schütz, prozessbetrug 1929

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Uno de los primeros análisis dogmático-penales que se hizo de la interesante figura de la estafa procesal en el Derecho penal alemán. Expone la problemática del momento en torno a la figura.

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    Bei den ber diese Streitfrage foigenden Ausfhrungen sollen neben dem durch eine Handlung' der Partei verbten Betrug, . auch die durch dritte Personen (Zeugen oder Nebeninterveni-enten) ausgefhrten betrgerischen Handlungen bercksichtigt werden, damit eine einheitliche Darstellung der Kausalitts-frage erreicht wird. . , Eine Gruppe von Schriftstellern leugnet ' den Kausal-zusamnierinahg' berhaupt. In frherer Zeit vertrat vor allem E s ehe r61) ' diese Auffassung. Es liege in der Macht jeder Partei, dem Richter die Wahrheit durch Beweismittel oder mit Hilfe von Rechtsmitteln Zu unterbreiten, da bloe lgnerische Bellauptungen fr ' den Entscheidenden nicht ausschlaggebend wren. Unterlasse die geschdigte Patteifahrlssig, den Beweis anzutreten, so htte sie sich eben selbst geschadet. Htte sie aber im einzelnen Fall nicht gengend prozessuale Mittel zur Verfgung, um die betrgerischen Machinationen der Gegen-partei abzuwehren, so trage die Prozeordnung die Schuld" an der Vermgensbeschdigung der benachteiligten Partei. In beiden Fllen sei" der Zusammenhang zwischen betrgerischer Handlung und dem erforderlichen Schaden nicht gegeben. Daher erscheine es nicht gerechtfertigt, wegen Prozebetrugs zu bestrafen.

    In der neueren Strafrechtswissenschaft vertritt vor allem K 0 h I e r62) diese Ansicht. Er geht davon aus, da dem Ent-scheidenden ganz andere Erkundigungsmittel zur Verfgung

    als einer Privatperson. Sein Verhltnis zu den Par-. teien sei nicht mit demjenigen eines Privaten gegenber dem anderen zu vergleichen. Er knne im Proze nieht durch ein-zelne Behauptungen einer Partei getuscht und dadurch ' zu einem Fehlurteil veranlat werden, wenn diese auch mit 'Be-weisen gesttzt wrden. Denn der Richter entscheidet nach K 0 h I e r s Meinung nur auf Grund des Gesamteindrucks,

    81) S. 209 ff. U) Treu und' Glauben im Verkehr, S.56. ,

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    ihm die Prozeentwicklung bietet. Durch einzelne lg-nerische Behauptungen oder falsche Beweismittel werde er nur mitbeeinflut. "Die Entscheidung beruht auf Intellektual-funktionen im Richter, und diese sind unkontrollier'bar." Da eHe freie Beweiswrdigung des Richters eine mathematiscl1e Zurckfhrung des Zivil urteils auf einzelne Behauptungen und Beweise nicht mehr zulasse, sei die Kausalitt niemals gegeben. Wie K 0 h I er leugnet auch G r n h u t63) ihr Vorhandensein beim Prozebetrug. Ein Fehlurteil sei fr die unterliegende Pc;J.rtei wohl ein Schaden, aber dieser beruhe nicht auf dem betrgerischen Vorbringen, sondern auf dem besonderen Charakter der richterlichen Entscheidung selbst, der Rechtskraft und der Vollstreckbarkeit.

    Bei der kritischen Stellungnahme zu K 0 h I e rs und G r (in hut s Meinung wollen wir die im Strafrecht herr-schende KausaIittstheorie, die Bedingungstheorie, zugrunde-legen. Nach dieser ist jede Bedingung Ursache eines Erfolges, die nicht weggedacht werden kann, ohne da der in Frage kom-mende Erfolg mit in Wegfall kommt. Da der Tter, wie G r n-11 u t selbst zugibt, den Richter durch Tuschung zu einer falschen Beurteilung veranlat, setzt er eine urschliche Be-dingung zu dem unrichtigen Urteil. Weil dieses aber auf Grund seiner besonderen Natur geeignet ist, einen Vermgensschaden herbeizufhren, ist die Beschdigung ebenfalls als Erfolg der lgnerischen Parteihandlunganzusehen. . Es ist eine ganz unmgliche Konstruktion, auf Grund der besonderen "Autoritt des staatlichen Richterspruches" eine UnterbreChung des Kausalzusammenhanges anzunehmen. Eine solche knnte nur durch die freie WiIlensbestimmung des getuschten Richters hervorgerufen werden, was auf Grund des Betrugstatbestandes aber ausgeschlossen ist. Dieser erfordert gerade, da der nach . 263 StGB erforderliche Vermgensschaden durch die selbstndige Verfgung ,einer getuschten Person herbeigefhrt sein mu.

    t3) in Jur. Wochenschrift 1927,1,. S. 906,. Nr:24.

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    Bbenso ist K 0 h 1 e. rsMeinung abzul.ennen. - Mit d:er-JiJI Prozerecht geltenden Verhandlungsmaxil11.e und. dem Prin,zig der freien Beweiswrdigung ist seine Ansicht, da der Richter inf61ge seiner-Machtstenu.ng~ die Prteien nicht getus,(tI1:t werden knne, unvereinbar. Nach der Verhandlungs maxime hat der Entscheidende nur die Tatsachen zu bercksichtigen, die die Parteien in den Terminen vorbringen. Er darf die Wahrheit von sich aus nicht erforschen. Hieran ndert auch das dem Richter im Zivilproze nach 139 ZPO zustehende Frage-recht nichts. Auf Grund der freien Beweiswrdigung, 286 ZPO, hat er unter Bercksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung nach freiem Ermessen das von den Parteien Vorgebrachte iu prfen. So entsteht die Mglichkeit, da ein

    . Riehter- lgnerise-hen Behauptungen Glaubensch-enkt, wenn die andere Partei keine Gegenargumente vorbringt, oder der Betrger es meisterhaft verstanden hat, fr sein Vorbringen unrichtige Beweismittel vorzulegen, und dieses glaub-wrdiger erscheint als die mit richtigen Beweisen begrndeten gegnerischen Behauptungen. Gerade das freie richterliche Ermessen ermglicht eine Tus-chung des .Entscheidenden durch unwahresParteivorbringen. Wenn eine .mathematisc h genaue Zurckfhrung des Erfolges auf eine Einzelursache, wie es K 0 h I e r verlangt, infolge der freieri Beweiswrdigung auch schwer mglich ist, so ist dies nach der herrschenden Bedingungstheoriezur Herstellung der Kausalitt nicht er-forderlich. Es gengt vielmehr, da die Lge oder das falsche Beweisobjekt fUrdie Urteilsfindung mitbestimmend war. Ob das der Fall gewesen ist, lt sich im einzelnen an Hand der Urteils begrndung meist leicht feststellen. Auerdem braucht man das betrgerische Vorbringen nur mit dem Inhalt des ergangenen ,Urteils zu vergleichen, um die Einwirkung des ersteren auf das Urteil mit Sicherheit erkennen zu knneo t wie wir an f,olgendem Beispiel zeigen wollen. Eine Bank ver .. klagt einen Kunden auf Rckzahlung eines Darlehns und legt zum Beweis der Berechtigung ihrer Klage einen vom Schttlduer

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    eine mit Recht erhobene Forderung bestreite. In aH~J;l diesen Fllen ist nach Merkels Ansicht kein Kausal-zusammenhang gegeben. "Denn durch das Unglck der gesch-digten Partei, ihre Rechte nicht in der gefprd.erten Weise geltend machen zu knnen, wird die Kausalitt unterbrochen." . . Da-g~gen sei diesevorh~nden,wenn das Vorbtib.g~n durch falsch~ Zeugen gesttzt wrde, da in diesem Fall eine Tuschung des Richters mglich sei. Die gleiche Ansicht wie M e r k e I ver-tritt Sc h war z e6S). Auch das Reichsgericht, das im a1lge:-gemeinen seine Theorie ber die Strafbarkeit des Proze betruges, wie wir noch sehen werden, mit anderen Argumente!1 begrndet~ ist in einem Fall der MerkeIschen Lehre gefolgt. Das Reichs, gericht fhrt in RGS XXXI I, 2 zu einem Tatbestand, in de~ der Angeklagte eine schon zurckgezahlte Hypothek unter Bezugnahme auf eine Urkunde und auf die ihr entsprechende Eintragung im Grundbuche eingeklagt hatte, folgendes aus. Die Bezugnahme auf die Urkunde sei belanglos. Denn sie sei formell und materiell richtiges Beweismittel in Ansehung der den Klageanspruch an sich begrndenden rechtserzeugenden Tatsachen. Das Rechtswidrige in dem Vorgehen des An;-geklagten sei nur darin zu finden, da bei der Klageerhebung die inzwischen erfolgte teilweise Tilgung unbercksichtigt gelassen sei. "Die Rechtstatsachen, welche die Tilgung des An;-spruches bewirkt hatten, bilden den Stoff fr eine Einrede, die zu erheben dem Beklagten unbenommen war; in Ansehung dieser Tatsache war der Beklagte beweispflichtig." Das Reichsgericht lehnt die Bestrafung nach 263 StGB ab, da sich der Angeklagte nur eines prozessualen Vorteils be-dient habe.

    Die in der Literatur am meisten vertretene Meinung66),

    65) S. 109/11. 66)M e ye r - All f eid, S. 474, Anm. 25; Li s z t - Sc h mi d t,

    S.672; Ebermayer, 263, Vd;Schwartz, 263, VI; 01s-hau sen, 263, Nr. 40; Gr res, S. 49/50; Fr i e d sam,

    S.48/49.

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    die'sichJ,lu~h das Rei~hsgericht67) zlleigen gemacht hat, stellt ~ bei der Kausalittsfrage des Prozebetruges ebenf.aUsauf das Mittel ab, mit dem. der Richter getuseht werden soUte. Wenn eine Partei im kontradiktorischen Verfahren eine un.,:" bewiesene Behauptung aufstellt,dureh die sich der Richter irreleiten lt, so soll der Kausalzusammenhang nicht vorhandet) sein; Der , Richter handelt nach dieser Ansiehf" . pflicht:-widrig, wenn er 'unbewiesenem Vorbrjngen Glauben schenktr da ,er sich nach den prozessualen Vorschriften nur durch be .. wi~sene Behauptungen beeinflussen lassen drfe. Die richter-lichePflichtwidrigkeit unterbreche aber den Kausalzusammen-hang, soda sie als einzige Ursache des schdigenden Erfolges anzusehen sei. Das Verschulden des Richters drnge die Tuschungswirkung derart zurck, da sie nicht einmal als mitwirkende Ursache in Betracht komme. Infolgedessen sei der Schaden ohne Einwirkung der betrgerischen Angaben eingetreten, weshalb bei bloem unbewiesenem Vorbringen niemals wegen Prozebetrugs bestraft werden knne.

    Nach der herrschenden Meinung ndert sich die Sachlage aber grundlegend, sobald dem Richter zur Bescheinigung von unwahren Parteibehauptungen falsche Beweismittel vorgelegt werden, und dadurch seine Irrefhrung .bewirkt wird. Wenn er nun den Betrgereien der Parteien Glauben schenkt, handelt er nicht mehr pflichtwidrig sondern pflichtgem, soda keine Unterbrechung der Kausalitt vorliegen kann. Hi.erbei soll es gleichgltig sein, ob der Richter durch ein geflschtes: Beweismittel, wie eine zur Tuschung angefertigte Quittung mit geflschter Unterschrift, oder durch ein formell echtes~ materiell aber falsches Beweismittel getuscht wird. Der letzte Fall liegt z. B. dann vor, wenn eine vom Glubiger aus-gestellte Quittung ber einen bezahlten Betrag vom Schuldner in einem Proze vorgelegt wird, in dem er vom Glubiger auf Zahlung einer weiteren gleichgroen, noch flligen Summe

    67) RGS I, 227; 1I, 91; V, 331; XI, 93; XVI, 93, 195; XX, 391; XXXVI ll; XL, 9.

