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Dr.-Ing. W. Knaute, Vortrag Sichtbeton zum 2. Bausymposium Sachverstand am Bau, Dresden, 22.06.2007 Seite 1 Dr.-Ing. Walter Knaute SAXOTEST Ing. GmbH Kaitzgrund 1 01217 Dresden Sichtbeton - Vorhandene Qualitätsstufen bei der Beurteilung von Sichtbeton

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Dr.-Ing. W. Knaute, Vortrag Sichtbeton zum 2. Bausymposium „Sachverstand am Bau“, Dresden, 22.06.2007

Seite 1

Dr.-Ing. Walter Knaute SAXOTEST Ing. GmbH

Kaitzgrund 1 01217 Dresden

Sichtbeton - Vorhandene Qualitätsstufen bei der Beurteilung von Sichtbeton

Dr.-Ing. W. Knaute, Vortrag Sichtbeton zum 2. Bausymposium „Sachverstand am Bau“, Dresden, 22.06.2007

Seite 2

Inhalt

1. Einleitung 2. Das DBV-Merkblatt Sichtbeton 3. Empfehlungen, Ausblick 4. Quellen, Literatur

Dr.-Ing. W. Knaute, Vortrag Sichtbeton zum 2. Bausymposium „Sachverstand am Bau“, Dresden, 22.06.2007

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1. Einleitung

Der Begriff „Sichtbeton“ ist zwar ein sehr häufig gebrauchter, jedoch wird er mit

unterschiedlichem Inhalt belegt. Spätestens nach der Fertigstellung des Baus wird er

recht verschieden interpretiert und fordert geradezu zu Streitigkeiten heraus.

Dies beschert dann gerichtliche oder außergerichtliche Auseinandersetzungen und

kann im weiteren dann letztlich sehr viel Geld kosten.

Dabei ist das wesentliche Moment die Beurteilung der Betonoberfläche. Dies geschieht

zunächst subjektiv und wird im Nachgang versucht zu „objektivieren“.

Dahinter verbirgt sich der Versuch, die Fläche qualifiziert nach möglichst objektiven

und von verschiedenen Prüfern unabhängig anwendbaren, reproduzierbaren Mitteln

und Methoden zu bewerten. Dabei ist der Betonbau gewissermaßen ein Vorreiter im

Bauwesen und bemüht sich seit geraumer Zeit, hier mit entsprechenden Regeln eine

Grundlage zu schaffen. Dies gipfelt dann im DBV-Merkblatt nach /1/.

Dieses stellt dabei bereits die Novellierung dar des erstmals im Jahre 1997 verfaßten,

recht einfachen Merkblatts „Sichtbeton“, siehe /2/.

Im Merkblatt nach /1/ werden nunmehr verschiedene sinnvolle Qualitätsstufen als

Sichtbetonklassen dargelegt.

Dementsprechend werden dann verschiedene Qualitätsmerkmale als Anforderungen

an geschalte Sichtbetonflächen formuliert.

Hinzu kommen ergänzende Anforderungen und Empfehlungen bis hin zu Hinweisen für

den Nutzer bzw. Bauherren betreffs der Kosten.

Dazu die Übersicht in Tabelle 1.

In Tabelle 1 werden die Qualitätskriterien bzw. –stufen sortiert

von

Sichtbetonklasse SB 1

(= geringe Anforderungen, also einfach, gewöhnlich = ordinaire)

nach

Sichtbetonklasse SB 4

(= ganz besondere, sehr hohe Anforderungen; also sehr anspruchsvoll,

außergewöhnlich = extraordinaire).

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Allerdings wird in /1/ nur auf geschalte Sichtbetonflächen abgestellt. In /3/ hingegen

wird korrekterweise, obwohl von der Fertigteilindustrie verfaßt, weiterführend in

Übereinstimmung mit DIN 18217 /4/ der Begriff wie folgt definiert.

„Als Sichtbeton wird … eine sichtbar bleibende Betonfläche mit Anforderungen

an das Aussehen bezeichnet.“

Damit ist also die endgültig sichtbare Betonoberfläche gemeint, in Abgrenzung zur

nicht oder auch mehr sichtbaren Oberfläche. Letztgenannter könnte man eine

Sichtbetonklasse 0 zubilligen.

