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Seminarvortrag Die Suche nach dem Higgs-Boson Stefan Brisken 7.6.2005

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SeminarvortragDie Suche nach dem Higgs-Boson

Stefan Brisken

7.6.2005

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2 Die Suche nach dem Higgs-Boson Stefan Brisken

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 3

2 Das Problem des Standard-Modells 3

3 Der Higgsmechanismus 4

4 Die Suche an den großen Beschleunigern 7

4.1 Massengrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

4.2 Zerfallskanale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

4.3 Higgs-Suche am LEP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

4.3.1 Der ALEPH-Detektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

4.3.2 LEP-Produktionskanale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

4.3.3 Ereignistopologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

4.3.4 Background . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

4.3.5 LEP-Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

4.4 Higgs-Suche am TeVatron . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

4.4.1 Produktionskanale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

4.4.2 Ereignistopologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

4.4.3 Entdeckungspotential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

4.5 Higgs-Suche am LHC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

4.5.1 Produktionskanale und Ereignistopologien . . . . . . . . . . . . . . 16

4.5.2 Entdeckungspotential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

5 Fazit 17

6 Literatur zum Thema 18

7 Quellenangaben 18

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1 Einleitung

Die Suche nach dem Higgs-Boson ist eine der großten Herausforderungen in der mo-mentanen Teilchenphysik. Das Higgs-Teilchen ist das einzige Standardmodell-Teilchen,das noch nicht gefunden wurde. Im ersten Teil dieses Seminarvortrags wird besprochen,warum das Standardmodell ohne das Higgs nicht funktioniert. Im zweiten Teil wird derLosungsvorschlag von Peter Higgs prasentiert, der das SM

”retten“ soll. Im dritten Teil

dieses Vortrags wird auf die eigentliche Suche nach dem Higgs an den großen Ringbe-schleunigern eingegangen.

Wenn hier von”das Higgs“ die Rede ist, dann ist immer ein einziges, neutrales Higgs-

Boson im SM gemeint. Auf Modelle mit mehreren Higgs-Teilchen (z.B. SUSY) wird nichteingegangen.

2 Das Problem des Standard-Modells

Eichtheorien verlangen die Invarianz des Lagrangians unter lokalen Eichtransformationen.Im SM-Lagrangian sind Massenterme fur Fermionen Ψ und Bosonen Bµ von der Form

mfΨΨ

bzw.m2

BBµBµ

Diese Terme mussen dann naturlich auch invariant unter lokalen Eichtransformationensein. Nimmt man als Beispiel die QED, wo die Eichtrafo eine einfache Phasentransfor-mation eiα(x) ist, so andert sich der Term fur die Fermionmassen nicht, d.h. es gibt keineEinschrankung an die Fermionmassen. Der Bosonterm dagegen andert sich bei einer Eicht-rafo:

m2BBµBµ → m2

B(Bµ − ∂µα)(Bµ − ∂µα) 6= m2BBµBµ

Daraus folgt, dass die Bosonmasse null sein muss. In der QED ist das auch genau richtig:Die Photonmasse ist null. Analog ist es in der QCD mit der Gluonmasse null.

Etwas anders sieht es aus in der Eichtheorie der elektroschwachen WW. Die Eichgruppe isthier die SU(2)L×U(1)Y . Genau wie die QED erzwingt diese Eichtrafo eine verschwindendeBosonmasse. Hinzu kommt noch, dass die Fermionmasse ebenfalls null sein muss, denn

mfΨΨ = mf (ΨRΨL + ΨLΨR + 0 + 0)

ist NICHT invariant, weil nur ΨR invariant unter SU(2)L-Transformationen ist. Das wi-derspricht aber den experimentell gemessenen Daten: Die Masse der W- und Z-Bosonen

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betragt 80 GeV bzw. 91 GeV und auch die Fermionen sind massiv! Das heisst, die Eich-theorie der elektroschwachen WW sagt zunachst sowohl die Massen der Fermionen alsauch die der Bosonen falsch vorraus!

