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Zitiertechniken: Die Pflicht zum Nachweis fremder Gedanken, Thesen und Behauptungen ist keine böswillige Erfindung der Wissenschaft, sondern eine notwendige Voraussetzung für die an allen Hochschulen eingeforderte Wissenschaftlichkeit. Wissenschaftlichkeit bedeutet nichts anderes als intersubjektive Nachprüfbarkeit. Das heißt: Ich muss für alles, was ich schriftlich behaupte, den Nachweis erbringen, ob diese Gedanken von mir oder von anderen stammen. In der Wissenschaft gibt es fast nichts, was nicht schon einmal ausgesprochen, gedacht oder erläutert worden ist. Wer viel liest, wird dies schnell bemerken. Es ist ein Gebot der wissenschaftlichen Redlichkeit, auf diese Vorgängerinnen und Vorgänger zu verweisen. Wissenschaft ist im Grunde ja nichts anderes als ein großer Diskurs, an dem viele teilhaben. Dieses Gespräch wird auf Kongressen, Symposien und Colloquia verbal geführt. In schriftlichen Publikationen sind die Fußnoten Ausweis des Gesprächs- bzw. Diskurscharakters von Wissenschaft. Daher sind die Fußnoten und deren Inhalt manchmal auch wichtiger als das, was im Obertext steht. Sie sind daher nicht irgendein Beiwerk, sondern das Fundament wissenschaftlicher Arbeit und müssen entsprechend sorgfältig behandelt werden. Selbstständige und unselbstständige Publikationen Zunächst einmal unterscheidet man zwischen selbstständigen und unselbstständigen Publikationen. Die selbstständigen Publikationen können wiederum dreifach unterteilt werden: 1.) selbstverfasste Monographien, 2.) herausgegebene Monographien bzw. Quelleneditionen und –sammlungen, 3.) (ungedruckte) Dissertationen. Unselbstständige Publikationen werden ebenfalls dreifach unterteilt: 1.) Aufsätze in Zeitschriften (= Periodika), 2.) Beiträge in Sammelwerken, 3.) Artikel in Lexika oder Wörterbüchern. Bei der Zitation sind Auflagen, Übersetzungen, Nach- bzw. Neudrucke sowie Serien zu verzeichnen. Unterschiedliche Formen der Zitation Da die korrekte Erstellung von Fußnoten ein wichtiges formales Kriterium zur Beurteilung der Wissenschaftlichkeit von Haus- und Abschlussarbeiten ist, sind im Folgenden die wichtigsten Formen der Zitation zusammengestellt: Ein Autor, verschiedene Auflagen, Erstausgabe: Hans-Werner Goetz, Leben im Mittelalter vom 7. bis zum 13. Jahrhundert, 7. Aufl., München 2002 (Erstausgabe München 1986). Ein Autor, Reihe Gudrun Gleba, Klöster und Orden im Mittelalter (= Geschichte kompakt. Herausgegeben von Martin Kinzinger, Uwe Puschner, Barbara Stollberg-Rilinger), Darmstadt 2002. Reinhard Schneider, Das Frankenreich (= Oldenbourg Grundriss der Geschichte, Bd. 5), 4., überarb. und erw. Aufl., München 2001.

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Page 1: Selbstständige und unselbstständige Publikationen · PDF fileCarlo Ginzburg – Carlo Poni, Was ist Mikrogeschichte?, in: Geschichtswerkstatt 6 (1985) S. 48−52. Vorträge verschiedener

Zitiertechniken: Die Pflicht zum Nachweis fremder Gedanken, Thesen und Behauptungen ist keine böswillige Erfindung der Wissenschaft, sondern eine notwendige Voraussetzung für die an allen Hochschulen eingeforderte Wissenschaftlichkeit. Wissenschaftlichkeit bedeutet nichts anderes als intersubjektive Nachprüfbarkeit. Das heißt: Ich muss für alles, was ich schriftlich behaupte, den Nachweis erbringen, ob diese Gedanken von mir oder von anderen stammen. In der Wissenschaft gibt es fast nichts, was nicht schon einmal ausgesprochen, gedacht oder erläutert worden ist. Wer viel liest, wird dies schnell bemerken. Es ist ein Gebot der wissenschaftlichen Redlichkeit, auf diese Vorgängerinnen und Vorgänger zu verweisen. Wissenschaft ist im Grunde ja nichts anderes als ein großer Diskurs, an dem viele teilhaben. Dieses Gespräch wird auf Kongressen, Symposien und Colloquia verbal geführt. In schriftlichen Publikationen sind die Fußnoten Ausweis des Gesprächs- bzw. Diskurscharakters von Wissenschaft. Daher sind die Fußnoten und deren Inhalt manchmal auch wichtiger als das, was im Obertext steht. Sie sind daher nicht irgendein Beiwerk, sondern das Fundament wissenschaftlicher Arbeit und müssen entsprechend sorgfältig behandelt werden.

Selbstständige und unselbstständige Publikationen

Zunächst einmal unterscheidet man zwischen selbstständigen und unselbstständigen Publikationen. Die selbstständigen Publikationen können wiederum dreifach unterteilt werden: 1.) selbstverfasste Monographien, 2.) herausgegebene Monographien bzw. Quelleneditionen und –sammlungen, 3.) (ungedruckte) Dissertationen.