Dies ist sehr wesentlich, kann doch eine Betonfläche nach dem Ausschalen durchaus,

gewollt oder ungewollt, weiter bearbeitet werden bzw. muß man das tun, um Mängel zu

beseitigen.

Dies kann auf vielfältige Weise geschehen, z.B. durch

Reiben, Glätten, Aufbringen einer Textur (z.B. Besenstrich im Straßenbau),

Auswaschen, Absäuern, Flammstrahlen, „Lasern“, Schleifen, Scharrieren,

Stemmen und ähnlichen steinmetzmäßigen Bearbeitungsvarianten,

aber auch durch

Einfärben (z.B. durch Verwendung geeigneter Zemente, Pigmente)

sowie durch

Anstriche, Beschichtungen.

Darum ist der Begriffsinhalt nach dem DBV-Merkblatt zunächst zwar eingeschränkt,

bietet aber insgesamt eine recht gute Grundlage für den Leistungsbeschrieb sowie für

nachfolgende Bewertungen.

Insoweit ist der Betonbau gewissermaßen Vorbild im Bauwesen, als daß hier eine gute

Grundlage bzw. Ansätze auch für die anderen Disziplinen und Gewerke angeboten

werden.

Dabei wird keinesfalls der Anspruch auf Vollständigkeit erhoben, sondern bedarf einer

weiteren Aktualisierung sowie spezieller Präzisierungen.

Hierin fließen z.B. auch die erweiterten technischen Möglichkeiten von

selbstverdichtendem Beton (SVB) oder Fließmörteln ein oder auch neuen

Schalhautmaterialien.

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Tabelle 1: Sichtbetonklassen und deren Verknüpfung mit Anforderungen nach /1/ (Korrekturfassung Februar 2005, präzisiert 05/2007)

Spalte 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

Zeil

e

Sichtbetonklasse 1)

Beispiel Anforderungen an geschalte Sichtbetonflächen2), 3)

nach Klassen bezüglich Weitere Anforderungen Kosten

Textur Porigkeit 4)

Farbton-gleichmäßigkeit

5) Ebenheit Arbeits- und

Schalhautfugen Erprobungs-

fläche 6)

Schal-

hautklasse 7)

s ns s ns

1

Sic

htb

eto

n m

it

geri

nge

n

Anfo

rde-

run

ge

n

SB 1

Betonflächen mit geringen gestalterischen

Anforderungen, z.B. Kellerwände oder Bereiche mit vorwiegend

gewerblicher Nutzung

T1 P1 FT1 FT1 E1 AF1 freigestellt SHK1 niedrig

2

norm

ale

n

Anfo

rde-

run

ge

n

SB 2

Betonflächen mit normalen gestalterischen

Anforderungen, z.B. Treppenhausräume, Stützwände

T2 P2 P1 FT2 FT2 E1 AF2 empfohlen SHK2 mittel

3

beso

nd

ere

n

Anfo

rderu

ng

en 8

) SB 3

Betonflächen mit hohen gestalterischen Anforderungen, z.B.

Fassaden im Hochbau

T2 P3 P2 FT2 FT2 E2 AF3 dringend

empfohlen SHK2 hoch

4 SB 4

Betonflächen mit

besonders hoher gestalterischer Bedeutung,

repräsentative Bauteile im Hochbau

T3 P4 P3 FT3 FT2 E3 AF4 erforderlich SHK3 sehr hoch

1) Zur Erfüllung der Anforderungen an die Sichtbetonklassen sind die Hinweise dieses Merkblattes zu beachten.

2) Die gestalterische Wirkung der Ansichtsfläche einer Sichtbetonklasse ist grundsätzlich nur in ihrer Gesamtwirkung angemessen beurteilbar, d.h. nicht nach Maßgabe absolut erklärter Einzelmerkmale.