3 Der Higgsmechanismus

Einen Ausweg, der es erlaubt das SM aufrecht zu erhalten, ohne die experimentellen Datenin Frage zu stellen prasentierte 1964 der schottische Physiker Peter Higgs. Er schlug vor,dass Teilchen von sich aus gar keine Masse haben, sondern diese erst durch WW miteinem uberall prasenten Hintergrundfeld, dem sog. Higgs-Feld, erhalten. Dieses wird nunSchrittweise eingefuhrt.Als erstes fuhren wir ein komplexes Feld ein:

Φ =1√2(Φ1 + iΦ2)

Die Lagrangedichte zu diesem Feld ist

L = T − V =1

2(∂µΦ)(∂µΦ)− V (Φ)

Peter Higgs wahlte das Potential(Abb.1) zu

V = −µ2ΦΦ∗ + λ2(ΦΦ∗)2

Abbildung 1:

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Wichtig ist, dass dieses Potential achsensymmetrisch um den Ursprung ist, dessen Mini-mum aber gerade nicht im Ursprung liegt sondern bei

Φ0 =µ√2λ

eiθ

Befindet sich Φ im Grundzustand, so”sieht“ es also die Symmetrie nicht, man spricht von

”Spontaner Symmetriebrechung“

Wahlt man jetzt θ = 0 und setzt µλ

= v, dann lasst sich Φ um den Grundzustandentwickeln gemaß

Φ =1√2(v + η(x) + iζ(x))

η und ζ sollen klein sein. Man setzt diese Entwicklung unter Vernachlassigung von Termendritter und vierter Ordnung in die Lagrangedicht ein und erhalt

L =[1

2(∂µη)(∂µη)− µ2η2

]+[1

2(∂µζ)(∂µζ)

]Der erste Summand beschreibt ein Teilchen η mit der Masse

√2µ. Der zweite Summand

beschreibt ein sog. masseloses”Goldstone-Boson“(Nach dem Theorem von Jeffrey Gold-

stone fuhrt jede spontane Symmetriebrechung der Lagrangedichte zur Entstehung einessolchen masselosen Bosons).Zusatzlich zum Higgsfeld fugen wir nun noch das elektromagnetische Feld hinzu. Mit derkovarianten Ableitung Dµ = ∂µ + iqAµ und dem Feldtensor Fµν ergibt sich bei einerEntwicklung analog zu oben

L =[1

2(∂µη)(∂µη)− µ2η2

]+[1

2(∂µζ)(∂µζ)

]− 1

4FµνF

µν +1

2q2v2AµA

µ + qvAµ(∂µζ)

Man stellt nun so um, dass Terme mit ζ und A zusammengefasst werden und erhalt

L =[1

2(∂µη)(∂µη)− µ2η2

]− 1

4FµνF

µν +1

2q2v2

(Aµ +

1

vq(∂µζ)

)(Aµ +

1

vq(∂µζ)

)

Jetzt nutzt man aus, dass L invariant gegenuber Phasentransformationen ist und wendet

A′µ = Aµ + ∂µ

(1

vqζ(x)

)

auf die Lagrangedichte an. Daraus ergibt sich

L =[1

2(∂µη)(∂µη)− µ2η2

]− 1

4FµνF

µν +1

2q2v2A′

µA′µ

Terme mit ζ sind durch die Phasentransformation herausgefallen. Man sagt, das Photon-feld hat das Goldstone-Boson

”verschluckt“. Ausserdem hat das Photonfeld durch den

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6 Die Suche nach dem Higgs-Boson Stefan Brisken

dritten Summanden eine Masse bekommen. Dies ist aber noch nicht das Ziel. Das Pho-ton soll masselos bleiben, stattdessen sollen die W- und Z-Bosonen eine Masse erhalten.Dazu muss die ganze Prozedur in der Theorie der elekroschwachen WW statt in der QEDdurchgefuhrt werden. Fur das Higgs-Feld wird entsprechend ein SU(2)-Dublett gewahlt

Φ =

(Φ+

Φ0

)=

(Φ+

1 + iΦ+2

Φ01 + iΦ0

2

)Es wird angenommen, dass der energetisch tiefste Zustand eine von null verschiedeneAmplitude des neutralen Higgs Feldes ergibt, wahrend der Vakuumerwartungswert fur dasgeladene Higgs-Feld verschwindet, denn dieser wurde dem Photon Masse geben. Daher ist

