtungendeutlich und andererseits eineAusrichtung der theoretischenArbeiten an Anforderungen ausder Praxis möglich wird. DiePunktionsnadel ist ein störungs-frei abbildbares Operationsin-strument, dass eine artefakt-freie Darstellung des Operati-onsgebiets ermöglicht. Die 120Millimeter lange Punktionsna-del aus kohlenstofffaserver-stärktem Kunststoff hat einenäußeren Durchmesser von1200 Mikrometer. Durch dreiintegrierte Arbeitskanäle mitDurchmessern von 700 Mikro-meter, 400 Mikrometer und300 Mikrometer kann nach derPositionierung der Punktionsna-del innerhalb des Operations-gebiets der medizinische Zugrifferfolgen.

In die Arbeitskanäle einge-schobene Lichtleitfasern dienenzur Darstellung des durchge-führten Eingriffs sowie zur Koa-gulation der zu entfernendenGewebestrukturen und der Wär-mebehandlung von vorgefalle-nem Bandscheibengewebedurch Laserstrahlung. Der dritteArbeitskanal ermöglicht das Ein-bringen von konzentriertemKortison in den Wundherd. Andiesem Demonstrator wurdensämtliche Technologien aus denverschiedenen Projektbereichenzur Montage der Biokompa-tiblen Schneidplatte erprobt.

http://www.isf.rwth-aachen.de/arbeitsg/forschung/mikro/sfb440/

Autoren:Univ.-Prof. Dr.-Ing. UlrichDilthey ist Sprecher des Sonderforschungsbereichs 440 „Montage hybrider Mikro-systeme“ und Leiter des Instituts für Schweißtechnikund Fügetechnik. Dipl.-Ing.Thomas Dorfmüller ist Wissen-schaftlicher Mitarbeiter am Institut für Schweißtechnik und Fügetechnik.

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ICHEDDie industrielle Bedeutung der

Mikrosystemtechnik hat in denvergangenen Jahren rapide zu-genommen. Die ständige Mi-niaturisierung zahlreicher beste-hender, aber auch die Entwick-lung neuer Produkte erweitertdas Anwendungsgebiet der Mi-krosystemtechnik in allen Le-bensbereichen. Das gewaltigeWachstum der Mikrosystem-technik erfordert dabei gleich-zeitig die Entwicklung und Op-timierung neuer und bestehen-der Produktionsverfahren.

In den letzten Jahren beherr-schten vor allem monolithischaufgebaute Mikrosysteme aufSiliziumbasis den Markt. Heutegewinnen zunehmend hybrid,aus mehreren Komponenten,aufgebaute Mikrosysteme anBedeutung, da die Fertigungtechnischer Mikrosysteme aufalleiniger Basis der Siliziumtech-nologie an ihre Grenzen stößt.Gerade im Bereich der Optikund der Analytik müssen mi-kroelektronische Bauteilkompo-nenten in größere Struktureneingefügt oder mit weiterenmechanischen Strukturen ver-bunden werden, zum BeispielLinsen, Strahlteiler, Fluidleiteroder Ventile. Hieraus ergibt sichdie Notwendigkeit zur automa-tisierten Montage hybriderBauteile der Mikrosystemtech-nik. Erst durch die sichere Be-herrschung der Montagetech-nologie können Mikrosystemewirtschaftlich in der erforderli-chen Stückzahl produziert wer-den.

Ziel des Sonderforschungs-bereichs 440 „Montage hybri-der Mikrosysteme“ ist es, hand-habungs- und fügetechnischeGrundlagen für die Herstellungvon Mikrosystemen in hybriderBauweise zu erarbeiten. Dienotwendigen Verfahren für ei-ne automatisierte Klein- undMittelserienmontage sind nurpunktuell entwickelt. Daherrichtet sich der Sonderfor-schungsbereich nicht auf dieEntwicklung und Herstellungvon Mikrosystemen, sondernvielmehr auf die Entwicklungvon Verfahren und Methoden,um hybride Bauteile zu einemMikrosystem zu montieren und

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Handhabungs- und Fügetechniken

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Bild 1: Der Flexogrip stellt ein System zum Greifen

biegeschlaffer Bauteile dar.

Bild 2: Entwickelte Lotwerk-stoffe kommen zum Beispiel in

einem Hochleistungsdiodenlaserzum Einsatz.

Bild 3: Die modifizierte mikroinvasive Punktionsnadel

besitzt einen Adapterflanschfür die Modulkopplung am

distalen und eine Schneide amproximalen Ende.

für die Mikrosystemtechnik

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Bild 4: Der im Fraunhofer-Institut für Produktionstechno-logie entwickelte Montagekopffür die Justage von Sigle-Mode-Glasfasern verfügt über vierhoch präzise Bewegungsachsenund ist dennoch mit Beschleu-

nigungen bis zur fünffachenErdbeschleunigung belastbar.Diese robuste Bauweise er-laubt einen effizienten undprozesssicheren Einsatz desMontagekopfs.Foto: Peter Winandy

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Wolfgang Schröder

Temperatur des Strömungsme-diums bis auf minus 160 GradCelsius abgesenkt und der Ka-naldruck auf 4,5 bar erhöhtwird. Mitte 2006 wurden imETW in Kooperation mit Airbusund dem Deutschen Zentrumfür Luft- und Raumfahrt unterderartigen Bedingungen Versu-che zu aeroelastischen Effektenim Grenzbereich durchgeführt.Dabei entstehen Luftkräfte vonbis zu drei Tonnen auf das ent-worfene Flügelmodell, dessenGrundrissfläche knapp 0,4Quadratmeter beträgt. Dieseextremen Strömungsbedingun-gen erfordern einen besonde-ren Werkstoff für das schwin-gende Modell, das auch bei mi-nus 160 Grad Celsius seine Elas-tizität und Festigkeit beibehal-ten muss.

Bei diesen international ers-ten aeroelastischen Versuchenunter Reiseflugbedingungenwurde die Schwingungsanre-gung des Tragflügels durch pe-riodisch wirkende Kräftepaarean der Flügelwurzel realisiert. Inden über 180 Einzelversuchenwurden unabhängig voneinan-der die Fluggeschwindigkeitund die Schwingungsanregungvariiert. Fünf Techniken zurMessung der Kräfte und Mo-mente mittels einer eigens imSonderforschungsbereich 401konstruierten Piezowaage, derFlügelverformung durch opti-sche Verfolgung von Markernauf der Flügeloberfläche, derZeitverläufe des Drucks mittelsMiniatursensoren in sieben Pro-filsschnitten sowie der Dehnun-gen und Beschleunigungenwurden angewandt.

Die Übereinstimmung derErgebnisse aus den bisher aus-gewerteten Experimenten mitden Vorhersagen aus Berech-nungen erwies sich als exzel-lent. Somit stellt dieses Experi-ment einen Meilenstein dar, umauch in Zukunft anhand dieserermittelten Daten numerischeMethoden zu qualifizieren, diezur Entwicklung neuer Tragflü-gelgeometrien herangezogenwerden.

Die numerische Simulationderartiger komplexer Strömungs-vorgänge, wie sie im Reiseflug

oder in der Hochauftriebsphaseauftreten, ist zu einem unver-zichtbaren Standbein der tech-nologischen Entwicklung ge-worden. Sie liefert Erkenntnissein physikalische Abläufe, dieexperimentell nur unter immen-sem Aufwand beziehungsweiseteilweise überhaupt nicht zu-gänglich wären.

Den Ausgangspunkt für nu-merische Simulationen bildenmathematische Beschreibungenfür die betreffenden Strömungs-prozesse. Bei realistischen An-wendungen bedeutet das, dassMillionen von Gleichungssyste-men mit Millionen von Unbe-kannten zu lösen sind. DieseGleichungen entstehen durchAufteilung des Strömungsge-bietes in Millionen von kleinenVolumina, die insgesamt als Re-chennetz bezeichnet werden.Bei Bewegungen der umström-ten Konfiguration, zum Beispielaufgrund der Auslenkung undVerwindung des Tragflügelsdurch die Wechselwirkung zwi-schen Strömung und Struktur,müssen im Verlauf des Lösungs-prozesses die Rechennetze hin-sichtlich Lage und Auflösungangepasst werden. Diese An-forderungen an eine generelleAdaptivität bei gleichzeitigerGenauigkeit sind durch verfüg-bare kommerzielle Software beiweitem nicht erfüllt.

Die Lösung derartiger Auf-gaben erfordert nicht nur dieSteigerung der Rechnerkapa-zitäten, sondern auch neuartigemathematische Ansätze ver-bunden mit informatischenKonzepten wie Parallelisierungund Datenstrukturen. Als Ant-wort auf derartige Herausfor-derungen wurde ein neuerStrömungslöser entwickelt. Erstützt sich auf mehrere innova-tive Konzepte wie wavelet-ba-sierte Adaptionstechniken, dieje nach der individuellen loka-len Struktur der Lösung Rech-nerressourcen nur dort konzen-trieren, wo sie für eine ge-wünschte Lösungsgenauigkeiterforderlich sind. Zur effizientenUmsetzung wurde ein neuesGittergenerierungskonzept ent-wickelt, das auf lokalen B-Spline-Techniken beruht. Infolge der

neu implementierten mathema-tischen Konzepte kann der Strö-mungslöser als wegweisend fürzukünftige Strömungslöser ange-sehen werden.

Weiterhin werden die Strö-mungsverhältnisse beim Startund bei der Landung anhandzahlreicher Experimente in Wind-kanälen sowie numerischer Un-tersuchungen an Flügel- oderauch Flugzeugmodellen analy-siert. Zum Beispiel wird die Wir-kung oszillierender Ruderaus-schläge oder veränderter Ru-dergeometrien zur Reduktionder Gefährdung durch Flügel-randwirbel erforscht. Windkanal-versuche mit Triebwerksmodel-len zeigen den Einfluss derTriebwerksstrahlen auf das Wir-belsystem in unmittelbarerNähe des Tragflügels. Die expe-rimentellen Ergebnisse werdenals Eingabedaten in Computer-simulationen verwendet, mitwelchen das Strömungsfeld bisweit stromab vom Tragflügelberechnet wird. Somit deckt dieKombination von Experimentenund Computerberechnungenden gesamten Bereich der Ge-schwindigkeiten und räumli-chen Ausdehnung des Strö-mungsgebietes eines realenFlugzeuges ab.

Die Kooperation im Sonder-forschungsbereich kann als Pa-radebeispiel für eine in Zukunftimmer bedeutender werdendekomplementär arbeitende Ver-zahnung von Ingenieurwissen-schaft, Mathematik und Infor-matik betrachtet werden, diewiederum neue Impulse fürAnwendung und Theorie setzt.

http://www.aia.rwth-aachen.de/sfb401/

Autor:Univ.-Prof. Dr.-Ing. WolfgangSchröder ist Sprecher des Son-derforschungsbereichs 401„Strömungsbeeinflussung undStrömungs-Struktur-Wechsel-wirkung an Tragflügeln“ undLeiter des Aerodynamischen Instituts.