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    vetklagt witd . ... ln . kO~eqUenterWeisellat~asNiihSgeti\Tl-it in vielen Entscheidungert bis irtdie rieueste :Zen an dieser Lehre festgehttefi.l>aher. soft diese wegert ;ihretgtEi prktischen Bedeutunganeinigen Reichsgetichtsentse'ltei-dt1ng~n nochnHHs . vor . Attg~rt ~)geffilfrf:Werderi. " ln der '~t1tscheidung desReichsger~ehts 'ROS. XVI, 193/96 na:t der~l:'igeklagte eineQuitHmg ber einefrher bezahlte Kauf tte vorgelegt, um die Al>weisung des begrndeten . AnspruchS auf Zahlung einer weiteren "fRate .,zuerreiehen und dadurch , das Vermgen .. desKlgersZ~besthdigen. Das J~eichsgeticht steUthierbei fest, daatieh in einem Zivilprozeein Betrug in .der Weise 'verbt wetd~rt "kann, da durch die Tuschfig des Richters eine die Recttteder Gegenpartei beschtligertde 'Entscheidung oder Verfgung herbeigefhrt wird, dadet Bettugsbegriffkeine Einschr.nkung nach irgend einer RiChturti!:

    . enthlt, soda er an SichattGh auf Betrgeteien, welche bei Fhrung eines Rechtsstreites verbt werden, ohne ZWeifel Anwend ung zu finden hat. E,ine Beschrnkung erleidet diese Anwendbarkeit durch die Regeln des Zivilprozesses insofern, als bloe unwahre Behauptungen ber Tatsachen im Prozesse nicht hinreichen, um einen dtlfch 1'uschungdes Richters unternommenen Betrug zu begrnden. penn der Richter ist regelmig nicht befugt, auf Grund einseitigenParteivorbi"ingens, ohne da ihm Beweismittel vorgelegt werden, eine Entschei-dung zu treffen. Die unterlegene Partei soll, wenn auf bloe Parteibehauptungen hin ordnungswidriger Weise eine falsche Entscheidung getroffen wird, nicht durch die Tuschung des Richters, sondern dadurch geschdigt sein, da der Richter eine ihm obliegende Funktion nicht ausgebt hat. Da der Angeklagte im gegebenen Fall mit Beweismitteln zu tuschen suchte, hat der erste Senat die Bestrafung wegen Proze-betrugs fr gerechtfertigt gehalten. Selbst durch das Vorl~gen der eigenen Handelsbcher im Zivilproze, in die der Betrger Flschungeneingetragenhat,kann nach der Entscheidung des Reichsgerichts, RGS V, S. 430, der Tatbestand des 263

    I -.- 37 -StO erfllt werden. In dem neuesten Urteil vom 17. Jtfti }927- I D '547/27 ...,...., d~s

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    3000 kg nur 900 kg, angenommen worden. Als die Direktion im Proie zum Beweise des hheren ,'Gewichts . die Vorlegung d-es Frachtbriefes, auf dem das wirkliche Gewicht angegeben war, 'als Beweisstck. verlangte, legte der Angeklagte den Frachtbrief vor, nachdem er bei 2600 die 2, bei 3900 die 3

    , ausradiert hatte, um ' die richtige Berechnung der Fracht vor-zutuschen. Obwohl, det ' Beklagte die Urkunde auf Antrag des Gegners vorlegen mute,' hat das Reichsgericht trotzd'em wegen , Betruges bestraft.

    Eine Ausnahme von der aufgestellten Theorie lt die herrschende Lehre fr die Flle zu, in denen der Richter kraft Gesetzes 'ohne Rcksicht auf seine eigene Oberzeugungge~ zwungen wird, in einer bestimmten Richtung zu entscheide:n. . Da hierbei eine evtl. vorhandene richterliche Tuschung niCht kausal werden kann, sondern der durch 'das Fehlurteil ein: getretene Schaden auf gesehlicher Vorschrift beruht, soll kein Prozebetrug vorliegen. Dies gilt nach der herrschenden An':' sicht im kontradiktorischen Verfahren von dem Luterun'gs" urteil nach Leistung eines Parteieides, von dem Antraga\'1f Erla eines Versumnisurteils und von dem AnerkenntnisurteiL

    Zu annhernd gleichen Resultaten wie das Reichsgericht kommen Fra n k68) und M ich e 169). Ihre Ansicht unter-scheidet sich aber grundstzfich dadurch von der herrschendeQ Meinung, da sie die Unterbrechung der Kausalitt durch diy richterliche Pflichtwidrigkeit bei unbewiesenen Behauptungen ablehnen. Fra n k nimmt an, da der Richter sich im all-gemeinen nur durch Beweise berzeugen lt und nur aus-nahmsweise einfachen Parteibehauptungen glauben darf. Hat er sich aber ohne Beweismittel tuschen lassen, so soll es unab-hngig von der Pflichtwidrigkeit des Richters allein darauf ankommen, ob die Partei die Vorstellung gehabt hat, den Ent-scheidenden schon durch bloe lgnerische Angaben tuschen

    68) 263, VI, 2 a u. b. 69) S. 16/1,7.

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    zu'knnen, War di,e:s d,er Fall, so liegtnacvF ra n k strafbarer Prpzebetrug vor. ll1l, Verneinungsfalle :soU das lgnerisch~ Vorbringen lediglich straflose Vorbereitungshandlung , sein. hnliche Gedankengnge entwickelt M ich e I, der eben-falls zugibt, da die Kausalitt zwischen Parteihandlung und Urteil gegeben is17), wenn eine offenbare Tuschung des Richters ohne BeWeise stattgefunden hat. Er wefst nach, da die Argu:.. mentationdes Reichsgerichts mit seiner sonstigen Lehre ,"icht in Einklang zu bringen ist. Es widers'prche dem in vielen Entscheidungen aufgestellten Grundsatt,CIa es bei dem Be:.. trugstatbestande gleichgltig sei, ob der' Getuschte bei grerer Aufmerksamkeit den Irrtum htte vermeiden ' knnen' oder nicht. Selbst wenn dem Getuschten Fahrlssigkeit , nach~ gewiesen werden knnte, hHedas ReiChsgericht wegen Betrugs bestraft. Von diesem allgemeih ' befolgten Prinzip drfe auch beim Prozebetrug' keine Ausnahme gemacht werden. ,Viel-mehr msse die Pflichtwidrigkeit des Richters auf die Tuschung zurckgefhrt werden, soda sie auch ,fr den durch die pflichtwidrige Ttigkeit des Richters erzeugten- Erfolg ' kausal wre. Trotz dieser Erkenntnis zieht Mi c hel merkwrdigerweise nicht die erforderliche Konsequenz, sondern er stellt in An-lehnung an das Reichsgericht fest, da bei einfacher lgne-rischer Behauptung grundstzlich kein Prozebetrug vorliegen knne. Ein weiteres Moment mte hinzukommen, die Straf-barkeit msse durch Beibringen von Beweismitteln begrndet werden. Um zu diesem Ergebnis kommen zu knnen, stellt er die unbewiesene Behauptung auf, da der Richter sein Urteil im Zivilproze nicht auf , nackte Tatsachen, sondern auf Beweise sttze. Wenn der Entscheidende aber ausnahmsweise dem einfachen Vorbringen Glauben schenke, \Ivas unter den Wechsel-fllen eines komplizierten Prozesses leicht mglich sein knne, so komme es auf das Bewutsein der Kausalitt bei dem Be;;. trgenden an. ' Hat '

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    wie Fra n k an, da wegen Prozebetruges bestraft werden mu, obwohl der Richter nur durch unbewiesene lgnerische Behauptungen getuscht ist. .

    Ehe wir zu der herrschenden Lehre Stellung nehmen, wollen wir die dritte Ansicht ber die Kausalitt errtern, Diese geht davon aus, da jedes unbewiesene Vorbringen an sich geeignet ist, fr die richterliche Tuschung sowie fr das ver-mgensbeschdigende Urteil kausal zu wirken. Besonders Bi n-d i n g 71) hat die Mglichkeit der Kausalitt. scharf betont. Nach seiner Ansicht ist es nicht wahr, da der Richter, der einer Partei ohne Beweise Glauben schenkt, durch seine Pflichtwidrig-keit den Zusammenhang zwischen Tuschung und Vermgens-schaden unterbricht: Denn er darf nach dem Prinzip der freien Beweiswrdigung unter Umstnden auch unbewiesenem Vor-bringen Glauben schenken, ohne pflichtwidrig zu handeln. Aber selbst wenn er sich pflichtwidrig tuschen lt, so be-steht nach Bin d i n g trotzdem der erforderliche Kausal-zusammenhang. Die Vernachlssigung der Pflicht besteht gerade darin, da der Richter die den Irrtum verursachende Kraft der Tuschung hat gewhren lassen, statt sie zu hemmen. Hierdurch wird dem Betrger die Herstellung der Kausalitt durch die pflichtwidrige Unterlassung des Richters erst ermg-licht. Mit Bin d in g s Meinung stimmt Phi 1 i P P s bor n72) vollkommen berein. Er weist nach, da zwischen einer Irre-fhrung durch einfaches Vorbringen und durch Vorlegung von Urkunden oder durch Erbringen von sonstigen Beweismitteln lediglich ein gradueller Unterschied besteht, der in praktischen Fllen leicht verwischt wird. Wie haltlos die Differenzierung des Reichsgerichts erscheint, zeigt Phi I i P P s bor n an dem Beispiel der Reichsgerichtsentscheidung RGS IE, 169, in dem Betrug durch die. Vorlegung eines radierten Frachtbriefes angenommen ist. Bei diesem Tatbestande war dem Richter

    71) S. 350, Anm. 2. 72) S. 198/201.

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    von einer Partei vorgetuscht worden, da der Frachtbrief nicht verflscht sei, denn der Angeklagte hatte nicht nur still-schweigend durch das Vorlegen der Urkunde die Echtheit vorgespiegelt, sondern auch auf ausdrckliches Befragen die Flschung des Frachtbriefes verneint. Entscheidend ist hier nach Phi I i P P s bor n lediglich die Vorspiegelung, die haupt-schlichdurch die lgnerische Behauptung hervorgerufen ist, da der Frachtbrief nicht verndert sei. "Wer auf die Urkunde Gewicht legt, kann es nur deshalb tun, weil er zu Unrecht ein qualifiziertes Tuschungsmittel verlangt. "73) Auer Phi I i P ps-bor n vertreten noch T h 0 m sen 74), Rom m e 175), M e y e r 76), H e gl e r77) und Eck s t e i n78) die gleiche Auffassung.

    Zusammenfassend sei bemerkt, da es nach der eben er-rterten Ansicht fr die Bestrafung des Prozebetruges gleich-gltig ist, ob der Entscheidende durch unbewiesenes Vor-bringen oder durch Beweise getuscht wurde. Denn die Nach-lssigkeit des Richters soll nur die Voraussetzung schaffen, damit die TuschungshandH.thg fr den Erfolg, das vermgens-

    I beschdigende Urteil, kausal wirken kann. Bei der Stellungnahme zu der Meinung des Reichsgerichts

    und den oben errterten im Resultat nur gering abweichenden Ansichten wollen wir uns zuerst mit M e r k eis Ausfhrungen auseinandersetzen. Me r k e I behauptet, da der Betrger, der durch unbewiesene Angaben den Entscheidenden tuscht, sich lediglich prozessualer Vorteile bedient, da die Gegen-partei nicht in der Lage ist, ihre Rechte in der entsprechenden Weise geltend zu machen. Wir mssen ihm darin zustimmen, da der durch unbewiesene Behauptungen tuschende Be-trger gewi einen prozessualen Vorteil geniet, wenn die

    73) Phi I j P P s bor n, S. 200. 74) S. 407. 75) S. 55. 76) S. 583. 77) S. 437. 78) S. 146.

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    Gegenpartei keine Beweise erbringen kann oder die Beweisfh-rung lssig behandelt, denn hierdurch wird dem Tter die Tuschung unbedingt bedeutend erleichtert. Ebenso ist auch die betrgerische Partei, die den Entscheidenden durch falsche Beweismittel irrefhrt, im Vorteil, wenn die Gegenpartei "zu . ihrem Unglck nicht gengend Beweise erbringen kann". Trotzdem wre es rein zivilprozessual gedacht, wenn man in diesen Fllen annehmen wollte, da die Kausalitt durch das Verhalten des Beschdigten unterbrochen ist. Selbst wenn wir unterstellen, da die mangelhafte Beweisfhrung der unter-legenen Partei neben dem unwahren Vorbringen des Betrgers den Richter zum Erla des Fehlurteils mitveranlat hat, so sind beide Tatsachen nach der herrschenden Bedingungs-theorie als Ursache des Vermgensschadens anzusehen. Nach dieser gengt zur Herstellung des Kausalzusammenhanges, wenn ein Umstand den Erfolg neben anderen mitherbei-gefhrt hat. Daher kommen wir im Gegensatz zur Mer-kelschen Lehre zu dem Ergebnis, da die Tuschungshand-lung ohne Rcksicht auf die Beweisfhrung des Gegners auf jeden Fall kausierend wirken mu.

    Ferner mssen wir die Ausfhrungen von Fr. an kund M ich e I einer kritischen Betrachtung unterziehen. Beide behaupten, da einfaches Parteivorbringen nur Vorbereitungs-handlung fr einen nachfolgenden Betrug ist, wenn sich die' Partei der Kausalitt ihrer unwahren Behauptung nicht bewut ist. Diese Konsequenz darf nach unserer Meinung aus dem 'fehlen des Betrugsvorsatzes keineswegs gezogen werden. Denn es kommt bei der Frage, ob Vorbereitungshandlung oder: Aus-fhrungshandlung vorliegt, nicht darauf an, als was der Tter seine Handlung selbst betrachtet, sondern es ist entscheidend, ob die Vorspiegelung unbewiesener Tatsachen an sich zur T~uschung geeignet ist7 9). Da das letztere, wie wir in folgenden Ausfhrungen noch sehen werden, der Fall ist, so ste1ltdie bloe

    79) Eck s t ein, S. 146.

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    lgnerische' Parteibehauptung i.mmer eine Ausfhningshand-Jung des Prozeb-etruges dar. Hierbei hngt die Bestrafung 'der tuschenden Partei selbstverstndlich von dem Vorhanden-sein des subjektiven ' Betrugstatbestandes ab, wie Fra n k und M ich e I richtig betonen. Wann dieser gegeben ist, werden wir in spteren Ausfhrungen eingehend prfen.