Φ0 =1√2

(0v

)Die elektroschwache Lagrangedichte ist

L = (DµDµ)− 1

4F i

µνFiµν − 1

4fµνf

µν

mit der kovarianten Ableitung

Dµ = ∂µ + ig1

2τWµ + i

g2

2Bµ

Dabei ist τ der Vektor der Paulimatrizen und g1 und g2 sind Kopplungskonstanten.fµν istwie Fµν ebenfalls ein Feldtensor. Entwickeln wir nun wieder Φ um den Grundzustand undsetzen die Entwicklung in die Lagrangedichte ein und erhalten nach analogen Umformungzu eben

L =[1

2(∂µη)(∂µη)− µ2η2

]−1

4F i

µνFiµν−1

4fµνf

µν+1

2

g1v2

4

(∣∣∣W+µ

∣∣∣2 +∣∣∣W−

µ

∣∣∣2)+1

2

v2

4|g2Bµ − g1W3µ|2

Der erste Summand entspricht wieder einem Teilchen η mit Masse√

2µ. Dies ist das Higgs-Boson. Die nachsten beiden Summanden enthalten die Feldstarketensoren der elektroschw.WW. Der vierte Summand ordnet den W Bosonen die Masse g1v

2zu. Der letzte Term lasst

sich auch schreiben als1

2

g1v2

4 cos2 θW

|Zµ|2

θW ist dabei der Weinbergwinkel (auch elektoschw. Mischungswinkel genannt). Der Ver-gleich mit dem dritten Summanden zeigt, dass

mZ =mw

cos θW

ist. Dieses Verhaltnis zwischen W- und Z-Masse ist genau das, was man gemessen hat! Dasist zweifelsohne ein erster Erfolg fur das Higgs-Modell. An dieser Stelle sei noch erwahnt,dass auch Fermionen eine Masse erhalten. Die zugehorige Kopplung nennt man

”Yukawa-

Kopplung“. Der einzige”Haken“ an der Theorie ist, dass das Higgs-Boson bislang noch

nicht gefunden wurde.

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4 Die Suche an den großen Beschleunigern

4.1 Massengrenzen

Will man nach dem Higgs suchen, dann muss man sich als erstes uberlegen, in welchemMassenbereich man uberhaupt suchen muss. Im vorherigen Kapitel wurde gezeigt, dassdie Higgs-Masse nur von µ abhangt. µ ist in der Theorie aber leider ein freier Parameter.Trotzdem kann man mH eingrenzen. Die beste untere Grenze erhalt man aus den Expe-rimenten am LEP-II. Hatte das Higgs eine Masse von weniger als 114,1 GeV [1], so hatteman es dort entdeckt.Etwas komplizierter ist es bei der oberen Grenze. Eine solche erhalt man durch Uberlegungenzum Hochenergieverhalten bei W-Paarproduktion aus e+e−. In niedrigster Ornung wurdeman Erwarten, dass nur die drei Feynman-Graphen aus Abb.2 zum Wirkungsquerschnittbeitragen.

Abbildung 2:

Ware dem so, dann wurde der Wirkungsquerschnitt bei hohen Energien die Unitaritatsgrenzeuberschreiten. Es muss also noch mind. einen Graphen geben, der destruktiv zum Wir-kungsquerschnit beitragt. Nimmt man an, dass dieser Graph der aus Abb.3 ist, dann kannman ausrechnen, dass die Masse des Higgs 1 TeV [2] nicht uberschreiten darf, denn sonstwurde dieser Graph nicht genug beitragen.

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8 Die Suche nach dem Higgs-Boson Stefan Brisken

Abbildung 3:

4.2 Zerfallskanale

Abbildung 4:

Zerfallskanale des Higgs - logarithmische Auftragung

Da die Lebensdauer des Higgs-Bosons zu kurz ist, als dass man es in einem Detektor nach-weisen konnte, muss man nach dessen Zerfallsprodukten suchen. In was das Higgs zerfalltist von seiner Masse abhangig. Je hoher die Masse eines Teilchens um so starker die Kopp-lung an das Higgs. Es wird also immer dominant in die kinematisch schwerstmoglichen

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Teilchen zerfallen. Wie Abb.4 verdeutlicht sind das fur Massen unter 140 GeV bb-Paare.Bei hoheren Massen wird der Zerfall in die massiven Eichbosonen dominant.