Der Tragflügel der nächsten Generation

Moderne Methoden zur Entwurfsoptimierung von Großraumflugzeugen

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ICHEUUm das Fliegen immer sicherer,

wirtschaftlicher und umweltver-träglicher zu machen, bedarf essteter Fortschritte in der Erfor-schung der Strömungsphysikvon Tragflächen.

Während der Start- oderLandephase entstehen bei derUmströmung der Tragflügelstarke Verwirbelungen, dienachfolgende Flugzeuge ge-fährden können. Beim Reiseflugin etwa elf Kilometer Höheführt die Wechselwirkung zwi-schen Tragflügeln und der um-strömenden Luft zu statischenund dynamischen Auslenkun-gen des Flügels, die der Bewe-gung einer Palme im Windähnlich sind. Derartige aerody-namische Effekte werden imSonderforschungsbereich 401„Strömungsbeeinflussung undStrömungs-Struktur-Wechsel-wirkung an Tragflügeln“ in 14Teilprojekten anhand von expe-rimentellen und numerischenMethoden analysiert, um Trag-flügel für sicherere und wirt-schaftlichere zukünftige Flug-zeuge zu entwickeln.

Die Geschwindigkeit heuti-ger Passagierflugzeuge wiedem Airbus A340 beträgt imReiseflug nahezu 85 Prozentder Schallgeschwindigkeit.Durch Windböen können diedurch eine elastische Strukturgekennzeichneten Tragflügel anden Spitzen Auslenkungen vonmehreren Metern erfahren. Umderartige Strukturen leichterund somit ein ökonomischeresFlugzeug in der nächsten Gene-ration zu bauen, sind eingehen-de Kenntnisse über die Wech-selwirkung der strömungs- undstrukturdynamischen Prozessein diesem Grenzbereich not-wendig.

Die erforderlichen aeroelas-tischen experimentellen Unter-suchungen können weltweitnur in zwei Windkanälen durch-geführt werden, in der NationalTransonic Facility, kurz NTF, derNASA und im European Transo-nic Windtunnel, kurz ETW, inKöln. Der ETW besitzt einenMessquerschnitt von zwei Me-tern Höhe und 2,4 Metern Brei-te. Die Reiseflugbedingungenwerden simuliert, indem die

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Bild 1: Elastisches Flügelmodelldes Sonderforschungsbereichs401 im European TransonicWindtunnel. Links: Versuchsmodell. Rechts: Berechnete Verfor-mung und Druckverteilung. Quelle: LFM, ILB

Bild 2: Numerische Simulation einer Hochauftriebskonfiguration. Links: Lokal adaptiertes Rechen-netz. Rechts: Darstellung der berech-neten Stromlinien und Geschwin-digkeitsverteilung (farbig).Quelle: IGPM, LFM

Bild 3: Darstellung der Wechselwirkung zwischenTriebwerksstrahl und Flügelrandwirbel im Nachlaufeines Tragflügelmodells. Large-Eddy Simulation basierend auf laseroptisch ermittelten Eingangsdaten. Quelle: AIA

Bild 4: Am AerodynamischenInstitut wird schallnahe Strömung um moderne

Tragflügelkonfigurationen zurgrundlegenden strömungs-

physikalischen Modellbildungund Entwicklung effizienter

und genauer Simulations-methoden für zukünftige

Flugzeuggenerationen untersucht.

Foto: Peter Winandy

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Page 36: RWTH-Themen Sonderheft 2007

Gerhard Hirt

kann in sehr filigrane Geometriengepresst werden. Da jedochüber 50 Prozent des Volumensaus bereits erstarrten Festparti-keln besteht, fließt es sehrgleichmäßig ohne Turbulenz,zeigt bei der Resterstarrungkaum noch Tendenz zur Poren-bildung und führt zu einem imgesamten Bauteil homogenen

Gefüge. So könnten Bauteilemit überragenden Eigenschaf-ten und filigraner Geometrie innur einem Formgebungsschrittentstehen.

Dieses Ziel wurde für Alumi-nium auch durch weltweite in-tensive Entwicklung grundsätz-lich erreicht. Hochbelastete Fahr-werkskomponenten aus Alumi-nium, die bei gleicher Funktion50 Prozent leichter sind als dasvergleichbare Stahl-Schmiede-teil, wurden von Partnern derRWTH durch Thixofoming rea-lisiert. Komplexe Knotenele-mente einer PKW-Tür werdenindustriell in Serie gefertigt. DieKosten für das erforderliche

Formgebung im teilerstarrten Zustand

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ICHELLiudmila Khizhnyakova, eine

junge russische Gastwissen-schaftlerin aus Moskau, schnei-det den heißen Block aus hoch-festem Werkzeugstahl mit einemgroben „Messer” von Hand wieein Stück Butter. Nicht die er-forderliche Kraft, sondern dievom Block ausgehende Hitze istdie Herausforderung. Khizhnya-kova ist Mitarbeiterin im Son-derforschungsbereich 289„Formgebung von metallischenWerkstoffen im teilerstarrtenZustand und deren Eigenschaf-ten”. In diesem wird seit nun-mehr elf Jahren die Formge-bung von Metallen im Zustandzwischen fest und flüssig unter-sucht.

Gießen, Schmieden undZerspanung sind die klassischenWege zur Herstellung anspruchs-voller Bauteile aus Metall. Gießennutzt die hohe Fließfähigkeitder Schmelze und ermöglicht sokomplexe Geometrien, dafürsind die mechanischen Eigen-schaften infolge von Inhomo-genitäten der Mikrostrukturmanchmal nicht optimal. Schmie-den liefert meist überragendeEigenschaften, aber der hoheFormänderungswiderstand vonMetall erfordert viele Zwischen-stufen und ermöglicht nur ver-gleichsweise klobige Geomet-rien. Nach beiden Verfahren istabschließend eine spanabhe-bende Bearbeitung ausgewähl-ter Funktionsflächen erforder-lich, deren Umfang im Hinblickauf Einsparung von Materialund Fertigungskosten so geringwie möglich sein sollte.

Durch die Formgebung imteilerstarrten Zustand, dem sogenannten Thixoforming, ver-suchen die Wissenschaftler, dieVorteile der klassischen Verfah-ren zu verbinden und ihre Nach-teile zu vermeiden: Wenn dasAusgangsmaterial die richtigeZusammensetzung und Mikro-struktur aufweist, so kann mandurch geeignete Erwärmung ei-nen Zustand erreichen, bei demim ganzen Block gleichmäßigfein verteilt mikroskopisch klei-ne feste Partikel vorliegen, diezum Teil zusammenhängen.Der Zwischenraum wird durchflüssige Schmelze ausgefüllt. Indiesem Zustand ist das Metallfast so weich wie Butter und

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spezielle Vormaterial und dieaufwändige Anlagentechnikführen jedoch in Verbindungmit den qualitativ immer besserwerdenden Gießverfahren fürAluminium dazu, dass Thixofor-ming vorrangig bei solchen An-wendungen zum Zuge kommt,bei denen die Anforderungenmit klassischen Verfahren nureingeschränkt erfüllt werdenkönnen.

Die Herausforderungen fürden Sonderforschungsbereichliegen heute etwa 800 GradCelsius über der Verarbeitungs-temperatur von Aluminium.Stahl, der Konstruktionswerk-stoff schlechthin, von dem in

Bild 1: Liudmila Khizhnyakova,eine junge russische Gastwis-senschaftlerin aus Moskau, schneidet den heißen Block aus hochfestem Werkzeugstahl.Quelle: Institut für BildsameFormgebung

Hochfester Stahl weich wie Butter

Page 37: RWTH-Themen Sonderheft 2007

2006 soviel wie noch nie zuvorin der Geschichte verbrauchtwurde, erreicht den teilerstarr-ten Zustand je nach Legierungerst oberhalb von 1350 GradCelsius. Da erfordern Erwär-mung, Handhabung und Oxi-dationsschutz völlig neue Lö-sungsansätze. ReproduzierbareVersuche sind nur noch mit au-tomatisierten Versuchseinrich-tungen möglich und die Werk-zeuge, die bei jedem Formge-bungsvorgang mit dem heißenStahl in Kontakt kommen, wer-den hierdurch extrem belastet.

Im Sonderforschungsbereichwerden die anstehenden Fra-gen in interdisziplinärer Zusam-menarbeit mit modernsten Me-thoden gelöst:

Mit unterschiedlichen Com-putermodellen werden wichtigethermophysikalische Eigen-schaften der Legierungen be-stimmt, Fließvorgänge der Mi-schung aus festen Phasen undSchmelze simuliert und diethermische und mechanischeBelastung der Werkzeuge be-rechnet, siehe Bild 2.

In Zusammenarbeit zwischenWerkstoffwissenschaftlern und

Produktionstechnikern wird dieEntwicklung der Mikrostrukturwährend der Erwärmung unter-sucht und der Erwärmungsab-lauf optimiert.

Bei der Herstellung derWerkzeuge werden Metalleund Keramik kombiniert undmoderne Beschichtungsverfah-ren genutzt, um den thermi-schen, mechanischen und che-mischen Belastungen gerecht zuwerden.

Die Formgebung erfolgt mitautomatisierten Versuchsanla-gen, die in Zusammenarbeit mitinteressierten Firmen entwickeltwurden.

Mit vereinten Kräften konn-ten so bereits beeindruckendeErfolge erzielt werden. Die her-gestellten Musterteile bestäti-gen das erwartete hoheFließvermögen und die Mög-lichkeiten zur Herstellung fili-graner Geometrien aus hochfes-ten Stählen. So kann das in Bild2 gezeigte Impeller-Bauteil indieser Form durch konventio-nelle Schmiedeverfahren sonicht hergestellt werden.

Bei einem Werkzeugstahlwurde darüber hinaus festge-

stellt, dass durch die Verarbei-tung im teilerstarrten Zustandbislang unbekannte Gefügezu-stände erreicht werden können.Dank dieses Gefüges erhält dereigentliche Kaltarbeitsstahl einedauerhafte Verschleißfestigkeit,sogar bei Temperaturen von400 bis 450 Grad Celsius, beidenen normalerweise nur Warm-arbeitsstähle Verwendung fin-den.

Darüber hinaus bietet dasThixoforming von Stahl dieMöglichkeit zur Herstellungvon Verbundbauteilen mitmaßgeschneiderten Eigenschaf-ten. Bei Bedarf können vorge-formte Einlegeteile aus anderenWerkstoffen in die Form einge-setzt und bei der Formgebungmit dem Stahlwerkstoff verbun-den werden. So werden zumBeispiel wendelartig gekrümmteKühlbohrungen in hochfestemStahl möglich, die auf andereArt heute gar nicht hergestelltwerden könnten. Da der teiler-starrte Stahl wesentlich wenigerWärmeenergie enthält als Stahl-schmelze, können sogar Einle-geteile aus niedrig schmelzen-den Werkstoffen wie Kupferle-

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SONDER-FORSCHUNGS-BEREICHE

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gierungen verwendet werden,siehe Bild 3.