    Auerdem ist die Behauptung M ich eis, der Richter sttze sein Urteil nicht auf nackte Tatsachen, sondern verlange Beweise keineswegs richtig, wieM ich el selbstzugibt. Selbst-verstndlich wird der Entscheidende besonders unter Anwen-dung seines richterlichen Fragerechts nach unserer Meinung meist versuchen, sich Beweise vorlegen zu lassen. Wenn ihm dies aber nicht gelingt, oder er es nicht fr ntig hlt, so sttzt er sein Urteil auf bloes Parteivorbringen, wozu er bei vielen Tatbestnden auf Grund seiner freien richterlichen Beweis-wrdigung zweifellos berechtigt erscheint. Der Richter wird auf Grund der nheren Umstnde, wie der Glaubwrdigkeit der Parteiangaben oder infolge des Gesamteindruckes, den die Par-teien im Verhltnis zueinander machen, oft auch ohne Beweise von der Wahrheit der Parteibehauptungen berzeugt sein knnen. Um dies an einern Beispiel zu zeigen, wollen wir an-nehmen, da ein Verletzter, der eine Krperverletzung erlitten hat, den Schuldigen auf Schadenersatz verklagt und hierbei den ihm nach 847, 1 BGB zustehenden Anspruch auf Schmer-zensgeld geltend macht. Tuscht der Klger in diesem Fall in geschickter "V eise nicht erlittene Schmerzen vor, um eine mg-lichst hohe Entschdigung zu erlangen, so ist nicht einzusehen, weshalb der Richter den bloen betrgerischen Angaben nicht Glauben schenken sollte. ,Daher entspricht die Ansicht M j ehe 1 s nicht den tatschlichen Verhltnissen.

    Bei der Errterung der Lehre des Reichsgerichts unter-stellen wir Zunchst einmal, da ein Richter, der unbewiesenem Vorbringen der Parteien glaubt, pflichtwidrig handelt, denn durch seine Pflichtwidrigkeit soll nach, der Ansicht des Reichs-gerichts der Kausalzusammenhang unterbrochen werden. Schon

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    Mi eh e I hat nachgewiesen,. da die Auffassung den vorn ReiChsgericht selbst aufgestellten Grundstzen widerspricht. -1m allgemeinen ist es nach der herrschenden Meinung sO) bei der Anwendung des 263 StGB gleichgltig, ob der Ge-tuschte bei blicher Aufmerksamkeit den Irrtum htte ver-meiden knnen. Selbst wenn er fahrlssig handelt, hat das Reichsgericht wegen Betruges bestraft. So wurde ein Be-trger, der durch falsche Gewichtsarigabe befrderter GUter auf einem Frachtbrief tuschte, in der Entscheidung des Reichs-gerichts RGS XV, 266 nach 263 StGB verurteilt, obwohl der das Frachtstck annehmende Bahnbeamte fahrlssig ge-handelt hat. Da kein Grund gegeben ist, bei Tuschung des Richters einen anderen Mastab anzulegen als bei gleich-gearteten auerprozessualen Fllen, mu der erwhnte Grund-satz auch bei der Frage des Prozebetruges angewandt wer-den. In diesem Sinn entscheidet der zweite Strafsenat des Reichsgerichts in dem Urteil vom 16. Februar 1906 D 567/05 (Goltdammer Archiv 53, 174). Hierbei stellt er fest, da ein Beamter auch dann zu einer Handlung oder Unterlassung durch Tuschung veranlat sein knne, wenn seine Rechts- oder Amtspflicht ihm gebot, die Handlung trotz der Tuschung zu unterlassen oder vorzunehmen. Auerdem kommt man bei der Anwendung der Reichsgerichtstheorie zu ungerechten und sehr bedenklichen Resultaten. Betrgerische Manipulationen, die im allgemeinen nach 263 StGB bestraft werden, wrden, wenn sie im Rechtsschutzverfahren vorgenommen sind, voll-kommen straflos bleiben. Obwohl der Staat gerade ein beson-deres Interesse daran haben mu, da im Proze mit Hilfe der Staatsautoritt nur rechtmige Ansprche verwirklicht werden, wrde das Zivilverfahren dadurch den Betrgereien der Parteien in gewissem Umfange preisgegeben werden. Diese bedenkliche Folge knnen wir an folgendem Beispiel klar erkennen. Ein

    80) Fra n k, : 263, 111, 3; Mi ehe 1 , S. 38; G r n hut in Rhein. Zeitsehr., S. 143; Bin d i n g, S. 350; RGS XV, 266; RG in Ooltd. Atch. 54, 298.

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    Kufer spiegelt in einem . f'ahrradgeschft dem Bevollmch-tigten des Geschftsinhabers - durch falsche Angaben seine

    -Zahlungsfhigkeit vor, ohne dafr Unterlagen zu erbringen. Hierdurch lt sich der Verkufer verleit'en, dem Kufer Kredit einzurumen und ihm ein Fahrrad auf Abzahlung zu verkaufen. Da der Kunde in Wirklichkeit vollkommen zahlungsunfhig ist, ist das Vermgen des Prinzipals durch die betrgerischen Angaben beschdigt und der Kufer wegen Betrgs zu strafen. Selbst wenn der Angestellte gegen die besonderen Anweisungen seines Chefs pflichtwidrig gehandelt htte, wrde trotzdem nach der allgemein anerkannten Meinung niemals von einer Unterbrechung des Kausalzusammenhanges gesprochen werden, sondern es mte wegen Betruges bestraft werden. Wenn sich der Fall im Proze in hnlicher Weise ereignet htte, indem der Richter durch unbewiesene falsche Angaben einer Partei getuscht und infolgedessen zum Schaden der -Gegenpartei zu einem unrichtigen Urteil veranlat worden wre, wrden wir unter Anwendung der Meinung des Reichsgerichts zu wesentlich anderen Ergebnissen kommen. Denn der Richter handelt nach dieser Meinung stets pflichtwidrig, wenn er sich, ohne Beweise zu verlangen, tuschen lt. Mgen die Angaben der Partei nach Erfahrungsgrundstzen und den nheren Umstnden auch noch so glaubwrdig erscheinen, so wird die Kausalitt trotzdem durch die Nachlssigkeit des Richters unterbrochen, so da der Tter im Gegensatz zu dem vorigen Fall straffrei bleibt, ob\vohl seine Handlung in beiden Fllen die gleiche war. Ein gewi unbefriedigendes Resultat! Daher mu man aus Gerech-tigkeitsgrnden und nicht zuletzt im Interesse der Staats-autoritt dringend fordern, da der allgemeine Grundsatz: auf die Fahrlssigkeit des Getuschten kommt es bei der An-wendung von 263 nicht an, auch auf die Flle des Proze-betruges ausgedehnt wird.

    Auerdem steht die Lehre des Reichsgerichts im Gegensatz zur herrschenden Bedingungstheori.e, da die Tuschungshand-lung neben der eventuellen richterUchert Pflichtwidrigkeit fr

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    die Herbeifhrung des Schadens zum mindest mitwirksam gewesen ist.

    Hauptschlich ist die Meinung des Reichsgerichts des-halb zu verwerfen, weil der Richter durchaus nicht immer pflichtwidrig handeln mu, wenn er bloen Angaben Glauben schenkt, was wi-r bei den bisherigen Betrachtungen vor-ausgesetzt hatten. Denn nach 286 ZPQ hat der Richter das Recht der freien Beweiswrdigung. Er hat unter Berck-sichtigung des gesamten Inhaltes der Verhandlungen nach freier berzeugung zu entscheiden, ob eine tatschliche Behauptung fr wahr oder fr unwahr zu halten ist. Schon in der Be-

    -grndung des Entwurfs der Zivilprozeordnung81) vom Jahre 1874 wird festgestellt, da sich der Grundsatz, der Richter habe die Tatfrage frei zu wrdigen, nicht nur auf das Ergebnis der Beweisfhrung beschrnkt, sondern auf den ganzen Inhalt der Verhandlung erstreckt, wie es im norddeutschen Entwurf einer Zivilprozeordnung 454 ausdrcklich bestimmt war. Nach der Begrndung hat der Richter auch das Ergebnis der mndlichen Termine zu wrdigen, so da ihm die Befugnis gegeben ist, eine bestrittene Tatsache auf Grund des Verhand-lungsergebnisses mittels Folgerung aus anderen unbestrittenen Tatsachen ohne Beweiserhebung als wahr anzunehmen. Ebenso wird auch in der Literatur82) die Ansicht vertreten, da der Richter ohne Beweis nach dem vorgetragenen Tatsachenstoff und den nheren Umstnden Parteibehauptungen als bewiesen ansehen kann. Selbst das Reichsgericht erkennt in einer Ent-scheidung in Zivilsachen83) an, da der Grundsatz der freien Beweiswrdigung sich nicht nur auf die vorgetragenen Beweise erstreckt. Es fhrt aus, da sich eine solche Beschrnkung mit der gesetzlichen Vorschrift des 286 ZPQ nicht vertrgt, nach der das Gericht unter Bercksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen

    81) H ahn, S. 275. 82) S t ein - J 0 n a s, 286. 83)RGZ vom 28.1. 1925 in Leipziger Zeitschrift 1925, S.772,'VII.

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    Beweisaufnahme zu entscheiden hat, ob eine - tatschliche Behauptung fr Whr oder fr nicht wahr zU erachten ist. "Der Richter ist in der tatschlichen Wr'digung ,des von den Par:" teien Vorgebrachten frei." Sogar in einer Entscheidung in Strafsachen durchbricht das Reichsgericht seine Lehre und erklrt, da nirgends verlangt sei, da sich der Richter nur dann von einer Parteibehauptung berzeugen lassen drfe, wenn fr diese Beweise vorgelegt seien. 84) Daher bestehe fr die Annahme der richterlichen Pflichtwidrigkeit kein Grund, wenn der Entscheidende dem unbewiesenen Vorbringen einer Partei Glauben schenke.

    Selbstverstndlich darf der Richter nach unserer Meinung nicht aus irgend einem unbestimmten Gefhl heraus eine von der Partei behauptete Tatsache fr wahr halten, das wrde sich mit der richterlichen Pflicht nicht vereinbaren lassen. Nach der freien Beweiswrdigung ist der Entscheidende ver-pflichtet, nach Prfung des gesamten Tatbestandes nach bestem -Wissen zu entscheiden. Deshalb mu er auf Grund seines Fragerechts zuerst versuchen, die Parteien, zum Erbringen von Beweisen anzuhalten. Wenn es dem Richter aber trotz seiner Bemhungen unmglich ist, Belege fr das Parteivorbringen zu erlangen, so mu man ihm auf Grund des 286 ZPQ das Recht einrumen, unter Wrdigung aller Umstnde, wie der Glaub-wrdigkeit einer Person nach den Regeln der Logik und Er--ahrung ein Vorbringen fr wahr zu halten. Auch aus dem 141 ZPQ ergibt sich, da bloe Behauptungen im Zivilproze fr die Urteilsfindung eine grere Bedeutung haben sollen als die Vertreter der Reichsgerichtstheorie annehmen. Nach 141 ZPQ kann der Richter das Erscheinen der Parteien anordnen, evtl. sogar erzwingen, wenn ihm die Klagebehauptung weder erwiesen noch widerlegt erscheint, damit der Sachverhalt durch die erschienenen Parteien aufgeklrt werden kann. Diese gesetzliche Bestimmung, die als notwendige Ergnzung

    84) RGS L, 97.

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    der freien Beweiswrdrgungangesehen wird85), beweist, da. bloe Parteiangaben fr die berzeugung des Richters von bedeutendem Einflu sein sollen, so da der Entscheidende keineswegs pflichtwidrig handelt, wenn er sein Urteil mangels. Beweises nur auf Partei behauptungen sttzt.

    So kommen wir zu dem Ergebnis, da der Richter nach 286 ZPO berechtigt ist, ein Urteil auf glaubwrdige unbe-wiesene Angaben zu sttzen, wenn die vorgeb~achten Tatsachen von den Parteien nicht bewiesen werden knnen. Dagegen han-delt er pflichtwidrig, wenn er die Beweise der Gegenpartei un-bercksichtigt lt, oder wenn er sich durch unglaubwrdige Angaben tuschen lt und ohne gewissenhafte Prfung ent-scheidet. Aber selbst in diesen Fllen ist der Kausalzusammen-hang zwischen betrgerischen Behauptungen und dem Fehl-urteil gegeben, da das pflichtwidrige Handeln keine unter-brechende Wirkung hat, sondern nur eine Voraussetzung fr die Wirksamkeit der lgnerischen Parteiangaben ist, und selbst erst durch diese hervorgerufen wird.

    Daher kommen wir zusammenfassend im Gegensatz zu der herrschenden Meinung zu folgenden Feststellungen:

    1. Der Richter kann entsprechend der f r eie n B ewe i s w r d i gun g n ach 286 ZPO a u c h unbewiesenen Behauptungen Glauben s ehe n k e n, 0 h n e p f I ich t w i d r i g z u h a n deI n.

    2. Der Kau sa I z usa m m e n h a n g z w i s ehe n der Tuschungshandlung der Partei und dem ver m gen s b es c h d i gen den Feh I u rt eil ist stets vorhanden, gleichgltig, ob der Richter sich einer Pflichtwidrigkeit schul-diggemacht hat oder nicht.