Die Verfehlung von vertraglich vereinbarten Einzelmerkmalen im Sinne dieses Merkblattes soll daher dann nicht zu einer Pflicht zur Mangelbeseitigung führen, wenn der Gesamteindruck des

betroffenen Bauteils oder Bauwerks in seiner positiven Gestaltungswirkung nicht gestört ist. 3)

Diese Anforderungen / Eigenschaften werden in Tabelle 2 näher beschrieben. 4)

Siehe Tabelle 4; Erläuterung: s = saugende bzw. ns = nichtsaugende Schalhaut 5)

Der Gesamteindruck bei vorhandenen oder nicht vorhandenen Farbtonunterschieden ist i.R. erst nach längerer Standzeit (u.U. nach mehreren Wochen) beurteilbar. Die Farbtongleichmäßigkeit ist aus dem üblichen Betrachtungsabstand gemäß Abschnitt 7 zu beurteilen. 6)

Gegebenenfalls sollten mehrere Erprobungsflächen angefertigt werden. 7)

Siehe Tabelle 3 8)

Betreuung durch Sonderfachleute (Betontechnologen) empfohlen für Planung, Ausschreibung, Ausführung

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2. Das DBV-Merkblatt Sichtbeton

Bei der genaueren Durchsicht des Merkblattes fällt auf, daß neben der streng

systematisierten Ordnung in Tabelle 1 noch eine ganze Reihe von Fußnoten,

Ergänzungen und weiteren Erläuterungen aufgeführt sind.

Dort werden dann nicht nur Qualitätsmerkmale dataillierter beschrieben, sondern auch die

technisch-technologischen Randbedingungen und Zwänge benannt. Hierzu die Tabellen

2 bis 4 aus dem Merkblatt /1/, mit einigen kleinen Ergänzungen bzw. Hervorhebungen.

Daraus wird ersichtlich, warum die herstellungsbedingten Aufwendungen und damit dann

letzten Endes die Kosten mit zunehmender SB-Klasse nicht nur schlechthin steigen,

sondern überproportional zunehmen.

Weiterhin geht aus den Ergänzungen und Erläuterungen hervor, daß eine ganzheitliche

Betrachtung vorzunehmen ist einerseits für den Baustoff selbst (hier Beton) und

andererseits aber für das daraus hergestellte, geformte Bauteil bzw. sogar Bauwerk.

Das bedingt dann in der Folge sicherlich auch unterschiedliche Betrachtungsweisen bzw.

–abstände. Damit ergeben sich im weiteren vorab auch entsprechende Vorgaben z.B. für

die Größe und Art von Musterflächen.

Ferner leiten sich daraus aber auch Anforderungen an sinnvolle, bautechnisch praxisnahe

Prüfmethoden und Bewertungsmaßstäbe ab. Diese sollten außerdem reproduzierbar und

weitgehend objektiv sein. Gerade bei der Beurteilung von Sichtflächen allgemein ist

immer von einem hohen Anteil an subjektiver Betrachtungsweise auszugehen, vor allem

bei repräsentativen Sonderbauwerken. Hier sind vor allem im Vorfeld die Vorstellungen

und Wünsche der Architekten in technisch beschreibbare Inhalt zu bringen.

Dabei ist sehr wesentlich, daß unter Umständen nicht nur eine Klasse formuliert wird, die

dann häufigst als Minimum = untere Grenze verstanden wird. Es ist gegebenenfalls

durchaus nötig, daß auch Obergrenzen formuliert werden.

So hat es in der Praxis die Fälle gegeben, wo der Architekt bzw. der Bauherr die Fläche

als „zu gut oder zu schön“ empfunden hat und deswegen ein Streitfall entstand. Dies

betraf dort z.B. nicht mehr ausreichend sichtbare Unregelmäßigkeiten des

Schalhautmaterials, der Fugenausbildung oder auch der Oberflächentextur. Auch wurde

es als Mangel empfunden, wenn die Besonderheiten des baustofflich bedingten

Fertigungsprozesses nicht mehr nachvollziehbar waren.