Die Herausforderungen fürdas Thixoforming von Stahlsind nach wie vor hoch, aberdie erkennbaren Chancenrechtfertigen die erheblichenAnstrengungen. Dabei ist auchin Zukunft internationale Zu-sammenarbeit gefragt. Nichtnur Liudmila Khizhnyakova istvom Thema und der interdiszi-plinären Zusammenarbeit ander RWTH begeistert. Auch dieFachwelt hat entschieden, sichfür ein bevorstehendes Ju-biläum in Aachen zu treffen:Die kommende 10. Internatio-nal Conference on Semi SolidProcessing of Alloys and Com-posites wird im September2008 in Aachen stattfinden.

Im Sonderforschungsbereich289 sind neben dem Lehrstuhlfür Werkstoffchemie die Institu-te für Keramik und FeuerfesteWerkstoffe, für Bildsame Form-gebung, für Eisenhüttenkunde,für Metallhüttenwesen undElektrometallurgie, für Ober-flächentechnik, für Regelungs-technik, für Verfahrenstechniksowie das Gießerei-Institut ein-gebunden.

www.sfb289.rwth-aachen.de

Autor:Univ.-Prof. Dr.-Ing. GerhardHirt ist Sprecher des Sonder-forschungsbereichs 289 „Formgebung von metallischen Werkstoffen im teilerstarrtenZustand und deren Eigenschaf-ten” und Leiter des Instituts für Bildsame Formgebung.

Bild 2: Simulation und Experiment (Impeller-Bauteil).

c) Fertiges Bauteil aus StahlX210CrW12.

Vergleich der Formfüllung inSimulation und in Experimentanhand eines durch thixo-gießen hergestellten Impeller-Bauteils für HochdruckpumpenSimulation: MAGMAsoft®.Quelle: Giesserei-Institut

b) Formfüllung in Experiment.

Bild 3: Musterteile Thixojoining:Durch Thixoforming hergestelltesVerbundbauteil aus StahlX210CrW12 mit Einlegeteilen aus einer Kupferlegierung CuCoBe(Gleitbuchse) und einem StahlX5CrNi18-10 (Stift).Quelle: Institut für Bildsame Formgebung

a) Simulation der Formfüllungmit MAGMAsoft®.

vKolben=0,5m/sTForm=250°C

vKolben=0,3m/sTForm=240°C

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Bild 4: Am Institut für BildsameFormgebung werden Strategienfür die Verarbeitung von Me-tallen im teilflüssigen Zustandentwickelt. Die butterweicheKonsistenz des Einsatzmaterialsermögicht die Herstellung vonkomplexen Bauteilen bei sehr

niedrigen Umformkräften. Ein-gebrachte Einlegeteile erwei-tern zusätzlich die Konstrukti-onsmöglichkeiten für Kompo-nenten wie Pumpengehäuseoder Lagerbauteile der Auto-mobilindustrie.Foto: Peter Winandy

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Ludwig Jäger

nen Beitrag zur Klärung derFrage zu leisten, ob und wennja in welcher Form kognitiveOrganisationsstrukturen durchdie Medialität von Sprachzei-chensystemen beeinflusst wer-den. In vergleichenden Studienwurden deshalb unterschiedli-che mediale Formate der Laut-sprache und Gebärdensprachebei gehörlosen und hörendenProbanden sowie verschiedeneRegister literaten und oratenStils – bei Personen mit leichtenzentralorganischen Sprach-störungen, den Aphasikern,und Sprachgesunden im Hin-blick auf den Zusammenhangvon Sprachzeichen und Kogniti-on untersucht. Zusammenfas-send lässt sich allgemein als Be-fund festhalten,

dass die medialen Eigen-schaften von Laut- und Gebär-densprache die Modellierungmentaler Konzepte spezifischbestimmen,

dass sich das mentale Lexi-kon in Abhängigkeit von denmodalen und medialen Eigen-schaften von je spezifischenSprachsystemen ausbildet und

dass sich die narrativen Dis-kursstrukturen der nicht-literali-sierten Gebärdensprache undder literalisierten Lautsprachesystematisch unterscheiden. Durch Rückwirkungen literalerPraxen weisen die ‚sekundär’mündlichen Erzählstrukturen inder Deutschen Lautsprache„Differenzen” zu den ‚primär’mündlichen Narrationen in derDeutschen Gebärdensprache auf.

Es konnte in der ersten For-schungsphase also für bestimmteempirische Fragestellungen derNachweis geführt werden, dassKognition in wesentlichen Hin-sichten an die externe Dimensi-on der Materialität von Sprach-zeichensystemen gebunden ist1.Zugleich konnte die im Projektentwickelte ‚Spurtheorie desGeistes’ mit empirischen Datenuntermauert und theoretischfortentwickelt werden.

In der zweiten Forschungs-phase wurden auf der Grundla-ge der gewonnenen Ergebnissedie spezifischen Eigenschaftender Zeichenverfahren genaueruntersucht, denen sich der Ein-fluss der Medialität auf das ko-gnitive System verdankt. Der

Untersuchungsfokus richtetesich deshalb insbesondere aufdie symbolischen Verfahren,durch die die Effekte der kogni-tiven Strukturierung hervorge-rufen werden. Untersucht wur-den dabei insbesondere so ge-nannte transkriptive Verfahren,durch die Zeichen- und Sym-bolsysteme auf sich selbst Be-zug nehmen und sich rekursivverarbeiten. Die Ausgangshy-pothese bestand in der Annah-me, dass es diese ‚Transkripti-vität’ von medialen Verfahrenist, auf die die kognitionsstruk-turierende Wirkung zurückge-führt werden kann2. So wurdeetwa in vergleichenden Unter-suchungen zum strukturellmündlichen Sprachverhalten inder Deutschen Gebärdenspra-che und in der Deutschen Laut-sprache gefragt, ob sich im on-line-Modus dialogischer Kom-munikation die selbstreferenti-ellen Bezugnahmeformen derdurch literale Schriftpraktikengeprägten Lautsprache von de-nen der nicht verschrifteten Ge-bärdensprache unterscheiden.In der ‚flüchtigen’ online-Kom-munikation wirken Verfahrender selbstreferentiellen Bezug-nahme in beiden Sprachmoda-litäten der Flüchtigkeit mündli-cher Kommunikation entgegen.Rekursive Verfahren der sprach-lichen Bezugnahme zerdehnenin gewisser Hinsicht den zeit-lich-linear voranschreitendenRedefluss mündlicher Sprach-prozessierung, indem sie zeit-lich Zurückliegendes erneutthematisieren und so der kog-nitiven Weiterverarbeitung zu-gänglich halten. Damit kom-pensieren diese Verfahren alsodas für die online-Kommunika-tion charakteristische enge Zeit-fenster; eine Leistung, die bis-lang allein der Schrift zugespro-chen wurde. Zentrales Ergebnisunserer Studien ist, dass die in-dividuelle Gesprächsorganisati-on sowohl in der Mündlichkeitder Deutschen Lautsprache alsauch in der online-Prozessie-rung der nicht verschriftetenDeutschen Gebärdensprachevon Verfahren profitiert, dieden Fluxus der Rede überwin-den und Äußerungen in gewis-ser Weise still stellen. Bereitsnicht verschriftete Sprachen

verfügen also über Formen der‚Stillstellung’ von Wissen, diefür die kulturelle Wissenstradie-rung wesentlich sind. Wie sichaußerdem in empirischen Studi-en zum Einfluss medienspezifi-scher Faktoren auf die Sprach-performanz zeigt, sind die Wort-wahl und Syntax bei Personenmit leichten zentralorganischenSprachstörungen, den Aphasi-kern, aber auch bei Sprachge-sunden von medialen und in-teraktiven Verarbeitungsprozes-sen spezifisch geprägt.

Wie sich statistisch belegenlässt, nutzen Aphasiker – wieauch Sprachgesunde – in derschriftbasierten Netzkommuni-kation, Chat, einen Stil dersprachlichen Knappheit mit re-duziertem Satzbau, unvollstän-digen Phrasen und Abkürzungenet cetera. Zur Kompensationder fehlenden Körperlichkeit,durch die nicht wahrnehmbareStimme, Gestik und Gesichts-ausdruck entwickeln beide Pro-bandengruppen einen spezifi-schen Stil, der die Verwendungvon Emoticons und graphischenBetonungsmitteln einschließt.Viele so genannte pathologi-sche Symptome erweisen sichim Vergleich mit Sprachgesun-den als durchaus normale me-diale Adaptationen. Es zeigtsich, dass Aphasiker trotz ihrerSprach- und Sprechstörungenebenso wie Sprachgesundeüber einen flexiblen Zugriff aufsprachliche Formate verfügen,die dem jeweiligen Adressaten,dem kommunikativen Ziel undder medialen Performanz ange-passt sind.

Die Ergebnisse der medialenPraktiken von Aphasikern undSprachgesunden in interaktivenund monoaktiven und Kommu-nikationsmodi – Face-to-face-Gespräche, Chat, schriftlicherund mündlicher Bericht – schär-fen den Blick auf eine allgemei-ne Eigenschaft der Sprache:Sprachliches Wissen ist nichtkontextunabhängig organisiert,sondern wird medialitätsspezi-fisch und interaktionsabhängigprozessiert.