    Nnrunter Anwendung der aufgestellten Grundstze erreichen wir, da der p'rozebetrug strafre,chtlich ebenso be-handelt wird wie ein auerhalb des Prozesses begangener Betrug.

    85) H ahn, S. 566; S t r u e km a n n u: K oe h zu 141, Ant~. 1.

    49

    Nur eine -solcher Gleichstellung ,fhrt zu gerechten und vor allem einheitlichen Ergebnissen, die erforderlich sind. A n~in durch eine gleichmige Bestrafung des Prozebetruges und der auerhalb des Prozesses gleichartigen BetrugsfUe wird vermieden, da das Rechtsschutzverfahren des Staates fiir strafIose.B-etrgereien der Parteien zugnglich gemacht wird.

    7.

    e) Die b e t r Li ger i s c h e H a n d I LI n g der Par t e i durch Vorbringen rechtlich vermuteter

    Tat s ach e n.

    Zum Schlu dieses Abschnittes erscheint eine Prlifung darber notwendig, ob die Kausalitt zwischen Vorspiegelung und falscher richterlicher Entscheidung auch dann vorliegt, \,>'enn sich eine Partei betrgerisch auf eine Tatsache beruft, fr deren Bestehen vom Gesetz eine widerlegbare Rechtsver-mutung aufgestellt 'Nird, wie sie im brgerlichen Recht fters zu finden sind. Als Beispiel wollen wir folgenden Tatbestand anfhren: Der Kufer von Vieh hat dem Verkufer gem 487 BGB innerhalb der vorgeschriebenen Frist Wandlung erklrt, weil sich whrend der Gewhrfrist ein Hauptmangel gezeigt hat. Um nachzuweisen, da der Anspruch unberechtigt ist, klagt der Verkufer auf Feststellung, da der Mangel erst nach Gefahrbergang auf den Kufer eingetreten ist, whrend sich der Beklagte darauf beruft, da der Mangel angeblich schon beim bergang der Gefahr vorhanden gewesen sei, wofr nach 484 BGB eine Vermutung besteht. Da der Verkufer keine Beweise fr seine Behauptungen erbringen kann, wird der Richter durch die lgnerische Angabe des Kufers veranlat, entsprechend der praesumptio iuris ein dem Klger benach-teiligendes Urteil zu fllen.

    Eine hnliche Prozelage ist gegeben, wenn ein besitzender Nichteigentmer eines Grundstcks im Grundbuch flschlicher-

  • :- so. -

    weise als Eigentmer, eingetragen ist und vom Eigent mer " -mi,ttels der rei vindic,atio "nach 985 BGB auf Herausgabeqes Hauses unq nach 894)?,O: auf Zustimmung zur Berichtigung es : Grundbuchs verklagt wird. , Zur Verteidigung gegen , d,ie ew:eise, died,erKlger dem Richter vorlegt, sttzt sich der B.eklagte auf 9.-ie , Prsumption des 891 BGB, wonach sein Eigentum v~rmutet wird. Darber hinaus liefert er zur Be-grndung seines angeblichen Eigentums falsche Beweismittel, soda der getuschte Richter ' veranlat wird; die Klage ab-zuweisen.

    , 'Trotz scheinbarer' Gleichheit der gewhlten Beispiel~ kommen wir bei beiden zu ganz verschiedenen Resultaten: Im ersten Falle" wo sich die Partei nur auf die Prsumption tref"uft, kann kein , strafbarer Prozebetrug vorliegen, wie M' i" ehe 186) ausgefhrt hat. Denn in diesem Tatbestande iSt es gleichgltig" ob sich der Beklagte ausdrcklich auf die Ver'-mutung bezieht oder nicht. Der Richter ist kraft Gesetzes Vef--pflichtet, die Prsumption des 484 BGB fr erwiesen zu 'er~ achten, soweit sie die Gegenpartei ' nicht durch Beweis'mittel entkrftet hat 87) Daher besteht in einem Falle, in dem dielg~ nerische Partei lediglich eine Rechtsvermutung vorschtit', kein Kausalzusammenhang zwischen der Parteihandlung und dem auf Grund der Prsumption ergehenden unrichtigen Urteil. Auch in der Unterdrckung der wahren Tatsache, die der Vermutung widerspricht, kann kein Betrug ersehen werden, weil fr die Partei keine Rechtspflicht zur Mitteilung des wahren Sachverhalts besteht, wie wir auf S. 9 gezeigt haben. Selbst wenn der Beklagte auer der Bezugnahme auf die Gesetzes-vermutung noch obendrein falsche Beweise zur Beeinflussung des Richters vorlegt, bleibt die Kausalitt zwischen Th-schungshandlung und Urteil trotzdem unterbrochen. Denn so-lange die Prsumption nicht durch Gegenbeweise entkrftet ist, bleibt sie fr den Richter verbindlich, soda die freie Be~

    86) S. 24. 87) He dem a n n, S. 302.

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    - sr -

    weiswrdigung au~gescbl()ss~n .l,st;, "Deshai b erscheinteiue Irr~~ fhrung durch betrgerisches Vorbringen fr das Urteil un-erheblich. I;in wesentlich anderer Tatbestand liegt dagegen bei derri zweiten Beispiele vor, denn bei diesem hatte der Klger: die Vermutung aus 891 BGB durch entkrftende Beweis~ widerlegen ,knnen. ,Aus diesem, Grunde konnte sie fr de~ Entscheidenden .nkhf'inehr verbindlich sein. Die Prsumptiop w'arfr die UrteiIsfltungohne Einflu. Der RiChter war i~ diesem Fall lediglich durch die , falschen Beweise des betr~i.,.' gerischen Beklagten Zu der unrichtigen Entscheidung veranlat worderi', so da der Betrugstatbestand erfllt ist.'

    Nach diesen Ausfhrungen kommen wir zu dem Ergebnis, da durch bewiesenes oder unbewiesenes falsches Parteivor-bringen, ' fr dessen Richtigkeit ' eine gesetzliche Vermutung besteht,im allgemeinen kein strafbarer Prozebetrug begangen

    werden kann, da der Richter unter Ausschaltung der freien Beweiswrdigung bis Zum Beweise des Gegenteils die vermutete Tatsache fr wahr halten mu. Nur dann, wenn die gegnerischen Verteidigungsmittel die Prsumption entkrftet haben, kann die betrgerische Partei, zu deren Gunsten die Vermutung spricht r den Richter durch Betrgereien tuschen und nach 263 StOB bestraft werden.

    Will die Partei, gegen die die Prsumption spricht~ die Gegenpartei durch Irrefhrung des Entscheidenden sch-digen, so wird ihr die Durchfhrung ihrer ' Absicht nach den tatschlichen Verhltnissen schwerer mglich sein, als wenn die gesetzliche Bestimmung nicht vorhanden wre. Strafrecht-lich ist ihre Handlung aber genau so zu beurteilen, als wenn die widersprechende Prsumption nicht gegeben wre. Fr die strafrechtliche Wrdigung ihrer Tat ergeben sich keine be-sonderen SchWierigkeiten.

  • - 52 _ . .

    2~ Die strafrechtliche Wrdigung einseitiger betrgerischer Antrge einer Partei.

    Abgesehen Von dem im kontradiktorischen Verfahren verbten Prozebetrug sind die Flle Zu errtern, in denen der Richter"auf:ei;a:s-ei1figes . betti)g:erisches,V ot:bringeu,zu entsefteidti1 ha.t, ohne da die Gegenpartei vor Erla des Urteils gehrt wird. Mit der herrschenden Meinung mu man hier unter-scheiden, ob der Richter bei dem Antrage einer Partei kraft Gesetz gezwungen ist, eine Entscheidung in bestimmten Sinn :zu erlassen, oder ob der Antragstellende dem Richter die den Antrag begrndenden Tatsachen glaubhaft machen mu.

    8.

    a) Die An tr ge, den end e r R ich te r kr a ft G e set z e ~ e n t s p r e ehe n mu.

    Zu den Tatbestnden, in denen der Richter kraft Gesetzes verpflichtet ist, gehren das Mahnverfahren, Anerkenntnis-und Versumnisverfahren, sowie Luterungsurteile, die nach Ableistung eines Parteieides erlassen werden mssen. Bei dem Antrag auf Erla eines Zahlungsbefehls hat der Urkundsbeamte, der seit 1924 im Mahnverfahren an die Stelle des Richters ge-treten ist, nach 691 ZPO in Verbindung mit 688 ZPO nur zu prfen, ob der Anspruch, auf Grund dessen der Zahlungsbefehl (!rlassen werden soll, nach den im Gesuch gemachten Angaben als begrndet erscheint. Bei der Erteilung des Vollstreckungs-befehl ist nach 699 ZPO berhat,lpt nur zu bercksichtigen, -ob die im Zahlungsbefehl fr den Widerspruch des Adressaten festgesetzte Frist abgelaufen ist. hnlich ist es bei dem Ver-sumnisverfahren. Erscheint der Beklagte nicht, und beantragt der Klger daraufhin ein Versumnisurteil, so hat der Richter das mndliche Vorbringen nach 331 ZPO ohne Rcksicht auf seine eigene berzeugung als zugestanden anzusehen und mu den sumigen Beklagten, soweit das Vorbringen des Klgers

    - 53 -

    den. Klageantrag rechtfertigt, trotz aller evtI. Bedenken dem Antrag gem verurteilen. Bieibt der Klger aus, so hat der Entscheidende nach 330 ZPO sogar ohne jede Prfung die Klage-auf Antrag des Beklagten abzuweisen. Ebenso erkennt der Richter bei Anerkenntnis einer Partei auf Antrag der Gegenpartei nach 307 ZPO und bei Ableistung eines Partei-eides nach 460 ZPO ohne weitere Prfung dem Anerkennt-nis entsprechend und im zweiten Fall entsprechend dem geleisteten Eide. Klagt z. B. der lgnerische Klger gegen den Beklagten auf Rckzahlung eines angebli'chen Darlehns in Hhe von 1000 Mk., das in Wirklichkeit berhaupt nicht gegeben worden ist, und erkennt der Letztere die Forderung fahrlssig oder infolge Tuschung an, so hat der. Richter auf Antrag des Klgers den Beklagten zur Zahlung zu verurteilen. Mgen noch so viele Grnde gegen das Bestehen der Schuld sprechen und mag der Richter von dem Nichtbestehen der Schuld berzeugt sein, niemals knnte der Klger wegen Proze-betruges bestraft werden. Dagegel) wird die lgnerische Partei bei diesen Tatbestnden oft die Gegenpartei durch ihre be-trgerischen Angaben tuschen und zu dem vermgensbe-schdigenden Anerkenntnis oder Verzicht veranlassen, soda er wegen eines gegen die geschdigte Partei selbst gerichteten Betruges zu strafen wre. Auf diese Frage knnen wir jedoch bei der Behandlung des Prozeb'etruges nicht nher eingehen.

    In allen angefhrten Fllen ist die freie Beweiswrdigung des Richters, bei der Erwirkung eines Zahlungs- und Voll-streckungs befehls das freie Prfungsrecht des Urkundsbeamten, ausgeschlossen, soda es fr die Entscheidung gleichgltig er-scheint, ob der Urteilende getuscht worden ist oder nicht. Er hat ohne Rcksicht auf seine innere berzeugung seine Entscheidung im gesetzlich bestimmten Sinne zu fllen. Daher ist eine Bestrafung wegen Prozebetruges ausgeschlossen.

    Nur fr die Flle, in denen der Antragstellende mit dem scheinbar Benachteiligten zum Schaden eines Dritten gemein-same Sache macht, mssen wir eine Ausnahme von diesem

    5

  • - S4 -

    Grundsatze zulassen. Denn wenn eine Simulation der Be-teiligten vorliegt, ist der Richter ber den wahren Charakter des . angeblichen Rechtsstreites getuscht und infolgedessen zu einer vermgensschdigenden Entscheidung veranlat wor-den, wie wir an folgendem Beispiel88) erkennen knnen. Gegen einen Ehemann, der mit seiner Frau in Gtergemeinschaft lebt~ hat die Ehefrau die Scheidungsklage und die Klage auf Auf-hebung der Gtergemeinschaft erhoben. Deshalb vereinbart der Ehemann mit einem Freund, da dieser eine angebliche Forderung gegen ihn geltend machen, die Zwangsvollstreckung in das Gesamtgut betreiben und das durch die Zwangsvoll-streckung Erlangte ihm aushndigen soll, damit der Anteil der Frau am Gesamtgut vermindert wrde. Zu diesem Zweck erwirbt der Freund einen Zahl ungs- und darauf einen Voll-streckungsbefehl, da der Ehemann verabredungsgem keinen Widerspruch eingelegt hatte. In diesem Fall ist der Entschei-dende ber die Ernsthaftigkeit des Verfahrens getuscht worden. Wenn er erkannt htte, da die Antrge auf Simulation der Beteiligten zur Schdigung einer anderen Person beruhten, htte er seine Mitwirkung zur Erreichung des unlauteren Zwecks versagen mssen, wie wir in spteren Ausfhrungen auseinandersetzen wer~en. Infolge der Tuschung hat er den Anteil der Ehefrau am Gesamtgut vermindert, weil der Voilstreckungsbefehl nach 700 ZPO einem vorlufig fr vollstreckbar erklrten Urteil gleichsteht. Da bei Simulation unbedingt anzunehmen ist, da der subjektive Betrugst at-bestand neben dem objektiven bei den Beteiligten erfllt ist~ sind die Beteiligten nach 263 StGB zu strafen.