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Tabelle 2: Anforderungen an geschalte Sichtbetonflächen, aus /1/ Zeile Spalte 1 2

Kriterium

Kurz- bezeichnung

Anforderung/Eigenschaft 2)

1 Textur, Schalelementestoß

T1 - weitgehend geschlossene Zementleim- bzw. Mörteloberfläche - in den Schalelementestößen ausgetretener Zementleim/Feinmörtel bis ca. 20 mm Breite und ca. 10 mm Tiefe zulässig - Rahmenabdruck des Schalelements zugelassen

T2 - geschlossene und weitgehend einheitliche Betonfläche - in den Schalelementstößen ausgetretener Zementleim/Feinmörtel bis ca. 10 mm Breite und ca. 5 mm Tiefe zulässig - Versatz der Elementestöße bis ca. 5 mm zulässig

- Höhe verbleibender Grate bis ca. 5 mm zulässig - Rahmenabdruck des Schalelements zugelassen

T3 - glatte, geschlossene und weitgehende einheitliche Betonfläche - in den Schalelementestößen ausgetretener Zementleim/Feinmörtel bis ca. 3 mm Breite zulässig - feine, technisch unvermeidbare Grate bis ca. 3 mm zulässig

- weitere Anforderungen (z.B. an Schalungsstöße, Rahmenabdruck) sind detailliert festzulegen

2 Porigkeit P1 – P4 - siehe Tabelle 4

3 Farbtongleich-

mäßigkeit

FT1 - Hell-/Dunkelverfärbungen sind zulässig

- Rost- und Schmutzflecken sind unzulässig

FT2 - Gleichmäßige, großflächige Hell-/Dunkelverfärbungen zulässig, aber: Rostflecken/Schmutzflecken =? - Unterschiedliche Arten und Vorbehandlung der Schalhaut sowie Ausgangsstoffe verschiedener Art und Herkunft unzulässig

FT3 - Großflächige Verfärbungen, verursacht durch Ausgangsstoffe verschiedener Art und Herkunft, unterschiedliche Art und Vorbehandlung der Schalhaut, ungeeignete Nachbehandlung des Betons sind unzulässig

- Zulässig sind geringe Hell-/Dunkelverfärbungen (z.B. leichte Wolkenbildung, geringe Farbtonabweichungen) - Unzulässig sind Rost- und Schmutzflecken, deutlich sichtbare Schüttlagen sowie Verfärbungen, verursacht durch Nichteinhaltung der

Vorgaben aus Anhang A, Tabelle A.3 - Auswahl eines besonderen und geeigneten Trennmittels notwendig Hinweis: Farbtonunterschiede und Verfärbungen sind auch bei größter handwerklicher Sorgfalt und bei Einhaltung der Vorgaben aus Anhang A, Tabelle A.3 nicht gänzlich auszuschließen

4 Ebenheit 1)

E1 - Ebenheitsanforderungen nach DIN 18202, Tabelle 3, Zeile 5 [R12]

E2 - Ebenheitsanforderungen nach DIN 18202, Tabelle 3, Zeile 6 [R12]

E3 - Ebenheitsanforderungen nach DIN 18202, Tabelle 3, Zeile 6 [R12]

- Höhere Ebenheitsanforderungen sind gesondert zu vereinbaren. Dafür erforderliche Aufwendungen und Maßnahmen sind vom Auftraggeber detailliert festzulegen

Hinweis: Höhere Ebenheitsanforderungen, z.B. nach DIN 18202, Tabelle 3, Zeile 7, sind technisch nicht zielsicher erfüllbar

5 Arbeits- und Schalhautfugen

3)

AF1 - Versatz der Flächen zwischen zwei Betonierabschnitten bis ca. 10 mm zulässig

AF2 - Versatz der Flächen zwischen zwei Betonierabschnitten bis ca. 10 mm zulässig

- Feinmörtelaustritt auf dem vorhergehenden Betonierabschnitt muß rechtzeitig entfernt werden - Trapezleiste o.ä. empfohlen

AF3 - Versatz der Flächen zwischen zwei Betonierabschnitten bis ca. 5 mm zulässig

- Feinmörtelaustritt auf dem vorhergehenden Betonierabschnitt muß rechtzeitig entfernt werden - Trapezleiste o.ä. empfohlen

AF4 - Planung der Detailausführung erforderlich

- Versatz der Flächen zwischen zwei Betonierabschnitten bis ca. 5 mm zulässig - Feinmörtelaustritt auf dem vorhergehenden Betonierabschnitt muß rechtzeitig entfernt werden - Weitere Anforderungen (z.B. Ausbildung von Arbeits- und Schalhautfugen) sind detailliert festzulegen

1) Ebenheitsforderungen gelten nicht bei bearbeiteten und strukturierten Flächen.