Der Einfluss der medialenBeschaffenheit von Zeichen aufdie kognitive Verarbeitung lässtsich überdies mit Studien zurmentalen Zahlenverarbeitung

Mediale Dimensionen

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ICHENNeben den aktuell im Zentrum

des öffentlichen Interesses ste-henden elektronischen Techno-logien der Datenspeicherung,Datenverarbeitung und Daten-distribution nimmt das Kultur-wissenschaftliche Forschungs-kolleg „Medien und kulturelleKommunikation” die sehr un-terschiedlichen medialen Kul-turtechniken der Hervorbrin-gung, Verarbeitung und Les-barmachung von Bedeutungenin den Blick. Das Forschungs-kolleg geht dabei von der An-nahme aus, dass kognitive In-halte und kulturelle Bedeutun-gen als Phänomene aufzufas-sen sind, die nicht nur hinsicht-lich ihrer Kommunikation undArchivierung sondern auch hin-sichtlich ihrer Entstehung, not-wendig auf mediale Prozesseangewiesen sind. Mediale Sys-teme sind nicht lediglich äußereÜbermittlungstechniken; viel-mehr bringen sie die Inhalte,die sie vermitteln und prägen,erst konstitutiv hervor. Kogniti-ve Gehalte werden also nichtals prozessierungsneutrale men-tale Repräsentationen model-liert und Medialität wird nichtauf Sekundärfunktionen derÜbertragung und Vermittlungreduziert. Aus dieser Hypotheseergibt sich die Notwendigkeit,das Verhältnis von Medialitätund Mentalität, also das Ver-hältnis von – zum Teil technischgeprägten – symbolischen Ver-fahren auf der einen und denkognitiven Inhalten, die in die-sen prozessiert werden, auf deranderen Seite, zu analysieren. Unter einer zeichentheoreti-schen Perspektive wird dieseProblematik seit 1999 in einerForschungsgruppe des Kollegsuntersucht, die durch eine Ver-schränkung disziplinärer Me-thoden und fachlicher Untersu-chungsfelder gekennzeichnetist: In theoretischen und empiri-schen Einzelprojekten arbeitenWissenschaftler aus Linguistik,Psychologie, Neurolinguistikund Kulturwissenschaft mit sehrunterschiedlichen Analysever-fahren an der Freilegung vonfür die kognitive Informations-verarbeitung wichtigen media-len Einflussfaktoren. In der ers-ten Förderphase war es ein zen-trales Ziel des Teilprojektes, ei-

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Page 41: RWTH-Themen Sonderheft 2007

bei hörenden und gehörlosenPersonen untersuchen. DieZahlzeichen in der DeutschenLautsprache und in der Deut-schen Gebärdensprache unter-scheiden sich nicht nur in derauditiv-oralen versus visuell-räumlichen Modalität vonein-ander, sondern auch hinsicht-lich der Struktur des zu Grundeliegenden Zahlensystems.

Während das Zahlensystemder Deutschen Lautsprache ge-nau wie das Arabische Zahlen-system ein rein zehner-basiertesist, handelt es sich in der Deut-schen Gebärdensprache um einzehner-basiertes Zahlensystemauf der Subbasis fünf3. Ver-schiedene Studien mit basalennumerischen Aufgaben, wieGrößenvergleichen, Gerade-Ungerade-Entscheidungen undnumerischen Ähnlichkeitsurteilenmachen deutlich, dass sich dieStruktur des Zahlensystems derDeutschen Gebärdensprache inden Ergebnismustern der ge-hörlosen Probanden widerspie-geln, sofern in der Aufgabesprachliche Zahlzeichen präsen-tiert werden. Soll die gleicheAufgabe mit arabischen Zahlenbearbeitet werden, lassen sichhingegen keine Anzeichen füreinen Einfluss des Zahlensys-tems der Deutschen Gebärden-sprache auf der Subbasis fünfin den Ergebnismustern beob-achten. Die medialen Differen-zen in den Zeichensystemenspielen also auch in der menta-len Verabreitung eine Rolle.Diese Ergebnisse sprechendafür, dass die Medialität dieProzessierung kognitiver Wis-sensstrukturen zumindest be-einflussen kann. Die Ergebnissewerden von der Arbeitsgruppevor dem Hintergrund der An-nahme medialitätsabhängigerdynamischer Repräsentationeninterpretiert. Zusammenge-nommen bestätigen die darge-stellten Einzelergebnisse alsodie Annahme, dass Kognitiondurch die medialen Eigenschaf-ten von Zeichen sowie durchderen Prozessierungsformenmoduliert und strukturiert wer-den können. Dieser Einflusswurde zum Teil durch die Un-tersuchung von Zeichensyste-men sichtbar gemacht, die sichhinsichtlich ihrer medialen Ei-

genschaften unterscheiden, wiedies für Laut- und Gebärden-sprachen der Fall ist.

Das Ziel der aktuellen For-schung besteht darin, eine wei-tere Dimension der Beeinflus-sung kognitiver Prozesse durchSprachzeichen zu untersuchen:die so genannte Akteur-Netz-werk-Dimension4. Die kogniti-onsstrukturierenden Effekte derMedialität werden nun nichtmehr allein aus der produkti-onsseitigen Perspektive der ein-zelnen Zeichenproduzenten inden Blick genommen, sondernzusätzlich aus der der Zeichen-systemeigenschaften, die durchinteraktive Zeichenhandlungenbestimmt sind. Die Untersu-chungsperspektive bezieht alsonun die so genannte semiologi-scher Handlungsmacht, „Agen-cy”5 mit ein. Mit der semiologi-schen Agency tritt ein Bestim-mungsmoment in den Fokusder Aufmerksamkeit, das dieZeichenhandlungen von Indivi-duen und deren kognitive Ef-fekte zwar maßgeblich be-stimmt, in bislang häufig alleinsprecherfokussierten linguisti-schen und medientheoreti-schen Analysen aber nicht hin-reichend zum Untersuchungs-gegenstand gemacht werdenkonnte.

http://www.fk-427.de

Autor:Univ.-Prof. Dr.phil. Ludwig Jäger ist GeschäftsführenderDirektor des Kulturwissen-schaftlichen Forschungskollegs427 „Medien und kulturelleKommunikation” und Inhaberdes Lehrstuhls für DeutschePhilologie.

kognitiver Prozesse

THEMEN

SONDER-FORSCHUNGS-BEREICHE

411Vgl. hierzu etwa die Studien von GiselaFehrmann: Die diskursive Logik kategori-eller Wissensstrukturen, In: Ludwig Jä-ger/Erika Linz (Hg.): Medialität undMentalität, München 2004, S. 69-98;Klaudia Grote: ‘Mediale Relativität’: Aus-wirkungen der gestisch-visuellen undvokal-auditiven Sprachmodalität auf se-mantische Strukturen, In: Ludwig Jäger/Erika Linz (Hg.): Medialität und Menta-lität. Theoretische und empirische Studi-en zum Verhältnis von Sprache, Subjekti-vität und Kognition, München 2004;Klaudia Grote/Erika Linz: The Influenceof Sign Language Iconicity on SemanticConceptualization, In: Wolfgang G. Müller/Olga Fischer (Hg.): From Sign to Sign-ing. Iconicity in Language and Literature3, Amsterdam/Philadelphia 2003, S. 23-40 sowie Luise Springer: Medien-differenz und Sprachverwendung. Eineempirische Studie zur medienspezifi-schen Prozessierung des Sprachwissensbei Agrammatikern und Sprachgesun-den, In: Ludwig Jäger/Erika Linz (Hg.):Medialität und Mentalität, München2004, S. 220-248.

2Zum Begriff der „rekursiven Transkripti-vität” vgl. Ludwig Jäger: Transkriptivität.Zur medialen Logik der kulturellen Se-mantik. In: Ludwig Jäger/Georg Stanitzek(Hg.): Transkribieren - Medien/Lektüre.

München: Fink 2002, 19-41; ebensoders.: Störung und Transparenz. Skizzezur performativen Logik des Medialen,In: Sybille Krämer (Hg.): Performativitätund Medialität, München 2004, 35-73sowie ders: Transkriptive Verhältnisse.Zur Logik intra- und intermedialer Be-zugnahmen in ästhetischen Diskursen.In: Gabriele Buschmeier/Ulrich Konrad/Albrecht Riethmüller (Hg.): Transkriptionund Fassung. Bericht des KolloquiumsMainz 2004. Mainz: Akademie der Wis-senschaften und der Literatur [imDruck].

3Vgl. hierzu Wiebke Iversen/Hans C.Nuerk/Ludwig Jäger/Klaus Willmes: TheInfluence of an External Symbol Systemon Number Parity Representation, orWhat’s Odd About 6?, in: PsychonomicBulletin & Review, 13/ 4, (2006), S.730-736.

4Vgl. hierzu Bruno Latour: On Actor-Network Theory. A Few Clarifications, in: Soziale Welt, 47 (1996), S. 369-381.

5Vgl. zu diesem Terminus Alfred Gell:Art and Agency. An AnthropologicalTheory, Oxford 1988.

Page 42: RWTH-Themen Sonderheft 2007

Olaf Dambon, Fritz Klocke, Ekkard Brinksmeier

Mit dieser Vision startetenim Jahr 2001 die Forschungsar-beiten. Nach sechs Jahren be-findet sich der Transregio in derMitte der zweiten Förderperi-ode. Die Forschungsarbeitenzielen auf die gesamte Prozes-skette – vom Optikdesign überden Formenbau inklusive derSchichtentwicklung bis hin zurReplikation. Begleitet werdensie durch Untersuchungen zurMesstechnik, die dazu beitra-gen, Fragen der Maschinenin-tegration und eines durchgän-gigen Datenmanagements zuerforschen. Obwohl viele wis-senschaftliche Fragen nochnicht beantwortet sind, könnendie Forscher zur „Halbzeit” be-reits einige hochinteressante Er-gebnisse vorweisen:

Als beteiligter Forschungs-partner untersucht das Fraun-hofer-Institut für Produktions-technologie die Mechanismenchemo-mechanischer Polierpro-zesse. Den Mitarbeitern des In-stituts gelang es bereits, diegrundlegenden Wechselreaktio-nen bei der Polierbearbeitungvon Werkzeugbauwerkstoffen,wie Werkzeugstahl für denKunststoffspritzguss oder Hoch-leistungskeramik für das Präzisi-onsblankpressen, zu beschrei-ben. Erst die technologischeTransparenz dieser Abläufeschafft die Voraussetzung füreine prozesssichere Polierbear-beitung komplexerer Ober-flächengeometrien. Kinemati-sche Aspekte und das Polier-werkzeugdesign stehen dabeiim Vordergrund.

Anhand einer eigens zu die-sem Zweck aufgebauten fünf-achsigen Polierspindel ließensich so nicht-rotationssymmetri-sche Bauteile vollautomatischpolieren. Die fundierten tech-nologischen Kenntnisse bildendie Basis für die Polierbearbei-tung von Freiformflächen eben-so wie für die deterministischeFormkorrektur bereits polierterOberflächen. Erst auf dieseWeise konnten die in der Op-tikfertigung üblichen höchstenFormgenauigkeiten reprodu-zierbar erzielt werden, sieheBild 2. Eine weitere technologi-sche Herausforderung bot bis-her die Polierbearbeitung kleins-ter Mikrostrukturen, die am La-

bor für Mikrozerspanung derUniversität Bremen untersuchtwird. Die Ergebnisse der For-schungsarbeiten zu Fragen desWerkzeugdesigns helfen heutedabei, die Oberflächengütenvon Mikrostrukturen im Sub-millimeterbereich deutlich zuverbessern.

Ein weiteres Highlight unterden Ergebnissen ist eine Frei-formoptik, die das einfallendeLicht so streut und bündelt,dass auf einem Projektions-schirm ein festgelegtes Abbilderscheint. Die Forschung kon-zentrierte sich hier besondersdarauf, die Datenschnittstellezwischen dem Optikdesign unddem NC-Datencode für dieMaschinensteuerung zu opti-mieren.

