schwarzwaldidylle mit 13 ps

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© 2008 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.phiuz.de 3/2008 (39) | Phys. Unserer Zeit | 151 | MAGAZIN FERMIS CORNER | Schwarzwaldidylle mit 13 PS In der vierten Generation steht die 1825 erbaute Hexenlochmühle in einem entlegenen Ort zwischen Furtwangen und St. Märgen. Die Eigentümerfamilie Trenkle konnte die idyllische Schwarzwaldmühle, die heute ein uriges Ausflugsziel ist, originalgetreu erhalten. Die alten Holzsägen, die die Mühle einst in Gang setzte, sind heute nicht mehr in Betrieb. Die Mühle versorgt aber das gesamte Anwesen mit Strom. Über einen Kanal wird das Wasser 200 m weit vom Heubach ins Hexen- lochtal herangeführt: Bis zu 300 Liter pro Sekunde treiben die beiden Mühlräder mit einem Durchmesser von 4 m an, die zusammen eine Leistung von 13 PS erzeugen. Wie lässt sich aus diesen Angaben unter Vernachlässigung der Reibung die Leistung eines Mühlrades ab- schätzen? Welchen Wirkungsgrad erreichen die Mühlräder, und welche Faktoren außer der Reibung können noch zu Verlusten beitragen? Lösung aus Heft 2/2008 Kann man die Chinesische Mauer vom Mond sehen? Das Auflösungsverhalten des mensch- lichen Auges beträgt 0,5 bis 1 Bogen- minute, was im Bogenmaß etwa 1,5 · 10 -4 entspricht. Die Breite b der Chinesischen Mauer variiert von 4,6 bis 9,1 m an der Basis, der mittlere Abstand Erde-Mond d beträgt 380 000 km. Damit gilt für den Seh- winkel, unter dem die Chinesische Mauer erscheint α≈ tan α≈ b/d = 10 m/3,8 ·10 8 m 2,6·10 –8 . In der ersten Gleichung haben wir die Kleinwinkelnäherung des Tangens ausgenutzt. Die Chinesische Mauer ist demnach um fast vier Größenordnungen zu schmal, um vom Mond aus erkennbar zu sein. Erkennbar wären Objekte ab knapp 100 km Ausdehnung. Selbst wenn man in Betracht zieht, dass unter speziellen Bedingun- gen, wie eine Steigerung der Zitterbewegungen des Auges (Mikro- sakkaden) [1] und für spezielle Bildeigenschaften, wie Linienver- setzungen, die Auflösungsgrenze bei 2 Bogensekunden liegen kann [2], bleibt die Chinesische Mauer vom Mond aus unsichtbar: Zwar erhöht sich die Auflösung gegenüber der Normalsehschärfe um das 15-Fache, was im Bogenmaß etwa 10 –5 ent- spricht. Dennoch fehlt immer noch ein Faktor 5000. Mit der normalen Auflösung von 0,5 bis 1 Bogenminuten dürfte man die Chinesische Mauer auch von der ISS (Faktor 1000 geringere Entfer- nung) aus nicht sehen. Der Astronaut Cernan behauptet aber, dass dies möglich sei. Daraus ergibt sich α≈ 3·10 –5 , was zwar für die Normal- sehschärfe zu wenig ist, aber mit dem genannten Faktor 15 in den Auflösungsbereich rückt [3, 4]. [1] I. Klebe, Durch die Augen in den Sinn, Aulis Verlag Deubner, Köln 1984, S. 23. [2] H. Paul, Lexikon der Optik, Spektrum der Wissenschaft, Heidelberg 1999. [3] www.nyconsulate.prchina.org/eng/xw/ t106405.htm [4] eol.jsc.nasa.gov/debrief/STS101/YELL1.htm Wir möchten Sie auch herzlich dazu einladen, sich an der Rubrik zu beteiligen. Wenn Sie eine geeignete Aufgabe und deren Lösung haben, schicken Sie diese bitte an: Physik in unserer Zeit, Dr. Thomas Bührke, Wiesenblättchen 12, 68723 Schwetzingen oder [email protected]. Andreas Müller, Uni Landau