4.3 Higgs-Suche am LEP

Der erste Run des Elektron-Positron-Colliders LEP von 1989-95 wurde bei Schwerpunkts-energien um 91 GeV gefahren und diente hauptsachlich zur Untersuchung der Z-Resonanz.Interessanter fur die Higgs-Suche ist der zweite Run, bei dem zwischen 1995 und 2000die Schwerpunktsenergie bis auf 209 GeV erhoht wurde. Es standen vier Detektoren zurVerfugung, die sich alle mehr oder weniger ahneln: ALEPH, DELPHI, L3 und OPAL.

4.3.1 Der ALEPH-Detektor

Abb.5 zeigt als Beispiel einen Querschnitt durch den ALEPH Detektor. Die”Tube“ in

der Mitte ist das Strahlrohr, durch das e+ und e− eingeschossen werden. Direkt daranan schliessen sich der Vertex-Detektor(VDET) und die inneren Spurkammern(ITC). Esist wichtig, dass diese beiden so nah am Strahlrohr liegen, denn sie werden zur Rekon-struktion der Vertizes benutzt. Ein Sekundarvertex kann (wie z.B. bei einem B-Meson)nur wenige mm vom Primarvertex entfernt liegen. Beim VDET handelt sich um einenSilizium-Streifendetektor, die ITCs sind Driftkammern, also Gasdetektoren. Die nachsteDetektorkomponente sind die Zeitprojektionskammern (TPC). Diese sind ebenfalls Gas-detektoren. Parallel zur Strahlachse befindet sich ein elektrisches Feld, so dass Ladungen,die von einem Teilchen freigesetzt werden, welches die Kammer durchquert, zu den En-den der Kammer driften, wo sie ausgelesen werden. Die Projektion der x-y-Koordinategewinnt man sofort aus dem Ort, an dem die Ladung ankommt. Die z-Koordinate erhaltman aus dem Zeitpunkt an dem eine Ladung dort ankommt. Da gleichzeitig in der Kam-mer noch ein B-Feld angelegt ist kann man aus der Bahnkrummung der Teilchen denImpuls errechnen. Um die TPC herum schliesst sich als nachste Schicht das elektromagn.Kalorimeter(ECAL) an. Es besteht abwechselnd aus Bleischichten und Vieldrahtkammern.Fallt z.B. ein Elektron oder Photon in das ECAL ein, so wird im Blei ein elektromagn.Schauer erzeugt, der durch die Drahtkammern ausgelesen werden kann. Aus der erzeugtenLadungsmenge kann man auf die Energie schliessen, die im ECAL deponiert wurde. Dienachste Detektorschicht ist das hadronische Kalorimeter(HCAL). Es ist besonders dick,damit auch wirklich alle Hadronen ihre Energie in Form von hadronischen Schauern dortverlieren, und man dann davon ausgehen kann, das alle Teilchen, die ganz aussen in denMyonenkammern (muon chambers) nachgewiesen werden auch wirklich Myonen sind -alle anderen Teilchen sind bis dahin zerfallen oder steckengeblieben. Ausser Neutrinos,diese verlassen den Detektor unbeobachtet.

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Abbildung 5:

4.3.2 LEP-Produktionskanale

Da die Masse von e+ und e− und damit auch deren Kopplung an das Higgs-Boson zu kleinist, um nutzbare Wirkungsquerschnitte zu erzielen, ist es sinnvoll, den Produktionskanalaus Abb.6 zu betrachten. Ein Nachteil dieses Prozesses ist es, dass man zusatzlich zuder Schwerpunktsenergie, die notwendig ist um das Higgs zu produzieren, man noch dieSchwerpunktsenergie aufbringen muss um ein (virtuelles oder reelles) Z zu produzieren.

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Abbildung 6:

sog. Higgs-Strahlung

Abb.7 gibt den Wirkungsquerschnitt fur diesen Higgs-Prozess (durchgezogene Linien, furverschiedene Higgs-Massen) und fur verschiedene Untergrundprozesse an. Wie man siehtliegt der Wirkungsquerschnitt fur die Untergrundprozesse um Großenordnungen hoher -ein großes Problem bei der Suche nach dem Higgs.

Abbildung 7:

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4.3.3 Ereignistopologien

Wir haben eben gesehen, dass in dem Massenbereich, den das LEP erzeugen kann (mH <209GeV −91GeV = 118GeV ) das Higgs hauptsachlich in bb zerfallt. Das Z-Boson zerfalltdominant in Quarks. Also ist der haufigste Kanal der sog.