2) Zu beachten sind auch die Abschnitte 5.1.2 und 7.

3) Arbeitsfugen bleiben sichtbar.

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Tabelle 3: Schalhautklassen, aus /1/

Zeile

Spalte 1 2 3

Kriterium Schalhautklasse

SHK1 SHK2 SHK3 2)

1 Bohrlöcher mit Kunststoffstöpsel zu verschließen

als Reparaturstellen 1)

zulässig nicht zulässig

2 Nagel- und Schraublöcher zulässig ohne Absplitterung zulässig

als Reparaturstellen 1) in

Abstimmung mit dem Auftraggeber zulässig

3 Beschädigung der Schalhaut durch Innenrüttler zulässig nicht zulässig 3) nicht zulässig

4 Kratzer zulässig

als Reparaturstellen 1)

zulässig

als Reparaturstellen 1) in

Abstimmung mit dem Auftraggeber zulässig

5 Betonreste in Vertiefungen (Nagellöchern, Kratern etc.) zulässig, keine flächigen Anhaftungen

nicht zulässig nicht zulässig

6 Zementschleier zulässig zulässig

in Abstimmung mit dem Auftraggeber zulässig

7 Aufquellen der Schalhaut im Schraub- bzw. Nagelbereich („Ripplings“)

zulässig nicht zulässig 3) nicht zulässig

8 Reparaturstellen 1) zulässig zulässig

in Abstimmung mit dem Auftraggeber zulässig

1) Reparaturen an der Schalhaut sind sach- und fachgerecht durch qualifiziertes Personal vorzunehmen und vor jedem Einsatz auf ihren definierten Zustand hin zu überprüfen.

2) Praxiserfahrungen haben gezeigt, daß ein mehrfacher Einsatz der Schalhaut damit ausgeschlossen sein kann.

3) nach Absprache mit dem Auftraggeber ggf. zulässig.

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Tabelle 4: Porigkeitsklassen, aus /1/

Zeile Spalte 1 2 3 4

1 Porigkeitsklasse P1 P2 P3 P4

2 maximaler Porenanteil 1)

in mm² ca. 3000 ca. 2250 ca. 1500 ca. 750 2)

1) Porenanteil in mm² der Poren mit Durchmesser d in den Grenzen 2 mm < d < 15 mm (je Prüffläche 500 mm x 500 mm) 2) 750 mm² entsprechen (nur) 0,30 % der Prüffläche (500 mm x 500 mm)

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Jedoch gab es andererseits auch schon Fälle mit einem ungewollten, so nicht vorhersehbaren

Ausgang dergestalt, daß der Architekt die nachgebesserte Fläche (mit einem völlig anderen

Aussehen!) plötzlich als „super“ empfand (Jüdisches Museum in Berlin).

Leider sind solche für den Bauausführenden angenehmen Ausgänge von Streitfällen recht

selten. Umso mehr muß man als Bauunternehmer, nachgerade aber schon als Planer

Vorsorge treffen durch eine möglichst ausreichend sichere Leistungsbeschreibung

einschließlich Formulierung von Grenzen.

Für den im Nachgang tätigen Sachverständigen wird der wesentliche Teil zur Bewertung des

Sichtbetons im Merkblatt /1/ unter Punkt 7, Beurteilung, abgehandelt.

Dort wird einleitend zunächst völlig zu recht darauf verwiesen, daß geringe

Unregelmäßigkeiten praktisch immer auftreten (können) und geradezu charakteristisch sind.

Schließlich ist eine Betonfläche bzw. ein Betonkörper stets ein Unikat. Dies betrifft aufgrund

der nur quasi-homogenen Zusammensetzung des Mehr-Komponenten-Baustoffs Beton auch

Fertigteile oder auch werksmäßig vorgefertigte Massenprodukte.

Im weiteren wird dann explizit der Gesamteindruck benannt, der schließlich mit zu beachten

ist. Das heißt, man muß durchaus mögliche Ausreißer in der Gesamtfläche bewerten.