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© 2008 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.phiuz.de 3/2008 (39) | Phys. Unserer Zeit | 151

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F E R M I S CO R N E R |Schwarzwaldidylle mit 13 PSIn der vierten Generation steht die 1825 erbaute Hexenlochmühle ineinem entlegenen Ort zwischen Furtwangen und St. Märgen. Die Eigentümerfamilie Trenkle konnte die idyllische Schwarzwaldmühle,die heute ein uriges Ausflugsziel ist, originalgetreu erhalten. Die altenHolzsägen, die die Mühle einst in Gang setzte, sind heute nicht mehr in Betrieb. Die Mühle versorgt aber das gesamte Anwesen mit Strom.

Über einen Kanal wird das Wasser200 m weit vom Heubach ins Hexen-lochtal herangeführt: Bis zu 300 Literpro Sekunde treiben die beidenMühlräder mit einem Durchmesservon 4 m an, die zusammen eineLeistung von 13 PS erzeugen.

Wie lässt sich aus diesen Angabenunter Vernachlässigung der Reibungdie Leistung eines Mühlrades ab-schätzen? Welchen Wirkungsgraderreichen die Mühlräder, und welcheFaktoren außer der Reibung könnennoch zu Verlusten beitragen?

Lösung aus Heft 2/2008Kann man die Chinesische Mauervom Mond sehen?Das Auflösungsverhalten des mensch-lichen Auges beträgt 0,5 bis 1 Bogen-minute, was im Bogenmaß etwa 1,5 ·10-4 entspricht. Die Breite b derChinesischen Mauer variiert von 4,6bis 9,1 m an der Basis, der mittlere

Abstand Erde-Mond d beträgt380 000 km. Damit gilt für den Seh-winkel, unter dem die ChinesischeMauer erscheint

α ≈ tan α ≈ b/d= 10 m/3,8 ·108m ≈ 2,6·10–8.

In der ersten Gleichung habenwir die Kleinwinkelnäherung desTangens ausgenutzt. Die ChinesischeMauer ist demnach um fast vierGrößenordnungen zu schmal, umvom Mond aus erkennbar zu sein.Erkennbar wären Objekte ab knapp100 km Ausdehnung.

Selbst wenn man in Betrachtzieht, dass unter speziellen Bedingun-gen, wie eine Steigerung derZitterbewegungen des Auges (Mikro-sakkaden) [1] und für spezielleBildeigenschaften, wie Linienver-setzungen, die Auflösungsgrenze bei2 Bogensekunden liegen kann [2],

bleibt die Chinesische Mauer vomMond aus unsichtbar: Zwar erhöhtsich die Auflösung gegenüber derNormalsehschärfe um das 15-Fache,was im Bogenmaß etwa 10–5 ent-spricht. Dennoch fehlt immer nochein Faktor 5000.

Mit der normalen Auflösung von0,5 bis 1 Bogenminuten dürfte mandie Chinesische Mauer auch von derISS (Faktor 1000 geringere Entfer-nung) aus nicht sehen. Der AstronautCernan behauptet aber, dass diesmöglich sei. Daraus ergibt sich α ≈ 3·10–5, was zwar für die Normal-sehschärfe zu wenig ist, aber mitdem genannten Faktor 15 in denAuflösungsbereich rückt [3, 4].

[1] I. Klebe, Durch die Augen in den Sinn, AulisVerlag Deubner, Köln 1984, S. 23.

[2] H. Paul, Lexikon der Optik, Spektrum derWissenschaft, Heidelberg 1999.

[3] www.nyconsulate.prchina.org/eng/xw/t106405.htm

[4] eol.jsc.nasa.gov/debrief/STS101/YELL1.htm

Wir möchten Sie auch herzlich dazueinladen, sich an der Rubrik zubeteiligen. Wenn Sie eine geeigneteAufgabe und deren Lösung haben,schicken Sie diese bitte an:Physik in unserer Zeit, Dr. ThomasBührke, Wiesenblättchen 12,68723 Schwetzingen [email protected].

Andreas Müller, Uni Landau