”4-Jet-Kanal“:

HZ → bb + qq

In diesem Kanal sucht man nach vier Quarkjets, von denen sich aus zweien die invarianteZ-Masse rekonstruieren lasst und die anderen beiden b-Flavor enthalten. Das Prufen aufb-Flavor nennt man im Fachjargon

”b-tagging“. Dabei sucht man nach Sekundarvertizes,

die aus dem Zerfall von b-Mesonen stammen. Diese sind typischerweise einige mm vomPrimarvertex entfernt.

Der zweite Kanal ist der sog.”Missing-Energy-Kanal“:

HZ → bb + νν

Man sucht ebenfalls mit Hilfe von b-tagging nach b-Jets, ausserdem nach erheblichen feh-lendem Impuls und Energie, aus denen sich die Z-Masse rekonstruieren lasst.

Ebenfalls moglich ist der”leptonische Kanal“:

HZ → bb + e+e−

HZ → bb + µ+µ−

Wieder werden die b’s durch b-tagging identifiziert. Myonen erkennt man daran, dass sieals einzige eine Spur in der Myonenkammer hinterlassen und Elektronen anhand ihrerSignatur in der Zeitprojektionskammer und im elektromagn. Kalorimeter.

Ausserdem gibt es noch den sog”τ -Kanal“:

HZ → qq + ττ

Dabei kann sowohl das Higgs selber als auch das Z-Boson in ein ττ -Paar zerfallen.

4.3.4 Background

Diese im vorherigen Kapitel beschriebenen Signalprozesse werden durch eine Reihe vonUntergundprozessen uberlagert, die die Messung storen. Prozesse wie e+e− → γγ oder

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e+e− → qq lassen sich leicht herausfiltern, da sie eine ganz andere Topologie als die Si-gnalprozesse haben. e+e− → W+W− ist ebenfalls ein moglicher Untergrundprozess. DieW’s konnen weiterzerfallen in Lepton+Neutrino oder auch in Quarks. W-Bosonen konnenjedoch nicht in b-Quarks zerfallen, so das b-tagging ein zuverlassiger Filter fur diesen Pro-zess ist. Ein besonders tuckischer Untergrundprozess ergibt sich, wenn e+ oder e− schonvor der Kollision ein Photon abstrahlen, und es so zu einem geboosteten Z-Event kommt,bei dem das Z in bb zerfallt. Dieser Prozess immitiert sozusagen den Missing-energy-Kanal.Der wesentliche Untergrundprozess am LEP ist jedoch e+e− → ZZ. Diese Events konnen4 Jets haben, 2 Jets und fehlende Energie, 2 Jets und Lepton-Antilepton oder auch 4 Lep-tonen. Die Jets haben einen hohen b-Quark Anteil, so dass b-tagging kein zuverlassigerFilter ist. Man kann also, wenn nur ein einzelnes Ereignis betrachtet nicht sagen, ob essich wirklich um ein Higgs-Event handelt. Erst nach vielfacher Wiederholung eines Ex-periments kann man mit Hilfe der Statistik entscheiden, ob Higgs-Prozesse beteiligt sindoder nicht. Erst wenn ein Messwert mit einer Signifikanz von funf Standardabweichungenvon dem der Hintergrundprozessen abweicht spricht man von einer Entdeckung.

4.3.5 LEP-Ergebnisse

Bis ins Jahr 2000 konnte am LEP kein Signaluberschuss gemessen werden, der die Vermel-dung einer Entdeckung rechtfertigen wurde. Als im Sommer 2000, kurz vor der endgultigenAbschaltung des Beschleunigers die Schwerpunktsenergie bei 206 GeV lag, meldete dieALEPH Kollaboration einen Signaluberschuss im 4-Jet Kanal. Es wurde beschlossen, dieLaufzeit um 4 Wochen zu verlangern, so dass 542pb−1 an Daten im Bereich zwischen206 GeV und 209 GeV gesammelt werden konnten. Die Analyse der Daten bescheinigteALEPH einen Signaluberschuss, die Daten von DELPHI hingegen waren absolut Unter-grundartig. Die Ergebnisse von L3 und OPAL sind mit beiden Thesen vereinbar. DieKombination der Daten aller Detektoren weisst mit einem Signaluberschuss von 2,1σauf ein Higgs-Teilchen mit einer Masse von 115,6 GeV hin [3]. Dies ist allenfalls ein de-zenter Hinweis. Um diesen zu verifizieren oder zu falsifizieren ware die Erhebung einergroßeren Datenmenge notig gewesen. Ein weiteres wichtiges Ergebnis von LEP war, dassein Higgs-Boson mit einer Masse kleiner als 114,1 GeV mit uber 95%iger Wahrscheinlich-keit ausgeschlossen werden kann.