Dies sind nur einige Beispieleaus dem zentralen Bereich desTransregio, dem ultrapräzisenFormenbau. Ergänzt werden siedurch Arbeiten an neuen Schicht-systemen, die das Kontaktverhal-ten zwischen der Pressform undder heißen Kunststoff- oder Glas-optik im nachfolgenden Replika-tionsprozess verbessern.

An der Replikation der Op-tiken sind das Institut fürKunststoffverarbeitung sowiedas Fraunhofer-Institut für Pro-duktionstechnologie beteiligt.Der Fokus der Arbeiten liegtauf der Verbesserung der Ab-formgenauigkeit. Das Institutfür Kunststoffverarbeitung un-tersuchte dazu die Prozessein-flussgrößen, die für die Qualitätdes Spritzgießprozesses relevanterscheinen. Auf diese Weiselässt sich feststellen, welcheAbhängigkeiten zwischen opti-schen Qualitätskriterien undProzessparametern bestehen.Das Fraunhofer-Institut unter-sucht außerdem das Präzisions-blankpressen zur Replikationvon Glas, vor allem die Interak-tionen des Glases bei Tempera-turen über 500 Grad Celsiusmit dem Formenmaterial. Solassen sich unerwünschte Reak-tionen des heißen, reaktiven

Glaswerkstoffs mit der Formvermeiden. Indem die Forscherden Umformprozess der Glasop-tik vorab im Computer simulie-ren, können sie die Schrump-fung des Glases bei der Umfor-mung berechnen und so bereitsbeim Formenbau berücksichtigen.Eine wichtige Rolle in der Wert-schöpfungskette der Optikpro-duktion spielt auch die Mess-technik. Dabei geht es nichtnur um das Erfassen von Mi-kro- und Makrogeometrie deroptischen Bauteile. Auch Analy-sen der Randzonen von For-men und Optikkomponentensind Bestandteil der Forschungs-arbeiten. Hier leistet der ameri-kanische Forschungspartner, dieOklahoma State University ausStillwater, seinen wichtigen Bei-trag: Geeignete Nanoscrat-ching- und Nanoindentations-verfahren sollen dazu dienen,die Eigenschaften der interagie-renden Oberflächen bereits aufden ersten Nanometern zu be-stimmen. Gerade diese Größen-ordnungen sind in der Ultraprä-zisionstechnik relevant, denndie geringen Bearbeitungskräftebeeinflussen tiefer liegendeMaterialschichten nicht mehr.Die Analyse der physikalischenund chemischen Eigenschaftender Randzonen lässt jedoch ers-te Rückschlüsse auf die Wirk-mechanismen der Bearbei-tungsverfahren zu.

Eine Prozesskette ist abernicht abgeschlossen, wenn nurihre einzelnen Glieder betrach-tet werden. Vielmehr nochkommt es auf die Schnittstellenzwischen den Teilprojekten an.Die Integration dieser Teilpro-jekte in ein sinnvolles Ganzesist Aufgabe des „Quality ChainManagements” am Fraunhofer-Institut für Produktionstechno-logie. Hier gilt es zu erforschen,welche Informationen zwischenden Beteiligten in der Prozess-kette ausgetauscht werdenmüssen – und vor allem in wel-cher Form. So wollen die For-scher mit einer internetbasier-ten Software alle Daten und In-formationen innerhalb der Pro-zesskette sammeln und ablegen.

Die Präsentation der wis-senschaftlich-inhaltlichen Arbei-ten steht im Mittelpunkt dernächsten Begehungsrunde im

Transregionale KooperationZukunftstechnologien zur Herstellung komplexer Optikkomponenten

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ICHEIIm Transregio 4 „Prozessketten

zur Replikation hochgenauerKomponenten” erarbeiten dieUniversität Bremen, die RWTHAachen und die Oklahoma Sta-te University in Stillwater, USA,gemeinsam die wissenschaftli-chen Grundlagen der Herstel-lung optischer Komponentenmit komplexen Oberflächen-geometrien. Während die Pro-zesse für einfach gekrümmtesphärische Optiken, die bei-spielsweise in Mikroskopen ein-gesetzt werden, bereits indus-triell etabliert sind, ist die Her-stellung komplex geformterOptiken wie Asphären undFreiformflächen durch einenhohen Messaufwand und zahl-reiche Iterationsschleifen ge-kennzeichnet. Die Fertigungdieser Bauteile ist daher bisheute aufwändig, teuer und aufgeringe Stückzahlen beschränkt,obwohl sie enorme funktionelleVorteile bieten. Erst Replikati-onsverfahren wie das Spritz-gießen von Kunststoffoptikenoder das Präzisionsblankpressenoptischer Gläser versprechen ei-ne effiziente Herstellung kom-plex geformter Optiken in ho-hen Stückzahlen.

Bereits Ende des ausgehen-den Jahrhunderts benannte dieAgenda „Optische Technologi-en für das 21. Jahrhundert” die„Entwicklung deterministischerProduktionstechnologien hoherVariabilität” als Aktionen mithöchster Priorität für die Op-tikfertigung. Angewandt aufdie bestehenden Fertigungspro-zesse für Optiken heißt dies:

Entwicklung deterministi-scher Schleif- und Polierprozes-se, vor allem für komplexeOberflächen,

Entwicklung stabiler Replika-tionsverfahren mit reproduzier-barem Arbeitsergebnis,

Entwicklung industrietaugli-cher Mess- und Prüfverfahren.Der Transregio greift diese Her-ausforderungen auf, um diegrundlegenden Voraussetzun-gen für sichere Prozesskettenund deterministische Ferti-gungsprozesse zur Replikationkomplexer Optikkomponentenzu schaffen, siehe Bild 1.

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Jahr 2008. Dazu positionierensich alle beteiligten Forschungs-partner und stimmen ihre wei-terführenden Arbeitsprogram-me ab. Oberstes Ziel ist einnoch stärkerer Anwendungsbe-zug in der letzten Förderperi-ode, obgleich schon heute vieleTeilergebnisse den Weg in dieindustrielle Praxis gefunden ha-ben. Auf einem alljährlich statt-findenden Industriekolloquiumpräsentieren die Transregio-For-schungspartner ihre Ergebnisseder Industrie.

http://www.sfb-tr4.uni-bremen.de/

THEMEN

SONDER-FORSCHUNGS-BEREICHE

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Bild 1: Beispiel einer komplexen Optikkomponente.

Bild 2: Fünfachsiger Polierkopfund polierte Freiformfläche.

Bild 3: Simulation des Umformprozesses von Glas.

Autoren:Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Ekkard Brinksmeier ist Sprecherdes Transregio 4 „Prozesskettenzur Replikation hochgenauerKomponenten” und Leiter desLabors für Mikrozerspanungder Universität Bremen. Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Fritz Klocke ist stellvertre-tender Sprecher und Inhaberdes Lehrstuhls für Technologieder Fertigungsverfahren undLeiter des Fraunhofer-Institutsfür Produktionstechnologie.Dr.-Ing. Olaf Dambon ist Ober-ingenieur am Fraunhofer-Insti-tut für Produktionstechnologie.

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Bild 4: Wissenschaftler amFraunhofer-Institut für Pro-duktionstechnologie unter-suchen den Fertigungsprozessdes Polierens, der den entschei-denden letzten Schritt bei derHerstellung von Stahlwerkzeug und -formen mit hoher Oberflächengüte darstellt.Foto: Peter Winandy

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WMartin Beneke

Teilchenphysikern der RWTHAachen, der Humboldt-Univer-sität zu Berlin, der UniversitätKarlsruhe und dem DeutschenElektronen-Synchrotron DESY-Zeuthen. Das Institut für Theo-retische Physik E der RWTHAachen ist mit drei Arbeitsgrup-pen an sechs Teilprojekten be-teiligt. Die Schwerpunkte rei-chen von der Erforschung derVerletzung der CP-Symmetriein Zerfällen schwerer Mesonenbis zur Berechnung von Quan-tenfluktuationen in der Produk-tion von Higgs-Teilchen undhypothetischen Teilchen, die inso genannten supersymmetri-schen Verallgemeinerungen desStandardmodells vorhergesagtwerden.

Aus diesem Themenspek-trum soll im Folgenden diePhysik des top-Quarks heraus-gegriffen werden, die die dreiAachener Arbeitsgruppen ver-bindet. Unter den bekanntenfermionischen Elementarteil-chen nimmt das top-Quark ei-ne besondere Stellung ein. Miteiner Masse von 175 GeV/c2

wiegt es so schwer wie 180Wasserstoffatome zusammen,obwohl es sich nach heutigerKenntnis um ein strukturloses,punktförmiges Objekt handelt.Solch schwere Objekte könnenzurzeit nur im Tevatron am Fer-milab nahe Chicago produziertwerden, in dem Protonen undAntiprotonen auf eine Energievon jeweils 1000 GeV be-schleunigt werden. Dabei wirdbei einer von 100 MilliardenKollisionen ein top-Quark zu-sammen mit seinem Antiteil-chen erzeugt. Seit seiner Ent-deckung 1995 wurden deshalberst etwa 35.000 top-Quarksproduziert, von denen nur einBruchteil im Detektor nachge-wiesen werden konnte. Auf-grund der höheren Strahlener-gie und -intensität wird die ent-sprechende Zahl von top-Quarks am LHC in weniger alseinem Tag erzeugt. Deshalb istdie top-Quark-Physik ein hoch-aktueller Forschungsgegen-stand.

Top-Quarks spielen als Kon-stituenten der Materie keineRolle, weil sie in0.0000000000000000000000005 Sekunden (5 ·10-25 s) in das

nächst leichtere Quark und einEichboson der schwachenWechselwirkung zerfallen, sieheBild 1. Neben seiner unerklär-lich großen Masse rührt dieFaszination des top-Quarks –und seine Relevanz für die Teil-chenphysik – vor allem aus sei-ner starken Kopplung an dasnoch unentdeckte Higgs-Feldund den damit verknüpftenQuantenfluktuationen. Diesesind so stark, dass die Massedes top-Quarks schon vor sei-ner direkten Produktion ausPräzisionstests der elektro-schwachen Kraft vorhergesagtwerden konnte. Sie destabilisie-ren den Grundzustand desStandardmodells und müssendurch die Fluktuationen eineshinreichend schweren Higgs-Teilchens kompensiert werden.Schließlich spielt das top-Quarkdurch seine Wechselwirkungmit dem Higgs-Feld eine wich-tige Rolle bei der Aufklärungdes Mechanismus der Mas-senerzeugung und möglicher-weise sogar bei der Erzeugungder Materieasymmetrie imfrühen Universum, der wir un-sere Existenz verdanken!