    Die bei den errterten FHen von uns zugrunde gelegte Ansicht vertritt vor allem das ReichsgerichtS!)). Es hat erklrt. da bei Tatbestnden, in denen der Richter kraft Gesetzes zur Entscheidung verpflichtet ist, kein Prozebetrug angenommen

    88) RGS LI X, 105/6. 89) RGS XX, 391; XLI I, 410.

    - S5 -

    werden knne. Auch E b e r m a y e r90) kommt zu dem gleichen Result~t. Seine Begrndung hierfr ist jedoch als irrig zu bezeichnen. Denn er hlt eine Bestrafung bei Erla eines unrichtigen Zahlungs- und Vollstreckungsbefehls oder eines unrichtigen Versumnisurteils fr unmglich, weil die Kausalitt zwischen der Tuschung und dem Fehlurteil durch die Nach-lssigkeit des geschdigten Gegners unterbrochen sei. Wie wir sahen, hat der Entscheidende in den erwhnten Tatbestnden auf Grund gesetzlicher Vorschrift ohne weiteres zu entsprechen, soda die betrgerischen Angaben keine kausale Wirkung auf die Herbeifhrung des Fehlurteils haben knnen, und damit auch keine Unterb.rechung dieses nicht bestehenden Kausal-zusammenhanges eintreten kann. Im Gegensatz zu der von uns vertretenen Meinung nimmt G r y z i eck i91) als einziger an, da in den Tatbestnden, in denen der Richter "ungeachtet seiner mglicherweise abweichenden subjektiven berzeugung dem Vorbringen Glauben schenken mu", durch Tuschung des Urteilenden die Gegenpartei geschdigt und strafbarer Prozebetrug verbt worden ist. Da der richterliche Irrtum fr die Beschdigung in den genannten Fllen niemals kausal werden kann, und damit ein Tatbestandsmerkmal des 263 StGB entfllt, ist G r y z i eck i s Meinung abzulehnen.

    9.

    b) Die gl a u b h a f t zum ach end e n An t r g e.

    Ganz and~rs ist der Tatbestand zu beurteilen, wenn der Partei antrag nach der gesetzlichen Bestimmung glaubhaft zu machen ist, wie bei der Beantragung eines Arrestes nach 920 Abs. 2 ZPO oder einer einstweiligen Verfgung nach 936ZPO, bei dem Kostenfestsetzungsverfahren nach 91, 104 ZPO, in vielen Fllen der Zwangsvollstreckung und bei verschiedenen

    90) 263, V d. 91) S. 80/81.

    5*

  • - 56 -

    Antrgen auf Erla prozeleitender Verfgungen des Richters. Im Arrestverfahren kann das Gericht zwar bei Leistung einer Sicherheit durch den Antragstellenden den Arrest nach 921, 2 ZPO auch ohne Glaubhaftmachung anordnen. Trotzdem ist hier im Gegensatz zu den im vorigen Paragraphen erwhnten Tatbestnden eine Tuschung des Richters mglich. Denn whrend der Entscheidende bei jenen in einem bestimmten Sinne urteileIil mu, sobald das Parteivorbringen d.en Antrag rein formell zu rechtfertigen scheint, hat der Richter bei dem Arrestverfahren sein freies richterliches Prfungsrecht, ob er den Anspruch und den Arrestgrund fr begrndet halten will, und ob die Sicherheit im einzelnen Fall geeignet ist, die Glaub-haftmachung zu ersetzen. 92) Das Reichsgericht hat sich in ver-schiedenen Urteilen mit der Strafbarkeit von unrichtigen, glaubhaft zu machenden Parteiantrgen beschftigt. 93) Hierbei hat es in seinen Entscheidungen immer festgestellt, da bei diesen nur mit denselben Einschrnkungen nach 263St GB bestraft werden knnte, wie bei einem im kontradiktorischen Verfahren begangenen Prozebetrug. Daher mten iur Glaub-haftmachung eines betrgerischen Antrages falsche Beweise vorgelegt werden, damit wegen Prozebetruges bestraft werden knnte. Denn wenn sich der Richter durch einseitige Antrge ohne Beweisbenennung tuschen lasse, handele er pflichtwidrig, wodurch die Kausalitt zwischen dem irrefhrenden Antrag und der beschdigenden richterlichen Entscheidung wie bei kontradiktorischen Parteihandlungen unterbrochen wrde. Des-halb knnte bei bloen lgnerischen Antrgen ebensowenig Prozebetrug verbt werden, wie durch beweisloses Vorbringen im kontradiktorischen Verfahren.

    Bei der kritischen Stellungnahme zu dieser Meinung mu betont werden, da die Glaubhaftmachung in 294 ZPO als Unterart des Beweises ebenso wie die strengere Beweis-

    92) S te in - J 0 na s, 921, Anm. 2; 0 I s hall sen, 263, Nr. 40, I1, d; RGS XII, 366; XX, 362.

    93) RGS I, 227; V, 331.

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    fhrung dem freien richterlichen Ermessen nach 286 ZPO unterliegt94), und da bei dieser eine freiere Form der Tatsachen-begrndung und nur ein geringeres Ma der richterlichen Ober-zeugung als bei Behauptungen, die bewiesen werden mssen, erforderlich ist. 95) Wenn der Richter aber bei der schrferen Beweiswrdigung unbewiesenem Vorbringen in den Fllen glauben darf, in denen keine Beweise zu erlangen sind, kann man darber hinausgehend fr die Glaubhaftmachung sogar den Grundsatz aufstellen, da der Richter bei glaubhaft zu machenden Tatsachen im allgemeinen unbewiesenem Vor-bringen glauben kann. Nur dann soll er Beweise verlangen, wenn die im Antrag angefhrten Tatsachen unglaubwrdig erscheinen. Oft wird der Richter ein Vorbringen nach den nheren Umstnden des einzelnen Tatbestandes und nach den Erfahrungen des tglichen Lebens fr wahrscheinlich halten knnen, ohne da er von der Wahrheit derselben berzeugt zu sein braucht. 96) Die Meinung des Reichsgerichts ist ebenso wie diejenige Mi c he I S97), der ebenfalls behauptet, da der Richter bei einseitig glaubhaft zu machenden Antrgen grundstzlich nUr durch unwahre Beweismittel getuscht werden knnte, ab-zulehnen. Nach unserer Meinung kann der Entscheidende in den angegebenen Fllen unbewiesenen Angaben meist Glauben schenken, ohne pflichtwidrig Zu handeln. Die Be-rechtigung dieses Grundsatzes hat das Reichsgericht in der Entscheidung RGS L, 96/97 im Gegensatz zu seiner sonstigen Lehre anerkannt. In dem erwhnten Urteile hatte eine Partei versucht, den Richter_ durch bloes unwahres Vorbringen zu einer proz.eleitenden Verfgung zu veranlassen. Der Schuldner

    94) S te i n - J 0 n a s, 294, III/l; RGS L, 360. 95) S te in - J 0 na s, 294, III/2; Entscheidung des Reichsgerichts

    vom 26. 10. 26 in Juristischer Wochenschrift 1927, S. 1309. 96) S t ein - J 0 n a s , 294, II 1/1 u. 2; 0 I s hau s en, 263,

    Nr. 40, AB, I b; RGZ vom 7. 11. 1907 in Gruchots Beitrgen, Bd. 52, S. ,1143.

    97) S. 22.

  • - 58

    gab im Proze an, da er einem mobilen Truppenteile angehre und entsprechend dem Gesetz vom 4. August 1914 die Unter-brechung des Verfahrens beantrage. Das Reichsgericht hat die Verurteilung des Angeklagten wegen versuchten Prozebetruges gebilligt. Hierbei hat es die Ansicht fr irrig erklrt, nach der ein Richter bei geforderter Glaubhaftmachung fr die Wahr-haftigkeit des Antrages Beweise verlangen msse, wenn ihm das Parteivorbringen schon nach der Sachlage auch ohne Be-weismittel gengend sicher erscheine. Ebenso hat das Ober-landesgericht Naumburg in einer neueren Entscheidung Vom 29. 4. 2598) festgestellt, da 'der Entscheidende bei glaubhaft zu machenden Antrgen auch ohne Vorlegung von Beweisen Glauben schenken darf. In dem errterten Fall hatte ein Tischler, der ein obsiegendes Urteil erreicht hatte, fr die Kostenfest-setzung unter anderem eine Forderung von 5 Mk. fr Versum-nisentschdigung angegeben, die der Gegner ersetzen sollte, obwohl' er infolge Arbeitslosigkeit keine Arbeitsversumnis gehabt hatte. Der Urkundsbeamte schenkte dieser Angabe ohne

    . weiteres Glauben, weil der Antragende im Rubrum als Tischler bezeichnet worden war. Das Oberlandesgericht billigt die Verurteilung wegen versuchten Prozebetruges - der Tischler hatte sich die 5 Mk. fr die angebliche Versumnis nicht aus-zahlen lassen - und erklrt, da die Frage, ob du.rch Unter-lassung einer gesetzlichen Prfungspflicht eines Beamten die Kausalitt bei 263 StGB unterbrochen sei, sehr bestritten wre. Die Entscheidung der Frage knnte aber dahingestellt bleiben, denn einer besonderen Prfung der Angaben des Tischlers durch den Beamten bedrfe es nicht. Bei einem Handwerker sei nach allgemeiner Lebenserfahrung anzunehmen, da er durch Wahrnehmung eines Termins einen Verdienstaus-fall gehabt habe. Deshalb brauche der Entscheidende fr die Glaubhaftmachung keine besonderen Beweise zu verlangen, sondern er knne auch bei bloem Parteiantrag auf Grund seiner Kenntnis der fraglichen Lebensverhltnisse annehm~n,

    98) In Juristischer Rundschau 1925, ll, 762, Nr. 1080.

    /'

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  • 60 -

    lichen Entscheidungen wie das Reichsgericht kommen zu knnen, wrde man den tatschlichen Verhltnissen in keiner Weise gerecht werden. Denn dann mte die Partei, die im Proze Lgen behauptet, die genaue Vorstellung haben, da ihre Unwahrheiten den Richter nicht tuschen knnen, und diese Vorstellung mte sich pltzlich in den Betrugsvor-satz verwandeln, wenn sie betrgerische Beweise fr ihre Angaben erbringt. Eine derart scharf abgegrenzte Vorstellung wird bei der Partei, die auf Betrug ausgeht, nicht vorhanden sein. Jedenfalls ist sie vollkommen ausgeschlossen, wenn der Tter bloe Angaben und Beweise in ungeordneter Reihenfolge nebeneinander vorbringt, wie es im Proze - oft vorkommt. Aber selbst die Partei, die in einem Proze zu Anfang nur un-bewiesene Lgen aufstellt und erst, wenn sie sieht, da der Ent-scheidende sich nicht leicht irrefhren lt, ihre betrgerische Absicht durch falsche Zeugen oder durch Beschaffung anderer Beweismittel zu verwirklichen sucht, hat bei allen betr-gerischen Angaben den gleichen Vorsatz. Denn sie hat von vornherein, zumindest von dem Zeitpunkte an, in dem sie Lgen aufstellt, nur das eine Ziel im Auge, den Richter auf mglichst rasche und mhelose Weise zu tuschen, um sich durch .das ergehende Fehlurteil einen rechtswidrigen Ver-mgensvorteil zu verschaffen. Ein gleicher einheitlicher Vor-satz ist bei allem Vorbringen vorhanden, wenn die Partei berhaupt keine falschen Beweismittel, sondern nur raffinierte Lgen vorbringt, und schon dadurch die Tuschung des Richters erreicht. In allen diesen Tatbestnden knnen wir auerdem annehmen, da sich mit dem erforderlichen Vorsatz die Absicht verbindet, sich oder einem Dritten einen rechts-widrigen Vermgensvorteil zu verschaffen, so da der subjek-tive Betrugstatbestand erfllt ist.

    Ausnahmsweise kann es allerdings auch Tatbestnde geben, in denen sich die Partei auf Grund der nheren Umstnde im Proze von vornherein sagen mu, da sie ihren betr-gerischen Zweck durch beweisloses Vorbringen nicht erreichen

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    kann, soda . der erforderliche dolus nicht gegeben ist. Dies trifft z. B. zu, wenn die Gegenpartei zur Begrndung ihres Standpunktes gleich zu Beginn des Prozesses durchschlagende Beweise erbracht hat, die der Betrger nur durch scheinbare Gegenbeweise entkrften kann. Im allgemeinen ergibt die Pr-fung des subjektiven wie des objektiven Tatbestandes, da der durch eine Partei begangene Prozebetrug nach dem-selben Mastab bestraft werden mu wie die auerhalb des Prozesses begangenen Betrgereien.

    H. Abschnitt. Der durch Simulation bei der Parteien im Proze verHbte

    Betrug.