4.4 Higgs-Suche am TeVatron

Seit 1992 ist der Proton-Antiproton-Collider TeVatron am Fermilab bei Chicago in Be-trieb. Seit dem Start des zweiten Runs im Jahr 2001 erreicht er eine Schwerpunktsenergievon 2 TeV. Die Schwerpunktsenergie der Quarks in den (Anti)Protonen, zwischen denenletztendlich die Kollision stattfindet ist ungefahr eine Großenordnung kleiner. Man wird

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14 Die Suche nach dem Higgs-Boson Stefan Brisken

bis zum Ende des Runs eine integrierte Luminositat von ca. 10fb−1 zu erreichen. ZurSuche stehen die beiden Detektoren D0 und CDF zur Verfugung.

4.4.1 Produktionskanale

Die wesentlichen Produktionskanale bei pp-Kollisionen sind in Abb.8 dargestellt:

a) Der haufigste Produktionsprozess ist die sog. Gluon-Fusion. Uber den Umweg einerDreiecksschleife (z.B. mit umlaufendem Top-Quark) entsteht ein einzelnes Higgs.

b) Die sog. Vektorboson-Fusion. Dabei fusionieren von Quarks abgestrahlte W- oderZ-Bosonen zu einem Higgs. Falls ein W abgestrahlt wird andern die Quarks dabei ihrenFlavor.

c) Die sog. assoziierte W/Z-Produktion. Gegenuber der Gluonfusion hat diese den Vor-teil, dass neben dem Higgs noch ein weiteres Teilchen entsteht, welches weiterzerfallt, undes so zu eindeutigeren Signaturen kommt.

d) Ausserdem tragt noch die Higgs-Produktion mit einem assoziierten Top-Paar zumWirkungsquerschnitt bei.

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Abbildung 8:

4.4.2 Ereignistopologien

Fur Higgs-Massen unter 140 GeV ist es schwierig die Gluon-Fusion zu nutzen, da dort Hhauptsachlich in bb zerfallt, und bb in einem Hadron-Collider naturlich standig durch QCD-Prozesse entsteht. Das Verzweigungsverhaltnis von H → γγ ist zu gering um es vom Un-tergrund zu separieren. Deshalb sucht man in diesem Bereich nach Endzustanden, bei demneben dem Higgs-Boson noch ein Vektorboson entsteht (assoziierte W/Z-Produktion). Furdiese Prozesse ist allerdigs der Wirkungsquerschnitt rund zwei Großenordnungen kleinerals bei der Gluonfusion. So geht dringend benotigte Statistik verloren. Der Untergrundzu diesem Signalprozess setzt sich aus W + bb und Z + bb zusammen. Um den Signalpro-zess vom Untergrund zu separieren musste man die Verteilung der invarianten Masse derbb-Paare betrachten. Stammen sie aus QCD-Gluonstrahlung, dann sollte sich eine breiteVerteilung ergeben, wahrend sich bei bb-Paaren aus einem Higgs-Zerfall ein Peak bei derHiggs-Masse zeigen sollte. Damit dieser Peak sichtbar wird braucht man allerdings genugStatistik.Liegt die Higgs-Masse uber 140 GeV, so dass der Zerfall in massive Eichbosonen moglichist, ist es auch wieder sinnvoll nach Higgs-Teilchen aus der Gluon-Fusion zu suchen, abernaturlich auch weiterhin nach assoziierten Vektorbosonen. Der problematischste Unter-grund besteht dann aus herkommlichen WW-, ZZ- und WZ-Produktion.

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4.4.3 Entdeckungspotential

Aus Abb.9 ist zu erkennen, dass man, falls die Higgs-Masse bei 115 GeV liegt, fur ei-ne Entdeckung mit 5σ-Signifikanz eine Datenmenge von 11fb−1 brauchte. Fur hohereHiggs-Massen sogar noch mehr. Nach der momentanen Einschatzung wird aber eine sol-che Datenmenge jedoch nicht erreicht.