In einem mittlerweile abge-schlossenen Projekt wurdendeshalb von Aachener Physi-kern die Quantenkorrekturender starken Wechselwirkungzur Erzeugung eines top-Quarks, seines Antiteilchensund eines Higgs-Teilchens be-rechnet. Bei diesem Prozesswird das Higgs-Teilchen vonden top-Quarks emittiert. Einwichtiger Konsistenztest derTheorie besteht nun darin ex-perimentell nachzuweisen, dassdie Stärke der Higgs-Emissiondirekt mit der Masse des top-Quarks verknüpft ist. Darüberhinaus kann die Produktion ei-nes Higgs-Teilchens in Assozia-tion mit top-Quarks sogar ei-nen wichtigen Beitrag zur Ent-deckung des Higgs-Teilchensliefern, wenn dieses nicht zuschwer ist.

Angesichts der geringenZahl bisher produzierter top-Quarks ist die Spindynamik ex-perimentell noch völlig uner-forscht. Auch hier werdentheoretisch neue Phänomenevorhergesagt. Während alle an-deren Quarks nach etwa 10-24

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Warum ist die schwache Wech-selwirkung so kurzreichweitigund bestimmt deshalb nicht wiedie elektromagnetische Kraftdie mikroskopische Strukturvon Atomen, Molekülen undFestkörpern? Werden die Mas-sen der Quarks und Leptonentatsächlich durch den allesdurchdringenden Äther einesHiggs-Felds erzeugt? – Es ge-hört zu den Kuriositäten derQuantenwelt, dass zur Beant-wortung dieser Fragen, zur Er-gründung der fundamentalenNaturgesetze und des Urspungsdes Universums gerade diejeni-gen Elementarteilchen vonhöchster Bedeutung sind, dieso schwer und vor allem soflüchtig sind, dass sich in deruns umgebenden Natur keineSpur mehr von ihnen findet. Siemüssen deshalb in Kollisionenvon Elektronen oder Protonen,die auf sehr hohe Energien be-schleunigt werden, künstlicherzeugt werden. Das Jahr 2007ist dabei ein besonderes Da-tum, denn nach über zehn Jah-ren wird mit dem Large HadronCollider, kurz LHC, am For-schungszentrum CERN beiGenf erstmals wieder ein neuesInstrument in Betrieb genom-men, das in unbekannte Ener-giebereiche vorstößt. Die ansolchen Beschleunigern stattfin-denden Hochenergiereaktionenerfordern zu ihrer Interpretationaufwändige theoretische Rech-nungen. Denn selten ist dieSignatur eines neuen Teilchens,zum Beispiel des Higgs-Teil-chens, der Anregung desHiggs-Felds, eindeutig und of-fensichtlich - sie muss vielmehraus dem Hintergrund bekann-ter Prozesse herausgefiltertwerden, die entsprechend ge-nau bekannt sein müssen. DieVorhersage von Effekten bisherunentdeckter Teilchen sowie diepräzise Berechnung und Kennt-nis des so genannten Standard-modells der Elementarteilchenund seiner Naturkonstantenstellen Theoretiker vor großeHerausforderungen. Insbeson-dere die zweite Aufgabe stehtim Zentrum des Sonderfor-schungsbereich/Transregio 9„Computergestützte Theoreti-sche Teilchenphysik”, einer Kol-laboration von theoretischen

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Theoretische Rechnungendie Quanteneigenschaften

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THEMEN

SONDER-FORSCHUNGS-BEREICHE

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erschließen schwerer Teilchen

Sekunden hadronische Bin-dungszustände eingehen, wo-bei die Spininformation verlo-ren geht, zerfällt das top-Quarkzu schnell um zu hadronisieren.Dadurch besteht die einzigarti-ge Möglichkeit, über die Win-kelverteilungen der Zerfallspro-dukte die Spinkorrelationen ei-nes fast freien Systems vonQuarks zu messen. In einemProjekt des Transregio werdendafür präzise Vorhersagen be-rechnet, die bald am LHC ei-nem experimentellen Test un-terworfen werden. Daraus er-hofft man auch Erkenntnisseüber den Spin und die Paritätneuer Teilchen, die möglicher-weise in top-Quarks zerfallen.

Werden ein top-Quark undsein Antiteilchen mit kleiner Re-lativgeschwindigkeit erzeugt,dann entsteht für einen winzi-gen Augenblick ein System, indem sich beide unter dem Ein-fluss der starken Wechselwir-kung einfangen, und einen Bin-dungszustand bilden, der demWasserstoffatom oder dem Po-sitronium ähnelt. Die Dimensio-nen sind jedoch völlig verschie-den. Auf Grund der großenMasse des top-Quarks hat dasToponium einen Durchmesser,der nur dem zehnmillionstenBruchteil eines Wasserstoffa-toms entspricht und noch hun-dert mal kleiner als ein Protonist. Die kurze Lebensdauer ei-nes top-Quarks macht das Sys-tem jedoch so instabil, dass sichdie Konstituenten im Mittel nureinmal umkreisen. Man erwar-tet deshalb in Folge der Un-schärferelation eine breite Re-sonanz, die man in hochener-getischen Elektron-Positron-Kollisionen abtasten kann, umdie Masse des top-Quarks mitsehr hoher Genauigkeit zu be-stimmen. In einem weiterenTeilprojekt des Transregio wirddeshalb die Form der Resonanzgenau berechnet. Die Stärkeder Wechselwirkung macht dieBetrachtung hoher Ordnungenin der Störungsentwicklungnötig. Die Rechnungen über-treffen deshalb an Komplexitätalle vergleichbaren Rechnun-gen, die für elektromagnetischeBindungszustände durchgeführtwurden, und erfordern die Ent-

Bild 1: Produktions- und Zerfallskette eines top-Quarkpaars.Quelle: http://wwwd0.fnal.gov/Run2Physics/top/

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DIE

WISSEN-SCHAFTS-NACHT

wicklung neuer theoretischerMethoden, um quantenfeld-theoretische Effekte korrekteinzubeziehen. Diese Arbeitenwerden im Rahmen des Pro-jekts in enger Zusammenarbeitzwischen Physikern der RWTHAachen und der UniversitätKarlsruhe durchgeführt. Geradehier zeigt sich die Stärke desTransregio-Konzepts, da die Zu-sammenführung der in beidenGruppen vorhandenen techni-schen Expertise für den Erfolgdes Projekts wesentlich ist.

Längst arbeiten theoretischeTeilchenphysiker nicht mehrausschließlich mit Papier undBleistift. Dies trifft nicht nur aufForschung zu, an deren Endenumerische Simulationen ste-hen. Auch vollkommen analyti-sche Rechnungen sind in derRegel so umfangreich, dass dieManipulation der dabei entste-henden Formeln durch denComputer durchgeführt werdenmuss. Der Aspekt der compu-tergestützten Physik kommt imTransregio auf unterschiedlicheWeise zum Tragen. Bei der Be-rechnung hoher Ordnungen inder Störungsentwicklung vonQuantenfeldtheorien müssenunter Umständen Tausende vonFeynman-Diagrammen auto-

matisch generiert und in ma-thematische Ausdrücke über-setzt werden. Diese werdendann durch anwendungsspezifi-sche Algorithmen auf wenigeBasisausdrücke reduziert. Dieskann einerseits durch Erzeu-gung und Lösung von Glei-chungssystemen mit bis zumehreren zehntausend Unbe-kannten geschehen, oder durchEntwicklungen, wodurch zwi-schenzeitlich Ausdrücke vonder Größe im Bereich von Tera-byte entstehen können. SolcheProbleme können nur noch teil-weise mit Hilfe hochentwickel-ter Programmierumgebungenwie Mathematica gelöst wer-den. Die Entwicklung effizien-terer Computeralgebra-Pro-gramme ist deshalb ebenfallsGegenstand des Transregio;zum Beispiel wird in einem ander Universität Karlsruhe ange-siedelten Projekt zurzeit dasFORM-Programm parallelisiert.Auf der numerischen Seite be-stehen die Herausforderungenvor allem in der Ausführungvon hochdimensionalen Pha-senraumintegralen, deren Inte-grand eine komplizierte Singu-laritätenstruktur besitzt. Diesemuss auf der Basis von physika-lischen Prinzipien a priori ver-

standen sein, um die singulärenBereiche zu subtrahieren undeine numerisch stabile Auswer-tung zu gewährleisten, diedann mit Monte-Carlo-Integra-tionsmethoden erfolgt. DieMonte-Carlo-Integrationkommt in ganz besondererWeise bei der Auswertung desFunktionalintegrals in diskreti-sierten Quantenfeldtheorien zurAnwendung. Die damit ver-knüpften Aspekte des Höchst-leistungsrechnens sollen jedochhier nicht weiter ausgeführtwerden, da sie innerhalb desTransregio nicht durch dieRWTH Aachen vertreten sind.

Der Sonderforschungsbe-reich/Transregio 9 „Computer-gestützte Theoretische Teil-chenphysik” wurde Anfang2007 für weitere vier Jahre ver-längert. Alles spricht dafür, dasses sich um den spannendstenZeitraum für die Teilchenphysikseit 30 Jahren handelt. An sei-nem Ende könnte die Entdeck-ung des lange gesuchten Higgs-Teilchens stehen, oder einerganzen Familie von neuenschweren Teilchen, wie sie infast allen Erweiterungen desStandardmodells der Elementar-teilchen vorhergesagt werden.Die Theoretiker können schließ-

lich ihre Modelle an der Realitätmessen. Vielleicht aber schlägtdie Natur allen Erwartungen einSchnippchen und zwingt zurEinführung neuer Konzepte, diebisher noch niemand erdachthat. Die mittelfristige For-schung des Transregio wirddeshalb entscheidend durch dieim LHC-Experiment gewonnen-en Erkenntnisse bestimmt.

http://sfb-tr9.physik.uni-karlsruhe.de/

Autor:Univ.-Prof.Dr. rer. nat. Martin Beneke ist stellver-tretender Sprecher des Sonder-forschungsbereich/Transregio 9 „Computergestützte Theore-tische Teilchenphysik” und Leiter des Instituts für Theoretische Physik E.

Bild 2: Professor Martin Beneke und Dipl.-Phys.Kurt Schuller besprechen die Subtraktion von Singularitäten

bei der Produktion eines top-Quark-Atoms.Foto: Peter Winandy

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WISSEN-SCHAFTS-NACHT

Kármán-Auditorium ab 19 Uhr – Eintritt freiTechnik und Film • Wissenschaft und Kabarett • Forschung und Musik

9.11.2007

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W

Norbert Klitzsch, Gunnar Ketzler,

Clemens Simmer

pen entwickeln Wissenschaftlerder RWTH Aachen am Institutfür Makromolekulare Chemiesowie am Lehrstuhl für Ange-wandte Geophysik und Geo-thermie, in Zusammenarbeitmit dem ForschungszentrumJülich neue Methoden, mit de-nen sich Speicher- und Trans-porteigenschaften von Bödenvor Ort schnell und einfach be-stimmen lassen. Forscher derUniversität Köln gleichen dieseMesswerte dann mit Satelliten-daten ab. Wie wichtig derAspekt Bodenfeuchte beispiels-weise für Wettervorhersagenist, weiß jeder, der Küsten- undKontinentalklima vergleicht:Wasser ist ein sehr guter Wär-mespeicher – Grund für die mil-den Winter an den Küsten.