    Bisher haben wir uns nur mit den Tuschungshandlungen einer Prozepartei beschftigt. Daneben besteht aber auch die Mglichkeit, da beide Parteien durch gemeinsames Handeln den Richter tuschen und durch den Urteilsspruch eine auen-stehende dritte Person schdigen wollen. Bei der Erschleichung eines in dieser Weise erlangten sog. simulierten Urteils sind beide .Parteien zu bestrafen, wobei Mittterschaft angenom-men werden kann. Eine Simulation kann dadurch aus-gefhrt werden, da der Klger einen nicht bestehenden An-spruch geltend macht, whrend die Gegenpartei die Verteidi.gung absichtlich schlecht fhrt. Erwirkt der Klger in dieser Weise gegen den Beklagten ein Urteil und lt er dieses vollstrecken, um das Vermgen des scheinbaren Gegners dem Zugriff der Glubiger zu entziehen, so wirkt die Tuschung des Entschei-denden fr die Verschlechterung der Vermgenslage dieser Glubiger kausierend. Ebenso knnte durch betrgerisches Zu-sammenwirken der Parteien das Vermgen eines Nebeninter-

  • - 62 -

    venienten geschdigt werden, da die Rechtskraft eines un-richtigen Urteils nach 68 ZPO auf diesen gewisse Wirkungen ausbt. In den angefhrten Beispielen ist es klar, da die Fehl-entscheidung durch Irrefhrung des Richters herbeigefhrt ist.

    1l.

    I. Der objektive Tatbestand des ProzeBbetruges bei Simulation der Parteien.

    1. Die nach 263 StOB erforderliche Tuschung des Richters. Besonders schwierig gestaltet sich die strafrechtliche

    \Vrdigung, wenn eine Partei bei einem simulierten Rechts-streit, wie es bei Zusammenwirkung der Parteien meist der Fall zu sein pflegt, den Anspruch Clnerkennt oder absichtlich den Termin versumt, soda der Richter durch die Gesetzes-vorschrift gezwungen ist, im Sinne des gegnerischen Antrages zu entscheiden, gleichgltig, ob er durch die Lgen getuscht worden ist oder nicht. Da das freie richterliche Ermessen bei solchen Tatbestnden ausgeschlossen istl02), kann nach M ich eIs Meinungl03) in diesen Fllen nicht wegen Be-trugs bestraft werden. Der Kausalzusammenhang zwischen den Tuschungshandlungen und dem Urteil knne niemals gegeben sein. Aus dem gleichen Grunde erscheint es bei ein-seitigen falschen Parteiantrgen, wie bei Erla eines Zahlungs-und Vollstreckungsbefehls bedenklich, Betrug anzunehmen, wenn der scheinbar Benachteiligte entsprechend einer vorher-gehenden Verabredung die ihm zustehenden Rechtsbehelfe absichtlich nicht vorgebracht hat, und dadurch die Beschdi-gung eines Dritten erreicht worden ist.

    In den angegebenen Fllen wird die richterliche Ttigkeit in gleicher Weise wie bei allen brigen Prozebetrugstat-bestnden mibraucht, so da die von M ich e I vertretene

    102) S. 52 f der Arbeit. 103) S. 23.

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    Meinung, die diese straffrei lassen will, ein sehr unbilliges, die Autoritt des -Richters gefhrdendes Resultat darstellt. Des-halb mssen wir bei Prfung der Strafbarkeit einer betr-gerischen Simulation auf den Charakter des Zivilprozesses nher eingehen. In diesem staatlich geregelten Rechtsschutz-verfahren sollen nur tatschlich bestehende Rechtsansprche verwirklicht werden, bei denen der Klger ein Interesse an dem von ihm erstrebten Urteil hat. Dieses rechtliche Interesse auf Erhebung der Klage ist bei der Feststellungsklage, 256 ZPO, und bei der Klage auf knftige Leistungen im Falle des 259 ZPO besonders gefordert. Sie ist aber auch bei smtlichen anderen Klagen ein selbstverstndliches Erfordernisl01). So ist jede Leistungsklage durch einen befriedigungsbedrftigen Anspruch bedingt. Ein solches rechtliches Interesse ist nicht vorhanden, wenn sich der Klger die Befriedigung der For-derung selbst verschaffen kann, wie durch Verwertung eines Pfandrechts, oder wenn er fr die Forderung bereits einen vollstreckbaren Titel hat, oder der Klage gar keine Forderung zugrunde liegt, sondern die Parteien eine solche nur simulieren. Da die staatliche Rechtsschutzpflicht somit durch das Er-fordernis eines Rechtsschuttbedrfnisses bedingt ist, hat der Richter sein Vorhandensein bei Erhebung jeder Klage zu prfen.105) Diese Pflicht ergibt sich bei der Feststellungsklage und bei der Klage auf knftige Leistung im Falle des 259 ZPO aus dem Wortlaut des Gesetzes.106) Erlangt der Richter bei der Prfung durch die Verhandlung in den Terminen die berzeugung, da der Klage kein Rechtsschutzbedrfnis zugrunde liegt, hat er sie als unzulssig abzuweisen.107) Da der Richter demnach im Falle der Simulation der Parteien bei Kenntnis des mangelnden schutz bedrftigen interesses den

    104) S t ein - J 0 n a s, I, Vorbemerkung zu 253 ZPO; R 0 sen -b erg, S. 230, 11 b; Hell w i g, System, S. 256, 257, I, 11.

    105) RGZ XXXVIII, 8,41,370; LXXIII,85; RG in Seufferts Arch., 44, 141; RG in Gruchots Beitrgen, 32, 1176.

    106) u. 107) Hell w i g, System I, 258, II 1/1 ; S t ein - J 0 n a s, I, Vorbemerkung zu 253 ZPO, IV, 2 b; R 0 sen b erg, S. 230, 11 b.

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    staatlichen Rechtsschutz versagen und die Klage abweisen mte108), wird der Entscheidende durch das hetrgerische Zusammenwirken der Parteien, wenn er ein der unberech-tigten Klage entsprechendes Urteil erlt, getuscht. Er wird in den Irrtum versetzt, da ihm ein streitiges Rechtsverhltnis unterbreitet wrde. Ist ein simulierter Proze auf diese Weise ermglicht worden, und erkennt der Beklagte in seinem Verlauf verabredungsgem den angeblichen Anspruch des Klgers an, oder versumt er einen Termin, mu der Richter dem Antrag des Klgers auf Grund der gesetz-lichen Bestimmungen ohne Rcksicht auf seine I eigene berteugung entsprechen, soda der Kausalzusammenhang zwischen der Tuschungshandlung und dem betrgerischen Urteil als unterbrochen angesehen werden knnte. Da diese richterliche Pflicht aber nicht ohne die Tuschung eintreten konnte und im berechneten Zusammenhang mit dieser den Erfolg herbeigefhrt hat, so ist die Kausalitt der betrgerischen Behauptung der Partei keineswegs unterbrochen109), sondern diese wirkt fr das vermgensbeschdigende Urteil trotz der gesetzlichen Pflicht des Richters, eine dem Inhalte nach be-stimmte Entscheidung zu fllen, kausalllO).

    Daher ist der objektive Betrugstatbesfand durch die Handlung der simulierenden Parteien erfllt. Ebenso ist die Sachlage zu beurteile'n, wenn der Entscheidende durch einen einseitigen Antrag kraft Gesetzes gezwungen wird, in ei nem bestimmten Sinne zu entscheiden und der Betroffene zum Schaden eines Dritten mit dem Antragsteller gemeinsame Sache macht. Auch hier ist der Richter, beim Mahnverfahren der Urkundsbeamte, ber das Bestehen eines Rechtsschutzinter-esses getuscht worden. Denn er htte den Antrag bei Kennt-

    . nis des Fehlens eines Interesses sofort zurckweisen mssen.

    108) 01 s hau sen, 263, Nr. 40 A U d; RGS II, 436; RG in Goltd. Arch., 47, 432.

    109) Li s z t, S. 129. 110) G r n hut in Jur. Wochenschrift 1925, 1 I, 1498 zu Nr. 11.

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    Deshalb hat au~h in diesen Fllen die Tuschung fr die Herbei-fhrung des falschen Urteils kausale Wirkung. In den strittigen Fllen wird auch von der herrschenden Meinung strafbarer Prozebetrug angenommen.lll So hat zum BeispeiI das Reichs-gericht in einer Entscheidung (Ooltdammer Archiv 47, 432) wegen Simulation ' nach 263 StOB gestraft. Ein Kauf-mann A. besa gegen R. eine Forderung. Um A. ZU benach-teiligen, stellte der Schuldner einem Freunde W. einen Schuld-schein aus, in welchem er lgnerischerweise bescheinigte, ein Darlehn von 8000 Mk. zu schulden. Als W. die angebliche Forderung im Proze vereinbarungsgem geltend machte, erkannte R. die Schuld an, und wurde dementsprechend zur Zahlung verurteilt. Da W. aus dem Urteil mit dem Einver-stndnis von R. vollstrecken lie, reichte das brigbleibende Vermgen nicht mehr zur vollen Befriedigung der berech-tigten Forderung des A. aus, soda dieser durch das betr-gerisch erlangte Urteil und seine Vollstreckung geschdigt wurde. Das Reichsgericht hat in diesem Falle eine Bestrafung der Prozeparteien . nach 263 StGB Hir berechtigt er-klrt und Mittterschaft angenommen. Die Tuschung des Richters sei darin zu erblicken, da die Parteien ihm das Be-stehen eines strittigen, der richterlichen Entscheidung be-drfenden Rechtsverhltnisses vorgespiegelt htten, whrend die eingeklagte Forderung fingiert gewesen sei. Die Klage htte bei Kenntnis des wahren Sachverhalts vom Richter ab-gewiesen werden mssen. Die Tuschung sei fr die B'esch-digung des Vermgens des Kaufmanns A. kausal, und daher sei die Anwendung des 263 StOB berechtigt.

    2. Die Herbeifiihrung einer Vermgensbeschdigung durch ein simuliertes Urteil.

    Noch eine weitere Schwierigkeit scheint der Annahme eines strafbaren Betruges bei einem simulierten Proze ent-

    lll) RGS 11, 436; LIX, 104; 01 s hau sen, ~63, Nr. 40, 2 b; RG in Goltd. Arch. 47, 432; RGS LIX, 105/106.

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    gegenzustehen. Von verschiedenen Schriftstellern wird be-hauptet, da das durch Simulation erlangte Urteil nichtig ist. Wenn sich diese Lehre als berechtigt erweist, scheint es sehr zweifelhaft, ob ein Vermgen in solchen Fllen berhaupt beschdigt wird. Wir mssen daher in folgendem auf den rechtlichen Charakter eines durch betrgerisches Verhalten bei der Parteien erschlichenen Urteils kurz eingehen. Nach der betreffenden Lehre sollen auf die Prozehandlungen der Parteien die Vorsch'riften des Brgerlichen Gesetzbuches An-wendung finden, soda ein simulierter Proze nach 117 BGB als Scheingeschft und damit auch der Richterspruch nichtig sein sollen. Aber selbst wenn wir annehmen, da die Privat-rechtsnormen auf prozessuale Parteibehauptungen Anwendung finden, so kann 117 BGB bei der Simulation der Parteien nicht angewandt werden. Der Begriff des Scheingeschfts erfordert, da keiner der Beteiligten eine ernsthafte Willens-erklrung abgeben will und jeder wei, da auch die anderen Beteiligten ihre Handlungen nur zum Schein vornehmen. Der Proze ist aber kein bloes Verhltnis zwischen den Parteien sondern ein dreiseitiges Verhltnis zwischen Klger, Richter und Beklagtem112), mit den verschiedensten Rechtsbeziehungen zueinander. . Deshalb knnte nur dann von einem Schein-geschft gesprochen werden, wenn sich auer den Parteien auch der Richter113), an den die Erklrungen gerichtet sind, mit den Scheinerklrungen einverstanden wre, so da dieser berhaupt keinen Rechtsstreit als Staatsorgan entscheiden wollte und deshalb kein Staatshoheitsakt vorliegen wrde. Da der Richter aber bei der Simulation der Parteien nicht wei, da diese ihre Erklrungen nur zum Schein abgegeben

    . und auerdem nicht bewut sondern nur infolge der Tuschung bei der Simulation mitwirkt, kann 117 BGB bei diesen Fllen nicht herangezogen werden.

    112) W ach, Handb. d. dtsch. Zivilprozesses I, 39. 113) S t ein - J 0 n a s, Vorbemerkung zu 128, V, 3; Hell w i g,

    System I, 285, II I, I;P ag e 1 in Gruchot 53, 296.