Abbildung 9:

Quelle:[4]

4.5 Higgs-Suche am LHC

Im April 2007 soll der Proton-Proton-Collider LHC am CERN seinen Betrieb aufnehmen.Die Schwerpunktenergie wird 14 TeV betragen. Die beiden Universal-Detektoren ATLASund CMS werden auf die Suche nach dem Higgs gehen, wahrend LHC-B CP-Verletzung imb-System untersuchen soll und im ALICE-Detektor ein Quark-Gluon-Plasma hergestelltwerden soll. Die integrierte Luminositat pro Jahr soll bereits in der ersten Betriebsphase10fb−1 betragen und nach zwei Jahren sogar auf 100fb−1 erhoht werden.

4.5.1 Produktionskanale und Ereignistopologien

Die Produktionskanale am LHC sind im Prinzip die gleichen wie am TeVatron. Alle Ereig-nistopolgien, nach denen man am TeVatron sucht, konnen auch am LHC genutzt werden.Allerdings werden durch die extrem hohe Luminositat noch weitere Events interessant.Bei niedrigen Energien unter 140 GeV wird H → γγ (Abb.10) eine wichtige Rolle spie-len. Ein solches Ereignis ist sehr gut im Detektor nachzuweisen, durch zwei Einschlage

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im ECAL, aber ohne Spuren in der ITC oder TPC. Da es ein verhaltnismaßig seltenesEreignis ist, mussen ATLAS und CMS mit guten ECALs ausgestattet werden. Uberlagertwird dieser Signalprozess durcht den normalen QED-Prozess qq → γγ. Durch die hoheLuminositat sollte sich aber trotzdem bei der Higgs-Masse ein Peak uber dem Untergrundabzeichnen.

Abbildung 10:

Besonders interessant bei Higgs-Massen uber 140 GeV wird der Zerfall H → ZZ →l+l−l+l− Er ist kaum von Background uberlagert und sein Verzweigungsverhaltnis steigtmit zunehmender Higgs-Masse stark an. Mit einem guten ECAL und guten Myonen-kammern ergibt dieser Prozess eine sehr charakteristische Signatur, die gut im Detektornachzuweisen ist.

4.5.2 Entdeckungspotential

Das Entdeckungspotential am LHC ist hervorragend. LHC deckt den kompletten moglichenEnergiebereich ab. Meistens ist sogar die Entdeckung in mehreren Kanalen moglich(vondenen hier nicht jeder diskutiert wurde). Bei einer Luminositat von 10fb−1 ist innerhalbvon zwei Jahren mit einem Ergebnis zu rechnen, d.h. LHC findet das Higgs-Boson oderschliesst es aus!

5 Fazit

Sollte das Higgs-Teilchen am LHC entdeckt werden, dann ist das eine hervoragendeBestatigung des Standardmodells. Seine Eigenschaften sollten uns ein weitgehendes Verstandnis

Page 18: Seminarvortrag Die Suche nach dem Higgs-Bosonklein/seminar/... · 8 Die Suche nach dem Higgs-Boson Stefan Brisken Abbildung 3: 4.2 Zerfallskan¨ale Abbildung 4: Zerfallskan¨ale des

18 Die Suche nach dem Higgs-Boson Stefan Brisken

elektroschwacher Prozesse ermoglichen.Falls es das Higgs-Boson nicht gibt, dann ist etwas grundlegend falsch mit unseremVerstandnis des Standardmodells und andere Theorien mussen in Betracht gezogen wer-den.

6 Literatur zum Thema

Peter Schmuser - Feynman-Graphen und Eichtheorien fur Experimentalphysiker

7 Quellenangaben

[1] http://lephiggs.web.cern.ch/LEPHIGGS/papers/July2001_SM/sm_note.ps p8

[2] http://www.physik.rwth-aachen.de/~hebbeker/lectures/p245/p245_l13.pdf p3

[3] http://lephiggs.web.cern.ch/LEPHIGGS/papers/July2001_SM/sm_note.ps p4

(Die Signifikanz wurde erst nach Veroffentlichung dieses Papers auf 2, 1σ nach untenkorrigiert.)

[4] http://xxx.lanl.gov/PS_cache/hep-ph/pdf/0010/0010338.pdf p153 Fig.103