Auch feuchte Böden speicherndaher Wärme viel besser alstrockene, versorgen aber auchdie Atmosphäre mit dem Grund-stoff für Regen. Nicht nur dieBodenfeuchte, sondern auchdie Art der Vegetation, also obes sich um ein Feld, einen Waldoder gar um eine Stadt – mitgrößtenteils versiegelten Flä-chen – handelt, beeinflusst daslokale Klima. Dass dies zu star-ken kleinräumigen Temperatur-unterschieden führen kann,spürt man deutlich am Abendnach einem heißen Sommertag,wenn man aus der „heißenStadt” in den „kühlen Wald”kommt. Die Arbeitsgruppe Phy-sische Geographie und Klimato-logie der RWTH Aachen ent-wickelt Ansätze, wie diese

kleinräumigen Temperaturvaria-tionen in grobskaligere Klima-modellierungen einfließen kön-nen, wie sie beispielsweise fürWettervorhersagen gemachtwerden. Dabei kommen unteranderem.Thermalscannerdatenzum Einsatz. Das sind Infrarot-aufnahmen, die die Ober-flächentemperatur wiederge-ben, siehe Bild 1.

Neben der Oberflächen-temperatur und der Boden-feuchte gilt das Interesse derForschung in Aachen auch demWassertransport im Boden, derwiederum von der Bodenfeuch-te, aber auch von der Boden-struktur – zum Beispiel bedingtdurch die Bodenart – abhängt.Diese Größen bestimmen, obWasser durch den Boden trans-

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Wir treten ihn täglich mit Füßen,aber was sich genau im und amBoden abspielt, wissen wir nicht –zumindest, was den Wasser-und Energieaustausch mit derAtmosphäre anbelangt. DerTransregio 32 „Pattern in Soil-Vegetation-Atmosphere Sys-tems: Monitoring, Modelling,and Data Assimilation” willLicht ins Dunkel bringen. Erstartete am 1. Januar 2007 un-ter Leitung der RheinischenFriedrich-Wilhelms-UniversitätBonn. Außer den Bonner Wis-senschaftlern sind drei Arbeits-gruppen der RWTH Aachen so-wie Forscher der Universität zuKöln und des Forschungszen-trums Jülich beteiligt. Ziel ist es,Energie-, Gas- und Wasseraus-tausch zwischen Boden und At-mosphäre besser zu verstehen.Am Ende sollen Computermo-delle stehen, die die Grundlagefür genauere Wetter- und Kli-maprognosen liefern. Die Er-gebnisse sollen aber beispiels-weise auch zu besseren Vorher-sagen von Überschwemmun-gen beitragen. Zwei MillionenEuro jährlich fließen zunächstbis 2010 an die beteiligten In-stitute – gut investiertes Geld,wie Professor Clemens Simmervon der Universität Bonn undSprecher des Transregioglaubt: „Eine bessere Modellie-rung der Prozesse an der ‚At-mosphären-Unterkante’ – alsoinsbesondere an der Grenz-schicht zwischen Luft und Bo-den – ist für die Klimaforschungextrem wichtig.”

Wenn es um den Bodenunter unseren Füßen geht, wer-den ganz einfache Fragenschnell ziemlich kompliziert.Beispiel Bodenfeuchte: „Diekann man natürlich messen”,so Simmer, „das ist punktuellauch ziemlich einfach. Das Pro-blem ist nur: Schon einen Me-ter weiter kann das Erdreichviel feuchter oder trockenersein.” Wie nass der Boden ist,kann man auch mit Satellitenaus dem All feststellen. „Aberwas messen die genau?”, fragtsich Simmer. „Geben die Wertewirklich die mittlere Boden-feuchte wieder, wie man bis-lang annimmt?”

Das ist nur eines der Rätsel,die die Projektpartner klärenmöchten. In zwei Arbeitsgrup-

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Wie der Boden das K

Bild 1: Die Thermalscannerauf-nahme zeigt die farbcodierteOberflächentemperatur eineskleinen Tales und der Siedlung

Bild 2: Zweidimensionale Vertei-lung der imaginären Leitfähig-keit farbcodiert unterhalb einesMessprofils. Anhand dieses

Brand in der Nähe von Aachen.Kleinräumige Unterschiede der Oberflächentemperatur von 20 K, wie hier gezeigt,

sind auch in Mitteleuropa nicht ungewöhnlich.

Parameters kann die Bodenartunterschieden werden. DieGrenze zwischen Sand undSchluff/Ton liegt etwa bei

0.1 mS/m, grüne Farbe. Ton ist hier rot, Sand blau dargestellt.

Page 51: RWTH-Themen Sonderheft 2007

portiert oder in ihm gespeichertwird, und damit auch, welcherAnteil des Niederschlags insGrundwasser gelangt. Auch wieviel Wasser für Pflanzen zurVerfügung steht und wie vielWasser verdunstet, hängt vonder Bodenfeuchte und -strukturab. Zwar ist es möglich, dieseGrößen punktuell und an Pro-ben im Labor zu bestimmen,nicht aber ihre räumliche Ver-teilung im Feldmaßstab. Dafürsollen Verfahren zur Auswer-tung von NMR-, kurz für nu-klearmagnetische Resonanz,und EIS-Messungen, die elektri-sche Impedanzspektroskopie,entwickelt werden. Die Mess-signale beider Methoden hän-gen hauptsächlich von der Bo-denfeuchte und -struktur ab, so

dass diese Zielgrößen aus denphysikalischen Messungen ab-geleitet werden sollen. Die Me-thoden können ähnlich wie beider aus der Medizin bekanntenRöntgentomographie als bild-gebende Verfahren eingesetztwerden und somit die räumli-che Heterogenität in Böden ab-bilden, aber auch zur Beobach-tung zeitlicher Variationen, bei-spielsweise nach Regen, ge-nutzt werden.

Ein Beispiel für die Unter-scheidung der Bodenart anhandelektrischer Messungen zeigtBild 2, wo die Verteilung derimaginären Leitfähigkeit unter-halb eines Messprofils abgebil-det ist. Laboruntersuchungenhaben ergeben, dass die ima-ginäre Leitfähigkeit mit der

Korngröße und damit mit derBodenart korreliert. Darausfolgt, dass anhand der ima-ginären Leitfähigkeit zum Bei-spiel zwischen wassergesättig-tem Sand und Ton unterschie-den werden kann.

Letztendlich soll ein besse-res Verständnis des Wasser-transports im Boden sowie desEinflusses der Vegetation aufdas lokale Klima zu einer ver-besserten Berechnung der Pro-zesse an der Atmosphärenun-terkante und damit zu genaue-ren Wetter- und Klimaprogno-sen beitragen.

www.meteo.uni-bonn.de/projekte/tr32-wiki/doku.php/home

Autoren:Dr.rer.nat. Norbert Klitzsch istWissenschaftlicher Mitarbeiteram Lehrstuhl für AngewandteGeophysik und Geothermie amE.ON Energy Research Centerder RWTH Aachen. Dr.phil. Gunnar Ketzler ist Wissenschaftlicher Mitarbeiteram Geographischen Institut der RWTH Aachen. Univ.-Prof. Dr.rer.nat. ClemensSimmer ist Sprecher des Trans-regio 32 „Pattern in Soil-Vege-tation-Atmosphere Systems:Monitoring, Modelling, andData Assimilation” und Inhaberdes Lehrstuhls für Allgemeineund Experimentelle Meteorolo-gie der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.

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SONDER-FORSCHUNGS-BEREICHE

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s Klima beeinflusst

Bild 3: Am Lehrstuhl für Ange-wandte Geophysik und Geo-thermie im E.ON Energy Resarch

Center werden Methoden ent-wickelt, mit denen der Wasser-gehalt und die Permeabilität von

Böden bildgebend im Geländebestimmt werden können.Foto: Peter Winandy

Page 52: RWTH-Themen Sonderheft 2007

WToni Wimmer

Die Vorarbeiten zu demSonderforschungsbereich be-gannen schon im Jahr 1981 mitUntersuchungen zur Software-Entwicklung. 1990 wurde zu-sätzlich an je zwei Lehrstühlender Informatik und des Werk-zeugmaschinenlabors eineDFG-Forschergruppe ins Lebengerufen, die sich speziell derUntersuchung von Entwick-lungsprozessen in der Ferti-gungstechnik widmete. Dies er-wies sich als ideale Vorausset-zung für die Einrichtung desSonderforschungsbereichs 476.

Insgesamt sechs RWTH-In-stitute, der Lehrstuhl für Pro-zesstechnik, das Institut fürKunststoffverarbeitung, das In-stitut für Arbeitswissenschaftaus dem Maschinenbau sowiedie Lehrstühle für Informatik 3,4 und 5 mit rund 30 Wissen-schaftlichen Mitarbeitern, kon-zentrierten sich in den Folge-jahren mit einem Gesamtför-dervolumen von neun Millio-nen Euro auf dieses Thema. ImFokus stand dabei vor allem dieAnalyse von Entwicklungspro-zessen, um aus der Kenntnisder Abläufe Verbesserungspo-tenziale abzuleiten. Diese Be-

trachtung erfolgte auch modell-basiert unter Berücksichtigungaller Entwurfkomponenten. Da-bei fanden die Aachener For-scher unter anderem neue Si-mulationsansätze, um die kom-plexen Wechselwirkungen einesiterativen Vorganges adäquatzu beschreiben. Die Schwierig-keit bestand vor allem darin,die im Entwicklungsprozessstattfindenden Fehlererkennun-gen, Umorientierungen oderNeujustierungen in ein Modellzu übertragen. Die Vielzahl derEinflussmöglichkeiten – zumBeispiel auch wie bewährtes Er-fahrungswissen in die Entwick-lung integriert wird – machtedie Aufgabe so anspruchsvollund vielfältig: Neben der Infor-matik und der Verfahrenstech-nik, an deren Beispielen dieProblematik analysiert wurde,war auch die Arbeitswissen-schaft eingebunden.