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    Daneben wird die Klageerhebung im simulierten Rechts-:-streit als wider die guten Sitten verstoendes Geschft auf-gefat und deshalb nach 138 B GB als nichtig bezeichnet. Da da&. Urteil nach dieser Ansicht ein gltiges Prozeverhltnis zur Voraussetzung haben mu, sol! auch die richterliche Ent-scheidung bei der Simulation nichtig sein. Eine derart ber-trieben privatrechtIiche Auffassung des Urteils wrde es den Parteien im Einzelfall berlassen, ob die richterliche Ent-scheidung gltigoder ungltig sein soll. Da ein solches Ergebnis die Rechtssicherheit im Verkehr stark gefhrden wrde, darf die Gltigkeit des Urteils nach unserer Meinung lediglich nach prozessualen Vorschriften beurteilt werden. Danach ist die Rechtsbestndigkeit einer Entscheidung von der Gltigkeit der prozessualen Parteihandlungen unabhngig. Denn die Wirksamkeit der richterlichen Entscheidung ist ein Ausflu der staatlichen AutoritiH114) und darf niemals nach Privat-rechtsnormen bestimmt werden. Deshalb liegt bei einer Simu-lation trotz der betrgerischen Parteihandlung ein rechts-krftiges Urteil vor. Der nach 263 StGB erforderliche Ver-mgensschaden ist gegeben und der objektive Betrugstatbestand ist vollendet. Hieran ndert auch die Tatsache nichts, da der benachteiligte Dritte gegen den obsiegenden Klger nach dem Anfechtungsgesetz oder mittels anderer Rechtsbehelfe vor-gehen und den erlittenen Schaden wieder beseitigen kann, da es fr die Frage der Strafbarkeit nach 263 StGB gleich-gltig ist, ob die Vermgensbeschdigung spter wieder aus-geglichen worden ist.

    12 .

    11. Der subjektive Betrugsbestand bei der Simulation der Parteien.

    Bei der Prfung des subjektiven Tatbestandes wird niemand bezweifeln wollen, da die simulierenden Parteien

    114) S te in - J 0 nil s, 322, VIII, 2; Pa gel in Gruchot 53, S.297;

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    von vornherein den Vorsatz hatten, den Richter zu tuschen und eine dritte Person wirtschaftlich zu schdigen. Auerdem haben beide das Bewutsein, die betrgerische Handlung gemeinsam auszufhren. Weiterhin verbindet sich bei den Beteiligten der Vorsatz im allgemeinen mit der Absicht, fr ihre Person durch die Tat einen rechtswidrigen Vermgens-vorteil zu verschaffen, so da beide ohne weiteres als Mittter wegen Prozebetruges bestraft werden knnen. Dies ist der Fall, wenn sie vorher verabredet haben, sich den betrgerisch erlangten Gewinn teilen zu wollen. Schwieriger ist dagegen der Tatbestand, wenn der Klger die falsche Forderung aus bloer Geflligkeit einklagt, um dem Klger einen Vorteil zu verschaffen. Hierbei wrde dieser den Vorteil eines anderen erstreben, \vhrend der Beklagte seinen eigenen Vorteil durch die betrgerische Handlung erlangen will. Trotz der Ver--schiedenheit des subjektiven Tatbestandes der Parteien ist Mittterschaft anzunehmen. Da es der 263 StGB gleichstellt, ob der Tter sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vorteil verschaffen will, ist die Differenz unerheblich. Die bewut zusammenwirkenden Parteien sind auch in diesem Fall als Mittter zu bestrafen.115)

    Zusammenfassend kommen wir zu dem Ergebnis, da die Parteien bei einem simulierten Proze ebenso wie in allen brigen Fllen des Prozebetruges ohne Beschrnkung bestraft werden mssen.

    Hell w i g, Anspruch und l(lagerecht, S. 210/11; Hell w i g, System I, 487; K 0 h 1 er, Proze als Rechtsverhltnis, S. 93/95.

    115) RGS LIX, 107.

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    111. Abschnitt. Der durch die Handlung oder Mitwirkung dritter im Proze

    beteiligter Personen ausgefhrte Prozebetrug. Ehe wir zum Schlu unserer Abhandlung kommen, mssen

    wir bercksichtigen, da auer den Parteien auch dritte Personen wegen Teilnahme am Prozebetrug oder wegen eigener Tterschaft bestraft werden knnen.

    13.

    I. Die betrgerische Handlung eines Zeug.en oder Nebenintervenienten.

    In erster Linie kommt hier der falsch aussagende Zeuge in Betracht. Bei diesem ergeben sich die verschiedenartigsten Mglichkeiten der Beteiligung, wobei es im einzelnen Tatfrage ist, wie der Zeuge und wie die beteiligte Partei zu strafen sind. Am hufigsten wird der Fall so liegen, da der Zeuge von einer Partei angestiftet wird und daraufhin falsch aussagt, damit die lgnerischen Behauptungen des Letzteren bewiesen erscheinen, und der Richter getuscht wird. Oelingt die Tu-schung, und erlt der Richter daraufhin ein falsches Urteil, so hat sich die Partei des Betruges schuldig gemacht. Auerdem wird sie auch wegen Anstiftung zum Meineid zu strafen sein, wenn der Zeuge unter Eid vernommen worden ist, da ihre Absicht in den meisten Fllen darauf geht, den Zeugen Zu einer falschen eidlichen Aussage zu bewegen. Weil die An-: stiftung zum Meineid ein Teil der Ausfhrungshandlung des Betruges ist, stehen beide Delikte in Idealkonkurrenz, so da die Strafe der betrgerischen Partei nach 73 StOB zu be-stimmen wre.116) Der Zeuge, der sich zur falschen Aussage verleiten lt, ist wegen Beihilfe zum Protebetrug und wegen Meineid nach 49, 263 StOB und 154 StOB zu bestrafen,

    116) RGS I D, 81/26 in 0 I s hau sen, 263, Nr. 56.

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  • - 70 -

    wbei zwischen beiden Handlungen ebenfalls Tateinheit gegeben ist. Wrden die Partei und der Zeuge dagegen von vornherein bewut und gewollt zusammen handeln, so knntemart hin-sichtlich des Prozebetruges ohne weiteres Mittterschaft an-nehmen da jeder von bei den einen Teil der Ausfiihrungs-handlung des Betrugstatbestandes verwirklicht. Wenn der Zeuge dagegen von der Partei lediglich als Mittel benutzt wird, und bei seiner falschen Aussage glaubt, da die von ,ihni bezeugten Tatsachen auf Wahrheit beruhen, so kann er weder wegen Teilnahme, noch als Tter nach 263 StGB belangt werden. Bei diesem Tatb'estande knnte hchstens eine Be-strafung wegen Falscheides i~ > Frage kommen.

    Andererseits kann der Fall praktisch werden, da die Pro-zepartei einen Zeugen ohne jede betrgerische Absicht ver-nehmen lt, whrend dieser durch bewut lgnerische Aus-sagen, deren Unwahrheit der Partei nicht bekannt ist, den Richter tuscht. Ein solcher Tatbestand ist gegeben, wenn der Vor-mund eines unehelichen Kindes als dessen gesetzlicher Vertreter gegen den von der Mutter benannten angeblichen Vater auf Zahlung von Alimenten klagt,und die Mutter auf Antrag des Vormundes als Zeugin im Alimentenproze vernommen wird. Leugnet die Zeugin bei ihrer Vernehmung lgnerisch, whrend der Empfngniszeit mit anderen Mnnern verkehrt zu haben, und veranlat sie durch ihre Aussage den Richter, den Be-klagten als Vater zur Zahlung zu verurteilen, so ist dadurch das Vermgen des Verurteilten beschdigt. Die Mutter hat hierbei selbstverstndlich den Betrugsvorsatz und die Absicht gehabt, ihrem Kinde einen rechtswidrigen Vermgensvorteil zu. verschaffen, da der Beklagte nach dem wahren Sach-verhalte infolge der exeptio plurium nach 1708, 1717 BGB nicht zur Zahlung verpflichtet ist. Die Zeugin ist wegen vollendeten Prozebetruges zu strafen117), whrend der Vor-. .

    117) RGS, 1. Senat vom 5.11.1925 -1 D 450/26 - in Jur. Wochen-schrift 1927, I, 905, Nr. 24.

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    mund, der gutglubig war, straflos bleiben mu. Noch schwie-riger ist die Strafbarkeit der Beteiligten zu beurteilen, wenn eine Partei gutglubig einen Zeugen benennt, der irrtmlich falsche, fr die betreffende Partei gnstige Aussagen macht, und die Partei es unterlt, diese richtig zu stellen, obwohl sie die Unrichtigkeit der Aussagen im Termin erkannt hat. Erlt der Richter in einem solchen Fall infolge der Tuschung ein falsches Urteil, so ist der Zeuge mangels subjektiven Tatbestandes nach 263 StGB keinesfalls zu strafen. Denn bei ihm ist weder der Betrugsvorsatz noch die Absicht vorhanden, sich oder einem anderen einen rechts-widrigen Vermgensvorteil durch die falsche Aussage zu ver-schaffen. Dagegen knnte die Partei den Betrugstatbestand durch Unterdrckung wahrer Tatsachen erfllt haben, da sie die unwahren Aussagen des von ihr genannten Zeugen nicht richtig gestellt hat, obwohl sie die Unwahrheit erkannt hatte. Wie wir schon in frheren AusfiihrungenllS) gesehen haben, kann durch Schweigen nur dann der Tatbestand des Be-truges erfllt werden, wenn eine rechtliche Verpflichtung zur Mitteilung der verschwiegenen Tatsache besteht. Da eine Partei, wenn sie im Proze befragt wird, nicht verpflichtet ist, fr ihre Person ungnstige Mitteilungen zu machen, ist es mit den Prozenormen nicht vereinbar, von ihr die Berichtigung der Zeugenaussage, selbst wenn der Zeuge auf ihre Veranlassung erst geladen ist, zu verlangen. Fr die Partei besteht demnach keine Rechtspflicht zur Mitteilung des wahren Sachverhalts, so da sie im Sinne des 263 StGB keine Tatsache unterdrckt hat, und ebensowenig wie der Zeuge wegen Prozebetrugs bestraft werden kann. Im Gegen-satz zur Partei besteht fr den Zeugen eine rechtliche Ver~ p.flichtung, alle ihm bekannten Tatsachen mitzuteilen. wie sich aus den verschiedenartigen Zwangsmitteln, wie Geldstrafe oder Beugehaft, ergibt, durch die der Richter einen Zeugen

    118) S. 8/9 der Arbeit.

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  • - 72 -.

    wr vollstndigen Aussage zwingen kann. Deshalb ist ein Zeuge, der einzelne Tatsachen bewut verschweigt, wegen Unterdrckung einer Tatsache nach 263 StOB zu belangen, wenn der Richter infolge seines Verhaltens bestimmte Ereig-nisse als nicht geschehen ansieht.

    Am Schlusse dieses Abschnittes wollen wir noch die interessante Frage untersuchen, ob ein Zeuge, der sein Zeugnis nach 384, 2 ZPO im Einverstndnis mit einer betrgerischen Partei verweigert, um dieser zum obsiegenden Urteil zu verhelfen. nach 263 StOB bestraft werden kann. Hierbei wollen wir folgenden Fall zugrunde legen. Der in einem Alimentenproze Beklagte gibt an, da auer ihm auch ein Ehemann mit der Kindesmutter whrend der Empfngniszeit verkehrt hat, und henennt diesen als Zeugen, nachdem er es mit ihm vorher ver-einbart hatte. Als der Ehemann daraufhin im Proze vernommen wird, verweigert er nach 3842 ZPO die Aussage. Ohwohl er mit der Kindesmutter whrend der kritischen Zeit nicht verkehrt hat, erklrt er, dq. er sich bei Beantwortung der Frage wegen seiner bestehenden Ehe einer strafrechtlichen Verfolgung aussetzen knnte. Hierbei hat er die Absicht, im Zusammenwirken mit dem Beklagten, diesem durch Erwirken der Klagahweisung einen rechtswidrigen Vermgensvorteil zu verschaffen. Da der Richter erwartungsgem infolge der Parteivorbringens verbund'en mit dem Verhalten des Zeugen irrtmlich annimmt, da die Kindesmutter mit dem Ehemann whrend der Empfngniszeit verkehrt hat, weist er die fr das Kind erhobene Klage ab, wodurch das Kindesvermgen be-schdigt wird. Da der Zeuge und die beklagte Partei den be-trgerischen Plan zusammen ausgedacht und ausgefhrt haben. knnten beide evtl. als M.ittter bestraft werden.

    Ehe wir die Handlungen der Beteiligten rechtlich wrdigen knnen, mssen wir vorerst prfen, ob der Zeuge, der sich nur bei Ausbung des Verkehrs mit der Kindesmutter einer evtl. Strafver-: folgung ausgesetzt htte, nach 284, 2 ZPO Zur Zeugnisverweige-rung berechtigt war, obwohl er den Geschlechtsverkehr wahrheits-

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    gem verneinen konnte. Die herrschende Lehre119) legt das Verweigerungsrecht bei Anwendung des 384,2 ZPO extensiv aus und billigt dem Zeugen eine Aussageverweigerung auch dann zu, wenn er die betr. strafbare Hand! ung nicht begangen hat. Sie hlt diese Auslegung fr erforderlich, damit d'er Zweck des 384,2 ZPO, die Vermeidung eines Konflikts zwischen der Pflicht des Zeugen zur wahrheitsgemen eidlichen Aussage und seinem menschlichen Bestreben, nicht selbst seine Person belastendes Material zu liefern, erfllt wird.