Unselbstständige Publikationen werden ebenfalls dreifach unterteilt: 1.) Aufsätze in Zeitschriften (= Periodika), 2.) Beiträge in Sammelwerken, 3.) Artikel in Lexika oder Wörterbüchern. Bei der Zitation sind Auflagen, Übersetzungen, Nach- bzw. Neudrucke sowie Serien zu verzeichnen.

Unterschiedliche Formen der Zitation

Da die korrekte Erstellung von Fußnoten ein wichtiges formales Kriterium zur Beurteilung der Wissenschaftlichkeit von Haus- und Abschlussarbeiten ist, sind im Folgenden die wichtigsten Formen der Zitation zusammengestellt:

Ein Autor, verschiedene Auflagen, Erstausgabe:

Hans-Werner Goetz, Leben im Mittelalter vom 7. bis zum 13. Jahrhundert, 7. Aufl., München 2002 (Erstausgabe München 1986).

Ein Autor, Reihe

Gudrun Gleba, Klöster und Orden im Mittelalter (= Geschichte kompakt. Herausgegeben von Martin Kinzinger, Uwe Puschner, Barbara Stollberg-Rilinger), Darmstadt 2002.

Reinhard Schneider, Das Frankenreich (= Oldenbourg Grundriss der Geschichte, Bd. 5), 4., überarb. und erw. Aufl., München 2001.

Page 2: Selbstständige und unselbstständige Publikationen · PDF fileCarlo Ginzburg – Carlo Poni, Was ist Mikrogeschichte?, in: Geschichtswerkstatt 6 (1985) S. 48−52. Vorträge verschiedener

Kritische Quellenedition, Mitarbeit, Herausgeberschaft, Reihe

Thomas Müntzer, Schriften und Briefe. Kritische Gesamtausgabe (= Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte, Bd. XXXIII). Unter Mitarbeit von Paul Kirn herausgegeben von Günther Franz, Gütersloh 1968.

Quellensammlung, ein Herausgeber

Wilfried Hartmann (Hg.), Frühes und hohes Mittelalter 750–1250 (= Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellung, Bd. 1), Stuttgart 1995.

Mehrere Herausgeber

Wolfgang Küttler – Jörn Rüsen – Ernst Schulin (Hg.), Geschichtsdiskurs, Bd. 1: Grundlagen und Methoden der Historiographiegeschichte, Frankfurt a. M. 1993.

Dissertation

Paul E. Geiger, Das Wort »Geschichte« und seine Zusammensetzungen, Diss. Phil. Freiburg i. Br. 1908.

Aufsätze in Zeitschriften, ein Autor, mehrere Autoren

Thomas Nipperdey, Kann Geschichte objektiv sein?, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 30 (1979) S. 329−342.

Carlo Ginzburg – Carlo Poni, Was ist Mikrogeschichte?, in: Geschichtswerkstatt 6 (1985) S. 48−52.

Vorträge verschiedener Autoren in einem Sammelband (= Reihe), Nachdruck

Eugen Ewig, Zum christlichen Königsgedanken im Frühmittelalter, in: Das Königtum – seine geistigen und rechtlichen Grundlagen. Mainauvorträge 1954 (Vorträge und Forschungen, Bd. III), Lindau – Konstanz 1963 (= Nachdruck).

Gesammelte Schriften eines Autors mit Erscheinungsdatum des zitierten Aufsatzes

Alfred Heuss, Max Webers Bedeutung für die Geschichte des griechisch-römischen Altertums

Page 3: Selbstständige und unselbstständige Publikationen · PDF fileCarlo Ginzburg – Carlo Poni, Was ist Mikrogeschichte?, in: Geschichtswerkstatt 6 (1985) S. 48−52. Vorträge verschiedener

[1965], in: Ders., Gesammelte Schriften in drei Bänden, Stuttgart 1995, S. 1835−1862.

Artikel in Lexikon, Nachdruck

Reinhart Koselleck – Christian Meier – Odilo Engels – Horst Günther, Art. Geschichte, in: Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, Bd. 2, Stuttgart 1975 (Nachdruck 1993), S. 593−717.

Zitiertes Zitat

Zitierte Zitate sind grundsätzlich am Original zu überprüfen. Häufig treten Zitationsfehler auf. Wenn dies nicht möglich ist, macht man kenntlich, auf wen man sich bei der Zitation bezieht:

Zitiert nach Stefan Weinfurter, Herrschaft und Reich der Salier. Grundlinien einer Umbruchszeit, 2., überarb. Aufl., Sigmaringen 1992, S. 11.

Wiederholtes Zitieren desselben Autors

Beim ersten Zitieren wird der volle Titel in der Fußnote aufgeführt. Beim wiederholten Zitieren reicht es folgendermaßen zu verfahren:

Schneider (wie Anm. 5) S. 3.

Wiederholtes Zitieren desselben Autors mit unterschiedlichen Schriften

Schneider, Einstiege (wie Anm. 5) S. 3.

Zitieren von Zeitungsartikeln

Martin Germann, Die abenteuerliche Reise muss ein Ende haben. Eine europäische Odyssee von Fleury nach Karlsruhe, oder: Warum alte Handschriften intakt zu bewahren sind, in: Süddeutsche Zeitung, Nr. 234, 11. Oktober 2006, S. 16.

Zum wissenschaftlichen Schreiben: Wolfgang Schmale, Schreib-Guide Geschichte. Schritt für Schritt wissenschaftliches Schreiben lernen, Wien u. a. 2006.