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7 Zusammenfassung
Die Schilddrüsenchirurgie hat seit ihren Anfängen in den 80er Jahren des 19.
Jahrhunderts einen rasanten Aufschwung genommen. Eingriffe an der Schilddrüse
wegen einer Struma gehören daher heute zu den häufigsten Operationen. Trotz
einer langen Tradition besteht auch heute noch nicht vollständiger Konsens be-
züglich der adäquaten Resektionsstrategie und der Überwachung des N. laryn-
geus recurrens, dessen Schonung ein Hauptbestandteil jeder Schilddrüsenopera-
tion ist. Beim Vorliegen eines Karzinoms sowie eines M. Basedow bzw. beim Re-
Eingriff wegen eines Rezidives erscheint die Resektionsstrategie klar. Aber gerade
bei der häufigen bilateralen Struma multinodosa beidseits scheuen sich viele Chi-
rurgen, radikal zu operieren. Wir verfolgen auch unter dem Aspekt der
pathophysiologischen Entstehung einer Struma multinodosa ein radikales Resek-
tionskonzept. Hintergrund ist dabei die Rezidivprophylaxe. Da bisher bei ausge-
dehnten Resektionen eine erhöhte Inzidenz von Stimmbandveränderungen postu-
liert wurde, führen wir regelhaft ein Intraoperatives Neuromonitoring sowohl direkt
als auch indirekt durch.
In unserem Kollektiv ist, trotz radikalen Vorgehens, die Rate an transienten, als
auch an permanenten Stimmbandveränderungen und damit an Recurrensparesen
vergleichbar mit den Ergebnissen anderer Kliniken bzw. Studien. Auch wenn das
IONM seine Schwächen in der statistischen Vorhersagequalität aufweist (schlech-
te Sensitivität und schlechter PPV), ist es doch eine Unterstützung nicht nur bei
großen benignen Strumen, sondern auch bei schwierigen Präparationen und
komplizierten Nervenverläufen im Rahmen von Re-Eingriffen bei Strumarezidiven.
Außerdem erleichtert es dem in der Schilddrüsenchirurgie noch nicht so erfahre-
nen Chirurgen den Einstieg in die komplexe Materie. Mit der visuellen Identifikati-
on, die mittlerweile als unbestritten gilt und in der ehemaligen Leitlinie verankert
ist, sowie zusätzlich dem IONM, sehen wir einen Vorteil, um mit vertretbarem Risi-
ko ausgedehnte Resektionen vorzunehmen. Auf dem Hintergrund der Rezidivpro-
phylaxe ist die subtotale Resektion beidseits heutzutage als Ausnahmeverfahren
anzusehen.
Trotz einer seit Jahren verfeinerten Operationstaktik sowie auch einer veränderten
Strategie hat sich dieses Konzept noch nicht in einer Aktualisierung einer Leitlinie
niedergeschlagen. Bisher wurde das IONM nur beim Rezidiveingriff oder beim
Karzinom in verschiedenen Publikationen empfohlen, in der ehemaligen Leitlinie
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ist es gar nicht erwähnt. Unter medikolegalen Aspekten erscheint es auch von ge-
wisser Bedeutung, da man hierbei über eine objektivere Komponente als die rein
visuelle Darstellung verfügt.
Gerade in den letzten 10 Jahren hat ein Paradigmenwechsel stattgefunden. Die
Resektionen werden ausgedehnter, das IONM findet zunehmend Akzeptanz gera-
de in der Breite auf allen Ebenen der Versorgung, d.h. nicht nur in universitären
Krankenhäusern bzw. in Zentren. Außerdem wurden, angetrieben von der Zu-
nahme an minimal-invasiven Operationen im Allgemeinen, auch in der Schilddrü-
senchirurgie neue Verfahren inauguriert, die an spezialisierten Zentren durchge-
führt werden.
Auch bei einer radikalen Resektionsstrategie beim Vorliegen einer Struma multi-
nodosa beidseits ist die Rate an Recurrensparesen mit denen an spezialisierten
Zentren unter besonderer Berücksichtigung einer Rezidivprophylaxe vergleichbar.
Darüber hinaus erscheint es sinnvoll eine aktuelle Leitlinie vorzulegen, in der das
IONM berücksichtigt werden sollte und in der auch umfangreiche Resektionen als
empfehlenswert eingestuft werden. Mit der Unterstützung durch das IONM besteht
kein Grund, eine Thyreoidektomie bei benigner Struma multinodosa nicht durchzu-
führen.