Bei der eingehenden Be-trachtung der Konsistenz zwi-schen verschiedenen Entwick-lungsergebnissen wurde auchdeutlich, welchen Stellenwertdie multimediale direkte Kom-munikation für einen Entwick-lungsprozess einnimmt. DessenGestaltung widmeten die Aa-chener Wissenschaftler beson-deres Augenmerk und kamenin der Folge zu der Überzeu-gung, dass allein dynamischesManagement in der Lage ist,die kreativen Wechselwirkun-gen von Entwicklern zu organi-sieren. Vielerlei neuartigeWerkzeuge wurden realisiert,Werkzeugintegrations-Plattfor-men für Daten und Rechner-prozesse wurden dabei einge-setzt. Die Architektur desWerkzeugverbunds erlaubteauch die a posteriori-Integratio-nen bestehender Werkzeuge.Mit den Werkzeugen könnenwährend des Entwicklungspro-zesses parallel unterschiedlicheAlternativen berechnet und be-wertet werden.

Wie werden Produkte

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Wie wirken Menschen undWerkzeuge bei der Entwicklungvon komplexen Produkten zu-sammen? Wie ist die Vernet-zung und die gegenseitige Ab-hängigkeit aller beteiligtenKomponenten in einem Ent-wicklungsvorgang zu beschrei-ben? Und wie lassen sich dievielfältigen Beeinflussungen imLaufe eines solchen Entwick-lungsprozesses abbilden? Die-sen Fragen gingen Informatikerund Verfahrentechniker imSonderforschungsbereich 476„Informatische Unterstützungübergreifender Entwicklungs-prozesse in der Verfahrenstech-nik” der Deutschen For-schungsgemeinschaft nach.„Das gesteckte Ziel lautete,Entwicklungsprozesse zu ver-stehen und sie dadurch signifi-kant zu verbessern”, erläutertProfessor Manfred Nagl vomLehrstuhl für Informatik 3 alsSprecher des Sonderforschungs-bereichs. „Die intensive Arbeitin den Jahren von 1997 bis2006 verhalf uns zu einem ver-tieften Verständnis dieser Pro-zesse - nicht nur in der Verfah-renstechnik, sondern auch fürandere Bereiche.” Die Ergebnis-se werden nunmehr im Trans-ferbereich 61 „Neue Konzepteund Werkzeuge für die Verfah-renstechnik-Praxis” in den unter-nehmerischen Alltag übertragen.

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Page 53: RWTH-Themen Sonderheft 2007

„Auch wenn sich unsereAnalysen vor dem Hintergrundverfahrenstechnischer Abläufeabspielten und hier ihre konkre-ten Anwendungen finden,” soProfessor Nagl, „so lassen sichdoch eine Menge grundsätzli-cher Aussagen für andere Berei-che ableiten.” Dies macht die Er-gebnisse des Sonderforschungs-bereichs auch so unterneh-mensrelevant – auch jenseitsder Prozesstechnik. Im Transfer-bereich 61, den die DeutscheForschungsgemeinschaft bis2009 als Anschlussprojekt finan-ziert, finden sich deshalb Fir-men wie Degussa, Bayer, inno-tec, aber auch die AMB Infor-matik. Dieser Transferbereichunterteilt sich in fünf Projekte:

T1: Integrierte Informations-verarbeitung

T3: SimulationsgestützteOptimierung der Organisationvon Entwicklungsprozessen

T5: Konsistenzsicherung ver-fahrenstechnischer Entwicklungen

T6: Dynamisches Prozessma-nagement und

T7: Service-orientierte Anwendungsintegration.

„Auf diesem Wege vermittelnwir unsere Ergebnisse über Me-thoden undWerkzeuge in diebetriebliche Praxis”, so Nagl.Aus seiner Sicht ergeben sichdaraus auch konkrete Verände-rungen in den Firmen. „Wirverfügen zwar noch nicht überein endgültiges Ergebnis undviele Antworten haben neueFragen provoziert. Doch demoptimalen Entwicklungsprozessund damit einer Stärkung derWettbewerbsfähigkeit von Un-ternehmen sind wir ein Stücknäher gekommen.”

www-i3.informatik.rwth-aachen.de/sfb476

Autor:Toni Wimmer ist Leiter der Pressestelle.

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SONDER-FORSCHUNGS-BEREICHE

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e und Prozesse optimal entwickelt?

Page 54: RWTH-Themen Sonderheft 2007

Günter Gottstein

genüber Billiglohnländern ganzerheblich gesteigert werden.

Im Teilprojekt 1 des Trans-ferbereichs „PraxisrelevanteModellierungswerkzeuge” wirdin Zusammenarbeit zwischendem Institut für Eisenhütten-kunde, dem Gießerei-Institut,ACCESS e.V. und der Stahlin-dustrie die Heißduktilität nachder Erstarrung verschiedenerStahlsorten modelliert, umschädliche Heißrisse zu vermei-den. Dazu wird die Mikrostruk-tur des erstarrten Gusskörpers si-muliert und auf Neigung zur Riss-bildung evaluiert. Dabei sollenProzessbedingungen gefundenwerden, bei denen Heißrisse aus-geschlossen werden können.

Im Teilprojekt 2 geht es umProzessmodelle, Werkstoffmo-delle und Simulationsmethodenzur Optimierung beschichteter

Gasturbinenschaufeln ausNickel-Basislegierungen. DasInstitut für Oberflächentechnik,der Lehrstuhl für Werkstoffche-mie und das Institut für Werk-stoffe und Verfahren der Energie-technik des ForschungszentrumsJülich kooperieren mit vier Indus-triepartnern, unter anderem Sie-mens und MTU, um die Lebens-dauer der kompliziert beschichte-ten Schaufeln zu verlängern, dasheißt, Schädigung unter Betriebs-bedingungen zu minimieren.

Um das Umform- und Re-kristallisationsverhalten reiner,gezielt dotierter Aluminiumle-gierungen, die in einer Vielzahlvon Anwendungen, beispiels-weise in der Druckindustriebenötigt werden, geht es inTeilprojekt 3. Hier arbeiten dasInstitut für Metallkunde undMetallphysik, das Institut für

Bildsame Formgebung mit Hy-dro Aluminium Deutschland zu-sammen. Die empfindliche Ab-hängigkeit der Werkstoffeigen-schaften von der Mikrostruktur,die durch die Prozessführungstark beeinflusst wird, erforderteine hochpräzise Simulation derphysikalischen Vorgänge währ-end des Herstellungsprozesses.

Mit acht Industriepartnernarbeiten das Institut für Eisen-hüttenkunde und das Institutfür Schweißtechnische Ferti-gungsverfahren im Teilprojekt 4an der Prognose von Schweiß-nahteigenschaften bei Stählen.Schweißnähte sind stets kriti-sche Stellen für Werkstoffversa-gen, so dass der Prognose vonZähigkeit und Verzug hohe Be-deutung zukommt.

Im Teilprojekt 5 des Trans-ferbereiches bearbeiten das

Bessere Werkstoffe durch SLangwierige Erprobungsphasebei der Werkstoffentwicklung soll künftig entfallen

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ICHEAAnfang 2006 haben sich zehn

RWTH-Institute und 16 Indu-striepartner zu einem dreijähri-gen Transferbereich 63 „Praxis-relevante Modellierungswerk-zeuge” zusammengefunden,um in fünf unabhängigen Pro-jekten praxisnahe Simulation imIndustrieumfeld zu entwickelnund auf Verwendbarkeit zu tes-ten. Die zuvor im Sonderfor-schungsbereich „IntegrativeWerkstoffmodellierung” ge-wonnenen Erkenntnisse undComputerprogramme für dieAnwendung in der Industriesollen im Rahmen des Transfer-programms geprüft werden. Der Sonderforschungsbereich370 „Integrative Werkstoffmo-dellierung” lief Ende 2005 nachzwölf Jahren Förderung durchdie Deutsche Forschungsge-meinschaft aus. Ziel war diedurchgängige Berechnung derEigenschaften eines Werkstoffswährend seines Herstellungs-prozesses auf der Basis physika-lischer Gesetzmäßigkeiten. Da-durch sollte die bisher üblicheempirische Beschreibung vonWerkstoffeigenschaften, die beijeder Änderung der Werkstoff-zusammensetzung oder derProzessbedingungen zu auf-wändigen und daher teurenMessreihen zwecks Ermittlungder empirischen Konstantenführt, abgelöst werden. An ihreStelle sollte eine Modellierungtreten, die es erlaubt, Progno-sen über das Werkstoffverhal-ten während des Herstellungs-prozesses und über die Eigen-schaften des Bauteils am Endeder Fertigungskette für beliebi-ge chemische Zusammenset-zung und Prozessführung abzu-geben. In der letzten Phase desSonderforschungsbereichs wur-de an ausgewählten Werkstof-fen und Prozessketten gezeigt,dass eine solche Prognose prin-zipiell möglich ist und sinnvolleErgebnisse liefert. Diese Infor-mation ist für die Werkstoffin-dustrie von hochgradigem In-teresse, da auf diese Weise dieteure und langwierige Erpro-bungsphase bei der Werkstoff-entwicklung durch Computersi-mulation ersetzt werden kann.Damit können Kosten und Zeiteingespart und somit die Kon-kurrenzfähigkeit speziell ge-

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Bild 1: Simulation der Temperaturspannungen in einer Wärmedämmschicht.

Page 55: RWTH-Themen Sonderheft 2007

h Simulation

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55Gießerei-Institut und der Lehr-stuhl für Werkstoffchemie zu-sammen mit zwei Industriepart-nern die Gefügesimulation vonEisengusskörpern, um derenmechanische Eigenschaften fürvorgesehene Betriebsbedingun-gen zu optimieren. Dazu sindkomplexe Berechnungen zurThermodynamik und Kinetikder Erstarrung erforderlich.

Bisher wurden wesentlicheFortschritte erzielt, akademischgenerierte Forschungsergebnis-se im industriellen Umfeld zuetablieren. In zwei Jahren zei-gen die Ergebnisse, ob der er-wartete Durchbruch industriel-ler Werkstoffentwicklung ge-lungen ist.

http://lx1.imm.rwth-aachen.de/tfb63/html/

Autor:Univ.-Prof. Dr.rer.nat. GünterGottstein ist Sprecher desTransferbereichs 63 „Praxisrele-vante Modellierungswerkzeu-ge” und Leiter des Instituts fürMetallkunde und Metallphysik.

Bild 2: Gasturbine.Quelle: Alstom

Page 56: RWTH-Themen Sonderheft 2007

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Bild 3: Simulationswerkzeugezur virtuellen Herstellung neu-er Werkstoffe werden am Insti-

tut für Metallkunde und Me-tallphysik entwickelt. Dadurchsollen künftig zweckoptimierte

Werkstoffe schneller und kostengünstiger bereitgestellt

werden.Foto: Peter Winandy

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THEMEN

SONDER-FORSCHUNGS-BEREICHE

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Wissenschaftler des Aero-dynamischen Instituts derRWTH Aachen untersuchen die transsonische Strömung anmodernen Tragflügeln, umheutige Entwurfs- und Berech-nungsverfahren für zukünftigeFlugzeuggenerationen zu verbessern.Foto: Peter Winandy

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