Nicht tolerierbare Abweichungen wären dann nur solche Mängel wie beispielsweise übergroße

Poren bzw. Lunker, die außerdem einen direkten technischen Mangel darstellen. Dies beträfe

z.B. die Nichteinhaltung der geforderten Mindestbetondeckung und damit den

Korrosionsschutz des Bewehrungsstahls.

Was die konkrete Beurteilung von Abweichungen bzw. Mängeln angeht, so wird im Merkblatt

kurz auf eben solche betreffs der Einzelkriterien und des Gesamteindrucks eingegangen.

Dazu wird ganz lapidar ein SOLL/IST-Vergleich angeregt.

Danach wird auf mögliche Mangelbeseitigungsmaßnahmen eingegangen. Hierzu ist

anzumerken, daß dies nur von erfahrenen Sonderfachleuten vorgenommen werden sollte, da

neben der Beseitigung der optisch-ästhetischen Mängel auch stets zugleich die technischen

Randbedingungen zu beachten sind betreffs Dauerhaftigkeit und Gebrauchstauglichkeit.

Gleichermaßen sind die Materialverträglichkeit sowie die Eignung der Materialien überhaupt

abzuklären unter Beachtung der Gesamtnutzungsdauer des Bauteils.

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Darüber hinaus ist aber grundsätzlich auch zu beachten, daß eine Mangelbeseitigung gerade

bei Sichtflächen sogar zu einer „Verschlimmbesserung“ führen kann. Hier ist dann der

Sonderfachmann erst recht gefragt.

Abschließend wird im Merkblatt auf Methoden verwiesen, um einen Minderwert bzw.

nachfolgend die Minderung zu ermitteln.

Dazu werden benannt:

- Verfahren nach AURNHAMMER

- Verfahren nach OSWALD.

Zum Problemkreis Sichtbeton ist noch folgendes generell anzumerken, wozu auch

entsprechende Hinweise im Merkblatt enthalten sind.

Es gibt baustoffbedingt auch anfängliche, nicht dauerhaft bleibende Verfärbungen. In letzter

Zeit ist speziell bei Hüttenzementen (CEM III) das Phänomen der Blaufärbung auffällig. Dies

ist eine zwar deutliche Abweichung vom üblichen, hält aber in aller Regel nur wenige Tage

oder Wochen an.

Auch das immer wieder auftretende Problem der Kalkläufer („Weiße Bärte) ist ein temporäres,

teilweise etwas hartnäckiges Problem. Das betrifft das Umwandeln des überschüssigen

Kalkhydrats durch Einwirkung des in der Luft befindlichen Kohlendioxids in Kalkstein. Diese

Schleier waschen sich aber im Laufe der Zeit ab oder können auch mit einer verdünnten

sauren Lösung beseitigt werden.

Dagegen sind Gelb- und Braunfärbungen einschließlich des „Betonrostens“ schon ein

größeres Problem, was durchaus zu aufwendigen Nachbesserungen führen kann.

Hierzu gehört des weiteren das Phänomen der Dunkelverfärbungen. Dies kann zu

wolkenartigen Erscheinungen über längere Zeiträume führen und schon einen Rechtsstreit

ermöglichen.

Hierzu laufen derzeit noch Forschungsarbeiten, ebenso zu jüngsten Erscheinungen von

Absandungen, Schlierenbildungen und Bluten bzw. Wasserläufern.

Das hängt mit u.a. neuen Betonzusatzmitteln (z.B. Super-Hochleistungsverflüssigern, PCE),

sehr weicher Betonkonsistenz, Bindemittelleimgehalten, Hydratationsbedingungen,

Temperaturen usw. usf. zusammen.

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3. Empfehlungen, Ausblick

Die Forderung im LV nach „Sichtbeton“, maximal noch ergänzt durch z.B. „Brettschalung“

reicht allein keinesfalls aus, wenngleich dies leider immer noch die gängige Praxis ist. Trotz

der Vorreiterrolle des Betonbaus gibt es hier im Baualltag nach wie vor erhebliche Defizite.

Deshalb ist eine qualifizierte Planung und Ausschreibung sehr wichtig, wozu das DBV-

Merkblatt nach /1/ eine gute, zumindest aber brauchbare, ausbaufähige Regel (regula =

Richtschnur) darstellt.