    Nach unserer Meinung belastet sich zwar ein Zeuge, der das betr. Strafdelikt nicht ausgefhrt hat, durch seine Aussage keineswegs. Aber trotzdem glauben wir, dem Zeugen auch in den zuletzt erwhnten Fllen das Verweigerungsrecht gewhren zu mssen, wenn der Zweck des 384, 2 ZPO erfllt wer-den soll. Denn es darf nicht bersehen werden, da der Zeuge nach 386, 1 ZPO die Voraussetzungen fr seine Aus-sageverweigerung glaubhaft zu machen hat. 'vVollte man daher als Voraussetzung zu 384,.2 ZPO verlangen, da der Zeuge die strafbare Handlung begangen hat, so hat dieser die Ausfhrung des Deliktes selbst glaubhaft tu machen, wenn er sein Zeugnis mit Erfolg verweigern will. Denn wenn er dies unterJt, mu ihn der Richter zur Aussage zwingen. Daraus folgt, da sich der die Aussage verweigernde Zeuge der Gefahr eines Strafverfahrens in sehr hohem Mae aussetzen wrde. So mte der Ehemann in unserem Beispiele Zur Zeugnis-verweigerung gem 384, 2 ZPO 386, 1 ZPO nachweisen, da er mit der Kindesmutter verkehrt hat.

    Unter diesen Umstnden wird der Zeuge aber oft in die Versuchung kommen, lieber Unwahres unter Eid auszusagen, als von seinem Verweigerungsrecht Gebrauch zu machen, damit er sich nicht selbst einer strafbaren Handlung zu be-

    U9) RGZ XXIII, 124; RGS XXXVI, 116/17; RGZ 1. 12. 1910 in Warneyers Rechtsprechung 11, Nr. 104; S t ein - J 0 na s zu 384, Anm.2; Entsch. d. OLG Celle i n Rechtsprechung der OLGe, 1. Jg., S. 448; La .n d e, S.694.

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    zichtigen braucht. Daher wrde durch diese Beschrnkung des Verweigerungsrechts gerade der Konflikt, den die Be-stimmung des 384,2 ZPO verhindern will, zwischen der Pflicht zur eidlichen Aussage und dem Bestreben des Zeugen, sich . nicht selbst zu belasten, begrndet werden. Dehnt man da-gegen das Zeugnisverweigerungsrecht im Sinne der herrschenden Lehre weiter aus, wrde eine solche Gefahr fr den die Aus-sage Verweigernden nicht bestehen, da der Zeuge nach dieser Meinung als V Qraussetzung fr 384, 2 ZPO nur nachzuweisen braucht, da er sich durch die Beantwortung der Frage die Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung zuziehen "knnte, wenn er ein bestimmtes Delikt begangen htte. Deshalb er-scheint es uns zweckentsprechender, als Voraussetzung fr 384, 2 ZPO "nicht eine konkrete, sondern nur eine abstrakte Gefahr"120) der Strafverfolgung zu fordern.

    So kommen wir zu dem Ergebnis, da der Ehemann in unserem Falle die Aussage verweigern durfte, obwohl ercHe Frage des Richters wahrheitsgem verneinen konnte. Da demnach fr den Ehemann keine Rechtspflicht zur Mittei:' lung der Wahrheit bestand, kann er wegen Unterdrckung von Tatsachen nicht nach 263 als Tter bestraft werden.121) Andererseits darf er jedoch nicht vollkommen straffrei bleiben, weil er die betrgerische Partei bewut untersttzt hat. Er hat den betrgerischen Plan mit dem Beklagten im voraus vereinbart und hat auerdem zur Tuschung des Richters durch sein Verhalten im Proze wesentlich beigetragen. Deshalb mu er wegen Beihilfe zum Prozebetrug bestraft werden,122) whrend die beklagte Partei, die durch Tuschung des Ent-scheidenden ein unrichtiges, das Kindesvermgen besch-digendes Urteil erwirkt hat) nach 263 StGB als Tter straf-bar ist.

    Ahnliehe Tatbestnde wie bei der Beteiligung eines Zeugen ----"

    120) L a n d e, S. 694. 121) S. 8/9 der Arl:!eit. 122) RGS XXXVI, 119.

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    ergeben sich bei der Mitwirkung eines Nebenintervenienten'. Bei diesem wollen wir nur besonders hervorheben, da ein Betrug durch Unterdrckung von wahren Tatsachen weder durch die Partei noch durch den Nebenintervenienten aus-gefhrt werden kann. Denn wenn einer von beiden unwahre die Gegenpartei schdigende Behauptungen aufstellt, ist der andere bei Erkennen der Unrichtigkeit keineswegs rechtlich verpflichtet, dem Gegner den wahren Sachverhalt mitzuteilen. Auerdem ist der Nebenintervenient ebensowenig wie die Partei verpflichtet, ihm bekannte Tatsachen im Prozesse kund-zugeben, auch wenn er nach diesen ausfhrlich gefragt wird.

    Bei einer Streitgenossenschaft ergeben sich fr die Be-strafung des Prozebetruges keine Besonderheiten, sondern es ist im einzelnen lediglich Tatfrage, wie die verschiedenen Streit genossen zu bestrafen sind.

    14.

    11. Der durch den Vertreter einer Partei ausgefhrte ProzeBbetrug.

    Am Ende dieses Abschnittes wollen wir noch die Tat-bestnde errtern, in denen ein Anwalt oder ein anderer Partei-vertreter betrgerische Behauptungen fr seinen Mandanten im mndlichen Verfahren aufstellt. Im brgerlichen Recht wirkt das Vorbringen des Vertreters innerhalb seiner Voll-macht auf Grund der Vorschriften ber die Stellvertretung nur fr und gegen die vertretene Partei. Im Gegensatz zu den zivilrechtlichen Bestimmungen gibt es im Strafrecht beim Begehen strafbarer Delikte eine derartige Stellvertretung nicht; strafrechtlich ist jeder fr seine eigenen Handlungen allein verantwortlich, gleichgltig, ob er mit Wirkung fr einen an-deren handeln wollte. Deshalb mu der Anwalt, der als Beauf-tragter einer Partei bewut betrgerische Behauptungen vor-bringt, als Tter wegen Betruges bestraft werden, wenn der

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    Richter infolge der Tuschung ein falsches schdigendes Urteil erlt. Der Klient wrde hierbei lediglich wegen Anstiftung zum Betrug zu verurteilen s.ein. Wenn der Anwalt dagegen die unwahren Tatsachen und Beweismittel fr wahr und echt gehalten hat, und sie im guten Glauben dem Richter vorbringt, so hat ihn die betrgerische Partei nur als Mittel zu ihrem verwerflichen Zweck mibraucht. In diesem Falle knnte er mangels des subjektiven Tatbestandes niemals nach 263 StOB verurteilt werden. Da die Partei infolge der Akzessoritt der Teilnahmehandlungen bei Straflosigkeit der Haupttat auch nicht wegen Anstiftung oder Beihilfe verurteilt werden drfte, wrde es in der angefhrten und in hnlicher Weise raffinierten Verbrechern mglich sein, verwerfliche Delikte vermiuels gutglubiger Personen ungestraft zu vollfhren. Um solche ungerechten Ergebnisse zu vermeiden, hat die herrschende Lehre den Begriff der mittelbaren Tterschaft geschaffen., Hierdurch wird es ermglicht, da eine Partei, die sich zur Aus-fhrung eines Prozebetruges eines gutglubig Handelnden bedient hat, ebenso nach 263 StOB zur Verantwortung gezogen werden kann, wie wenn sie die Tat selbst ausgefhrt htte. Danach ist die Partei in dem gewhlten Beispiele als mittelbarer Tter wegen Prozebetruges zu bestrafen.

    In den weiteren Ausfhrungen wollen wir davon absehen, noch mehr Beispiele des Prozebetruges zu geben, der durch dritte Personen mit oder ohne Beteiligung der Partei verwirk-licht worden ist. Denn fr die Bestrafung dieser Flle knnen wir keine bestimmten Regeln aufstellen. Man kann nur an Hand der einzelnen Tatbestnde feststellen, wie die Beteiligten zu strafen sind. Auerdem glauben wir, schon durch die wenigen angefhrten Tatbestnde gezeigt zu haben, wie zahlreich und wie verschiedenartig die Mglichkeiten des Prozebetruges sind, an denen sich auer den Parteien dritte Personen beteiligt haben.123)

    123) Mit Rcksicht auf die geplante Rechtsangleichung des ster-reichischen und des deutschen Rechts wird es, ehe wir zum Schlu der Ab-

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    15.

    Die Zusammenfassung.

    Am Schlu unserer Abhandlung wollen wir als Ergebn i , unserer Betrachtungen feststellen, da die betrgerischen Handlungen die auf die Tuschung des Richters gerichtet sind, strafrechtlich ebenso wie die auerhalb des Prozesses verbten Betrgereien zu behandeln sind. Denn nach unserer Meinung

    handlung kommen, von Interesse sein, kurz auf die Bestrafung des Proze-betruges im sterreichischen Strafrecht einzugehen.

    Der Betrugstatbestand im sterreichischen Recht ist weiter ge als 263 St GB. 197 des sterreichischen Strafgesetzbuches lautet:

    "Wer durch listige Vorstellungen oder Handlungen ei nen anderen in Irrtum fhrt, durch welchen jemand, sei es der Staat, eine Gemeinde oder eine andere Person, an seinem Eigentum oder seinen Rechten Schaden leiden soll, oder wer in dieser Absicht und auf die eben erwhnte Art eines anderen Irrtum oder Unwissenheit benutzt, begeht einen Betrug; er mag sich hierzu durch Eigennutz, Leidenschaft, durch die Absicht, jemanden gesetzwidrig zu begnstigen oder sonst durch was immer fr eine Neben-absicht haben verleiten lassen."

    Insbesondere .ist im sterreichischenStrafrecht zum Schutz der Ge-richte vor betrgerischer Irrefhrung eine spezielle strafschrfende Vor-schrift in 199 a .StGB geschaffen worden. Dieser besagt, da: "unter den Bedingungen des 197 der Betrug schon aus der Beschaffenheit der Tat zum Verbrechen wird, wer sich in eigener Sache bei Gericht zu einem falschen Eide erboten oder wirklich ein falscher Eid geschworen wird, oder wenn ein falsches Zeugnis so vor Gericht abgelegt werden soll, bewerben oder wenn ein falsches Zeugnis gerichtlich angeboten oder abgelegt wurde, wenn dasselbe auch nicht zugleich die Anerbietung oder Ablegung des Eides in sich begreift."

    Danach braucht ebenso wie im deutschen Recht eine Identitt des Getuschten und der Person, die geschdigt werden soll, nicht vorzuliegen, so da die Bestrafung des Prozebetruges mglich ist. Die Strafbarkeit wird aber inder sterreichischen Literatur und Praxis in noch geringerem

    . Mae zugelassen als im deutschen Re'cht. Nach allgemein anerkannter Meinung ist der Prozebetrug im kontra-

    diktorischen Verfahren ausgeschloEsen, wenn eine Partei falsche unbewiesene Angaben und Einwendungen macht. Durch diese soll der Begriff der ,;listigen Vorstellungen oder Handlungen" im Sinne des 197 nicht erfll t werden, da falsche Parteibehauptungen ohne Beweisaufnahme nicht ge-

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    ist es bei der Anwendung des 263 StGB gleichgltig, ob eine Privatperson oder ein Beamter in seiner dienstlichen Ttigkeit getuscht wird. Wie wir schon gezeigt haben, kann nur durch diese vllige Gleichstellung der genannten Flle und die da-durch erreichte gleiche strafrechtliche Wrdigung eine ein-heitliche Strafrechtspflege gefrdert und gerechte Resultate erzielt werden. Die im Gegensatz hierzu stehenden herrschende -_._-----_.--eignet sein sollen, den Richter zu tuschen (S c h n eck, in Centralblatt' fr die jur. Praxi8, XLV, B Schrifttum Nr. 49, Seite 358; Alt mann-Jacob zu197,Nr.2,Seite542; Lammasch-Rittler, S.307; }(H Nr. 314, 2646, 1225, 1553).

    Dagegen wird im sterreichischen Recht strafbarer Prozebetrug all-gemein angenommen, wenn das Gericht durch falsche Beweise getuscht worden ist. Der Tter ist in diesem Falle nach 197 .StGB zu bestrafen, soweit nicht der straf schrfende Tatbestand des 199 a .StGB erfllt ist, der dem 197 vorzugehen hat.

    Die Beurteilung einseitiger betrgerischer Prozevorbringen ist im sterreichischen Recht die gleiche wie in der deutschen Rechtsprechung. Lediglich im Sumnis- und Vollstreckungsverfahren wird im Gegensatz zum deutschen Strafrecht die Meinung vertreten, da der RicMer, der ohne Beibringung von Beweisen auf einseitiges Parteivorbringen ents cheidet, durch die bloen Angaben getuscht werden und dadurch Betrug verbt werden kann (Lamma-sch-Rittl er, S.307; }(H 314, 1553; R 311). Diese Ansicht ist dadurch zu erklren, da das ster-reichische Prozerecht dem Entscheidenden bei dem Sumnisverfahren ein begrenztes Prfungsrecht der Behauptungen des Antragstellers eingerumt hat. Nach der inder Literatur herrschenden Ansicht ist jedoch bei Ver""c sumnis einer Partei die Begehung eines Prozebetruges ausgeschlossen. Der Richter nehme das von der erschienenen Partei lgnerisch Vorgebrachte nicht deshalb als Grundlage seiner Entscheidung, weil er dem V