Zugleich dient eben dieses Merkblatt als Vorlage für die anderen Baudisziplinen. Nachfolgend

wird deshalb nach derselben Systematik ein entsprechend erstelltes Merkblatt für

ausgewählte Bereiche bzw. Gewerke zur Diskussion vorgestellt.

Auch das gegenwärtige Merkblatt zum Sichtbeton stellt keinesfalls eine Endfassung bzw.

Dogma dar, sondern bedarf einer Fortführung bzw. bei laufenden Vorhaben im Bedarfsfall

notwendiger Ergänzungen bzw. Präzisierungen. Das Merkblatt ist ein Angebot. Vornehmlich

der Planer entscheidet aber, ob es sinnvoll mit Vertragsbestandteil werden kann.

Sehr hilfreich sind stets auch definierte Musterflächen, wozu ganz einfach schon bereits

bestehende gleichartige Flächen bzw. Bauwerke als Referenzfläche genommen werden

können. Zumindest ist dort dann die Ausführbarkeit schon einmal unter Beweis gestellt

worden.

Andererseits muß aber auch eben diese überhaupt gegeben sein, da Architekten oder

Bauherren als „Hobby-Planer“ mitunter die bautechnischen Grenzen (un-)wissentlich

durchstoßen wollen. Im Merkblatt selbst wird die neuerliche Erprobungsfläche als Referenz

bevorzugt.

Ganz entscheidend ist im Streitfall jedoch auch der Gesamteindruck, der sich aus üblichen

Betrachtungsabständen bzw. Blickbeziehungen ergibt, auch gemessen am übrigen Standard

oder auch Ausstattungsniveau der umgebenden Bauteile.

Auch für „Sichtbeton“ gilt aber nach wie vor

„Enttäuschung ist meist nur die Folge falscher Erwartungen“.

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4. Quellen, Literatur

/1/ Merkblatt Sichtbeton

Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein e.V. (DBV)

Bundesverband der Deutschen Zementindustrie (BDZ)

Fassung 2004

/2/ Merkblatt Sichtbeton

DBV

Fassung 03/1997

/3/ Merkblatt Nr. 1

über Sichtbetonflächen von

Fertigteilen aus Beton und Stahlbeton

02/1999 bzw. Neu-Fassung 06/20056

/4/ DIN 18217

Betonflächen und Schalungshaut

Ausgabe 12/1981

/5/ Zement-Merkblatt Hochbau

Sichtmauerwerk aus Beton

(Normalbeton)

Bauberatung Zement

Ausgabe 10/1998

/6/ Zement-Merkblatt Hochbau

Schalung für Beton

Bauberatung Zement

Ausgabe 06/1999

/7/ Ebeling

Sichtbeton

Planungs- und Ausführungshinweise

beton (48) Heft 4, 1998

Dr.-Ing. W. Knaute, Vortrag Sichtbeton zum 2. Bausymposium „Sachverstand am Bau“, Dresden, 22.06.2007

Seite 14

/8/ Schulz

Sichtbeton-Mängel

Viehweg-Verlag Wiesbaden, 2004

/9/ Peck

Sichtbeton

Hinweise zur Planung und Ausführung

beton (55) Heft 3, 2005

/10/ ZTV-ING

Fassung 2003 ff

/11/ Weber

Gestalten mit farbigem Sichtbeton

Planung und Herstellung

beton (57) Heft 5, 2007

/12/ Informationsdienst Wissenschaft,

Pressemitteilung der TU Dresden vom 14.05.2007:

Strenger Blick auf Sichtbeton -

Mobiles Testsystem für die Qualitätskontrolle von

Betonoberflächen entwickelt

/13/ Heinecke

Wechselwirkung Schalhaut-Trennmittel

beton (56) Heft 7 + 8, 2006

/14/ Schönburg

Schäden an Sichtflächen

Fraunhofer IRB-Verlag, Stuttgart 2003

/15/ Helm

SichtBETON –

Eine Herausforderung für alle am Bau Beteiligten

Vortrag VDB -Tagung , Leipzig, 23.01.2007